Freitag, 27. Juni 2025

Partypublikum

Partypublikum

Partypublikum
Jettet durch Europa nur
Scheinbar folgenlos

jens tuengerthal 27.6.25

Ausnahmezustand

Ausnahmezustand

In Berlin herrschte
Ausnahmezustand Wetter
Normaler Wahnsinn 

Im Klimawandel
Wird Ausnahme zur Regel
Gewöhnt euch daran

jens tuengerthal 27.6.25

Freie Liebe

Freie Liebe 

Leben - Meer, das endlos rauschend
Mich auf weiten Fluten trägt:
Deinen Tiefen freudig lauschend
Steh′ ich sinnend, stummbewegt.
Stürzt Gewittersturm, der wilde,
Jauchzend sich in′ s Meer hinein,
Schau′ ich in dem Flammenbilde
Meines Lebens Wiederschein.
Freiem Leben, freiem Lieben,
Bin ich immer treu geblieben!

Aus Louise Aston Lebensmotto


Kann es freie Liebe wirklich geben
Sich dem Gefühl ganz hingeben
Ohne einander zu fesseln ist das
Menschen je möglich oder nie

Louise Aston hat es gelebt im
Prüden 19. Jahrhundert kämpfte 
Sie für sexuelle Freiheit so sehr
Wie für Gleichberechtigung

Wir hatten die sexuelle Revolution
Doch befreite diese die Liebe je
Kann Gefühl in Freiheit gönnen 
Ohne eine je für sich zu haben

Will die Liebe wirklich teilen
Gönnt sie bedingungslos alles
Gute einander oder ist sie dann
Schon beliebig egal geworden 

Sind die schlechten Kompromisse
Die sich Beziehung schimpfen je
Dem großen Gefühl der Liebe
Vergleichbar und wohin führen sie

Ist freie Liebe gemeinsam zu leben
Oder nur immer einsam für sich
Frage ich mich mit letzter Hoffnung
Es könnte noch Freiheit bleiben

Vielleicht sollten wir es einmal wagen
Wirklich freie Liebe zu leben um das 
Glück der Bedingungslosigkeit erleben
Doch traute sich das wer wirklich

Wer sich klar macht dass Liebe nur
Als Vertrauen sein kann wird auch
Verstehen dass Eifersucht immer
Das Gegenteil schon sein muss

Dann kann ich auch die Freiheit
Wagen damit die Liebe fliegen kann
Zueinander aufeinander miteinander
Ohne sich zu fürchten zu verlieren

Bewiese doch schon die Furcht
Einen Mangel an Vertrauen der
Damit jede Liebe ausschlösse
Warum wer vertraut nur gewinnt 

Freie Liebe ist damit keine Gefahr
Sondern eine Chance der Liebe
Wirklich zu sein was doch den 
Versuch immer wert sein sollte

jens tuengerthal 27.6.25

Freiheitspreis

Freiheitspreis

Der Preis der Freiheit ist
Für immer allein zu bleiben
Kaum wer ist dazu bereit
Schließt schlechte Kompromisse
Überlebt damit irgendwie noch 
In Erinnerung dessen was
Freiheit sein könnte immer
Unzufrieden im dazwischen
Was niemand gerecht wird
Ob es das je wert ist wäre
Eine andere Frage ohne
Hoffnung auf eine Antwort
Wissen kannst du nur ob du
In Freiheit leben möchtest
Dann bleibt es unbezahlbar
Irgendwann endet das Leben
Kaum wer erlebte bis dahin
Was Freiheit sein könnte
Wer sie nicht kennt kann sich
Nicht gegen sie entscheiden 
Noch je über sie urteilen
Denn Freiheit heißt immer
Ungebunden bleiben was
Noch weniger je wagen
Es gibt auch heute noch
Mehr Sklaven der Umstände
Als Menschen in Freiheit

jens tuengerthal 27.6.25

Donnerstag, 26. Juni 2025

Lektürentagebuch 26.6.25

Lektürentagebuch 26.6.25

Weiter ging es schon in der Nacht
Oder ehrlicher am frühen Morgen mit
Dem zweiten Kapitel von Franz Hessels 
Alter Mann über dem ich schnell einschlief 

Nicht weil es schlecht war sondern weil
Nach zwanzig Stunden auch bei bester
Lektüre die Erschöpfung einsetzt trotz
Der besten Literatur über Hofmusik

Die durfte er am Morgen nach dem
Besuch im Kulturhaus in seinem Hof
Durch die Fenster zu diesem hören 
So dass er Hildes Klopfen überhörte 

Sie wollte dass er für sie zwei Briefe
In Berlin aufgibt was wichtig hier wäre
Sobald sie ihm Bescheid sagte denn
Sie hätte etwas ganz wichtiges vor

Er sichert es ihr zu und nennt sich
Einen armen Bankrotteur der so
Dankbar ist wie seine Töchter für 
Ihn immer noch sorgen würden 

Fragt warum sie es gerade ihm in
Dieser wichtigen Angelegenheit vertraut
Worauf Hilde seine Ritterlichkeit lobte
Er meinte es bliebe ihm ja nichts sonst

Erstens seien doch die Zeiten der
Väterlichen Autorität endgültig vorbei
Dann im besonderen noch er als
Bankrotteur für den sie noch sorgten

Darauf meint Hilde es könne doch
Von einem über Sechzigjährigen nicht
Mehr verlangt werden heutzutage noch
Geld zu verdienen ob er denn zufällig

Mal wieder ein Bild verkauft hätte
Fragt die geschäftstüchtige Tochter 
Worauf er bejahend ihr sogleich 
Die Geschichte dazu erzählt

Er prahlte so mit seinem Verdienst
Von 30 Mark vor seiner Tochter
Was er vor dieser zu gerne tat aber
Nun nicht nach Reisegeld fragen wollte

Die eilige Hilde gab ihm dann zum
Abschied einen besonders zärtlichen
Kuss auf die Stirn wie er es empfand 
Was sie wohl für Geschäfte plante 

Überlegte der Vater dann für sich 
Wie sie erst einen reichen Weinhändler
Geheiratet hatte der viel älter war und
Dick noch dazu warum er früh starb

Danach kamen verschiedene Männer
Erst heiratete sie einen Kunsthistoriker 
Wie Kunsthändler noch dazu von dem
Sie aber für einen Musiker wegging

Der dunkle Musiker dessentwegen
Sie geschieden wurde war dann
Auch nicht der Mars den diese Venus
Wie Hessel es schreibt gesucht hat

So lebte sie in einem Allerlei aus eher
Bruchstückhaften Abenteuern in die sie
Sich infolge mit immer großem Ernst
Stürzte von denen er teils nur ahnte

Anfangs hatte er ihr Vorhaltungen noch
Gemacht wie Ratschläge gegeben
Aber sie wies ihn zurück und fragte
Warum sie ihre erste Ehe wollten 

Dann hört er wieder ein Lied und geht
Nachdem er die Briefe im Tisch verstaute
Ans Fenster und hört im Hof ein Paar 
Das Lied von der Arbeitslosigkeit singen

Diese Geschichte tauchte so wörtlich
Schon in zwei anderen Geschichten auf
Was zeigt auch ein Franz Hessel der
Lektor von Fischer kochte mit Wasser

Dieser Gesang bekommt viel mehr
Aufmerksamkeit als alle vorher wundert 
Sich Küster scheinbar ist es 1931 etwas
Das sie mit Stolz besingen können

Sie hätten noch in der Woche für
Das Wochende gearbeitet heute
Ist die Arbeit Ziel der Sehnsucht
Weil heute die Muße Not wurde 

Denkt über seinen Besitz nach
Jetzt wo er alles verlor öffnet die
Schublade seines Tisches sieht
Einige Erinnerungsstücke nur

Imponderabilien nennt er das
Wenige Hab und Gut war ihm blieb
Wertlos da unverkäuflich wohl mehr
Wunderbar für ihn als je schön

Was bleibt von uns und unserem Leben
Wie richten wir uns darin gut ein um
Das was noch bleibt halt zu ertragen
Sind die Fragen des Lebens am Ende


Wie Tony Buddenbrook im Sommer
Ihre feudalen Neigungen in der Villa
Der krögerschen Großeltern also von
Der mütterlichen Seite her auslebt

Wie sie Schokolade und Kuchen
Auch an Wochentagen genoss
Dem Personal gerne etwas befahl
Nicht aufräumen oder Staub wischen muss

Wie sie morgens auf Julchen Hagenström
Wartet deren Vater die konservativen
Familien mit seiner reichen Hochzeit
Damals etwas vor den Kopf stieß

Hinrich Hagenström war nicht sehr
Beliebt bei den einflussreichen Familien
Johann Buddenbrook nannte ihn einen
Ollen Stänker ein unangenehmer Mensch

Auf dem morgendlichen Gang zur
Schule gesellte sich manchmal noch
Hermann Hagenström dazu der große
Bruder von Julchen der stets als eine

Besondere Leckerei in seiner Brotdose 
Eine mit Zunge oder Pute belegte
Zitronensemmel mit Korinthen hatte 
Die Toni unbedingt probieren wollte

Eines Tages brachte er ihr eine mit
Forderte aber einen Kuss dafür
Den er sich mit Nötigung nahm
Wogegen Toni sich heftig wehrte

Leider kam dann noch Julchen
Hinter dem Baum hervor und
Zerkratzte Toni das Gesicht was
Nahezu die Freundschaft beendete

Doch auch Toni war durchaus zu
Streichen aufgelegt und so kam
Eines Tages die Direktion in das
Haus und beschwerte sich dort

Harmlose Kinderstreiche alles
Doch etwas niederträchtig wie
Quälend für manche Opfer denen 
Sie sich weit überlegen fühlte 


Nach der Geschichte von Naphta
Beginnt die Diskussion der Herren
Castorp Settembrini Naphta Ferge
Wehsal über die Grenzen des Sein

Das große Kolloquium zum Thema
Gesundheit und Krankheit nahm
Seinen Ausgang beim Bedauern
Das Hans Castorp im Zauberberg

Über den Tod von Karin Karstedt 
Mit den offenen Händen den er 
Leider verpasst hatte infolge der
Vor Ort üblichen Diskretion äußerte

Wie Settembrini noch über den
Liebessdienst seines Zöglings
Lästerte dessen Empfänger trotz
Teurer Blumen bald starben

Naphta daraufhin noch an die
Adeligen des Mittelalters berichtet
Die sich selbst mit Lepra noch
Infizierten das Leiden Christi zu fühlen

Daraus entwickelt sich ein neuer
Heftiger Diskurs zwischen den Herren
Wobei zwei besonders debattieren
Während sich der Rest nur beteiligt

Nach vorher Gedanken wie ähnlich
Der Ordensgeist doch dem militärischen
Wäre zu dem Joachim unlängst floh
Wie nun wohl auf die Fahne Schwur

Die Fahnenflucht aus dem Dienst
Am Körper im Sanatorium führt ihn
Zum Fahneneid nach seiner Berufung
Denkt der verbliebene Vetter 

jens tuengerthal 26.6.25

Satisfaktionsfähig

Satisfaktionsfähig

Mit wem kann ich noch diskutieren
In den Bars halte ich mich lieber
Von allen Thekengesprächen fern
Gerade sagte eine Kneipenbekanntschaft
Von der ich weiß dass sie nicht mehr liest 
Ihre politische Bildung dafür aus
Portalen wie NIUS oder Welt bezieht
In einer Diskussion zu mir ich hätte
Doch keine Ahnung worauf ich nur 
Aufstand und den Tisch verließ
Da ist jedes weitere Wort müßig
Gibt es nichts mehr zu sagen
Weil eine Nichteserin für einen
Leser nicht mehr satisfaktionsfähig ist
Gehe ich und schweige ich lieber
Ohne zu wissen was aus einer
Demokratie werden soll in der
Menschen sich ohne Bücher bilden
Keine Bibliothek mehr haben dafür
Alle ein Netflix Abo mindestens
Es besser ist als Leser künftig
Für sich zu bleiben weil die Mehrheit
Nicht mehr satisfaktionsfähig ist
Was viele Diskussionen erledigt
Sich manchen Umgang lieber
Ersparen lässt für das was bleibt
Seine Ruhe lieber zu haben

jens tuengerthal 26.6.25

Geheimreich

Geheimreich

Die Kontrolle der Geheimdienste
Ist wichtige Aufgabe des Parlaments
Aus guten Gründen ist dort etwa
Die rechtsextremistische AFD noch
Immer unerwünscht obwohl sie
Fast ein Viertel der Sitze haben

Hier darüber nachzudenken ob
Mitglieder der Erben der SED 
Also damit Betreiber der Stasi 
Dafür wirklich geeignet sind
Ist demokratisch geboten auch
Wenn diese half Merz zu wählen

Nun Dankbarkeit einfordern
Auch wenn die betreffende
Kandidatin Reichinek sehr
Populär ist wäre es etwas viel
Normalität diese darum zu wählen
Ohne vorher darüber zu streiten

Es tut der Demokratie gut auch
Die Geschichte der Erben der
SED als totalitäres Regime bis
Heute kritisch zu betrachten
Auch wenn es unbequem ist

Doch muss eine solche nötige
Diskussion ihre spätere Wahl
Falls keine Einwände vorliegen
Nicht grundsätzlich ausschließen
Der Kern der Demokratie ist auch
Eine kleine Verzögerung wert

jens tuengerthal 26.6.25



Liebesbegabung

Liebesbegabung

Eine Begabung
Erleichtert Liebe eher
Als bloßes Gefühl

jens tuengerthal 26.6.25

Büchergeschenk

Büchergeschenk

Bücher schenken uns
Wissen nur zum Vergnügen
Ohne fehlt beides

jens tuengerthal 26.6.25

Wahnsinn

Wahnsinn

Wahnsinn versucht in
Allem Sinn zu sehen was
Logisch stets scheitert

jens tuengerthal 26.6.25

Liebesgönnen

Liebesgönnen

Gönnen können ist die höchste Kunst
Der Liebe die das Ego überwindet 
Einfach der anderen gut will statt 
Über seinen Verlust zu trauern 
Sich für sie über ihre neue Liebe
Freuen kann weil es beim größten
Gefühl nicht um mein Ego geht
Sondern bedingungslos gut zu wollen
Wohin auch immer es das Gefühl
Verschlägt liebt erst wirklich wer
Sich zurücknimmt um dafür
Bedingungslos zu gönnen
Nicht weil Gefühl verfliegt
Sondern weil es bedingungslos
Der anderen gut will dabei
Die andere mir wichtiger ist
Als das geknickten Ego
Dann schenkt dir diese
Erfahrung gönnen zu können
Also wirklich zu lieben auch
Die Freiheit dies zu leben
Alles andere wird eher egal 
Denke ich dankbar und
Freue mich für alle
Glücklichen Liebsten
Und genieße meine Ruhe

jens tuengerthal 25.5.25

NATOderfahrung

NATOderfahrung

Die NATO hat den König von
Trumpistan gehuldigt so wie 
Er es wünscht und braucht
Sich bedeutend zu fühlen

Andere glänzen durch ihre Verdienste
Lange galt Bescheidenheit bei der Übernahme öffentlicher Ämter als
Ausdruck von Größe und Stil

Zu echtem understatement ist der
Peinlichste Präsident aller Zeiten
Völlig unfähig aber sehen wir davon ab
Bleibt Politik die Kunst des Machbaren 

Trump ist wie seine Bauten einfach
Peinlich vergoldet geschmacklos
Eine neureiche stillose Zumutung
Es ist eigentlich ganz simpel

Wenn die Amis einen Idioten wählen
Der eine Sonderbehandlung braucht
Ist es klug ihn zufriedenzustellen um
Unnötige Konflikte zu vermeiden

Natürlich droht der Zollmakler den
Spaniern nun höhere Zölle an weil
Sie sein Spiel nicht mitspielen aber
Davon abgesehen funktionierte es

Ernst nehmen muss und kann das
Kein kritisch denkender Mensch
Aber das ist was die USA wählten
Der Gehorsam macht nur ihn lächerlich

Zukunft hat der alte Mann nicht mehr
Er ist eine lästige Phase die möglichst
Ohne große Schäden überstanden wird
Mehr gibt es dazu nicht zu sagen

jens tuengerthal 25.5.25

Lektürentagebuch 25.6.25

Lektürentagebuch 25.6.25

Mit Franz Hessels Romanfragment
Alter Mann im ersten Kapitel des
Ersten Teils begonnen indem wir
Den Alten der Herr Küster heißt

Kennenlernen den malenden früher
Bankdirektor und später Bankangestellten
Der gerade aus dem Kopf Birken malt
Obwohl seine Zeichnungen dort liegen

Da kommt seine Untermieterin der er
Die beiden vorderen Zimmer vermietete
Und meldet es gäbe Post für sie beide
Reicht diese noch hinter der Tür ihm

Auf seine Frage warum sie nicht herein
Komme meint Lilo sie sei noch nicht
Angezogen und tritt dann doch in ihrem
Buntseidenen Schlafrock ein und redet

Erzählt von ihrer Post aus Afrika die von
Dem jungen Farmer sei mit dem sie so
Gut wie verlobt schon sei der sie ganz
Unbedingt dort haben wollte was ja

Schon verlockend wäre dort könne sie
Immer retten und jagen aber es fiele 
Ihr auch schwer sich von Berlin zu trennen
Auch wenn es hier gar nicht schön wäre

Dabei legt sie ihre Arme in seinen Schoß
Der viel lieber seinen Brief gelesen hätte 
Auch wenn sie ihn fragte ob Frau Ella
Denn schon lange auf den Balearen wäre

So schwatzte Fräulein Lilo immer weiter
Doch er wollte die Wortbilder seiner Ella
Lieber alleine lesen und dann erlöste ihn
Das klingende Telefon zu dem sie lief

Lieber Passy schrieb sie was eine neue
Zärtliche Entstellung des Wortes Papa
Von seinem Enkel war an den er nun
Voller Freude beim Lesen dachte 

Seine Tochter lud ihn ein er könne doch
Mit Kaspar die Schlafkammer teilen und
Es gäbe genug wunderbares Essen auch
Sei der Garten groß er müsse nur die 

Herreise organisieren in zwei Wochen
Bekäme sie wieder etwas von ihrer Zeitung
Wollte er sofort kommen sollte Hilde die
Schwester in Berlin ihm etwas leihen

Sie erzählt von all den Schönheiten dort
In der Natur und die vielen Mädchen die
Sich bestimmt auf einen Kavalier noch
Von der alten Schule freuen würden

Schon seit über einem Jahrzehnt hatte er
Keine große Reise mehr gemacht nur die
Freunde im Umland mal besucht früher
War er mal nach Italien gereist lange her

Sich an Hilde zu wenden war ihm aber
Nicht recht die doch schon genug tat
Eine Pension in Straußberg wie ein
Pied-a-terre eine Absteige in Berlin betrieb 

Da klopfte es wieder diesmal kam nicht
Lilo sondern Agnes der Lilo geöffnet hatte
Sie begrüßte ihn als Vater wenn sie allein
Waren wie jetzt und war ein besonderes

Kapitel in seinem Leben sonst nannte
Sie ihn Herrn Küster und brachte ihm
Blumen und Früchte zum malen wie
Zum essen und damit als Stilleben

Sie meint er könne doch bei diesem
Wetter raus zu ihnen ins Siedlungshaus
Ziehen da erzählt er ihr von der Einladung
Auf die Balearen zu seiner Lella

Er müsse nur noch das Reisegeld
Organisieren und nach Paris kommen
Von dort werde er weiter befördert
Sofort bietet sie ihm an etwas zu leihen 

Sie lädt ihn gleich für den Nachmittag
Zu sich in den Garten ein doch er muss
Leider absagen weil er gerade versprochen 
Hat die Tanzkinder seiner Freundin Sandra

Sich anzuschauen auf ihre Bemerkung
Er habe viele Freundinnen meint er seit
Dem Tod ihrer Mutter sei er sehr einsam
Was die Neugier des Lesers nun weckt

Zwischen würdigen dunklen Müttern
Sitzt er an der Atelierwand und schaut 
Auf das halbe Dutzend tanzender Mädchen
In ihren zarten weißen Hemdröckchen

Sie türmen tanzend rosa Würfel was
Alles noch sehr wackelig aussieht
Dann kommen zwei verkleidet als
Zimmermänner in Tracht dazu

So wird der Turm vollendet
Die Kinder tanzen freudig um ihn 
Herr Küster saß etwas beengt aber
Schaute mit glücklichen Augen zu

Der wilde Taumel wurde vom Gang
Der Melodie immer wieder aufgehalten 
Geschicklichkeit wird wieder aufgelöst 
Durch ein holdes Ungeschick der Kinder

Wenn Tanz geregelter Taumel wäre
Sind Kinder besonders glückliche Taumler
Sie haben noch nicht so viele schlechte 
Erfahrungen gemacht und sind eifrig dabei

Diese acht bis zwölfjährigen erfüllten ihn 
Mit Zärtlichkeit zu aller jungen Kreatur
Da trifft ihn Sandras Blick fast wie ein
Vorwurf und das kleinste Mädchen tanzt 

Nun allein einen fröhlichen Landmann
Als die Kinder weg sind sitzt er noch
Alleine mit Sandra die ihm erzählt dass
Sie heute Abend im Stadthaus tanzt

Das wollte er gerne sehen und meinte
Sie müsse sich jetzt ausruhen aber sie
Hätte ihn gerne da behalten weil er das
Ausruhendste sei was er ungern hörte

Bei der Suche nach dem Stadthaus
In der langen Allee merkt er dass es 
Seine Schule von vor 50 Jahren war
Das alte Gymnasium sah aus wie früher

Der Weg führte ihn in die alte Aula die
In ganz vielem an früher noch erinnerte
Sah die alten Kandelaber noch aus der
Gasglühlichtzeit heute mit Glühbirnen

Auch die alte Inschrift war da die er
Damals noch kaum verstanden hatte
Die Vorhänge erinnerten ihn dafür an
Die Theateraufführungen der Schüler 

Bei der Eröffnungsrede ist ihm als
Würde er ein Jahrzehnt seines Lebens
Plötzlich wiedererleben dann freut er sich
An einem Jungmädchenhals vor ihm

Diese trug eine Koralkenkette wie sie
Auch zu seiner Jugend modern war
Dann erschien Sandra mit kurzen roten
Hosen und tanzte mit schönem Ernst 

Sie kam danach im langen hellen
Kleid mit dem sie ausdrucksvoll tanzte
Was dem Publikum am besten gefiel 
Das Küster etwas kunstgewerblich fand

Bis zur Pause musste noch ein Mann
Ertragen werden der eine Säge geigte 
Was auch für die Zuhörer anstrengend war
In der Pause suchte er noch Erinnerungen

An die neun Jahre auf dem Gymnasium
Er merkte wie viel er vergessen hatte 
Für junge sei Vergessen Leben während
Alte darin den Tod näher kommen fühlen

Im zweiten Teil tanzte Sandra prächtig
Gewandert einen Tango zu dem einige
Der älteren Damen geradezu lasziv mit 
Den Köpfen nickten noch erregender

Wurde der Schauer der durch den Saal
Ging als sie dann einen Steppentanz
Stampfte dabei bekamen viele der
Mitglieder des Volksbildungsvereins

Schon dionysische Anwandlungen
Und Küster wurde ganz Gegenwart
Dachte an nichts als das feurige
Frauenkind dort oben das über den

Köpfen seiner Schulmeister tanzte
Hinter der Bühne fand er sie dann
Umgeben von jungen Freunden wie
Vereinsdamen und ging elegant ab 

Im Gespräch erzählte er von seinem
Wiedersehen das er hier gefeiert hätte 
Fand aber nicht viel Anklang und fühlte
Sich fremd unter den vielen jungen Leuten

Er wollte sich verabschieden aber sie
Nahm seinen Arm und führte ihn zur
Straßenbahnhaltestelle und er liebte 
Sie mit Blicken von der Seite sehr

Hatte ihn sonst die Liebe häufig so
Jung gemacht wie die Gefährtin blieb
Er heute so alt wie er war was das
Kapitel voller Schönheit beendet

Werden wir zu alt für die Liebe allem
Reiz des Tanzes zum Trotz und was
Offenbart dies von uns beginnt damit
Der Tod schon oder war es diesmal

Nur die erschlagende Erinnerung
Der so ewig vergangenen Schulzeit
Ist ein alter Mann wer lieber geht
Um sich nicht so alt zu fühlen

Mit großem Feingefühl beginnt Hessel
Dieses erste Kapitel des Romans
Mit schon vielen weiblichen Begegnungen
Bei aller Schönheit blieb Überforderung

Vielleicht beginnt das Alter wenn es
Uns unsere Grenzen fühlen lässt
Wohin immer es uns noch zieht wird 
Irgendwann spürbar was nicht mehr geht 

Selbst an der Schwelle zum Alter mit
Nun mitte fünfzig sind diese Gedanken
Wie das sich lichtende Haar und Gebiss
Dem Flaneur vertraut und lässt lächeln

Manche wollen sich dann noch etwas
Beweisen andere loten diese Untiefen
Lieber geistig aus es bewusst zu erleben
Da bin ich doch lieber ein anderer

jens tuengerthal 26.6.25

Mittwoch, 25. Juni 2025

Liebesgewiss

Liebesgewiss

Sich ganz sicher sein
Könnte für Liebe sprechen
Oder auch Dummheit

jens tuengerthal 25.5.25

Teegewiss

Teegewiss

Lebenslänglich Tee
Genießen wollen bleibt die
Letzte Gewissheit 

jens tuengerthal 25.6.25