Montag, 29. August 2016

Kulturgeschichten 0338

Theaterleben

"Ein Federzug von dieser Hand, und neu // Erschaffen wird die Erde. Geben Sie // Gedankenfreiheit." - Don Carlos III,10 / Marquis von Posa

"Ich bin verzagt, wenn Weiber vor mir zittern." - Don Carlos II,8 / Don Carlos

"Ich habe // Das Meinige getan. Tun Sie das Ihrige" - Don Carlos V,letzter Auftritt/ König

"Liebe // Kennt der allein, der ohne Hoffnung liebt." - Don Carlos II,8 / Don Carlos

"Oh, der Einfall war kindisch, aber göttlich schön." - Don Carlos I,2 / Don Carlos

"O eines Pulses Dauer nur Allwissenheit!" - Don Carlos III,2 / König

"Und was // Ist Zufall anders, als der rohe Stein, // Der Leben annimmt unter Bildners Hand? // Den Zufall gibt die Vorsehung - zum Zwecke // Muß ihn der Mensch gestalten." - Don Carlos III,9 / Marquis von Posa

"Wer mich // Entbehren kann, wird Wahrheit für mich haben." - Don Carlos III,5 / König

"Wer sich // Den Menschen nützlich machen will, muß doch // Zuerst sich ihnen gleich zu stellen suchen." - Don Carlos IV,3 / Marquis von Posa

"Die Liebe ist der Liebe Preis." - Don Carlos II,8 / Prinzessin

"Die schönen Tage in Aranjuez // Sind nun zu Ende." - Don Carlos I,1 / Domingo

"Doch große Seelen dulden still." - Don Carlos I,4 / Marquis von Posa

"Dreiundzwanzig Jahre, und nichts für die Unsterblichkeit getan!" - Don Carlos II,2 / Don Carlos

"Du nahmst mir meinen Himmel nur, um ihn // In König Philipps Armen zu vertilgen." - Don Carlos I,5 / Don Carlos

"Ein Augenblick, gelebt im Paradiese, // Wird nicht zu teuer mit dem Tod gebüßt." - Don Carlos I,5 / Don Carlos

"Ein Erröten // Zurückzunehmen, haben manche schon // Der Schande sich geopfert." - Don Carlos II, 15 / Marquis von Posa

Der Sommer geht zu seinem Ende
Noch wenige Tage im August bis
Der schon Herbstmonat September
Beginnt in dem die Welt sich färbt

Es ist die Zeit in der die Urlauber
Aus ihrer Sommerfrische zurück
In die Stadt kehren und Theater
Ihre ersten Premieren auch feiern

So auch am 29. August 1787 in Hamburg
Als Schillers Don Karlos Premiere hatte
Ein Drama in fünf Akten nach historischer
Vorlage um den Enkel von Karl V. mal wieder

Es geht darin natürlich um Liebe wie auch um
Freundschaft im Schatten des Krieges in dem
Sich der Kronprinz Karlos auf Bitte seines Freundes
Des Marquis von Posa als Friedensstifter engagiert

Erfolglos engagierte er sich ging doch dieser Krieg
Noch bis 1648 wo der Westfälische Frieden dann
Endlich die Region befriedet nach achtzig Jahren
Kampf um die Freiheit der spanischen Niederlande

Die waren über Karlos Ururgroßmutter an Habsburg
Als erhaltener Teil des Burgund gefallen das dann
Wiederum sein Ugroßvater Philipp der Schöne noch
Mit Spanien verheiratete wo es Opa Karl V.  vererbte

Dieser hatte das unendlich große Reich aufgeteilt
Zwischen seinem Bruder Ferdinand und seinem Sohn
Philipp II. dem Vater jenes Karlos den Schiller wiederum
Abenteuer am Rande der Geschichte erleben lässt

Eifersüchtig auf den Vater der eine Verlobte heiratete
Elisabeth aus dem franzöischen Hause Valois das nun
Eine Generation später schon aussterben wird aber die
Ansprüche der Franzosen auf den Thron begründete

So sehen wir in diesem Drama einerseits schon die
Gründe des spanischen Erbfolgekrieges angelegt der
Erst über hundert Jahre später dann von Ludwig XIV.
Angezettelt wurde und Europa lange in Atem hielt

Zentraler aber ist der Konflikt um die Reformation
Die Freiheit der Niederlande und den Umgang der
Habsburger mit nicht katholischen Gebieten trotz
Auf Reichstagen versprochener Toleranz zuvor

Burgund oder was von ihm blieb war Privatbesitz
Des Hauses Habsburg also Erblande erheiratet noch
Vom letzten Ritter Kaiser Maximilian genauso das
Gerade erst geeinte Spanien aus Kastilien und Aragon

Im Deutschen Reich dagegen wurde der Kaiser
Von den Kurfürsten gewählt und also war der
Besitz nicht erblich sondern wurde verliehen
Der Kaiser war nur eine Art CEO im Reich

Der Vater von Karlos der nach seinem Opa heißt
In dessen Reich die Sonne nie unterging war ein

Absolutistischer Herrscher und aus Sicht des Sohns
Ein Tyrann den es dringend zu überwinden galt

Hätte er gewartet hätte die Zeit wie bei allen
Kronprinzen dies für ihn erledigt doch zeigt auch
Das aktuelle Beispiel Prinz Charles dies kann noch
Geduld wie manchmal sehr lange Zeit kosten

In Zeiten in denen Familien noch regierten die
Einen Frieden mit Eheschluss der Kinder also
Friedensstiftenden Beischlaf besiegelten war
Schon darin Stoff für viele Dramen vorhanden

Elisabeth Valois war die Tochter Heinrich II.
Mit dem sich Philipp II. vorher lang bekriegte
Zum Frieden war sie mit Don Carlos dem
Spanischen Kronprinzen verlobt worden

Dann heiratete sie doch Philipp weil es just
So gut passte egal ob dieser 18 Jahre älter
Forderte im Stück sogar ihren Don Karlos
Der um ihr Herz noch ringt zu Disziplin auf

Ob die beiden sich ursprünglich versprochenen
Doch eine verbotene Beziehung hatten wie Schiller
Oder ihm folgend Verdi mutmaßen mag dahinstehen
Sie war aber auch die Tochter Katharina Medicis

Bei Schiller intrigiert nun der Herzog von Alba
Gemeinsam mit dem Beichtvater gegen Karlos
Was der Marquis von Posa noch hintertreiben will
Dies gelingt sowenig wie Frieden in den Niederlanden

Der Herzog von Alba hatte schon nach dem dort
Bildersturm ein böses Blutbad in den Niederlanden
Angerichtet bei einer Strafexpedition warum Karlos
Lieber die Rolle des Verwalters dort nun wollte

Das Spiel um Liebe und Macht verbunden mit den
Passenden Intrigen zauberte aus dem historischen
Don Karlos als spanischen Kronprinzen noch eine
Dramatische Figur eines vermutlich Behinderten

Was Gerücht an Karlos Behinderung war der schon
Aufgrund der Inzucht seiner Eltern ein hohes Potential
Dafür hatte ist unklar geblieben jedoch spricht manches
Auch für einen großen Freiheitsdrang des Prinzen

Real lässt ihn der Vater im Gefängnis sterben oder den
Eigenen Tod durch verschiedene Mittel beschleunigen
Im Stück wollte er ihn noch befreien woran ihn dann
Der Großinquisitor hindert der es als Schwäche auslegt

Ein Putschversuch vielleicht oder Eifersucht zumindest
Wie Schiller sie inszeniert im guten Streben des doch
Fleißig strebsamen Philipp der sich bemüht und am Ende
Doch am engen unmenschlichen Zeremoniell scheitert

Warum ist die nur historische Figur noch so aktuell
Ist es das Drama um Macht und Liebe was ihn uns
Noch miterleben lässt oder ist es die Fraglichkeit des
Guten hier die immer wieder zweifeln lässt am Weg

Schauen wir uns die Parteien vor Wahlen an wie
Den Weg der Kandidaten wird dies sehr deutlich
Wie sehr auch die Demokratie besorgt noch immer
An Personen hängt wie Deutschland just an Mutti

An deren Kandidatur hängt vieles wie ihre noch
Entscheidung oder nicht zu Flüchtlingen manches
Im Land und an ihrer sicher geglaubten Macht
Noch veränderte aus Angst vor Populisten rechts

In den USA ist es der Krieg gegen Hillary Clinton
Bei dem einige den Untergang beschwören der
Für alle Vernünftigen sonst ein Trump wohl wäre
Doch Mord und Lüge sind Mittel der Wahl immer

So wird um Wahlen herum wieder viel gekocht
Was schlimmer klingt als es am Ende je noch
War und so gibt es auch heute noch manches
Drama um die Macht wie jüngst den Brexit

Nur zeigt sich kluge Politik weise wenn sie
Weniger sich inszeniert als Lösungen sucht
Die Langsamkeit entdecken müssen weil
Doch nichts schnelle Antworten noch braucht

So wird der Brexit von zwei Frauen mutmaßlich
Wenn die Wähler sie lassen einfach verschleppt
Bis er erledigt oder anderweitig unmöglich wurde
Was wahre Größe erst zeigt die nicht allen liegt

Darum schrieen Europas kurzsichtige Sozis so
Laut beleidigt auf als die Briten so unsinnig sich
Entschieden was keiner auch dort noch will weil
Ihnen Ruhe und Überblick schlicht wohl fehlt

Das gelingt dagegen Schiller an vielen Stellen
In seinem Don Karlos der an einem 29. August
Zu Hamburg erstmals auf die Bühne kam auch
Wenn Schiller noch in Mannheim schrieb zuerst

Schiller wollte ein Drama das seine Zuschauer
Fesselt wie im Theater mitreißt wohingegen Merkel
Ruhe und möglichst wenig Unruhe will um den
Dampfer Deutschland im Strom zu halten

Lassen wir die Politik ruhig machen wird sie sich
Wo kluge Köpfe sie führen den einträglichsten Weg
Des besten Kompromisses von alleine suchen außer
Der Wahnsinn treibt voll Gier die Beteiligten an

Warum Wähler wären sie klug am eigenen Interesse
Orientiert nur jene wählten die für Ruhe sorgen in der
Ihr Wohlstand am ehesten gelassen wachsen kann
Statt sich in dramatische Unruhen noch zu stürzen

Wer kann noch sicher sagen wer gut und böse ist
In Syrien oder in der Türkei die gerade wieder einen
Neuen Krieg gegen die zu starken Kurden führt als
Die begannen den IS erfolgreich zu schwächen

An der Fortsetzung des Krieges haben in Ankara
Viele ein Interesse weil er Milliarden verspricht die
Eine schwache Ökonomie nie von sich aus so
Schnell am Markt erwirtschaften könnte noch

Es scheint wohl Stoff für manche Dramen auch
Heute noch zu geben ohne sich sogleich zu grämen
Dass die echten Liebesgeschichten fehlen würden
Was hat Gefühl schon in der Politik zu suchen

Nur am Theater wurde es inszeniert während die
Regierenden Häuser politisch heirateten um sich
Zu verbinden und Gefühl dabei meist egal war
Wo es vorkam die große Ausnahme immer bildete

Doch wird Politik von Menschen zu allen Zeiten
Wohl gemacht die in ihren Entscheidungen doch
Auf ihr Gefühl vertrauen wie Merkel in jener Nacht
In der Deutschland die Kontrolle verlor im Zustrom

So schreibt uns die Welt neue Stücke oder wir lernen
In den alten eben zu lesen wie unsere Welt immer
Schon Theater war und Theater erst das Universum
Lehnen uns zurück und genießen es nebenbei

Don Karlos als Geschichte von Macht und Liebe ist
So aktuell wie nie in einer weitgehend verwalteten
Politik in der Beamte den Kurs bestimmen längst
Wo eine aus dem Gefühl die Welt verändert hat

Wenig hat sich geändert im gemeinen Kampf um
Die Macht wie der Methoden mit denen sich die
Menschen dabei zu zerstören suchen immer noch
Weil Menschliches noch Allzumenschlich immer ist
jens tuengerthal 29.8.2016

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