Dienstag, 6. Mai 2025

Lektürentagebuch 6.5.25

Lektürentagebuch 6.5.25

Über unsere fleißigen Mädchen schreibt
Franz Hessel und meint damit all die
Berufstätigen Berlinerinnen was zu
Erwähnen nur der Zeit geschuldet ist

Dies ist kein Chauvinismus der sich
Über berufstätige Frauen lustig macht
Sondern eine ernst gemeinte Würdigung
Der Doppelbelastung der Frauen

Sie wirken immer beschäftigt in Berlin
Die jungen Damen auch wenn sie das
Büro verlassen haben sind sie schon
In Vorbereitung des Abendprogramms

Wie sie immer unterwegs und gefragt
Stets zu erzählen auch wissen wie
Wichtig sie sind und wer sich alles
Für ihre Person besonders interessiert

Es wirken manche dieser Worte heute
Eher altbacken und aus der Zeit gefallen
Wie ältere Herren über junge Damen als
Ferne Größe gerne noch plaudern 

Heute würde Franz Hessel dafür wohl
Als Chauvinist verurteilt was der heilige
Franziskus vom Fischer Verlag wie
Mascha Kaleko ihn nannte nie war 

So ändert Sprache ihre Bedeutung
Gelegentlich radikal und verkehrt sich
Unsere Sicht auf die Dinge völlig was
Gelegentlich komische Folgen haben kann

Das Wort Fräulein etwa war früher
Noch normal und höflich während
Es heute eine Herabsetzung ist
Weil Bewusstsein sich erweiterte

Der Blick auf die Berliner Mädchen
Beginnend mit einer Schlager Zeile
Ist liebevoll zärtlich wie Hessel meist
Könnte auf Damen heute anders wirken

Manches in der Sprache dieses Textes
Wie der gewählten Unterscheidungen
Ist von der Zeit überholt worden doch
Den Wert dazwischen erkennen zählt

Vieles geht mit der Mode und verfliegt
Wie manche denglische Worte die
Gerade jugendlich hipp klingen bald
Lächerliche Gewohnheit bloß werden

Dann verschwinden sie wieder zwischen
Den Wogen wechselnder Sprache die
Vom gesprochenen zum geschriebenen
Sich noch einmal stark verändern kann 

Sich dieser Veränderungen der Sprache
Auch bei der Lektüre bewusst zu sein
Um Sensibilität zu entwickeln könnte 
Vernünftiger sein als viele Tabus je


Auf der Reise ins Paradies mit dem
So bremischen Ehepaar Heinrich und
Christine Gondela inzwischen in Töplitz
In Böhmen angekommen es zu besichtigen

Am Tag ihres Berichtes dem 1. September
Des Jahres 1802 hat sich das Bad bis auf
Einige Russen und Polen völlig geleert
Doch finden sie noch einen Stadtführer

Dieser Schuster und Lohnbedienstete
Zeigte ihnen die Sehenswürdigkeiten
Wie das auf dem nur scheinbar nahen
Berg gelegene fürstliche Schloss

Dabei brauchten sie im strammen
Fussmarsch eine Stunde hinauf obwohl
Beide gut im Training eigentlich waren
Oben gab es Bier Schwarzbrot und Käse

Zurück ging es dann durch den Kurpark
Wie zur Besichtigung der Kurquelle
An der Badezimmer gebucht werden
Könnten was sie aber nicht interessierte 

Lieber wollten sie dort Essen gehen
Was aber nichts wurde da der Wirt
Eine Reservierung einen Tag vorher
Aufgrund der wenigen Gäste forderte

So aßen sie schon mißvergnügt ihr
Mahl auf ihrem Zimmer als nebenan
Eine hübsche Nachbarin aus Prag
Freunde zum lauten Punsch lud

Mit Humor wird erzählt wie sehr 
Diese Party nervte weil sie doch 
Am nächsten Tag um fünf Uhr
Gen Teschen an die Elbe wollten 

Lese die Reisebeschreibung der
Beiden Bremer zu gerne die mich
Darin bestätigt hier zu bleiben wie
Immer viel lieber zu lesen anstatt

Reisen ist unbequem wie meist
Lästig dazu unterwegs stürzt die
Reisenden in unnötige Abenteuer
Für gelegentlich nette Aussichten

Diese loben die beiden auch wieder
Sind von der Schönheit der Täler
Umgeben von böhmischen Bergen
Völlig begeistert was sich nett liest

Auch waren sie ja schon da und 
Haben diese Orte beschrieben
Wie andere Menschen nahezu
Überall auf der Welt auch schon

Empfehle die Lektüre historischer
Reiseberichte unbedingt um sich
Ganz sicher zu sein doch lieber
Zuhause in Ruhe zu bleiben

Ersparen wir uns zu tun was
Alle machen und damit zugleich
Zerstören wovon sie schwärmen
Was nicht nur paradox klingt

Reisen ist der Terrorismus der
Massen der den armen Idioten
Noch als Luxus verkauft wird um 
Die unnötige Qual hinzunehmen

Sesshaftigkeit ist erst was den
Menschen kultiviert macht die 
Vagabunden sind noch fern davon
Eine Bibliothek zeigt dies deutlich


Noch ein wenig zurück in der Zeit
Ging es weiter im abenteuerlichen
Simplicissimus des Hans Jacob
Christoffel von Grimmelshausen

Dieser berichtet wie einer sich
Zugleich Hunde und Katzen elend
Fühlen kann als der Versuch eine
Katze los zu werden elend scheiterte

So erzählte ihm der Gevatter auf
Die Frage wie er zu dem Narben
Im Gesicht komme genau davon
Als Folge einer seiner Ideen

Wie er mit seiner Mätresse ein
Gutes Zimmer teilte diese sich
Aber an der dort heimischen Katze 
Störte die er beseitigen sollte

Er packte die Katze in einen Sack
Nahm die wütendsten Hunde mit
Wollte das eine Vieh den anderen
Beiden zum Fraße vorwerfen

Sich für klug haltend ließ er die
Katze mitten im Feld ohne jeden
Baum in der Nähe aus dem Sack 
Doch sprang diese auf seinen Kopf

Die Katze krallte sich mangels Baum
In seinem Schädel fest und die Hunde
Sprangen wütend an ihm hoch was 
Ihm den vernarbten Kopf brachte

Endlich warf er sich auf den Boden
Die Hunde zerfetzten die Katze aber
So wie er aussah verlor er die Mätresse
Erschoss darum auch die Hunde

So brachte ein böser Wille den
Kriminellen Räuber immer weiter
In die Katastrophe hinein aus der
Kein Weg ihn mehr heil führte


Vom Elend des deutschen Krieges
Der dreißig Jahre altes verwüstete
Geht es nach Sardinien mitten in 
Der Zeit des Ersten Weltkrieges 

In Mercede und der Meisterschmied
Erzählt Marcello Fois auch von
Marianna der jüngsten Schwester
Die mit 17 gut verlobt wurde

Einen guten Namen und damit
Familie hat ihr Verlobter dafür
Weder Aussehen noch Geld
Dafür stickt Marianna im Kloster

An ihrer großen Aussteuer die
Reich und wunderschön bestickt 
Vom Aufstieg der Familie erzählt
Arbeitet sie mit den Nonnen

Mit zartem Gefühl blickt Fois in
Die Untiefen weiblichen Wesens 
Auf der sehr traditionellen Insel
Erzählt dies zum mitfühlen noch

Wie die Frauen ihrem Wesen nach
Eine doppelte Rolle spielen müssen
Zu erfühlen was gut und richtig ist
Die Intuition mystisch begründen 

Sich nach außen ihren Männern
Unterordnen im Schatten darum
Bleiben aber daraus diese führen
Die nicht wissen was sie tun

So sind sie die Trägerinnen der
Kultur wie des intuitiven Wissens 
Halten ihre Familien auf Kurs aber
Lassen Männer glauben sie wären es 

Feinfühlig aufmerksam erzählt uns
Marcello Fois aus dem Sardinien
Kurz nach der Jahrhundertwende
Als einen ganz eigenen Kosmos


Von Sardinien ging es nach Wien
In den klugen Worten des Autors 
Johann Kaspar Riesbeck der die 
Briefe eines reisenden Franzosen

Im Jahre 1783 also noch vor der
Revolution verfasste was auch
Einer der Gründe vorsichtiger Tarnung
Hinter dem erdachten Pseudonym war

Die lästige Wohnungssuche die ihn
In Wien einen ganzen Tag umtrieb
Welche Hinderungsgründe es gab
Warum es ihn in die Vorstadt trieb

Wie in der Stadt Wien so teuer wie
Paris sei wenn nicht noch mehr
Es in den Vorstädten grün günstig
Sauberer und viel ruhiger wäre

Wie schrecklich staubig die Straßen
Durch nordöstlichen Wind wären 
Wie unangenehm das als Fußgänger
Jedesmal nur mit Taschentuch ginge

Wien selbst hätte vielleicht acht Gebäude
Die des Blickes und der Rede wert wären
Darunter Bibliothek und Staatskanzlei
Der Rest sein in Stein gehauene Höhlen

Auch die Vorstädte würden nur wenig
Mehr sehenswertes noch bieten die
Alte Hofburg ein schwarz trostloses
Gemäuer ohne allen Charme dabei 

Es sind diese wunderbaren Blicke
In die Städte des vorrevolutionären
Reiches die Riesbeck so lohnend
Als Lektüre bis heute machen

Ein Reisender mit Bildung aber ohne
Großes Vermögen oder auch die
Privilegien des Adels beschreibt 
Wie ein Reisender unserer Tage

Sehe durch die Lektüre mehr von Wien
Spüre sein Lebensgefühl besser noch
Als wenn ich als Tourist wieder dort wäre
Erspare es Wien und mir dort zu sein

jens tuengerthal 6.5.25

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