Lektürentagebuch 26.9.24
In drei Büchern heute gelesen
Nicht weil alle guten Dinge stets
Drei sind sondern weil ich Lust
Dazu hatte und es so passte
Dabei waren es natürlich drei
Gute Bücher denn wozu sonst
Sollte die Lektüre dienen die
Schlechten lese ich lieber nie
Begonnen nachts mit Franz Hessel
Dessen so feine Kurzgeschichten ein
Bild vom Berlin seiner Zeit also
Nach dem Ersten Weltkrieg geben
Mitri erzählt die Geschichte wie sich
Die feine Dame einen Untermieter
Nimmt weil doch alles teurer wird
Die Mieten dazu noch steigen
Dieser Mitri ein türkischer Bulgare
Wird ihr von einem Attache der
Botschaft des Landes empfohlen
Das muss ja vertrauenswürdig sein
Die erste Zeit ist dieser stets dezent
Höflich zurückhaltend bis er dann
Auf einmal krank wird und seine sehr
Von ihm angetane Vermieterin ihn pflegt
Sie bekocht ihn eigenhändig was er
Sehr zu schätzen weiß ihr Verhältnis
Ist vertrauensvoll gut bis eines Tages
Die bildhübsche Bäckerstochter wie
Solche eben schön sein müssen
Wozu Hessel eine gewagte These
Zur Mehlnähe der Eltern aufstellt
Die wunderbar ironisch dazu ist
Kommt für ihren Vater der doch
Der Hauseigentümer ist etwas
Zu kassieren worauf die beiden
Sich erstmals sehen können
Dann fährt die Vermieterin in
Kur wie es ältere Damen eben
So machen nur nach Thüringen
Weil Kissingen doch zu teuer ist
Wo einst der Reichskanzler noch
Die berühmte Depesche versandte
Die 1870 den Krieg gegen Frankreich
Wie von ihm gewünscht auslöste
Wie Karlsbad unbezahlbar wurde
Also geht sie zur Kur wie jeden
Sommer gen Thüringen und legt
Der Haushälterin die Versorgung
Ihres Untermieter sehr ans Herzen
Als sie dann nach Wochen zurück
Von der Kur gut erholt wieder da ist
Kommen die ersten Beschwerden
Er hätte Feste gefeiert und auch
Der Bäckermeister verdächtigt ihn
Wegen verschwundener Läufer
Wie seiner Feste wegen doch
Noch verteidigt sie ihren guten
Mitri der dann eines Abends noch
Zu ihr ans Bett kommt und ihr sein
Großes Leid klagt ohne Arbeit nun
Die gute Witwe leiht ihm unter dessen
Heiligen Versprechen der sofortigen
Rückzahlung Geld und am nächsten
Tag sind Mitri und die Bächerstochter
Verschwunden und ihr Untermieter
Dankt nur mit einem Zettel doch die
Witwe bereut nicht das gegebene
Nur mehr hätte sie gern davon gehabt
Bei Spuk unterm Hochbahnbogen wird
Vom Geschehen in einem der bekannten
Tanzlokale erzählt wo ein Gast unerwartet
Den Preußenmarsch gern hören möchte
Wie dieser ihn an seinen Unteroffizier aus
Dem Kaiserreich noch erinnerte sogar in
Bart Frisur und Haltung identisch scheint
Das Publikum ein wenig pikiert dort ist
Während der seltsame Unteroffizier so
Ganz ohne Uniform die Kapelle noch
Zackig und selig dazu dirigierte ging
Ein peinliches Gruseln durch den Saal
So gibt es Begegnungen wie auch
Erinnerungen die entbehrlich sind
Und doch ertragen wir diese weil
Die Vorstellung zu komisch bleibt
Heute am Tag dann in Friedells
Kulturgeschichte der Neuzeit voller
Freude am weiten Geist versunken
Der so spannende Brücken baut
Erzählt hier von den Flegeljahren
Des Kapitalismus in England unter
Elisabeth der die Ausbeutung von
Ländern wie Slaverei noch förderte
Die Zeit in der die berühmte alte
Londoner Börse gebaut wurde war
Die in der sie das Empire mit Raub
Piraterie und mehr erst errichteten
Daran zu erinnern auf welcher Basis
Der so freie Kapitalismus und der
Reichtum im Westen steht tut gut
Auch wenn es wohl nichts ändert
Wie ein gerechter Ausgleich mit
Den ausgebeuteten Ländern denn
Aussehen könnte wäre spannender
Als die Verklärung des Empire noch
Dieses ist durch Freibeuter die sich
Fremder Güter ermächtigten noch
Errichtet und dafür zu Helden des
Vaterlandes und Geliebten wurden
Getarnt wurde dies gerne noch als
Kapitalistisches Unternehmen was
Sich Land und mehr sichern wollte
Real der Unterdrückung nur diente
Wie sähe die Welt aus wenn alle
Am Kolonialunwesen beteiligten
Länder ihre Schuld entsprechend
Dem heutigen Stand beglichen
Ob der Kapitalismus humaner je
Geworden ist oder die Gier nach
Gewinn das peinliche Schachern
Nicht logisch dahin führen muss
Wäre eine Frage die für einen Plan
Für die Zukunft wichtig wäre doch
Sollten wir freie Alternativen haben
Bevor wir funktionierendes beseitigen
Für einige Seiten widmete sich Friedell
Der Wissenschaft und der Entdeckung
Der Welt wie des Universums durch
Neugierige Forscher und Physiker
Erzählt von Tycho Brahe dem genialen
Dänen den seine Kirche vertrieb denn
Auch die Protestanten waren vor der
Sturen Dummheit niemals völlig gefeit
Wie dieser dann im Prag Rudolfs II.
Zum Lehrer von Keppler wird wie
Dieser eine geniale wenn auch falsche
Theorie zur Sternbewegung fand
Mathematisch klug berechnet wie
Von bestechender Logik nur leider
Davon ausgehend alles drehe sich
Um die Erde wie Jupitermonde
Kommt dann zum genialen Galilei
Dessen Erkenntnis über das Universum
Seine Erfindung des Fernrohrs was er
Mit zwei anderen unabhängig teilt
Für den Forscher und Künstler Galilei
Ist Friedell voller Bewunderung ohne
Deshalb dessen Fehler zu übersehen
Wie dass er ein Choleriker auch war
Woher sich diese Erkenntnis speist
Ob sie eine Theorie begründen könnte
Wäre spannend zu erfahren doch dazu
Lässt sich Friedell nicht weiter aus
Sollten wir fragen wie eng Genie mit
Cholerik und Impulsivität verbunden ist
Ob eines das andere bedingen kann
Oder ein krankhafter Auswuchs bleibt
Auch über die realen Grundlagen seiner
Verurteilung durch den Papst wie milde
Dieser Urban VIII. zunächst war sogar
Seinen Forschungen begeistert folgte
Doch ebensolcher Choleriker wie der
Geniale Künstler auf ihm dann von
Gegnern zugetragenes reagierte auch
Wenn es wirklich relativ milde war
Der Widerruf und der Hausarrest sind
Zwar ärgerlich aber weniger Drama als
Die damals üblichen Scheiterhaufen für
Der Ketzerei Verdächtige es sonst waren
Überhaupt forschte die Kirche über die
Jesuiten selbst und war nicht so blind
Wie manche es ihr unterstellten wie
Ihre Gegner es ihr lange vorhielten
Das Festhalten an Aristoteles wie die
Unterschlagung von Epikur und Lukrez
Zeugt zwar von zu engem Horizont
Aber folgt zumindest einer Logik
Ganz ausführlich schreibt Friedell
Zu Bacon und seiner Rolle in England
Wie für Philosophie und Forschung doch
Davon dann die nächsten Tage mehr
Zum Abschluss der Lesezeit gab es noch
Einige Seiten feine literarische Happen
Von Stanislaw Ignacy Witkiewicz der in
Abschied vom Herbst einen Dialog
Zwischen Atanazy Zosia und Jèdrek
Beschreibt der sich in der völligen
Dekonstruktion der Argumente verliert
Aber existentielle Grenzen fein auslotet
jens tuengerthal 26.9.24
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