Sonntag, 21. Juli 2024

Lektürentagebuch 21/7/24

Lektürentagebuch 21/7/24

Den heißesten Tag des bisherigen
Sommers unter Bäumen am See
Verbracht statt hinter dem Ventilator
Was gut tat und glücklich machte

Dazu noch über Stunden statt auf
Dem Diwan in der Hängematte ganz
Entspannt lesen dürfen was den Tag
Noch weiter schaukelnd verzauberte

Mangels Auswahl am See war die
Lektüre auf Fred Hildebrandt nun
Beschränkt in seinen Erinnerungen
Aus den Jahren 1922 bis 1932

Der Band in dem mich bei der letzten
Lektüre seine Eitelkeit wirklich nervte
Überraschte mich heute so positiv
Dass es gleich vier Anekdoten wurden

Beginnend mit dem Reiter auf dem Araber
In der er seine Eitelkeit wie die Blamage
Auf humorvoll feine Art hochnahm als ihn
Ein dicker Ägypter einfach vorführte

Er zeigte auf einen anderen der gegen
Konventionen die er kannte verstieß
Ohne irgendetwas über ihn zu wissen
Kein guter Reitersmann sein konnte

Doch er bewies ihm ungefragt das
Gegenteil und führte seine eigenen
Vorurteile als nur passabler Reiter vor
Lässt es sogar noch humorvoll enden

Eine Geschichte die Größe so sehr
Wie Stil bewies wie die Eitelkeiten
Einer Gruppe bei gleichzeitig völliger
Ahnungslosigkeit dazu vorführte

Wer je Reitstunden im Verein hatte
Den Klüngel unter Reitern kennt wie
Aus den Erzählungen meiner Großmutter
Weiß wovon und der Autor erzählte

Wunderbar beschrieb er auch den
Roten Schal der alternden Isodora Duncan
Der etwas heruntergekommene Star
Welcher ihn zu einem Termin bittet

Jener Schal der tödlich enden ließ
Was sich zuvor noch in große Dramen
In seinem bereits Untergang verwickelte
Als Sinnbild für Alter und Hoffnung

Den er die längst hoffnungslose einst
Große schon fast erwürgen sieht sollte
Dies willenlos am Ende tatsächlich tun
Als er in Paris in die Speichen geriet

Die Geschichte vom Presseempfang
Bei Ernst Rowohlt der Moselwein liebte
Was ich noch nie verstand nicht nur
Weil ich diesen selten je vertrug

Schön plaudernd erzählt Hildebrandt
Wie Rowohlt mit Sinclair Lewis die
Berliner Presse mit einem schlichten
Falschen Bart für den Autor vorführte

Eigentlich vorführen wollte weil diese
Den Witz schlicht übergingen um so
Die Blamage in Grenzen zu halten
Doch erfährt der Leser noch ganz

Nebenbei wie Tagore als Dichter den
Literaturnobelpreis erhielt und sich da
Der gute Samuel Fischer der ihn noch
Kurz vorher als Autor ablehnte ärgerte

Ein anderer kleiner Münchner Verleger
Dafür um so mehr freute während der
Gute Ernst Rowohlt gern Gläser zerbiss
Was ich bei Moselwein aber verstehe

Zum Abschluss bevor es vom See heim
In die überheizte Stadt ging las ich noch
Immer in der Hängematte von seiner
Begengung mit Thomas Mann also

Dem Hausgott des atheistischen Dichters
Dieser Zeilen und warum er ihn danach
Noch mehr bewunderte wie mit ihm über
Ein Theaterstück seiner Kinder plauderte

Wie er ihn menschlich bewundert als eine
Wahre Größe er hatte da ja schon den
Literaturnobelpreis für seine Buddenbrooks
Von der Akademie verliehen bekommen

So ist diese Begegnung vielfältig aufgebaut
Mit einem Autor den er ungern selbst liest
Weil er ihn gefühlskalt findet den er aber
Für seine Sprache und Größe bewundert

Welcher dieser Sätze ist ehrlich was dafür
Dreist imitierend nur gelogen um alle die
Ahnungslos eher so reden vorzuführen
Fragen sich die Kenner Manns hier

Erzählt nebenbei von dem einst großen
Konflikt zwischen Gründgens und Klaus Mann
Der den Exmann seiner Schwester Erika in
Seinem überschätzten Mephisto karikierte

Doch was sollen sie alle sich mühen wo
Keiner sprachlich den Vater je erreichte
Den Zauberer wie sie ihn nannte dem die
Worte wie die Ironie magisch gehorchten

Auch Bruder Heinrich obwohl noch für die
Massen und den Film teils erfolgreich dank
Einer Schauspielerin reichte nie an ihn heran
Fand nur im Henri Quatre einen Abschluss

Der so gut lesbar wie kulturhistorisch nicht
Völlig unbedeutend eine Epoche ausmalt
Aber keine eigene literarische Stimme wurde
Die Thomas Mann als Autor wie Goethe hatte

All dies klingt mit in dem kleinen Bericht vom
Zusammentreffen mit Thomas Mann was eine
Blasphemie zugleich enthielt wie ganz große
Konflikte dabei lächelnd vielfältig andeutet

Zwischen den Zeilen wird lesbar da schreibt
Ein guter Kenner der Werke Manns der sich
Nur als ironischer Witz eine typische Kritik
An Thomas Mann noch zu eigen machte

Dies um das Vorurteil elegant vorzuführen
Wie den deutschen Nationalismus der sich
Nicht für Hitler rechtfertigen will und sich
Von Thomas Mann als Exilant vorgeführt sah

Hier brilliert Fred Hildebrandt wirklich mit
Einer doppelt verschränkten Ironie welche
Den Stil Thomas Manns so elegant wie fein
Machte was dessen Wesen ganz entsprach

Er führt uns den großen Menschen vor der
Thomas Mann als Gentleman auch war so
Unnahbar er vielen schien die ihm seine
Aufrufe aus den USA übel nahmen

Würden sie ihn nicht Flüchtling oder
Vaterlandsverräter nennen müssten sie
Sich als willenlose Nachbeter zeigen
Was die meisten sicher auch waren

So war die Diskussion in den Feuilletons
Der Nachkriegszeit wenn es um Mann als
Autor und Flüchtling der nie zurückkehrte
Wie auch die DDR noch besuchte ging

All dies deutet er nebenbei dezent an
Spielt mit dem Tod in Zürich wo einer
Verstarb der zu den Besten gehört wie
Dieser feine kleine Text endet der

Eine unerwartete Oder auf Thomas Mann
So sehr ist wie es die Kritiker vorführte
Ihre Partei dabei lächerlich noch ergriff
Genau dies damit deutlich zu machen

So macht sich Hildebrandt zum Narren
Der einfach nachplappert was geredet
Wurde in reaktionären Kreisen noch bis
In meine Jugend sogar zu hören war

Gerade von jenen die im Land blieben
Mitliefen oder dezent nur widerstanden
Wurde Mann das Exil vorgehalten wie
Willy Brandt auch neben dessen Name

Die Welt hat sich seitdem sehr gewandelt
Exil ist keine Schande sondern wir wissen
Wie nötig es war um noch gerade den
Drohenden Maßnahmen zuvor zu kommen

Hildebrandt schreibt von einer Begegnung
Die in den späten Zwanzigern schon nach
Dem Nobelpreis von 1929 stattfand der
Seltsam blind den Zauberberg ignorierte

Deutet seine Bewunderung in Floskeln an
Verbrüdert sich scheinbar mit den Kritikern
Um sie so indirekt noch alle vorzuführen
Wie damit auch meine Großeltern denn

Diese Worte kannte ich aus der Familie
Bei der Nazis als unfeine Proleten galten
Aber Hindenburg als Nachbar geschätzt
Deutschnational noch lange als gut galt

All diese führt ein kluger Fred Hildebrandt
Mit seiner Vorstellung von Thomas Mann
Der fehlerlos genial jedem hier erscheint
Was jede Vorhaltung kleinlich macht vor

So kleinlich wie peinlich was manche erst
Langsam zu erkennen lernen denn wie
Dieses Lob des großen Thomas Mann endet
Gehört er zu den Besten die wir je hatten

Danach kommt nichts mehr und auch
Die Hängematte wurde wieder in ihrem
Kleinen Beutel verstaut dazu gibt es
Nichts mehr zu ergänzen Mann bleibt

Die Ausreden ihn nicht zu schätzen sind
Meist Offenbarungen eigener Schwächen
Wer den kleinen Klaus hochhält seines so
Ehrenwerten Antifaschismus wegen sollte

Nicht über Literatur sondern über eine bloß
Politische Frage allein reden weil es nie
Mehr wird als ideologische Pamphlete die
Eine Richtung klar erkennen lassen

Thomas Mann bleibt der Beste und nahezu
Alle Kritik an diesem ironischen Meister hat
Nur ideologische Zwänge offenbart wo es
Nicht bloße Missgunst nur war wie so oft

jens tuengerthal 21.7.24

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