Donnerstag, 27. Oktober 2016

Cup of Tea 003

Tee im Zimmer mit Aussicht

Kennst du das Land, wo die Zitronen blüh'n,
Im dunkeln Laub die Goldorangen glüh'n,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Goehte, Mignon

“Früh drei Uhr stahl ich mich aus Karlsbad, weil man mich sonst nicht fortgelassen hätte.”
Goethe, Italienische Reise 3. September 1786


So beginnt Goethes berühmte Italienische Reise
Bei der er aus seinem Leben als Geheimrat zu
Weimar ausbrach um gen Italien aufzubrechen
Weil die Kunst in ihm stockte es ihn dorhin zog

Viele Verse schrieb der Dichterfürst darüber
Immer wieder taucht auch erotische Erinnerung
Wieder auf um ihn hemmungslos zu begeistern
Für dieses Land seine Menschen sein Licht

Er steckte damit die Deutschen an deren
Grand Tour meist nur nach Italien ging doch
War die große Sehnsucht geweckt träumten
Andere Generationen sie um die Welt weiter

Warum Goethe all dies Glück nur in Italien
Sah das damals noch uneiniger als heute
Vielen Ländern zu Teilen noch zugehörte
Voll bezaubernder auch Natur fragt sich

So berichtet Goethe von den Vulkanen
Weniger von Erdbeben damals doch ist
Der naheliegende Zusammenhang weit
Bekannt über die Zeiten hinweg längst

Italien was viele als Wurzel des Abendlandes
Sehen auch wenn es bloß die Kopie der vorher
Griechischen Kultur etwas militärischer nur war
Steht innerlich bewegt auf unruhigem Grund

Die Erde ist dort spürbar und fordert Opfer
Von Zeit zu Zeit wenn zu riskant gebaut wurde
Doch wissen die Menschen dort es lange schon
Vielleicht sind sie darum so abergläubisch noch

Dort wo viele Wiegen europäischer Kultur stehen
Der Renaissance sicher und mancher Wege mehr
Wird der Boden von Afrika gen Alpen geschoben
Die Jahr für Jahr einen Millimeter weiter wachsen

Stelle ich mir nun vor ein Tsunami ließe nach
Solch Erdstößen auf dem Stiefel etwa Venedig
Oder Pisa und Neapel gänzlich versinken wie
Jenes sagenumwobene Atlantis graut es mir

Rom die ewige Stadt auf unruhigen Grund gebaut
Spürte noch die Auswirkung des Bebens in den
Apennin nahe bei doch Florenz noch verschont
Liegt inmitten der spannungsreichen Erdkante

Die Stadt der Medici der Renaissance wie auch
Der Liebe mir immer und dabei in Gedanken beim
Wunderbaren Zimmer mit Aussicht von E.M.Forster
Diese Liebesgeschichte in und um Florenz

Eine Engländerin weilt mit ihrer Verwandten
Charlotte als Anstandsdame in Florenz dabei
Äußert sich diese beim Abendessen enttäuscht
Über ihr Zimmer im Hotel direkt am Fluss

Sie hatten auf einen Blick auf den Arno
Den Fluss der Florenz durchquert gehofft
Als Mr. Emmerson und sein George ihr
Daraufhin ihres anbieten ist sie entsetzt

Zunächst hält sie das Angebot für eine
Schwere Formverletzung sodann doch
Zumindest für eine Annäherung worüber
Sie sehr englisch noch entsetzter ist

Beruhigen kann sie der anwesende Pfarrer
Der dann doch zur Annahme des Angebots
Rät womit langsam das Band zwischen Lucy
Und George gewunden wird mit Hindernissen

Einmal sinkt sie noch ohnmächtig anlässlich
Einer Messerstecherei in George Arme der
Sie so rettet aber auf einem anderen Ausflug
Von Charlotte beobachtet einen Kuss riskiert

Der Rest ist eine schöne Liebesgeschichte
Aus dem England der Jahrhundertwende
Die natürlich an einem Zimmer mit Aussicht
In Florenz glücklich endet nach viel Aufregung

Italien ist eine Liebesgeschichte Europas
Der Engländer und Deutschen besonders
Die sich dort immer wieder angekommen
Fühlten wie im erträumten Paradies wohl

Das Paradies steht auf unruhigem Grund
Was die Erde unter ihm betrifft auch immer
Die Politik  die es irgendwie verwaltete
Durch mehr oder weniger korrupte Mafiosi

So wurden Genehmigungen oft gekauft
Selten wie nötig gebaut und so fällt eben
Manchmal alles wieder zusammen beim
Nächsten Beben mit oder ohne Ankündigung

Wäre es noch Italien würde dort nach der
Deutschen Bauordnung nur gebaut oder
Ist das Chaos im Paradies sein Scham
Den wir Ordentlichen erst so lieben

Könnte nicht die EU dort für Sicherheit
Sorgen und das italienische Chaos durch
Vernünftige Normen aus Brüssel beseitigen
Fragt sich nur wer kein Gefühl für Italien hat

Dankbar beten die Menschen nun zu Maria
Die sie mit dem ersten Erdstoß noch rettete
Der viele schon in ihre Autos trieb bis dann
Beim zweiten Stoß alles zusammenbrach

Immer wieder überlegte ich auch die male
Die ich in Italien weilte ob es nicht besser
Wäre die ganzen Kabel wären ordentlich
Versteckt wie ich es von zuhause kenne

Dann schaue ich auf einen Teller Spaghetti
Habe keine Fragen mehr und liebe dies Land
So wie es ist auch weil es so ist und nie so
Wie Deutschland sein soll damit wir was merken

Liebe die ländliche italienische Küche sehr
Bewundere ihre Leidenschaft immer wieder
Fühle mich wohl und glücklich dort eigentlich
Frage mich warum ich so lange nicht da war

Wenn ich parallel auch Montaignes Reise lese
Auf der er aus Deutschland wie Italien berichtet
Merke ich es hat sich eigentlich nichts geändert
In den letzten weit über 400 Jahren seitdem

Das Bild voneinander wie die Betrachtung je
Wohl am allerwenigsten warum die so typisch
Englische Liebesgeschichte natürlich in Florenz
Spielen muss einem Ziel der Grand Tour

Vielleicht lieben die Deutschen gerade diese
Von einem Engländer in Florenz erzählte
Liebesgeschichte weil sie sich selbst sehen
Ohne sich verteidigen zu müssen dagegen

Sicher tat die zärtlich langsame Verfilmung
Des großen James Ivory ein übriges wie ich
Gerade mir bei einer Tasse Tee vorschwärme
Wie oft habe ich diesen Film gerührt gesehen

Italien ist einerseits hektisch und schnell wenn
Wir den Italienern beim reden lauschen oder
In dortigen Städten Autofahren einem Ober
In Ruhe etwas erklären noch wollen vorab

Andererseits ist es da wo Deutschland wie
Ein Uhrwerk schnell und präzise funktioniert
Langsam oft und ganz gelassen zumindest
In meiner verträumten Erinnerung noch

Vieles am Bild von Italien ist Teil dieses Traums
Vom Land in dem die Zitronen blühn wie auch die
Goldorangen sanft uns anglühn hat nicht immer
Mit der Realität zu tun fühlt sich aber gut an

So gehen wir zum Italiener essen und kochen
Selbst zu gerne italienisch auf der Suche nach
Der großen Sehnsucht die dort Erfüllung findet
Zumindest in unserer Phantasie was ja reicht

Überhaupt denke ich bei meiner Tasse Tee
Den Blick in den dunklen Oktober was wäre
Das Leben schön folgten wir mehr unseren
Phantasien wie Goethe dem Ruf nach Italien

Noch ist es nicht untergegangen unter den
Sich aufbäumenden Platten unter sich also
Sollten wir es unbedingt solange genießen
Wie es nocht ist wie es ist unser Traumland
jens tuengerthal 27.10.2016

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