Lektürentagebuch 14/09/24
Lesend zu Reisen noch dazu im
Herbst in der Horizontalen ist doch
Die allerschönste Form unterwegs
Auf der Welt in der Bibliothek zu sein
Finde dieses lästige Reisen wird
Völlig überschätzt doch wie gut tut es
Die Welt aus anderen Augen zu sehen
Wie ich es heute historisch wieder tat
Mit Michel de Montaigne auf dem
Rückweg seiner Reise durch das
Deutschland und Italien seines
16. Jahrhunderts durch die Bäder
Hier von Rom aus kommend von
Florenz über Lucca nach Pisa kurt
Der lange an Nierensteinen leidende
Philosoph an den dortigen Quellen
Beschreibt dabei detailliert noch jede
Von ihm bemerkte Wirkung der Wasser
Welche verschiedene Temperaturen
An der Quelle jeweils noch haben
Dieses Buch hat Montaigne selbst
Nie veröffentlicht es wurde erst viele
Jahre nach seinem Tod in einer Kiste
Mit Putzsachen eher zufällig entdeckt
Doch welch kultureller Schatz liegt in
Diesem Reisetagebuch was über die
Gewohnheiten der Franzosen wie ihrer
Deutschen Nachbarn und der Italiener
Etwa beim Baden berichtet wie sehr
Sich manches bis heute noch gleicht
So baden die Deutschen ungeniert
Männer und Frauen lustvoll nackt
Was in Italien und Frankreich eher
Undenkbar wäre wo es dafür unter
Der Hand deutlich wilder zugeht nur
Ein Mantel der Keuschheit drüber liegt
An die Wirkung der Wasser glaubt
Montaigne aus Erfahrung eher nur
Beschränkt und ist doch erstaunt
Wo sie den Körper überall anregen
Verdauung und Urin gehen ihm gut ab
Auch über seine Fürze berichtet er
Ohne größeren Skrupel dabei mit
Einer großen Portion Selbstironie
Montaigne lesen lohnt immer auch
Wenn seine Klagen über die eben
Auftretenden Leiden im Tagebuch
Anfänglich den Leser verwundern
Fern scheint hier der zwischen
Stoa und Epikur sich verortende
Philosoph und Denker eher als ein
Gewöhnlich klagender Patient nur
Schön beschreibt er auch wie er
Einen Ball für Bauern und Adel
Der Region organisiert und was
Dafür an Preisen etwa nötig ist
Humorvoll versucht er sich noch
Um die Preisverleihung zu drücken
Die er den Damen überlassen will
Keine irgend persönlich zu kränken
Wie er sich dann überreden lässt
Mit den Damen gemeinsam in der
Jury zu sitzen lässt lächelnd an
Ähnlich absurde Sendungen denken
Ob die Heilquellen getrunken oder
Badend besser wirken ist er nicht
Ganz sicher zieht aber dann doch
Gemütliche Bäder und Duschen vor
Etwas genervt war der angebliche
Franzose Johann Kaspar Riesbeck
Von den anderen Passagieren auf
Seiner Donaufahrt warum er auch
Gerne das Schiff in Linz verlässt
Es wären zumeist laute Handwerker
Wie schwangere junge Damen die
Angeblich in Wien Anstellung suchen
Real dort unerkannt gebären wollen
Weil der Kaiser gut für die Kinder dort
Sorgen würde in Wien was neben dem
Reisebericht feine Sozialkritik bringt
Die katholische Moral welche den
Unverheirateten Frauen allen Sex
Verbietet steht der Kaiser gegenüber
Der für alle irgendwie insgeheim sorgt
Das eine ist was offiziell moralisch
Als geboten und nötig gilt während
Andererseits was toleriert wird über
Eine Reise nach Wien getarnt
Von Linz wo er an Land geht ist er
Ganz angetan besonders von der
Kleidung der Damen auch wenn
Diese kränklich alle aussahen
So sähen die Frauen in Bayern oder
Schwaben zwar rotwangig gesünder
Aus aber wären weniger gebildet wie
Weniger zart und feingliedrig was ihm
Als angeblichen Franzosen gut gefiele
Der noch von den Schikanen des Zoll
Erzählt der ein Werk seiner kleinen
Reisebibliothek beschlagnahmte aber
Den radikaleren Atheisten Gibbon den
Autor des Untergangs von Rom ohne
Beanstandung dafür passieren ließ
Was Grund gibt darüber zu lästern
Hier gibt er seine Sicht als Gerüchte
Weiter die eine deutliche Kritik an der
Zensur sind wobei das Buch 1793 also
Nach der Revolution erstmals erschien
Der Tarnung wegen hat Riesbeck den
Reisenden Franzosen erfunden der als
Besucher nach Frankreich berichtet was
Deutsche Autoren nicht zu sagen wagten
Sehr lohnend seine Beschreibungen der
Regionalen Charaktere ihrer Eigenarten
Wie der politischen Besonderheiten die
Er gekonnt den Franzosen sehen lässt
Weiter ging die Reise mit Georg Forster
Der mit der Cook Expedition gerade
Auf der Suche nach einem angeblichen
Kontinent in südlichen Polarregionen
Über Pinguine und Eisvögel berichtet
Wie den Kontakt zu riesigen Eisbergen
Die immer wieder genutzt wurden um
Trinkwasservorräte neu aufzufüllen
Das letzte Frischwasser hatten sie
Am Kap der guten Hoffnung noch
Aufgenommen wie er berichtet so
War geschmolzenes Eis willkommen
Doch hatte das Schmelzwasser auch
Auswirkungen auf die Verdauung wie
Die sonstige Gesundheit was er aber
Als typisch für dies Wasser bezeichnet
Wie sehr es manche Seeleute erstaunt
Dass Wasser flüssig weniger Platz im
Fass braucht als gefroren berichtet der
Junge Reisende sehr anschaulich
Ohne hier weiter über die Anomalie
Des Wassers was bei 4° seine höchste
Dichte hat zu philosophieren ist es doch
Spannend zu sehen was normal scheint
Forster verknüpft dabei immer wieder
Interessant Naturbeobachtungen mit
Sozialen Studien an Bord die er eher
Nebenbei noch fasziniert berichtet
Angereichert sind dieser wie auch
Der vorrangige Band noch mit sehr
Schönen Bildern bei Forster sogar
Aquarelle aus eigener Hand was
Die Prachtbänder der geliebten
Anderen Bibliothek so schön macht
Wunderbares Lesegefühl gemischt
Mit zusätzlicher Anschauung auch
Diese wunderbaren Reisebände
Taugen auch als Teatablebooks
Zur schönen Dekoration sehr gut
Und geben einen Bildungsanschein
Als vierten Band auch aus dieser
Reihe der Anderen Bibliothek und
Wieder von Forster waren nun die
Ansichten vom Niederrhein dran
Diese Reise unternahm Forster noch
Gemeinsam mit dem da ganz jungen
Alexander von Humboldt durch Brabant
Flandern Holland England und Frankreich
Ein Jahr nach der Revolution ist der
Reisebericht der die Orte so gut beschreibt
Wie die Charaktere der Menschen auch
Eine hochpolitische Schrift was immer
Wieder in Bemerkungen deutlich wird
Etwa gerade zum Verhalten des dort
Fürstbischofes von Lüttich und wie er
Sich zunächst kulant gibt wie allen
Forderungen zustimmt bis er dann
In Sicherheit Gewalt nutzt um seine
Forderungen durchzusetzen die das
Reichskammergericht bestätigte
Jenes Reichskammergericht in Wetzlar
An dem der junge Goethe sein heute
Hieß es Referendariat als Asessor
Machte und den Werther schrieb
Jenes Buch was den Sturm und Drang
So bewegte erschien 1774 also noch
Ganze 16 Jahre vor dieser Reise doch
War der Kontext allen Literaten bekannt
Forster erläutert es zu erklären warum
Der preußische General von Schliefen
Seit Monaten die Festung Lüttich noch
Belagerte wie wer Ansprüche dort hätte
Der Autor enthält sich einer deutlichen
Stellungnahme zu der Angelegenheit
Schließt mit dem lateinischen Zitat die
Götter sähen es so und Cato anders
Was angesicht des Kampfes den
Cato gegen Cäsars Ambitionen führte
Wie Forsters Eintreten für die Mainzer
Republik nur zwei Jahre später zeigte
Eine zwar noch dezente aber doch im
Zusammenhang gesehen sehr deutliche
Kritik an der Macht des Bischofs war
Der sein Volk schlicht betrogen hatte
Wie schön und spannend war es doch
Wieder auf dem Diwan durch die Zeit
An verschiedene Orte lesend zu reisen
Nichts davon hätte ich vor Ort bemerkt
jens tuengerthal 14.9.24
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