Freitag, 12. Juli 2024

Freierabendriesling

Freierabendriesling

Nach langem Dichten wie dazu
Ausgiebiger Lektüre auf dem Diwan
Vor dem Crossroads angekommen
Für den freien Freitagabend Riesling

Durch das zwischendurch Unwetter
Angenehm abgekühlt sitzen einige
Auch auf der Terrasse gerade kam
Der ältere Nachbar mit seinem Hund

Er raucht seinen Zigarillo zum wie
Immer Abenddrink ziehe selbst den
Amerikanischen Geist zum guten
Rheingauer Riesling wie immer vor

Gemeinsam ist uns wir mussten beide
Nicht bestellen um zu bekommen was
Jeder von uns sich wünschte wir sind
Gut genug inzwischen hier bekannt

Ein anderer Stammgast verzog sich
Gerade mit hier ebenso bekannter
Dame zum vertrauten Gespräch auf
Die Bank an dem Baumbeet noch

Kurze vertraute Zweisamkeit die im
Etwas Dunkel vor sich hin munkelt
Aus der Bar klingt dezent Musik
Meist von Gesprächen übertönt

Noch hängt die Plane am Schirm
Der die Terrasse beschützte im
Unwetter was diesen friedlichen
Abend unter Sternen nicht ahnen ließ

Gegenüber zwei Damen im sehr
Intensiven Gespräch was die eine
Mit sehr kurzem Rock um ihre so
Schöne wie dralle Figur mit vielen

Gesten eindringlich begleitet sie
Sind vollauf miteinander beschäftigt
Schauen nur kurz zum Dichter der
Es lächelnd übersieht anders als

Die beiden Herren die sich sofort
Auf zwei andere Damen stürzten
Um sie in ein Gespräch zu verwickeln
Was diese auch gerne annehmen

Schon ihre Ankunft die ihre sicher
Im Fitnessstudio gestählten Körper
Aufgeknöpft präsentierte war eine
Lustige Geschichte vom Sexualtrieb

Mit etwas Abstand von all diesem
Hormonell gesteuerten Treiben
Beobachtet der Dichter als Flaneur
Still das Treiben an den Tischen

Immer wieder spannend was die
Menschen in der Großstadt so am
Abend der Nacht wird zueinander
Treibt vermutlich um es zu treiben

Was vermutlich die meisten hoffen
Wird wie immer den wenigsten nur
Passieren und selbst wenn wird
Kaum wer nicht enttäuscht sein

Schon darum lohnt es sich hier
Als Flaneur ohne Enttäuschung
Beobachter nur zu bleiben der
Hocherfreut nur beschreibt

jens tuengerthal 12.7.24

Lektürentagebuch 12/7/24

Lektürentagebuch 12/7/24

Heute in verschiedenen Bänden über
Dichterleben gelesen wie über dieses
Als Spiegel meines dabei nachgedacht
Durch die Jahrhunderte dazu geritten

Zuerst wieder zur Anderen Bibliothek
Direkt am Diwan gegriffen und dort mit
Der Grimmelshausen Biografie von
Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz

Begonnen um in das Leben dieses so
Großen Dichter des Dreißigjährigen
Krieges gelesen was nahelegte dann
Im Simplicissimus selbst noch ein

Feines Kapitel in der Prosa Version
Der Anderen Bibliothek zu lesen die
Erstaunlich tiefsinnige Einblicke in
Das Wesen des Krieges gibt die bis

Heute nichts von ihrer Aktualität je
Verloren haben uns lehren könnten
Wie der Krieg uns verkommen lässt
Zu raubenden Bestien ohne Mora

Im Grunde seines Wesens war der
Dichter Hans Jacob Christoffel von
Grimmelshausen ein Pazifist der mit
Feinem Spott den Krieg uns zeigt

Aus der frühen deutschen Literatur
Des Barock ging es zu einem Roman
Der Aufklärungszeit der dabei mit
Großer Ironie meisterhaft erzählt

Hermann und Ulrike von Johann Karl
Wenzel dessen großes Werk völlig zu
Unrecht in Vergessenheit geriet wo es
Doch so unterhaltsam wie klug ist

Aus dem Land der Aufklärung kam der
Herrenschneider Monsieur Göthe welcher
Der unbekannte Großvater Goethes ist
Nach Frankfurt und wurde erfolgreich

Der Band Monsieur Göthe wieder aus
Der Anderen Bibliothek von dem bereits
Bewährten Duo Boehncke und Sarckowicz
Erzählt gut recherchiert über die Heimat

Des großen Dichterfürsten wie zugleich
Von dem Großvater der das Vermögen
Der Familie mit Schneiderarbeit aufbaute
Von dem Vater und Sohn so gut lebten

Dennoch verschwieg Goethe diesen einen
Großvater in Dichtung und Wahrheit ganz
Im Gegensatz zum mütterlichen Großvater
Der zum Frankfurter Patriziat gehörte

Aus dem späten 18. Jahrhundert weiter
Ins 19. Jahrhundert zu Walt Whitman
Der in Besondere Tage von seiner Liebe
Zu Fähren wie besonderen Begegnungen

In New York erzählt wie er mit Poe sprach
Oder Johann Jakob Astor in seiner feinen
Kusche vorfahren sah wie auch andere
Literaten dort noch kennenlernte und traf

Im gleichen Jahrhundert bleibend nur
Viele Kilometer weiter östlich von dort
Las ich noch in Hans Dieter Zimmermanns
Fontane Biografie und über seine eher

Abneigung gegen die eigene Tätigkeit
Als Theaterkritiker was er zwar gut
Machte aber sein Talent verschwendete
Wie dann seine Auseinandersetzung mit

Dem jungen Gerhart Hauptmann wie
Auch der mit ihm bekannt werdenden
Bewegung des Naturalismus die er hier
Gegen kaiserliches Interesse lobte

Dabei sprach Fontane eher noch von
Realismus als Naturalismus den er
Einerseits lobte andererseits aber 
Hoffte er bliebe nicht stecken bei der

Beschreibung des Hässlichen was das
Talent Hauptmanns auch verschwendete
Erinnert sogar an Shakespeare als den
Frühen Realisten des Theaters

So lohnt es als Autor immer wieder sich
Mit Geist und Leben großer Autoren wie
Ihrem Leben auseinanderzusetzen gibt
In der eigenen Verwirrung Orientierung

jens tuengerthal 12.7.24

Regenlauschen

Regenlauschen

Lausche völlig verzaubert dem
Nicht endenden Regen im Hof
Der in so viel verschiedenen
Klängen hier hörbar wird

Zwischendurch grollt Donner
Alles fließt dabei manches
Plätschert ruhig dahin
Jeder Tropfen klingt anders

Sein Echo bemisst sich am
Untergrund seines Aufschlags
Mal mit Trommelwirbel auf allen
Fensterbänken nah und fern

Dann wie meist Himmelsrichtungen
Fein unterscheidend nach dem Wind
Seltener hier Richtung Osten laut
Heute immer wieder drehend als

Unwetterwirbel im Hinterhof der
Berliner Mietskasernen die nur
Nach vorne mit Stuck glänzen
Während Hinterhöfe grau bleiben

Überall klingt der Regen anders
Auch er selbst verändert sich
Vielleicht gewöhnt sich mein Hören
An den Generalbass der Natur

Als fände er nach dem ersten
Tschingderassa seinen Rhythmus
Im ruhigen Gleichklang der fließt
Wie am Ende wohl alles nur

jens tuengerthal 12.7.24

Präsidentenrente

Präsidentenrente

Präsidenten in
Rente rechtzeitig schicken
Ersparte vieles

jens tuengerthal 12.7.24

Unwetterwort

Unwetterwort

Unwetter ist ein
Unwort weil Wetter nie so
Wirklich uns erscheint

jens tuengerthal 12.7.24

Sommerregen

Sommerregen

Sommerregen macht
Sommer verregnet schön für
Leser und Natur

jens tuengerthal 12.7.24

Donnerstag, 11. Juli 2024

Hoffnungsverliebt

Hoffnungsverliebt

Ewig verliebt in die Hoffnung
Die Liebe könnte bleibendes
Glück einmal schenken statt
Bald Enttäuschung zu werden

Desto mehr ich darauf hoffe
Um so geringer wird die Chance
Zufriedenheit dabei zu finden
Weil keine Erwartungen erfüllt

Niemand ist da um meine nur
Geträumten Erwartungen jemals
Erfüllen zu wollen diese sind nur
Ein Hindernis zu geteiltem Glück

Darum gebe ich lieber noch alle
Hoffnung auf bevor sie mich nur
Am nahen Glück von Ferne hindert
Mit immer enttäuschender Erwartung

Endlich völlig hoffnungslos zeigt sich
Was wirklich wird und bleiben kann
Denke ich mit trickreich getarnter
Hoffnung die doch eine noch blieb

Zumindest fand sich alles Schönste
Immer wo am wenigsten gesucht
Denke ich und erwarte nichts mehr
Damit kommen kann wer will

Keiner kann sich selber austricksen
Jeder Versuch scheitert spätestens
In der Steilkurve des Bewusstseins
Dennoch fühlt es sich besser an

Hoffnungsvoll hoffnungslos zu sein
Schafft ein inneres Gleichgewicht
Der Liebe wie beim Wellenreiten
Was mich eher seekrank machte

Bleibe in die Liebe verliebt darum
Wohl ein hoffnungsloser Fall doch
Sich damit abfinden hilft zumindest
Über sich dabei lachen zu können

jens tuengerthal 11.7.24

Lektüretagebuch 11/7/24

Lektüretagebuch 11/7/24

Über Dichterleben gelesen wie mit
Diesen durch ihre Werke und Lieben
Seitenweise gereist wie dies voller
Gedanken über mein Leben genossen

Begonnen mit Walt Whitmans
Besondere Tage aus der geliebten
Anderen Bibliothek wie dazu den
Biografischen Anmerkungen dort

Mit Dieter Borchmeyer dann auf den
Zauberberg auf den Spuren von
Thomas Manns Meisterwerk gereist
Wie den Worten der Liebe dort

Staunend wie tief Borchmeyer Mann liest
Was er zwischenzeilig erkennt wo sich die
Parallelen im Werk auch wiederfinden was
Der weite Blick des Autors nebenbei zeigt

Was bei Wieland in dessen großer
Biografie von Reemtsma nahe lag
In seiner Korrespondenz mit seiner
Liebe Sophie La Roche im Flirt

Wie einerseits gewagt chauvinistisch
Wieland den Briefwechsel begann mit
Einer verheirateten früheren Liebsten
Sie ihm viel eleganter noch kontert

Schließlich mit Andrea Wulf noch die
Fabelhaften Rebellen in Jena besucht
Die sich gegen Ende langsam mit allen
Vor Ort überworfen haben isoliert sind

Romantiker halt die mit zuviel Gefühl sich
Gegen alle wandten wie über diese noch
Erhoben als auserwählte Rebellen was
Viel vom Geist der Romantik verrät

Über andere Autoren zu lesen wie ihre
Immer auch Umwege im Leben zu sehen
Gedankenwelten zu betrachten tut als
Immer auch suchender Dichter gut

Vielleicht heute Nacht noch einige Seiten
Bei den Brüdern Goncourt vor Proust der
Feine Einschlaflektüre auch wäre dankbar
Für die vielfältige Wahl hier um mich

Als Dichter in Dichterleben zu tauchen
Ist immer auch ein Stück nach Hause
Kommen um bei sich zu sein wie den
Eigenen Weg dabei noch zu finden

Denke es dankbar jedesmal wenn ich
In Biografien oder Berichten lese die
Den eigenen seltsamen Weg normal
Eher scheinen lassen im Vergleich

Alle Leben sind unvergleichlich doch
Tut es gut sich auch mit den Wirrungen
Anderer Versschmiede gelegentlich
Noch zu konfrontieren zum Glück

jens tuengerthal 11.7.24



Flusskrebsquaken

Flusskrebsquaken

Gehe ja eher selten ins Kino
Noch dazu im Sommer eine
Eher abwegig Idee dachte ich
Aber unter freiem Himmel

Könnte es vielleicht erträglich sein
Bei strömenden Regen ging es die
Lange gerade Straße hinunter zum
Kino im Volkspark Rehberge

Dort lief heute Gesang der Flusskrebse
Die Karten schon vor Wochen online
Gebucht gab es auch kein ausweichen
So richtig überzeugt war ich nicht

Das Unwetter des Tages hatte schon
Die Stadtbibliothek überschwemmt wie
Die Feuerwehr den Ausnahmezustand
Lieber ausrufen lassen es war heftig

Einen Moment im Auto gewartet ob
Der Regen weniger wurde dann sogar
Einige mutige gesehen die sich in
Ponchos Richtung Kino aufmachten

Der Regen ließ nicht wirklich nach
Also wagten auch wir es denn gehen
Konnten wir ja immer noch dann die
Gute Nachricht am Eingang es gab

Schirme über einigen wenigen Sitzen
Der Andrang war nicht allzu groß auch
Weil wir wirklich sehr rechtzeitig waren
Fanden einen zumindest theoretisch

Trockenen Platz doch eigentlich war
Es überall nass und bei diesem so
Zweifelhaften Wetter sollte ich nun
Einen Film über Sümpfe sehen

Die Begeisterung hielt sich in Grenzen
Der Film ein amerikanisches Produkt
Aus dem Jahre 2022 reizte mich als
Mystery Thriller nicht besonders

Doch wie sehr versöhnten mich die
Bilder aus den Flusslandschaften
Dem abgelegenen Sumpfgebiet die
Story des Films schien mir abstrus

Die Stadt hetzt gegen das arme
Einsiedlermädchen was alleine im
Haus überleben muss alles sehr
Schwarzweiß in Holywoodmanier

Versöhnlich stimmten mich die dann
Immer wieder langsamen Schnitte
Mit wunderbaren Naturbildern bis
Die Story mich doch packte mit

Liebesgeschichten voll Hoffnung
Deren Scheitern wie einer eher
Gruselige Frauengeschichte um
Missbrauch durch Kleinstädter

Irgendwann wurde der Regen dann
Weniger während parallel noch die
Niederlande gegen England spielten
Was mir spannender eigentlich schien

Doch der Film und seine wunderbaren
Naturaufnahmen hat es geschafft die
Eher zweifelnde Haltung in mir wieder
Zu drehen es war ein echter Genuss

Dazu kam noch dass aus den nahen
Teichen der Rehberge mit Einbruch
Der Dunkelheit die Frösche quakten
Auch wenn keine Krebse sangen

Wie diese junge Fraue dann gegen
Den Widerstand der Kleinstadt ganz
Allein ihren Weg geht war schön auch
Wenn die guten Schwarzen etwas zu

Plakativ lieb waren erzählt der Film ein
Leben von der Kindheit bis ins Alter gut
Auch der kritische Dichter verließ das
Kino ohne Regen sichtbar gerührt

War einfach mitgekommen hatte wenig
Bis eher nichts gewartet das Wetter tat
Ein übriges die Vorfreude noch weiter
Zu minimieren und ich ging selig

Lag sicher auch an meiner zauberhaften
Begleitung die dies initiierte aber das hat
Ja mit dem Film eher nichts zu tun ist
Also kein Thema dieser Verse

Auch die Leichtigkeit des Todes der
Kommt wenn es Zeit und nötig ist
Vieles einfach offen lässt weil es
Ein Epos eher als ein Thriller war

Ein Leben in und mit der Natur das
Gegen alle Widerstände seinen ganz
Eigenen Weg auch in der Liebe fand
Machte das Flusskrebsquaken schön

Dieses Open Air Kino hat wirklich einen
Ganz besonderen Flair finde ich dabei
Schon überlegend welche Klassiker dies
Quaken noch wunderbar ergänzte

jens tuengerthal 11.7.24

Windgras

Windgras

Halme der Wiesen neigen sich
Wind und Wetter hier folgend
Angepasst an wogende Natur
Werden sie selbst zur Welle
Sie umwehender Ereignisse

Ein Halm nur im Wind zu sein
Scheint nichts im Leben wo wir
Spuren hinterlassen wie Häuser
Bauen die Wiesen zementieren
Wo Wälder waren Straßen wollen

Ach wie gerne wäre ich bloß ein
Halm im Wind der mit dem lebt
Was um ihn ist statt widerständig
Gegen alles aufstehen zu wollen
Der Natur in Versen folgend

Gebe dieser Neigung in Dichtung
Ausdruck die meine Natur ist
Lasse mich von ihr treiben als
Dem geistigen Wind einer Zeit
Die ihre Sprache noch sucht

Dem was ist einfach zu folgen
Weil es sich natürlich anfühlt
Könnte uns mit dieser verbinden
Als Heu wurde was auf blühenden
Wiesen noch wild wucherte

Neige mich nach meiner Natur
Verneige mich vor den Liebsten
Bin keinem Staate mehr Untertan
Als Halm der dem Wind lauscht
Folgen meine Blüten diesem

jens tuengerthal 11.7.24

Liebesverwundert

Liebesverwundert

Liebe verwundert
Passend unpassend verdreht
Welt ins Gegenteil

Neue Liebe wächst
Jenseits der Gegensätze
Über sich hinaus

Jene die blieben
Als allerliebste Musen
In Versen verehrt

Eine für immer
Traumhafte Illusion statt
Ewiger Suche

Verwundert weiter
Von Liebe träumen hält mich
Seltsam lebendig

Liebesphantasien
In Wirklichkeit erleben
Braucht genug Wahnsinn

jens tuengerthal 11.7.24

Luckypunch

Luckypunch

England gewinnt
Gegen Niederlande mit
Einem lucky punch

König gratuliert
Mit der Bitte nächstesmal
Herzen zu schonen

jens tuengerthal 10.7.24

Mittwoch, 10. Juli 2024

Lektürentagebuch 10/7/24

Lektürentagebuch 10/7/24

An seinem 153. Geburtstag war
Marcel Proust Kern meiner Lektüre
Mehr als sonst las ich in la recherche
Wie der Korrekturausgabe von Combray

Dort in den Träumen junger Mädchenblüte
Versunken im Strandbad in der Normandie
Wo er Cabourg Balbec nannte während die
Korrekturen sein Denken auch zeigen

Seit vielen Jahren lese ich schon die
Suche nach der verlorenen Zeit in
Stets nur homöopathischen Dosen um
Nicht völlig in ihrem Sog zu versinken

Proust geht mir teilweise so nah dass ich
Wochen oder monatelang keine Seite las
Dann wieder genieße ich ihn lächelnd doch
Stets als feine süße Delikatesse bisher

Valentin Louis Eugène Marcel Proust
Wurde am 10. Juli 1877 in Paris geboren
Als Sohn eines Arztes wie einer jüdischen
Mutter aus wohlhabendem Bankiershaus

Nie musste sich Marcel um seinen Unterhalt
Sorgen Geld war genug immer da wie er die
Erlebnisse des Ich-Erzählers in la recherche
In der gehobenen Bourgeoisie selbst lebte

Es erzählt einer aus den gehobenen dem
Adel nahen Kreisen reicher Bürger aus der
Tiefe seines Erlebens von dem manches
Wie Madeleines im Lindenblütentee längst

Sprichwortartig wurde und wuchs auf in
Einem feinen bürgerlichen Haus nahe dem
Bois de Boulogne in dem viel später mein
Großvater morgens vorm Dienst ausritt

Der an Asthma erkrankte Proust lebte
Vielfach zurückgezogen und erlebte die
Welt in Gedanken die er mit so großer
Schönheit wie Können beschreibt

Ein tiefer sehr genauer immer wieder
Auch ironischer Blick der eine immer
Etwas schwüle Erotik zaubern kann
Wirkt beteiligter als Thomas Mann

Dessen ironische Distanz die den
Hanseatischen Humor stets zeigt
Etwas kühl norddeutsch bleibt lebt
Proust voller Gefühl dagegen aus

Anders als Mann lebte Proust auch
Seine Homosexualität schon ganz
Jung in verehrungsvollen Briefen aus
Wie später auch seine Leidenschaft

Als Ich-Erzähler immer beteiligt taucht
Der Leser tief in emotionale Welten die
Mit Zweifeln auch an der eigenen Rolle
In den besseren Kreisen noch kämpft

Vater und Bruder gerühmte Ärzte die
Dafür verehrt wurde er der Künstler
Führte ein Leben für sich in seinen mit
Kork gedämpften Wohnungen in Paris

Kannte die homosexuellen Bordelle gut
Wie auch die Liebe zu den Frauen mit
All ihren immer wieder Verzweiflungen
Wie die kindlichen Sorgen und Zweifel

Keiner beschrieb den inneren Konflikt
Zwischen erwarteter und gefühlter Rolle
So feinfühlig aufmerksam wie Proust es
In la recherche immer wieder feinsinnig tat

Vielleicht war es diese deutliche Spannung
Zwischen Gefühl und Erwartung die ihn
Dazugehören lassen wollen wie zugleich
Auf Distanz immer wieder auch hielt

Nun bin ich schon älter als Proust wurde
Dessen 102. Todestag sich am 18.11.
Nähert und kann ihn lächelnd heute lesen
Er verunsichert mich nicht mehr völlig

Genieße seine feinsinnige Ironie wie den
Genauen Blick auf die Zustände mit dem
Er seine Sicht auf die Dinge beschreibt
Doch irgendwie kommt er mir sehr nah

Will Proust nicht erledigen sondern werde
Weiter wie seit bald 30 Jahren nun meine
Schöne Suhrkamp Ausgabe der recherche
Lesen und als Delikatesse genießen

Zuviel Proust wird mir schnell zu viel
Weniger scheint mir ihm angemessen
Nicht an der Süße zu ersticken wie den
Großen Verzweiflungen zu folgen

Er kam aus einer anderen Welt die mir
In vielem seltsam fremd ist und doch
Zugleich geradezu unheimlich nah geht
Mit seinem Blick für Befindlichkeiten

Proust lesen lohnt immer wieder doch
Wie die feine französische Küche ist er
In kleinen Portionen bekömmlicher als
Mann oder Musil die ich verschlang

jens tuengerthal 10.7.24

Lebenskraft

Lebenskraft 

Lebenskraft als zentraler Instinkt
Durch den mein Herz lebt
Bringt keine praktischen Bilder
Sondern Phantasmen und Mythen

Die ganze Realität wird zum
Sturm und Drang nach Irrealität
So werden Realität und Irrealität 
Nichtssagende Pseudobegriffe

Was Leben und Kraft dazu noch
Ausmacht ist völlig ungewiss doch
Solange es weitergeht reichte es
Wenn nicht wird alles egal sein

Ob die Wirklichkeit also nur ein
Produkt meiner Phantasie ist
Oder diese sich aus jener nährt
Bleibt spannend bis es so ist

jens tuengerthal 10.7.24

Psychokrisen

Psychokrisen

Krisen der Psyche bei sich
Zu diagnostizieren ist gerade
Schwer in Mode gekommen
Jeder hat ja irgendwas dabei

Viele sind schwer traumatisiert
Vom Verhalten der anderen wie
In ihrer Aufmerksamkeit gestört
Außer für ihre eigenen Krisen

Wer darüber redet sucht immer
Schuldige den eigenen Wahnsinn
Besser verstehen zu können weil
Alle dann gerne normal wären

Ob das der größte Wahnsinn ist
Bleibt dabei so unklar wie die Frage
Warum so viele sich dabei als
Opfer von Narzissten sehen

Pflege einfach nur meine ganz
Gewöhnlichen Depressionen für
Die keiner was kann als mein eher
Gewöhnlicher Wahnsinn halt

Manchmal nur frage ich mich ob der
Längst gewöhnliche Wunsch doch
Psychisch normal zu sein nicht der
Größte Wahnsinn immer schon war

Macht der Durchschnitt uns krank
Oder die Abweichung vom ihm die
Als Wahnsinn therapiebedürftig sei
Damit alle gewöhnlich noch bleiben

Ist davon im ganz eigenen Wahnsinn
Abweichen zu wollen das neue normal
Was erwartungsgemäß wieder nur ein
Durchschnittliches Gejammer bleibt

Einfach zu gehen beantwortete keine
Diese Fragen doch hält die Option das
Bleiben zumindest noch erträglicher
Als der ganz normale Wahnsinn

jens tuengerthal 10.7.24