Montag, 6. Juli 2020

Über die Liebe

Kann ich über die Liebe, die mich schon so lange treibt, wie ich denken kann, philosophisch nachdenken oder schließt sie das schon ihrem Wesen nach aus?

Liebe ist ein Gefühl. Wohl das stärkste, was wir kennen und ihr Gegenteil, der Hass, ist nur ein Spiegelbild ihrer Größe. Doch kann ich ein Gefühl vernünftig fassen und logisch darüber nachdenken oder bin ich dann sowohl als auch nie ganz beim Thema, fragte ich mich am Anfang. Dann las ich in Alain Badious Lob der Liebe, das einen Dialog wiedergibt, den er auf dem Festival von Aix mit Nicolas Truong führte zum Thema Liebe auch in virtuellen Zeiten, die gerne nie endendes Glück versprechen, ein Zitat von Platon, der sagte, wer nicht mit der Liebe anfängt, wird nie wissen, was Philosophie ist.

Auch wenn ich Platons Vorstellungen vom Staat eher abschreckend finde, ist dieses Zitat einer echten Autorität doch beruhigend. Zumindest schließt philosophisches Denken nicht die Beschäftigung mit der Liebe aus. Ob damit aber die Liebe der Logik zugänglich wird, ist eine andere Frage.

Aber auch die Theologie arbeitet korrekt wissenschaftlich obwohl ihre Grundannahme reiner Aberglaube ist, der nur aus Respekt nicht so genannt wird. So schlimm ist es mit der Liebe nicht, auch wenn sie Bereiche tangiert, die im Chaos der Gefühle und ihrer natürlichen Hitze einer kühlen philosophischen Betrachtung fern zu liegen scheinen.

Insofern die Philosophie über das Sein nachdenkt, manche ihm sogar Sinn geben wollen, auch wenn mir das eher zweifelhaft scheint und nach Theologie klingt, weil Leben ist und damit auch ohne jeden Sinn sich selbst genügt, ähnelt sie doch in diesem Punkt der Liebe, die, wie Fried so treffend dichtete, ist, was sie ist.

Ist, was die Liebe ausmacht, mit philosophischen Mitteln und Worten fassbar oder nie ganz, weil das Gefühl eine Blackbox bleibt, in die wir nicht hinein sehen können?

Manche verorten die Liebe im Herz und die Sprache der Liebe tut das mit vielen Metaphern besonders gern. Als Dichter mache ich das auch, um zu beschreiben, wie das Herz schmerzt oder höher schlägt im Glück. Wenn ich die Liebe aber vernünftig betrachte, weiß ich, das Herz zeigt nur Auswirkungen dessen, was im Kopf geschieht, so ist das klopfende Herz das Gegenstück zum erregierten Glied oder zum geschwollenen nervus pudendus, um nicht die überholte Höhlen Terminologie weiter zu missbrauchen.

Doch "passiert" Liebe wirklich im Kopf oder ist was da passiert nicht Auswirkung einer riesigen Summe physischer Vorgänge im ganzen Körper?

Wir sagen, wir können jemanden gut riechen oder eben nicht, dabei spielen wohl auch die Hormone eine Rolle, wie unabhängig auch immer, ist beim verlieben auch die Biochemie wichtig. Bei der Lust ist es der Geschmack auf der vielfältig eingesetzten Zunge, die den Grad der Zuneigung mitbestimmt. Wer mir vollkommen schmeckt nach seiner Natur, scheint mir auch sonst eher völlig passend, was zugegeben relativ selten ist und oft dominiert der Geschmack von Seife oder Lotion alle Natur, was eine natürliche Reaktion aufeinander schwer macht und zusätzlich unterscheidet sich zumindest bei Frau der Geschmack noch deutlich je nach Zeitpunkt im Zyklus. Dabei hängt nach meiner zugegeben geringen Erfahrung die Bereitschaft zur Paarung nicht unbedingt mit dem natürlichen Eisprung zusammen, eher im Gegenteil, was den unabhängigen Charakter des entscheidenden Nervs bestätigen könnte aber hier geht es ja mehr um Liebe als um Sex, der nur eine Ausdrucksform sein kann.

Was die Liebe auslöst, passiert, gefühlt, im ganzen Körper und auch wenn der Großrechner Gehirn alles koordiniert, sind doch spürbar verschiedenste Stellen an der beginnenden Aufregung beteiligt. So viele sogar, dass ich mir nicht zutrauen würde, sie alle zu benennen oder zu erkennen. Es ist ein komplexes Chaos was dort wirkt, von verschiedenen Stellen befeuert, die Glut zarter erster Liebe zum Flächenbrand werden lässt.

Sind wir erstmal entflammt, ist mit Vernunft, nur noch schwer eine Lösung zu finden - vernünftigen Argumenten ist nur die gelöschte Liebe zugänglich. Was das Nachdenken über die Liebe in eine seltsame Position bringt. Es beschäftigt sich mit einem Gegenstand, der, so er vorhanden ist, dem Argument nicht zugänglich sein darf, um sein Wesen zu beweisen, der so sich mit ihm philosophisch beschäftigt werden kann, nur noch tote Erinnerung vorheriger Gefühle ist.

Solange ich liebe, also hoffentlich solange ich lebe, habe ich nur teilweise Zugang zum Thema. Vergangene Liebe betreffend schon aber die ist ja auch eher Geschichte und für das Begreifen des Großen eher irrelevant. Somit schreibe ich in diesem kleinen Essay noch mehr als sonst über etwas, wofür ich vielleicht viel Gefühl aber wovon ich sachlich wenig Ahnung habe, weil ich immer noch liebe und das solange ich lebe auch hoffentlich nicht endet.

Womit ich am Ende die Frage, ob ich über die Liebe philosophisch nachdenken kann sowohl bejahen wie verneinen muss - natürlich kann ich darüber philosophisch nachdenken, aber ein ernstzunehmendes Urteil nach den Prinzipien des kategorischen Imperativs, also eines, was für jedermann an jedem Ort zu jeder Zeit Gültigkeit hätte, kann ich als Beteiligter des Liebeslebens nicht fällen und als echter Epikuräer verzichte ich auch lieber auf diese neutrale Fähigkeit zum Urteil, wenn ich dafür noch lieben darf, weil dieses doch die Lust am Leben um ein vielfaches erhöht, gegenüber des Seins ohne Liebe. Damit gestehe ich mir in Sachen Liebe ein gewisses Maß an unaufgeklärter Unmündigkeit zu, die dafür die Lust am Leben deutlich erhöhen kann, wenn sie auch, dies hier zugegeben, das Gegenteil mindestens genauso bewirken kann, würde ich doch in Summa der Liebe immer wieder diese unvernünftige Freiheit zugestehen, es könnte ja einmal gut gehen.

jens tuengerthal 5.7.20

Sonntag, 5. Juli 2020

Liebeswahrheit

Gibt es die wahre Liebe
Oder ist jede ein Stück nur
Von der großen Wahrheit
Was aber wenn diese wie
Meist nur die Erfindung eines
Lügners ist der Glauben
Verkündet der genau diesen
Auch gegen alle Vernunft
Bräuchte die wahre Liebe
Also Illusion wäre wie die
Vermeintlich große Liebe
Die nur mehr weh tut wenn
Sie endet wie alles irgendwann
Der Natur nach sein Ende findet
Weil nichts ewig hält außer dem
Glauben an die Illusionen wie
Die Liebe sicher eine ist denn
Vernünftig betrachtet bliebe
Vom Traum von Liebe meist
Wenig übrig aber wer ist schon
Verliebt noch vernünftig warum
Alles übrige entbehrlich ist
Sie kommt und geht einfach
Wie es ihr gerade gefällt
Dass die Liebe weiblich ist
Mag grammatischer Zufall sein
Nehme es zur Kenntnis denn
Was weiß ich schon je
Von weiblichen Wesen wie
Von der Liebe im übrigen
Alle Erfahrung lehrt mich
Sie sicherheitshalber künftig
Zu ignorieren was aber so
Unsinnig wäre als wollte ich
Der schlechten Luft wegen
Das Atmen künftig einstellen
Was vermutlich die einzige
Wahrheit zur Liebe ist bis wir
Irgendwann daran ersticken
Weil sie verloren blieb aber
Dann atmen wir nicht mehr
Und es hat sich erledigt
Ist letztlich also egal wie
Die wahre Liebe 

jens tuengerthal 5.7.20

Samstag, 4. Juli 2020

Familiengefühl

Worauf baut die Familie außer der Blutsverwandtschaft und was hält sie zusammen?

Entscheidende Komponente der Verbindung ist das Gefühl füreinander, was eine Familie trägt. Aufbauend auf gemeinsamen Erinnerungen, gehalten lange von Abhängigkeit ist es doch zuerst eine kaum messbare Größe, die teilweise bedeutende auch materielle Verbände zusammenhält, die sich unter dem gleichen Namen finden.

Wie dieses Gefühl entsteht und was es ausmacht, ist schwierig unter einem Begriff zu fassen. Galt früher, dass geschwisterlich verbunden war, wer aus der gleichen Brust getrunken und damit genährt wurde, aus dem gleichen Schoß geboren ward, verdrängte die Bedeutung des Namens und der zugleich Einsatz von Ammen in wohlhabenden Familien dieses natürliche Verbindungsglied, was den Frauen eine klare Priorität bei der Begründung von Familie gegeben hatte. Es wurde durch den gemeinsamen Namen ersetzt, der wiederum patrilinear weitergegeben wurde, da Frauen für gewöhnlich den Namen ihres Gatten annahmen und damit nominell als Teil ihrer Geburtsfamilie aufhörten zu existieren, die dafür mit der Aussteuer ihren Obolus geleistet hatte, der die künftigen Mütter von allen weiteren Ansprüchen lange ausschloss.

Der Bund der Männer, der den Namen weiter trug und die Familie zusammenhielt, brauchte noch einen weiteren Faktor, der die Familie zusammenhielt und das Vertrauen für teilweise großen Kapitaleinsatz rechtfertigte. So wurden Kredite und Geschäfte vielfach in der Familie abgewickelt, zwischen Vätern und Söhnen oder auf der Onkel-Ebene, manchmal auch noch mit der großväterlichen Seite. Solche Kredite brauchten Vertrauen und Sicherheit. 

Wie wurde Vertrauen gesichert oder wurde es aus der Natur der Familie vorausgesetzt?

Zum einen gab es sicher einen gewissen Vertrauensvorschuss in der Familie, doch genügte dieser nicht zur Sicherung von Krediten und wäre ohne eine zusätzliche Bindung von geringer Wirksamkeit gewesen. Ein Kernpunkt des Vertrauens war eine Gefühlsfrage - wem traue ich wirklich, genügt es,  dass jemand mein Bruder oder Sohn ist oder muss diese emotionale Ebene zusätzlich stabilisiert werden?

Hier kamen sehr früh wieder die Frauen ins Spiel, gerade auch in den aufsteigenden bürgerlichen Familien der Renaissance, in denen teilweise erhebliche Kapitalbeträge übertragen wurden, gesichert durch das Vertrauen in die guten Verhältnisse, die eine gute Ehefrau garantierte. Die Frauen standen schon ab der Renaissance, als sich auch mit dem Buchdruck die Fähigkeit des Lesens und Schreibens immer weiter verbreitete, in ständigem brieflichen Kontakt, wussten untereinander über die jeweiligen Verhältnisse bescheid und schufen so eine zusätzliche Basis des Vertrauens, das Investitionen und Kredite zu sichern half, weil so bekannt war, wie es bei dem Betreffenden auch privat lief, ob die Ehe in Ordnung war, er geregelt seiner Arbeit nachging, für Ordnung und Sicherheit stand.

Zwar wissen wir nicht genau, welche Absprachen zwischen Ehegatten diese Korrespondenz begleiteten, um sich möglichst gut darzustellen, den erhofften Kredit zu bekommen oder inwieweit das Vertrauen unter den Frauen das der Ehegatten überstieg, aber es kann als gesichert gelten, dass diese Korrespondenz dazu beitrug das Vertrauen, als Basis von Krediten und Investitionen abzusichern und so wurde die auch emotionale Verbindung der Frauen eine wichtige Basis für die Kreditwürdigkeit einer Familie und der Geschäfte untereinander. Das Netzwerk der Frauen wurde so zu einer neuen Kreditsicherheit, welche stark auch auf emotionalen Komponenten beruhte.

So schufen die Frauen, indem sie sich in die Familie integrierten und das Familiengefühl stärkten, eine Welt von Vertrauen und Sicherheit, die damit zu einem materiellen Gegenwert werden konnte, auch wenn sie an diesem nicht direkt beteiligt wurden, sorgten sie doch für seine Sicherheit. Sie waren damit die Verantwortlichen für das richtige Gefühl in der Familie, ohne dass dieses als Mehrwert angerechnet wurde. 

Sicher waren auch die Männer an diesem Gefühl und dem Vertrauen in die Familie durch ihr Verhalten beteiligt, doch wurde als Gradmesser das weibliche Gefühl aus der Art des Umgangs miteinander gewählt. Spannend wäre nun, zu fragen, ob dies am Mangel männlichen Gefühls oder an dem geringen Vertrauen in dieses lag.

Bis heute sind Frauen häufig für die weichen Themen verantwortlich, während Männer untereinander das Geschäftliche regeln, weil sie sich diesen nüchternen Bereich eher zutrauen. Auch wenn natürlich gesetzliche Gleichberechtigung besteht und in vielen Ehen die Partner als solche entscheiden und sich in allen Fragen abstimmen oder sogar die Frauen aufgrund größerer sachlicher Kompetenz die finanziellen Dinge regeln, wie es bei meinen Eltern ist, wird Männern häufiger weniger emotionale Kompetenz zugetraut, um die weichen Themen gut zu regeln.

Kenne es aus meiner Großfamilie, dass die Männer bei Tischreden oder feierlichen Angelegenheiten zu Ausbrüchen von Rührung mit feuchten Augen neigen, wie ich es selbst schon des öfteren erfahren durfte. Die Frauen sind dabei häufig eher liebevoll amüsiert, während die Männer sogar ob der eigenen Rührung, oder der über die schönen eigenen Worte, ein Element der Eitelkeit kann dabei sicher nie völlig ausgeschlossen werden, ins Stottern geraten.

Wie immer ich dieses Verhalten nun bewerte, als gelegentlich auch Beteiligter fiele ein neutrales Urteil naturbedingt schwer, kann ich zumindest sagen, dass die Männer von starken Gefühlen gerührt sind, auch wenn sich manche Cousine schon am Tränenfluss auch beteiligte, kann ich das von den Ehefrauen der Anwesenden nicht so berichten, die in diesen emotionalen Überfluss eingeheiratet haben, wobei Ausnahmen die Regel nur bestätigen.

Zugleich wird viel wert auf Traditionen und Rituale gelegt, die gemeinsame Essen umrahmen, vom Gebet und anschließendem Händereichen bis zum feierlichen Gesang bestimmter Lieder, die bei den Beteiligten ähnliche Rührung auslösen können, etwa Kein schöner Land oder Der Mai ist gekommen, von Stille Nacht zu Weihnachten ganz zu schweigen. Viele der Ehefrauen waren zumindest teilweise auch Hausfrauen und die Männer halfen nur auch, je nach interner Vereinbarung unterschiedlich, im Haushalt mit. Zwar wurden bestimmte Aufgaben traditionell von den Herren übernommen, wie das Bratenschneiden etwa, aber es galt lange noch eine traditionelle Arbeitsteilung auch beim Hausputz und ähnlichem, dahingestellt, ob dies an der jeweiligen Begabung auf diesem Gebiet lag, was mir zwar möglich aber auch zweifelhaft erscheint, wenn ich sehe, wie es in meiner Generation teilweise völlig umgekehrt wurde.

Ob die starke Neigung zur emotionalen Rührung, die von den Brüdern und ihrem Vater ausging und sich in der nächsten Generation fortsetzte, nun typisch männlich oder weiblich ist, kann ich nicht beurteilen. Sie ist jedenfalls sehr gefühlvoll und ein typischer Teil unserer Familienfeste, die zeigen, wie nah und vertraut wir uns doch immer noch sind, was sich auch bei Hochzeiten immer wieder zeigte aber auch sonst bei jedem geeigneten Zusammentreffen auftreten kann und was ich nicht ausschließlich auf den genossenen Alkohol zurückführen würde.

Zeigt sich in der Art, wie in meiner Familie häufig Männer die Beteiligten zu Tränen rühren können, die immer wieder gern erinnert und zitiert werden, eine besondere emotionale Kompetenz der Männer meiner Familie oder ist sie eher Ausdruck typisch männlicher Eitelkeit, die sich mit dem rührenden Lob der Familie auch selber lobt, was eine für Männer nicht untypische Qualität bis heute ist, die gerne bescheiden tun, um das ihnen gebührende Lob noch stärker zu betonen und damit erfolgreich sind, so sie es mit einer Prise Humor zu würzen wissen. Dies ähnelt der Betrachtung im Spiegel, während Mann gewöhnlich relativ unkritisch einen Adonis vor sich sieht, findet Frau häufiger Mängel an sich und es wäre vermutlich spannend, ob schon in dieser schlichten Neigung zur verzerrten Selbstwahrnehmung, auf welcher Seite auch immer, der Grund liegt, warum eine ganze Industrie von Schminkwaren entstehen konnte, die bis heute stärker von Frauen getragen wird, aber ist nicht Thema dieses Essays, das sich doch primär dem Gefühl in der Familie widmen sollte und dies im Stile Montaignes gerne ganz ungeschminkt tun möchte.

Lasse an dieser Stelle mal offen, ob es primär Eitelkeit sein könnte, zumindest empfand ich es als Beteiligter nie so, sondern war eher aufgewühlt und gerührt von der emotionalen Nähe der Familie, empfand stark für die Familie und möchte den anderen männlichen Verwandten nichts anderes dabei unterstellen. Wie es in anderen Familien ist, kann ich nur bedingt beurteilen, solches wurde mir aber seltener berichtet.

Ob daraus nun eine besonders hohe emotionale Kompetenz der Männer meiner Familie rühren könnte, bin mir der gefährlichen Eitelkeitsfalle wohl bewusst, die in dieser Familie gerne bestückt wird, um hervorzustechen, kann dahinstehen, weil spannender für mich an dieser Stelle ist, dass auch diese gelegentlich zeremonielle Rührung den Männern als Gegensatz zu ihrem sonstigen männlichen Verhalten, dass sie auch gern öffentlich zur Schau tragen, angerechnet wird.

Die Rührung und das starke gezeigte Gefühl gilt als Gegensatz zu dem, was die Männer der Familie sonst ausmachen soll und wird darum besonders beachtet, während die Rührung der Frauen eher als erwartungsgemäß gelten würde, feuchte Augen von den Vätern der Familien nicht erwartet werden, die sich sonst im Kampf des Lebens ohne zuviel Gefühl erfolgreich zeigen sollen, womit ich die Schublade der Konvention bereits voll geöffnet habe.

Bin so groß geworden und kannte zugleich noch die Sprüche der Großeltern, eine Junge kennt keinen Schmerz, bei der Elterngeneration hieß es dann eher ein Indianer, um das militärische darin zu überwinden, was eher mit überwundenen Idealen verbunden wurde. Sollte also hart und männlich sein, um zugleich bei Festen die besondere Rührung als eben besonders zu zelebrieren und dem Kult der Familie damit einen höheren Wert zu geben. Weichheit von Jungen wurde zwar in meiner Generation schon eher toleriert, war aber doch immer etwas anrüchig. Nur die Rührung und die feuchten Augen über die Familie, waren gestattet, sie kannten wir schon vom Großvater, der sie auch bei großen Festen zeigte.

Inwiefern damit in meiner Familie eine besonders hohe emotionale Kompetenz unter Männern vorhanden ist, kann ich nicht beurteilen, bezweifle es eher und denke, dass die beschriebene Rührung damit am Ende eher Bestandteil des besonderen Kultes um die Familie ist, der sogar Männer zu Tränen rühren kann. Das Familiengefühl ist also so groß, dass es als besonderer Gegensatz sogar sonst harte Männer zu Tränen rühren kann und ich denke, dass dieses Element dabei immer auch mitschwingt, auch wenn es in meiner Familie unter den Männern durchaus gelegentlich die Neigung zu emotionale Extremen geben kann, betonen sie diese gerne nur im Rahmen der Familie und werden sonstige Ausraster lieber höflich beschwiegen, der Familie und ihres Zusammenhaltes wegen, was ich mir an dieser Stelle auch zugestehe.

Welcher Seite ich die höhere emotionale Kompetenz heute zutrauen würde, weiß ich nicht genau, da alle auch immer in Gewohnheiten und Mustern reagieren. Die stärkere Neigung zu manchmal emotionalen Ausbrüchen würde ich keiner Seite allein zusprechen, sondern müsste es je nach Anlass im Einzelfall beurteilen. Klar werden Männer auch in meiner Familie, wie im Alltag eher zu weniger emotionalem Verhalten erzogen. Was sie wann mehr zeigen, ist eine Frage des Charakters und der Neigungen. 

Aus eigener Erfahrung auf dem großen Markt der Paarung kann ich nur berichten, dass Frauen, zumindest am Ende oder danach, häufig kühler und besonnener reagierten, außer ich habe das ganze innerlich schon vorher aus sonstigen Gründen beendet gehabt. Überhaupt scheinen mir Frauen bei der Paarung mir mehr Erwartung und Berechnung vorzugehen als Männer oder zumindest als ich, wie es mir schien, legen allerding größten Wert auf die rein emotionale und damit unberechenbaren Gründe ihrer Entscheidung, die ich mit zunehmendem Alter nicht mehr zu verstehen versuchte, weil es keinen mir zugänglichen Schlüssel gab.

Kann zumindest sagen, wenn ich mich in eine Beziehung stürze, tue ich es immer mit ganz viel Gefühl, was mich natürlich angreifbar und verletzlich macht, zu seltsamen Reaktionen auch in mir führen kann, der ich mit Mustern der Erwartung an mein Verhalten groß wurde, andererseits die Gestattung der emotionalen Rührung beim Thema Familie sehr hoch achte und darum, wenn ich Nähe suche und nicht nur Sex, schnell in familiären Kategorien denke, die wiederum empfindsam und verletzlich machen, was zugleich die im Werben erforderliche Männlichkeit ein wenig beschneidet aber nach glaubwürdigen Berichten anderer Männer und im Rückblick auf die bisher gemachten Erfahrungen, kann ich zumindest sagen, ich stehe mit diesem Problem nicht ganz alleine und bin über die Jahre trotz unmännlich emotionaler Neigungen, die auch im Alltag getarnt wurden, nicht immer völlig vereinsamt.

Ob sich daraus ein Schluss für die Rolle des Gefühls in der Familie im allgemeinen schließen lässt, vermag ich nicht zu sagen. Zumindest in meiner Familie spielen starke männliche Gefühle der Rührung eine besondere Rolle für den Zusammenhalt, auch als Gegensatz zur sonst erwarteten Rolle. Der Alltag zeigt mir zwar immer wieder wie Frauen zu Äußerungen der Rührung neigen, wie süß und ähnliches, aber tatsächlich eine relativ nüchternere Betrachtung des Beziehungslebens haben als Männer und auch die Fähigkeit das Hemd oder die Bluse bei bedarf schneller zu wechseln als ich, außer ich wollte den Wechsel zuvor schon und war emotional längst weniger beteiligt, was aber alle Konturen verschwimmen lässt und eine allgemeine Aussage eher unmöglich macht. Gefühl ist wichtig in der Familie, die Basis aller Liebe aber manchmal bei der Entstehung ein sicheres Hindernis in seltsamer Welt, die häufig dabei anderes noch sagt, als sie meint, außer mir hier natürlich, aber, was weiß ich schon als Mann vom Gefühl?

jens tuengerthal 4.7.20

Freitag, 3. Juli 2020

Familienerotik

Wie erotisch ist Familie oder hat Erotik in der Familie nichts verloren?


Während guter Sex überall und immer mehr ein Thema ist, wird der Bereich Familie davon gerne ausgespart. Auch das hat Tradition, wie so vieles in der Familie, und scheint, schon der Kinder wegen, auch sinnvoll. Zusätzlich ist aller Sex zwischen Familienmitgliedern des Inzuchtverbots wegen verpönt, wird unter nahen Verwandten immer noch als Straftat verfolgt, auch wenn diese erwachsen und freien Willens es miteinander tun, was manche Eltern nicht daran hindert, ihre Kinder zu missbrauchen oder zum Missbrauch zu verkaufen, wogegen mit aller Schärfe vorgegangen wird, was auch den meisten Menschen richtig und vernünftig so scheint, mich, der sonst an aller staatlichen Sanktion eher zweifelt, eingeschlossen, auch wenn ich nicht weiß, was Sanktion bringen soll und wen sie befriedigt als das empörte Publikum und damit ein Problem nur verstetigt, statt es zu lösen, aber emotional finde ich das auch gerecht und gut so, wider besseren Wissens.


Doch baut Familie zuerst auf Sex auf, der Zeugung von Nachkommen eben, was schon Generationen vor uns taten und wenn wir fortbestehen wollen, die nach uns wieder tun müssen, frage ich mich, bei der Betrachtung dieser schwierigen Gemengelage, die mit vielen Tabus behaftet ist, so dass es manchen schon bei obiger Wortverbindung gruseln wird, sicher auch bedingt durch den nicht so seltenen Missbrauch in diesem Bereich.


Konnte mir nie vorstellen, Kinder zu missbrauchen und hatte, wenn ich etwa meine Tochter wickelte und ihr kleines Geschlecht sah, eine natürliche Sperre, empfand keinerlei sexuelle Neigung, im Gegenteil, schon der Gedanke kam mir abstrus vor, es regte sich nichts. Als die Mutter meiner Tochter einmal zu mir meinte, so rein ästhetisch betrachtet, sähe das kleine Geschlecht schon schön aus, ohne damit, wie ich mir relativ sicher bin, irgendeine weitere Absicht zu verfolgen, schüttelte es mich schon innerlich. Konnte das Geschlecht meiner Tochter nicht mit Sexualität verbinden, es war für mich nur ein Organ ihres Körpers, das bei mir keinerlei sexuelle Gedanken auslöste.


So gesehen funktionierte ich, dem gesellschaftlichen Tabu entsprechend perfekt. Kinder sind für mich nicht sexuell sondern tabu und entsprechend finde ich die Mode der nackt rasierten Schöße eher abstoßend, faktisch Pädophilie fördernd und fand den Anblick noch nie reizvoll, frage mich eher, warum Frauen sich das antun, um einem Ideal zu gleichen, dem eine erwachsene Frau weder gleichen kann noch soll und nicht lieber ihre natürlichen Reize dementsprechend betont - würde nie etwas gegen gut frisierte Schamhaare sagen, finde nur die vollkommene Nacktheit dort das Gegenteil von erotisch, weil sie etwas verkörpert, was ich nie reizvoll finden möchte.


Das sehe manche anders und viele folgen heute, auch ohne größeres Nachdenken, der aus der amerikanischen Pornobranche wieder herübergeschwappten Mode und fördern damit etwas, was sie kritisch betrachtet, wie die meisten Menschen ablehnen würden. Andererseits, erinnere ich mich sehr gut daran schon als Kind gerne weibliche Schöße betrachtet zu haben und sie, wenn ich es ausnahmsweise mal durfte, bei Doktorspielchen oder ähnlichen Vorformen der Sexualität zu gerne berührt habe - bei gleichaltrigen Mädchen natürlich noch ohne Haare.


Wie so viele andere Menschen und wie literarisch und filmisch so gerne verarbeitet, sammelte ich meine ersten Erfahrungen im Bereich Erforschung und Berührung auch im Bereich der erweiterten Familie, wozu auch Freunde der Familie zählen könnten und was ich an dieser Stelle im Detail lieber offen lasse. Nicht immer stieß mein von Beginn an großes Forscherinteresse, was schon immer so ein angenehmes Prickeln im Genitalbereich bei mir auslöste, auf ganz große Gegenliebe der Beteiligten. Manche reagierten auch verwirrt, sprachen mit ihren Eltern darüber, was dann zu weiteren Gesprächen mit meinen Eltern führte oder hätte führen können. So ganz genau ist die Erinnerung an diese bald ein halbes Jahrhundert zurückliegenden ersten sexuellen Übungen nicht mehr. Zumindest, weiß ich genau, dass allein die Vorstellung, mit meinen Eltern darüber reden zu müssen, mir unendlich peinlich war, mich an allem erträumten eher hinderte, auch wenn mir andererseits der große Forscherdrang das noch unbekannte weibliche Geschlecht betreffend, sehr groß war, mein Wunsch immer schon war, Frauen Lust zu schenken, nicht zu besiegen.


Der Begriff Scham, bei der ich mich frage, ob sie eher anerzogen oder natürlich ist, spielt dabei eine große Rolle. Sexualität war, dessen war ich mir als Kind sicher, etwas irgendwie verbotenes und nur im Verborgenen stattfindendes, darüber musste geschwiegen werden und die Versuche fanden hinter Büschen, irgendwo im Wald oder unter Matratzenhöhlen verborgen statt aber nie öffentlich, was ja peinlich gewesen wäre, was bis ins frühe Teenageralter so weiter ging.


Wie ich meinen ersten wirklichen Sex mit einer deutlich älteren Frau im Alter von zwölf erlebte und genoss, auch wenn es bis zum nächsten mal dann noch einige Jahre dauerte, ist eine andere Geschichte, die nichts mit Familie zu tun hat, darum hier kein Thema ist. Fühlte mich damit als richtiger Mann und fand es großartig, sah mich keinesfalls missbraucht, sondern als privilegiert an, empfand es als eine große Ehre einer Frau so nah kommen zu dürfen. Habe dies Geheimnis lange für mich behalten, wie ich es ihr versprochen hatte, die schon knapp volljährig war.


Dieses Gefühl von Ehre und Glück, von einer Frau in sich oder ganz nah an sich gelassen zu werden, empfinde ich bis heute und ich fühle mich lieber von einer Frau verschlungen denn sie als Eindringling zu besiegen. Sehe Sex nicht als bloße funktionale Ausführung einer natürlichen biologischen Neigung beider Seiten, was es im Idealfall immer sein sollte, sondern als eine Gnade der bewunderten Frauen, der ich mich gern und voller Bewunderung würdig zu erweisen trachte, in dem ich ihrer Lust diene, sie so gut ich irgend kann befriedige, weil es beim Sex, wie bei allem im Leben, immer um geben und nehmen geht, ein ausgeglichenes und gerechtes Verhältnis zu finden, das beiden gut tut und in dem ich gerne weiblicher Lust, für die Gnade sie genießen zu dürfen, diene.


Denke einen Teil dieser Haltung Frauen gegenüber, habe ich durch meine Mutter und meine Großmutter gelernt. Wobei auch die schwärmerische Neigung meines Vaters ein nicht zu verkennendes Vorbild  immer für mich war. So hat meine Mutter mir schon als jungem Jugendlichen erklärt, dass ich, wenn ich mit einer Frau Sex hätte, damit auch Verantwortung übernähme, die ein Leben lang währen könnte, sofern dabei ein Kind entstand. Sex war damit für mich schon sehr früh mit Verantwortung verbunden wie der Absicht eine Familie zu gründen, als Teil einer traditionellen Gemeinschaft zu handeln. Daran hat sich bis heute, trotz nicht nur einem bloß eine Nacht dauernden Sex, im Grundsatz nichts geändert. Wohl fühle ich mich beim Sex, wenn er mit Liebe und der Absicht zusammen zu bleiben, eine Familie zu gründen, verbunden ist, was längst nicht mehr unbedingt meinem Alter und den Bedürfnissen der beteiligten Damen entspricht, viele dennoch irgendwie ganz süß wohl finden, mich allerdings mehr als einmal in große emotionale Verwirrung stürzte, wenn aus der erhofften Liebe und Familie nicht mehr als Sex und Freundschaft mit etwas mehr wurde, eine Liebe zu Ende ging, die ich doch für ein Leben gedacht hatte und deren Ende ich nicht verstand. Dies auch wenn ich längst weiß, bezüglich des Verschwindens und Kommens der Liebe, gibt es nichts zu verstehen - sie ist, was sie ist, kommt und geht, wie sie will und ich es umgekehrt auch von meiner Seite her kannte, sich neu oder umzuorientieren, weil sich Bedürfnisse und Nähe eben manchmal ändern, manches einfach nie passt, so schön es für Momente auch romantisch geblendet schien.


Das zungige und sonstige Eintauchen in das weibliche Geschlecht oder zumindest die nahe gelegenen Öffnungen je nach Geschmack und Natur, erscheint mir immer noch und immer wieder als ein großes Geschenk, für das ich mich gern würdig zeigen möchte und irgendwas in mir will, wenn ich mit einer Frau glücklich Sex hatte, schnell an Familie und mehr denken. Dann möchte ich nur noch die eine und die Möglichkeit der Vielfalt erscheint mir nicht mehr reizvoll, weil ich mich ja als Familie auf Dauer binden möchte. Dahingestellt was davon meine Natur, was anerzogen und was unreflektierter Gehorsam nach erlernten Mustern ist, in denen ich mich aber meiner Natur nach scheinbar wohl fühle.


Fragte mich manchmal, ob diese Neigung auch als nicht völlig unerfahrener Liebhaber noch ein Reflex meiner Erziehung ist oder das Produkt der Erfahrung in einer relativ glücklichen Großfamilie aufgewachsen zu sein, an die ich mich damit anpasste, blieb. Kann es nicht ganz klar unterscheiden und benennen, finde den Zusammenhang aber spannend, insofern Familie ja eher asexuell für mich ist aber dennoch mein Sexualverhalten und meine Neigung dabei deutlich prägt. Warum finde ich, Sex am erfüllendsten, wenn ich glaube, die gerade aktuelle könnte die Frau meines Lebens sein, auch wenn es davon tatsächlich schon mehr als eine gab, frage ich mich und überlege, inwieweit eine solche Prägung zu einem gesunden Sexualverhalten führt oder ob auch beste Technik und genaue Kenntnis der physischen Natur nichts daran ändert, dass ich Sex suche, um Liebe zu finden, die für mich auch mit Familie verbunden ist, was manchen eher fremd erscheint.


Hier könnte nun spannend weiter erörtert werden, ob dieses Verhalten eher typisch männlich oder weiblich ist, weil Frauen sich angeblich ihrer Natur gemäß, die schwanger werden kann und damit nach Bindung sehnt, ist aber hier nur am Rande ein Thema, wo es um die Frage geht, welcher Zusammenhang zwischen Familie und Sexualverhalten besteht, und kann darum dahinstehen wie manches herum.


Früher fand ich es erstrebenswert mit möglichst vielen Frauen zu schlafen, um Erfahrung zu sammeln und die große Vielfalt des Wunders der Natur so sehr wie möglich zu genießen, heute, wo ich es viel leichter könnte, würde ich am liebsten nur noch mit einer schlafen und bei ihr bleiben, wenn das denn auch mit mir so einfach wäre. Ist diese Reduktion der Bedürfnisse der zunehmenden Erfahrung geschuldet, die lehrt, es ähnelt sich irgendwie immer und am Ende kommt es doch entscheidend auf das Gefühl dabei an und wenn das stimmt, ist eigentlich alles gut - mehr gibt es nie, egal mit wie vielen Menschen du Sex hattest oder schlicht Zeichen der altersbedingt zunehmenden Impotenz?


Zeigt sich nun in diesem stärker werdenden Bedürfnis die eine zu haben und bei ihr zu bleiben die wachsende Impotenz, wie das Wissen um die eigenen Grenzen oder ist es schlicht die Rückkehr zu meinen Wurzeln in der Familie, will ich als erwachsener Mann in dem Verband leben, der mich einst als Kind glücklich machte und der für mich immer über allem stand, so fern sich manche dort auch tatsächlich vielleicht längst wurden, überlege ich und habe keine sichere Antwort bisher.


Familienerotik habe ich dieses Essay genannt und habe noch nichts zur Erotik gesagt und was sie auslöst. Familie und was sie ausmacht, ist nichts, was ich je mit Erotik verbinden würde, trotz manch früher Erinnerungen, die ich heute aber eher als kindliche Spielerei betrachte, die keiner weiteren Worte wert sind. Dennoch kann ich sagen, dass der Sex dann für mich am intensivsten und schönsten war, wenn ihn der Wunsch trug, eine Familie zu werden - mussten nicht gleich Kinder sein, aber doch getragen von dem Bedürfnis dauerhaft zusammen zu bleiben. Dagegen schien mir der gelegentliche Sex mit Liebhaberinnen, bei denen dies Bedürfnis klar nicht bestand, immer etwa schal und als würde eine entscheidende Zutat fehlen und das auch, wenn dies mit Abstand und in Summa betrachtet, häufig der leidenschaftlichste und heißeste war, die Erscheinung also Unsinn vorgauckelt, was die Frage stellt, warum meine Psyche das tut und will.


Könnte also die höchste Erfüllung weniger im Körperlichen liegen und dem wie auch immer gearteten Formen des Vollzugs der Lust als in der gefühlten Nähe, die in der Familie oder dem Traum von ihr am größten wird. Gerne wird an dieser Stelle traditionell über den Gegensatz von Hure und Ehefrau philosophiert. Spannender fände ich, welche Entsprechung eines Paares es für Männer dabei gäbe, wäre es Casanova und Familienvater oder Zuhälter und Pastor - finde beides relativ unpassend, zumal der große Liebhaber Casanova, darin zumindest mir nicht unähnlich, immer nach der großen Liebe suchte, der einen, bei der er für immer bleiben könnte, damit die ewige Suche ein Ende hätte und dies Bedürfnis verstehe ich mit den Jahren immer besser.


Erfahrung machte mich zu dem, der ich bin, als Liebhaber, als Vater, als Sohn, als Partner - manches davon steht in einem scheinbaren Gegensatz - kannst du in einem nur gut sein, wenn du im  anderen schlecht bist? Schließen sie sich nach ihrer Natur aus?


Frauen wissen die Qualitäten eines Liebhabers zu schätzen, wenn sie genießen können, was leider so wenig Frauen wie Männern wirklich gelingt, nur sind mehr Frauen dabei auchh ehrlich zu sich selber, wenn auch selten gegenüber den Partnern. Ob sie meine Qualität als Familienmensch schätze können, bin ich nicht immer sicher. Als Liebhaber bekam und bekomme ich bisher mehr Lob denn als Familienmensch, was nicht nur quantitative Gründe hat, sondern vielleicht auch die Priorität der Bedürfnisse ausdrückt,


Die meisten Frauen in Partnernetzwerken, zumindest in denen, die ich kenne, schreiben heute von sich, sie wollten keine One night stands, was ONS abgekürzt wird. Auch wenn dieses Bekenntnis eher auf bescheidene Qualitäten als Liebhaberin hindeutet, warum sollte sonst ein vernünftiger Mann nur eine Nacht bleiben wollen, wie ich bei der Lektüre dieses Kürzels immer denke, wollen sich aber selten wirklich binden, weil ja noch etwas besseres kommen könnte oder sie genug schlechte Erfahrung mit Bindung und oft auch dem Versuch von Familie haben, auch wenn nahezu alle etwas anderes vorgaukeln, ist die Zahl der Bombenfunde beim Onlinedating fast höher als in der Nachkriegszeit.


Verständlich, denke ich, geht mir ja ähnlich und dennoch, würde ich mich zu gerne wieder ganz verlieben und alles wagen, auch wenn die Erfahrung lehrt, wie weise und klug es ist, davon lieber die Finger zu lassen, weil Beziehung immer schnell Erwartungen mit sich bringt, die nur dazu da sind, enttäuscht zu werden, es sich alleine doch gut lebt, außer vielleicht an Weihnachten und am Geburtstag.


Wie groß ist der Zusammenhang von der Sehnsucht nach Familie und dem Bedürfnis nach dauerhafter erotischer Erfüllung, auch wenn das dem Wortlaut nach fast wie eine contra dictio klingt?


Hat die familiäre Prägung damit Auswirkungen auf die erotischen Bedürfnisse und was wäre so gesehen für mich die größte Erfüllung.


Bei der Lektüre von Borchardts Weltpuff Berlin, in dem ja bekanntlich auf nahezu jeder Seite irgendwie gevögelt wird, außer er trifft gebildete Frauen von Stand, die sein Herz berühren und in die er nicht nur auf Aufforderung hin seinen Schwanz steckt, auch wenn das natürlich auch dazu gehört und dann als Gipfel der Genüsse beschrieben wird, nach seitenlangem Geplauder über griechische Dichter und ähnliches mehr, fiel mir wieder auf, wie stark die Erotik im geistigen Vorspiel wird, wie sehr mich dies emotional berührt und nicht nur körperlich, wie seine Vögelei mit acht Damen auf einmal im Massage Salon, was immer etwas von gehetzter Massenabfertigung hat, auch wenn er sie noch mit Eleganz genießt.


Geistige Nähe und intellektueller Austausch mit Niveau machen mich also mehr an, als freie Auswahl unter den schönsten der Schönen, was bei meinem familiären Hintergrund nicht weiter verwunderlich ist, da die Familie der Besserwisser, sich zu gerne gegenseitig auf die Schultern klopft für vermeintliche geistige Brillanz. Auch Rudolf Borchardt, dem Ich-Erzähler im Weltpuff geht es ähnlich, gesellschaftliche Nähe, geistige Spiele und Bewunderung über das physische hinaus, reizen ihn mehr als körperliche Perfektion oder wildeste Verfügbarkeit - was wirklich bleibt, ist mehr als geil, dahingestellt ob der besondere Reiz zweier Damen auch daran liegt, dass sie nur beschränkt verfügbar sind, sich längst anderweitig gebunden haben oder vernünftigerweise binden müssen. 


Was breitbeinig vor dir liegt, verliert seinen Reiz schnell, auch ewige perfekt gespielte Potenz am makellosen Körper kann nicht über die Bewunderung für eine Dame hinweghelfen, die verehren zu dürfen schon mehr Ehre als genug ist, denjenigen adelt, der es zu schätzen weiß. Alte Weisheiten, die verkünden, es brauche in einer Beziehung der steten Spannung, um Reiz und Zuneigung wach zu halten - ewigen Sonnenschein wünschen wir uns im Glück alle, doch was bliebe von diesem ohne Ende und Gegensatz, fiele nicht ab und an wilder Regen, lebten wir längst in einer dürren Wüste, was kein wirklich reizvoller Ort noch sein kann für echte Genießer, weil nichts neues dort mehr blüht außer im Schatten der Oasen.


So scheint uns Unerreichbares, reizvoller als Verfügbares, verliert vieles auf die Dauer seinen Reiz, was für eine Konstanz des Wechsels spricht, der auch die Sehnsucht nach endlich Konstanz noch weiter erhöht. Ist die Familie und ihre Verehrung, Ausgeburt der Sehnsucht nach ihr im Mangel einer solchen oder hat das vertraute Umfeld seine eigene Erotik, über die es nie spricht und zu der am Ende auch ich als Familienmensch beredt schweigen werde?


jens tuengerthal 3.7.20


Mitgiften

Ist eine Mitgift schon Gift für die Emanzipation, der erste Schritt zur gekauften Braut oder eine traditionelle Form sozialer Absicherung, die auch in der modernen Familie noch einen Platz haben kann?

Es gab eine Zeit, in der Mitgiften und Kranzgelder oder die Morgengabe als Preis der in der Hochzeitsnacht geschenkten Jungfräulichkeit und ähnliche Gaben mehr üblich waren, die das sexuelle mit dem materiellen, dem eigentlichen Zweck der Ehe, die dauerhafte Absicherung des Vermögens der Beteiligten und deren soziale Sicherung zu gewährleisten. Davon ist die Romantik nur teilweise abgekommen und hielt die Liebesheirat oder die Flucht aus Liebe für die bessere, weil gefühlvollere Art zu leben, ohne zugleich den Beteiligten ein neues Sozialmodell anzubieten, was die traditionelle Ehe, auf der Familie aufgebaut wurde, ersetzen konnte.

Es ging zuerst um Versorgung wie ein Modell, was dies langfristig ermöglicht, also den Bestand der Familie auch emotional sichert und soziale Fürsorge garantieren kann. Dazu dienten auch die Mitgiften, die sich schnell verselbständigten und Ausmaße annahmen, die Väter vieler Töchter in den Konkurs führen konnten.

Nach einer Trennung hatte die Frau Anspruch auf Rückgabe der Mitgift, um ihre Versorgung in der Familie zu gewährleisten, die Kosten für eine eventuelle Wiederverheiratung decken zu können. Inwieweit eine Trennung möglich war, unterschied sich je nach Region und der dort vorherrschenden Religion. In katholischen Gegenden war es eher undenkbar und nur mit einem Dispens in seltenen Ausnahmefällen möglich, warum manche danach strebten, durch den Tod geschieden zu werden, der wieder alles möglich machte. In protestantischen war es möglich, wobei in ländlichen Gegenden schwer und noch in meiner Kindheit hatten wir eher Mitleid mit Scheidungskindern, dahingestellt, ob der reale Kampf vieler Paare das Leben erträglicher macht.

Auch wenn die finanziellen Regelungen zu Mitgift und Morgengabe für eine gewisse finanzielle Sicherheit der Frauen sorgten, bekamen in der Realität dennoch viele Frauen nichts davon wieder, weil die Männer das Geld verspielt oder anderweitig in das Familienvermögen investiert hatten, das patrilinear weitergegeben wurde nach dem sich dann durchsetzenden Prinzip der Primogenitur an den ältesten Sohn.

Teilweise wurde die soziale Versorgung mittelloser Frauen durch die Kirche übernommen, teilweise gab es Stiftungen oder die Familie musste dafür aufkommen. Die Kirche hatte ein Interesse am Erhalt von Mitgift und Morgengabe, weil ihnen vielfach daraus später Schenkungen zugute kamen. Besonders die Jesuiten haben auf diesem Gebiet viel Erfolg gehabt und reichlich bei Witwen geerntet, denen sie geistigen und sonstigen Beistand spendeten.

In vielen Regionen der Welt ist diese Zeit noch nicht zu Ende, die Ehe dient der sozialen Absicherung und hat mit Gefühlen nur idealerweise etwas zu tun, auch wenn Hochzeit und Ehe immer noch mit dem Ideal von Liebe und Glück umgeben werden, sind sie doch meist primär Versorgungsgemeinschaften mit emotionalen Anspruch. In Gegenden, in denen die Ehe noch primär, neben der Fortpflanzung, der sozialen Sicherung dient, sind Scheidungen, auch mangels tauglicher Alternative relativ selten. Ob dies für diese Ehen und ihre so erzwungene Haltbarkeit spricht, ist eine andere Frage, zumindest wurden darauf Familien gegründet.

Der Begriff Mitgift kommt vom Mittelhochdeutschen “mitegift”, was das Mitgegebene bezeichnet, was die Braut für den neuen Hausstand in die Ehe einbringt. Dies auch Aussteuer genannte Gut wurde traditionell, bis ins späte 20.Jahrhundert und beim Adel und in ländlichen Regionen bis heute, von der Familie der Braut aufgebracht und schon als Geschenke über Jahre angesammelt. Die Steuer in Aussteuer leitet sich vom althochdeutschen Stiura ab, was Hilfe oder Beihilfe heißt. Diese wurde, bei den entsprechenden finanziellen Möglichkeiten der Familie so gewählt, dass sie bis ins hohe Alter reichen sollte und viele Frauen bestickten Jahre vorher schon ihre Aussteuerwäsche, was Tisch-, Bett- und Leibwäsche meint, mit dem Monogram ihrer Familie. Es war die Ausrüstung für den Lebensbund auf dem sich an Festen, die Herkunft der Frau noch einmal zeigte, die gewöhnlich den Namen des Mannes annahm aber im schönsten Glanz auf ihre Herkunft in den Initialen verweist, ohne das hier sozial bewerten zu wollen.

Die Aussteuer führte in Gesellschaften mit Patrilinearität beim Erbe meist zum Ausschluss der Töchter vom sonstigen materiellen Erbe besonders bei Gütern, die nicht geteilt werden sollten, sondern in Sohneslinie nach primogenitur weitergegeben wurden. Damit waren für die Erben und Geschwister die Kosten klar kalkulierbar. Eine Tochter konnte, je nach Vermögen ihrer Familie, diesen oder jenen Betrag erwarten, der dafür aus dem Familienvermögen abgeführt wurde, sie aber von weiteren Ansprüchen traditionell meist ausschloß. Beim Scheitern der Ehe, war sie dann häufig auf die Gnade der Familie oder, wo es kein Vermögen mehr gab, auf die der Kirchen und der öffentlichen Hand angewiesen.

Genau diesen Vorgang beschreibt Thomas Mann sehr eindrücklich in den Buddenbrooks, wo Tonis erster Ehemann lang über die Aussteuer verhandelt, um sich aus den Schulden zu retten, die ihn schließlich in den Konkurs führen, auch wenn Mann beim Konkurs des schmierigen Bendix Grünlich für einen seiner Gläubiger leider ein schlechtes antisemitisches Klischee bedient hat. Dies Modell wird für die zweite Ehe mit dem Münchner Bierbrauer Permaneder noch weitergeführt, der zu Tonis Entsetzen nichts besseres mit dem vielen Geld vorhat, das ihr Vater mit schlechtem Gewissen noch mal aufbringt, weil er Toni in die erste vermeintlich gute Ehe gedrängt hatte, weil dies ihre Pflicht als Tochter sei, wie es im Buch der Familie steht, dass sie mit Stolz betrachtete, als sich zur Ruhe zu setzen und den Tag im Wirtshaus zu verbringen und Toni dann Anlass zur endlich Flucht aus München gibt, als er sie im Treppenhaus mit einem Hausmädchen betrügt und dabei auch noch betrunken erwischen lässt. Der verlassene Permaneder erstattet dann das fällige Vermögen ordnungsgemäß zurück und Toni lässt sich als zweimal geschiedene in Lübeck nieder und hilft lieber ihrem Bruder Thomas bei der Einrichtung, als dieser ordnungsgemäß ihre Pensionsfreundin Gerda heiratet, die nur so gegen alle Ordnung leidenschaftlich gut Geige spielt und sich dabei in Abwesenheit ihres Vaters von einem jungen Offizier begleiten lässt, was aber wieder eine andere Geschichte wäre, die weiterzuführen uns Thomas Mann erspart, der selbst gut Geige spielte und die Abwicklung des väterlichen Kontors in Lübeck erlebte, nach der die Mutter mit den Kindern nach München zog, wo es sich ein Permaneder so gern gemütlich machte.

Auch aus meiner Familie kenne ich die Aussteuer Tischwäsche, mit dem Mädchennamen meiner Mutter oder später als Erbe auch die meiner Großmutter mit deren Mädchennamen Monogram, weil bei Beginn der Sammlung ja nicht klar war, welchen Namen sie tragen würde und das gleiche gilt für das familiäre Silber für die Festtage und anderes mehr. Es ist schon beim Eindecken der Tische an Festtagen, wenn das gute Silber aus den tiefen Schubladen im Wohnzimmer geholt wird, gelegentlich vorher noch ein wenig überpoliert werden muss, weil es ja natürlich nicht im täglichen Gebrauch ist, als würde in eine andere Zeit getaucht und die bürgerliche Kultur, die Thomas Mann so treffend in den Buddenbrooks für das 19. Jahrhundert karikierte, ist gegen Ende des 20. Jahrhunderts und bis in unsere Tage noch lebendig, als hätte sich nichts geändert - auch die Dialoge bei Tisch ähneln dann teilweise, den dort bereits wunderbar beschriebenen und sogar die Witze wiederholen sich auf ähnliche Art und wir nennen es familiäre Tradition, die aber zu einem Teil eben auch von der patrilinearen Tradition von Aussteuer und Mitgift mitgetragen wird, die so bis in die Gegenwart auch einen positiven Zusammenhalt der nachfolgenden Generation trägt.

Das macht Familie so und es wird weiter so gemacht, wie etwa das Tischgebet, was auch ich als radikaler Atheist gerne mitspreche, wie den Segenspruch, bei dem wir uns vor dem Essen die Hände reichen und dabei darum bitten, der Vater möge diese Speise uns zum Wohle, ihm zum Preise segnen. Es sind schöne Traditionen des Innehaltens vor den meist lauten und amüsanten, häufig auch weinseligen Familienfesten, zu denen das Meißen wie das gute Silber ausgepackt wird. Sie haben nicht nur Tradition, sie geben auch Geborgenheit in einer sich rasend verändernden Umwelt und so betrachte ich die Tradition von Aussteuer und Familienerbe mit zwei Augen. Das kritische, was den traditionellen Ausschluss der weiblichen Linie beim Erbe durch die Gabe der Aussteuer, klar verurteilt und das liebevolle, des in diesen Traditionen groß gewordenen, die längst keine Töchter mehr vom Erbe ausschließt und mein theoretisches primogenitur ist keinen Pfennig mehr wert in einer egalitären Gesellschaft, was gut so ist.

So frage ich mich, was an Traditionen solle unbedingt bewahrt werden und was können wir aufgeben, weil es sich schlicht überholt hat. Darüber, was bewahrenswert ist und wie wir es nennen, besteht wohl keine klare Einigkeit in der Familie. Vieles machen wir einfach, weil es Tradition hat und schön so war in unserer Kindheit und der unserer Eltern und der Großeltern und so über Generationen weiter. Würde es eine typisch bürgerliche Kultur nennen, über die ich mit Thomas Mann in Gedanken liebevoll lächle, weiß aber, zumindest eine meiner Schwestern, würde auf diesen Begriff vermutlich hoch allergisch reagieren, weil er für sie vermutlich eher Ausdruck eines überholten Klassendenkens ist, für das ihr nach bürgerlichen Kriterien relativ erfolglose Bruder nun wirklich keinen Grund hat, ganz im Gegensatz zu ihr.

Trotzdem eint uns eine Tradition, die auch auf bestickten Leinen-Tischdecken sowie Silber mit Monogramm und Perlrand ruht, typisch bürgerlichen Attributen in einer Zeit, in der das Bürgertum lange als überwunden galt und mit den Siebzigern, in denen wir als Kinder aufwuchsen, gerne alle Traditionen über Bord warf, die wir durch die Großeltern noch getrieben, bis zum Ende der neunziger aufrecht erhielten und vielleicht eines Tages weitertragen, die manchen wieder aktueller und nötiger erscheinen als je. Können sie auch ein Stück kultureller Integration leisten, frage ich mich dabei.

So habe ich, der gelegentlich leicht genervt über seine Mutter war, die seine Freunde, die nicht gut essen konnten, immer zwang bei Tisch neben ihr zu sitzen, wenn sie bei uns aßen, damit sie es nicht sehen musste und die sich über degoutante Essmanieren schon gelegentlich mit einer hochgezogenen Braue zumindest mokieren konnte, was es mir nicht unbedingt leichter bei meinen Freunden machte, doch wieder sehr darauf geachtet, dass meine Tochter die Regeln beherrschen lernte, welche die Großmutter erwartete und die es ihr im Leben leichter machen würden und hatte dafür immer das gute Beispiel von Angela Merkel, die es wie manche Kita geprägte Ossis nach der Wende erst lernen musste, was bei großen Essen von ihr erwartet wurde und die Helmut Kohl damit Anlass zum Lästern gab, auch wenn dieser es hinterher nie so gesagt haben will, wussten wir doch alle genau, was gemeint war und von uns erwartet wurde, auch wenn Merkel in ihrer Aufgabe längst über sich und Kohl hinausgewachsen ist.

Natürlich durfte meiner Tochter auch mal, so schweinisch wie sie nur konnte, Spaghetti essen, weil ich wusste, sie konnte es und würde es, wo es darauf ankam, beherrschen. Diese formalen Tischmanieren, über die ich mich erst kürzlich wieder mit einer kurzzeitigen Liebsten von Familie unterhielt und wir uns dabei erstaunlich einig waren, scheinen auf der einen Seite lächerlich und überholt, andererseits geben sie auch, wenn wir sie kennen und beherrschen und wissen, was, wann, wo, gefragt ist, eine Form von Sicherheit, die denen, die nicht damit aufwuchsen fehlt.

Als zeitweise nomineller Sozialdemokrat habe ich noch darüber nachgedacht, ob diese Fragen nicht Ausdruck eines überholten Klassendenkens sind, wie es vermutlich viele in der Partei sahen, denen solches eher fern lag, doch kann ich als armer Poet mich da von jeder Klasse lösen und über eine Form sprechen, die Würde gibt und es einem im Alltag leichter macht. Du weißt, dich zu benehmen, tust es mit Anstand und Würde und kannst die Regeln auch spielerisch übertreten, weil du diese quasi im Blut hast, mit ihnen, mit mehr oder weniger großer Strenge, aufgewachsen bist. So sehe ich die Kenntnis und Gewohnheit der Sitten der Höflichkeit auch im Umgang mit Damen, was manche heute seltsam befremdet, als ein Stück Freiheit an, was mich stärkt.

Es ist weniger ein Zwang, der in Formen drängt, als ein Gebot der Höflichkeit, die auch dem Essen eine gebührende Achtung entgegenbringt, wie es einer Zeit, entsprechen könnte, die wieder langsamer werden sollte, um gut zu überleben und mit ihren Ressourcen auszukommen und so führte die eigentlich aus patriarchalen Strukturen geboren Mitgift und Aussteuer, die fast nach Frauenhandel klang, mich in der praktischen Anwendung der traditionellen Familie zu ressourcenorientierten Werten, die Freiheit sichern, auch wenn sie von denen, die ohne aufwuchsen vielleicht als Ausgrenzung empfunden werden könnten.

Weiß, wie ich auch mal Partnerinnen hatte, denen diese Sitten eher fremd waren und wie sehr mich das wiederum befremdete - wie ich mit mir rang, ob und wie ich es ansprechen sollte oder könnte, um ihnen Peinlichkeiten zu ersparen, was mal mehr, mal weniger gelang, bis ich mich darauf beschränkte, es lieber nur noch vorzuleben, was erstaunlicherweise nachhaltiger wirkte, so hatte eine Liebste am Anfang unserer Beziehung das Besteck weder richtig halten können, noch gewusst, wo ihre Arme beim Essen am besten lägen, obwohl sie sonst sehr zurückhaltend und elegant sein konnte - doch indem ich ihr Geschichten von anderen erzählte und meiner Sorge darüber, wie wohl meine Mutter diese oder andere sie bei einem Fest, zu dem wir eingeladen waren, wahrnehmen würden, entwickelte sich vermutlich vielmehr als wenn ich es je angesprochen oder kritisiert hätte. Irgendwann sprach sie ganz selbstverständlich davon, wie wichtig ihr das wäre und wie schrecklich sie es fände, zu beobachten mit wie wenig Esskultur manche Studenten äßen, was ihr plötzlich wichtig geworden war, womit sie doch zumindest eine kostbare Freiheit aus der gemeinsamen Zeit mitgenommen haben könnte, wie ich es heute sehe, was immer davon wirklich war und was nur ein Spiel der Anpassung, um zu gefallen.

Die Chance mit dieser Freiheit, die wie eine Beschränkung manchen erscheint, aufgewachsen zu sein, habe ich zuerst dadurch schätzen gelernt, als ich in den Schriften des Freiherrn von Knigge las, nicht nur seinen Benimmratgeber vom Umgang mit Menschen, der ist nett und war nicht unwichtig, aber vielmehr sein Engagement für Emanzipation und bürgerliche Freiheit, was auch hinter diesem Ratgeber eigentlich steckte, der einem Welten öffnet, die in einem bis dahin verborgenen Kodex kommunizieren. Dabei war dieser große Illuminat ein Aufklärer und Vordenker, der erkannt hatte, auf was es ankommt, um auf dezente Art erfolgreich zu sein. 

Ähnliches auf andere, eher etwas konservativere aber nicht weniger humorvolle Art hat seine kaiserliche Hoheit Asfa Wossen Asserate, ein Neffe Kaiser Haile Selassies in seinem Buch Manieren wieder getan und auch dieses kann als Schlüssel zur Freiheit gelesen werden, die ein guter Umgang miteinander ermöglicht. Es ist zu schön, wie ein Afrikaner aus bester Familie, dessen Adel sich schon auf König David und die Königin von Saba zurückführen lässt, hierin als ehemaliger Tübinger Corpsstudent, der infolge der Revolution nicht in seine äthiopische Heimat zurückkehren konnte, über gutes Benehmen und die Gewohnheiten der Familien, die auf sich halten, berichtet und so plaudernd eine kleine Anleitung gibt. Hatte das Glück, zufällig seine kaiserliche Hoheit, was ich eine herrlich altmodischen Titel finde, der so aus der Zeit fällt, dass er schon wieder schön ist, in einer Rauchpause zwischen den Hallen auf der sonst eher sehr jugendlich zu bunten Leipziger Buchmesse zu treffen und ein wenig mit ihm über gemeinsame Bekannte zu plaudern, wozu ich mit Augenzwinkern genau diese Anrede wählte, womit er lachend humorvoll umzugehen wusste, der seit Jahrzehnten als Geschäftsmann in Frankfurt lebt und als Bestsellerautor sehr erfolgreich ist.

Im Rahmen bleiben können, um ein wenig an passender Stelle aus dem Rahmen zu fallen, ist vielleicht der Schlüssel zu wirklicher Freiheit, die denen verwehrt bleibt, die all dies nur als bürgerlich traditionelles Klassendenken betrachten und nicht die zeitgemäß kostbaren Werte mehr daraus schöpfen können, was vielen Alltag unnötig hässlich macht. So habe ich mir angewöhnt, wann immer ich mit einer Dame esse und ich bemühe mich nur mit solchen zu genießen, was das Leben uns offenbart, sie als eine solche zu behandeln, wie ich es von meinem Großvater meiner Großmutter gegenüber kannte, also sich erst zu setzen, wenn sie sitzt, ihr einzuschenken, solange ich dazu noch fähig bin, sich vor dem Essen die Hände zu reichen, um dem ganzen eine besondere Würde zu geben, weil alles andere weniger schön wäre.

Dies geschieht nicht, weil ich traditionell auf Frauen herabschaue, schlicht patrilinear denken würde, bemühe mich eher um das Gegenteil, sondern um die Gegenwart einer Dame zu genießen, weil ich Frauen bewundere und die Gegenwart einer Dame die größte Ehre für einen Gentleman sein kann, es ein Stück Freiheit gibt, um den Raum dahinter mit Phantasie zu füllen, die in den klassischen Formen nur den Rahmen hat, sich zu voller Schönheit zu entfalten und so kann sogar die Mitgift meiner Mutter, die in traditionellen Tischsitten auch über die Großeltern zu mir wanderte, mehr Freiheit entfalten, als sie ihrer patrilinearen Struktur nach an Einschränkung bringt, sondern öffnet den Horizont für schönere gemeinsame Welten jenseits der Grenzen, die in diesem Text, der mal weniger erotisch ist, kein Thema sind, auch wenn die Lust als Untergrund und Gegensatz natürlich im untergründigen Beben überall mitklingt.

jens tuengerthal 2.7.20

Mittwoch, 1. Juli 2020

Familienväter

Die traditionelle Familie hängt am Vater, trägt den väterlichen Namen mit mehr oder weniger Stolz und gibt dem pater familias den Vorsitz, bei wichtigen Entscheidungen sogar noch die letzte Stimme. Es geht meist um das väterliche Erbe, weil viele Grundstücke, welche die Basis des Eigentums waren, das sich als abgegrenzter und eingezäunter Grund und Boden definierte, in väterlicher Linie vererbt wurden, was aber nicht immer so war, auch nicht in allen Kulturen so ist, sondern eine typische Prägung der christlich-römischen Welt ist, die im Islam noch eine weitere ähnliche Variante nur fand und also bis heute große Teile der Welt betrifft.

Warum auch in dem Gebiet, in dem früher Germanen lebten, die eine stärker matriarchal geprägte Kultur hatten, in der zumindest die Häuser und das Schlüsselrecht mit ihnen an den Frauen hing, sich dieses Prinzip durchsetzen konnte und für traditionell statt für modisch und absurd auf relativer Grundlage gehalten wird, könnte eine interessante Frage für die Zukunft sein. Ist konservativ und beständig, was auf bloßem Glaube statt auf vernünftigen Beweisen beruht, weil der Vater eben, wie schon die Römer wussten, immer unsicher, die Mutter hingegen gewiss ist, fragt sich, wer sich die Entwicklung der Gesellschaft seit den Karolingern anschaut, in deren Folge die patrilineare Struktur und ihr Erbe sich ab etwa 1000 breit durchsetzte.

Schauen wir uns Biographien der Großen an, ist viel vom Vater, den Vorvätern, vielleicht noch wie im Falle Alexanders vom Lehrer die Rede aber selten oder nie von den Müttern, die, wie bei den Hengsten, in eine austragende Rolle von den Geschichtsschreibern gedrängt wurden und seltene Ausnahmen bestätigen diese Regel eher noch.

Trage auch den Namen meiner väterlichen Familie. Das Wappen dieser Familie, die drei weißen Wolken auf blauem Grund, sehe ich als das meine, obwohl ich längst weiß, die Eizelle meiner Mutter war ein vielfaches so groß wie das winzige Spermium meines Vaters und wenn überhaupt haben wir genetisch den halben Chromosomensatz weitergegeben bekommen, auch als männliches Produkt der Vereinigung, wenn wir den Vater mal glauben, habe ich nur ein unvollständiges Chromosom mehr geerbt und nichts sonst Ganzes, was diesen Vorrang biologisch begründete, der ein Erbe und eine Tradition an den Namen der väterlichen Familie knüpft.

Will ich meine Familie aufgeklärt betrachten, müsste ich mindestens beide Teile gleichwertig sehen und berücksichtige ich dann noch, wie viel mehr Zeit, ich mit meiner Mutter verbrachte, wie stark prägend sie in ganz vielem war, fragt sich, wie der Aberglaube an die patrilineare Dominanz sich je durchsetzen und halten konnte, bin ich doch viel mehr vermutlich ein Muttersohn, was aber schon als Wort den Charakter einer Herabsetzung in unserer Gesellschaft bekommen hat und welche Mutter möchte ihren Sohn schon zu einem Muttersöhnchen erziehen, der doch seinen Mann in der Wildnis des täglichen Lebens stehen soll.

Betrachte ich nun meine Familie, sehe ich, dass sich meine Schwestern im Bereich Karriere, beruflicher Etablierung, familiärer Bindung, teilweise auch Fortpflanzung, zumindest soweit ich weiß, viel erfolgreicher zeigten als der bloß dichtende älteste Sohn, der höchstens noch von posthumer Anerkennung träumen kann, sollte diese für ihn eine Rolle spielen, was sie nicht wirklich tut, womit der Beobachter Teil des Prozesses wird, was oft spannende Ergebnisse bringt, wenn es auch manches zu verfälschen droht aber wie wirklich ist die Wirklichkeit schon noch, was wissen wir überhaupt und wo fängt der gewöhnliche Glaube an, aus dem wir so gern Bedeutung rekurrieren?

So stellt sich, wie Christina von Braun es hervorragend und weitsichtig in ihrem Band Blutsbande beschreibt, die Frage, warum sich eine Gesellschaft auf ein solch unsicheres System wie die patrilineare Blutlinie einlässt und daran so gewichtige Dinge, wie die Übereignung von Grundstücken knüpft, die Kern des Eigentums und damit der Identität vieler Familien wurden.

Es steht dies sicher in der geistigen Tradition des Christentums, das die Mutter schon als bloße Empfängerin des göttlichen Samens und also Austragungsort der Götterspiele betrachtet. Zwar wird Maria als Heilige verehrt, zumindest von denen, die Heilige verehren, aber sie spielt keine weitere Rolle und ist eben Empfängerin des göttlichen Samens, den sie austragen darf, was für Josef, so er denn der Vater der verfrühten Schwangerschaft war, ein guter Grund war, alle Verantwortung von sich weisen zu können, was aus dem seltsamen Guru später wurde, er sich keiner vorehelichen Sünde schuldig fühlen musste.

Dennoch wurde die Verehrung des Sohnes, in dem die Christen ihren Gott zu sehen glauben, mit dem er, seit dem dies regelnden Konzil, auch ganz eins ist, als Wahrheit verkündet und wo die geistige Wahrheit, auch des Blutes im Abendmahl, so großes Gewicht hat, zählt der Glaube an die väterliche Blutlinie für das Erbe und die Tradition mehr als alle beweisbare Natur, die zeigt, aus welchem Schoß das Kindlein kroch, wie viel größer und stärker der Einfluss der Mütter ist, als der meisten Väter je, die sich in überkommene Rollen fügen, aber danach zugleich den Namen und das Erbe bestimmten, die Herrschaft ausübten, Frauen lange wie Besitz fast behandelten und nicht als Partnerinnen, mit denen gemeinsam erst sie eine familiäre Tradition begründen konnten, woran ich, trotz vieler Versuche im praktischen, stärker gescheitert bin als etwa meine Schwestern.

Ob dieses Gefühl zwischen Versagen und Nonchalance in familiären Angelegenheiten, durch meine traditionelle Rolle geprägt ist, also typisch patrilinear ist, wäre die die eine Frage, die andere, wie ich gleichzeitig, stolz meine wohlgeratene, kluge wie schöne, einzige mir bekannte Tochter betrachte und auch mir zurechne, wofür zumindest nominell der Anschein spricht und sonst vielleicht das eine oder andere, von dem wir selten wissen, was wirklich Prägung und was genetischer Zufall ist, der die Neukombination eben jedesmal auch Neu zum eben unbeschriebenen Blatt macht, das sich vom Leben formen lässt.

Stecke also auch in dem, was ich an Familie hinterlasse, bisher tief in alten Traditionen und sollte mich fragen, wie frei ich dabei denke, ob mir die Rolle der mütterlichen Linie wirklich bewusst ist, wie ich zunächst auf die Idee kommen konnte, einen Familienroman nur mit Betrachtung der väterlichen Linie zu schreiben, ohne zu bemerken, wie wichtig Frauen in meinem Leben immer waren und sind, im Guten wie im Schlechten, sie es mehr ausmachten, als alle Tradition der Familie sonst und wie tief der Traum in mir verwurzelt noch ist, den Namen der Familie weiterzugeben, was ich ja praktisch schon tat, aber doch gerne auch in aller Form der Ehe getan hätte, weil ich es so gewohnt bin, auch wenn die Tradition und der größere Teil dabei von den Müttern stammt, warum ich so selten ernsthaft überlegte, deren Namen anzunehmen, wenn ich mich schon verlobte, was ich ja schon mehrfach erfolglos mit dem Ziel der Ehe tat.

Bin Vater, vermute es zumindest so, auch die Mutter der Tochter hat nie etwas anderes behauptet, aber bin mir doch bewusst, wie sehr dies immer auch ein Glaube ist und wie wenig ich wirklich weiß, worauf es ankommt außer den Traditionen, in denen ich aufwuchs und die ich wiederkäute, ohne sie wirklich zu hinterfragen. Vielleicht muss auch nicht alles hinterfragt werden, wenn es sich bewährt hat und gut so ist, doch die dominant christliche Tradition und ihre patrilineare Struktur ist ein Aberglaube, den ich gerne noch hinterfragen möchte, der ich Frauen liebe und verehre und gespannt bin, wohin mich diese Fragestellung langfristig schreibend führt.

Zumindest ist das Bewusstsein der Situation schon eine Erweiterung des Horizonts, die Dinge neu betrachten lässt und ich bin gespannt, wohin es noch führt.

jens tuengerthal 1.7.20

Dienstag, 30. Juni 2020

Hengstparade

Hengstparaden sind prächtig, hier treffen sich die Züchter mit dem Hochadel, damit die Gestüte ihre Deckhengste feiern können, die sich in dieser Saison erfolgreich vermehrten. Es geht um mehr oder weniger edle Pferde und diese werden mit Kunststücken vorgeführt. Das edle Blut zählt und die englische Vollblutzucht, die gerne vom Königshaus begleitet wird, dass sich wie die übrige Society gerne präsentiert, um gesehen zu werden und bei dieser edlen Zucht von Rassepferden, die im Rennen ihren Erfolg zeigen, bei denen für enorm viel Geld gewettet wird, was fast den Umsatz der Börsen gelegentlich übertrifft, teilweise noch gut verdient.

Die Stuten, welche die neuen Fohlen austragen und damit bei der Zucht eigentlich viel wichtiger wären, spielen in diesem patrilinearen Spiel nahezu keine Rolle, werden nur gelegentlich erwähnt - für englische Vollbluthengste ist es, wie beim uralten Adel, ganz wichtig einen langen Stammbaum zu haben, der sich letztlich auf drei bedeutende arabische Deckhengste zurückführt. Es ist ein großes Geschäft und eine große Show für alle Pferdeliebhaber, die von den Idealen der Auswahl edler Rasse in der Zucht geprägt ist.

Natürlich geht es dabei um die Fortpflanzung edler Pferde, die später im Rennen eingesetzt werden können. Deren Wert bestimmt sich nach dem männlichen Stammbaum und den eingerittenen Erfolgen dabei. Ein erfolgreicher Hengst ist ein Vermögen wert und dies berechnet sich vorab nach den Erfolgen im Stammbaum, weil vermutet wird, das gute Erbe werde weitergegeben. Die Stuten sind die Gebärmaschinen und frühen Ernährer - für den Wert junger Hengste und deren Handelswert spielen sie, seltsam genug, keine Rolle. Es ist eine von partilinearer Zucht geeinte Glaubensgemeinschaft, die auf das männliche Erbe hofft.

Längst gibt es, um das Risiko des Besteigens gering zu halten, bei millionenschweren Hengsten keine Verletzung ihres wertvollen Stücks durch womöglich widerspenstige Stuten zu riskieren, Besamungsstationen und die künstliche Befruchtung wird häufiger noch als unter Zweibeinern praktiziert.

Als es nun gelang eine ideale Stute zu klonen, also ohne Beihilfe des männlichen Hengstes zu vermehren, wurde dies Tier vom Verband von vornherein von allen Rennen und damit jedem finanziellen Gewinn ausgeschlossen, auch eine spätere Vermehrung auf mehr oder weniger natürliche Weise brächte dann keinen heilen Stammbaum hervor. Das System stabilisiert sich selbst und kontrolliert den Zugang streng, um die Dominanz der Hengste und damit ihren Wert zu erhalten, die weiterhin in männlicher Linie gezüchtet und erfolgreich vermarktet werden sollen.

Ob wir so weit gehen müssen, uns vorzustellen, dass erfolgreiche Männer künftig ihr Sperma an Firmen verkaufen, die dann damit hoffnungsvolle Frauen besamen, die glauben, sie könnten so eher ein Genie oder einen errfolgreich schönen Nachwuchs gebären, sei hier dahingestellt - teilweise gibt es das schon, in manchem schützen noch Gesetze vor dieser Vermarktung potentiell erfolgreicheren Spermas - probiert haben diese Aufzucht edler nordischer Recken schon die Nationalsozialisten mit bescheidenem Erfolg - problematisch war dabei eher, wie die Ergebnisse dieser Menschenzucht nach dem Ende dieser Ideologie friedlich in die Gesellschaft integriert werden konnten.

Die Hengstzucht genügt hier als Beispiel für ein Denken, was auf rassischer Auswahl und edler Zucht bei patrilinearer Dominanz verweist. Mit diesem Bereich beschäftigen sich auch heute noch sehr erfolgreiche Menschen und es gilt als Elitensport oder Hobby, weil bei der Vermehrung der Tiere relativ wenig körperlicher Einsatz der Beteiligten nötig ist. Dabei sind auch wohlhabende Damen von teils edler Geburt, die sonst selten so frei über Sex reden würden, wie sie es bei Hengstparaden tun und auch für ihre Kinder, falls sie welche haben, lieber den Zufall und große Gefühle zu Hilfe nehmen, als die hier relevanten Elemente der Zucht. Wobei im Adel der Alte Stammbaum für die geeignete Partnerwahl teilweise immer noch wichtig ist und ein großer Name über viele andere Mängel hinweghelfen kann.

Spannend wäre, warum der Glaube, dass allein die väterliche Linie entscheidet, sich hier so dominant ausgeprägt hat, Menschen meinen, die jedesmal neue genetische Kombination, könne allein auf Hengste, denen traditionell männlich dominante Eigenschaften zugeschrieben werden, reduziert werden und die größere Eizelle wie die Eigenschaften der Stute, also der Mutter neuer Pferde, spiele dabei keine Rolle, wider besseren Wissens hier eine patrilineare Dominanz zelebriert wird, obwohl es um sehr viel Geld für den Erfolg späterer Pferde geht, ein sozialer Glaube entscheidet, in dem es um schlichte Dominanz nach dem christlich-patriarchalen Modell geht.

Hier setzen Menschen Millionen ein, um auf das richtige Pferd zu setzen, was immer auch Glückssache ist und meinen dennoch, dabei durch den Glauben an eine patrilineare Dominanz besonders erfolgreich und vernünftig zu sein, weil es sich so durchgesetzt hat und zur schlechten Gewohnheit wurde, die weniger vernünftig biologisch erklärbar ist, als ein überdeutlicher Spiegel des gesellschaftlichen Denkens zu sein. Ob der Fortbestand dieses schlichten Denkens allein daran liegt, dass es bei der Pferdezucht und der von Hengsten insbesondere, keine sich emanzipierenden Stuten gibt und die Damen sich dabei, dem üblichen Spiel unterwerfen, da es ja nur um Pferde geht, auch wenn diese für die Teilnehmer häufig wichtiger sind als andere Menschen, was nicht nur am eingesetzten Vermögen liegen soll, bleibt unklar. Engländer nennen diese Eigenschaft horsy und keiner hinterfragt ein System, was es bei der Hunde, Bullen oder Schweinezucht ähnlich gibt und das wir trotz großer vermuteter Ähnlichkeit in vielem - was wird nicht alles an Charaktereigenschaften auf Tiere übertragen - bis heute nicht hinterfragen und damit vielleicht mehr unseres Wesens und des sexuellen Denkens offenbaren, als wir bereit sind zuzugeben.

Ob es bei Menschen, die vom dringenden Wunsch, sich fortzupflanzen, getrieben werden, auch eher um die Fortpflanzung als biologischer Vorgang beim Sex geht, ist eine Frage, die ihre Berechtigung längst hat. Wie erfolglos viele dabei genau darum immer wieder sind, ist eine andere Frage, weil erfolgreicher Sex eben auch natürliche Lust braucht, ist deren schlichte Zielorientierung nur bedingt geeignet, zum gewünschten Ziel zu führen.

Insofern es zur bloßen Fortpflanzung, dem nach christlicher Anschauung einzig moralischen Sex, keine Lust der Frau braucht, ist die jahrhundertelange Ignoranz gegenüber diesem Thema in einer männlich dominierten Gesellschaft logisch. Sollte sich endlich herausstellen, dass die Zeugung erfolgreicher ist, auch in den Merkmalen des Produkts, wenn Frau dabei Lust empfindet, könnte sich vielleicht nach vernünftigen Aspekten etwas bei dem Thema ändern, doch wurde es über Jahrtausende so erfolgreich in ein emotionales Korsett gepackt, dass Frauen selbst überzeugt sind, dass ihre wenn überhaupt Lust primär am Gefühl hinge, sie Männer aufnehmen würden, statt sie zu verschlingen, wie es der Realität ihrer weit größeren Potenz eigentlich entspricht.

Frage mich, wie lange hier ein Bewusstseinswandel dauern wird und wie lange Frauen noch ihre gewohnte Rolle weiterspielen wollen, statt ihre natürliche sexuelle Überlegenheit auszuleben, die ihnen die Gesellschaft verbietet, in denen Frau sich lieber umworben sieht und gerne gegen leichten Widerstand nachgibt, um ehrenvoll zu wirken. Auch wenn die Nein heißt Nein Kampagne hier in eine richtige Richtung weisen könnte und zum offenen Gespräch zum thea auffordert, fallen doch beide Seite zu gerne in gewohnte Muster zurück. 

Männer fühlen sich gern als starke Hengste, denen es mehr darum geht, ihren Samen in die Frau zu spritzen, als Überbleibsel des alten Zwecks der Fortpflanzung, der lange, christlich dominiert, allein den Sex einer anständigen Frau erlaubte. Viele Frauen nehmen gerne die entsprechende Rolle ein, was sicher auch am fehlenden Lustempfinden oder zumindest der nicht möglichen Befriedigung eines größeren Teils der Frauen beim vaginalen Verkehr liegt.

Es wird Zeit die gegenseitige Lust stärker nach der Natur in den Mittelpunkt zu stellen, was allerdings zu einer Aufgabe der männlichen Dominanz führen würde, warum bisher wenig in diese Richtung unternommen wurde, auch wenn es bedeutet, dass der größte Teil der Männer wie die meisten Frauen ihr Leben lang langweiligen Sex haben, nie ein echtes Beben miteinander erleben, sondern sich nur nebeneinander befriedigen, statt je zusammen kommen zu können, was nicht immer sein muss aber doch ein erstrebenswertes Ziel bleiben sollte, um gemeinsam zu genießen, was nur denen fern liegt, die es nicht kennen, weil sie mehr den Konventionen als der Natur folgen und damit das gleiche Verhalten zeigen, was ich oben bei den Hengstparaden beschrieb und das in der Pferdeucht gilt und das wir eigentlich vernünftigerweise weit von uns weisen würden.

So können wir vom alten Aberglauben in der Pferdezucht und der Betrachtung der Hengste lernen, unsere eigene Sexualität vernünftiger und emanzipierter zu betrachten, um sie ihrer Natur gemäß ganz miteinander zu genießen, was Glück genug im Leben sein könnte, endlich mehr danach zu streben, statt weiter alberne Spiele miteinander zu spielen, die der Pferdezucht und ihren unvernünftigen Regeln mehr ähnelt als dem vernünftigen Verhalten aufgeklärt kritischer Menschen. Aufklärung ist Befreiung aus selbstverschuldeter Unmündigkeit und diese beginnt wie alles Leben in der Sexualität, haben wir den Mut, frei zu sein.

jens tuengerthal 30.6.20

Montag, 29. Juni 2020

Universalwissen

Wie wurde das Wissen
Weitergegeben über die
Generationen inwiefern
Zeigte sich auch dabei
Die patriarchale Ordnung
Hat es mit Sexualität zu tun
Während früher noch die
Kirche das Wissen kontrollierte
Änderte sich dies mit Beginn
Der Aufklärung wie der dabei
Geschaffenen Enzyklopädie
So bekamen die Universitäten
Eine größere Bedeutung nun
Fraglich nur ob sie ihr Wissen
Egalitär vermittelten oder nur
Einer bestimmten Klasse dabei
Zutritt und Karriere ermöglichten
In Preußen war der allergrößte
Teil der Lehrer protestantisch
Männlich christlich konservativ
Auch in Bayern war der größere
Teil der Hochschullehrer noch
Protestantisch was bei einer
Dominant katholischen Bevölkerung
Auf eine Dominanz protestantischer
Männer im Bereich des Wissens
Hinweist der Frauen benachteiligte
Insofern die Seminare zusätzlich
Bei den Professoren zuhause
Stattfanden beschränkten sie so
Den Zugang noch zusätzlich
Bis ins zwanzigste Jahrhundert
Waren dort keine Frauen gewollt
Wo sie es versuchten stießen sie
Auf dominant männlichen Widerstand
Die Geisteswissenschaften damit
Auch die Auslegung der Geschichte
War klar männlich protestantisch
Von Ranke bis Mommsen noch
Entsprechend lagen Schwerpunkte
Wurde die geistige Welt somit in
Sicheren patriarchalen Strukturen
Gehalten die Frauen ausschloss
Womit was beim biologischen Erbe
Natürlich unsicher war durch die
Form der Vermittlung im geistigen
Faktum wurde das auch Juden noch
Lange von der gleichberechtigten
Teilhabe ausschloss trotz der
Eigentlich offiziellen Emanzipation
War für eine Karriere an der Uni
Nicht nur ein Glied erforderlich
Dieses sollte auch unbeschnitten
Also gut christlich dazu sein
Was sich erst gegen Ende für
Ausnahmen noch veränderte
Damit wurde das nach der Natur
Unsichere männliche Erbe dafür
Im geistigen Bereich gesichert
Was die nun nicht mehr kirchliche
Sondern wissenschaftliche Sicht
Auf die Welt lange beherrschte
Erwünscht waren dabei auch nur
Zumindest offiziell heterosexuelle
Männer die später mit Familie
Ein geregeltes Leben garantierten
Dies wirkte sich lange auch auf
Die Betrachtung der Gesellschaft
Wie den Umgang miteinander
Auch im sexuellen Bereich aus
Wo der weibliche Orgasmus wie
Die weibliche Lust lange überhaupt
Kein Thema waren oder wenn nur
Aus männlicher Sicht thematisiert
Wie etwa die große Studie zum
Angeblichen G-Punkt aus den
Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts
Die ohne empirische Forschung
Glaubenssätze verbreitete die
Frauen gegen ihre Natur unter
Unnötigen Druck setzte statt sich
Mit der komplexen Natur wirklich
Zu beschäftigen woran sich zeigt
Wie das lange patriarchale Erbe
Das Denken auch noch bestimmte
Wo wir es für emanzipiert hielten
Damit falsche Ergebnisse lieferte
Die erst vor wenigen Jahren durch
Neurologische Forschung wieder
Korrigiert werden konnten dennoch
Halten sich zur weiblichen Sexualität
Mehr männlich geprägte Sagen als
Aufgeklärt vernünftige Sachkenntnis
Was sich auch bei der Potenz zeigt
So sind Frauen neurologisch belegbar
Wesentlich potenter als Männer
Haben den größeren Schwellkörper
Die wesentlich differenziere Sexualität
Aber der Glaube besagt meistens
Das Gegenteil warum Aufklärung
In Sachen Sexualität auch ein Akt
Von Emanzipation heute noch ist
Um endlich gemeinsam zu genießen
Den Blick hierbei zu verändern wird
Eine stärker von Frauen besetzte
Geisteswissenschaft entscheidende
Bedeutung künftig auch haben was
Langfristig nachhaltiger gegen die
Gewohnt patriarchalen Strukturen
Wirken könnte als alle Gesetze
Weil das geistige Erbe die Zukunft
Mehr gestaltet als viele glauben
Der Blick auf die Sexualität hilft
Dabei einen guten Weg zu finden
Der lustvoll alte Tabus bricht

jens tuengerthal 29.6.20

Sonntag, 28. Juni 2020

Wissenseindringlich

Mit der Renaissance wie
Noch stärker in der Aufklärung
Forderte das Wissen wieder
Den Vorrang ein gegen den
Zuvor dominanten Glauben
Der uns in Rollen wider die
Eigene Natur lange steckte
Was sich beim Sex zeigte
Wissenschafter sezierten wieder
Den menschlichen Körper um
Seinen Funktionen auf die
Spur zu kommen was sich
Auch auf das miteinander
Auswirkte weil Menschen nun
Verstanden was sie taten
Zumindest teilweise bewusster
Auch körperlich handelten auch
Wenn im Bereich der Sexualität
Vieles noch lange teilweise sogar
Bis in unsere Zeit im Dunkeln blieb
Brachte die Enzyklopädie zuerst
Ein allgemeines Wissen lesbar
Für jeden der Zugriff hatte was
Über Bibliotheken viele waren
Für alle Teile der Bevölkerung
Die bereits lesen konnten was
Langsam immer mehr wurden
Kenntnis der Anatomie war bei
Fortpflanzung wie der dafür Lust
Schlüssel zum Glück miteinander
Auch wenn die Wissenschaft
Dabei immer noch am Anfang steht
Hat der Wissensdurst damals
Zu erstaunlicher Forschung schon
Geführt weil kluge Menschen sich
Fragen stellten statt nur zu glauben
So hat etwa Madame Pompadour
Die auch die Enzyklopädisten stets
Vorm Zugriff der Kirche schützte
Durch ihren Einfluss beim König
Damit das große Projekt rettete
Aus eigener sexueller Erfahrung
Eine Studie gestartet um damit
Zu untersuchen ob die weibliche
Lust beim Sex mit dem Abstand
Von Klitoris und Scheideneingang
Zusammenhängt und darum viele
Frauen keine Befriedigung beim
Vaginalen Verkehr empfanden
Sie vermutete nach Messungen
Wie Befragungen vieler Frauen
Insoweit einen Zusammenhang
Den ihre Untersuchung bestätigte
Doch wurde diese Studie leider
Über Jahrhunderte vergessen
In den 70ern für Unsinn erklärt
Weil jede Frau einen G-Punkt hätte
Dort richtig simuliert kommen könnte
Was neueste Forschung widerlegte
Es gibt weder diesen Punkt noch
Können alle Frauen dort auch 
Befriedigung erfahren sondern
Wie eben diese Forschung zum
Nervus pudendus belegte hängt
Die weibliche Befriedigung allein
An diesem Nerv der bei manchen
Frauen vaginal stimulierbar ist
Aber bei der Mehrheit wohl nicht
Spannend daran ist dass dieser
Entscheidende Nerv bei Simulation
Anschwillt und damit entsprechend
Leichter von innen reizbar sein kann
Was wieder bestätigt was ein großer
Liebhaber wie Casanova schon zur
Zeit der Aufklärung schrieb dass es
Für die Lust der Frau auf die ganze
Stimmung in der Situation ankommt
Warum bloßes Drücken von Punkten
Selten zielführend ist es vielmehr
Angesichts der Komplexität der
Auch emotionalen Lage beim Sex
Auch bei sehr guter Kenntnis der
Anatomie darauf ankommt das
Richtige Gefühl miteinander zu finden
Um Vertrauen zu schaffen welches
Das sonst schmerzhafte Eindringen
Erst für beide angenehm macht
Weil es egal wo mit Lust leichter wird
Zwar lag die Pompadour noch nicht
Völlig richtig mit ihrer These auch
Weil noch wenig über den Nerv
Zu dieser Zeit überhaupt bekannt war
Hatte aber das richtige Gefühl
Dass die Klitoris als Ende des Nerv
Ein entscheidender Punkt ist es also
Auf sie oder was mit ihr passiert
Entscheidend doch ankommt um
Zum gemeinsamen Glück zu finden
Doch haben wir bis heute einen
Stärker von Mythologie vor allem
Des Christentums geprägten Blick
Auf die Sexualität als es der Natur
Wie ihrem Streben nach Befriedigung
Entspricht so wissen wir heute dass
Der nervus stärker anschwillt als
Das nur äußerlich manchmal auch
Stehende männliche Glied könnte
Auch ist die weibliche Potenz der
Männlichen vielfach überlegen
Was mit Einfühlungsvermögen
Jeder ehrliche Mann feststellt
Doch ist schon die Sprache dabei
Von patriarchaler Hierarchie viel
Stärker geprägt als die Natur zu
Beobachten wie sie wirklich ist
Wir sprechen davon dass Mann
In die Frau eindringt statt wie es
Genauso möglich ist zu sehen
Dass Frau Mann verschlingt
Er sich in dunkle Gefilde wagt
Sie wie es der Natur entspricht
Die potentere und stärkere ist
Woran sicher auch der elende
Kult um Jungfrauen schuld ist
Der das alte Bild bestätigt was
Heute getrost vergessen werden kann
Als Diener der weiblichen Lust
Kann Mann sich nur bemühen
Dieser Potenz gerecht zu werden
Dies vernünftig klar zu sehen
Wie es der Natur entspricht
In der die Eizelle vielfach größer
Als das winzige Sperrmium ist
Könnte die Verhältnis künftig
Auf vernünftige Weide klären
Weil die Dinge und auch der Sex
Sind als was wir sie betrachten
Physiologisch unterlegene Männer
Lassen sich künftig von Frauen
Verschlingen um ihrer unendlichen
Lust als bebendes Ereignis
Dienen zu dürfen was manche
Diskussion verändern könnte
Der Natur gerechter wieder würde
Dabei egal wo Frau dabei stärker
Stimulierbar ist bleibt sie am Ende
Dem mühsam stehenden Mann
Sexuell weit überlegen sie muss
Es nur so sehen wollen um es
Vollständig genießen zu können
Was zeigt wie sehr Wissen unseren
Blick auf die Welt verändern kann

jens tuengerthal 28.6.20

Samstag, 27. Juni 2020

Bluterbe

Hat das Erbrecht die patrilineare Verschiebung begünstigt und Frauen benachteiligt?

Gab es Unterschiede zwischen Adel, Bauern und Bürgertum?

Wie wirkte sich Reichtum und Besitz gegenüber Armut dabei aus?

Das Erbrecht, was mit der Renaissance aufkam, veränderte das Verhalten der Familien und die Haltung gegenüber den eigenen Kindern. Danach wurde die patrilineare Vererbung legitim und es brauchte nur noch einen Erben. Damit veränderte sich das Zeugungsverhalten.

Parallel dazu wurde für die Ärmsten und Alten die Sozialfürsorge der Kirchen und teilweise der Städte ausgebaut. Diese mussten damit zur sozialen Absicherung nicht mehr viele Kinder zeugen, woraufhin sich auch deren Zeugungsverhalten anpasste. Die Geburtenrate sank deutlich.

So zeigten Besitzbürgertum und Unterschicht aus verschiedenen Gründen ein paralleles Verhalten. Ähnlich verhielt es sich beim Adel, der hohe Kosten durch Hochzeiten verhindern und den Besitz beieinander halten wollte.

Mit dem Aufkommen des Buchdruck und der Reformation nahm die Bildung auch in breiten bürgerlichen Schichten zu. Bücher wurden plötzlich erschwinglich. Gleichzeitig traten die reicher werdenden Bürger, die sich eine gute Ausbildung oder ein Studium leisten konnten, an die Stelle des niederen Adels, der teilweise verarmte und mit dem aufkommenden Absolutismus an Bedeutung verlor.

Der Aufstieg der Bürger ging parallel mit der Verdrängung der Frauen aus dem Erbe durch die patrilinearen Strukturen. Sie wurden mit der Aussteuer finanziell abgefunden. Teilweise erbten sie beim Tod des Mannes vor den Kindern und brachten dies Vermögen dann in eine mögliche zweite Ehe ein, was die männlichen Erben der nächsten Generation benachteiligt hätte. Dem beugte das Erbrecht teilweise vor.

Eine Gleichstellung der Erben auch zwischen Ehefrau und Kindern, wie sie heute Gesetz ist, war lange nicht vorgesehen. Das Ziel den Besitz für die nächste Generation beieinander zu halten, also eine Teilung zwischen Erben zu verhindern, führte teilweiser zum Aussterben ganzer Linien, wenn einzelne Erben nicht überlebten.

So verhielten sich Besitzende und Arme ähnlich aus unterschiedlichen Gründen. Im Zusammenwirken mit Kriegen und Seuchen schrumpfte die Bevölkerung. Besitz ohne Erben ging statt in kirchliche eher in staatliche Hand, häufiger fanden sich noch entfernte Erben. Die Einführung des Erbrechts und der dort geregelten primogenitur der ältesten Söhne veränderte das Sozialverhalten wie wohl auch die Sexualität breiter Schichten.

Spannend wäre, ob das Aufkommen von Spielen und Festen zur Belustigung auch der Massen das Sexualverhalten veränderte. Verstärkte dies das Bedürfnis nach Fortpflanzung, förderte zumindest die sexuelle Lust mit der bekannten Folge oder lenkte es eher davon ab.

Wie hat sich der Ausschluss der Frauen durch das neue Erbrecht auf die Sexualität ausgewirkt?

Gibt es eine direkte Verbindung von Erbe und Sexualverhalten oder kommt dies nach der Natur unabhängig durch?

Inwiefern wurde so mit einem Erbrecht bis in die Schlafzimmer und den Sex hineinregiert?

Ist der Sex und seine Beherrschung der Schlüssel zum Verständnis der Entwicklung oder wirkte eine bloße Frage des Vermögens stärker als der Trieb?

Alles Fragen, die es künftig genauer zu erforschen gilt - auf den Sex zu schauen, könnte manches verständlicher machen.

jens tuengerthal 27.6.20

Illusionskontrolle

Es ist eine Illusion
Noch zu glauben
Wir könnten
Irgendwas oder irgendwen
Kontrollieren oder etwas
Wissen egal was es ist
In uns um uns
Oder über uns
Es sein zu lassen
Ist schwer genug
Nicht zu verzweifeln
Tägliche Aufgabe
Mehr bleibt nicht

jens tuengerthal 27.6.20

Freitag, 26. Juni 2020

Mutterlinien

Wie entwickelten sich die weiblichen Linien im von Männern dominierten System seit dem Mittelalter und wie könnte sich die Zukunft verändern?

Frauen wurden durch das Erstgeburtrecht der männlichen Linie immer weiter aus dem Besitz gedrängt. Älteste Söhne erbten, sofern sie nicht Kirchenämter übernahmen. Frauen wurden möglichst standesgemäß verheiratet, bekamen eine Aussteuer und verschwanden damit aus dem Bereich der Erben, wurden vom Eigentum ausgeschlossen und damit wirtschaftlich quasi ausgeschlossen, auf die Rolle als Mutter der Erben und Ehefrau beschränkt.

Frauen die nicht heirateten, standen nicht besser da. Ihnen wurde in großen Familien teilweise ein Gut zugewiesen, wenn sie nicht in Klöster oder Stifte abgeschoben wurden. Während früher ihr Erbe häufiger an die Kirche ging, schloss die primogenitur Regel dies aus und ihr Besitz fiel wieder ins möglichst ungeteilte Vermögen der Familie zurück.

Eine wichtige Rolle konnten in adligen Familien Frauen spielen, die etwa Äbtissinnen von Stiften mit großem Landbesitz wurden, die damit von der Macht her fast fürstlichen Bischöfen oder den Äbten reicher Klöster nahestanden, doch betraf das eher seltene Ausnahmen.

Praktisch wichtig und unentbehrlich aber waren Frauen von Anfang an für die soziale Stabilität und Integrität der Familie. Das Erbrecht hatte die Frauen und Mütter, die eigentlich nach der Natur die sicheren Vorfahren waren, weitgehend ausgeschlossen und damit das bloße Glaubensrecht zum faktischen gemacht, die männliche Linie mit dem Besitz verbunden - dafür waren Frauen für Ehre und Ansehen eines Hauses verantwortlich und somit die Repräsentanten der Würde eines Geschlechts. 

Was sich nach wenig anhört und für Frauen die Nebenfolge hatte, dass sie anders als die Männer in der Ehe zur Treue verpflichtet waren, auch um die Sicherheit und Kontinuität der Blutlinie zu gewährleisten, wurde mit Beginn des Kreditwesens in der Renaissance zum geldwerten Faktor. Die Ehre der Frauen galt als Stabilitätsfaktor, der mehr oder weniger kreditwürdig machte. Eine gute Ehe mit einer als treu geltenden Frau war eine Sicherheit für einen Kredit, die im täglichen Leben immer wichtiger wurden.

So brachte eine Scheidung nicht nur drohende soziale Ächtung - damals viel mehr als heute - sondern vor allem ein hohes finanzielles Risiko, was beide aneinander kettete. Am finanziellen Risiko hat sich beim Erwerb etwa von Eigenheimen bis heute nichts geändert und auch wenn die Treue einer Frau kein maßgeblicher Faktor für die Kreditvergabe mehr ist, hat doch eine Scheidung schon manchen in den Konkurs gestürzt.

Entgegen dem Frauen ausschließenden Erbrecht haben sich Frauen so über die Zeit eine relevantere Rolle erkämpft und konnten mehr mitbestimmen, hatten im engen Korsett der christlich-patriarchalen Struktur eine wichtige Rolle inne, bei der sie durch ihr Verhalten den Wert des Vermögens mitbestimmten.

Dies Denken blieb bis weit ins 20. Jahrhundert hinein normal. Eine Frau heiratete auch nominell in eine Familie ein, gab dafür ihren Namen und ihr Erbe auf, konnte aber durch ihr Verhalten zumindest indirekt den Wert eines Kredites und dessen Bedingungen mitbestimmen, was angesichts formaler Diskriminierung, die lange noch normal war, zumindest eine stärkere Position gab, als es das patriarchale System vorsah und das ausgerechnet durch das eher konservative Kreditwesen.

Heute sind diese Diskriminierungen zumindest formal abgeschafft. Die Ehe ist keine Versorgungsgemeinschaft mehr, sondern eine Zweckgemeinschaft auf meist emotionaler Basis, entsprechend anfällig und empfindlich. Die frühere Gütergemeinschaft wird häufig formal ausgeschlossen. Zwar ist die Scheidung in Deutschland noch teuer und aufwendiger als etwa in den USA aber nicht mehr sozial geächtet sondern eher normal. Damit hat sich die Bedeutung der Familie und ihre Rolle vollständig gewandelt.

Familie soll dem Vergnügen dienen und möglichst nett sein, sonst wird bald mit Traditionen gebrochen, die ihren Zusammenhang verloren haben. Spannend wäre, welches Modell von Familie der Zukunft in einer egalitären Gesellschaft am ehesten entspricht.

Was können wir vom alten Modell noch übernehmen, was auf keinen Fall und was bleibt ohne das eine oder andere noch übrig?

Wieviel gutes vom alten Modell sozialer Sicherheit sollten wir in die Zukunft retten, was dagegen muss dringend vergessen werden?

Wie oft leben wir im Zwischenraum, der früher wie heute unklar definierte und müssen uns darum neue Orientierung suchen?

Wie kann die Familie der Zukunft aussehen und welche Sicherheit könnte sie bieten?

Geht es von der vielfach gescheiterten romantischen Ehe, die primär nur auf Gefühl basiert, wieder zurück zum Zweckbündnis, das mehr Sicherheit und Stabilität bietet?

Was ist der Schlüssel zum Glück unter den Bedingungen der Gleichberechtigung für die Familie der Zukunft?

Für wen wird es damit schwerer?

Viele Fragen, auf die ich noch keine Antwort habe, aber über die nachzudenken, die Zukunft entscheidend mitgestalten kann, statt sie nur zu erleben.

jens tuengerthal 26.6.20