Sonntag, 31. Januar 2021

Fernsichtfrei


Fernsichtfrei

Freie Sicht zu haben
Ist Menschen wichtig
Weil sie mit Weitblick
Auch Erkenntnis verbinden

Welch fataler Irrtum denk ich
Zur Salzsäule erstarrte einst
Lots Frau beim unerlaubten
Blick zurück nach Sodom

Ist dies der blinde Aberglaube
Der Früchte vom Baum der
Erkenntnis zu essen bestrafte
Mit Vertreibung aus dem Paradies

Heute lieber gottlos frei
Wollen zu viele Frauen
Lieber dünn wie Salzstangen
Sein um begehrt zu werden

Weibliche Rundung wie noch bei
Der Venus von Willendorf oder
Oder muschelgeboren später wich
Gerader klarer Linie ohne Verzierung

Häuser Autos Frauen und alles was
Sich der Mode schon immer unterwarf
Wurde auf Linie gebracht und damit
Normiert gerade eher langweilig

Bahaus und Bubikopf brachten die
Sexuelle Funktionalität im beliebig
Austauschbaren Befriedigungsritual
Ohne bleibende Verpflichtungen

So hat sich die Ansicht des
Begehrten in kurzer Zeit
Gewandelt von rund weiblich
Zu dürr und hager erstarrt

Das Bild biblischer Strafe
Für den Blick zurück auf
Das sündige Sodom zu
Erstarren verliert sich

Stattdessen will jede gern
Fernsehen am liebsten heute
In abonnierter Serie im Netz
Was als Vergnügen gilt

Warum Fernsehen vielen so
Nahe liegt könnte belegen
Wie sehr das Netz uns am
Anblick hängen lässt nun

Alle sehen gerne genau hin
Ob beim Unfall oder beim Sex
Der anderen im Bild was als
Folge Schönheit normierte

Sie wollen am liebsten alle
Die gleichen prallen Brüste wie
Glattrasierten Schamlippen die
Wie Milchbrötchen scheinen

Alle können überall alles sehen
Darum ist Anblick entscheidend
Wollen sie ihn normiert operieren
Als Opfer der Gleichförmigkeit

Den Blick abzuwenden oder sich
Zu verschleiern um nichts mehr
Sehen zu müssen scheint heute
Absurd altertümlich fast religiös

Wer alles einmal gesehen hat
Wie jede Form schon erlebt ist
Damit für immer unfrei im Sein
Sich überraschen zu lassen

Die völlig freie Sicht verstellt so
Den Blick für das Besondere
Was in der Vielfalt beliebig wurde
Weil alles doch etwas wohl hat

So frage ich mich immer mehr
Ob ich mir ein Bild machen will
Oder vor diesen lieber weglaufe
Um durch Bücher noch zu sehen

Nahe lag mir nie fernzusehen
Weil bewegte Bilder mich eher
Unfrei machen und die Phantasie
Belegen und damit zerstören

Wie frei schaut noch in die Welt
Wer von Bildern besetzt ist die
Alle Gedanken unlöschbar belegen
Können diejenigen noch genießen

Bücher die dafür werben was du alles
Gesehen haben musst würde ich der
Alle Bücher sonst liebt verbrennen
Weil sie den Fernsehgeist verbreiten

Der Virus alles anzuschauen um sich
Vollständig zu fühlen hat sich auf der
Ganzen Welt verbreitet damit wir wenn
Da Bilder von uns davor verbreiten

Schauen wir weniger in die Ferne
Genießen lieber das naheliegende
Um im Dasein anzukommen was
Aufgabe genug im Leben sein sollte

Das Gute liegt so nah warum sollte
Wer noch in die Ferne schweifen
Denke ich damit völlig zufrieden
Scheint mir das Höchste erreicht

jens tuengerthal 31.1.21

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