Samstag, 16. Januar 2021

Freiliebe


"Ich verwerfe die Ehe, weil sie zum Eigenthume macht, was nimmer Eigenthum sein kann: die freie Persönlichkeit; weil sie ein Recht giebt auf Liebe, auf die es kein Recht geben kann; bei der jedes Recht zum brutalen Unrecht wird." 

"Fromme Seelen, fromme Herzen,
Himmelssehnend, lebenssatt;
Euch ist rings ein Thal der Schmerzen,
Eine finst're Schädelstatt!
Mag in schreckenden Gesichten
Bang vor mir das Schicksal steh'n;
Nie soll mich der Schmerz vernichten,
Nie zerknirscht und reuig seh'n!
Freiem Leben, freiem Lieben,
Bin ich immer treu geblieben!"

Louise Aston


Wer war die Dichterin dieser Zeilen
Louise Aston hat an die freie Liebe
Geglaubt wollte nie einem gehören
Noch einen für sich besitzen war
Zwar eine zeitlang verheiratet aber
Schloss sich kaum geschieden dem
Kreis um Max Stirner an in Berlin
Wurde in Preußen verurteilt wegen
Nonkonformismus weil sie es wagte
Wie George Sand Männerkleider
Zu tragen erotische Gedichte sogar
Veröffentlichte auf der Straße rauchte
Als staatsgefährdend ausgewiesen
Kehrte während der 1848er Revolution
Die sie womöglich mit anstiftete mit
Ihrem zweiten Mann einem Bremer
Arzt nach Berlin zurück gab dort das
Magazin der Freischärler heraus
Gründete den Club Emanzipierter
Frauen in Preußens Hauptstadt doch
Wurden beide wieder vertrieben
Auch Bremen kündigte ihrem Mann
Seine leitende Stelle beide zogen
Durch die Lande und halfen etwa
Verletzen im Krimkrieg bis sie 1871
Verarmt in Wangen im Allgäu starb
Sie blieb zeitlebens unkonventionell
Eckte mit ihrer Sicht auf Ehe und Liebe
Auch bei vielen Frauen an die meinten
Freie Liebe nutze nur den Männern
Den Frauen bliebe das Opfer dabei
Wie weit das mit der je sexuellen
Befriedigung der Beteiligten zu tun hat
Lässt sich nicht mehr belegen doch
Wirkt manches der Konvention noch
Bis heute weiter wollen junge Frauen
Heiraten nach altem Muster um den
Traum von Liebe zu leben dem ich
Auch verliebt hinterher gelaufen bin
Obwohl ich Aston und Stirner kannte
Blind den Wünschen meiner jungen
Schönen Verlobten romantisch gern
Vorauseilte es besser längst wusste
Weil sich der romantische Brei so
Wunderbar klebrig über alles legte
Wie glücklich davon befreit nun
Leb ich es ohne Konvention so
Wie es beiden am besten gefällt
Statt ein Dackel der Lust zu werden
Die darum meist nur vorgespielt wird
Verlass ich mich lieber auf mich um
Kein Sklave immer gleicher Spiele
Der Frauen zu werden die Gunst
Zu gerne gewähren und verweigern
Aber auch keine als meine zu besitzen
Um die Freiheit mehr zu lieben als
Die Illusion erfüllter Liebe die doch
Immer in gleicher Enttäuschung
Der einen oder anderen Seite endete
Weiß aus Erfahrung wie schön der
Traum von ewiger Liebe sein kann
Der stets statt selig befriedigt neben
Unzufriedener Traumfrau erwachte
Weil die Liebe schon verschwand
Wo wir sie anbinden wollen als
Ehe oder ähnliches dabei genannt
Sollte wer die Liebe wirklich schätzt
Den anderen nie fesseln wollen
Sondern den Geliebten wie den
Eigenen Kindern Wurzeln und Flügel
Schenken wollen zum Glück
Es darf nie einen Anspruch auf Liebe
Geben der Gefühl wie Eigentum als
Sicheren Besitz behandelt was ich
Vergaß solange verliebt geblendet
Der Liebsten gern alles versprach
Ihr ewiger Retter in permanent
Wechselnden Zuständen der Not
Sein wollte als Lebensinhalt der
Alles was ich war verbrannte um
Romantischer Gatte zu sein was
Lächerlich mir nun scheint wo ich
Vernünftig mit Abstand es sehe
Woran die große Louise Aston
Mit ihrem Motto mich erinnerte
Wie dankbar kann Mann doch
Den freien Frauen nur sein die
Aus fesselnden Träumen befreien
Um befreit glücklich zu leben

Freiem Leben, freiem Lieben,
Bin ich immer treu geblieben!

jens tuengerthal 15.1.21


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