Montag, 22. September 2025

Lektürentagebuch 21.9.25

Lektürentagebuch 21.9.25

Die 36. Erzählung des Papageienbuch
Erzählt wie der Kaufmann Prijamawada
Seine kupferne Waage zurückbekommt
Die ihm zu Unrecht vorenthalten wurde

Der Kaufmann hatte Geld gebraucht
Was er sich von einem anderen lieh
Als er nun erfolgreich Geschäfte machte 
Zahlte er seine Schuld wieder zurück 

Nun wollte er seine kostbare kupferne
Waage wieder haben doch der andere
Meinte er könne sie ihm nicht geben
Die Mäuse hätten die Waage gefressen

Als er darauf empört gehen will lädt
Der andere ihm zum Bad und zum
Essen ein mit der Familie was er
Annimmt und am Ende den kleinen

Sohn des anderen mit sich nimmt
Zuhause sperrt er ihn in den Keller
Als die anderen ihr Kind vermissen 
Kommen sie irgendwann zu ihm

Er leugnet den Sohn zu haben worauf
Der Streit vor den König kam wo der
Kaufmann sagte ein Falke habe ihn
Entführt was ihm zuerst keiner glaubt

Dann erzählt er teils in Versen auch die
Geschichte von der Waage welche die
Mäuse gefressen hätten und wenn das
Gehe kann auch ein Falke Kinder rauben

Darauf zürnte der König dem Gläubiger
Zwang ihn die Waage zurück zu geben
Wenn die Prinzessin so klug täuschen 
Könne solle sie ruhig tun was sie wolle 

Wieder eine Geschichte um Gerechtigkeit
Die eigenmächtig geschaffen wird um so
Den Betrüger bloß zu stellen die hier nur
Auf Kosten des entführten Kindes geht 

Von diesem ist nicht weiter die Rede
Doch war die Tat des Kaufmanns vor
Dem Gerechtigkeitsempfinden der Königs 
Erfolgreich was sie im Rechtsstaat nie ist

Dort hätten sich beide strafbar gemacht
Dem Kaufmann drohte dann wegen der
Entführung die keine Notwehr war sicher
Die höhere Strafe als dem Gläubiger

Ob uns das lehrt der Rechtsstaat sei
Ungerecht während das Gefühl eines 
Königs für Gerechtigkeit sorgt sei hier
Nicht gesagt aber nachdenklich macht es

Darf eine staatliche Macht nach dem
Gefühl entscheiden oder eher nie
Muss sie sich an die Gesetze halten
Auch wenn es ungerecht würde

Kann ein bloßes Gefühl für 
Gerechtigkeit gegen alle Gesetze
Geltung beanspruchen wozu es im
Recht die Radbruchsche Formel gibt

Danach gilt Recht auch wenn es mal
Zu ungerechten Ergebnissen führt außer
Das Recht führe zu einer unerträglichen
Ungerechtigkeit dann weicht es ganz

Ausnahmsweise der Gerechtigkeit was
Zur Beurteilung des nationalsozialistischen
Unrechts entwickelt wurde und wieder für 
Die Mauerschützen angewandt wurde

Der Streit um Waage und Kind aber den
Das indische Papageienbuch erzählt
Wäre sicher kein Fall für diese Formel
Demgemäß wäre der Kaufmann hier

Wegen Entführung zu bestrafen und der
Gläubiger wegen Unterschlagung was 
Weniger gerecht klingt aber der hier
Geltende Kompromiss namens Recht ist

Dessen Grenzen auch am Beispiel der
Aus dem frühen Mittelalter stammenden
Geschichte nun aktuell zu erkennen ist
Der philosophischen Gewinn der Lektüre

Vertrauen wir am Ende einem Gefühl für
Gerechtigkeit mehr als dem Recht unseres
Staates und war bedeutet das für uns die
Sich gewöhnlich Normen unterwerfen


Anschließend an diese Gedanken noch
Ein wenig im Einzigen und sein Eigentum
Von Max Stirner gelesen der eigentlich 
Doch Johann Kaspar Schmidt hieß 

Dieser deutsche Philosoph gehört zur
Gruppe der Junghegelianer und verkehrte
In Berlin im Kreis der Freien mit Engels
Er denkt Kants Aufklärung konsequent fort

Sein Pseudonym resultiert aus seinem
Spitznamen Stirn den er zu Schulzeiten
In Bayreuth seiner hohen Stirn wegen trug 
Und dem Vornamen eines Freundes dort 

Dass dieser der Sohn von Jean Paul war
Zeigt Stirners Humor auch sein Grab in
Berlin Mitte auf dem Friedhof in der
Ackerstraße trägt den Namen Max Stirner

Er war mit Marx zerstritten und griff im
Einzigen auch Ludwig Feuerbach und
Bruno Bauer als fromme Atheisten an
Die nur das äußere Jenseits beseitigten 

Doch von diesem hätte uns ja schon die
Aufklärung namentlich Kant befreit der
Das Gewissen aus der Unmündigkeit 
Holte nun gelte es noch das Jenseits 

In uns zu beseitigen was Freud in
Seiner psychoanalytischen Sekte
Über-Ich oder Unterbewusstsein nennt
Als Seele bis heute viele glauben

Dieser freie Denker wurde 1806 in 
Bayreuth geboren und war früh ein
Begabter Schüler der sein Abitur als 
Drittbester seines Jahrgangs machte

Er studierte 1826 bis 1828 in Berlin bei
Hegel und Schleiermacher dann zwei
Semester an der Universität Erlangen
Wie bis 1835 dannnoch mal in Berlin

Er hoffte Lehrer werden zu können
Was aber misslang so wurde er dann
Lehrer an einer höheren Töchterschule
Bis zum Erscheinen des Einzigen 1844

Seit 1841 verkehrte er im Kreis der Freien
In Berlin und publizierten teils anonym
Teils als Max Stirner Artikel in Zeitungen
Der Einzige erschien im Oktober 1844

Er wurde direkt nach seinem Erscheinen
Wieder verboten wobei Sachsen das
Verbot bald wieder aufgehoben hat
Er war zweimal sogar verheiratet 

Seine erste Frau verstarb mit dem Kind
Noch bei der Geburt die zweite die er
Mit einer Parodie auf die kirchliche Ehe
Heiratete stammte aus Gadebusch

Für die Gerüchte seiner Zeit in der
Anarchischen Republik der Mongolei
In einer freien Kommune mit Bakunin
Finden sich keine historischen Belege

Die zweite Frau konvertierte nachdem
Sie vorher bei den Freien verkehrte zum
Katholizismus und ging nach England
Dieser Maria Dänhardt aber widmete

Er sein großes individualanarchisches
Werk mit dem Worten meinem Liebchen
Wie ihrem Namen was in meiner Ausgabe
Aus dem Jahre 1924 leider fehlt

Das Vorwort von Anselm Ruest führt
In das Werk und die Biographie ein aber
Bekennt klar wird wenig wir sicher wissen
Nehmen wir das mutige Werk dafür

Jener Mann der seine Welt allein auf sich
Stellte wie der Einzige so treffend beginnt
Denkt Kant als einziger konsequent fort
Was die Realität der Autonomie betrifft 

Was bedeutet es zu Ende gedacht sich
Aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit 
Dem Gewissen folgend zu befreien statt 
Nur soziale Gewohnheiten zu spiegeln

Schon seine Examensarbeit als Philologe 
Trug den Titel Über Schulgesetze und 
Fragte nach den Grenzen der Freiheit für 
Das Ich und seine Bestimmung dabei

Nach langen Versuchen eine Anstellung
Als Lehrer zu bekommen nahm er den
Posten im Mädchenpensionat von Frau
Gropius an und unterrichtete dort gut

Dieser brave viel gelobte Lehrer hat
Gleichzeitig Hegel weiter gedacht wie
In aller Konsequenz widerlegt zugleich
Jeden Abend unter Freien und Linken

Im damals berüchtigten Hippelschen
Weinrestaurant verbracht hat und in
Seinem Werk jeden Staat wie auch
Alle höhere Autorität infragegestellt 

Feuerbach nannte den Einzigen das
Werk des wohl genialsten und freiesten
Schriftstellers den er kenne Arnold Ruge
Den Morgenruf an schlafende Theoretiker

Zur Zeit der Revolution von 1848 aber
War das Werk schon fast verschollen
In der Reaktion danach wurde es dann
Konsequent bis zum vergessen unterdrückt

Wenige Ausgaben sind nur aufzutreiben
Inzwischen gibt es den Einzigen auch als
Reclam Heftchen doch noch immer
Kennen viele den Philosophen nicht

Dabei führt uns Stirner erst vor was der
Kategorische Imperativ zu Ende gedacht
Bedeutet der alles am Gewissen misst 
Jede andere Norm damit relativiert

Stirner der nur schwer zu fassen ist
Damit ganz anders als Marx der den
Dogmatismus seiner Lehre betrieb
Lebte seine Freiheit konsequent

Er war wohl nicht weiter an der
Revolution von 1848 beteiligt
Auch wenn er in diesen Kreisen 
Verkehrte und geschätzt wurde

Stirner übersetzte noch Adam Smith
Wohlstand der Nationen 1847 wie als
Letztes dokumentiertes Werk 1852
Eine Geschichte der Reaktion

Er starb 1856 an einer Infektion die
Durch einen Insektenstich ausgelöst
Worden war im fünfzigsten Lebensjahr 
Hat Kant mit der Anarchie versöhnt 

Dies macht Hegel und Marx zu nun
Widerlegten Dogmatikern ohne
Jeden moralischen Wert im Gegenteil
Schaden sie der Moral mit ihrem Denken

Welch Freude ist es seine kraftvollen
Worte zu lesen die das Bewusstsein
Der Freiheit tragen die wir nur wagen 
Müssen es vollkommen zu sein

Das ist echte Aufklärung die Menschen
Aus der inneren Abhängigkeit des stets
Unfreien Aberglaubens befreit sie damit
Verantwortlich wie mündig auch macht

Mehr Stirner wagen und lesen brächte
Kant und die große Freiheit näher was
Eine lohnendere Aussicht mir scheint 
Als nur ordnungsgemäß zu bleiben

jens tuengerthal 21.9.25

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