Weihnachten ist das Fest der Liebe und das kann jeder sehen, der heute durch den Alptraum einer Schopping-Mall spaziert. Neben der teils glitzernden Dekoration mit den üblichen Zutaten in grün und rot, die wir dem Coca-Cola Konzern so verdanken wie den rot gekleideten Weihnachtsmann, der Trendsetter bis heute wurde, hängt nie so viel erotische Wäsche mit viel rot in den einschlägigen Schaufenstern.
Was früher nur Beate Uhse Läden präsentierten, die inzwischen den Konkurs anmeldeten, um zu retten, was von der Erotik noch zu retten ist, gibt es heute in nahezu jedem Schaufenster von Läden, die auch mit Damenunterbekleidung handeln. Die übrigen nutzen zumindest irgendwie erotisch rote Elemente, weil jeder weiß, Sex sells, die Lust verkauft sich besser. Weihnachten ist das Fest des Konsums und der wird durch die überall rote Wäsche noch angeregt.
Die Erotik ist immer präsenter, während bei Facebook und an manch anderem Ort des virtuellen Lebens in normaler amerikanischer Prüderie jeder nackte Busen und alles Schamhaar zensiert wird. Wir leben in Zeiten von #MeToo - die ungefragte Sexualität wird kriminalisiert, Frauen wehren sich gegen die Sexualisierung im Alltag und gegen unerwünschte Belästigung und Nötigung. Männer ziehen sich dezent zurück, um nicht der sexuellen Belästigung geziehen zu werden und die Täter werden öffentlich angeprangert. Der Schandpfahl ist virtuell wieder präsent und manch abgewiesene Liebhaberin rächt sich, indem sie den desinteressierten Mann als Triebtäter diffamiert. Erotik ist schon halb kriminell und Mann geht dem ohne ausdrückliche Aufforderung besser aus dem Weg.
Öffentliche Erotik zum Fest der Liebe mit roter reizvoller Wäsche, oder zumindest solcher, die so scheinen möchte steht der neuen Tabuisierung gegenüber und betretene Männer laufen mit gesenktem Blick durch die Einkaufszentren und kaufen das notwendigste zielgerichtet ein. Werden die Damen, die nicht mehr als Sexualobjekt gesehen werden wollen und sich gegen die Sexualisierung des Alltags und die überall kriminelle Anmache wehren, durch die lustvolle Präsentation von roter Wäsche zum Konsum angeregt oder sollen diese abgeschreckt werden?
So fragt Mann sich beim Gang durch die überdachten Konsumtempel, ob die stete Präsenz der Lust pädagogische Zwecke verfolgt - ist es am Ende ein Kontrapunkt zu #MeToo, soll den wenigen noch lustvollen Frauen zeigen, ihr seid nicht allein, was ihr wollt ist normal und natürlich und sollte nie und nirgendwo ein Tabu sein?
Oder ist der Advent für uns Männer die große Prüfung für das Fest der Liebe, ob wir unerregt diese Orte durchschreiten, uns nur auf die eine und tiefe Gefühle konzentrieren können, ohne uns von primitiven Reizen der Weiblichkeit ablenken zu lassen und nur, wenn wir diese stete Prüfung überstehen, die Angebote konsequent ignorieren und nicht meinen den Damen unseres Herzens solch reizvolle Wäsche schenken zu müssen, vielleicht aus Liebe doch noch mal Zugang zum Ort der Träume zu erhalten?
So sehe ich die Männer mit gesenktem Blick durch diese unheiligen Hallen des Konsums und der Erotik wandeln und den Damen ausweichen, um nur kein Missverständnis aufkommen zu lassen - was wäre auch peinlicher als ausgerechnet kurz vor Weihnachten von irgendeiner mehr oder weniger bunt gefärbten Verkäuferin beim Blick ins Schaufenster mit Wäsche erwischt zu werden? Wie wiche Mann da noch dem Verdacht unsittlicher Gedanken glaubwürdig aus?
Um so gelöster dagegen sind die Männer in den Technikläden oder überall da, wo keinerlei Erotik zu befürchten steht. Es ist nicht so, dass alle Männer technikaffin wären und sich gerne mit diesem Unsinn beschäftigen, viel mehr schauten gern genüsslich schöne Wäsche an oder schauten Damen bei der Auswahl solcher zu - doch das verbietet sich ja, wollen wir nicht gleich darauf wetten am nächsten #MeToo Marterpfahl gefesselt und öffentlich diskriminiert zu werden.
Wohin führt uns diese Spannungssituation zwischen #MeToo und Dauerberieselung mit erotischen Reizen in allen Konsumhallen?
Zur Schizophrenie der meisten normalen Männer bald wie zur dauerhaften Frustration der letzten noch sexuell aktiven Frauen, weil Mann sich hüten wird, noch die Initiative zu ergreifen und beide frustriert alleine bleiben. Sehe diese ganzen frustrierten Männer durch die Center schleichen, die Arme voller Geschenke, die sie gerade noch von der Dame im Engelskostüm, die ihre schwarze Reizwäsche überaus sichtbar werden ließ, eingepackt wurden, alle professionell anlächelt und denke mir schon, dass sie sich im nächsten einsamen Moment einen runterholen, um dieser permanenten Reizüberflutung, der sie nicht nachgeben dürfen, Herr zu werden.
Wir leben in einem Zeitalter neuer Prüderie bei gleichzeitiger permanenter Sexualisierung und die Männer sehen sich, wenn sie der klassischen Rolle des Eroberers noch gerne nachgeben würden, der permanenten Gefahr öffentlicher Diskriminierung ausgesetzt. Diese Gefahr besteht bekanntermaßen auch, wenn es gar keine sexuellen Bedürfnisse oder Kontakte gab aber dafür eine einseitige emotionale Frustration, die durch Bezichtigung kompensiert werden soll. Die Anzeige oder heute öffentliche virtuelle Bezichtigung hängt wie ein Damoklesschwert über allen Kontakten - und da wundern sich Frauen noch über die zunehmende männliche Impotenz?
Ein größerer Teil der Frauen sieht den Sex ohnehin eher als eine Dienstleistung, die sie für den Bestand der Beziehung erbringen müssen, denn wichtiger ist ihnen eigentlich Kuscheln Nähe, manchmal Zärtlichkeit und sich in einer Beziehung geborgen und angekommen zu fühlen - dafür wird der Sex eben in Kauf genommen, wenn nötig - aber dieses Thema erledigt sich ja auch gerade für all die Frauen, die nie Befriedigung dabei empfanden, zu voller Zufriedenheit im Kometenschweif von #MeToo - welcher Mann wird da noch die Initiative ergreifen, gar einen sexuellen Gedanken hegen?
Da zieht sich Mann hoffentlich unbelästigt zurück und freut sich im Technikmarkt ohne jede Gefährdung zu sein. Dort vielleicht harmlos zwischen Toaster und Trockner präsentierte Massagestäbe werden geflissentlich übersehen - wer traute sich schon den neuen Frigiden so etwas unter den Weihnachtsbaum zu legen, wozu auch? Die wenigsten können etwas damit anfangen und die es könnten, werden sich besser selbst damit versorgen - warum sollte Mann auch für seinen eigenen Satz dort sorgen und die kühneren Träume echter Erotiker wagt ja heute keiner mehr öffentlich zu äußern, geschweige denn zu denken, denn die Gedanken sind in der erotisch belagerten Vorweihnachtszeit so unfrei wie nie.
“An was denkst du Schatz” - die typisch weibliche Frage, gern auch unterm Weihnachtsbaum gestellt, will keine ehrliche Antwort, etwa “ich dachte gerade an den Schaltplan des Roboters im Spielzeugladen” oder “dachte gerade an die geile Wäsche im Schaufenster von XY”, sondern einzig die formelhafte Wiederholung der Liebe und hat als bestmögliche Antwort “nur an dich und unsere Liebe mein Schatz”. Das muss sich Mann merken, um heil durch die erotisch aufgeladene Weihnachtswelt zu lavieren. Wer das Glück hat eine sexuell aktive Frau zu haben, sollte mit ihr zusammen in solche Läden gehen oder noch besser online einkaufen, um mehr Zeit mit einem solchen Traum von Frau in erregender Zweisamkeit zu verbringen - alle übrigen sollten das Thema lieber abhaken und sich, bis der letzte Akt des öffentlichen #MeToo Dramas gegeben wurde, in onanierender Enthaltsamkeit üben, weil es langfristig lohnender und billiger ist.
Die Erotik als Verkaufsschlager der Vorweihnachtszeit in rot ist eine Form der Prüfung, auf die es nur eine Antwort des freien Mannes geben kann, Enthaltsamkeit auf ganzer Linie, um nicht zum nächsten Opfer öffentlicher Diffamierung zu werden, falls er es wagen sollte den dort geweckten primären Reizen auch nur in Gedanken nachzugeben. Dies wird zwar Frau auch nicht befriedigen, bei den ohnehin dabei meist unbefriedigten ist es egal und die übrigen, werden sich schon zu helfen wissen. So wird #MeToo in Kombination mit dem Erotik-Terror des Advent das Aussterben der gebildeten Schichten noch rasant beschleunigen. Die schlichteren Gemüter werden weiter ihren Trieben nachgeben und sich entsprechend überproportional vermehren, was zwar das Rentenproblem nominal lösen könnte, eine Spitzenposition bei Pisa aber dauerhaft in weiter Ferne rückt.
Damit stirbt das Bürgertum immer schneller aus und der Staat kann die sich noch fortpflanzende schlichtere Schicht einfach verwalten, warum auch keiner viel unternehmen wird, um diesen Vorgang noch zu unterbrechen. So gesehen mag die vorweihnachtliche Erotik dramatische Folgen haben für die Bevölkerungsentwicklung und die Kultur einer Gesellschaft, doch Mann sollte sich hüten dieses Thema anzusprechen - wenn er das Glück hat mit einer der wenigen Exemplare zusammen zu leben, die noch zu genießen wissen, sollte er sich freuen und selbiges tun, ansonsten gilt, abwarten und Tee tinken, was ohnehin die immer bessere Alternative zum nur noch theoretisch angepriesenen Sex wird in einer Gesellschaft, in der jeder alles kennt und ausprobierte.
Das ist alles nicht schlimm oder tragisch, nur der ganz normale Wahnsinn und nebenbei sollen wir Männer uns bitte noch bemühen, die Opfer ernst zu nehmen, uns nicht unseren Trieben hingeben, sich keinesfalls von billiger erotischer Werbung verführen lassen aber bitte mit einer wunderbaren Latte bereit stehen, wenn die Dame es zufällig wünscht. Beruhigend daran ist nur, dass der hohe Anteil weiblicher Hormone im Trinkwasser heutiger Großstädte, dank reichlich Pillenurin, von allein für immer mehr Impotenz und Lustlosigkeit sorgt, der Rückzug der Männer für diese also ganz natürlich und leicht wird.
So sterben manche Gesellschaften eben aus, wenn ihre Zeit vorbei ist und das deutlichste Zeichen dafür ist die Tabuisierung der Sexualität bei gleichzeitiger Sexualisierung des Alltags. Das ist nicht schlimm sondern eben der Lauf der Dinge. Wer noch in der seltenen Ausnahmesituation lebt mit seiner Partnerin den Sex zu genießen und nicht teuer bezahlen zu müssen, sollte es still genießen, damit nicht zu viele Neider kommen und einen solchen Schatz in der Vorweihnachtszeit gut hüten. Der Rest sei auch zum Ende hin an seine Hände verwiesen, denn, wie uns die vorweihnachtliche Dekoration lehrt, uns schon Walter in seinen Tagebüchern schrieb und was auch die Bibel andeutet - Sex ist eine Ware und in Zeiten von #MeToo ist der Preis zu hoch, während dieser Inflation sollten Männer lieber in andere Werte investieren, sich enthalten und zurückziehen - am Ende bleibt meist nur viel Lärm um nichts - während der Gewinn ruhig gelesener Minuten durch nahezu nichts aufzuwiegen ist, was auf diesem Markt angeboten wird. Bei wem es anders ist, der genieße es, was ich nun auch lieber tue und darum dieses vorweihnachtliche Essay zur Weihnachtserotik beende.
jens tuengerthal 19.12.2017
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