“Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
Die sich über die Dinge ziehen.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
Aber versuchen will ich ihn”
(Rainer Maria Rilke aus Das Stundenbuch, Erstes Buch, Vom mönchischen Leben)
In die Hände von Lous Andreas-Salomé
Seiner fünfzehn Jahre älteren Geliebten
Legte der junge Rilke seine zarten Verse
Ein Jahr später verließ sie ihn schon wieder
Der einsam verletzte Dichter zog sich nach
Worpswede zurück den Künstlerort bei Bremen
Wo er nach genug unendlichem Leid dann
Seine bald Frau die Bildhauerin Clara Westhoff
Bei Vogelers traf und anstatt lieben lernte
An jenem verzaubert düsteren Ort im Moor
Der noch so manchen inspirierte wie zum
Abschied vom grauen Leben verführte
Damals war der schwermütige Dichter
Gerade fünfundzwanzig geworden
Nur einundfünfzig wurde er noch
Bis ihn die Leukämie wieder von der
Ihm so oft fremden Welt nahm da schon
In einem schweizer Sanatorium lebend
Über welche zwei Jahre zuvor noch
Thomas Mann mit seinem Zauberberg
Kulturgeschichtlich reich zauberte
Ob nun der elegische Rilke seine
Lebensringe dort vollendete oder
Schlicht herausgerissen wurde
Weil der Tod stärker was als dies
Zarte Leben voll verzauberter Bilder
Wer wüsste es mit Gewißheit noch
Zu sagen doch waren seine Verse
Mit denen er in die Moderne aufbrach
Die uns als Zauber noch blieben
Wie fragt er uns einst in einem der
Letzten Sonette an Orpheus die als
Das vollendete Werk seines noch
Nicht alten Alters gelten ob es
Wirklich die Zeit gibt die zerstörende
Wir wirklich so ängstlich Zerbrechliche
Nur sind wie uns das Schicksal wahr
Machen möchte wirklich die Kindheit
In den Wurzeln später still ist fragt der
Den Freuds Schülerin Lous einst noch
Analysierte in der Seelenanmaßung
Die lebenslänglich suchend verwirrte
Groß und schwer waren seine Worte
Bedeutungsschwanger wie schön
Getragen vom Glauben an das Große
Wahre Schöne und der ewigen Suche
Sei es auch nach Göttern die zeitgleich
Einem Stefan Geroge schon so fern
Der zwanghaft klein viel symbolischer
In einem Hauch von Nichts wurde
Was seine Jünger hingebungsvoll
Lange noch anbeteten auch einer wie
Stauffenberg der später für das gute
Deutschland aufstand und starb
Wo greifen wir einen Rilke der einen
Mussolini als Führer verbal bejubelte
Als Kraft der verlorenen Ordnung noch
Ohne vom Faschismus zu ahnen der
Sieben Jahre nach seinem Tod dunkle
Neue Blüten zum Untergang trieb wie
Jene traurigen die Baudelaire besang
Die Celan zur Todesfuge brachten
Adorno fragen ließ ob es noch Lyrik
Nach Auschwitz geben könnte
Kind eines untergegangenen Reiches
Zwischen den Welten zuhause wie
Immer wieder auch getrieben um sich
Wiederzufinden zwischen den Zeilen
Die er so gern mit aller Schwere besang
Wie sie im gebrochenen Blick des Panthers
Sichtbar wurde zeigt er sich treffend mit
Schmerzvoll dialektischer Elegie noch in
Den letzten Strophen der Sonette an Orpheus
Stärker und tiefer wird dieser Zauberer
Nie wieder als in dieser Antithese vorigen
Sonetts was als 24. den letzten Akkord anstimmt
Mit dem dies elegische Gedenken endet:
"Sei in dieser Nacht aus Übermaß
Zauberkraft am Kreuzweg deiner Sinne,
ihrer seltsamen Begegnung Sinn
Und wenn dich das irdische vergaß,
zu der stillen Erde sag: Ich rinne.
Zu den raschen Wassern sprich: Ich bin."
jens tuengerthal 6.8.2019
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