Sonntag, 11. Mai 2025

Lektürentagebuch 11.5.25

Lektürentagebuch 11.5.25

Mit Marcello Fois wieder nach Sardinien
In Mercede und der Meisterschmied
Krümmt sich Gavino unter Tränen
Als ihm der Tod Luigis bewusst wird

Intensive emotionale Erfahrungen mit
Begegnungen in seinen Gedanken wie
Mit Vater Mutter und Schwester real
Worte wie es wirklich war damals

Nur wenige Seiten dieses großen
Sardischen Roman genügen mich
Ganz in die Welt der Insel zu ziehen
Die besondere Situation zu erfühlen

Es ist eine irgendwie fremde ferne
Welt auf der Insel aus anderen Zeiten
Die Fois hier erschuf sie ist zugleich
Nah und vertraut wie die eigene Familie 

Du bist Teil dieser Geschichte deren
Protagonisten du lange schon begleitest
Durch Krisen wie großes Glück auf dem
Weg zum uns allen sicheren Ende

So verliert der immer wieder präsente Tod
Seinen Schrecken auch ohne sich danach
Ein besseres Reich zu erhoffen als ein Teil
Der zu erzählenden Geschichte eben

Es bleibt ein Kommen und Gehen was
Vielleicht für Momente erregend schön 
Ansonsten dem Lauf der Dinge folgt
Die noch zu erledigen halt sind


Von der Insel ging es in die Berge
Nach Davos wo Hans Castorp mit
Seinem Vetter Joachim Ziemßen 
Herrn Naphta besuchen geht

Schon der Weg zu ihm wo ein
Diener im Gewand sie ankündigt
Hat gleich etwas vertraut fremdes
Das mit klassischen Vorurteilen spielt

Der Schneider hat natürlich eine 
Große prominente Nase wie den
Schnurrbart der die Mundwinkel 
Gleich nach unten noch zieht

Einsilbig mit böhmischen Klang
Wie schon der Name Lukaçek
Es vermuten ließ grüßte er mit
Grüetsi im hiesigen Dialekt 

Das Zimmer von Naphta jedoch
Der wie Settembrini nur Aftermieter
Des Schneiders Lukaçek war
Versetzte die Besucher in Erstaunen

Als würden sie einen Palast betreten
Offenbarte sich hier eine andere Welt 
Mit viel Mahagoni und grüner Seide 
Die Bücherschränke mit Glastüren 

Doch diese schon verschlossene
Bibliothek verbarg sich noch dazu
Hinter ebenfalls grüner Seide die auch
Freie Stellen der Wände bedeckte 

Eine Pieta aus dem 13. Jahrhundert
Von einem unbekannten rheinischen 
Meister zog die Blicke hier auf sich
Mit Wunden grausamer Hässlichkeit 

Auch der Mahagoni Schreibtisch ist
Eigentlich ein Sekretär mit Rolldach 
Feine barocke Sessel mit edel
Gepolsterten Armlehnen warteten

Dazu noch ein Sofa im gleichen Stil
Wie ein warmer weicher grüner Teppich
Vollenden das Bild der reichen Stube
In der ein Ordensmann im Luxus lebt

Ironischerweise negiert Naphta die 
Bedeutung materieller Dinge zugleich
Betont den Wert des spirituellen der
In geistigen Welten doch allein läge

Diese Gegensätze in der Person
Naphtas als Kirchenmann im Luxus
Gegen Settembrini als nüchternem
Schlicht eingerichteter Humanist


In Flauberts Bücherwahn nun in
Barcelona angekommen wo gerade
Eine Versteigerung stattfindet die
Allererste in Spanien gedruckte Bibel

Diese Bibel musste Giacomo haben
Der meinte Geld genug zu haben 
Gut vorbereitet und rechtzeitig am
Entscheidenden Tag kommt er an 

Eine kleine Bieterschlacht mit seinem
Schärfsten Konkurrenten treibt den 
Preis bis auf 600 von 60 aus hinauf
Die er sich noch gut leisten kann

Er bekommt das Buch seiner Träume
Das allererste in Spanien gedruckte 
Durch eine Reihe von Händen gereicht
Die es alle vorher staunend betrachten

Dann ist der Band bei ihm und er
Trägt ihn nach Hause wie jeden
Anderen Einkauf auch als wäre es
Erworben bezahlt wertlos geworden

Mit starken Bildern aber kleinen Fehlern
Spinnt Flaubert die Geschichte um den
Bücherwahnsinnigen Mönch weiter den
Die Erfüllung seiner Träume enttäuscht

Die kleinen Fehlern mögen aber alle 
Leserinnen selbst suchen ich verpetze
Niemanden und es erhöht die Spannung
Bei der Lektüre des netten Bücherwahn


Was Franz Hessel nun von Backofen
Überschuhen und Schweinchen erzählt
Ist trotz Krieg Zerfall Verlust und Tod so
Wundervoll dass es eine Freude war

Den Backofen suchte er mit einem
Kameraden vor dem Morgenappell
Beim dort Bäcker mit noch warmen
Brötchen für ein kleines Glück auf

Die Überschuhe waren heiß geliebtes
Kleidungsstück des Mädchens in ihrem
Pensionat was sie abgeben sollte weil
Sie im Frühling schon abgetragen waren

Auf den verzweifelten Blick der Schülerin
Meinte die Erzieherin ganz mild über
Den Sommer würden sie noch genügen
Was zeigt wie groß kleines Glück wird

Das Schweinchen erinnert ihn an einen
Metzger in Paris der das Fleisch wie die 
Köpfe der Tiere wunderbar dekorierte
Dass es eine Freude war sie zu sehen

Dieser warb mit einem Plakat auf dem
Ein Mädchen ein weinendes Schwein 
Tröstet indem es zu ihm sagt es käme
Zu diesem Metzger dort ginge es ihm gut

So hängt an der Betrachtung der Dinge
Die kleines Glück ganz groß machen
Manchmal mehr als an der Wirklichkeit
Die je nach Blickwinkel uns scheint

Liebevoll plaudert der große Flaneur 
Hessel hier in kleinen Miniaturen die
Einen konstruktiven Blick zeigen
Der noch dazu voller Gefühl ist

jens tuengerthal 11.5.25

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