Sonntag, 6. September 2020

Elternschaffen

Was macht heute Elternschaft aus und was unterscheidet sich vom alten Modell?

Eltern wurden lange Zeit nur heterosexuelle Paare. Auf sie war das System eingestellt und ausgelegt. Dies hat sich mit der Legalisierung homosexueller Partnerschaften und der Liberalisierung der Gesetzgebung zur künstlichen Befruchtung geändert.

Die klassische Familie war blutsverwandt, bestand aus Vater, Mutter und einer unterschiedlichen Anzahl von Kindern. Sie zeugten ihre Kinder meist natürlich. Infolge war die Mutter sicher. Väter dagegen immer unsicher, warum strenge moralische Regeln für Frauen die Illusion von Sicherheit erzeugen sollten, woraus ein ganzes System sexueller Moral und kodifizierter Unlust entstand. Auf diesem durch das Christentum geprägten System, das in seiner patrilinearen Form primär der Diskriminierung der Frauen diente, um die natürliche männliche Unsicherheit und geringerte Potenz zu tarnen, basiert unser Moralsystem, was wir lange für gut und angemessen hielten. Dies überkommene System, das die Psychoanalyse noch ein Jahrhundert verstetigte und die transzendierende Seele sinngleich durch das Unterbewusstsein ersetzte, wird durch die Kenntnis von künstlicher Befruchtung, die Legalisierung der homosexuellen Ehe und die neurologische Forschung zum Nervus Pudendus infrage gestellt.

Auch homosexuelle Paare dürfen nun legal Kinder bekommen, indem sie sich als Frauen künstlich befruchten oder bei Männern eine mit ihrem Spermium befruchtete Eizelle austragen lassen oder bald auch künstlich heranwachsen lassen. Damit ist das alte Denken der Sexualität zum Zwecke der Fortpflanzung überholt und das Elternmodell der heterosexuellen Beziehung auch. Vielmehr dient die Sexualität der Befriedigung und Elternschaft kann unabhängig von einer vorigen sexuellen Beziehung entstehen über die Adoption hinaus, wie Christina von Braun in ihrem Buch Blutsbande klug und detailliert ausführt.

Dabei stellen sich neue Fragen der Verwandtschaft. Wenn ein homosexuelles Paar ein Kind bekommt, fragt sich, wer dabei welche Rolle übernimmt. Ist bei einem lesbischen Paar die natürliche Mutter auch in der Beziehung die soziale Mutter oder kann das variieren, wird umgekehrt bei einem schwulen Paar der Spender des Spermiums auch natürlicher Vater im sozialen Bereich oder ordnet sich die Beziehung zum Kind unabhängig von der genetischen Beteiligung, wird sich mancher fragen oder ob die alten Rollen in diesen neuen Beziehungen ausgedient haben. Dagegen spricht, dass homosexuelle Paare meist auch intern gewisse Rollen übernehmen, wie sie klassischen Musterne entsprechen.

Die früher Zweifel, ob das Aufwachsen in einer homosexuellen Familie den Kindern schadet, kann nach bisherigem Wissen wohl verneint werden, Im Gegenteil, gelten diese als überdurchschnittlich gute, soziale und gebildete Eltern und entsprechend gut geht es den meisten Kindern aus solchen Beziehungen, wie erste Studien zum Thema belegen.

Um die Mutterrolle zu teilen, wollte ein lesbisches Paar, der einen von ihnen die künstlich befruchtete Eizelle der anderen einsetzen lassen. Dies wurde von einem französischen Gericht für unzulässig erklärt, weil die für eine künstliche Befruchtung mit fremder Eizelle nötige eigene teilweise Unfruchtbarkeit nicht gegeben war, eine künstliche Befruchtung also nicht medizinisch indiziert war. Dabei hätte diese Möglichkeit den lesbischen Paaren eine stärkere Chance zur gemeinsamen Beteiligung und Identifikation geboten, was dem Bestand der Familien sicher gut getan hätte. Hier wäre es spannend, wie langfristig der EuGH oder das Bundesverfassungsgericht entscheidet und ob im Rahmen einer vollständigen rechtlichen Egalität eine solche Diskriminierung zulässig sein kann oder der natürliche Schutz der Gesundheit Vorrang hat, wofür relativ wenig spricht. 

Teilweise kann der andere Elternteil bei homosexuellen Paaren auch an der künstlichen Befruchtung im Labor direkt teilnehmen und so quasi mit zeugen, was sich wohl ziemlich großer Beliebtheit inzwischen erfreut, weil der mechanische natürliche Vorgang der Produktion, wohl noch eine stärkere Identifikation ermöglichen soll, als die Übernahme der sozialen Rolle in der Partnerschaft. Dann war derjenige auch tatsächlich an der Entstehung des Kindes beteiligt und hat so auch realen Einfluss auf das werdende gemeinsame Kind genommen.

Auch bei heterosexuellen Eltern finden sich inzwischen Freunde in Partnerschaften als Co-Eltern zusammen, die aber sonst keine Liebesbeziehung verbindet und tun dies mit dem Argument, dass ein so wichtiger Vorgang wie die Zeugung und gemeinsame Erziehung eines Kindes, besser nicht auf einer relativ unsicheren emotionalen Basis, als die sich Liebe ja immer wieder, allen vorigen Versprechen zum Trotz, erweist, zu beginnen sei. Eine gute Freundschaft oder eine vertraglich geregelte Partnerschaft, was ein wenig an alte Ehemodelle erinnert, sei dafür besser geeignet und täte den Kindern besser, weil die durch emotionale Beziehungen immer wieder sicheren Auseinandersetzungen um Gefühle verhindert werden könnten. Wie weit das langfristig wirklich besser funktioniert, was passiert, wenn sich einer der Erziehungspartner in einen Dritten verliebt, der andere aber nicht, ist noch relativ unklar und es werden sich vermutlich, wie immer in menschlichen Beziehungen die üblichen Probleme einstellen. Bestätigen würde ich aber aus eigener Erfahrung, dass Beziehungen, die mehr auf Vernunft als auf große Gefühle setzen, eine höhere Stabilität garantieren und große Liebe kein Faktor für große Dauer ist, sondern wie alle Gefühle eben schwanken kann.

Insofern die Sexualität von der Fortpflanzung durch künstliche Befruchtung getrennt wird, die auch in der Früherkennung Vorteile bietet und die emotionale Belastung senken kann, könnte diese unabhängig etwa in offenen Beziehungen genossen werden, dient sie primär der Befriedigung, was immer mehr Paare probieren, um nicht an den üblichen ersten Klippen der Eifersucht zu scheitern, wobei nicht garantiert ist, dass eine solche vernünftige Konstellation diesbezüglich anfällige Personen wirklich schützen kann vor den zerstörerischen Gefühlen der Besitzergreifung. Zumindest kann ich immer mehr Paare hier in Berlin beobachten, die eine solche Konstellation leben und damit nicht unbedingt unglücklicher werden, sondern dies auch als eine Phase ihres gemeinsamen Lebens betrachten, in dem sie eben auch anderen Menschen begegnen und nichts notwendig ausschließlich wäre.

Was zählt, ist, wie Kinder am besten leben und aufwachsen. Dabei zeigt sich, dass es wichtiger ist, dass die Eltern glücklich sind, als in welcher Konstellation oder Beziehung sie leben, weil glückliche und also entspannte Eltern verständnisvoller und gefühlvoller mit ihren Kindern umgehen können. Die Elternbeziehung ergibt sich aus dem sozialen Kontext und dem jeweiligen Rollenverhalten. Längst leben auch viele heterosexuelle Paare nicht mehr nach klassischem Modell. War selbst einige Jahre Hausmann und als Vater vielfach in der klassischen Mutterrolle, was mir weder geschadet noch meiner Männlichkeit Abbruch getan hat, auch wenn ich anfänglich etwas brauchte, mich in diese Konstellation hereinzufinden, weil ich mit dem klassischen Modell aufgewachsen bin.

So wenig adoptierte Kinder durch die Adoption Schaden nehmen, so wenig leidet die Beziehung der Kinder zu ihren Eltern daran notwendig, ob von einem die Eizelle oder das Spermium kommt und vom anderen nicht, was schon aus früheren Fällen der künstlichen Befruchtung bekannt ist. Die Ausgestaltung der sozialen Beziehung kann von der sogenannten natürlichen Verwandtschaft sich völlig unabhängig entwickeln und es kommt vor, das Kinder zu dem genetisch nicht verwandten Elternteil eine innigere Beziehung entwickeln, weil diese ihm wesensmäßig näher sind, was auch immer an inneren oder äußeren Faktoren diese Entwicklung beeinflusst. Noch wissen wir zu wenig über die Prägung und ihre Auswirkungen, wie über den Einfluss der Erbanlagen auf die Entwicklung des Charakters, hier eine sichere Aussage zu machen.

Zumindest hat sich infolge der künstlichen Befruchtung das Verständnis von Elternschaft und die Akzeptanz Homosexualität wie der gesellschaftliche Umgang damit stark zum positiven verändert. Dem entspricht auch die Gesetzgebung, die 2017 endlich den Weg für die Ehe für alle koalitionsübergreifend frei machte und damit auch eine neue Form der Legalität und Verwandtschaft schuf, die für Kinder aus diesen Beziehungen auch viele etwa erbrechtliche Vorteile mit sich bringt und es den Eltern erleichtert, die Kinder als gemeinsame anzunehmen.

Während es bei heterosexuellen Paaren eine Tendenz zur Auflockerung der alten Konstellationen durch neue offenere Varianten gibt, um auch verkrustete sexuelle Strukturen aufzubrechen und jeder auf seine Art, glücklich zu werden, neues zu probieren, was auch die alte Beziehung bereichern kann, aber über Jahrhunderte tabuisiert wurde, ist unter homosexuellen Paaren die Neigung zur traditionellen Ehe größer, die ihnen nun endlich geöffnet wurde.

Ob dies zu einer größeren Stabilität der Ehen beiträgt oder die traditionelle Familie gefährdet,  kann noch nicht sicher gesagt werden. Zwar ist es seit Menschengedenken üblich, dass sich Partner auch außerhalb ihrer ehelichen Verbindung sexuell vergnügen, wobei es aufgrund der patrilinearen Strukturen und der davon geprägten Sexualität mehr Männer waren, die davon sprachen, weil Frau, auch der pater incerta Problematik wegen, sich da lieber bedeckt hielt und Männer im klassischen Rollenverständnis ihrer Gattin noch lange nicht gestatteten, was sie sich selbst erlaubten. Warum die Logik der Gleichverteilung von Männern und Frauen den Herren so lange nicht erschloss, dass wenn sie Geliebte haben, ihre Gatinnen es genauso tun, erschließt sich der kritischen Vernunft nicht, hängt aber vermutlich mit der christlichen Tabuisierung zusammen, die über lange Zeit das vernünftige Denken sehr in Mitleidenschaft zog, wie es der Islam in den entsprechenden Regionen bis heute tut. Doch ein offener Umgang damit, ist, sehen wir von der Tradition im Hochadel ab, der sich Mätressen hielt oder auf dem Land das ius prima noctis wahrnahm, seit der Zeit der römischen Republik oder spätestens seit der Christianisierung nicht mehr unbedingt üblich und könnte ein neues Verständnis von Partnerschaft herbeiführen, was sehr positive Effekte haben, zumindest mehr sexuelle Befriedigung erreichen könnte.

Spannend ist beim Blick in die Geschichte, das germanische Modell, von dem Tacitus berichtet, wie glaubwürdig dieses römische Ertüchtigungsbuch auch immer sein mag, der Haus- und Schlüsselherrschaft der Frauen, die mit ihren Kindern auf dem Hof lebten, den die Männer im Rahmen der 3 Felderwirtschaft alle drei Jahre wechseln mussten, womit sich die Vaterfrage nur teilweise und bedingt stellte und auch die der sexuellen Abwechslung durch Partnerwechsel, der formal angeordnet war, erledigt wurde. Fraglich bliebe bei einem solchen Modell natürlich, wie mit dem auch unabhängig vom gesellschaftlich gewünschten Verhalten entstehenden Gefühlen umzugehen, welche Rolle die Liebe dabei noch spielte und wer welche Aufgabe im Elternverhältnis wahrnahm. Zwar werden sie dreiviertel des Jahres mit Ackerbau und Jagd genug beschäftigt gewesen sein, doch gab es auch lange dunkle Wintermonate, in denen sich viel miteinander beschäftigt werden musste und es ist anzunehmen, dass die Hüterinnen der Häuser hierbei die Tendenz bestimmt haben werden, woran sich, wären die Männer ehrlich, nie wirklich etwas geändert hat, denn vermutlich hat sich im Verhältnis der Menschen untereinander nie grundlegendes verändert und dürfte das Sozialverhalten von der Sexualität bis zur Kindererziehung nur in Nuancen variiert haben bis in die Gegenwart. Was uns über Gefühle und Leidenschaften aus frühesten schriftlichen Quellen berichtet wird, unterscheidet sich in nichts von dem, was wir bis heute tun und empfinden.

Auch wenn wir gerne meinen in der absoluten Neuzeit zu leben, mit dem Computer gleichsam das Rad neu erfunden zu haben, was auch nicht völlig falsch ist, weil wir über das Netz auch immobil überall sein können, Reisen sich erledigt hat, manche nur noch etwas brauchen, es zu merken, hat sich das Wesen des Menschen, seine sozialen und sexuellen Neigungen seit der Steinzeit nicht wirklich verändert, allein die Formen des Zusammenlebens haben sich immer wieder graduell verändert. Möglicherweise kommt nach knapp zweitausend Jahren christlicher Prägung im patriarchalen und patrilinearen System nur eine Rückkehr zu Modellen, wie sie unsere Vorfahren vor der römischen Kultivierung schon lebten und die vielleicht für weniger dauernde Unzufriedenheit sorgten. Es zeigt sich aber auch an diesem Modell, das Elternschaft unterschiedlich gedacht werden und Familie verschiedene Zusammensetzungen haben kann aber dennoch funktioniert, nicht nur ein Modell den Weg zum Glück bietet.

Die künstliche Befruchtung hat so die Familien für die Homosexuellen geöffnet, dem folgte der Gesetzgeber mit der endlich vollständigen Gleichstellung und gleichzeitig beginnt mit der Auflösung der klassischen Strukturen von Familie ein neues Verständnis auch der heterosexuellen Ehe zu wachsen, weil nicht einfach eine Form richtig und seligmachend ist. Es wird spannend, wie lange wir noch brauchen werden, um auf eine Art miteinander zu leben, die alle Beteiligten in der Familie glücklich machen kann und was an neueren oder älteren Modellen dabei übrig bleibt in einer noch ungewissen Zukunft der Familie und der Elternschaft.

jens tuengerthal 6.8.20

Liebesbeziehung

Warum scheitern so viele Lieben
Was macht eine Beziehung glücklich
Kann sie es dauerhaft noch sein
Ist Freiheit zentrale Bedingung
Für andauerndes Glück mit dem
Alle Beteiligten gut leben können
Warum fühle ich mich erstickt
Durch Erwartungen in der Liebe
Laufe vor Eifersucht schnell weg
Ersticke wo ich sie erlebe elend
Frage ich mich immer wieder
Der mit dem Ideal von Familie
Als umfassender Lebensform
Aufwuchs und es leben wollte
Die bürgerliche Familie zu erhalten
Wie von den Eltern schon vorgelebt
Auch wenn vieles dagegen sprach
Doch wie wäre eine Nichtbeziehung
Anstatt der Versuche die da ohne
Jede Erwartung spannungsfrei blieb
In ganz vieler Hinsicht erfüllend
Wo nicht nicht gemeinsam müsste
Unbenannt alles enthielt ohne den
Ständigen Stress enttäuschter Erwartung
Wie ich ihn aus Beziehungen kenne
Immer wieder ähnlich erlebte
Dennoch absolut zuverlässig dabei
Von Liebe längst getragen aber
Ohne Ring oder Hoffnung auf ein
Immer gemeinsames Leben
Das mögliche dafür genießend
Solange es ist wie es ist
Woran sich nichts ändern muss
Vielleicht wird mir langsam klar
Wäre dies die beste Liebesbeziehung
Erwartungslos dennoch erregend
Könnte alles gerne so bleiben
Wie anderes nebenbei auch
Gemeinsam den Augenblick
Als würde er je verweilen
So glücklich wie möglich
Statt großer Liebe liebevoll
Miteinander zu genießen
Ist besser als vieles zuvor

jens tuengerthal 6.9.20


Sexkultur

Ist Sex Ausdruck von Natur oder Zeichen der Kultur?

Der Vollzug der Ehe geschieht durch den Beischlaf, regelte das bürgerliche Gesetzbuch, nach dem früher auf Vollzug geklagt werden konnte, aber keine Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher durchsetzbar war, die fortgesetzte Verweigerung war jedoch ein Scheidungsgrund. Auch aufgrund dieser alten Rechtssicht, wehrten sich manche gegen die Vergewaltigung in der Ehe als Straftatbestand, weil dies der Natur der Ehe, als auf Fortpflanzung gerichtete Gemeinschaft, widersprechen würde.

Dies hat sich glücklicherweise inzwischen geändert. Die Vergewaltigung in der Ehe, deren Opfer meist Frauen waren, ist strafbar. Auf Vollzug der Ehe kann nicht mehr geklagt werden und die Scheidung braucht keine Gründe mehr.

Nicht geändert hat sich der Streit über die Natur, auch wenn er sich deutlich gewandelt hat, das Bewusstsein für Recht und Unrecht ein anderes wurde. Während Ende der siebziger noch viele Menschen meinten, Homosexualität sei eine Frage der Erziehung, warum deren Einfluss zurückgedrängt werden müsse, gehen die allermeisten Menschen heute davon aus, dass es eben ein Teil der Natur dieser Menschen ist und nichts abartiges oder krankes wäre, wie lange im konservativen und religiösen Bereich geäußert wurde. Einzig im sehr konservativen, religiösen Bereich fällt noch gelegentlich die Äußerung, Homosexualität sei unnatürlich, was sich schon an der Art des Geschlechtsverkehrs zeige, von dem die wenigsten wirklich Ahnung haben.

Diese Sichtweise fand lange auch im Strafrecht über § 175 StGB seinen Niederschlag, der inzwischen aufgehoben wurde. Nach wie vor wird in religiös geprägten oder autoritären Staaten Homosexualität verfolgt und Menschen dafür diskriminiert. Dies geschieht meist mit dem Argument, es sei unnatürlich oder krank, müsse behandelt und bestraft werden. Besonders islamische Länder tun sich dabei mit Sanktionen bis zur Todesstrafe hervor. In den westlich geprägten Gesellschaften gilt Homosexualität heute mehrheitlich als eine schlichte Neigung nach der jeweiligen Natur, die nicht gegen die guten Sitten verstieße.

Berlin war hier, schon mit einer relativ toleranten Politik im Kaiserreich, auch wenn die Harden-Eulenburg-Affäre vom Gegenteil und alten Vorurteilen zeugte, ein Vorreiter und wurde es in der Weimarer Republik noch mehr. Dazu trugen auch die Forschungen eines Magnus Hirschfeld bei, der als Arzt und Sexualwissenschaftler auf diesem Gebiet forschte und Mitbegründer der ersten Homosexuellen Bewegung wurde. Sein Motto, per scientiam ad iustitiam, durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit, könnte bis heute große Bedeutung haben und sollte den vernünftigen Umgang mit den jeweiligen sexuellen Neigungen prägen. Er lebte in der Zeit des Nationalsozialismus im Schweizer und französischen Exil, die Bücher aus der Bibliothek seines Berliner Instituts wurden von den Nationalsozialisten verbrannt und er geschmäht. Er war schon nach einer Vortragsreise in die USA 1931 nach ausdrücklichen Warnungen, er war bereits 1921 von völkischen Rowdys angegriffen und schwer verletzt worden, nicht mehr nach Deutschland zurückgekehrt und lebte im Exil mit seinen beiden Geliebten in einer Ménages à trois und verstarb 1935 in Nizza. Ob er selbst Transvestit war, weil er im einschlägigen Berliner Eldorado verkehrte und dort Tante Magnesia genannt wurde, bleibt unklar - es könnte auch ein typischer Fehlschluss seiner Gegner aufgrund einer seiner Publikationen zum Thema sein.

In den immer noch teilweise evangelikal und konservativ religiös geprägten USA hat diese totalitäre Weltsicht in einigen Staaten auch Einfluss auf die Gesetzgebung. So ist in einigen Bundesstaaten der Analverkehr eine Straftat, egal ob unter homosexuellen oder heterosexuellen Paaren, weil er gegen die Gebote der Schrift verstieße und unnatürlich wäre. Wie sich solche sektenartigen Anschauungen mit einer freiheitlichen Demokratie vereinbaren lassen, bleibt unklar. Allerdings wurde die homosexuelle Ehe bereits im Jahr 2015 in den USA per Bundesgesetz zugelassen. Vorreiter für die Rechte der Schwulen waren immer Kalifornien und New York, wo auch der große Umzug für deren Rechte nach dem Aufstand in der Christopher Street seinen Anfang nahm, der inzwischen weltweit verbreitet ist und als CSD abgekürzt auch in Deutschland zahlreiche Ableger vor allem in Berlin und Köln gefunden hat.

Die Bestrafung des Analverkehrs zeugt von der durch christliche Dogmatik geprägten patrilinearen Anschauung der Sexualität, die auch die Mehrheit der Frauen mitbestraft und ihnen, vergleichbar der im afrikanisch-arabischen Raum verbreiteten Klitorektomie, die Chance zur Freude am Sex nimmt. Wie die Forschung der Neurologie vor einigen Jahren bestätigte, ist der weibliche Nervus Pudendus, bei über 95% der Frauen nur anal stimulierbar, warum diese Art des Geschlechtsverkehrs eigentlich die natürliche wäre, ginge es darum im Bereich der Sexualität Befriedigung zu finden.

Die auch aus den USA stammende Erfindung de G-Punktes trug dazu bei, dass sich viele Frauen, die durch den Verlauf des Nervs intravaginal nicht stimulierbar waren, schlecht fühlten, ihre sexuelle Befriedigung sich auf klitorale Stimulation beschränkte, ein Höhepunkt beim Geschlechtsverkehr für sie die große Ausnahme war und die sexuelle Revolution nichts zu ihrer Befreiung tat, sondern sie nur weiter verunsicherte. Dabei ist die Forschung dazu schon bald 300 Jahre alt, als Madame Pompadour, die Geliebte Ludwigs XVI. und große Aufklärerin eine Studie in Auftrag gab, die erforschen sollte, ob die Fähigkeit der Frauen zum vaginalen Orgasmus mit dem Abstand von Klitoris und Scheideneingang zusammenhinge. Sie kannte dies aus eigener Erfahrung und wollte wissen, wie vielen Frauen es so ginge und ihre Studie ergab schon, dass es ein sehr großer Teil war.

Zwar lag sie mit ihrer Annahme falsch, dass es am Abstand von Klitoris und Scheideneingang lag, entscheidend ist vielmehr der Verlauf des Nervs hinter der Klitoris, der eben bei einigen wenigen Frauen natürlich die obere Scheidenwand berührt, an jener Stelle, die für den G-Punkt lange gehalten wurde, den es nicht gibt, bei den meisten aber höher verläuft und nur durch den anus innerlich stimulierbar ist was aber durch jahrhundertelange christliche Sexualmoral verpönt war und als schmutzig galt. Sexualität für Frauen sollte nicht der Lust dienen, sondern der Zeugung von Nachkommen. Frauen die natürlich Lust empfanden, galten als verdächtig und schon in frühen biblischen Texten, die später unterschlagen wurde ist das Gegenbeispiel der Lilith, Adams erster Frau genannt, die dann durch das mehrheitliche Eva-Modell verdrängt wurde, mit der sich viele Frauen identifizieren konnten, weil die natürliche Stimulation, die den Männern ihre überlegene Potenz demonstrieren könnte, in den patriarchal strukturierten Gesellschaften verpönt war.

Frauen können, bei der ihrer natürlichen Sexualität entsprechenden Stimulation häufiger  als Männer und haben den wesentlich größeren Schwellkörper als Männer mit ihrem Glied, nur verläuft dieses Sexualorgan um den nervus pudendus eben innerlich und konnte darum die letzten 2000 Jahre erfolgreich geleugnet werden, um allein der männlichen Sexualität, die zur Fortpflanzung nötig war, eine Priorität einzuräumen, die weibliche aber, die deren körperliche Überlegenheit auf sexuellem Gebiet offenbart hätte, vollständig zu ignorieren und negieren und nur ein kleiner Prozentsatz von Frauen konnten so Befriedigung beim Sex erlangen, während der Rest schauspielerte, ertrug oder andere Prioritäten setzte. Der Satz, ich genieße es, begehrt zu werden oder Nähe ist ist mir wichtiger, ist dafür typisch.

So hat die christliche Kultur über Jahrhunderte die Sexualität aus männlich schlichter Sicht dominiert und dem größeren Teil der Menschen die Chance zum gemeinsamen Genuss geraubt, nach dem die Natur uns streben ließe, wäre sie nicht dogmatisch mit Tabus kulturell überformt. Dies hatte für viele ein unbefriedigendes Ergebnis, was auch an einer mangelnden Kommunikation liegt.

Viel mehr Frauen könnten auch vaginal Befriedigung erlangen, hätten zumindest die Chance dazu, sofern der Nerv vor dem Sex infolge ausreichender Stimulation, die geistig oder körperlich erfolgen kann, je nach Neigung und Situation, bereits angeschwollen wäre. Darum ist das Vorspiel so wichtig, zumindest einem Teil eine höhere Chance auf Lustempfinden beim Verkehr zu geben. 

Natürlich und erfolgreicher wäre der vorsichtige und sorgsame Analverkehr, der auch ein sicheres Verhütungsmittel für die fruchtbaren Tage wäre, was die schädliche Hormongabe durch die Pille und andere Eingriffe entbehrlich machte. Dabei könnte jede Frau stimuliert werden, sogar solche, die noch den grausamen atavistischen Brauch der Klitorektomie erlitten, wie Wissenschaft und Erfahrung bestätigen können.

Jedoch ist es der Kultur gelungen, diesen Bereich zu tabuisieren und sorgloser und wenig feinfühliger Umgang damit, hat dies anerzogene Abneigung bei vielen Frauen verstärkt. So kommt ein großer Teil der Paare um die Chance jemals eine erfüllende Sexualität gemeinsam kennenzulernen und Millionen von Frauen ertragen das seit Jahrtausenden, weil die Sexualität schon lange von der Kultur destruktiv dominiert wurde.

Das natürliche Streben nach Befriedigung ist bei allen Menschen vorhanden. Allerdings wird es durch Erziehung, Religion und Gesetze teilweise in Grenzen gestellt, die dies für den größeren Teil der Frauen relativ unmöglich macht, ihnen die gemeinsame Befriedigung verwehrt und sie über Generationen lernten, dass ihre Befriedigung keine Rolle spielt beim Sex.

Kenne auch weibliche Mitglieder der für ihre freie Sexualität berühmten Kommune 1, die mir im Gespräch gestanden, der tolle freie Sex, wäre gar nicht so toll gewesen, sondern eine Sache der Typen und um ihre Befriedigung als Frau, sei es dabei nur theoretisch gegangen, sie wären noch nie beim Geschlechtsverkehr zum Höhepunkt gekommen. Diese Erzählung habe ich inzwischen von so zahlreichen Frauen gehört, das sie das Zahlenverhältnis der Neurologe, von 95 zu 5 bestätigen können. Dennoch spielen viele Frauen beim Sex großartige Höhepunkte vor, die sie real nie erleben konnten, um auch in heutiger Zeit noch als gut und sexy zu gelten, was in unserer Kultur eine neue Anforderung an die Frauen ist, die mit der vorgeblichen Entdeckung des G-Punktes und seltsamen Büchern wie, jede Frau kann kommen, zum Dogma wurden.

Fragte ich nach, warum sie denn stöhnten oder Sex mit solch großer Anspannung betrieben, wenn sie doch keine Befriedigung dabei fanden, hörte ich immer wieder, dass die Typen das doch erwarteten, es schneller vorbei sei, wenn sie ein wenig stöhnten und spielten und das gehöre dazu und sei eben der Preis der Liebe wie der Sehnsucht nach Liebe. Auch hier zeigt sich wieder ein kulturelles Verhalten, was den natürlichen Bereich der Sexualität dominiert.

Noch komplexer wird es beim Blick auf die verschiedenen Neigungen dabei, ob es nun SM oder BDSM oder sonstige Varianten von Verkleidung und Spiel sind, zeigt sich bei diesen Bedürfnissen ein enger Zusammenhang von kultureller Prägung und natürlicher Neigung, bei dem die genauen Wurzeln kaum mehr unterscheidbar sind. Manche Frau sagte mir schon, sie möge es gern natürlich und keine abstruse Sachen, auch wenn sie bei dem sogenannten vermeintlich natürlichen Sex noch nie Befriedigung gefunden haben. Sie waren sich aber sicher alles andere als das sie nicht befriedigende bekannte Programm unnatürlich zu finden und nicht zu wollen, ohne sich sicher zu sein, was zu ihrer Befriedigung beitragen würde oder wie diese gemeinsam erlangt werden könnte, was ja das Ziel aller Sexualität sein sollte, da wir uns ansonsten auch auf Onanie beschränken könnten. Doch das Dogma der Zeugung und die mit ihm verbundenen kulturellen Tabus sind vielfach stärker als die eigene natürliche sexuellen Neigungen.

So hatte ich einmal eine Geliebte, die dem Analverkehr gegennüber aversiv war, aus möglicherweise auch religiöser Prägung oder schlechter voriger Erfahrung, die ich aber mehrfach streichelnd anal befriedigt hatte, während ich dabei ihre Klitoris küsste, was zusammen besonders stark wirkte und sie reagierte anal mit heftigen Kontraktionen beim Höhepunkt, während vaginal nichts passierte. Dies legte ich ihr dar, sie blieb aber bei ihrer von Tabus geprägten Überzeugung und lehnte es weiterhin ab, so dass wir nie gemeinsame Lust fanden und sich das Thema irgendwann erledigte, weil es irgendwie unbefriedigend blieb.

Diese Verschränkung von Kultur und Natur zeigt sich gerade in dem, was wir unnatürlich finden oder für natürlich halten, auch wenn es nur das Produkt kultureller Dogmatik ist und nichts mit unserer Natur zu tun hat, zu der uns der offene Diskurs zum Thema aber wieder führen könnte, womit ein typisch kulturelles Produkt zu einem besseren Verständnis der eigenen Natur und dem lustvollen Umgang mit ihr führen könnte, was zeigt guter und schöner Sex kann aus unserr Natur kommen, wenn wir lernen dazu kultiviert und offen miteinander umzugehen.

jens tuengerthal 5.9.20#

Freitag, 4. September 2020

Naturkultur

Wie sehr bedingen sich Natur und Kultur?

Reproduktionsmedizin und Genetik wenden alte Kulturtechniken an, um Natur zu verändern. Wir schaffen damit Natur in ihrer eigenen Form und nutzen dazu Sprache und Zahlen, die unsere Wissenschaft hervorgebracht hat. Damit könnten die Grenzen von Natur und Kultur verschwimmen, der Zusammenhang von beidem deutlich werden.

Früher galt die klare Abgrenzung zwischen Natur und Kultur, geistiger Welt und natürlich gewachsener. Infolge der Industrialisierung haben sich immer mehr Menschen von der künstlichen Welt abgewandt und wollten zurück zur Natur, die sie als rein und gut betrachteten.

Diesen Virus hat schon Rousseau in die Welt gesetzt, der aber als einst gläubiger Mensch, der sich nie von seinen Wurzeln im Aberglauben geistig löste, die biblische Erzählung vom Paradies aufgriff und sich für ein Zurück zur Natur aussprach. Dem folgten leider nicht nur die französischen Revolutionäre und rechtfertigten damit teilweise auch ihren für viele kopflos endenden Terror sondern bis heute Millionen Menschen, die bedenkenlos die Natur idealisieren, ohne zu merken wie unmenschlich ihr Traum vom Paradies eigentlich ist, den Kant in seiner Schrift zum ewigen Frieden so wunderbar widerlegt.

Erst die Kultur machte den Menschen menschlich, brachte eine Zivilisation hervor, die zwar auch viele ökologische Nachteile mit sich bringt, aber darum nicht in ihrer Wirkung für eine unmenschliche Natur negiert werden sollte, weil so nie ein Fortschritt in der Kultur geistig erreicht werden kann. Doch ist dieses Denken tief verwurzelt in vielen Menschen, die in der Zivilisation leben und sich bei kurzen Ausflügen an der Natur als bloße Beobachter erfreuen, ohne je in ihr leben zu wollen oder zu können, deren natürliche Kriterien der Auslese für sich zu akzeptieren. Wie unkultiviert und unzivilisiert wäre es, die Gefahren des Corona-Virus zu ignorieren und den Tod hunderttausender alter und kranker Menschen zu riskieren, was bis auf wenige Covidioten auch die Mehrheit eingesehen hat, dennoch werden viele eine Impfung ignorieren wollen, die Schutz bringen könnte, weil sie meinen, die künstliche Erzeugung körpereigener Antikörper, welche die Natur imitiert, sei unnatürlich und da hilft auch keine Vernunft, weil der Glaube stärker als die Wissenschaft ist, was aber eben auch Teil unserer geistigen Kultur ist, so schädlich sie hier wirkt.

Doch der alte Gegensatz zwischen Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft, die von sich meinte, sich nur mit de, was ist, zu beschäftigen, könnte mit künstlicher Befruchtung, Klonen und Schöpfung von Leben durch andere gentechnische Methoden erledigt sein, wenn die Naturwissenschaft begriffe, dass nur die Nutzung alter Kulturtechniken sie dazu befähigt, zu beschreiben und zu erkennen, was Leben ausmacht und entstehen lässt, der Einfluss wechselseitig ist.

Der große Plan von der Weltformel, die am besten und denklogisch gleich das ganze Universum erfasst, aber, seltsam genug, trotz immer höherer Komplexität, nie die Liebe beschreiben konnte, dürfte an dieser überholten Trennung immer gescheitert sein, weil Mathematiker in schlichten Formeln dachten und Philosophen, Theologen und sonstige Geisteswissenschaftler, die Welt in Worten beschrieben. Beide überzeugt, alles zu erfassen, sahen im Wust der Komplexität nicht mehr, was ihnen dabei entscheidend immer fehlte, der Zusammenhang, der Sein erst ausmacht und alles erfasst.

Die Formel genügt so wenig, wie Verse allein je zum Beweis taugten, auch wenn sie so klug waren, wie Lukrez de rerum, Über die Dinge der Natur, was sogar Physiker wie Einstein noch als gültige und geniale Beschreibung der Welt ansahen, auch wenn es da schon 2000 Jahre alt war, weil er in Zusammenhängen dachte, wie schon Epikur vor ihm und es menschlich tat.

Leugne für gewöhnlich die Existenz einer Seele, als religiöses Subjekt, das nur aus dem Glauben stammt und keine materielle Grundlage hat, viele Menschen dazu verführt, diesem eine eigene unsterbliche Existenz zuzuschreiben. Als Begriff für die unfassbare Komplexität, die unser Sein bestimmt , könnte es aber tauglich sein. Weil unsere Entscheidungen nicht allein vom neuronalen Netzwerk in unserem Hirn getroffen werden, sondern daran auch die Hormone teilnehmen und alle anderen Botenstoffe und Teile aus denen unser Wesen besteht und wir noch dazu inzwischen feststellen, dass Natur auch in sich lebt, also auch der genetische Code jeder Zelle noch durch äußere Einflüsse verändert werden kann, von dem wir noch sehr wenig wissen, auch wenn diese Seele natürlich sterblich wäre wie alle Natur vergänglich ist.

Bisher wurde zwischen Modifikation und Mutation unterschieden, um innere und äußere Einflüsse voneinander abzugrenzen. Doch vermutlich ist dieses eigentlich schlicht dialektische Modell zu eng und greift zu kurz. Auch Mutationen durch äußere Einflüsse sind denkbar und nachweisbar, in der Gentechnik das täglich Brot. Wie stark Erziehung, Prägung, Leidenschaft sich auch auf die Struktur der Zellen auswirken, ob und wie sie das Genom beeinflussen, wissen wir noch nicht. Manche uns unerklärlich scheinende Techniken indischer Yogi würden damit im Zusammenhang verständlicher, ohne damit das ganze sogleich begreifen zu können.

Auch der Begriff von Familie hat sich durch die neuen Techniken verändert. Wenn ich mir, gedacht er wäre bald möglich, einen Klon meiner selbst als Ersatzteillager schaffen würde, das so mein Überleben sichern könnte, verginge ich mich im Falle der Nutzung wohl strafbar an meinem nächsten Verwandten. Bin ich mit den schon bald aus eigenen Zellen züchtbaren Organen nicht auch verwandt, frage ich mich und überlege, wie und ob solche möglicherweise lebensrettenden Eingriffe begrenzt werden dürfen und müssen. Wie ist die Verwandtschaft mit einer künstlich befruchteten Eizelle, die im Reagenzglas heranwächst oder mit den Kindern homosexueller Paare, die sich bisher das eine oder andere noch leihen müssen, überlege ich und wie könnten beide Elternteile eines schwulen Paares mit ihrem gemeinsamen Kind verwandt sein, was juristisch schon für verheiratete Paare angenommen wird aber nach der Natur eine Konstruktion ist, weil wir es gewohnt sind Verwandtschaft so zu definieren, was aber nicht zwingend ist.

Unser Begriff von Verwandtschaft ist von einem patrilinearen Denken von Nähe des eigenen Blutes bestimmt. Dies bestimmt auch unser Strafrecht, was eigentlich willkürliche Entscheidungen über zulässige und unzulässige Liebe damit trifft. Wer etwa seine Schwester oder einen Abkömmling liebt, darf diesen nicht zum Partner wählen, ohne eine Straftat zu begehen, egal wie echt und aufrecht das Gefühl beider Seiten ist, weil unser Verständnis von Recht und Unrecht noch durch kirchliche Normen geprägt ist, die stärker sind als alle Vernunft und so zu Strafverfahren führen, die absurde Ergebnisse haben können, in denen sich der Staat heute noch anmaßen muss über die Zulässigkeit einer Liebe und ihren Vollzug zu entscheiden.

Die noch angeführte Behauptung, dies diene der Vermeidung von Erbkrankheiten und dafür als berühmte Beispiele, das Habsburger Kinn oder die Bluterkrankheit in den Häusern Romanow oder Valois anführt, könnte völlig falsch liegen. Es mag Gründe geben, warum eine Neukombination des genetischen Codes günstig und besser ist. Bisher wissen wir davon zu wenig das bestehende Strafrecht bestehen zu lassen, Einschränkungen von Freiheit und sogar Würde, sofern es die Liebe verböte, für etwas ungefähres zuzulassen. Genug wissen wir aber längst, mögliche Krankheiten zu erkennen und zu vermeiden. Ein Grund für Strafe als die moralische Anmaßung ist nicht erkennbar.

Aber all dies resultiert eben auch aus dem alten Verhältnis von Natur und Kultur, das als Gegensatzpaar gesehen wird und was infolge vieles aus dem Zusammenhang reißt. Sich anhand der Methoden der Gentechnik, die notwendig alte Kulturtechniken nutzt, klarzumachen, dass beides in einem unauflösbaren Zusammenhang steht und wir das Ganze nur als solches verstehen können, eines das andere beeinflusst und alles in Zusammenhang miteinander steht, könnte helfen, die Komplexität zu begreifen und gerade deshalb mit ihr achtsam und vorsichtig umzugehen.

Es ist großartig, wenn Gentechnik uns helfen kann, Krankheiten zu heilen, Leben zu retten, das Überleben von Millionen Menschen etwa in Dürregebieten zu sichern und anderes mehr. Dagegen ist nichts zu sagen, doch sich bei allem bewusst zu sein, dass wir nur kleine Zauberlehrlinge sind, die nur einen winzigen Teil der Formeln und Zusammenhänge kennen und so auch nicht alle Folgen ihres Handelns absehen können, dürfte helfen, mit unserem Wissen achtsam und vorsichtig umzugehen.

Ein zurück zur Natur als reine Lehre und eine generelle Verbannung aller Gentechnik scheint mir so unsinnig wie ihre bedenkenlose Nutzung, solange wir so wenig über die Folgen unseres Handelns wissen. Es gibt da keine klare und einfache Antwort. Der Prozess der Erkenntnis wird weitergehen. Wir müssen aus Fehlern lernen ,aber können zumindest versuchen, die Folgen so wenig gravierend wie möglich zu halten, nichts zu tun, was wir nicht mehr beherrschen können, was sicher in den nächsten Jahrzehnten eine ständige Gratwanderung wird, von der wir noch nicht wissen können, wohin sie führt.

Es genügt nicht die einfache Kenntnis der Natur nach aktuellem Wissensstand, um eine gute Lösung zu finden, sondern es wird immer wieder neue Kompromisse brauchen, die sich an den aktuellen Bedingungen orientieren, die Gesellschaft auf dem Weg mitzunehmen. Es ist Zeichen einer guten, gewachsenen politischen Kultur, solche Prozesse zu durchlaufen und gemeinsam Lösungen zu suchen. Wir brauchen keine starken Führer sondern kluge Verhandler, die Lösungen und Kompromisse suchen, den komplexen Bedürfnissen der Welt gerecht zu werden. Hier müssen Kultur und Natur zusammenspielen, eine taugliche Lösung zu finden, die es nicht mit einer Sicht und einfach gibt, sondern die das Produkt eines langen diskursiven Weges sein wird und das ist vermutlich die Formel, die unsere Welt gerade dringender braucht als alles andere. Suchen wir Wege und Kompromisse auf dem Weg zu zeitweise gültiger Erkenntnis. Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners, es gibt höchstens gerade noch nicht widerlegbares Wissen, lernen wir damit umzugehen und vereinen Kultur und Natur so konstruktiv, eine ist Teil des anderen und umgekehrt.

jens tuengerthal 4.9.20

Donnerstag, 3. September 2020

Cup of tea 053

Bei einer feinen Tasse Tee
Heute einem Earl Green
Grüner Tee mit Bergamotte
Aufgegossen im Gusseisen
In alter chinesischer Form
Statt voriger nur Glaskanne
Die sich fallend just erledigte
Wie Glas es gerne mal tut
Statt sich zu ärgern gewonnen
Dem draußen Regen lauschen
Auf den Kamin dabei blicken
Der Kamin spielenden Lampe
Aber was ist schon Wirklichkeit
Wenn es zur Stimmung genügt
Verbreite hier ein Wohlgefühl
Auf dem Diwan um mich
Als lebte ich wirklich noch
In der besten aller Welten
Wie Voltaire im Candide einst
Im Geiste der Aufklärung noch
An gute Zukunft glaubend trotz
Absolutistischer Realität um ihn
Und so gesehen ist es das auch
Ein Tee ein Buch ein Kamin
Ruhiger Regen vor dem Fenster
Die Welt scheint vollkommen
Für den Moment beim Tee
Was manchmal auch genügt
Jenseits aller Sehnsucht
Bald gibt es Spekulatius
Wieder ein Jahr rum

jens tuengerthal 3.9.20

Geschlechtersex

Welche Geschlechter haben Sex und wie?

Die Eindeutigkeit hat sich erledigt. Vater, Mutter, Kind ist irgendwie vorgestrig als Modell. Auch in Ordnung, für die Mehrheit noch normal, aber nicht mehr als durchschnittlich und eben nur eine solche Variante, deren es viel mehr heute gibt und das scheint für die Mehrheit, immer normaler zu werden, zumindest in Deutschland, andere Teile der Welt sind noch lange nicht soweit.

An der Universität von Kalifornien können Student*innen heute zwischen sechs verschiedenen Angaben für das Geschlecht wählen. Nach Geschlecht getrennte Toiletten wurden an amerikanischen Universitäten 2015 abgeschafft, sie wurden der realen Vielfalt nicht mehr gerecht, dahingestellt, ob das für alle Seiten von Vorteil war, hat es sicher zu mehr Gerechtigkeit für alle die geführt, die sich nicht nur männlich oder weiblich sehen sondern irgendwo dazwischen oder als etwas eigenes und das ist ein positiver Akt gegen Diskriminierung.

Ob Trump die Quittung für den Aufstand gegen sexuelle Diskriminierung und die staatlich verordnete Politik dagegen war, mit der viele noch nicht mitkamen, ist eine andere Frage, die ich hier nicht beantworten möchte. Sicher ist aber ist, dass teilweises Unverständnis für die neue Gleichheit, zur Hinwendung eines Teiles der Bevölkerung, die mit der neuen Vielfalt nichts anfangen konnte, zu den schlichten konservativen Mustern für die Trump steht, beigetragen hat.

Auch in Deutschland begann die Bewegung in den großen Städten, allen voran Berlin, was schon lange für seine größere Freiheit in Fragen der Sexualität bekannt ist, nicht umsonst den ersten bekennend schwulen Bürgermeister hatte, viele Arten zu Leben und seine Befriedigung zu suchen, toleriert - für jede Leidenschaft eigene Clubs hat. Der gleichgeschlechtliche Sex hat hier genauso viel Tradition wie Prostitution und Clubs, in denen freier Sex praktiziert wird, jeder nach seinem Gusto Befriedigung finden kann. Sei es zu mehreren oder gefesselt, mit mehr oder weniger Körperausscheidungen. Auch im Freien, wenn es die Witterung zulässt, wird sich gerne, im Rahmen des Zulässigen und auch darüber hinaus, worüber sich dann besonders die Regenbogenpresse freut, weil Sex immer geht, der jeweiligen Leidenschaft hingegeben.

Es gibt in Berlin in Sachen Sex nichts, was es nicht gibt, zumindest im Bereich des legalen - vom anderen weiß ich wenig und möchte darum nicht weiter darauf eingehen aber schon Christiane F. berichtete aus dem damals noch geteilten Berlin von der Prostitution ganz junger Mädchen, eben Kindern eigentlich, im Umkreis des Bahnhofs Zoo. Dagegen geht der Staat inzwischen mehr oder weniger konsequent vor und die Strafbarkeit wurde dabei verschärft, was zumindest einen gewissen Schutz geben könnte. Es haben sich mir auch schon mehrfach sehr junge Damen, vermutlich aus dem Kosovo, angeboten aber ich habe mich davon immer entsetzt abgewandt und diese irgendwann nicht mehr gesehen, nicht wissend, ob sich das in der vermutlich gut vernetzten Szene herumsprach oder die Polizei dem durch stärkere Kontrollen inzwischen wirksamer der Kinderprostitution vorbeugt.

Eine gewisse Zeit verdingten sich junge Männer wohl auch aus dieser Region als Prostituierte im Tiergarten im Bereich hinter dem Schloss Bellevue, dem ehrbaren Sitz des Bundespräsidenten, wobei mir nicht bekannt wäre, dass es dabei einen Zusammenhang gäbe. Auch diese habe ich schon länger nicht mehr gesehen und sie scheinen auch ihre Zeltlager dort abgebrochen zu haben, unklar ob die Polizei auf Beschwerden hin stärker durchgriff oder nur verstärkt kontrollierte und die Szene sich schlicht verlagerte.

In der Zeit der Schließung von Bordellen und Clubs aufgrund des Lockdown, hat sich die käufliche Sexualität ins Netz begeben. Sie tauchen auf den üblichen Partnerportalen wie Tinder oder Okcupid und Finya mit für die jeweilige Altersgruppe passenden Profilen auf, die aber die professionelle Absicht deutlich machen, teilweise sogar Tarife nennen. Im übrigen dienen diese Portale auch im nichtprofessionellen Bereich vielen zur Enteckung gelegentlicher Sexualkontakte. Für diesen Bereich gibt es auch noch eigene Portale, die es nicht an Deutlichkeit bezüglich der gewünschten Varianten fehlen lassen, regen Zulauf gerade in Zeite des Lockdown hatten.

Dabei finden sich auch Transgender, Doppelgeschlechtliche und viele andere Varianten lange unklarer Zuschreibung. Facebook bietet seinen Mitgliedern inzwischen über 30 Kategorien zur Wahl des Geschlechts an und drückt damit auch einen Trend zum uneindeutigen an. Bisexualität ist normal, Pansexualität weit verbreitet, Sapiosexualität von vielen mit ernsteren Absichten gewünscht, was immer sie sich darunter inhaltlich vorstellen. Was früher die Bar oder das Café um die Ecke zum Kennenlernen war, ist inzwischen das Netz geworden und die entsprechenden Orte werden nur für die ersten Treffen aufgesucht, um festzustellen, ob Sympathie und Reiz füreinander vorhanden sind. Mit Corona wurden auch verstärkt Parks aufgesucht und Spaziergänge gemacht, was den finanziellen Aufwand verringerte und die Chance zu größerer Konzentration aufeinander bot, manche schöne Schäferstündchen auf Bänken beginnen ließ.

Frauen suchen sich dabei Männer aus und lassen sich dennoch gerne in alter Manier überreden, was nicht ohne eine gewisse Lächerlichkeit ist, aber dem ganzen noch einen spielerischen Charakter gibt. Mann könnte sich darüber empören, weil es eigentlich völlig unemanzipiert ist, oder sich daran freuen, weil es ist, wie es ist und eben zum Spiel der Geschlechter beim Buhlen um Sex dazugehört, bei dem beide Geschlechter gerne zwischendurch in alte Muster verfallen. Zumindest beim herosexuellen Sex, wie ich ihn eigentlich ausschließlich pflege.

In Zeiten von me too hat Mann, wenn er nicht naiv ist, gelernt auf kleine Zeichen zu achten, Frau die Führung insoweit zu überlassen, vorsichtig zu fragen, statt einfach zu tun, sich in möglichst jedem Moment des Einverständnisses versichern zu lassen, was gelegentlich der sexuellen Stimmung nur bedingt förderlich aber dennoch unbedingt empfehlenswert ist, sich nicht unerwartet völlig veränderten Umständen gegenüberzusehen, die aus den verschiedensten Gründen resultieren können. Aufgrund meiner beschränkten Selbstwahrnehmung und der aus Erfahrung erkannten Unfähigkeit, den Willen von Frau je sicher zu erkennen, frage ich lieber einmal mehr, als einmal zu wenig und habe damit bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht.

Dennoch passiert es auch mir gelegentlich, dass Frauen aus ihrer Sicht Dinge gänzlich anders wahrnehmen und es, egal was war, schlicht umdrehen, Mann einen Vorwurf zu machen, der ihnen Macht gibt. Dann genau zu wissen, was du gesagt und gefragt hast, bei absoluter Offenheit, die das Thema am Sex am besten zunächst wissenschaftlich abstrakt thematisiert, kann sehr hilfreich sein und es empfiehlt sich, vor allem, wenn Frau versucht zu verkehren und zu spielen, sich lieber gleich zurück zu ziehen, um kein Risiko einzughen, womit ich mir wohl manche Gelegenheit schon entgehen ließ aber zumindest mir von keiner den Vorwurf machen lassen musste, ich hätte sie gegen ihren Willen verführt, was mir schon einige Männer völlig schockiert berichteten, die gar nicht wussten, wie ihnen geschah und die ohne jede böse Absicht sich plötzlich als Angeklagte oder Beschuldigte sahen, was ihnen so fern wie irgendwas lag.

Es gibt sicher solche Fälle und es ist gut, dass Frau auch durch die Nein heißt Nein Kampagne stärker geschützt wurde. Doch sollte auch der gutwillige und leidenschaftlich zärtliche Mann überlegen, wie er agiert, um nicht zum Opfer von Spielen in diesem Kontext zu werden, bei denen es manchen mehr um die Stärkung ihres Egos als eine sexuelle Begegnung geht. Zwar mag etwas daran sein, dass sich manche Frau nach dem leidenschaftlichen Liebhaber sehnt, der auch einfach zugreift und will, aber dies lässt sich auch bei weiteren Treffen aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung noch erreichen. Aus meiner geringen Erfahrung würde ich heute jedem Mann raten, sich dabei zurückhaltend und vorsichtig zu verhalten, lieber abstrakt über Sex zu reden, statt vorschnell zu handeln und ich habe damit nur gute Erfahrungen gemacht und konnte mich in den Fällen, die eben vorkommen, wenn die Dinge umgedreht werden sollen, vielleicht auch das eigene Gewissen zu beruhigen, immer auf ausdrückliche Erklärungen berufen und das war auch gut so.

Auch begegnet sind mir in den virtuellen Netzwerken inzwischen Hermaphroditen, die teils eine eher männliche Neigung zum Sex haben in weiblich anmutender Gestalt oder umgekehrt sehr weiblich sich geben bei relativ männlichem Aussehen. Es ist nicht klar, was es ist und muss es auch nicht sein. Sich von den Umständen dabei überraschen zu lassen, bei Einhaltung der üblichen Grundsätze, hat noch nie geschadet. Bin vielen Frauen begegnet, die ihre Erfahrungen mit Afrikanern oder Arabern gesammelt haben, teilweise von deren Potenz oder Männlichkeit noch schwärmten, teilweise deren Sozialverhalten beklagten, teilweise, zu einem gar nicht geringen Anteil inzwischen, von solchen Männern um viel Geld unter immer gleicher Vorgabe für die Familie in der Heimat sorgen zu müssen oder ein großartiges Geschäft an der Hand zu haben, an dem sie diese beteiligen wollten, betrogen wurden mit entsprechender Enttäuschung. Diejenigen, die infolge bei der Polizei waren, berichteten, diese winkte meist nur ab, weil die Fälle bekannt wären und gehäuft vorkämen, es keine wirkliche Aussicht gäbe, wieder an das Geld zu kommen oder die Typen zu kriegen. So sind auch neue einprägsame sexuelle Erfahrungen für manche Frauen ein Produkt der Flüchtlingspolitik, ohne jede Wertung. Von Männern wurde mir das seltener berichtet und ich kann auch nichts dergleichen erzählen, was aber auch an meiner Neigung zu weniger exotischen Damen liegen kann, die Leidenschaft sich eher gen Norden denn gen Süden oder Osten orientieren würde, der Dichter sich in der Minne am liebsten in seinem Sprachumfeld bewegt und dort eben mit Worten gewinnen kann oder nicht, weniger auf seinen bloßen Anblick dabei vertrauend, weil Bescheidenheit besser steht.

Bei unseren französischen Nachbarn, die in vieler Hinsicht in der Sexualität freier und offener schon lange lebten, ist die Toleranz gegenüber anderen Modellen der Ehe oder Familie geringer ausgeprägt und Gesetzesreformen haben dort immer wieder zu massiven Protesten konservativer Kreiser teilweise im Bündnis mit Psychoanalytikern geführt, die etwa behaupteten Kinder, die ohne Vater oder Mutter aufwachsen müssten, etwa bei homosexuellen Paaren, würden schwere psychische Schäden erleiden, weil das von ihnen seit Freud geglaubte und behauptete Unterbewusstsein, nicht darauf eingestellt wäre, was mir als Nichtgläubigen abstrus erscheint und nur die Nähe der Psychoanalyse zum vorigen monotheistischen Aberglauben belegt, mit dem sie im Bündnis auch protestierten, was an das unheilige Bündnis von Esoterikern, Anthroposophen, Verschwörungstheoretikern, Rechtsradikalen und anderen Spinnern gegen die Corona-Maßnahmen in Deutschland erinnert und geistig selten auf höherem Niveau ist.

Sexualität ist lange ein heikles Thema gewesen. Während Homosexualität inzwischen in Deutschland für die ganz große Mehrheit als normal gilt, auch künstliche Befruchtung in Familien weitgehend akzeptiert ist, wird es von Teilen der Bevölkerung für Singles oder Homosexuelle noch kritisch gesehen, was allerding die geltende Gesetzeslage erledigt hat, die damit die neue Normalität langfristig stärken wird.

Hatte mehr als eine Partnerin, die auch mit homosexueller Liebe mit Frauen Erfahrungen gemacht hat, was mich nie gestört hat, im Gegenteil war mein Gefühl dazu immer eher, dass ich diese Leidenschaft für den weiblichen Körper teilen und verstehen kann. Die eigene homosexuelle Neigung ist bei mir relativ gering ausgeprägt und bis auf kleine Versuche mit meinem damals besten Freund in Teenie-Zeiten, der sich da schon zu seiner Homosexualität bekannte, die über Knutschen und etwas Fummeln selten hinausgingen, wie die ungezählten Versuche schwuler Freunde, mich anzumachen, kann ich in diesem Bereich nicht viel berichten. Die Partnerinnen, die auch schon Frauen hatten oder parallel mit Frauen zusammen waren, berichteten so unterschiedliches, dass ich mir nicht anmaße, ein Urteil oder etwas generelles dazu zu sagen.

Es gibt dabei wohl genauso Partner, die in klassische Rollenmuster verfallen, wie es welche gibt, die eher zärtlichen Kuschelsex praktizieren, während manche sogar das fehlende Glied durch ein künstliches ersetzen, was andere völlig abstrus und fremd finden. Einige mochten es zu mehreren, allerdings dabei meist mit mehreren Frauen und mir als einzelnem Mann, während heterosexuelle Frauen eher von dem Wunsch erzählten gerne mehrere Männer auf einmal zu haben. Finde aber beides nach ausreichend praktischer Erfahrung weniger reizvoll als die konzentrierte Begegnung in den meisten Fällen, da das Element der Nähe, die das aufgehen und sich öffnen so schön macht, für mich in der Gruppe verloren geht. Aber da sind die Neigungen unterschiedlich und ich kenne auch Frauen, die sich gerne in Clubs mit bis zu sechs Männern in allen Öffnungen und mit beiden Armen auf einmal beschäftigen, die aber abgesehen von dieser etwas exzessiven sexuellen Neigung im Alltag wie schüchterne, freundliche Damen benehmen, es ist scheinbar ein sportliches Hobby wie für andere Tennis oder Golf, vielleicht mit dem Reiten auch inhaltlich am ehesten vergleichbar. Habe trotz mehrfacher Angebote nie an solchen sexuellen Massenveranstaltungen teilgenommen und ziehe beim Akt eher die Zweisamkeit vor, wobei natürlich jede Regel ihre seltene Ausnahme kennt, die durch ihre Seltenheit auch einen Reiz haben kann.

Mit zunehmenden Alter stelle ich immer mehr fest, wie lästig ich den Wechsel der Sexualpartner finde und wie gerne ich mich auf eine konzentriere, die und deren Körper ich kenne. Ob daraus gleich eine natürliche Neigung zur Monogamie abgeleitet werden kann, es so eine überhaupt gibt, weiß ich nicht zu sagen. Zumindest gewinnt Sex durch gewachsenes Gefühl und Vertrauen mit der Zeit sehr, außer wir vernachlässigen und fallen als Paar zu schnell in wiederholte Muster dabei. Den Sex mit mehreren fand ich immer eher sportlich und konkurent, ihm fehlte das Element der Innigkeit für mich.

Vermute, dass ich, durch die Erziehung meiner Mutter, eine starke Neigung zum partnerschaftlichen Sex habe und bei jeder Frau mit der ich schlafe oder mit der ich sonstwie Sex habe, das Gefühl habe, für sie da sein und irgendwie liebevoll sorgen zu müssen, weil meine Mutter mir schon sehr früh klar machte, dass Sex haben zwar völlig ok ist, aber als Mann auch bedeute, Verantwortung zu übernehmen, die im Falle einer Schwangerschaft, ein Leben lang gehen kann. 

Bin zwar ein erklärter Gegner der Psychoanalyse, deren Aberglaube an das Unterbewusstsein und deren dogmatische geradezu messianische Auslegung mir fremd ist und destruktiv erscheint, dennoch halte ich es für klug, auch bei den Neigungen auf die eigene Sexualisierung und Prägung zu schauen. So bin ich damit aufgewachsen, dass Sex zu Familie führt, Familie Verantwortung bedeutet und etwas positives ist und habe die entsprechenden Neigungen entwickelt, ist es mir beim Sex wichtiger, Frau zu befriedigen, als mich selbst, weil ich diese Kunst als hohe Qualiät sehe, die Partnerschaft sichert, warum mir viele heute praktizierte Formen der Sexualität eher fremd sind, ohne diese be- oder verurteilen zu wollen.

Auch darum waren mir die ONS immer eher fremd, hatte ich fast ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich nicht verliebte, weil ich Frau nicht nur benutzen wollte, sondern lieber leidenschaftlicher Diener ihrer Lust bin, wobei Ausnahmen die Regel nur bestärken. Eigentlich wäre ich also ein typischer Beziehungsmensch, denke ich, weiß aber andererseits auch, dass es gut sein kann, keine zu haben, weil es einem vieles erspart, was das Leben und die Sexualität weniger schön machen. Welches die ideale Form ist, suche ich noch, sollte ich es entdecken, werde ich natürlich darüber schreiben. Denke Familie ist ein gutes und bewährtes Modell des sozialen Zusammenhalts aber das ist unter den glücklichen Umständen, unter denen ich aufwuchs, auch leicht zu sagen. Für andere werden es andere Modelle sein. Manche brauchen den steten Wechsel, um darin Bestätigung zu finden, was sie glücklich macht, wie sie unglücklich und depressiv werden, wenn ihnen das fehlt.

Es liegt mir fern über die eine oder andere Form des Sex zu urteilen. Jeder Weg, der die Beteiligten glücklich macht, wird gut sein. Keiner sollte dabei Dinge tun, die ihr oder ihm nicht entsprechen, um seiner Rolle gerecht zu werden oder zu gefallen. Der Marquis de Sade, dessen Neigungen ich ansonsten nicht teile, schrieb eins, erlaubt und gut ist, was gefällt. Das teile ich, sofern die Beteiligten diese Entscheidung frei und verantwortlich treffen konnten, sich ihrer Neigungen und Vorlieben bewusst sind. 

Etwas für den anderen tun, kann auch lustvoll und schön sein, als Befriedigung genügen aber gemeinsam wird der Sex erst, wenn beide sich in ihrem Streben nach Befriedigung auf ihre Art treffen und beglücken können und das ist wohl der Gipfel dieser wahrhaft königlichen Kunst, in der wir nie im Leben ausgelernt haben werden, weil jede Begegnung, auch die wiederholte mit dem gleichen Menschen, unter anderen Umständen, neues offenbart und ungeahnte Schätze preisgeben kann.

Es ist egal welches Geschlecht die Beteiligten haben oder welcher Gruppe sie sich eher zuordnen gerade, was für mich zählt, ist die offene Begegnung, die sich gut tun will und es auf ihre Art nach Neigung kann. Wer das findet, kann damit glücklich sein, was mehr sollte kommen?

jens tuengerthal 3.9.20

Mittwoch, 2. September 2020

Giftmordversuch

Mutig spricht Kanzlerin Merkel aus
Was alle schon lange geahnt haben
Der Kreml-Kritker Nawalny sei Opfer
Eines Giftmordversuches geworden
Was ja gute europäische Tradition
Denken wir nur an die Ringe die
Zu Hugenottenzeiten die spätere
Schwiegermutter Henris trug dessen
Erste Hochzeit noch vom Spektakel
Der Bertholomäusnacht gekrönt wurde
Bei dem Caterina von Medici wohl auch
Ihre mit Giftringen geschmückten Finger
Im Spiel um die Macht dazwischen hatte
Gleiches wird auch Papst Alexander VI.
Nachgesagt dem Borgia Papst der auch
Vater von Cesare und Lucrezia war die
Selbst als Giftpatin berühmt noch wurde
In Berlin wurde im 19. Jahrhundert die
Ursinus als Täterin unter Verwandten
Berühmt und berüchtigt aber mangels
Nachweis nicht hingerichtet anders als
Gesche Gottfried aus Bremen die als
Letzte noch 1831 mit dem Schwert
Hingerichtet wurde auch weil sie
Mit Freude Böses getan hatte spuckten
Bremer über Jahrzehnte auf den Stein
An dem ihr Kopf gelegen haben soll
Doch all diesen ist gemeinsam sie
Verwandten stets Gifte die auch
Andere hätten bekommen können
Während die Vergiftung Nawalnys
Der nun zur Erholung in der Charité
Durch einen Kampfstoff erfolgte
Auf den keiner sonst Zugriff hat
Als die üblichen staatlichen Kreise
Warum der Botschafter einbestellt
Merkel eine Mahnung nach Moskau
Schickte zur Aufklärung beizutragen
Was die Frage stellt wohin soll die
Preußische Ehrlichkeit führen beim
Verlogenen Geheimdienstmann Putin
Der wiederholt genau solche Taten
Schon beging und damit allen zeigt
Hütet euch vor meiner Macht doch
Wieder das alte Spiel lächelnd spielt
Er wisse von nichts und ihm könne
Keiner etwas jemals beweisen was
Die Frage stellt wie gehen wir nun
Mit dem bekennenden Mörder um
Wie mit denen die ihm zujubeln noch
Wann werden staatliche Verbrechen
Durch Regierungen endlich gesühnt
Wer kann sich hiergegen wehren
Ist es ein Fortschritt dass Merkel
Die Dinge mutig beim Namen nennt
Zumindest sehen wir daran deutlich
Die politische Kultur in Russland
Hat sich seit der Renaissance 
Nicht wesentlich weiterentwickelt
Was den Opfern wenig hilft aber
Die Lage einschätzen lässt
Russland bleibt vorgestrig

jens tuengerthal 2.9.20

Covidiotie

Alle Covidioten zu nennen
Die eine andere Meinung haben
Wäre schrecklich intolerant
Liegt mir eigentlich völlig fern
Gerne hätte ich Verständnis
Für Menschen die sich durch
Die mildesten Maßnahmen noch
Beschränkt fühlen lieber die
Bekannte Realität leugnen wie
Menschenleben weiter riskieren
Sich mit Rechstradikalen verbünden
Verschwörungstheorien anhängen
Aber so sehr ich mich bemühe
Es will mir einfach nicht gelingen
Halte sie alle für entweder
Völlig bescheuert oder schlimmer
Noch für lebensgefährlich bösartig
Frage mich selbstkritisch ob dabei
Aufklärung jemals helfen könnte
Die aus selbstgewählter Unmündigkeit
Die Aluhutträger befreien könnte
Solange diese Impfgegner eine
Krankheit leugnen die so viele
Tote weltweit bereits gefordert hat
Eine Regierung stürzen wollen
Mit Feinden der Demokratie sich
Verbünden aus dummer Angst
Vor einem noch unbekannten Virus
Dessen Existenz sie zugleich leugnen
Sich schlicht asozial nur verhalten
Als vermeintliche Freiheitskämpfer
Aber ich muss es wohl zugeben
Kann gegenüber soviel Dummheit
Weder tolerant noch großzügig sein
Sie gefährden auch andere Leben
Schaden mit Lügen der Demokratie
Bejubeln autoritäre Herrscher
Es sind einfach Idioten
Rücksichtslos noch dazu
Da endet alle Toleranz
Für Menschen die Rechte wie
Freiheiten benutzen die sie
Zugleich beseitigen wollen

jens tuengerthal 2.9.20

Doppelnatur

Ist alles Natur oder nichts ohne Kultur?

Betrachte ich die Familie und ihre Geschichte, wird mir das Doppelte im einheitlichen deutlich. Familie ist etwas natürliches, ihr entstammen wir durch Zeugung und sie ist die Umgebung des Aufwachsens. Es läge also nahe, anzunehmen, Familie läge in der Natur und sei eben, wie es über die Liebe gesagt wird, was sie sei, Etwas, das uns innewohnt gegen das wir wenig tun können, weil seine Eigenschaften schon in unserer Natur steckten, seien es die Gene oder andere Orte, die familiäres Erbe uns anzeigen, die wir vielleicht noch entdecken müssen.

So weit schien alles klar und natürlich. Andererseits kenne ich genug Menschen, denen Familie eher fremd ist, die ihre eigene furchtbar finden und lieber fliehen. Keineswegs natürlich finden diese Menschen es, sich nach der Familie zu sehnen und den Kontakt zu genießen. Manche haben gar traumatische Erfahrungen, bis zum Mißbrauch, die ihr Leben prägten - ihnen käme es unnatürlich und krank vor, sich noch nach ihrer Familie zu sehnen, die sie psychisch oder körperlich mißhandelte.

Was Familie für mich ausmacht und als eine schöne Erinnerung wach hält, ist die Kultur des Zusammenlebens, wie ich sie kennenlernte und die geprägt ist von Sitten und Gewohnheiten, die mir vertraut sind und mit denen ich aufwuchs. Es ist dies anerzogenes und geprägtes Verhalten, was mit dem Sozialverhalten meiner Umgebung zusammenhing. 

Von anderen hörte ich Geschichten von Konkurrenz, Missbrauch wie Missachtung in der eigenen Familie, dabei einmal dahingestellt, inwieweit das Gefühl nicht genug Beachtung zu bekommen, schon Quelle eines pathologischen Sozialverhaltens war, was immer nur Unzufriedenheit erzeugen kann, also eher einen kranken Zustand ausdrückt, als einen Mangel zu beschreiben. Jedoch tritt dies so häufig in Zeiten von Instagram und der Kunst der unbescheidenen Selbstinszenierung auf, dass sich fragt inwieweit frühere Krankheit durch neue Normalität in der Identität ersetzt wurde, eine solche Unterscheidung noch angemessen wäre.

Ob nun die bemängelten oder beklagten Familienumstände, im Gegensatz zu dem, was ich erlebte, eher der schlechten menschlichen Natur entsprechen oder was meine Familie miteinander meistens lebte, natürlich war oder ist, weiß ich nicht zu sagen. Sicher ist nur, dass viel von dem, was mir wichtig ist in der Familie, auch Produkt unserer familiären Kultur war.

Christina von Braun, die über diesen Doppelcharakter in ihren Blutsbanden für die Familie nachdenkt, bringt dafür das wunderbare Beispiel von Kants Traktat zum ewigen Frieden, wo uns der kluge Königsberger genau dies an einem der viel diskutierten Themen der Aufklärung musterhaft vorführt.

Der ewige Frieden ist nach Kant kein natürlicher Zustand, sondern einer, um den sich bemüht werden muss, der die Einhaltung Vernunft geleiteter Maximen braucht, um zu bestehen, also eine gewachsene Kultur, die sich entwickelt und im gemeinsamen Interesse die egoistischen nationalen Antriebe zurückstellt und daraus eine Völkerrecht entwickelt, was sich dem höheren Ziel der friedlichen, republikanischen Koexistenz unterordnet. Darin zeigt sich ein Mißtrauen gegenüber der kriegerischen menschlichen Natur, die durch Verträge und Vereinbarungen wie geschäftliche Interessen am besten gezähmt werden kann.

Wir können diese Realität derzeit gut in der Welt beobachten. Während sich ein, von den eigenen kolonialen Verbrechen teilweise geläutertes Europa, sich um friedliche, durch Verträge geregelte Koexistenz bemüht, sehen wir von den Irrwegen mancher Regierungen in den Staaten des ehemaligen Ostblocks wie Polen und Ungarn einmal ab, die ihre Identität durch reaktionären nationalen Trotz behaupten wollen und hoffen damit Mehrheiten dauerhaft erringen zu können, dass sie die Prinzipien der Demokratie aushebeln, sich wie immer in der Geschichte ien wenig schwierig zeigen, haben die ehemaligen Supermächte Russland und die USA sich derzeit von vertraglichen Lösungen und den Prinzipien der Vernunft auf internationaler weitgehend verabschiedet. Was zum einen an der Natur der dort gewählten Führer Putin und Trump liegt, zum anderen an einem Wiedererstarken des Glaubens gerade in ländlichen Regionen, der den republikanisch vernünftigen Prinzipien zuwiderläuft, die Kant zum ewigen Frieden als nötig voraussetzt.

Sicher gibt es auch noch die kleinen Diktatoren wie in Nordkorea und auch die Situation in China ist noch fern von den Prinzipien der Aufklärung, wo immer noch die Erben einer totalitären Partei regieren, die andere Länder besetzten und sich nur so lange um Verträge kümmern, wie diese ihnen nutzen und die Prinzipien des Ewigen Friedens in vieler Hinsicht egoistisch nationalistisch ignorieren, doch lassen sich mit diesen zumindest zuverlässig Geschäfte machen, wovon bei einem Trump nicht ausgegangen werden kann, der in seiner Unbildung unberechenbar ist, was über Putin niemand sagen würde, auch wenn er sicher kein lupenreiner Demokrat ist, wie persönlich interessierte Stellen einst äußerten.

Doch soll dieser kleine Ausflug eigentlich nur verdeutlichen, wie aktuell Kants Denken bis in die Gegenwart ist, wie seine Prinzipien, die der alte Feldmarschall Moltke, der große Schweiger, der gewiss auch ein kluger Mann war, berufsbedingt zu widerlegen trachtete, weil alles andere seine Lebensleistung relativ überflüssig gemacht hätte, insofern die Eroberungskriege unter Bismarck, die Moltke militärisch führte, nach Kants Theorie illegale Verbrechen gewesen wären, weil sie als Angriffskriege zumindest teilweise auf die Eroberung von Territorium zielten und die Macht des Nachbarn beschneiden wollte, nicht dem ewigen Frieden dienten, sondern vielmehr einer der Auslöser des grausamen 1. Weltkrieges wohl waren.

Den Helden von Königgrätz als Kriegsverbrecher zu sehen, wäre so einseitig wie das Urteil der Alliierten nach dem 2. Weltkrieg über Preußen, das sie als Hort des Militarismus schlicht auflösten, ohne auf die positive kulturelle Prägung dabei zu achten, die eben in Ostpreußens Königsberg den Vordenker des ewigen Friedens, der Freiheit und der egalitären Republik hervorbrachte, eine Kultur der Toleranz wachsen ließ, die Hugenotten anlockte, einem Moses Mendelssohn, den Aufstieg ermöglichte, eine Kultur der Bescheidenheit prägte, von der viele bis heute lernen könnten, was besonders beim Blick in die USA auffällt, aus der auch ein Widerstand gegen die Diktatur des Österreichers wuchs.

Kant erkannte die Notwendigkeit der Zähmung der menschlichen Natur und ihrer Neigung zu Kampf und Krieg durch die bürgerliche Gesellschaft und ihre Gesetze. Ob das Recht dabei der absolute Faktor ist, als den viele ihn heute sehen und wie mancher Kant liest, würde ich an dieser Stelle bezweifeln. Wer den kategorischen Imperativ als höchsten und unwiderlegbar wichtigsten moralischen Grundsatz entwickelte, wird nicht Gesetze über das Gewissen legen wollen, an dem alles zu messen ist und gibt damit allem Recht eine relative Gültigkeit vor dem eigenen Gewissen, auch wenn die Notwendigkeit der Befolgung sich aus dem Kontext erschließen kann, ist Kant kein rechtsgläubiger Positivist, sondern immer noch ein pragmatischer Philosoph der Freiheit, der es den Menschen ermöglichte, sich völlig von der transzendenten Bindung der Moral in irgendeinem Aberglauben zu befreien. 

Genau hier zeigt sich wieder die Doppelnatur guten Handelns, das sich aus einer Kultur entwickelt, die das kriegerische, triebhafte Sein der unkultivierten Naturwesen überwindet, sich damit klar in Gegensatz zu einem Gläubigen wie Rousseau stellt, der von paradiesischen Naturzuständen träumt und damit auch philosophisch ein Opfer des alten Aberglaubens an den Mythos von Adam und Eva wurde, statt Freiheit zu erkennen zum Vorbeter des Terreur wurde.. Andererseits auch im moralischen Maßstab des kategorischen Imperativ an das Gewissen als natürliche Eigenschaft appelliert, was es zu kultivieren gilt. Über all dem noch das Prinzip der Aufklärung als Befreiung aus selbstverschuldeter Unmündigkeit, weil der Mensch sich durch aktive geistige Handlung befreien kann, um gut und glücklich zu leben.

Der unkultivierte Mensch möge zur Kultur finden, um sich zu befreien, womit die Freiheit kein paradiesischer Naturzustand mehr ist, sondern Produkt einer Kultivierung, die Einsatz und Engagement erfordert. Ob wir die Fähigkeit haben, befreit zu leben und damit die Normen an unserem Gewissen zu messen, moralisch gut zu handeln, liegt an uns und unserer Natur. Es zeigt damit Kant den gleichen Ansatz, den auch der Gilgamesch Epos bei der Initiation zeigt. Dort wird Herikat rasiert, also kultiviert, um wie ein Mensch auszusehen, was auch immer spätere griechische Philosophen darüber denken mochten, könnte eine Frage der Mode sein, die so unerheblich ist, wie vieles dabei und lernt im Anschluss Liebe und Lust bei einer Hure kennen, was den Prozess der sexuellen und emotionalen Kultivierung meint. Der Mensch muss an sich arbeiten, um sich zu befreien. Es ist dies ein ständiger Prozess mit offenem Ausgang, der immer neue Anforderungen an uns stellt.

Der Mensch kann, wenn er nach den Prinzipien des KI lebt und seinem Gewissen folgt, auf alle Normen und Gesetze verzichten. Wenn wir so handeln, dass unser Handeln zugleich Gesetz für jedermann sein kann, können wir von allen staatlichen Normen befreit und aufgeklärt leben. Ob dies der unserer kultivierten Natur am ehesten entsprechende Zustand ist, wäre die eine Frage, wie wir dorthin gelangen können die andere.

Für die Familie gilt ein gleiches. Sie ist ein Stück unserer Kultur, lebt von ihren Sitten und Gebräuchen und ist ihrem Wesen nach, als Bündnis der Verwandten, auch Teil unserer Natur. Wie unglücklich Menschen ohne Familie sind und was sie sich anstatt einbilden, wäre ein anderes Thema über das ich ohne eigene Erfahrung des Mangels vermutlich nicht urteilen kann. Was ich davon bisher im Leben bei anderen beobachten konnte, war nicht eben vielversprechend und widerlegt die These von der Bedeutung nicht wirklich.

Zwischen Natur und Kultur balancieren wir durch das Leben. Kann nur so kultiviert werden, wie es meiner Natur entspricht. Wer darüber hinaus etwas erreichen will, muss an sich arbeiten und seine Grenzen überwinden. Menschen sind nicht sondern werden immer weiter, sind keine Geschöpfe eines erdachten Schöpfers sondern Kinder der Natur, über die sie nur geistig hinaus wachsen können, wo wir es wagen, diese Verantwortung wahrzunehmen. Dazu gehört wohl auch Mut, darum bleibt der Wahlspruch der Aufklärung bis in die Gegenwart: sapere aude! Habe Mut! (dich deines Verstandes zu bedienen, woraus der Rest logisch folgt).

jens tuengerthal 2.9.20

Liebeswirren

Liebe ist ein klares Gefühl
Was gerne völlig verwirrt
Wir wollen uns sicher sein
Auf Basis unberechenbarer
Emotionen die noch dazu
Gerne nach Laune schwanken
Die Ausgangskonstellation
Des sich verliebens trägt
Nicht wirklich zur Aufklärung
Wie Herrschaft der Vernunft
Irgendetwas bei im Gegenteil
Dennoch wollen wir uns gerne
In Sicherheit wiegen was die
Planung unseres Lebens
Wozu Ehe und Familie einst
Als Institut erfunden wurden
Doch Sicherheit geben auch
Versprechen ewiger Liebe nie
Die schneller wieder verschwinden
Als Mensch sich vorstellen kann
Was immer nun ewig sein soll
Im begrenzten Menschenleben
Und so schwanken wir weiter
Ohne zu wissen wohin was
Wohl Leben eben ist das
Nicht immer gut endet
Auch wenn zumindest das
Es irgendwann halt endet
Wir mit Gewissheit wissen
Wie Fontane einst dichtete
Der es das Beste nannte
Was uns das Leben sendet
Auch in der Liebe ein Trost
Nur wie glücklich wir sind
Mit dem was übrig bleibt
Können wir entscheiden
Was bei aller Verwirrung
Doch eine gute Aussicht ist
Ganz vernünftig betrachtet

jens tuengerthal 1.9.20

Montag, 31. August 2020

Vaterbildwandel

Gibt es noch ein Vaterbild oder viele?

Das Vaterbild, mit dem ich noch in den siebzigern aufwuchs, hat sich völlig gewandelt. Während es in meiner Kindheit noch normal war, dass der Vater berufstätig war und die Mutter den Haushalt führte, sich meist um die Kinder kümmerte, die Väter diese Aufgabe wenn überhaupt am Abend oder am Wochenende übernahmen, auch wenn die Ausnahmen schon in meiner Kindheit begannen, wurden sie doch noch bestaunt, ist das heute ganz anders geworden.

Erinnere mich etwa, dass die Mutter meines damals besten Freundes, sich von ihrem Mann, auch einem Arzt, trennte, weil sie Medizin studieren wollte und ihm das nicht gefiel, was sicherlich eine verkürzte Wiedergabe ist, aber so ähnlich wurde es uns damals kommuniziert. Sie zog dann in eine WG, finanzierte sich ihr Studium selbst und in der Villa mit vielen Leuten, kam es mir immer etwas chaotisch vor. Es war ein ganz anderes Modell als das, was ich gewohnt war aber ihre Kinder sind alle sehr erfolgreich geworden nach gesellschaftlichen Maßstäben, was ich von mir nicht unbedingt behaupten kann aber das ist ein sehr weites Feld.

Bei mir war der Vater von morgens bis abends in der Klinik und arbeitete nach dem Dienst noch wissenschaftlich, um in seiner Karriere vorwärts zu kommen, irgendwann die Professur und den begehrten Chefarztposten zu bekommen. Unsere Mutter kümmerte sich um Haushalt, Kinder und alles übrige, hielt ihrem Mann den Rücken frei. Nebenbei organisierte sie irgendwann noch Frauengruppen, es waren eben die siebziger, engagierte sich immer sozial und bildete sich, soweit Zeit neben drei kleinen Kindern blieb, noch weiter.

Am Wochenende fuhr ich häufiger mit meinem Vater in den Wald zu langen Wanderungen, zum Hüttenbau oder um Fossilien zu suchen. Er übernahm allen schweren Aufgaben und war sich für nichts zu schade, schleppte bei Umzügen sogar mal die Waschmaschine alleine, worauf er mächtig stolz war und was zur Familiensaga wurde. Später kümmerte er sich um den Garten, auch dies mir geradezu Herkules-Kräften, die Bewunderung abrangen, mir aber auch irgendwie fremd waren. Warum jemand nach Stunden in der Klinik noch am Wochenende wie ein Berserker im Garten rackerte, hat sich mir nie erschlossen, wie mir die Freude an der Gartenarbeit immer eher fremd blieb, was daran gelegen haben könnte, dass ich ab meinem 11. Lebensjahr auch immer wieder mal im Garten helfen musste, bis mich genug Allergien davon irgendwann verschonten. 

Doch war das Bild klar, der Vater war der starke Mann, der alles konnte und diese Rolle auch mit Leidenschaft ausfüllte. Lange habe ich danach gestrebt auch so zu wirken, bis mir klar wurde, dass mich das nicht erfüllte und meine Begabung eher auf anderem Gebiet lag. Natürlich habe ich, wie mein Vater in seiner Jugend, einsame Wanderungen mit minimaler Ausrüstung auch im Winter gemacht, um mich zu beweisen und es meiner Familie zu zeigen. Das war ganz nett und nicht schlecht, es mal erlebt zu haben, genau wie meine kurze Pfadfinderzeit, die ich später als einsamer Waldläufer fortsetzte, doch fand ich es immer schon wesentlich reizvoller im Sessel beim Tee ein gutes Buch zu lesen, schöne Bilder anzuschauen oder mich an schönen Frauen in einem Café zu erfreuen, als in der wilden Natur zu leben, das tat ich nur, weil es ja von mir als Mann erwartet wurde.

Auch als ich Vater wurde, ging ich noch mit meiner Tochter und ihrer Mutter campen und hielt den erfahrenen Abenteurer hoch, der ich irgendwie war und als der ich vor meiner Tochter glänzen wollte, war aber andererseits in dieser Rolle eigentlich falsch. Glücklich war ich über die vielen Stunden, die ich ihr vorlas oder Geschichten erzählte. Es dauerte noch einige Jahre, bis ich mir eingestehen konnte, dass ich all dies Abenteurertum völlig albern fand und mich viel lieber geistigen Dinge widmete, am glücklichsten in meiner kleinen, langsam wachsenden Bibliothek war und nicht viel mehr brauchte.

Warum Menschen freiwillig in schaukelnde Segelboote steigen, wenn sie nicht müssen, wilde Fahrradtouren unternehmen, die ich natürlich auch einst gemacht habe, um dem Vorbild der Väter und Onkel zu genügen, wozu ich sogar meinen schwulen besten Freund noch nötigte, weil es angeblich so toll wäre, im Wald zu leben - wobei diese Tour zumindest kulinarisch sicher die beste aller Waldfahrten wurde, weil dieser eben auch ein begnadeter Koch und Genießer war, während ich noch die rauh männliche Fahrtenküche vertrat, wie sie dem alten Vorbild der Abenteurer entsprach, mit dem ich groß wurde, obwohl mein Vater durchaus exquisit zu kochen verstand, was mir in Jugendzeiten noch unmännlich vorkam.

Von all diesem Unsinn habe ich mich glücklicherweise befreit. Koche wenn nötig gerne und nicht ganz schlecht. Muss nicht auf irgendwelche kältesten Berge klettern oder abenteuerliche Touren mehr erleben, nicht weil ich selbst genug machte, sondern weil ich mir eingestand, was mir wichtig ist und was ich für verzichtbar halte, warum ich nicht unmännlich sein muss, wenn ich ein Stubenhocker, Leser und Dichter bin, sondern einfach ein anderes Bild vom Mann lebe, als es in meiner Kindheit anerkannt war.

Der Prozess der Wandlung verbunden mit Erkenntnis begann bei mir als ich Vater und Hausmann wurde, die gewohnt mütterliche Rolle in vielem übernehmen musste. Dies führte bei mir zunächst zu Abwehrreflexen etwa gegen das Putzen, was ich nur, wenn absolut notwendig mit großem Widerwillen durchführte, wenn auch wesentlich exzessiver als ich es je getan hätte, um den Anforderungen meiner Partnerin zu genügen, die eher jungfräulich streng waren. Fühlte mich beim Putzen schlecht und als Mann erniedrigt, was natürlich völlig albern ist, ich aber bis heute noch nicht völlig überwinden konnte, warum ich diese Tätigkeit nach Möglichkeit vermeide und lieber den vielen Bücherstaub großzügig übersehe.

Dies obwohl ich es gerne ordentlich und schön habe aber die gesellschaftliche Prägung war anscheinend stärker als Vernunft und das Bedürfnis, es schön und ordentlich zu haben. Um so mehr genoss ich es, wenn ich mit Frauen zusammen war, die dies gerne und mit Liebe taten. Konnte das auch voller Liebe bewundern und mich dankbar zeigen aber ich fühlte mich dennoch schlecht dabei.

Über die Rolle als Vater und Hausmann auf dem Spielplatz habe ich schon berichtet. Es war anfangs seltsam aber ich gewöhnte mich mit der Zeit daran und da ich die Gesellschaft von Frauen schon immer gerne mochte, wusste ich es auch zu genießen, wenn auch mit einem leicht schlechten Gewissen, weil es doch meine Aufgabe als Mann gewesen wäre, für den Unterhalt der Familie zu sorgen, was meine Partnerin aber besser konnte.

Es prallen momentan immer noch das traditionelle und das neue Vaterbild zusammen und versuchen nebeneinander zu existieren. Unter der Regierung Merkel hat sich sehr viel gewandelt im Selbstverständnis und es ist inzwischen auch in konservativen Familien normal Elternzeit als Mann zu nehmen, wie schon an anderer Stelle erzählt oder Hausmann zu werden, wie es mein Schwager für sich entschieden hat und womit beide wohl sehr gut leben. Auf der anderen Seite stehen reaktionäre Kräfte, die sich im Umfeld der AfD und in sehr konservativen Kreisen der CDU und CSU noch finden, die teilweise versuchen, das tradierte Bild, wieder hochzuhalten und alle Probleme der Gesellschaft auf die veränderten Rollen zurückzuführen.

Die Konflikte zwischen diesen verschiedenen Bildern vom Vater und seiner Rolle in der Familie haben teilweise ein durchaus aggressives Potenzial. Hier stehen sich konservative Migranten und deutsche Reaktionäre in vielem näher als sie ahnen. Dies gilt auch in deren Abneigung gegen andere etwa homosexuelle Lebensformen und sonstige Formen der Sexualität, die nicht dem gewohnten Durchschnitt entsprechen.

Doch hat sich das Bewusstsein in der Mehrheit der Bevölkerung hier wohl deutlich gewandelt. Nach jüngsten Umfragen im Rahmen der Gesetzesänderung befürworten über 85% der Deutschen die homosexuelle Ehe und deren Gleichberechtigung auch bei Adoption und künstlicher Befruchtung. Es ist wohl nur eine sehr kleine, leider laute Minderheit, die sich noch dagegen äußert.

Wie das Beispiel Russland und USA zeigen, ist es jedoch möglich, dass solche Randgruppen, wenn sie genug Lärm machen, eine Mehrheit erlangen können. Diese Menschen suchen die Konfrontation und Provokation wie das Beispiel Trump zeigt und wie auch der Umgang mit Homosexuellen in Russland immer wieder vorführt. Auch darum ist es wichtig, darüber offen zu reden und sich diesen abwegigen Positionen laut entgegenzustellen. Das Bild vom Vater hat sich seit meiner Kindheit gewandelt und gibt mehr Menschen die Chance, ihrer Art entsprechend zu leben und glücklich zu werden.

Fühle mich viel wohler damit, nicht mehr den Abenteurer zu spielen, nach dem Vorbild meines Vaters und meines Patenonkels, dem ich schon abwegigerweise in meinem Studienwunsch gefolgt bin. Aber ich habe über vierzig Jahre gebraucht, um mich aus der alten Rolle zu befreien und meinen Weg zu finden, auch weil von Männern ja erwartet wird, dass sie entschieden sind, tun, was nötig ist und ihrer Rolle entsprechen. Das bin ich weder noch und es ist gerade als Künstler ein lebenslanger Weg und ein ewiges Ringen, was es nicht einfacher macht aber zumindest wurde mir so zumindest irgendwann die Richtung klar und ich kann auch als Vater der Mann sein, der ich bin, was viele absurde Wege entbehrlich macht, die vorher schon gegangen wurden. Nur wo ich mich auf das konzentriere, was ich kann, werde ich in dem, was ich tue, gut sein und alles andere wird müßig. Wo ich das lebe, kann ich auch als Vater meinen Talenten entsprechend präsent sein und wirken, statt überall glänzen und der größte sein zu wollen, wie ich es noch von meinem Vater in Erinnerung hatte, was ihn vermutlich viel Kraft für seine sanften Seiten gekostet hat, von der Dichtung bis zur Malerei.

Denke, es ist gut, alte Bilder über Bord zu werfen und zu leben, was einem liegt. Klar weiß ich, wie ich im Wald ein Feuer machen und darauf kochen kann - aber ich muss es nicht mehr tun, um es mir oder anderen zu beweisen. Anzuerkennen, dass wir in einer Kultur und Zivilisation leben und es ein Verdienst sein kann, sich mit geistigen Dingen und Fragen mehr zu beschäftigen, als wie ein Steinzeitmensch in der Natur überleben zu spielen, war für mich ein wichtiger Schritt, um meine Rolle zu finden, mit der ich natürlich auch mal hadere und ringe, was mir ziemlich menschlich erscheint. Die verbleibende Zeit zu nutzen, das zu leben, was mir liegt und was ich kann, scheint mir auch für meine Rolle als Vater das wichtigste, weil wir nur das weitergeben können und in dem gut sind, was uns entspricht und wenn ich als Literat und Dichter in Erinnerung meiner Tochter bleibe, wäre mir das wichtiger als ein Abenteurer, Jäger oder Bauer zu sein.

Vielleicht könnten wir viele der gerade gesellschaftlichen Konflikte durch die lauten Randgruppen besser befrieden, wenn sich jeder mehr um das kümmerte, was ihm liegt und Freude macht, denn was wir mit Liebe tun, machen wir gut und damit tun wir uns und anderen besser aber das ist natürlich nur meine persönliche Ansicht, der nach einigen vorigen Versuchen als Abenteurer und Waldläufer festgestellt hat, wie glücklich ich mit Büchern und Geschichten bin und das ich am besten in dem bin, was mich glücklich macht und ich nicht mehr wie ein Ritter Turniere fechten muss, sondern mich auf die Rolle als Minnesänger bescheiden kann, die mir mehr liegt. Auch als solcher ein guter Vater sein zu können und weg von Erwartungen zu kommen, könnte das beste Vaterbild bringen.

jens tuengerthal 31.8.20

Unsterblichkeit

Ist die Unsterblichkeit jemals
Erstrebenswert oder eher nie
Weil sie das Leiden unendlich
Auch verlängerte mit dem wir
Menschen meist kämpfen müssen
Fragen sich ein Physiker wie
Ein Metaphysiker im Dialog
In Giacomo Leopardis großem
Werk den Opuscula Moralia
Die ich heute mal wieder las
Während der Physiker ganz
Aufgeklärter Humanist hierbei
Sich dafür einsetzt widerspricht
Ihm der Metaphysiker entschieden
Leben sei nur der Verlängerung
Wenn überhaupt wert wenn es
Als solches schön sei was aber
Doch seltene Ausnahme sei
Warum es besser sei dieses
Auch frei beenden zu können
Weil wertvoll nur das Schöne
Nicht das Leben an sich sei
Fragte mich wer recht hatte
Wie sehr hoffen wir verliebt
Doch noch auf Unsterblichkeit
Zumindest dieser einen Liebe
Wo Reste von Vernunft blieben
Sagen wir dann bis zum Tod
Der auch gesetzlich als Scheidung
Gilt wie es in der Trauformel hieß
Was heute pragmatisch ersetzt
Um die Liebe damit viel weniger
Lebensgefährlich sein zu lassen
Welch normative Illusion wohl
Doch frage ich mich etwa an den
Fliegenden Holländer denkend
Der erst durch unschuldige Liebe
Von seiner Unsterblichkeit erlöst
Wird und seine Reise beendet
Was an Unsterblichkeit jemals
Erstrebenswert sein könnte oder
Ob es die Sucht der Raser ist
Die stets durchs Leben eilen
Ohne je innezuhalten womit
Diesen die so viel noch wollen
Das Grenzenlose erstrebenswert
Wohl scheinen könnte und wie fern
Ein solches Leben unserer Natur ist
Die beschränkte Zeit uns gibt um
Was ist begrenzt genießen zu können
Während alles Unendliche ewig unfrei
Machte vor allem uns die Freiheit nähme
Unser Leben zu beenden was doch
Größter Ausdruck der Willensfreiheit ist
Wie schon Lukrez und Epikur lehrten
Weil sich für das Nichts entscheiden
Können alles Leid auch relativiert
Da doch ein Ausweg bleibt während
Unsterblichkeit oder ewige Jugend
Ein verflucht grenzenloses Sein
Nur schenkte was zwar der Mode
Der Welttouristen wohl entspräche
Die meinen Dinge sehen zu müssen
Wie überflüssige Bücher sie lehren
Aber dem kritischen Geist nur zeigt
Wie schädlich dieser Wahn nicht nur
Für unsere Umwelt sicher ist sondern
Uns vom Kern des Seins entfernt
Was nach seiner Natur beschränkt ist
So mag für geistlose Wesen wohl die
Ständige Bewegung ein Ersatz sein
Der die innere Leere kompensiert
Doch genießt bewusster wer sich
Der Grenzen allen Seins bewusst ist
Sie nicht zu verschieben trachtet
Sondern lieber mit dem lebt was ist
Auch wenn viele Menschen bis heute
Sich Unsterblichkeit für ihre Seele
Träumen was immer diese sein soll
Leugne sie lieber um frei zu sein
Ändert der Aberglaube nichts an der
Natur die natürlich vergänglich ist
Macht alles was wir darüber hinaus
Uns erfinden immer unfrei weil es
Jenseits dessen liegt was wir noch
Entscheiden oder bestimmen können
Warum der freie Mensch logisch die
Unsterblichkeit flieht um lieber das
Was ist als solches zu genießen
Was nur begrenzt schön sein kann
Wie alles Unendliche ein zuviel wäre
Vollkommene Schönheit nicht mehr
Schön sondern zu perfekt wäre um
Menschlich noch schön zu sein
Die kleinen Fehler liebenswert machen
Wie operierte Schönheit immer hässlicher
Als was Natur uns als solche mitgab
Das Gleichgewicht dadurch zerstört
Aber vermutlich werden immer viele
Von vollkommener Schönheit träumen
Nasen Brüste Glieder korrigieren um
Am Markt der Liebe erfolgreich zu sein
Die Spuren des Alters wegspritzen um
Den Traum von Unsterblichkeit in der
Jugendlichen Schönheit zu leben sich
Für den Anschein gerne vergiften weil
Das verfluchte Bild der Unsterblichkeit
In vielen Köpfen noch mit der Liebe
Auf die wir alle irgendwie hoffen
So tief verbunden ist auch wenn wir
Wären wir ehrlich nie um der Schale
Wegen geliebt werden wollen scheint
Die Hoffnung darauf doch unsterblich
Wie so viele menschliche Fehler die
Es gut machen dass wir es nicht sind
Sondern der Kampf ein Ende hat
Besser wir genössen bis dahin mehr
Was ist statt unsterblich sein zu wollen
Es wäre nur ein endloser Fluch

jens tuengerthal 31.8.20

Sonntag, 30. August 2020

Sozialverwandt

Verändert sich Familie durch soziale Verwandtschaft?

Es gibt verschiedene Formen der sozialen Verwandtschaft, die in parallel gelebt werden und sich teilweise sogar überschneiden. Vor einigen Jahren wurden endlich die Partnerschaften homosexueller Paare der Ehe gleichgestellt, auch beim Adoptionsrecht, was eine neue Form der sozialen Familie eingeführt hat. Länger bekannt sind schon die Patchworkfamilien, wo sich Kinder aus vorigen Partnerschaften oder auf egal welche Art gezeugte Nachkommen mit teils eigenen neuen wie denen des neuen Partners zusammenfinden.

In diesem Bereich gibt es auch viele Adoptionen, also Annahmen fremder Kinder als eigener, um in der neuen Familie eine Gemeinschaft zu bilden, den Kindern das Gefühl von Gleichberechtigung zu geben. Dazu kommen nun die Kinder homosexueller Partner, die entweder durch künstliche Befruchtung, Adoption oder aus vorigen herterosexuellen Beziehungen kommen. Kinder sind damit nicht immer natürliche Nachkommen ihrer Eltern.

So ganz neu ist diese Entwicklung nicht. Bei den Römern wurde sie schon lange akzeptiert und war gängige Praxis. So sind einige Kinder aus dem Geschlecht der Julianer etwa, die Kaiser wurden, angenommene, galten aber wie eigene, konnten sogar beim Erbe der Kaiserkrone bevorzugt werden, um den besten Nachfolger zu finden, dahingestellt, ob das dabei immer gelungen ist.

Einige Untersuchungen haben festgestellt, dass die Zahl der Missbrauchsfälle in Patchwork Familien, etwa in den USA, wo die Studie durchgeführt wurde, deutlich erhöht war. Ob das an einer geringeren Hemmschwelle gegenüber den angenommenen Kindern liegt oder das Sozialverhalten in solchen Familien ein anderes ist, weil die Offenheit für andere Lebensformen größer ist, konnte dabei nicht nachgewiesen werden. Zumindest scheint es in dieser Konstellation für Kinder ein höheres Risiko sexuellen Missbrauchs zu geben. Möglich ist auch, dass sich Täter mit einer solchen Neigung bewusst Frauen mit Kindern aussuchen und das für ihre Zwecke ausnutzen, womit noch nichts über die Tauglichkeit dieses Modells im übrigen gesagt werden könnte.  Enthalte mich darum jeder Bewertung und gebe nur wieder, wovon ich in Christina von Brauns Blutsbande las, denke aber es sollte im Interesse der Kinder genau beobachtet werden. 

Habe, meines Wissens, nur ein Kind und war mit dessen Mutter über viele Jahre in einer nicht staatlich legalisierten Beziehung bei geteiltem Sorgerecht verbunden. In diesen Fällen, muss der Vater, also auch ich, ausdrücklich seine Vaterschaft erklären und die Mutter wurde in unserem Fall mehrfach und eindringlich gefragt, ob sie wirklich ein geteiltes Sorgerecht wolle, was dagegen im Falle ehelicher Kinder vermutet wird. Hier gilt ein Kind als vom Vater stammend, wenn es in der Zeit des Bestands der Ehe gezeugt wurde, ohne dass es einer weiteren Prüfung oder genauerer Nachweise bedarf. Die Väter ehelicher Kinder werden also durch eine Vermutung gegenüber den nichtehelichen privilegiert, da der Staat ein Interesse am Bestand der Ehe als Ordnungsform der Familie hat.

Dies zeigt sich auch beim Familiennamen, den das gemeinsame Kind trägt und der also auch einen guten Teil seiner Identität ausmacht. In der Ehe gibt es genaue Regelungen, welchen Namen gemeinsame Kinder führen, falls die Partner sich nicht schon für einen gemeinsamen Namen entschieden haben. Bei einer nicht staatlich legitimierten Partnerschaft, entscheiden dies die Partner und ich wurde bei der Eintragung meiner Tochter, die auch auf Wunsch meiner damaligen Partnerin hin, meinen Nachnamen tragen sollte, mehrfach gefragt und mich erklären und rechtfertigen wie die ausdrückliche Erklärung meiner Partnerin dazu vorlegen, weil der nichteheliche Vater als zweifelhaft behandelt wird.

Dafür gibt es gute Gründe, um eine Diskriminierung der Mütter zu vermeiden, die lange Zeit eher üblich war. Inwieweit das nun zu einer Diskriminierung der Väter führte, ist eine andere Frage. 

Neue Fragen dazu stellen sich in homosexuellen Partnerschaften oder in Fällen der künstlichen Befruchtung. Wie wäre es etwa, wenn sich ein Paar zusammenfindet, bei dem die Frau ein Kind durch künstliche Befruchtung bekam, der Partner später dazu kam und das Kind wie ein eigenes annimmt, frage ich mich - würde sich der Name des Kindes automatisch ändern, wenn die Eltern heiraten und sich für einen Familiennamen entscheiden würden, dürfte das Kind mitentscheiden?

Was ist bei einem homosexuellen Paar, das in ein einer eingetragenen Partnerschaft lebt und als solche ein Kind adoptiert, aber keinen gemeinsamen Familiennamen führt, wessen Name hätte dabei Priorität?

Das Thema sozialer Verwandtschaft scheint in vieler Hinsicht komplex und wird vermutlich noch Grund für manche spitzfindige juristische Streitigkeiten geben, bei denen auch das Namensrecht eine nicht geringe Rolle spielen dürfte, das inzwischen Doppelnamen eher ausschließt, um Kinder und Ämter zu entlasten aber damit nicht unbedingt zu mehr Gerechtigkeit führte.

Wie ist es mit angenommenen aber nicht adoptierten Kindern, die in einer Familie aufwuchsen aber da nicht adoptiert, keine privilegierten Rechte gegenüber den natürlichen Kindern haben, sondern erbrechtlich sogar klar benachteiligt wären?

Angesichts vieler neuer Formen des Zusammenlebens und der Verbindung, stellt sich mir die Frage, inwieweit es nicht eine klare und einfache Regelung zum Wohle der Kinder bräuchte oder sich der Staat besser mehr zurückhielte und Eltern in Fragen des Namens und ähnlicher Dinge alleine entscheiden ließe.

Die Blutsverwandtschaft kann ich nicht beenden. Wenn sich der Erbe nicht völlig daneben benimmt, ist eine Enterbung meist unzulässig. Bei der sozialen Verwandtschaft kann das anders sein. Ist eine solche Unterscheidung gerecht gegenüber adoptierten oder sonst angenommenen Kindern?

Verhindert die Unterscheidung, die es juristisch gibt, nicht die natürliche Integration und Annahme, weil diese Kinder rechtlich eine andere Stellung haben?

Frage mich, was gerechter oder besser wäre und mehr zur Integration beitragen könnte. Eine völlige Gleichstellung mit den natürlichen Kindern wäre eigentlich das rechtlich gebotene. Unklar ist nur, ob dies nicht zu einer Diskriminierung dieser Kinder führte. Halte die mögliche Diskriminierung der natürlichen Kinder gegenüber den sozialen oder angenommenen aber für verkraftbar und weniger tragisch als eine Fortsetzung der rechtlichen Diskriminierung der angenommenen Kinder.

Doch wandeln wir hier noch auf einen dünnen Grat wechselnder Akzeptanz in der Gesellschaft, der sich erst langsam verändern wird. Die rechtliche Grundlage völliger Gleichberechtigung wäre in dieser Hinsicht ein gutes Zeichen für Familien, die diesen Schritt wagen, um den Bestand der neuen Beziehungen zu schützen. Zuvorderst sollte immer der Schutz der Kinder stehen.

Fraglich nur, ob etwa im hohen Alter angenommene Kinder, die nur die eigenen ausbooten sollen, gerecht sein können und wer dabei mehr Schutz verdient. Kann Erbe oder seine Erwartung überhaupt je schutzwürdig sein?

Es stellen sich in einer komplexen Gesellschaft immer mehr Fragen, je nach Art des Zusammenlebens. Fraglich jedoch erscheint mir, ob es auf diese eine allgemeine Antwort geben kann oder wir statt immer feinerer juristischer Regelungen, die den Streit verhindern sollen, nicht immer mehr Rechtsstreitigkeiten bekommen an denen vor allem Anwälte gut verdienen und das unterstützenswert ist.

Wäre weniger Regelung und mehr Freiheit bei einem klar vorrangigen Schutz der Kinder nicht das wichtigste?

Wenn wir dies aber anerkennen würden, müssten wir fragen, was am wichtigsten für die Kinder ist und wie wir sie vor Zwist nachhaltig schützen können.

Könnte mir vorstellen, dass ein Wahlrecht der Kinder hinsichtlich ihres Namens mit Erreichen der Volljährigkeit die einfachste und beste Lösung wäre, dem Streit aus dem Weg zu gehen. Auch mehr Mitsprache der Kinder könnte manche Konflikte verhindern und vielleicht die Einigkeit in der Familie erhöhen, auch wenn das manchen noch unvorstellbar scheint. Trauen wir den Menschen mehr zu, haben sie auch die Chance, sich besser zu zeigen und die Dinge in ihrem Sinne zu ordnen. Was auch für viele andere Konflikte in der sozialen Familie gilt, die eben vom Miteinander mehr lebt, als vom Gegeneinander und manchen Rosenkrieg verhindern könnte unter dem besonders die Kinder leiden.

Familie könnte so eine soziale Heimat werden, in der wir auch wahlverwandt sein können, wenn wir uns so wohl und gebunden fühlen. Weniger Regelung und mehr Suche nach gemeinsamen Lösungen, könnte ein besserer Weg sein als der Kampf um Recht. Es gibt nicht die eine Antwort auf alle Fälle, sondern es ist in jedem Fall anders, darum sollten wir weniger auf Gesetze als auf moderierte Gespräche setzen, um Konflikte nachhaltig zu lösen.

jens tuengerthal 30.8.20