Freitag, 1. Dezember 2017

Unvergleichlich

Nach einem Termin mit der besten aller Töchter in der Friedrichstraße nahe dem dortigen Bahnhof bin ich heute Gleisen und Spree folgend zum Bode Museum flaniert, um durch die unvergleichlich schönen Räume dort zu schreiten und die Sonderausstellung Unvergleichlich zu betrachten, die herausragende Künstler Afrikas der dortigen Skulpturensammlung gegenüberstellt.

Schon mehrfach hatte ich auf meinen nächtlichen Wanderungen durch die Stadt die Fahnen mit den afrikanischen Kunstwerken und das Logo der Ausstellung am ehrwürdigen Bode wehen sehen. Schon am Abend vor der Eröffnung hatte ich noch die Ausstellungsmacher zu später Stunde beobachtet und mich gefragt, wie sie dies ungewöhnliche Konzept wohl realisieren würden und ob sie nun das Unvergleichliche doch als Vergleich nur gegenüberstellen.

Das bald Humboldt Forum, das zur Heimat der ethnologischen Sammlung wird, die bisher in Dahlem stand, fiel mir dabei ein und ich fragte mich, ob eine solch gewagter Versuch gut gehen kann oder nur zu einem unverbundenen Mischmasch wird, in dem irgendwie auch koloniale Sammlungen eine Art Kultur-Zoo bilden, den Europäer, von der Warte ihrer historischen Überlegenheit aus, staunend betrachten.

So ganz konnte ich diesen Verdacht auch bei der Präsentation der ethnologischen Sammlung im wieder aufgebauten Schloss an zentralster Stelle der Hauptstadt nie leugnen, so fasziniert ich andererseits von der Idee des Humboldt Forums und dem Denken seines Gründungsdirektors Ian MacGregor bin. Auch darum ist diese Ausstellung so wichtig  und gibt einen Hinweis auf künftige Wege, zeigt Antworten auf die Frage, ob uns ein respektvoller Umgang gelingt oder wir uns immer nur als eben Europäer im Menschen-Zoo mit Kulturgütern amüsieren.

Die experimentelle Gegenüberstellung von Kunstwerken aus zwei Kontinenten, Afrika und Europa thematisiert mögliche Zusammenhänge auf verschiedenen Ebenen. Inmitten der bekannten Sammlung tauchen plötzlich afrikanische Masken und Kunstwerke auf, die zeigen, wie die Auseinandersetzung mit zentralen Fragen des Lebens hier und dort erfolgt. Spannend ist hierbei die funktionale Übereinstimmung trotz völlig unterschiedlicher Formensprache, bei der wir in unseren Gewohnheiten gestört und hinterfragt werden.

So dienen Kraftfiguren aus dem Kongo dem gleichen Zweck wie gotische Madonnen. Sie sollen höheren Beistand beschwören und uns Ängste nehmen, auch wenn ihr Glaube sie erst beschwört. Doch werden im Gegenüber auch Unterschiede deutlich etwa in der Rolle  der Mutter oder dem Verhältnis der Geschlechter.

Jeder Besuch im Museum lässt uns vergleichen und interpretieren, was wir sehen. Auch hier vergleichen wir natürlich und stellen doch auch deutliche Unterschiede fest. Fragte mich sogleich, dem Titel entsprechend und wider die thematisch parallele Präsentation, ob diese Objekte nicht alle unvergleichlich sind, weil Kulturen eben unterschiedlich sind und bleiben.

Die Objekte standen einst gemeinsam in der Kunstkammer der Herrscher von Brandenburg Preußen, wenn sie nicht erst zur Abrundung der Sammlungen nach dem Untergang Preußens erworben wurden. So wird das Bode-Museum zur experimentellen Kunstkammer, die über die Grenzen ihrer Gattung hinausgreift und Brücken schlägt.

Spannend schien mir bei Betrachtung der Objekte die Frage, warum die einen klar der ethnologischen Sammlung zugeordnet wurden, während die anderen zur hehren Kunst erhoben wurden, auch wenn sie ähnlichen Zwecken dienten, vergleichbar hohes Geschick zu ihrer Herstellung bedürfen.

Wieviel Denken in rassistischen Kategorien steckte schon in der Klassifizierung verschiedenster Gegenstände aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt als ethnologische Objekte zur Erforschung fremder Kulturen einerseits und als hohe Kunst andererseits?

Die Zuordnung des vergleichbaren, das doch aus unvergleichlichen Kulturen stammt, klassifizierte bereits und unterschied die hohe europäische Kunst vom bloßen Kult der Afrikaner und spiegelt damit eine Haltung, die irgendwann zur Sklaverei führte. Diese Kulturen wurden früher die Primitiven genannt und hinterfragen wir unsere Wortwahl und die Art der Betrachtung der teilweise dem gleichen Zweck dienenden Objekte erfahren wir auch viel über unsere Vorurteile und inneren Grenzen, was zumindest die Chance gibt den eigenen engen Horizont zu erweitern.

Bis zur Eröffnung des Humboldt Forums bleiben diese Objekte aus der ethnologischen Sammlung, die Meisterwerke afrikanischer Kunst sind, im Bode Museum sichtbar. Das ist gut so und hebt sie endlich aus der nur Betrachtung fremder Kultur auf die Ebene der Kunst, lässt beide nebeneinander stehen.

Natürlich vergleiche ich und ertappe mich zugleich in den Mustern meines Denkens, werde überrascht und lerne immer wieder neu hinterfragen, öffne meinen Blick für das Fremde, das mir in der längst gewohnten Umgebung unserer Kunst näher kommt und oft so vertraut wirkt. Einige afrikanische Objekte waren schon immer auch in der Sammlung Berggruen zu sehen, öffnen dort den Blick für die Einflüsse auf die Moderne, die als europäische Avantgarde dort neue Formen des Ausdrucks erkannte und sich von ihnen inspirieren ließ. War das nun ein Blick zurück auf die eigenen Wurzeln oder Ausbruch aus der Strenge europäischer Formen, die uns über Jahrhunderte von unseren Wurzeln entfernt haben könnte.

Bin mit afrikanische Kunst aufgewachsen, die neben Werken der europäischen Kultur im Haus meiner Eltern steht und teilweise etwa, wie der alte Häuptlingsstuhl, der aus einem Stück Stamm geschnitzt wurde, mitlebt im Alltag meiner Familie. Liebend gern erzählt mein Vater immer wieder die Geschichte der Masken oder Kultgegenstände und so hatte diese Ausstellung, so sehr ich damit teilweise fremdelte, weil sie die Gewohnheiten in einer mir eigentlich wohl vertrauten Umgebung, die auch das Bode in den letzten Jahren mir wurde, bei dem ich schon lange blind mich zurechtfände, auch etwas ganz vertrautes für mich.

Da ich die Sammlung, wie gerade erwähnt, ein wenig kenne, lief ich heute nur auf der Suche nach den in den Räumen aufgestellten Vergleichsobjekten durch das Haus. Begann in der Kapelle, die der christlichen Kunst der italienischen Renaissance gewidmet ist und an deren Eingang schon eine großartige afrikanische Figur mich begrüßte, ging dann weiter durch die an der Westseite zur Spree gelegenen Räume in denen sich viele großartige Kunstwerke der Renaissance finden, zu denen die afrikanischen Kunstwerke einen wunderbaren Kontrapunkt darstellen.

Im am Ende gelegenen Treppenhaus ging ich zunächst ins Untergeschoss, wo bei spärlicher Beleuchtung frühe christliche Kunst mit der meist jüngeren afrikanischen Kunst korrespondierte und viele Fragen stellte über die Art der Wahrnehmung in den so scheinbar verschiedenen Kulturen.

Was macht das Menschsein dabei aus und auf welche Art stellt die jeweilige Kultur die Fragen, bei denen wir nach Antworten suchen?

Wer ist näher am Menschen und seiner Natur?

Welche Kunst berührt mich heute stärker?

Fremd scheinen mir manch großartige mittelalterliche Kunstwerke, berührend nah dagegen oft die afrikanische Kunst. Besonders deutlich schien mir der Gegensatz bei den Werken der Gotik oder auch bei Riemenschneider, dessen Meisterwerke der Schnitzkunst so lebendig scheinen, denen gegenüber die afrikanischen Objekte fast schlicht symbolistisch wirken, wenn auch nicht weniger berührend. Dies kehrte sich einen Raum weiter in der Gegenüberstellung zur byzantinischen Kunst wieder um.

Mit dem Wechselspiel ging es in den oberen Etagen weiter, wo unter anderem eine Pieta aus dem 16. Jahrhundert mit einer doppelten Frauenfigur aus Elfenbein, die Tod und Leben Rücken an Rücken als einiges Gegensatzpaar präsentierte und sich mit einer faszinierenden, doppelgesichtigen afrikanischen Holzfigur die Vitrine teilte.

Den befürchteten Kolonialismus aus der Gegenüberstellung feinster europäischer Kunst in ihrer Blüte und naturnäherer afrikanischer Kultur empfand ich nicht. Diese Sorge verflog auch durch die respektvolle und gute Präsentation der afrikanischen Kunstwerke, die eben nicht nur schlicht ethnologisch gezeigt wurden, wie wir es sonst als Völkerkunde gewohnt sind, sondern die zwei Auffassungen von Kunst zeigte, ohne dabei zu werten. Sie standen immer wieder überraschend nebeneinander und zeigten damit den Wert beider als künstlerische Schöpfung. Sie bleiben unvergleichlich, wie es der Titel der Ausstellung schon nahelegt, auch wenn wir natürlich in der Gegenüberstellung, die nur thematische Bögen sucht, immer auch vergleichen, wie es unser Auge vor sich sieht, verzichten die Ausstellungsmacher völlig darauf hier pädagogisch oder wertend zu werden.

Zwei Welten stehen nebeneinander und diese Form der Präsentation stellt zwar viele Fragen an uns, verzichtet aber auf Antworten und regt damit zum Weiterdenken an. Vielleicht hätte noch ein wenig mehr Einordnung der Werke gut getan, um mehr mitzunehmen an kulturellem Hintergrund, doch stellt schon das schlichte Gegenüber ohne ein Übermaß an Erläuterung genug Fragen, regt nachhaltig zum Nachdenken an und erreicht damit das Beste, was eine solche Ausstellung kann - ein lohnender Gang, der durch das Ungewohnte im Blick anregend wurde.

Was sich mir nicht erschloss, war der eher zufällige zeitliche Kontext. Natürlich gab es in Afrika keine Gothik und keinen Barock aber es gab auch entsprechende, teilweise noch ältere Hochkulturen, die zumindest zeitlich parallel lagen - wäre es bei der Gegenüberstellung, die bewusst Parallelen im thematischen Bereich sucht, nicht wünschenswert diese auch in den Zeiten zu sehen, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, die dortige Kunst sei wesentlich jünger.

Die Holzplastiken mögen unter den dortigen klimatischen Bedingungen vielleicht teilweise weniger haltbar gewesen sein, für die Bronzen etwa aus Benin oder andere Kunstwerke aus Stein gilt dies jedoch nicht. Zwar heißt die Ausstellung unvergleichlich und legt doch den Vergleich nahe, wären kulturelle Brücken dort gut gewesen - eine Maske, die zeitlich parallel zum Wirken der Dadaisten in Zürich in Afrika gefertigt wurde und eine frühgotische Plastik kommen aus verschiedenen Epochen der Entwicklung der Menschheit - es wäre so als würden wir die Moderne mit dem Mittelalter zusammenhängen wollen und zeugt zumindest an diesem Punkt wieder von wenig Respekt gegenüber der alten autonomen kulturellen Tradition Afrikas, bleibt einfach unvergleichlich und ein schlichtes nebeneinander, das aus der Zeit fällt.

So ist die Ausstellung eine große Idee, regt auch jetzt schon an und hätte doch deutlich mehr Potenzial, das sie leider ungenutzt lässt, was sehr schade ist. Die Kooperation mit dem Humboldtforum und also auch der Leitung der großen staatlichen Museen in Berlin bietet große Chancen des kulturellen Verständnisses, der Aufklärung und des Brückenschlags, der aber ohne historischen Kontext schnell willkürlich wirken kann, da auch die Entwicklung der Kultur in der Welt relativ parallel lief, wie der Gründungsdirektor des Humboldt Forums noch in seiner damaligen Eigenschaft als Direktor des British Museum in seiner wunderbaren BBC Serie die Geschichte der Welt in 100 Objekten, die auch zum Buch wurde, darstellte.

Dies sei jedem zur Lektüre empfohlen und dort zeigt sich der große und umfassende Geist dieses Briten, der vermutlich auch hinter dieser Sonderausstellung steckt, die leider, wie ich hier vermuten muss, auch durch interne Konkurrenz getrieben, ein wenig zu deutsch-kleinlich umgesetzt wurde. Wie der Nachbau seiner großen Ausstellung zur deutschen Geschichte aus dem British Museum im Gropius Baus, die völlig misslang und kleinlich wurde.

Unvergleichlich ist eine tolle Idee, auch jetzt schon anregend aber noch etwas zu bemüht in der Umsetzung, es wirkt ein wenig als habe jemand einen großen Geist ausgebremst und in enge Schranken gewiesen, wie sie der Berliner Politik seit Jahrzehnten entsprechen, in der plötzlich ein Herr Müller, nomen est omen, die großartige Idee des Grimm Museums für Sprache gegen ein beliebiges Stadtmuseum im Humboldt Forum austauscht, was so auch in Bielefeld von provinziellen Werbern erdacht worden sein könnte.

Es ist leider nicht ungewöhnlich, dass der Mut zur kulturellen Größe Sozialdemokraten aus eher bescheidenen Verhältnissen, nicht unbedingt liegt und der noch Regierende in Berlin führt dies leider immer wieder beispielhaft vor. Sollte ich mich nicht täuschen, spiegelt sich diese Auseinandersetzung auch in dem Konflikt zwischen der Leitung der Staatlichen Museen durch die deutschen Museumsbeamten und dem Briten MacGregor in Berlin wieder, der geniale Ideen hat, die zu kleingeistig verfolgt werden. Ob dies aus Angst geschieht, dem Fremden zu viel Reputation zu geben, zu klein in seinem Schatten zu erscheinen oder weil es wirklich am großen Geist in Berlin heute fehlt, will ich noch nicht beurteilen. Doch sollten wir es aufmerksam verfolgen, weil es darüber entscheiden wird, was einmal aus unserem Hauptdorf wird.

Es lohnt diese Ausstellung sich auf jeden Fall, wie das Bode Museum immer einen Besuch wert ist, aber dort wäre mehr drin gewesen. Vermutlich wird es künftig durch die Kooperation mit der Linken, die sich als kulturaffin gibt, wobei sich fragt, woher das bei den Erben der ehemaligen Funktionäre der Spießerrepublik DDR kommen soll, noch schwerer im schon engstirnig verwalteten Berlin. Aber, wen interessiert solch lokaler Streit, der mehr nach einer dörflichen Komödie als einer weltstädtischen Kontroverse klingt?

Nebenbei zeigt das Bode noch die Ausstellung Wissenschaft und Turbulenz, welche Leben und Wirken von Wolfgang Fritz Volbach vorstellt,  dem aus einer zum Katholizismus konvertierten Mainzer jüdischen Familie stammenden Wissenschaftler, der es bis zur Machtübernahme durch die Nazis zum Direktor der byzantinischen Sammlung in den Berliner Museen brachte und viel zu deren Wachstum beitrug. Eine bestimmt interessante Persönlichkeit über die wir viel zu wenig wissen und über die der ahnungslose Besucher auch erstmal nichts erfährt.

Sollen solche Ausstellungen nur mit Führung erschließbar sein, braucht es ein höheres Verständnis der Museologie, um dort den Kern der Sache zu erkennen, fragte ich mich ein wenig verärgert beim Betrachten der bestimmt hoch interessanten Exponate. Als Besucher der Webseite des Museums erschließt sich mir der Kontext dann - aber funktioniert das Museum nur noch im virtuellen Kontext?

Es brauchen Besucher einfache und klare Erläuterungen, die dann vertiefen kann, wer sich für die Details interessiert - aber ein Museum, dass nicht selbst erklärt, was es uns zeigt, verfehlt seinen Job - es ist gut, die Neugier nach mehr zu wecken, aber dazu braucht es anderes als Insiderinformationen für Archäologen nach mehrjährigem Studium. Möchte als unbedarfter Besucher durch die Räume flanieren und dabei auch ohne Aufwand erkennen können, um was es bei der farblich deutlich abgegrenzten Sonderausstellung geht. Es war nicht das wahnsinnig wichtige Thema doch wenn ich schon an ein Opfer des Nationalsozialismus erinnere und des Gesetzes zum Berufsbeamtentum, muss ich mehr tun als seine Tätigkeit für das Museum in feinen Details darzustellen, die sich keinem im Vorübergehen erschließt.

Habe mich dort um ein Verstehen bemüht und bewusst nicht auf die Museumswebseite auf meinem Telefon geschaut und doch nicht wirklich verstanden, was die teils aufwendig präsentierten Exponate und die Erinnerung an diesen Mann mir sagen sollte, der nach dem Krieg noch das römisch-germanische Museum in seiner Heimat Mainz leitete. Gerade bei dem sensiblen Thema des Gedenkens an Opfer des Nationalsozialismus, die zuvor noch verdiente Mitarbeiter des Hauses waren, wäre eine schlichte Einführung wünschenswert, die in wenigen Sätzen und Bildern erläutert, um was und wen es geht, denn Museum sollte für die ahnungslosen Besucher gemacht werden, nicht für die Bewunderung der Kollegen oder um einen Designpreis in Farbgestaltung zu erringen.

Wer nach dem Weg durch die beiden Ausstellungen und dem Gang durch alle Räume noch Energie übrig hat, kann auch noch parallel die dritte Sonderausstellung des Hauses im Münzkabinett besuchen. Dabei widmet sich das weltberühmte Kabinett, in dem sich die einstige Münzsammlung der preußischen Herrscher findet, dem Menschenbild von der Antike bis zur Gegenwart auf dem Weg zum Portrait auf der Münze. Habe kurz geschaut, bin aber zugegeben kein Numismatiker und die Faszination des Geldes blieb mir immer eher fremd. Eine sicher interessante Ausstellung mit auch sehr guten und ausführlichen Erläuterungen , der ich aber gegen Ende des Rundgangs nicht mehr die größte Aufmerksamkeit widmete - vielleicht schaue ich die nächsten Tage nochmal vorbei - mit der Jahreskarte braucht es keine lange Überlegung dazu und die Museumsinsel, keine Stunde zu Fuß vom heimatlichen Platz entfernt, ist ja immer einen Besuch wert.

Wünschte mir nur die Realisierung der Pläne zum Neubau eines Gebäudes für die Gemäldegalerie an der Spree im Monbijoupark gegenüber dem Bode, mit diesem möglichst noch unterirdisch oder durch eine geschlossene Brücke verbunden, aber das ist eine andere Geschichte und wer wagt es schon noch an Neubauten in einer Stadt zu denken, die den ehemaligen Bausenator unter Wowereit, der maßgeblich Verantwortung also für die BER Pleite trägt, zum Regierenden machte, noch an Neubauten ernsthaft zu denken?

Freue mich an dem erhabenen Schatz, den wir auf der Insel schon haben, freue mich auf das bald anscheinend zeitgemäß vollendete Humboldt Forum, freute mich, wenn irgendwelche Islamisten den völlig unpassenden und völlig unproportionierten Berliner Dom sprengten und genieße museal ansonsten, was wir haben, ohne zu hochtrabende Träume.

Ein wenig gefiele mir die Vorstellung dem Senat wegen erwiesener Inkompetenz und kultureller Impotenz die Zuständigkeit für den von ihm zu bespielenden Teil des Humboldt Forums wieder zu nehmen und dort bis zur Realisierung des Neubaus Teile der Gemäldegalerie zu präsentieren, wie es der liebe André Schmitz andachte als er noch Berliner Kulturstaatssekretär war und nicht die Linke dieses Haus besetzte, die noch dem Palast der Republik nachweint. Aber ein Gefühl für historische Zusammenhänge und kulturelle Harmonie erfordert eben eine umfassendere Bildung als es die Führer der Arbeiterparteien wohl genießen durften, warum die Hoffnung gering ist, dass es sich unter diesen Bedingungen bald zum besseren wendet.

Die museale Kultur ist eine zutiefst bürgerliche und wo Menschen regieren, denen der Bürger eher ein Feind als ein Ideal ist, mangelt es leider auch immer wieder am nötigen Respekt vor den aus fürstlicher und bürgerlicher Tradition geerbten Sammlungen. Ob Berlin sich je dem würdig erweisen wird, was es hat oder ob das ein Problem der Demokratie ist, die weniger feine Kultur schätzt als massenkompatibel sein will, wird die Zukunft zeigen. Die Museumsinsel ist Weltkulturerbe und damit mehr als eine Schauhalle des märkischen Provinzialismus.

Um nicht klagend zu enden, sei zugegeben, dies Genörgel geschieht schon auf einem so hohen Niveau, von dem andere kulturelle Kleinstädte wie Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt oder München nur träumen könnten sowohl in der Menge als auch in der Qualität dessen, was Berlin jetzt schon bietet. Aber vielleicht begründet auch der Ärger über die Vergeudung solch edler Ressourcen durch Dilletanten manches Gemecker, egal wie ist das Bode und diese Ausstellungen immer einen Besuch wert und es gibt kaum einen kontemplativeren Ort in der Großstadt als das Münzkabinett, in das sich nur sehr wenige Verwirrte wie ich überhaupt verirren.

jens tuengerthal 1.12.2017

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