Die Nacht vor dem freitäglichen Einheitsfeiertag nutzen viele der Berliner und noch mehr vermutlich ihrer Gäste, um sich der Lust hinzugeben, zusammen zu feiern und gut gefüllt sind noch die Bars um den Platz auch um die zweite Stunde des neuen Tages wie deren Gäste. Besonders vor der Stadtkind Bar tummeln sich heute viele sehr angeregt umeinander während drinnen bei weit offenen Fenstern in dieser milden Oktobernacht zu Hits der 80er getanzt wird und fast surreal wirken die Klänge, die so auf die Straße schallen, alles sonst übertönen, Gespräche zum sich anbrüllen fast schon machen und noch schallt nur das Echo der Feier um den Platz, nur die griechische Bar und die kleine neben ihr haben noch genug eigene Lautstärke einen Moment nichts von den anderen zu hören.
Solche Parties wie jene im Stadtkind dort gelten immer als guter Ort der Suche, um einander zu finden. Entsprechend angeregt sind die Teilnehmer miteinander und das Geheimnis ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Gäste bildet ein eigenes Band zwischen ihnen - sie sind vertraut miteinander und zugleich fremd ihrer Umgebung, die in den geschlossenen Kreis eindringt. Der Flaneur läuft auf dem Bürgersteig mitten durch eine Party und ist so Gast, da mitten unter ihnen und Fremder zugleich. Beobachtet einen Moment die dort, erntet das Lächeln eines Herren, der als Dritter bei einer Dame steht, die schon zwei Herren alleine unterhält mit beiden Armen und der Musik angepasster Lautstärke in ihrer Stimme, die ein wenig schrill ist. Wonderbra erhoben streckt sie ihre Brust den beiden aufmerksamen Zuhörern entgegen, eine Hand in die Hüfte gestemmt, eine in erläuternder Bewegung. Dem Herren, der den Beobachter lachend bemerkte ebenfalls zulachend, liegt viel Zwinkern über die engagierte Ernsthaftigkeit dieser radschlagenden Pfauin und beide fragen sich, was sie wohl damit bezweckt und ob sich einer der beiden anderen, ihrem Sermon beugt, um Zugriff auf die Welt unter dem Wonderbra zu erhalten, was angesichts der Engagements sicher noch dauern wird. Auch wenn sich der Herr fragt, wohin es wohl führt, ob mehr Nähe da abgesehen von der nicht unattraktiven Fassade noch reizvoll wäre, oder wie lange er sie wohl küssen müsste, um das Übermaß der Worte auf eine erträgliche Menge zu reduzieren, der Lust Raum zu geben.
Wir werden es nicht erfahren, auch wenn das Ende absehbar ist, entweder sie wird bis Kuss und Zugriff konkret werden, immer weiter reden, es sei denn der Alkohol erschöpft sie irgendwann zuvor noch, was allerdings die reale Gefahr birgt, dass sie dann sogleich ganz müde wird und sofort schlafen will oder, ganz im Gegensatz zu vorheriger verbaler Ausgelassenheit, die Schüchterne gibt und ganz gegen die Natur der Teilnehmer als unberührbare Unschuld sich gibt.
Wie auch immer es am Ende ausgeht, denkt der Flaneur im Vorübergehen, weiß warum ich lieber einen Bogen um betrunkene Frauen inzwischen mache, auch wenn es manche löst und locker macht, wachst Du selten oder nie erfreut daneben auf, lohnt es sich nicht, anderes zu erwarten, eher macht der Alkohol ehrlich und wenn diese Ehrlichkeit ganz im Gegensatz zum sonstigen Wesen steht, stimmt auch etwas nicht. Wer nüchtern weniger reizvoll ist, sollte betrunken nicht so scheinen, als lohnte es sich. Warum soviele in den Rausch fliehen, um einander zu wollen, oder entspannt genug zu sein, dies wollen voreinander zuzugeben, ist mir ein Rätsel, dabei ist Sex doch im vollen Bewusstsein seiner Kräfte am schönsten und was sonst sollten wir wollen?
jt 3.10.14
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