Mittwoch, 1. Oktober 2014

Sex in Berlin XV

Wie sieht die Realit des Sex in der Stadt aus, die sich für sexy hält und auch von vielen Menschen in aller Welt für eine der sexiesten Städte der Welt gehalten wird?

Nicht viel anders als überall wird die enttäuschende Antwort lauten, denn die Berliner selbst,  die trotz vieler Touristen, die in diesem Urlaubsstatus logisch mehr Sex haben, haben nicht mehr Sex als alle übrigen. Vielleicht sogar weniger, denn viele überleben nur irgendwie hier, was der Lust nicht unbedingt zuträglich ist und in den morgendlich gefüllten U-Bahnen, Straßen- und S-Bahnen wird nicht mehr gelächelt als an anderen Orten, wenn auch nicht ganz so verschlossen wie in Paris und noch bemühe ich mich gelegentlich, ein wenig die Quote zu heben, bin mir allerdings bewusst, wie wenig einer unter Millionen bewirken kann.

Berlin hat vermutlich unter den hier berufstätigen wie unter den nicht wenigen Untätigen auch nicht mehr Sex miteinander als etwa Wuppertal oder Seligenstadt im Durchschnitt - es wirkt nur mehr, weil es in der geballten Menge der Millionen, die für jede Leidenschaft einen Club haben und in der es auch an Bordellen noch nicht mangelt, dahingestellt was dies mit gutem Sex überhaupt zutun haben kann.

Habe ja nur meine geringen Erfahrungen aus denen ich schließen kann, was hinter den Vorhängen passiert, aber es scheint nicht aufregender als in anderen Ecken zu sein und unter den Bewohnern herrscht nur auch gegenüber dem außergewöhnlichen eine gewisse Gelassenheit, weil es sich ja so wohl für einen Weltstädter gehört und was wären wir eigentlich noch immer piefigen Berliner, die nur viele Dörfer in ihren Kiezen bewohnen, lieber als weltstädtisch und ein wenig mondän in der Wirkung und darum ist alles locker und wenig besonders. Logisch bemühen sich infolge alle einander im außergewöhnlichen noch zu übertreffen, auch wenn sich im näheren Gespräch feststellen lässt, egal ob sie sich am Wochenende oder auch mal so in Lack und Leder zwängen, die Peitsche schwingen oder gefesselt sind - im Grunde sind sie alle auch gerne kleine Reinickendorfer oder Pankower oder eher lieber verschwiegen Marzahner mit Kleingarten und so unterhalten sie sich nur mit zu beeindruckenden Zuhörern viel über Sex, untereinander geht es auch bei den regelmäßgien Besuchern der heißesten Clubs und Etablissements um wenig anderes als bei denen im Karnickelzuchtverein oder in der Laube mit Gärtchen.

Wir hier, wenn ich mit meinen nur 14 Jahren hier überhaupt mal wir sagen darf, nicht immer nur ein Zugereister bleibe, was auch Recht ist, dann beobachtet sich besser als mit voller Teilnahme, aber egal, sind im Alltag weniger auf Sex bedacht als viele Besucher vermuten und vermutlich passiert auch nicht mehr und die große Geschichte um das Paar in der U-Bahn hat eher Marketinggründe als einen realen Bezug, vermutlich waren es sogar Touristen.

Kann von keinen wilden und ultimativen Sex Erfahrungen mit der Berlinerin erzählen - so leicht sind die Eingeborenen ja auch nicht kennenzulernen und wer ist das schon noch in Kiezen, die einen Austausch von 80% und mehr hatten - könnte eher das Gegenteil berichten, aber lasse es lieber, da solche Auswahl doch immer eher zufällig und beschränkt ist, schweige also lieber und beobachte und es fällt mir eher weniger unter den Eingeborenen auf, als an anderen Orten.

Bei den Zugereisten und Touristen mag das anders sein, da sie viele sind, könnte der Anschein täuschen, aber es kann auch dahinstehen, wo viele sind, gibt es eben auch häufiger Sex und hier sind ja immer so einige unterwegs. Gemessen an der Zahl kan ich mit Sicherheit für mich sagen, der Sex mit Touristen oder Zugereisten ist ungefähr zehnmal häufiger, aber diese Aussage ist ohne jeden statistischen Wert, denn wo kämen wir hin, wenn wir nun meinten der meiste und heißeste Sex in Deutschland käme aus Hamburg oder Kiel - was eben absurd ist und bleibt, vermutlich durch ernsthafte Studien schnell widerlegt werden könnte. Von den Geschichten, die mir zu Ohren kamen, soll sogar das Schwaben Mekka Stuttgart eine höchst leidenschaftliche und variantenreiche Stadt in der Beziehung sein, aber vermutlich stammt das auch nur aus dem beschränkten Horizont derer, die dort eben nicht arbeiteten, sondern sich zu häufigerem Sex eignenden Art und Weise befanden.

Will ja nicht sagen, die Berliner hätten weniger Sex oder seien prüde, wie käme ich dazu, nie wollten sie das und bemühen sich gern das Gegenteil zu beweisen aber in eben diesem Bemühen unterscheiden sie sich von den anderen, die nicht ständig alles tun müssen, cool zu bleiben und nicht beeindrucken, auch wenn sie im Ergebnis weder cool sind, noch viel daraus wird. So heißt ja Berliner Schnauze auch viel davor, um das nix dahinter zu kaschieren und ich persönlich habe nie langweiligeres erlebt als die Berlinerin, die sich viel um nichts ziert, aber das ist nur ein winziger Ausschnitt ohne Anspruch auf irgendwie Verbindlichkeit. Lustig nur, wie gut dies Bild zu dem passt, was Fontane schon vor hundert Jahren von den Märkern zeichnete, die er großmäulig für nichts nannte, solange sie sich für das wenige loben könnten, sein sie zufrieden mit der Welt und täten dies gern, was bis heute passt. Aber sicher hat auch die Berlinerin den wilden und ausgelassenen Sex, den sie für ihre Stadt für total normal hält, nur ich weiß halt nicht wann und wo.

Hierbei ist auch zwischen West und Ost zu unterscheiden. Auch wenn sich beide im viel Lärm um nichts wenig unterscheiden, zumindest in der kleinem Gruppe, die Fontane und ich kennenlernten, passiert im Osten zumindest etwas. Wie die Frauen, die in der DDR geprägt wurden, überhaupt ein natürlicheres Verhältnis zur Sexualität und ihrer Freude daran haben, was allerdings bei der typischen Berlinerin nur zur sachlichen Abhandlung mit gewohnter Selbstgewissheit führt, nicht jedoch zu mehr Sinnlichkeit. Von dieser weiß ich auch nach vierzehn Jahren in Berlin nicht, ob die Berlinerin weiß, wie sie geschrieben wird oder wie sie vor sich buchstabiert werden sollte, um sie zur Realität zu machen.

Nun, langer Rede kurzer Sinn, von innen betrachtet scheint mir Berlin weniger Sexy als andere Städte, die ich aber eben auch als Tourist nur wenn betrachte und damit immer großzügiger - vermutlich ist dies auch eine immer persönliche Sicht der Dinge. Manche sind der Überzeugung Köln sei, besonders im Karneval die erotischste Stadt in Deutschland, mir vergeht schon der Gedanke daran, wenn ich die Eingeborenen in ihrer selbstgerechten Art davon reden höre. So geht es mir noch mehr mit den Münchnern, auch wenn ich mit den Damen von aus beiden Orten,  umgekehrt positive Erfahrungen gemacht habe und es darum eher auf meine Abneigung gegen diese Oktoberfeststimmung zurückführe während umgekehrt, das,sich angemacht fühlen, wenn eine Norddeutsche nur den Mund aufmacht, auch persönlich geprägt sein kann.

Manche fühlen sich vom sächsischen oder thüringischen abgestoßen, mag die Sprecherin auch noch so schön sein, da bin ich erstaunlich genug viel toleranter als gegenüber denen aus der Kurpfalz, auch wenn ich lange dort lebte und teils schönste Erfahrungen machte, so dass es scheinen könnte, als bestünde doch kein Zusammenhang zwischen regionalem Dialekt und Sinnlichkeit. Andererseits vergeht mir alles, wenn ich eine im saarländischen Singsang schwätzen höre, was meines Wissens keinen persönlichen Bezug zur Biografie hat.

Auch wenn ich weiß und jeder es lesen kann, wie sehr Goethe hessisch babbelte, scheint mir doch starker Dialekt der sinnlichen Nähe oft eher hinderlich. Andererseits gibt es unerklärliche Auslöser, die umgekehrt wirken. Schwäbisch ist mir eigentlich fremd, die Sueben ein Stamm, zu dem ich keine innere Beziehung habe und dennoch wirkt deren Melodie sinnlicher als die um Heidelberg gesprochene auf mich, wo ich immerhin 14 Jahre lebte und manch schöne Erinnerung an Lust und Liebe dort habe.  Oder vielleicht liegt es mir so fern weil und nicht obwohl.

Manche fühlen sich durch exotische Frauen oder Männer angezogen, ich nicht, eher im Gegenteil. Meine Mutter ist, wie ich auch, in Bremen geboren, der dortige Klang löst bei mir schönste sinnliche Empfindungen aus, obwohl ich keinerlei ödipale Neigung habe, dort nur mein erstes Jahr verbrachte und später nur noch Besucher in den Ferien war. Vielleicht ist letzteres auch Grund genug, dass ich nur hören muss, eine Frau kommt aus Bremen, um mit den Hufen zu scharren. Vernünftige Gründe dafür kann ich leider nicht anführen, auch wenn es mir ganz objektiv scheint, dass die Hanseatin die anziehendste Frau ist, oder die Friesin ganz logisch, ohne dafür übermäßig viel praktische Erfahrung anführen zu können.

Berlin und Heidelberg, wo ich den größten Teil meines Lebens verbrachte, scheint mir von Wesen und Dialekt her am wenigsten anziehend, was wirken könnte, als läge mir der sinnliche Genuss lieber fern, was nun wirklich nicht so ist. Meine längste Beziehung führte ich mit einer in München geborenen Norddeutschen, einer überaus sinnlichen Frau, zumindest wenn ihr danach war und vermutlich noch mehr, wo keine Beziehung besteht.

Habe noch keinen gültigen Schluss auf das Wesen der Erotik ziehen können. Nicht mal beim Typ bin ich mir noch sicher. Während ganz früher meine Sandkastenliebe Katja das Ideal einer Frau darstellte, war es danach, auch von Thomas Mann geprägt, die blonde Norddeutsche und ob nun Lübeck oder Bremen war dabei weniger wichtig.

Eigentlich zählt ja nur der Geist, für das was verbindet, dachte ich ab vierzig und ahnte es mit manchmal schlechtem Gewissen schon vorher, eigentlich - was immer noch blieb von dem, was den Geist ausmacht. So neigte ich mich zeitweise bevorzugt Buchhändlerinnen und Bibliothekarinnen zu, bis ich feststellte, die Verwalter der geliebten Geister müssen diesen nicht notwendig tragen und haben, bei aller Liebe, eine oft sachliche Beziehung zum Buch und weniger zu seinem Inhalt, jede Ausnahme bestätigt die Regel.

Seit ich aufgehört habe, mir Gedanken über Typen zu machen und genieße, wie es eben kommt, hat sich die Bandbreite des möglichen Genusses erhöht und dennoch folge ich noch der immer Neigung, die Haarfarbe ist mir relativ egal, solange , die Bildung und der Hintergrund relativ in Beziehung zur Erscheinung wichtiger.

Warum mir die kulturell verschlafenen Städtchen im Norden reizvoller erscheinen in Fragen der Sinnlichkeit ihrer Bewohner, weiß ich nicht. Zumindest muss ich bemerken, mein Urteil über Sex in Berlin hat ziemlich wenig sachliches Fundament, auch die Sehnsucht nach denen aus dem Norden hat dies nicht, wie so vieles und so überleben wir weiter, wo wir gerade sind und sehnen uns danach, was uns fern liegt, dahingestellt, ob dies sinnvoll ist, könnte es die einzig realistische Basis für Verse zum Thema sein. Kapituliere also vor den Worten, beuge mich der Neigung und werde in entsprechender einfach weiter machen, wer weiß schon heute, was sich morgen findet.
jt 1.10.14

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen