Lektürentagebuch 26.9.25
Weiter geht es im Geisterfrühstück von
Wolf von Niebelschütz in den Divertimenti
Plaudereien über das Erzählen wie das
Vorlesen als Kunst der Unterhaltung
Er erzählt von den alten Erzählern die
Am Rande der schlesischen Wälder ihre
Geschichten zum besten gaben die wohl
Hätte jemand sie aufgeschrieben allerlei
Fehler zeigen würden auf die es dank
Der Stimmung am Feuer nicht ankam
Wie er der Joseph Conrad bewunderte
Selbst ein Geschichtenerzähler wurde
Der sich zwischen seinen Figuren
Gelegentlich verliert weil diese sich
Immer weiter noch entwickeln warum
Es dauert bis er sie aufschreiben kann
Er sieht sie nicht wie Balzac als nur
Holzfiguren am Bettrand die er wenn
Eine stirbt einfach herunter stößt eher
Hat er Figuren der Comedia dell’arte
Immer hätte er sein Publikum im Blick
Das er über mindestens 600 Seiten in
Spannung dann halten will mit seinen
Figuren die er am Feuer tanzen lässt
Vom Vorlesen beginnt mit dem Bericht
Des Fürsten von Ligne der nach Tacitus
Dessen Germanen auch hier liegen über
Das Sterben des Dichters Petronius erzählt
Dieser ließ sich zu Musik noch schönste
Verse zu Musik aufsagen was er doch
Viel mehr der Rede wert fände als der
Grausame von Turennes oder Seneca
Deren Schönheit fesselte ihn so sehr
Dass er in der Stunde des Abschieds
Weder von Unsterblichkeit der Seele
Noch die Maximen der Weisen brauchte
Niebelschütz meint die Verse des Horaz
Klängen hohl weil wir ihre Melodie nicht
Mehr hören können wie er die Verse lobt
Die als Liedtexte zu uns noch kamen
Gute Poesie klingt für sich ob durch das
Versmaß bei dem der Takt mir fremd ist
Oder durch die Melodie der Stimmen die
Ihr Echo im Dichterkopf dann finden
Er erinnert an Wilhelm Müller der durch
Schuberts Vertonungen unsterblich wurde
Doch trügen dessen Verse schon selbst
Die Melodie des Waldes hörbar in sich
Homers Blindheit lässt ihn auf dessen
Feines Gehör für seine Verse schließen
Durch Barden überlieferten sich die Sagen
Von Gudrun und den Nibelungen noch
Sagen wollen gesagt werden meint der
Autor wir heutigen hätten kein Gespür
Mehr für den Klang etwa von Goethes
Reineke Fuchs der gehört werden will
Der Fürst von Ligne erfahren wir liebte
Zerstreute Menschen aber sah darin
Noch etwas anderes als wir er sah die
Tiefe ihrer Gedanken die er schätzte
Geistesgegenwart dagegen fand er dumm
Geradezu bösartig schien sie ihm können
Die Jahre seit dem Tod des einst großen
Österreichischen Feldmarschalls genügen
Uns ihm verachtenswert erscheinen zu
Lassen denn sicher hätte er wohl alle
Verachtet die statt Homer beliebige
Schundromane nur lesen wie so viele
Jeder zerstreut sich auf seine Weise
Wie die meisten sich heute von Netflix
Zerstreuen lassen statt gute Verse noch
Zu lesen lieber bildlich berieselt werden
Ob die Kultur darum heute verdorben sei
Wie Niebelschütz meint oder sich nur das
Niveau demokratisch senkte und damit
Die Mehrheit Ungebildeter alles dominiert
Könnte an dieser Stelle gestritten werden
Schon immer las nur eine kleine Minderheit
Die Masse konsumierte Druckwerke oder
Heute eben Filme mit wenig Niveau warum
Der Streit wohl müßig ist und jede die bis
Hierhin diese Verse las ist schon ein
Beispiel für das Gegenteil warum mir der
Kulturpessimismus immer fragwürdig war
Nun nörgelt Niebelschütz noch etwas über
Dutzende Dutzendbücher die uns die Zeit
Vertreiben und sie doch nur rauben wo
Wir Goethes Diwan lesen könnten
Das Vorlesen sei eine gute Schule des
Geschmacks die hören ließe was auch
Gehört noch wertvoll scheint dabei fielen
Die meisten Bücher heute wohl durch
Es höbe den Leser aus dem Rückzug
Auf ein höheres Niveau als nur mit sich
Dieser würde zum Schauspieler dann
Der vom Zuhörer bewertet wird
Über Jourbet den großen Moralisten
Kommt er auf die Athener die Geist
Wie Gehör kunstvoll ausbildeten und
Schlechte Verse nie ertragen hätten
Die These Musik sei die Mutter des
Wortes darum Klang sein Ausdruck
Dessen aufschreiben wie die Notation
Nur der Rahmen des Klang ist gewagt
Ob alles der Melodie stets folgt was
Den Gedanken davon gelöst ignoriert
Jeden Vers als Gebet um Musik sieht
Scheint mir verhallende Illusion hier
Literatur ist was bleibt wenn alle Musik
Verklungen und kann im Geist Stellen
Berühren die keine Melodie erreicht
Weil sie uns selbständig denken lässt
Widerspreche Niebelschütz hier also
Ganz entschieden weil er damit auch
Die Freiheit des Geistes an flüchtige
Klänge nur hängt was zu wenig ist
Vorlesen nennt er etwas schlichtes
Wie zugleich die Essenz des Lesens
Was in sich widersprüchlich bleibt so
Sei Vorlesen der Weg zur Vollkommenheit
Finde diese These sehr gewagt besuche
Selten Lesungen finde sie eher störend
Um mir meine Gedanken zu machen zum
Gelesenen wovon es eher ablenkt
War immer gerne ein Vorleser als Vater
Wwie als Liebster aber warum dies mehr
Wert sei als stille Lektüre die viel tiefere Gedanken ermöglicht bleibt unklar
Halte den großen Vorlese Zirkus eher
Für ein Marketing der Verlage für ein
Auf Events versessenes Publikum das
Das besser mehr für sich lesen sollte
Doch wie Niebelschütz so treffend hier
Vorher schon anmerkte der Garten der
Kultur ist bunt und vielfältig es gibt für
Jede Art einen Platz bestes zu tun
Das vierte Kapitel in Lázár war wieder
Eine kurze vielfältige Freude die mit
Der Feststellung begann dass es kein
Bild oder Foto von Imre irgendwo gab
Der verrückte Bruder des Schlossherren
Sándor wurde wie ein dunkles Geheimnis
Der Familie lieber versteckt oder sogar
Wenn Gäste kamen eingeschlossen
Dies nicht weil er nicht edel genug aussah
Was er mehr als sein Bruder sicher tat
Sondern um das Dunkle lieber gut zu
Verbergen damit es keiner bemerkte
Manchmal träumte Maria die Baronin
Noch davon dass sie auf Sándor der
Nackt auf allen Vieren mit einem Sattel
Zu Imre in den Westflügel reiten würde
Dort würde sie dann ihren Mann als
Guten Gaul an den Bettpfosten binden
Damit er zusehen könnte wie sie und
Imre sich mit wilder Lust liebten
Tatsächlich hatte sie nie mehr als ein
Paar Worte mit ihm gewechselt ihre
Zimmer im Osten und Westen lagen
Zu weit auseinander sie trafen sich nie
Solange der kleine Lajos noch nicht
Ordentlich essen konnte musste er
In einem anderen Salon mit Imre wie
Dem Kindermädchen seinen Brei essen
Er liebte den Onkel Imre der ihm stets
Geschichten von Waldgeistern erzählte
Ihm etwas gutes im den Grießbrei legte
Wenn das Kindermädchen weg sah
Der kleine Lajos hatte schon überlegt
Wofür er bestraft wurde dass er diesen
Gräßlichen Grießbrei dreimal am Tag
Essen musste was als gesund galt
Ilona dagegen durfte mit den Eltern
An der Tafel mit den 24 Wappenstühlen
Essen und sie hasste es und beneidete Laios der sein Glück noch genoss
Dann musste er auch an die große Tafel
Immer voller Angst eines der schweren
Stücke des Silberbestecks fallen zu lassen
Worauf ihn der Vater nebenan prügelte
Sehr aufmerksam und fein aber auch die
Sexuellen Abgründe und Leidenschaften
Nicht verschweigend wird hier erzählt
Wie parallele Welten dort existierten
Die Angst vor dem prügelnden Vater
Kannte die Generation meines eigenen
Vaters auch noch dessen vermutlicher
Erzeuger vier Jahre jünger als Laios war
In meiner Kindheit in den Siebzigern war
Diese Gewalt schon tabu es passierte
Nur gelegentlich dass ihnen mal die
Hand ausrutschte was ihnen leid tat
Wie systematisch Sandor seinen wohl
Psychisch erkrankten Bruder isolierte
Entsprach dem Geist der Zeit wohl
Wie dem Standesdünkel noch mehr
Nicht weniger auffällig aber sind die
Dem entgegengesetzten Gelüste der
Baronin die ihren Mann nur erträgt es
Mehr zum edlen schönen Imre zieht
Biedermann versteht es seine Leser mit
Kleinen Andeutungen zu fesseln in denen
Immer wieder auch literarische Gestalten
Auftauchen als Zeugen des Charakters
So wird die große Familiengeschichte
Durch den literarischen Rahmen auch
Wenn teilweise fast phantastisch schon
Beglaubigt als etwas größeres noch
Dies schwankt zwischen Komödie
Drama und Sittengeschichte deren
Flaneure wir als Leser sein dürfen
Und ist dabei wundervoll erzählt
jens tuengerthal 26.9.25
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