Lektürentagebuch 4.9.25
Gestern Nacht und heute die wunderbare
Helen Hessel in Ich schreibe aus Paris nun
Gelesen im Pariser Bilderbogen über Mode Leben und Liebe beginnt es hier mit dem
Direkten Wagen Köln - Paris wo russisch
Die Umgangssprache der Reisenden wäre
Wie der Herr mit gelben Schuhen dort das
Gepäck seiner mehligen Damen verstaut
Wie der ausdauernde Soldatengeruch des
Piou piou neben ihr die Parfums besiegt
Während auf dem Gang ein blonder dicker
Berliner mit Glatze einen Flirt sucht
Wie nach höflicher Passvisitation zu
Aachen zum zweiten Dejeuner in den
Speisewagen gedrängt wird vielfarbiges
Hors d’œuvres in blauem zerstoßenen
Service auf krümeligem Tischtuch während
Flaschen entkorkt werden ihr Gegenüber
Ist das weitgespannte Rückenblatt einer
Brüsseler Zeitung mit sauberen Fingern
Auf dem Tisch eine Schachtel Abdullah
Zigaretten es trifft sie ein misstrauisch
Zorniger erster Blick aus romanischem
Gesicht der nach und nach milder wird
Beim Kaffee schon bedient er sie mit
Zucker und Milch fragt wieviele Tropfen
Madame worauf sie ernst elf sagt was
Beide zum lachen bringt er zeigt ihr
Mit großer Geste die Landschaft vor
Liėge glüht bei Paris und lächelt zu
Brüssel wissend und erlischt zischend
Bei Berlin wo er es nur trostlos fand
Ob sie dies Berlin kenne worauf sie
Lächelnd erwidert es sei ihr Geburtsort
Sie liebe es worauf sie eine ironisch tiefe
Verbeugung bekommt der Abschied ist kühl
Die Russen in ihrem Coupé wären nun
Aufgelöster und wilder vor demselben
Unschuldigen Hintergrund über winzigen
Füsschen wurden Säulenbeine sichtbar
Flaneuse und Teilnehmerin zugleich
Beschreibt Helen Hessel aufmerksam
Mit feinem Blick die Momente wie den
Flirt den sie ganz spielerisch nimmt
Unterirdisch ist das nächste Bild in dem
Die weißgekachelte Schimmerröhre der
Metro beschrieben wird in der alle roten
Grünen und gelben Lichter spielen
Sie kamen über Treppen hinab die auf
Gänge münden die wieder zu Treppen
Wendeten aufwärts und abwärts dort
Leuchtet Sortie und Correspondance
Im fließenden Glanz dieser Unterwelt
Werden die vielfarbigen Gestalten der
Plakate unscheinbar bis sie in einem
Überfüllten milchweißen Wagen landet
Nahe der Tür steht sie mit den blitzenden
Nickelgriffen sie fahren schon aber die Tür
Blieb oh weh offen sie schließt diese mit
Viel Energie und wird erstaunt angesehen
Ihr Begleiter lächelt dazu der vermutlich
Franz Hessel oder Pierre Henri Roché ist
Eine leichtsinnige Nation flüstert sie ihm zu
Bei der nächsten Station lacht sie dann
Über sich selbst und ihre voreilige Disziplin
Automatisch schließen die Türen wieder
Mit einem Klick schnappt der blinkende
Griff zuverlässig von alleine dabei ein
Sehr feinsinnig ironisch aufmerksam wie
Die deutsche Preußin in Paris hier sich
Wie deutschen Ordnungssinn verspottet
In kleinen treffgenauen Bildern malt
Wer je in Paris Metro fuhr erkennt die
Ewigen Gänge im Gewirr durch das
Menschen meist wissend hetzen um
Ihr Ziel im irgendwo zu erreichen
In Insel der nächsten Geschichte im
Pariser Bilderbogen besucht sie unter
Dunkelblauem Himmel in einer Sackgasse
In einem Garten gelegen ein Künstleratelier
Der bekannte Künstlers ist leider erkrankt
Wie ihnen der Concierge mitteilt und ihnen
Den Schlüssel reicht dabei markieren noch
Undeutliche Riesenstatuen den Weg zum
Bildhaueratelier aus dem Licht schimmert
Nach oben sei viel Raum nur von einer
Glasschräge gedeckt unten Trümmerfeld
Mit Blöcken aus Holz Marmor Gips Metall
Hier und da leuchten Formen hervor zur
Obigen Klarheit aus eisigem Grau und
Weiß dazwischen blüht aus grünen Blättern
Eine Hyazinthe darunter eine Gipsbank
Eine verdeckte Treppe führt zur oberen
Tür dahinter liegt der Kranke den ihr
Begleiter sie allein lassend begrüßt
Was mit Sicherheit nun Roché ist
Sie bleibt lange alleine ohne sich
Auch nur zu rühren empfindet hier
Ihre farbige Kleidung wie eine Indiskretion
Sie bewegt sich ganz vorsichtig nur
Sie berührt mit Entsetzen und Angst
Einige Marmor Eier dann erscheint ihr
Begleiter mit einer Blendlaterne die
Der Meister ihnen schickte zu sehen
Übereinandergetürmte Formen lassen
Sie tief in eine Unterwelt tauchen dann
Plötzlich begreift sie die auf eindeutigstes
Reduzierten Geschöpfe mitten in Paris
Sie begreift warum diese teils abstrakten
Schöpfungen so begehrt sind bei dem
Kunstsammelnden Amerikanern voller
Ehrfurcht sind sie vor dem Sündenfall
Vermutlich beschreibt sie hier das Atelier
Von Picasso und den langsam um ihn
Beginnenden Kult den sie plötzlich ganz
Gegenwärtig auch spüren kann dort
Wieder eine feine Miniatur die tief in
Das Leben zwischen Künstlern eintaucht
Ein Gefühl für die magische Kunst gibt
Meisterhaft von Helen Hesel erzählt
jens tuengerthal 5.9.25
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