Sonntag, 1. Juni 2025

Lektürentagebuch 1.6.25

Lektürentagebuch 1.6.25

Unter dem Titel Thomas Mann ein Leben
Hat Tillmann Lahme genau pünktlich zum
Jubiläum dem 150. Geburtstag am 6.6.25
Eine neue große Biografie vorgelegt 

Der bei dtv erschienene Band kam schon
Gestern doch da verhinderte noch der 200.
Geburtstag der Museumsinsel wie die
Begegnungen dort die ruhige Lektüre 

Der 1974 geborene Autor Lahme studierte
Germanistik Philosophie und Geschichte in
Kiel und Bern und promovierte 2007 über
Golo Mann ist also durchaus vom Fach

Lahme schreibt gut lesbar auch für
Nicht Germanisten im schnellen sehr
Flüssig eingängigen Stil und das ist nun
Die 25. Biografie der Familie Mann bei mir

Noch lese ich parallel auch die sehr gute
Am Werk orientierte Biografie von Dieter
Borchmeyer Thomas Mann Werk und Zeit
Was kann ich vom neuen Band erhoffen

Der Zufall der Gleichzeitigkeit der hier
Veröffentlichung mit dem Jubiläum wäre
Eher kein Grund gewesen auch die
Geradezu Orgie an Besprechungen 

Wie erst Recht die Spiegel Bestsellerliste
Schreckten mich sonst eher ab doch 
Scheint mir die Herangehensweise gut
Wie kritisch genug hier weiter zu lesen

Es gibt kaum neues zu diesem bestens
Ausgeleuchteten Leben doch gibt es
Manche bisher unbeachtete Details
Etwa über die Hintergründe der Eltern

Wie Julia Bruhns die Mutter noch im
Wilden Brasilien aufwuchs als Tochter 
Eines dort als Farmer reich gewordenen
Aus ursprünglich alter Lübecker Familie

Las wie er als Sklavenhalter auch was 
In Brasilien noch bis 1888 erlaubt war 
Zu seinem Reichtum kam der seine
Tochter zu einer guten Partie machte

Eigentlich waren die Bruhns die viel
Ältere und ehrwürdigere Familie in der
Hansestadt seit vielen Generationen als
Händler und auch Senatoren gewesen 

Doch dieser Ausbruch des Sohnes der
Dann doch nicht den väterlichen Handel
Mit Wein übernehmen wollte sondern
Auswanderte machte Julia besonders

Nach Lübeck kam die Mutter der Manns
Eher zwangsweise mit ihrem Vater nach
Dem Tod der Mutter schickt dieser alle
Kinder in seine Heimatstadt Lübeck

Von der brasilianischen Küste am Meer
Zwischen Rio und dem Urwald ist der
Wechsel auch eine emotionale Zumutung
Sogar wenn ihr Kindermädchen mitkam

Diese war auch eine afrostämmige Sklavin
Mit der ihr Vater noch ein Kind zeugte die
Mulattischen Tante aber erwähnt Mann nie 
Mutter Julia erwähnt die Schwester kaum

In ihren Erinnerungen ist vom Mulattenkind
Die Rede aber mehr ist dazu wohl bisher
Noch nicht bekannt sie blieb in Brasilien
Wohin der Vater auch wieder zurück ging

Interessant ist auch die Geschichte dass
Julia eigentlich in einem anderen noch
Verliebt war als den elf Jahre älteren
Würdigen Senator Heinrich Mann

Dieser war der Familie aber wohl noch
Zu arm und zu jung was sich später als
Irrtum herausstellte da er als Händler im
Baltikum zu großem Wohlstand kam

Es sind diese kleinen Geschichten noch
Aus dem Umfeld der Familie wie den 
Erinnerungen von Mutter Julia weiche
Die Buddenbrooks auferstehen lassen

Dieser Blick hinter die Kulissen auch
Mit Geschichten die Thomas von seiner
Mutter gehört und erfragt haben wird
Lassen seine Figuren lebendig werden

Ihre Mutter entstammte einer alten
Portugiesischen Familie in Brasilien
War eine dunkelhaarige Schönheit
So etwas fiel in Lübeck noch auf

Erzählt vom Umzug aus dem Haus
In der Mengstraße das heute als 
Buddenbrooks Haus weltbekannt ist
Was zeigt wie nah Mann beschrieb

Die lebendigen Figuren Manns sind
Teil seiner eigenen Geschichte sie
Lässt er in verschiedenen Rollen im
Roman immer wieder auftauchen

So gibt auch diese am Menschen
Thomas Mann orientierte Biografie
Tiefen Einblick in das Werk weil es
Die Figuren besser verstehen lässt

Auch wird indirekt seine Kunst der
Gestaltung und Regie deutlich die
Erfahrung und Wirklichkeit spiegelt
Um aus ihr Theater zu inszenieren

Wie sehr Thomas das Puppentheater
Das er vom Bruder Heinrich erbte
Liebte dort im Stimmbruch noch
Ganze Open auch aufführen wollte

Ob dies tatsächlich den Unwillen des
Vaters so sehr erregte wie es noch
Breloer glauben machen will sei hier
Dahingestellt die Fakten genügen

Thomas Mann wie sein Werk und die
Figuren noch besser zu verstehen
Der mit viel Liebe Romantheater noch
Inszenierte als er ganz groß war

Lange war es ja auch in der herrschenden
Literaturwissenschaft verpönt das Werk 
Mit Blick auf die Biografie zu lesen um
Das Kunstwerk an sich zu würdigen

Dieser Ansatz der mir als Dichter
Durchaus sehr sympathisch ist
Findet bei Thomas Mann deutlich 
Seine Grenzen der Literatur lebte 

Dabei sollten wir uns aber hüten die
Umgebung als Kompass zu nehmen
Sie macht nur vieles im Kontext noch
Verständlicher als es ohne möglich wäre

Habe Mann in den frühen Neunzigern
Schon mit Begeisterung und Liebe gelesen
Der biografische Hintergrund ist nur das
Kleine Krönchen als feines Detail dazu 

Bis hierher betrachtet haben sich also
Die ersten Seiten von Thomas Mann
Ein Leben schon gelohnt weil es den
Blick weit vertieft und sich gut liest

Werde nun auch noch in den den
Buddenbrooks wieder etwas lesen
Auch um die drei großen Romane 
Zum Leben nun parallel zu sehen

Spannend finde ich dabei auch die
Beobachtung dass ich den familiären
Aspekt der Manns wichtig finde was
Bei Thomas noch viel deutlicher wird

Während das immer wieder auch
Modische Auswalzen seiner sexuellen
Neigungen für mich so überflüssig wie
Peinlich langweilig doch eher ist

Thomas Mann hat zu diesem Thema
In seinem Werk bereits alles gesagt
Noch mehr ist bloße Spekulation die
Der Ehe mit Katia nicht gerecht wird

Bin gespannt wie Lahme diesen 
Bereits angedeuteten Aspekt weiter
Behandelt die bisherige Zurückhaltung 
Stände ihm dabei sicher sehr gut

Besser zumindest als die peinlich
Schwülstigen Formulierungen bei
Breloer die aber sicher auch ihr 
Publikum unter Betroffenen haben

Thomas Mann als gleichzeitig ganz
Korrekten Gentleman und Hanseaten
Wie ala Regisseur in seinem immer
Puppentheater entspräche ihm wohl

Vor allem sein Humor und seine dabei
Geradezu magische Kunst der Ironie
Mann also ala komischer Autor ist
Bisher meistens noch unterbelichtet

Es saß dem formell so korrekten Mann
Gerne noch der Schalk im Nacken was
Seine Kinder neben dem einmal Kostüm
Ihn den Zauberer nennen ließ

Zum komischen Thomas Mann eine
Lächelnd zu lesende Biografie würde
Ihm gerechter als das Gejammer über
Seine ewig verklemmte Sexualität

jens tuengerthal 1.6.25

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