Lektürentagebuch 16.5.25
Ein wenig verschoben hatte ich noch
Das unangenehme Gespräch zwischen
Vater und Sohn Johann Buddenbrook
Über den Brief von Gotthold
Als der Konsul seinen gutgelaunten
Vater im Festsaal trifft trübt sich die
Stimmung rasend schnell nach der
Übergabe des blauen Kuverts
Ein unangenehmer Brief voller auch
Moralischer Vorwürfe in dem der Sohn
Seinen Anteil am Haus forderte weil
Das Firmenkapital höher als gedacht sei
Johann Sohn redet auf Johann Vater
Der hoch erzürnt ist mit Bitte um
Verständnis Milde und Rücksicht ein
Erinnert auch an die christlichen Ideale
Während der Sohn den Brief liest
Beginnt der zornige Vater nun die
Kerzen mit dem Löscher zu bedecken
Es wird langsam dunkel im Saal
Der Vater flucht dabei teils Platt
Teils auf französisch über die
Frömmelei und den Idealismus
Der ihm mit Perücke nicht gefällt
Da trifft der kirchenkritische Geist
Der Aufklärung auf romantischen
Idealismus zwischen Vater und Sohn
Im Gespräch über den Halbbruder
Nur gelegentlich huschen noch
Schatten über die Wand bis nur
Eine letzte Kerze noch brennt
Der Alte fragt den Sohn was er tut
Nach kurzem Zögern und unter
Abwägung aller Umstände könne
Er als Compagnon nicht zur Zahlung
Raten womit das Thema erledigt ist
Die letzte Kerze wird gelöscht und
Vater und Sohn Buddenbrook gehen
In ihre je Etagen des Hauses einig
Im Vorrang der Firma zumindest
Trotz konträrer philosophischen Sichten
Die auch in der Kleidung sichtbar wird
Finden sich über nüchternen Zahlen
Die Geschäftsleute wieder zusammen
Mit Franz Hessel als Flaneur in Berlin
Geht es nun in den Südwesten wo
Charlottenburg Wilmersdorf und
Schöneberg bereits völlig mit Berlin
Verwachsen sein wie der Badedecker
Schriebe so dass eine Unterscheidung
Hier müßig sei und als erstes geht es
Vom Bülowbogen zum Sportpalast
Dort könne das Volk vom Berlin im
Fieber erlebt werden etwa beim
Sechstagerennen wobei er zwischen
Mittelraum mit Logen und der Galerie
Unterscheidet bei ersteren fänden sich
Die Promis im Zobel bei letzterem die
Kenner die jeden Namen mitbrüllen und
Dir die Bedeutung der Ampel erklären
Liebevoll beschreibt Hessel hier die
Berliner die noch ganz unverdorben
Begeistert wären und mitfieberten für
Ihre Fahrer auf die sie gewettet haben
Wie vor den letzten Runden nochmal
Die Spannung steigt und die sonst gern
Erklärbären voll konzentriert wären
Niemand mehr sehen bis zum Ziel
Beschrieben wird auch die Nutzung
Durch die verschiedenen politischen
Lager Stahlhelm und Nationalsozialisten
Bis Rotfront tagen hier in voller Halle
Gelegentlich prügelten sich noch die
Je Gegner mit der Polizei vor der Halle
Die den jeweils Kongress schützen wobei
Schwer zu unterscheiden wird wer anfing
Das große Engagement dabei egal ob
Sport oder Politik sei Zeugnis der hier
Lebenslust schreibt der Flaneur doch
Mit Grauen denk ich an die Geschichte
Als nächstes geht es dann in den
Heinrich von Kleist Park der besonders
Schön durch Gottards Königskolonnaden
Sei die einst am Alexanderplatz standen
Diese sind mit ihren Säulen wie ein Gang
In andere Zeiten und eine von den dort
Rundlichen Rokoko Nymphen erinnert ihn
Eher an eine der typischen Berliner Nutten
Eine Bogenschützin zielt stilvoll auf die
Restflora die einmal botanischer Garten
Hier noch war bevor dieser dann nach
Steglitz umzog hier spielen dafür Kinder
Doch sehr beschränkt ist dies Spiel
Auf eng umgrenzte Bereiche dafür
Interessieren ihn die vermutlich wohl
Arbeitslosen Kartenspieler mehr
Jene vergessen hier für Momente
Ihren sonst Jammer schauen dabei
Wie gebannt auf den Kartenverteiler
Ein Gelähmter sei noch dazu gerollt
Nun geht es hinein nach Schönenberg
Wo eine Straße ist in der es alles gibt
Die ihn aber eher traurig stimmt warum
Es in den offiziell traurigen Teil nun geht
Die Insel nennen ihn die Anwohner mit
Der Ringbahn benachbarten Straßen wo
Eilig armes Volk durch den polnischen
Korridor morgens zu beobachten ist
Hinter traurigen Fassaden seien schon
Sonnenlose Hinterhöfe zu ahnen das
Rotverhangene Werbebüro der KPD
Kann hier mit gutem Zuspruch rechnen
Von tristen Ort führt ihn die Straßenbahn
Zum Stadtpark wo das bayerische Viertel
Was rühmlich bekannt wäre beginnt das
Nicht so rechtwinklig wie der Rest sei
Durch Wilmersdorf und Friedenau führe
Die alte Kaiserallee dabei wird behauptet
Friedenau sei wie Steglitz und Lichterfelde
Der Zufluchtsort einst königlicher Rentner
Diese seien ihrer Renten heute beraubt
Personen mit chronisch empörtem Gesicht
Wo die Kaiserallee in die Schlossstraße
Mündet fängt Steglitz ganz modern an
Der leuchtende Filmpalast dort begrüßt
Doch der Rest sei immer noch gemütlich
Wie vor der Jahrhundertwende als er dort
Klassenkameraden noch besuchen ging
Mit der Wannseebahn geht es dann zum
Botanischen Garten den er eine ganz
Wunderbare Schöpfung von Wissenschaft
Mit Geschmack nennt die zum lustwandeln
Durch die ganze Welt in Pflanzen einlädt
Schön seien auch die botanischen Namen
Der Straßen um den Garten herum wie die
Museen im angrenzenden Dahlem dann
Sogar die Bahnhöfe in Dahlem hätten
Eine schöne sommerliche Anmut hier
Würden künftige Berliner leben für die
Arbeit nicht mehr alles im Leben ist
Mit viel Glück trifft er hier eine junge
Hübschen Dahlemerin die mit ihm
Zum Wald läuft und von dort zur
Krummen Lanke und um diese herum
Bis zu Onkel Toms Hütte oder gar zum
Jagdschloss Grunewald wenn davon
Genug ist nimmt die Dame einen dann
Im Cabrio mit nach Zehlendorf hinein
Dort gilt es die achteckige Kirche die
Aus Fritzens Zeiten noch stammt
Gebührend zu bewundern von wo
Es über den Schlachtensee wie
Nikolassee endlich zum Wannsee geht
Wo der Tee in einem abgelegenen Haus
Am See genommen wird und bald eine
Kapelle noch zum Tanz aufspielt
Die Begleiterin klärt über Bademode
So fachkundig auf wie über Boote
Als Berlinerin kennt sie sich aus am
Schildhorn kann Volk freibadend
Beobachtet werden und mit viel Glück
Ist die schöne Begleitung auch noch
Mitglied im Golf Club und lädt auf die
Dort Terrasse mit weiteren Erläuterungen
Hier kann Berliner Gesellschaft noch
Kennengelernt werden die so frei
Wie neu sich gebildet nun hätte so
Müsse er sich sehr zusammennehmen
Sich so gehen zu lassen wie es den
Großen Berlinern dort gefällt sodann
Fährt die Gönnerin ihn noch über den
Avus heim wo er Automarken lernt
Wunderbar war dieser Ausflug in den
Westen bis zum Wannsee der dann
Natürlich nach der Wanderung von
Dahlem aus im Cabrio noch fuhr
Diese liebenswerte Betrachtung von
Berlin zwischen den großen Kriegen
Also vor rund hundert Jahren ist noch
So aktuell wie damals und treffend
Hessel beschreibt neben den Orten
Auch die Charaktere der Bewohner
Woran sich erstaunlich genug bis
Heute nur wenig geändert hat
jens tuengerthal 16.6.25
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen