Lektürentagebuch 28.5.25
Heute Nacht noch weiter in der
Hölle der Bibliomanen gelesen
Von Charles Asselineau der im
Bücherwahn seinen Abstieg zum
Untergrund der bücherverrückten
Sammler beschreibt der mit dem
Kauf des ganzen Bestandes eines
Händlers einfach noch weiter geht
Unter dem Titel lascate ogni speranza
Also lasst alle Hoffnung fahren die ihr
Dort eintretet schildert er seinen eigenen
Untergang in den ihn der Dämon treibt
Dies immer wieder nette Spiel mit der
Göttlichen Komödie von Dante der sie
Wohl teilweise auch in Avignon schrieb
Ist eine höfliche Verneigung hier
Nach den Kais geht er mit ihm zum
Bevorzugten Buchbinder und fordert
Diesen auf alle Einkäufe in edlem Leder
Vorsatzpapier und Goldprägung zu binden
Alles schon unbezahlbarer Luxus geht es
Nun zur Auktion auf die er sich schon lange
Vorbereitet hat nur ohne Dämon damals
Nun aber überbieten sie sich ständig
Doch erringt er schließlich gegen den
Dämon mit einem großen Sprung des
Angebots den gewünschten Band für
Vermutlich fast mehr als dieser wert
Das nächste Kapitel beginnt mit einem
Band Restif de la Bretonne der ihn da
Eher gewöhnlich nur mäßig interessiert
Doch erinnert es mich an die beiden
Bände des selbigen Autors die vom
Galiani herausgeben direkt hinter mir
Stehen in deren Monsieur Nicolas der
Geneigte Flaneur nun weiter liest
Monsieur Nicolas belauscht ein Gespräch
Im Park bei dem er unerwartet erfährt der
Vater einer süßen Tochter zu sein was er
Vor ihr lieber verbirgt die es nicht merkt
Am nächsten Tag sucht Nicolas dann
Die belauschte Dame mit ihrer Mutter
Von deren Einverständnis er hörte auf
Gibt sich schüchtern als Vater der
Angenommenen Adoptivtochter voller
Zurückhaltung zu erkennen um keine
Dabei vor den Kopf zu stoßen was die
Damen voller Freude auch bemerken
Restif der in Monsieur Nicolas sein
Leben erzählt lebte von 1734 bis 1806
In Frankreich und erlebte die großen
Veränderungen und Umbrûche dort mit
Als junger Mann nach Paris gekommen
Beeindruckte ihn bald das Schicksal der
Über 30.000 allein in Paris halb illegal
Lebenden Prostituierten und ihr Elend
So setzte er sich etwa für staatliche
Bordelle ein allen ein gutes Leben so
Zu ermöglichen und war wohl auch
Selbst auf diesem Gebiet erfahren
Weiter ging es nun was naheliegend
Besser daneben stehend war mit
Die Nächte von Paris vom gleichen Autor
Wo ich schon seit Jahren im Vorwort
Noch hängen geblieben war was nun
Zu ändern Charles Asselineau guten
Anlass mit seiner Erwähnung gab der
Restif als Autor mit Sicherheit kannte
Dessen teils sehr detailfreudige bis
Ins pornographische tief hinein führenden
Schriften waren immer ein Geheimtipp
Der lächeln ließ noch wohl gewesen
Im Gegensatz zum Marquis der Sade
Dessen Zeitgenosse er war schrieb
Restif wie Casanova auch immer mit
Liebe und Zärtlichkeit über die Frauen
Spannend schon in der Entstehung der
Nächte von Paris ist dass sie in einer
Aufregenden Zeit der Umbrüche zwischen
Den Jahren 1770 und 1793 entstanden
Dies spiegelt sich im Inhalt wieder wo
Restif vom Zuschauer zum Beteiligten wird
Der anfängliche Girondist am Ende zur
Bergpartei kommt und wie er wozu stand
Wie überlebte und erlebte der Autor im
Absolutismus wohin trieb ihn die Revolution
Welchen Wirren folgte er noch engagiert
Wo wendet er sich schließlich doch ab
Es ist dieser alte Franzose eine wirklich
Erfreulich tiefgründige Literatur die einen
Guten Einblick in bedeutende Zeiten gibt
Wie dies gerne noch erotisch dabei würzt
Vom Frankreich des späten 18.
Jahrhundert ging es nach Deutschland
Bei Johann Karl Wezel mit dem
Roman Hermann und Ulrike weiter
Im nun beginnenden dritten Teil kommt
Hermann mit viel zu großen Hoffnungen
In Dresden an aber fährt zuvor noch mit
Der Postkutsche von Meißen aus durch
Traumschöne Landschaften Sachsens
Die real so märchenhaft sind wie die
Traumbilder die Hermann erscheinen
Mit Eleganz und deutscher Steifheit
Nach zwei Franzosen der Epoche
Einen deutschen Autor zu lesen ist
Zugegeben etwas mühsam auch
Wenn er fraglos Witz und Qualität hat
Heute verstand ich erstmals das
Strenge Urteil Goethes über den
Kollegen Wezel als steif schien er
Auch nun neben den Franzosen
Bestimmte literarische Wechsel tun
Der Freude beim Lesen nur bedingt gut
Eines fällt dann neben dem anderen ab
Was keinem wirklich gerecht noch wird
Nach sechs mühsamen Seiten in der
Gelben Postkutsche die sicher voller
Feiner ironischer Anspielungen waren
Hatte ich genug vom deutschen Roman
jens tuengerthal 28.5.25