Montag, 16. Juni 2025

Lektürentagebuch 16.5.25

Lektürentagebuch 16.5.25

Ein wenig verschoben hatte ich noch
Das unangenehme Gespräch zwischen
Vater und Sohn Johann Buddenbrook
Über den Brief von Gotthold

Als der Konsul seinen gutgelaunten
Vater im Festsaal trifft trübt sich die
Stimmung rasend schnell nach der
Übergabe des blauen Kuverts

Ein unangenehmer Brief voller auch
Moralischer Vorwürfe in dem der Sohn
Seinen Anteil am Haus forderte weil
Das Firmenkapital höher als gedacht sei

Johann Sohn redet auf Johann Vater
Der hoch erzürnt ist mit Bitte um
Verständnis Milde und Rücksicht ein
Erinnert auch an die christlichen Ideale 

Während der Sohn den Brief liest
Beginnt der zornige Vater nun die
Kerzen mit dem Löscher zu bedecken
Es wird langsam dunkel im Saal 

Der Vater flucht dabei teils Platt
Teils auf französisch über die
Frömmelei und den Idealismus 
Der ihm mit Perücke nicht gefällt

Da trifft der kirchenkritische Geist
Der Aufklärung auf romantischen
Idealismus zwischen Vater und Sohn
Im Gespräch über den Halbbruder 

Nur gelegentlich huschen noch
Schatten über die Wand bis nur 
Eine letzte Kerze noch brennt
Der Alte fragt den Sohn was er tut

Nach kurzem Zögern und unter
Abwägung aller Umstände könne 
Er als Compagnon nicht zur Zahlung
Raten womit das Thema erledigt ist

Die letzte Kerze wird gelöscht und
Vater und Sohn Buddenbrook gehen
In ihre je Etagen des Hauses einig
Im Vorrang der Firma zumindest

Trotz konträrer philosophischen Sichten
Die auch in der Kleidung sichtbar wird 
Finden sich über nüchternen Zahlen 
Die Geschäftsleute wieder zusammen


Mit Franz Hessel als Flaneur in Berlin 
Geht es nun in den Südwesten wo
Charlottenburg Wilmersdorf und
Schöneberg bereits völlig mit Berlin

Verwachsen sein wie der Badedecker
Schriebe so dass eine Unterscheidung
Hier müßig sei und als erstes geht es
Vom Bülowbogen zum Sportpalast

Dort könne das Volk vom Berlin im
Fieber erlebt werden etwa beim 
Sechstagerennen wobei er zwischen
Mittelraum mit Logen und der Galerie 

Unterscheidet bei ersteren fänden sich 
Die Promis im Zobel bei letzterem die
Kenner die jeden Namen mitbrüllen und
Dir die Bedeutung der Ampel erklären

Liebevoll beschreibt Hessel hier die
Berliner die noch ganz unverdorben
Begeistert wären und mitfieberten für
Ihre Fahrer auf die sie gewettet haben

Wie vor den letzten Runden nochmal
Die Spannung steigt und die sonst gern
Erklärbären voll konzentriert wären 
Niemand mehr sehen bis zum Ziel

Beschrieben wird auch die Nutzung
Durch die verschiedenen politischen
Lager Stahlhelm und Nationalsozialisten
Bis Rotfront tagen hier in voller Halle

Gelegentlich prügelten sich noch die
Je Gegner mit der Polizei vor der Halle
Die den jeweils Kongress schützen wobei
Schwer zu unterscheiden wird wer anfing

Das große Engagement dabei egal ob
Sport oder Politik sei Zeugnis der hier
Lebenslust schreibt der Flaneur doch 
Mit Grauen denk ich an die Geschichte

Als nächstes geht es dann in den
Heinrich von Kleist Park der besonders
Schön durch Gottards Königskolonnaden
Sei die einst am Alexanderplatz standen

Diese sind mit ihren Säulen wie ein Gang
In andere Zeiten und eine von den dort
Rundlichen Rokoko Nymphen erinnert ihn
Eher an eine der typischen Berliner Nutten

Eine Bogenschützin zielt stilvoll auf die
Restflora die einmal botanischer Garten
Hier noch war bevor dieser dann nach
Steglitz umzog hier spielen dafür Kinder

Doch sehr beschränkt ist dies Spiel
Auf eng umgrenzte Bereiche dafür
Interessieren ihn die vermutlich wohl
Arbeitslosen Kartenspieler mehr 

Jene vergessen hier für Momente
Ihren sonst Jammer schauen dabei
Wie gebannt auf den Kartenverteiler
Ein Gelähmter sei noch dazu gerollt

Nun geht es hinein nach Schönenberg
Wo eine Straße ist in der es alles gibt
Die ihn aber eher traurig stimmt warum
Es in den offiziell traurigen Teil nun geht

Die Insel nennen ihn die Anwohner mit
Der Ringbahn benachbarten Straßen wo
Eilig armes Volk durch den polnischen
Korridor morgens zu beobachten ist

Hinter traurigen Fassaden seien schon
Sonnenlose Hinterhöfe zu ahnen das 
Rotverhangene Werbebüro der KPD
Kann hier mit gutem Zuspruch rechnen

Von tristen Ort führt ihn die Straßenbahn
Zum Stadtpark wo das bayerische Viertel 
Was rühmlich bekannt wäre beginnt das
Nicht so rechtwinklig wie der Rest sei 

Durch Wilmersdorf und Friedenau führe
Die alte Kaiserallee dabei wird behauptet
Friedenau sei wie Steglitz und Lichterfelde
Der Zufluchtsort einst königlicher Rentner 

Diese seien ihrer Renten heute beraubt
Personen mit chronisch empörtem Gesicht 
Wo die Kaiserallee in die Schlossstraße
Mündet fängt Steglitz ganz modern an

Der leuchtende Filmpalast dort begrüßt
Doch der Rest sei immer noch gemütlich
Wie vor der Jahrhundertwende als er dort
Klassenkameraden noch besuchen ging

Mit der Wannseebahn geht es dann zum
Botanischen Garten den er eine ganz
Wunderbare Schöpfung von Wissenschaft 
Mit Geschmack nennt die zum lustwandeln

Durch die ganze Welt in Pflanzen einlädt
Schön seien auch die botanischen Namen
Der Straßen um den Garten herum wie die
Museen im angrenzenden Dahlem dann

Sogar die Bahnhöfe in Dahlem hätten
Eine schöne sommerliche Anmut hier
Würden künftige Berliner leben für die
Arbeit nicht mehr alles im Leben ist

Mit viel Glück trifft er hier eine junge
Hübschen Dahlemerin die mit ihm
Zum Wald läuft und von dort zur
Krummen Lanke und um diese herum 

Bis zu Onkel Toms Hütte oder gar zum 
Jagdschloss Grunewald wenn davon
Genug ist nimmt die Dame einen dann
Im Cabrio mit nach Zehlendorf hinein

Dort gilt es die achteckige Kirche die
Aus Fritzens Zeiten noch stammt 
Gebührend zu bewundern von wo
Es über den Schlachtensee wie

Nikolassee endlich zum Wannsee geht
Wo der Tee in einem abgelegenen Haus
Am See genommen wird und bald eine
Kapelle noch zum Tanz aufspielt

Die Begleiterin klärt über Bademode
So fachkundig auf wie über Boote 
Als Berlinerin kennt sie sich aus am
Schildhorn kann Volk freibadend

Beobachtet werden und mit viel Glück
Ist die schöne Begleitung auch noch
Mitglied im Golf Club und lädt auf die
Dort Terrasse mit weiteren Erläuterungen

Hier kann Berliner Gesellschaft noch
Kennengelernt werden die so frei
Wie neu sich gebildet nun hätte so
Müsse er sich sehr zusammennehmen 

Sich so gehen zu lassen wie es den
Großen Berlinern dort gefällt sodann 
Fährt die Gönnerin ihn noch über den
Avus heim wo er Automarken lernt

Wunderbar war dieser Ausflug in den
Westen bis zum Wannsee der dann 
Natürlich nach der Wanderung von
Dahlem aus im Cabrio noch fuhr 

Diese liebenswerte Betrachtung von
Berlin zwischen den großen Kriegen
Also vor rund hundert Jahren ist noch
So aktuell wie damals und treffend

Hessel beschreibt neben den Orten 
Auch die Charaktere der Bewohner
Woran sich erstaunlich genug bis
Heute nur wenig geändert hat

jens tuengerthal 16.6.25

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