Montag, 23. Juni 2025

Lektürentagebuch 23.6.25

Lektürentagebuch 23.6.25

Mag es ja überhaupt nicht wenn Bücher
Enden und verzögere dies darum gerne
Um Jahre und lese immer hunderte Bände
Parallel das Ende noch aufzuschieben

Bei Franz Hessel und seinen kurzen
Romanen und Geschichten fällt dies
Naturgemäß schwer auch hatte mich
Die Romanze in Paris wirklich gepackt

Wollte wissen was aus Lotte und Arnold
Als beinahe Paar bis zu ihrer Abreise
Noch würde denn eigentlich zog es die
Beiden doch wie magisch zusammen 

Er sitzt bei ihr am Bett betrachtet selig
Ihre Schönheit bei der sich die zarten
Knospen ihres kleinen feinen Busens
Unter dem durchsichtigen Gewand zeigen

Staunt über das Wunder des Körpers
Hält weiter die eine Hand noch der
Schlafenden Lotte und bettet seinen Kopf
In ihren Schoß liegt am Venushügel

Dort lag er wie das Einhorn in der
Alten Legende und es ist heller
Morgen als er ihr Atelier verlässt
Im Café den Maler Ephrussi trifft

Dieses Pseudonym für den echten
Picasso zeichnete auf dem Tisch
Blätter vom gestrigen Ball auf denen
Arnold zuerst Pamela zu sehen meint 

Später erkennt es musste Lotte sein
In deren Schoß er die Nacht verbrachte
Ohne ihr dabei näher zu kommen
Sie hätte der Maler gestern vermisst

Wie schade meint Arnold es wäre
Sicher ein schönes Ephrussi Bild
Geworden doch der Meister winkt ab
Das Beste könne nicht gemalt werden 

Der junge Eberhard kommt dazu und
Sie plaudern über den Ball auf dem er
Wie Pamela die Könige gewesen wären
Er mit seinem wilden Bärenfell

Denke an die Picassos in Berlin im
Museum Berggruen der Brücke nach
Paris wo ich den Alten noch traf
Der sich an meinen Großvater erinnerte 

Sehe Eberhardt im Bärenfell dort als
Figur des Geschehens das Hessel als
Feinsinniger Zeitzeuge leben lässt
So mir die Jugend des Grotepater zeigt 

Ahnung von Kunst hatte er ja keine
Aber sonst sehr gebildeter Mann meinte
Berggruen lachend und saufen konnte er
Wie er ein wunderbarer Tänzer auch war

In der Erinnerung verwindet sich die
Reale Familiengeschichte mit dem
Roman von Hessel der 24 Jahre älter
Als mein Großvater noch war während

Heinz Berggruen der sie alle kannte
Noch zehn Jahre jünger war aber alle
Beteiligten noch in Paris erlebte ist er
Die Brücke in meine Berliner Gegenwart

Am Friedhof kauft er einen großen
Strauss Narzissen für Lotte bei der
Ihm Pamela die Tür öffnet die wieder
So raumgreifend amerikanisch da war

Mit großen Worten und noch größeren
Plänen dazu alles mit Beschlag belegte
Von ihrer beider Hochzeit sprach die
Kein Teil des Plans nun mehr ist

Sie will Lotte mit nach Spanien nehmen
Ihr russischer Fürst hätte bestimmt nichts
Dagegen wenn sie beide mitkämen doch
Daraus wird nun nichts mehr werden

Morgen käme Lottes Mutter um sie zurück
Nach Deutschland zu nehmen und dann
Kommt noch eine Depesche die Mutter
Käme schon heute sie müsse sofort los

Vor dem Haus verabschiedet er sich von
Pamela die noch nach Claude fragte dem
Adressaten dieser Hefte in denen die
Geschichte von Arnold und Lotte steht 

Einmal sehen sie sich noch kurz im
Jardin du Luxembourg von wo er sie
Noch zur Metro bringt um noch einen
Letzten Versuch bei ihr zu unternehmen

Ob sie nicht seine Frau werden wolle
Er käme dafür auch nach Deutschland
Arbeitete irgendwas aber sie sagt nur
Lebe wohl sie wolle sich nicht an ihm

Versündigen was ihm rätselhaft scheint
Wie uns Lesern zunächst und es ist
Das letzte mal dass sie sich sahen 
Was sich in seinen Papieren fand

So endet die große Liebe jenes Wunder
Der Begegnung was auf einem Kinderball
Begann keusch voller Sehnsucht beide
Traurig in dadurch unsterblicher Liebe 

Die schönste und größte Liebe welche
Auch die letzte vor dem großen Krieg war
Wird besonders weil sie nie alltäglich war
Wie die fernen Musen am nächsten mir 

Hessel bleibt der Meister der unvollendeten
Liebe mit der er in allen Varianten der Lust
Durchaus erfahrener Liebhaber spielt ohne
Auch nur eine noch vollziehen zu müssen

Er lässt dem unausgelebten Gefühl seine
Vollendete Schönheit was verständlich
Macht warum Mascha Kaleko ihn den
Heiligen Franz vom Fischer Verlag nannte

Kurz berichtet Lotte noch von der
Beerdigung von Lilly wie trist es war
Sie war mit dem Witwer allein ihre
Leiche kehrte nach Berlin zurück

Während er noch auf dem Perron der
Metro ein letztes mal zu ihr schaut fuhr 
Sein Zug ein und so sahen sie sich
Auch am Ende wirklich nie wieder

jens tuengerthal 23.6.25

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