Mittwoch, 26. Oktober 2016

Cup of Tea 002

Aufstieg und Untergang

Von nichts werden die meisten Menschen
Lieber unterhalten als von Geschichten zu
Aufstieg und Untergang von Familien die
Zeitgemäß auch Konzerne sein können

Es liegt also nahe auch zum Tee darüber
Zu plaudern worüber Thomas Mann einst
Seine Buddenbrooks handeln ließ also dem
Aufstieg und Abstieg ehrwürdiger Familien

Ohne weitere Störungen mehrt sich Vermögen
Von Generation zu Generation und wird dazu
Relativ steuergünstig vererbt oder noch besser
Vorher gleich geschenkt als Steuerersparnis

Die neue Generation möchte gern immer
Noch ein Stück weiter kommen als die vorige
In deren Schatten sie groß wurde um freier
Agieren zu können geht das Spiel ewig weiter

Manche tun das sehr erfolgreich wie etwa
Die Krupps oder Flicks oder Albrechts wie
Sie alle heißen die Superreichen die aber
Vielleicht überraschend kein Thema sind

Klatsch wird dem Regenbogen überlassen
Der gerne die Finger im Mist warm hält
Doch Geschichten die Geschichte schreiben
Eignen sich bestens zur Unterhaltung beim Tee

So kommt Borgward wieder nach Bremen was
Traditionelle Bremer milde lächeln lässt im noch
Angedenken an vergangene große Zeiten doch
Mehr noch kommen sie nun auch noch elektrisch

So wird die alte Hansestadt zum Ausgangspunkt
Einer Bewegung in der Deutschland noch hinterher
Hinkt den Anschluss zu verpassen droht wenn nicht
Endlich ein klarer Aufbruch zur E-Mobilität beginnt

Denke an die Geschichten meiner Großmutter
Aus der Zeit als Bremen noch was war wie sie
Zu sagen pflegte und meinen Urgroßvater der
Von Bremen aus Ostfriesland elektrifizierte

An die Geschichten von ihren Freundinnen
Den Unternehmertöchtern deren Väter sich
Aus dem Club zu Bremen kannen die dann
Im Bürgerpark täglich ihre Ausritte machten

So bin ich mitten in der Familiengeschichte
Denn auch meinen Großvater lernte sie dann
Auf einem dieser Ausritte kennen wo der große
Sportliche Kavalier wohl gute Partien verdrängte

Auch er war keine schlechte als Zahnarzt
Doch weniger als die großen Bremer Namen
Zu denen auch Borgward und andere gehörten
Für die Großmutter die in London gewesen war

Dort hatte sie um haarscharf noch am Tratsch
Wieder vorbei zu rutschen noch die heute Queen
Als kleines Mädchen im Garten nebenan getroffen
Geschaukelt und gelegentlich noch bespielt

Weiß nicht mehr ob sie darum zur Krönung
Nach Westminster Abbey geladen wurde
Oder es war weil sie gut englisch konnte
Ihr Vater flog noch mit Richthofen einst

Jahrgang 1911 war sie ein Kind des letzten
Jahrhunderts hatte mit ihrem Vater noch
Das wilde Berlin der 20er besuchen dürfen
Mochte sie es immer gerne etwas größer

Vielleicht lag es daran dass sie selbst nur
Gerade eineinhalb Meter groß war während
Ihr Gatte fast die zwei schon erreichte dafür
Nicht ¼ so viel und schnell redete wie sie

So ist mir Borgward die nun wiederkommen
In Erinnerung aus den Geschichten aus der
Kinderzeit von den Ausritten im Bürgerpark
Bis der Araber meiner Omi an die Front musste

Isabella klingelt es bei mir im Hinterkopf
Höre ich noch meinen Vater schwärmen
Ohne zu wissen ob er je was von Autos
Verstand oder nur wie immer schwärmt

Die Leidenschaft fürs Schwärmen teilen wir
Auch wenn sie heute nicht sehr hipp ist wo
Alle lieber cool gähnend herumstehen beim
Sich nebenbei noch übertreffen wollen

Bremen wie ich es kennenlernte war noch
Großbürgerlich wie bei den Buddenbrooks
Über die Klassen einig waren sich alle noch
Bei der Zuneigung zu Werder sonst weniger

Die wenigen Jahre die ich Sozialdemokrat war
Bis ich das Gabrielgrauen entnervt befremdet floh
Kamen erst nach dem Tod der Bremer Großeltern
Ihr Enkel ein Sozi das hätten sie nie verziehen

Auch selbst fremdelte ich immer bei dem Gedanken
Ein Sozi zu sein was einfach nicht zu mir passte
War bürgerlich wie Mann es beschrieb aufgewachsen
Vielleicht ein zwei Klassen noch bescheidener woh

Wer vertritt aufgeklärte Bürgerliche heute die
Kritisch denken und nicht christlich sind auch
Der Grünen-Sekte zwar Zuneigung entgegen
Bringen aber kaum aufrechten Glauben nochl

Wo ich schon von Familie so tratsche zum Tee
Bevor ich noch in die weiteren Abgründer der
Mit meiner Großmutter befreundeten Prinzessinnen
Abrutsche wechsle ich im Thema nach Gotha

Heute wie damals Thüringen nur woanders heute
Kam die väterliche Familie großbürgerlich noch aus
Der Residenzstadt war Ururgroßvater dort Hofbibliothekar
Als solcher gut bekannt und verwandt mit allen

Dessen Erbe lebt noch in meinem Vater nun fort
Der die Sammlung an Stichen und Zeichnungen
Die in der Familie blieb übernahm und darüber
Glücklich sein Alter nun ‘stichelnd’ verbringt

Eine andere Familie mit der wir irgendwie verwandt
Aus Gotha waren die Arnoldis die wiederum einst
Die Gothaer gründeten wovon wir nichts haben was
Aber doch eine sehr nette Geschichte ist zum Tee

Über die Arnoldis mit Louis Spohr verwandt
Frage mich bitte bloß keiner wie wird nun der
Große Bogen durch Europa geschlagen gen
Wien was der eigene Vater wieder sehr liebte

An mir ging jegliche Musikalität außer in den
Worten vielleicht manchmal spurlos vorbei
Dafür erzähle ich gerne Geschichten die
Manchmal Geschichte schrieben wie just

Borgward ist mit Familie verbunden für mich
So ist der vorbildliche Bremer Aufbruch auch
Für mich einer in die eigene Geschichte zu
Den vielen Geschichten der Großmutter noch

Denke an ihren Streich zum 1. Mai als sie am
Stolzen Kippenberg in Bremen die Fahne die
Gerade Schwarzrotgold schon war einzog mit
Ihrer Freundin und Schwarzweißrot aufhängte

Der Urgroßvater wurde zum Direktor bestellt
Dieser machte ihm ordnungsgemäß Vorhaltungen
Beide kannten sich aus dem Club zu Bremen
Waren Offiziere noch im Krieg gewesen

Der Urgroßvater ein kleiner dicker wie Churchill
Auch Zigarren rauchend so weit ich mich erinnere
Hörte sich alles schweigend an und sagte dann
Was soll ich sagen sie denkt halt wie wir national

Stolz erzählte sie mir diese Geschichte und so
War für mich die Reichsfahne wie national zu sein
Als Kind noch normal in dieser Zeit verständlich
Weil die Großmutter es so gemacht hatte

Später kehrte sich das um und stolz erzählte sie
Wie ihr Vater den Nazis widerstand und dann
Von seinen Arbeitern aus dem Knast gebrüllt wurde
Ihre Schwiegereltern sogar noch Juden versteckten

Die Nazis galten als schmuddelige Proleten
Mit denen wollte sie nichts zu tun haben
Sagte sie viele Jahre nach dem Krieg zu mir
Als sie in London war hätte sie sich geschämt

Damals wäre Ribbentrop Botschafter gewesen
Hätte zu peinlichen Empfängen mit dem braunen
Gesocks in Uniform und Fackelträgern geladen
Gänzlich undiplomatisch peinlich wie sie sagte

Was sie in dem Moment wirklich dachte
Weiß ich nicht und ob sie nicht wie viele
Deutsche die bürgerlich national dachten
Erstmal den neuen Nationalstolz genoß

Der Großvater väterlicherseits wenn wir
Schon am Tratschen hier sind mochte die
Nazis nie im Gegensatz zu seinem Bruder
Dem Pastor der bald dort Karriere machte

So war mein Großvater noch einer der
Letzten preußischen Kadetten gewesen
In Lichterfelde in Berlin gedrillt worden
Nachdem sein Vater vor Verdun fiel

Der Vater ein Opfer der Franzosen
War mein Großvater dennoch dann
Ins Paris der 20er gezogen wo er sie
Nach späten Erzählungen alle noch traf

Er überlebte meine Großmutter nicht ließ
In ihrer Gegenwart wenig zu seiner frühen
Pariser Zeit fallen erzählte dann lieber wie
Er später als NATO-Diplomat wiederkehrte

Eine solche stehende Geschichte der Familie
Sind seine morgendlichen Ausritte damals im
Bois de Bologne an dem sie direkt wohnten
So spielen Pferde schon irgendeine Rolle

Warum mein Großvater nach dem 20. Juli 44
Damals als Offizier in Belgien tätig degradiert
Wurde ist heute klar er stand als einer der
Vertrauenswürdigen Offiziere auf Gördelers Liste

Nachweisen konnte ihm keiner was und so
Hängten sie ihm eine Unterschlagung an
Die er als korrekter preußischer Beamter nie
Begangen hätte an und sandten ihn gen Osten

Nach dem Krieg musste er bevor er wieder
In den Staatsdienst konnte seine Unschuld
In einem Entlastungsverfahren beweisen
Bei dem Resistance Kämpfer für ihn aussagten

Verständlich war das Verhältnis zum Bruder
Der durch die Kirche nach dem Krieg gleich
Wieder in Lohn und Brot war angespannt auch
Die Stiefschwiegermutter schätzte er darum wenig

Diese eigentlich kluge Frau war immerhin noch
Die erste Frau die in Berlin Geographie Examen
Machte im noch Kaiserreich war Künstlerin wie
Vielfältig begabt und leider Nationalsozialistin

Was mir im nahen Bereich zeigte denn auch die
Stiefurgroßmutter lernte ich noch kennen wenn sie
Mit ihrem Karmann Ghia vorfuhr bis zu ihrem eher
Rätselhaften Ende wie Brüche mitten im Land liegen

Die Stiefurgroßmutter war eher progressiv hatte
Wohl früher Kontakt zur Münchner Künstlerszene
War mit Wandervögeln unterwegs und fand doch
Den nationalen Sozialismus die beste Lösung

Die Großmutter dagegen aus konservativer
Sehr bürgerlicher Familie die stolz darauf war
Hindenburg als Nachbarn persönlich zu kennen
Distanzierte sich klar von diesem braunen Pack

So trippelt ein wenig Weltgeschichte in die eigene
Familiengeschichte ohne darum vom großen noch
Aufstieg der Familie berichten zu können und gäbe
Es Zyklen fragte ich mich wann wir auf dem Zenit waren

Ein nur Dichter ist sicher schon der totale Abstieg
Nach bürgerlichen Kategorien solange zumindest
Bis einen ein Fürst zum Geheimrat noch macht
Wonach es in Deutschland nicht aussieht mehr

Was wurde aus dem Bürgertum der alten Reiche
In der neuen Bundesrepublik und wo steht es
Warum ist der AfD nur Abschaum fast allen
Auch wenn sie manche Sorgen wohl teilen

Bürgerlichkeit als Lebensform geht dabei
Vom ganz privaten hinüber in den Alltag
Ist eigentlich heimatlos geworden in der
Heute Republik und zugleich ihre Basis

Aber Borgward elektrisch in Bremen ist am Ende
Wie am Anfang eine schöne Geschichte die der
Spröden Schönheit an der Weser vielleicht eine
Große erfolgreiche Zukunft wieder beschert
jens tuengerthal 26.10.2016

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