Lektürentagebuch 1.5.25
Über verwaiste Gegenstände schreibt
Franz Hessel als er wieder Flaneur in
Paris vermutlich ein Auktionshaus
Besucht in dem Leben versteigert werden
Nicht wirklich wie Sklaven einst aber
Doch symbolisch immer wieder aus
Altem verlorenen Reichtum den sich
Neue Aufsteiger günstig aneignen
Betrachtet die Besucher wie alle die
Gegenstände die sie vermutlich hier
Interessieren könnten wie jene Dame
Die mit Tochter oder Schwiegertochter
Deren Einrichtung günstig mit dem
Geschmack des schon vergangenen
Jahrhunderts vervollständigen will
Für manches gerne die Hand hebt
Erzählt von den Mützenmännern dort
Die auf Werkzeug aus der Fabrik wohl
Warten und hoffen und ich denke an die
Fabrik der Ururgroßeltern in Hannover
Wurde deren Besitz auch versteigert
Als es keine Erben mehr gab verbirgt
Sich hinter jeder Auktion ein Drama
Oder einfach der Lauf der Zeit
Nach der großen Halle geht es noch
In obere Räume wo es dezenter zugeht
Bei der Versteigerung von Briefmarken
Wird geflüstert und kennen sich alle
Wie erschlagen vom Wust der Dinge
Geht es wieder auf die Straße hinaus
Bemerkt dort aufmerksam die vielen
Angebote die ihn verführen sollen
Nun wäre in der Dämmerung noch Zeit
Ins Aperitifkonzert zu gehen um die
Künstler zu sehen die ihn von den
Wänden schon überall ansehen
Herrlich mit leichter Wehmut beschreibt
Franz Hessel seine Beobachtungen der
Welt durch die er flaniert sieht zugleich
Geschichten die Gegenstände erzählen
Erzählt diese ohne allen Kitsch aber
Mit viel Feingefühl das gerne noch
Zwischen großer Traurigkeit und
Humorvollem Lächeln schwankt
Von Paris ging es nach Davos wo
Hans Castorp sich im Zauberberg
Gedanken über sein Dasein machte
Das sich nach einem Jahr akklimatisierte
Er saß dazu eigentlich botanisierend
Doch längst in Gedanken verloren
Auf jener Bank auf der ihn einst sein
Nasenbluten noch ereilt hatte
Jenes das ihn etwas derangiert mit
Blutigen Flecken auf dem Anzug
Hinter Clawdia verwirrt Platz nehmen ließ
Wie er auf der Bank an Pribislaw dachte
Das Jahr nähert sich damit zügig der
Vollendung und bald ist er schon ein
Einjähriger der sich nun mit Doktor
Krokowski auf die Suche gemacht
In den Abgründen des Unterbewusstseins
Auf Spurensuche im Geist der Analyse
Soll in der dunklen Kammer gegangen
Werden was Grund genug wohl ist
Auf jener Bank oberhalb von Davos
Über das Sein nachzudenken wie
Der Zeit auf die Spur zu kommen
Die raste wie zugleich still stand
Nach dem Gespräch mit Dudu dem
Intriganten Zwerg der ihn zum Treffen
Mit Mut der Gattin des Potiphar noch
Verführen will warnt ihn ein anderer
Gleich einer Kassandra kündigt er
Großes Unglück und eine noch viel
Tiefere Grube an die Joseph drohte
Sollte er das Treffen wirklich riskieren
Fein spinnt Thomas Mann weiter in
Joseph und seine Brüder diesen
Dialog in dem der kleine Mensch
Die drohende Gefahr voraussieht
Joseph weist diese Mahnung mit
Logischen Argumenten zurück die
Das Alräunchen im Knitterstaat
Der ihn seit Beginn kennt entsetzen
Er raunt von Gefahren aber ohne
Alle vernünftige Logik dabei die
Mit Josephs Horizont gedacht doch
Ein Treffen ihm zur Pflicht machen
Es ist eine geniale Taktik der steten
Verzögerung zu der er noch seltsame
Gestalten in shakspearesker Manier
Als weise Seher dazu einlädt
Wie kann ich die biblische Geschichte
In ein soziales Umfeld stellen das den
Willkürlichen Gott überflussig machte
Zugleich fast magisch prophezeit
Thomas Mann ist es hier gelungen
Bevor sich Joseph freiwillig wie in
Voller Überzeugung seiner Vernunft
Selbst in die Schlangengrube stürzt
In Kenntnis der biblischen Märchen
Wissen Leser was nun bevorsteht
Die Kunst ist es den Weg dahin so
Gekonnt mit Eleganz zu inszenieren
Mann macht die Bibel menschlich
Wie den vermeintlich Allmächtigen
Im Verlauf nahezu überflussig weil nur
Menschliche Bedürfnisse kollidieren
jens tuengerthal 1.5.25
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