Sonntag, 9. September 2018

Einrichtungsfragen

Es gibt kein richtiges Leben im falschen
Meinte Adorno abschließend zum Thema
Einrichtung als Schauplatz des Privatlebens
Unter dem Titel Asyl für Obdachlose

Wo traditionelle Wohnungen in denen wir
Groß wurden unerträglich werden weil alles
Behagen mit Verrat an der Erkenntnis erkauft
Geborgenheit dafür mit der muffigen Tradition
Der Interessengemeinschaft Familie bezahlt wird
Ist für Adorno der Lebensraum beschränkt

Jedoch seien die Neusachlichen mit tabula rasa
In von Sachverständigen gefertigte Etuis verirrt
Die ohne jede Beziehung zum Bewohner bleiben
Dem längst irrealen Wunsch nach Unabhängigkeit
Schlagen sie in Fabrikhallen einfach ins Gesicht

So hätte nach Adorno ein Magazin vor Hitler
Dekretiert der moderne Mensch schliefe gern
Dem Tiere gleich nahe am Boden womit das
Traditionelle Bett ausgedient hätte und damit
Die Schwelle von Wach zu Traum abgeschafft

Stilwohnungen auch wo echt aber eben auch
Zusammengekauft führten nach dem Kopf der
Frankfurter Schule zur lebendigen Einbalsamierung
Ohne Hoffnung auf befreite Erlösung daraus

Die Flucht ins Hotel oder möblierte Appartement
Mache die aufgezwungenen Bedingungen der
Emigration zur lebensklugen Norm die künftig
Entscheidung und Stilfrage entbehrlich macht

Am schlimmsten meint Adorno dennoch erginge
Es allen die keine Entscheidung hätten die noch
In Bungalows leben die morgen schon nur noch
Laubenhütten oder Autos oder weniger sind

Das Haus sei vergangen und die Zerstörungen
Der europäischen Städte die er 1944 von Ferne
Beobachten muss sei bloß die Fortsetzung
Einer immanenten Entwicklung die Häser nur
Als Konservenbüchsen zum Wegwerfen sieht

So vernichte die sozialistische Gesellschaft auch
Die Möglichkeit des Wohnens als das schleichende
Unheil der bürgerlichen Gesellschaft das sie so wird
Wogegen kein Einzelner etwas unternehmen könne

Die noch immer sichtbaren Alpträume des Wohnens
Die Staaten wie die DDR in Plattenbauten realisierten
Die sie in Vorstädten reihenweise einst hochzogen
Mit denen sie mein Wohnviertel pflastern wollten
Wobei ihnen Widerstand und Wende zuvorkamen
Belegen zumindest den Tod der Bürgerlichkeit dort
Während sich in noch Altbauten nun wieder das
Wiedererstandene Bürgertum versammelt hat

Wer es versucht und sich mit Möbelentwürfen oder
Gar Innendekoration beschäftige gerate ungewollt
In die Nähe des Kunstgewerblichen wie entschlossen
Er auch dagegen immer angehen mag halten ihn
Beobachter doch schnell für einen Bibliophilen
Meint Adorno typisch erhoben abschätzig

Hier schon könnte ich einhaken und diesen Titel
Als Auszeichnung in heutiger Zeit eher sehen
Denn als Kritik am halbseidenen Wesen dieser
Wenn auch manch gewöhnlicher Durchschnitt
Der Masse leicht gruseln ließe lebe ich zu gern
In einem Museum mit vielen Büchern als Ort
Des klassisch schönsten Rückzuges immer

Adorno meint auch weil schon aus der Ferne
Geblickt Wiener Werkstätten sich nicht mehr
Vom Bauhaus unterschieden und die Kuben
Längst ornamental werden sei als Reaktion
Ein individuell suspendiertes Verhalten gut
Einzig angemessen möglich für ihn

So sollen wir das Privatleben führen wie es
Gesellschaft und eigene Bedürfnisse fordern
Aber dabei nicht so belasten als sei es noch
Gesellschaftlich substantiell uns angemessen

Nietzsche zitierend der schrieb es gehöre
Zu seinem Glück kein Hausbesitzer zu sein
Erweitert Adorno dies dahin es gehöre heute
Zur guten Moral nicht bei sich zuhause zu sein

Dies solle ausdrücken welche Illusion längst
Das Privateigentum wurde das einem nicht
Mehr gehört weil es immer alles zu kaufen gibt
Sich keiner an Beschränkung klammern kann

Weil wir aber Eigentum doch brauchen wenn
Wir nicht in Not und Abhängigkeit geraten will
Lassen wir die Besitzverhältnisse fortbestehen
Doch führt uns die Moral zur Paradoxie mit der
Wir die Dinge dann nur noch lieblos missachten
Was sich schnell auch gegen Menschen kehrt
Wird bald zur Ideologie und die lieber das Ihre
Mit schlechtem Gewissen behalten wollen sind
Dazwischen zerrissen weil es nach Adorno
Kein richtiges Leben im falschen geben kann

Wohne gern und richte mich verliebt noch lieber
Gemeinsam ein zwischen immer mehr Büchern
Mit Dekoration nach beider Geschlechter dabei
Übereinkommenden Geschmack noch erstaunlich
Harmonisch und sehe diesen Vorgang des wohl
Nestbaus auch als natürliche Kulturleistung die
Keine gesellschaftliche Ordnung je überwindet

Der Instinkt es möglichst schön zu haben um
Das bestmögliche Leben mit größtmöglicher
Lust genießen zu können scheint natürlich
Zwar sind die Zweifel Adornos im Angesicht
Des Krieges der Hiroshima noch nicht sah
Verständlich doch haben sich die Menschen
Auch dort inzwischen wieder gut eingerichtet

Das Soziale als nur Bindeglied zwischen den
Mitgliedern einer Gesellschaft wird dabei wohl
Von Adorno destruktiv überbewertet insofern
Der Wunsch gut zu leben ein instinktiver ist
Aus dem sich mit der Kultur Geschmack formt

Was wem gefällt und ob es gutes Leben gibt
Auch unter unmenschlichen Bedingungen ist
In Zeiten der Flucht eine wichtige Frage die
Sich manche vielleicht häufiger stellen sollten

Doch die Möglichkeit des Geschmacks als
Ausdruck kultureller Entwicklung negieren
Nähme uns mehr als es an Erkenntnisgewinn
Dem Einzelnen dabei bringen könnte

Seit ich mich erinnern kann um nicht gleich
Die gewagte Hypothese des Denkens hier
Für mich in Anspruch zu nehmen war mir
Einrichtung ein Teil meiner Identität

Lebe als Leser gern im Rückzugsraum
Der Bibliothek und wer seine entbehrte
Weiß erst wie wichtig diese Basis ist um
Den Geist freier beflügeln zu lassen

Einrichtung ist sicher Geschmackssache
Aber in diesem zeigt sich unsere Kultur
Wie weit wir uns entwickelt haben oder
Was nur noch von uns übrig geblieben

Habe schon notgedrungen monatsweise
Möbliert auch gewohnt und vermeide
Wenn es irgend nur geht jeden Umzug
Lebte auch ohne Bücher doch nur halb

Wer in der Postmoderne seinen Weg
Zwischen vielen Stilen und dazu noch
Im Rahmen bescheidener Möglichkeiten
Findet zeigt damit viel von sich auch

Diesen Ausdruck aus Kapitulation vor
Den sozialen Verhältnissen einfach
Ignorieren müssen um intellektuell
Etwas zu gelten wäre unmenschlich

So möchte Adorno uns aus seiner
Verständlichen Sprachlosigkeit mit
Seinem berühmten Dictum das es
Kein richtiges Leben im Falschen geben
In eine mir ferne Ignoranz drängen

Diese Fragen sich 1944 zu stellen
Auch angesichts der Unmenschlichkeit
Vieler Versuche des Bauens in diesen
Baukastenspielen der Stadtplaner
Scheint noch immer angemessen

Antwort sollte jedoch nicht die Negation
Sondern vielmehr die Bejahung des je
Eigenen Weges als lebenslange Suche
Sich damit wohl zu fühlen lieber sein

Es geht nicht um sozial richtig oder
Moralisch verwerflich beim Wohnen
Sondern darum sich wohl zu fühlen
Was danach erst den Rahmen braucht

Möge jeder nach seiner Fasson glücklich
Alle Menschen auf ihre Art sich einrichten
Wie es die Umstände ihnen erlauben aber
Sich daran auch freuen können statt sich
Ein Verwerflichkeitsurteil aufzuerlegen
Wie es der Schatten größerer Ereignisse
Andernfalls moralisch geböte geht es doch
Um nicht mehr als glücklich zu leben

jens tuengerthal 08.09.2018

Samstag, 8. September 2018

Friseurstimmung

Männer gehen zum Friseur
Um sich die Haare schneiden
Zu lassen während Frauen
Sich dort verwöhnen lassen

Länger als zwanzig Minuten
Habe ich selten oder nie dort
Gesessen bis alles erledigt war
Augen geschlossen nachgedacht

Manchmal lauschte ich noch den
Angeregten Gesprächen der Damen
Im Sessel nebenan für die der Gang
Zum Friseur soziales Ereignis war

Frauen lassen sich dort verwöhnen
Genießen die Pflege kommen dann
Lustvoll schöner wieder wovon beide
Seiten lustvoll profitieren können

Beim Friseur zahlte ich selten mehr
Als 10 Euro ohne Waschen während
Die Liebste eher mindestens wohl das
Zehnfache beim exquisiten Gang lässt

Was bei mir ohne Waschen wie immer
Maximal 20 Minuten mit allem dauerte
Braucht bei ihr über vier Stunden was
Fast ein halber Tag für sich schon ist

Früher war mir das völlig unverständlich
Heute denke ich es ist halt eine Form
Ganzheitlicher Therapie um sich mit sich
Wieder richtig und wohl zu fühlen

Wo Frau sich mag und sich wohl fühlt
Wird sie noch schöner als von Natur
Die bei meiner schon unübertrefflich
Schien bis sie heute vom Friseur kam

Sie fühlte sich wieder viel schöner
Fand sie immer schon wunderschön
Aber jetzt natürlich ungelogen mehr
Weil sie sich noch mehr mochte

Dazu kam ihre gewachsene Lust
Die normal schon mehr als alle war
Was Mann bei Frau erleben durfte
Getragen von Stolzesspannung

Es ist keine Magie vermute ich
Sondern Selbstbestätigung wie
Sich richtig etwas für sich gönnen
Weil du es dir wirklich wert bist

Schafften Männer es Frauen dies
Gefühl dauerhaft zu vermitteln
Ginge die Friseurbranche pleite
Was ja auch keiner wollen kann

Muss es gar nicht alles verstehen
Nicht mal selbst hin muss ich da
Nur voller Liebe es gönnen können
Wie angemessen bewundern reicht

Ob die unterschiedliche Leidenschaft
Für Pflegetermine genetisch bedingt ist
Ist mir auch völlig egal solange meine
Liebste so lustvoll selig wiederkehrt

Natürlich wirkte das nicht jede Woche
Was die kluge Frau aus Erfahrung weiß
Aber im richtigen Abstand gibt es wohl
Keine bessere Investition für guten Sex

jens tuengerthal 08.09.2018

Ankunftsglück

Zuhause Ankommen nach einer
Kleinen Wanderung fühlt sich gut an
Schöner noch wenn dich die Liebste
Schon erwartet im schönen Heim

Das erleben wohl täglich Viele
Ohne es entsprechend zu würdigen
Kam nach dem Regen feuchter an
Fand unser Zuhause wunderbar

Aufgeräumt abgespült und sauber
Mit meiner Liebsten noch schöner
Schien mir schon alles vollkommen
Bis ich endlich sah was sie tat

Die Liebste saß zeichnend Tisch
Hoch konzentriert an ihrem Werk
Durfte ich glücklich erschöpfter Flaneur
Sie beim Malen noch beobachten

Wie lief mein Herz voller Liebe über
Nicht nur die schönste und liebste Frau
Sondern ihre große Begabung dabei
Als Zuschauer genießen zu dürfen

Dankbar schreibe ich nun darüber
Wie glücklich geteiltes Leben macht
Wo jeder seiner Neigung folgt aber
Gemeinsam das Glück noch wächst

Bewundere sie auch in ihrer Kunst
Bin dankbar für meine wunderbare Frau
Die mich mit ihrem Tun inspiriert
Fühle mich so ganz angekommen

jens tuengerthal 7.09.2018

Freitag, 7. September 2018

Lebenseigentumsvorbehalt

Können wir noch selbstbestimmt leben
Haben wir Entscheidungsbefugnis über
Das was unser Leben im Kern ausmacht
Oder nur noch in der Wahl des Freitods

Adorno konstatiert dies im Krieg nüchtern
Wo er sich dem Vernichtungswillen nicht nur
Faschistischer Diktaturen hilflos gegenüber sah
Wo der Suizid noch die bessere Aussicht war

Angesichts der entwürdigenden Grausamkeit
Des Krieges wie der Menschenverachtung
In den Vernichtungslagern von denen aber
Auch Adorno da noch nichts genaues wusste
Scheint das Weiterleben die größere Strafe

Wer durch den Zufall der Geschichte diesen
Schrecken überleben durfte wird zeitlebens
Seine noch Existenz vor sich rechtfertigen
Als gäbe es im Sein je ein gültiges warum

Hat sich seit Kriegsende etwas geändert
Sind Versöhnung und Menschlichkeit heute
Weiter fortgeschritten als damals im Grauen
Leben in Deutschland heute andere Menschen

Schon liegt mir die Frage auf der Zunge wo
Sind die im Osten noch näher an der von
Adorno beschriebenen totalitären Geschichte
Wer hat die Freiheit besser wirklich verstanden
Die sie sich selbst erobert haben 1989 oder
Jene die sie im Westen geschenkt bekamen

Wieder werden ohne jede Würde hier Menschen
Zumindest rassistisch beschimpft vielleicht gejagt
Auch wenn heute zumindest die Verfassung laut
Das Gegenteil zur Pflicht dem Staat postuliert

Gilt das Grundgesetz in Bayern weniger oder
In Sachsen zumindest nicht für Zuwanderer
Wo doch unser Innenminister die Migration
Als Mutter aller Probleme identifizierte

Sind die teilweise Probleme des Staates
Endlich Verantwortung zu übernehmen
Für seine Verpflichtung zum Schutz auch
Der Würde Ausdruck des Kontrollverlustes

Wer aber kontrolliert dann unser Leben
Wenn dem Staat diese nur zunehmend
Entgleitet in Sorge vor rechten Populisten
Worüber bestimmen wir wirklich selbst

Früher bestimmten die Kirchen was wir
Als moralisch gut betrachten müssten
An ihre Stelle traten die Psychoanalytiker
Mit bloßer Umbenennung ohne Befreiung

Heute haben wir das Grundgesetz als
Ergebnis des Diskurses wie Habermas
Uns gerne demokratisch belehrt dabei
Die Verantwortung vor Gott ignorierend

Weil diese von Gläubigen noch immer
Als Formel in die Präambel geschrieben
Schafft die Aberglaubensbasis logisch
Des Grundgesetzes relative Gültigkeit
Für alle von allen Göttern befreite

Inwiefern nicht logisch Götter immer am
Selbstbestimmungsrecht des Individuums
Hindern also aller Aberglaube gegen die
Grundrechte verstößt kann dahinstehen
Sofern wir diese Albernheiten nur privat
Als Vergnügen für Leichtgläubige betrachten
Was von Meinungsfreiheit so weit gedeckt
Wie wissenschaftlich immer wirkungslos ist

Selbstbestimmt leben heißt seit Kant klar
Befreiung aus selbstverschuldeter Unmündigkeit
Was autonomes Denken so sehr erfordert
Wie die moralische Aufgabe höherer Wahrheit

Wer auf sein Gewissen zurückgeworfen ist
Aus diesem allein bestimmt was moralisch
Zulässig sein kann und also jedes Gesetz
Am Gewissen messen soll ist aufgeklärt

Was macht Selbstbestimmung heute aus
73 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz
Gibt es einen besseren Ausdruck dafür als
Die Fähigkeit ihm allein ein Ende zu setzen

Ist der Tod als letztes Zeichen der Freiheit
Ein Symbol des Grauens oder der Autonomie
Die wir nie gering schätzen sollten um uns
Würde in jeder Situation zu erhalten

Bei Sterbehilfe diskutieren wir es wohl
Öffentlich wobei gerne noch Anhänger
Des alten Aberglaubens laut das Leben
Dem sie die Würde raubten verteidigen

Wo kämen wir auch hin wenn Gläubige
Autonom sittlich entschieden wie Kant es
Jedem der sich befreit zubilligte unabhängig
Von Stand oder Herkunft als Freiheitsrecht

So sind wir kaum einen Schritt weiter als
Die großen Denker der Aufklärung solange
Der Aberglaube moralisch im Grundgesetz steht
Die Grundrechte relativ gültig damit nur macht

Reichsbürger erkennen aus anderen wirren
Vorstellungen den Staat gar nicht an der aber
Durch seine faktische Macht auch gegen sie
Die legitime Existenz zur Genüge bewies

Wir anarchischen Aufklärer aber stehen
Dazwischen in der Leere des Nichts weil
Jede Norm nur am Gewissen gemessen
Also relativ gültig immer bleibt für uns

Die einen sind Narren weil sie Tatsachen
Verkennen die ihre Strafbarkeit begründen
Wir aber halten es für unmoralischen Unsinn
Machen nur mangels besserer Alternative mit

Damit bleiben wir autonom und aufgeklärt
Wie Kant es logisch von uns forderte ohne
Dabei das Gewissen an die Unvernunft
Der staatlichen Fremdbestimmung aufzugeben

Spannender für viele als staatliche Macht
Die sich ja widersprüchlich immer mehr
Infragestellt ist das Selbstbestimmungsrecht
Im virtuellen Raum neuer sozialer Existenz

Wie selbstbestimmt sind wir noch wenn
Facbook oder Twitter nach gusto zensieren
Um christlich amerikanische Moral in ihrer
Real existierenden Verlogenheit durchzusetzen

Gibt es Meinungs- und Kunstfreiheit dort wo
Viele ihr soziales Leben längst real leben auch
Wenn sie dadurch zu Puppen der Bespaßung
Werbetreibender Konzerne längst wurden

Sollten Staaten die Marktplätze anbieten
Damit virtuelle Freiheit garantiert wie der
Verdienst sozial aufgeteilt werden kann
Meinungsmacht demokratisch ausüben

Müssen wieder Staaten die Konzerne
Von virtuellen Marktplätzen verdrängen
Um Freiheitsrechte zu garantieren oder
Wäre das schon der Verlust der selben

Solange wir uns nicht bewusst werden
Wohin die Vermarktung virtueller Kunden
Durch Unternehmen führt handeln wir
Sicher noch nicht aufgeklärt genug

Was haben Grundrechte für einen Wert
Im Zeitalter sozialer Netzwerke wenn diese
Allein über Moral und Kontrolle entscheiden
Nicht der Souverän zumindest indirekt

Dann haben wir unsere sittliche Autonomie
An die Kindergartenaufsicht in Kalifornien
Abgegeben ohne die Chance uns noch
Aus dieser Unmündigkeit selbst zu befreien

Die Wahl uns zu töten bleibt uns auch noch
Wenn Facebook unser Einkaufsverhalten
Je nach Sponsoring fremdbestimmen kann
Wir aber das Mobbing im Netz nicht ertragen

Wir können auch unseren Account löschen
Das Internet nur winzigen Dosen nutzen
Sichtbarkeit und Verfolgung ausschalten
In eine ferne Wildnis anstatt ziehen

Diese Flucht hätte einen Preis für alle
Wir entzögen uns unser soziales Umfeld
Müssten uns ein ganz reales erschaffen
Aber es gibt noch Menschen auch ohne

Ein Freund und überzeugter Casanova
Der immer erfolgreich bei den Damen war
Verlor den Draht ohne Zugang zu diesen
Virtuellen Datingagenturen lange völlig

Dies machte ihn depressiv und traurig
Wie den realen Casanova in Schloss Dux
In einem ähnlichen Alter befindlich aber
Änderte er wie Casanova nichts an sich

Dennoch fand dieser Netzmuffel noch
Gelegentlich realen Kontakt zu Damen
In der wirklichen Welt gelegentlich sogar
Horizontal glücklich noch endend

Wir können also wenn wir wollen frei
Von den Beschränkungen leben die
Im ländlichen Raum mehr Menschen
Aus ihrer Naturlage schon betreffen

Die Erkenntnis dieser Flexibilität ist
Ein großes Glück weil sie uns trotz
Virtueller Übermächte erkennen lässt
Wie frei wir noch gut leben können

Selbstbestimmung ist wieder mehr eine
Frage der Haltung als der Tatsachen
Auch wenn obiger zum jammern neigt
Entscheidet er sein Unglück selbst

Wo es auf Haltung zuerst ankommt
Bleibt Kants Grundsatz zur Aufklärung
Weiter bestehen wonach diese in der
Entschlossenen Befreiung zuerst liegt

So wir nicht über die düstere Realität
An vermeintlicher Dialektik der alten
Aufklärung verzweifeln kann sie uns
Immer noch gute Lichtquelle sein

jens tuengerthal 07.09.2018

Tierleben

Menschen leben mit Tieren
Als Haus oder Nutztiere sind
Diese Teil unserer Lebenswelt
Doch wie weit geht Teilnahme

Auch Thoreau lebte mit Tieren
Die er im Wald nur beobachtete
Oder wie die Fische auch aß
Beschrieb ihr Leben menschlich

Den Krieg der Ameisen beschreibt
Thoreau als eine große Schlacht
Menschlichen Kriegen sehr ähnlich
Bei dem es um Leben und Tod ging

Haben Tiere den gleichen Instinkt
Wie Menschen im Kampf zu töten
Oder wollen sie ganz natürlich nur
Stärker sein um besser zu leben

Es gibt Jäger unter den Tieren
Sie töten Beute um zu fressen
Dieser grausame Vorgang scheint
Ethisch uns völlig normal zu sein

Auch Herdentiere kämpfen mal
Um den Vorrang in der Herde
Doch immer nur bis einer aufgibt
Der Kampf der Ameisen war mehr

Beide schwer verwundet dabei
Einer tödlich und einer kaum mehr
Alleine lebensfähig als Invalide den
Seine Gemeinschaft versorgen müsste

Haben Tiere Versorgungsgemeinschaften
Oder muss wer nicht allein überleben kann
Ganz natürlich einfach sterben weil es die
Aufgabe ist so gut wie möglich zu überleben

Hengste etwa schlagen sich sogar
Gelegentlich zu Krüppeln um den
Vorrang untereinander zu klären
Sogar bei Wallachen beobachtet

Wie menschlich betrachten wir die Tierwelt
Was ist unser Denken und was das der Tiere
Können wir uns wirklich in sie hineinversetzen
Oder ist der Tierhaltertraum eine immer Illusion

Thoreau beschreibt einen Haubentaucher
Den er stundenlang auf dem Waldensee
Beobachtete und der ihn zu narren schien
Fraglich nur wer sich was dabei denkt

Auch das Lachen des Tieres über ihn
Was er schon aus dessem Schrei hört
Dürfte Produkt seiner Phantasie sein
Warum vermenscheln wir gern Tiere

Halter von Hunden Katzen Vögeln Pferden
Neigen sehr dazu ihren Haustieren die sie
Mit teilweise viel Liebe sich halten obwohl
Diese ihr sklavenähnliches Eigentum sind
Menschliche Eigenschaften zu geben

Thoreau neigt bei seinen Beobachtungen
Der Tierwelt auch sehr zum menscheln
Überträgt unser Bewusstsein auf tierische
Verhaltensweisen quasi synchron wieder

Lange wurde die Erlaubnis überhaupt
Andere Kreaturen zu halten oder töten
Aus dem eben Bewusstsein abgeleitet
Dem widerspricht der Tierhalter Sicht

Wenn aber diese wilden Lebewesen
Kreaturen wie wir sind fragt sich warum
Wir erlauben sie wie Sklaven als Eigentum
Zu unserem  Nutzen zu halten trotz Geist

Auch die Gefühlsbindung vieler Menschen
Zu ihren Tieren ist dabei eher unvernünftig
Vermutlich nur Spiegel ihrer Sehnsucht nach
Liebe zu ihren Bedingungen die es nie gibt

Selbst mit Hunden teilweise aufgewachsen
Mit denen ich auf langen Spaziergängen
Sogar in schwachen Momenten redete
Ist mir Freund Tier wesensmäßig fremd

Achte Tiere als freie Kreaturen der Natur
Möchte sie darum weder besitzen noch
Als ihr Halter verlogene Traditionen pflegen
Sondern ihnen lieber Freiheit schenken

Esse dennoch auch Tierfleisch weil wir
Um zu überleben immer töten müssen
Ob pflanzliches oder tierisches Leben
Dies eben Teil unserer Natur auch ist

Diese grundsätzliche Frage hat nichts
Mit der sozialen Bewertung unseres
Fleischkonsums aus ökologischer Sicht
Zu tun der kritisch gesehen werden kann

Fand die Beobachtung der Tiere immer
Schon weniger interessant als Lesen
Auch wenn ich als Kinder sogar gern
In den Tierknast Zoo immer mal ging

Viele leiten aus dem Verhalten der Tiere
Manches für unsere Gesellschaft ab
Erklären tierisches Sozialverhalten
Nach menschlichem Muster noch

Tiere sollen tierisch leben und sein
Menschen sich lieber mehr bemühen
Irgendwann menschlich zu werden
Um kultiviert leben zu können

Kümmerten wir uns mehr um unsere
Mitmenschen wäre das Zusammenleben
Ganz natürlich viel menschlicher statt sich
Über tierische Eigenschaften zu erregen

Vielleicht sollten sich all die Tierfreunde
Für die sich viele Tierhalter halten lieber
Klarmachen dass Haltung Sklaverei ist
Was keine Zukunft mehr haben sollte

Wer Tiere wirklich lieben würde falls
Wir das überhaupt wesensmäßig können
Würde ihnen Freiheit schenken wollen
Aber vielleicht ist das auch zu menschlich

Vielleicht entspricht das Verhältnis dabei
Dem der jeweiligen Tierhalter zueinander
Katzenhalter und Hundehalter mögen sich
Eher weniger wie deren Tiere entsprechend

Genauso wahrscheinlich könnte aber sein
Dass die Tiere intelligenter als wir schon
Die Zuneigungsbedürfnisse vorab erspüren
Fraglich nur dann wer wen dabei erzieht

Aber was weiß ich schon was im Tier
Tatsächlich vorgeht und wie käme ich
Dazu anderer Menschen Liebe zum Tier
Ihrem halt Haussklaven zu beurteilen

Sich zu fragen warum faktische Sklaverei
Immer noch ein Ausdruck von Liebe sei
Könnte vielleicht manche Klarheit bringen
Unklar ob es unser Verhalten auch änderte

jens tuengerthal 07.09.2018

Donnerstag, 6. September 2018

Taktdialektik

Braucht es den Takt heute
In der Industriegesellschaft
Dringender um noch menschliche
Beziehungen haben zu können

Adorno führt dazu unter dem
Titel Dialektik des Takts Goethe an
Der in den Wanderjahren nochmal
Den Takt als Mittel der Verständigung
Entfremdeter Menschen darstellt

Goethe so meint Adorno sah Takt
Als Verzicht an auf Nähe Glück und
Leidenschaft durch Entsagung so
Sei  Selbstbeschränkung ihm human

Der unausweichliche Gang der Geschichte
Wird so zur eigenen Sache gemacht wobei
Der inhumane Fortschritt beklagt wird der
Das Subjekt am Ende verkümmern lässt

Adorno meint im üblichen Tone klagend
Den das Schicksal exilierter Juden während
Des 2. Weltkrieges noch verständlich macht
Es sei heute noch viel schlimmer gekommen

Der Takt hätte seine genaue historische Zeit
Als der Bürger als Individuum vom Zwang des
Absolutismus sich befreite und damit erstmals
Frei und einsam für sich selber einstehen muss

Adorno aber entdeckt den Absolutismus noch
In vieler Kultur der Zeit der Aufklärung die er
Zeitgleich dialektisch mit Horkheimer betrachtete
Sieht den Takt nur noch als Parodie der Formen

Takt wäre nicht einfach die Unterordnung unter
Zeremoniale Konvention welche Neuhumanisten
Nach Adorno unablässig vor sich her trügen sondern
Die Versöhnung von Konvention und Individuum

Takt sei eine Differenzbestimmung resultierend
Aus gemeinsam wissender Abweichung dabei
Würde deutlich worüber noch oder nicht mehr
Guten Gewissens gesprochen werden könnte

Menschen reagierten heute sogar auf Takt
Eher unhöflich weil ihnen diese Höflichkeit
Ihnen die Untragbarkeit ihres Zustandes
Zu deutlich sprachlos schon offenbarte

Dann gilt der höflich taktvolle Mensch
Als unhöflich weil er von der Höflichkeit
Als einem überholten Vorrecht Gebrauch
Noch macht das andere nicht beherrschen

Wer nun jedem Individuum angemessen
Gegenübertreten will offenbart nur mehr
Die alle ergreifende sich verhärtende
Hierarchie zwischen den Individuen

Auch in intimsten Konstellationen wird
Der Takt als bloß äußerliche Konvention
Unter der Verfügungsgewalt des Allgemeinen
Als überholt nutzloser Zierrat abgeschrieben

Wie unerträglich das Zusammenleben heute
Längst geworden sei meint Adorno im Hohn
Auf die Freiheit zu erkennen die eben jene
Kameradschaft der Anrempelei bedeutete

Takt und gute Umgangsformen helfen noch
Immer bei der Verständigung eigentlich
Gerade auf diplomatischer Ebene sehr
Doch Trump belegt just das Gegenteil

Täglich zeigen uns die Populisten aller
Länder wie das Überschreiten der doch
Für menschlich gehaltenen Konventionen
Ihr Verständnis von Demokratie realisiert

Unworte des Rassismus und Hasses
Werden durch Wiederholung normal
Geistige Grenzen lösen sich auf dabei
Meinen die Treiber sie sein konservativ

So werden die guten alten Zeiten wieder
Zurück gefordert in denen alles beklagte
Noch viel besser war auch wenn dies ein
Weniger an Populismus bedeutete

Wer einmal in sozialen Netzwerken
Schrieb oder diskutierte wird angesichts
Des völligen Mangels an Höflichkeit vieler
Adornos Worte über den Takt bestätigen

Wie reagieren wir auf diese Unhöflichkeit
Besser taktvoll um unser Gesicht vor uns
Zumindest auch künftig zu wahren oder
Lieber angemessen in gleichem Stil

Würde Adornos pessimistischer Sicht
Geboren mitten im Weltkrieg zwischen
Judenverfolgung und Vernichtungskrieg
Im Allgemeinen lieber widersprechen

Takt und Höflichkeit haben immer noch
Einen hohen Wert in der Gesellschaft
Auch wenn Aufsteiger dies ignorieren
Achten alte Kreise noch darauf

Zwar stellt ein Trump alle Formen
Öffentlich als ungebildertert Idiot
Immer wieder peinlich infrage doch
Wird der Spott darüber immer lauter

Ohne gewisse Formen des Umgangs
Wird Diplomatie unmöglich gemacht
Entstehen unnötige Konflikte bei der
Verständigung zwischen Völkern

Andererseits wünschen heute gerade Frauen
In Zeiten hysterischer #metoo Bekenntnisse
Bloß keine Formen im Umgang mehr lehnen
Sogar aufgehaltene Türen als unemanzipiert
Grundsätzlich als äußerst unhöflich ab

Zwar meide ich den Umgang mit solchen
Nur vermeintlich emanzipierten Damen
Nach Möglichkeit doch kann es den sonst
Gentleman schon sehr erschrecken

Es gehen feine Rituale der Verehrung
Aus falsch verstandener Emanzipation
Manchen jungen Frauen damit verloren
Die selbst völlig taktlos meist auch sind

Wo der Takt stimmt tanzt die Musik gut
Wer ihn nicht trifft trampelt auf Füße
Auch wo wir unkonventionell sein wollen
Müssen wir doch noch zusammenleben

jens tuengerthal 06.09.2018

Höheres

Sind wir zivilisierte Tiere nur
Oder weniger ohne die Natur
Gegen die wir noch kämpfen
Statt mit ihr einig zu leben

Was wäre überhaupt höher
Als die Natur und mit ihr also
Im Einklang Leben zu führen
Sei es unseres oder höheres

Wenig fällt mir ein was jemals
Die Kräfte der Natur übertrifft
Denen wir uns auch beugen
An den Grenzen unserer Kraft

Gerne führen wir die Moral an
Doch was davon ist aus uns
Wieviel plappern wir nur nach
Seit Generationen undurchdacht

Thoreau hinterfragt immer wieder
Die Moral die uns alltäglich leitet
Auch etwa beim Fleischkonsum
Der logisch asozial eigentlich ist

Noch bevor sich Fanatiker heute
Veganer nannten die Fleischesser
Als rücksichtslose Mörder beschimpfen
Begründete der Waldgänger ihre Moral

Mit Vernunft lässt sich wenig dagegen
Argumentieren so führt er auch vorab
Seine Leidenschaft an die ihn bereits
Mehrfach fast zur Jagdlust verführte

Warum Thoreau sein Fischen nicht
Jagen nennt ist mir unerfindlich weil
Beides Tiere tötet auch wenn ich auf
Fisch leicht verzichten könnte

Der Tier- und Naturfreund Thoreau
Heißt es gut das Kinder jagen lernen
Weil sie dadurch in Kontakt mit der
Natur nach Leidenschaft kommen

Der Jagdtrieb verliefe sich dann
Wenn sie größer würden meinte
Thoreau mit gutem Menschenbild
Mit wachsender Vernunft allein

Für diese schnöde Hoffnung aber
Spricht in der Erfahrung wenig
Zustimmen würde ich Thoreau aber
Das Jäger gute Naturschützer sind

Besser zumindest als alle die nie
Im Wald und mit der Natur lebten
Heute brauchen wir sie zur Hege
Weil natürliche Feinde eher fehlen

Wer das Fleisch selbst erjagen muss
Wenn er welches essen möchte hat
Ein anderes Verhältnis zum töten wie
Zum anderen Lebewesen in der Natur

Furchtbar zwar die Vorstellung wenn
Alle Großstädter auf Jagd gehen wollten
Aber ein wenig mehr Bewusstsein für das
Was wir essen schadete sicherlich nicht

Esse gerne Fleisch auch mal roh
Verstehe Thoreaus Jagdinstinkt
Würde auch töten für mein Fleisch
Hinterfrage dies Denken dennoch

Ob humaner lebt wer statt Tieren
Pflanzen töten lässt ist das eine
Was kaum ein Veganer sich fragt
Wie dogmatisch ist diese Sekte

Sicher sind Tiere höher entwickeltes
Leben doch ist die Unterscheidung
So perfide wie die eines Mordes
An Professoren oder Analphabeten

Ob Enthaltsamkeit ein Gutes hat
Oder nur eine perverse Verirrung
Unbefriedigter Geister in Not ist
Scheint gerade wieder aktuell

Darüber kritisch nachzudenken aber
Rüttelt an Grundfesten wie Zielen
Denen wir gewöhnlich nachstreben
Wäre also eher gefährlich wohl

Es braucht nichts Höheres im Leben
Solange wir mit diesem glücklich
Zu leben endlich wieder mehr lernen
Also auch unserer Natur dabei folgen

Ob der Weg uns immer ins Grüne
Also in die umgebende Natur führt
Ist wohl eine Frage der je Neigung
Was Teil der immer Natur wieder ist

Es gibt gute und vernünftige Gründe
Vegetarisch zu leben was sicher auch
Besser für unsere Gesundheit sein mag
Doch nichts ist erniedrigender als Ideologie

Ob es uns wirklich erhebt nach Höherem
Zu streben oder uns vielmehr meistens
Der Vernunft dabei beraubt und also nur
Konsequenter erniedrigt bleibt fraglich

Genauso fragwürdig ist jede Ethik
Die sich auf höhere Gesetze beruft
Weil sie weder auf Konsens noch
Auf geteilter Vernunft dafür beruhen

Schließlich genügt auch aller Gehorsam
Egal welcher erdachten höheren Wesen
Nie den Grundsätzen des kategorischen
Imperativ als immer gültigem Ethikideal

Die gehorsamen Gläubigen sind ethisch
Nur Gauner die sich freiwillig entmündigt
Vor der nötigen Verantwortung drücken
Um sich nicht von ihrem Gott zu befreien

Es gibt nichts Höheres als die Natur
Was unsere ist dürfen wir erforschen
Im lebenslangen Wandel oft staunend
Womit ich lebenslänglich beschäftigt bin

jens tuengerthal 06.09.2018

Mittwoch, 5. September 2018

Geizdoppel

Geiz wird heute geil genannt
Erfolgreich ist wer genug hat
Reichtum zeigt sich so gern
Armut gilt als eher asozial

Traf die Werbung überhaupt
Die Geiz als gut propagierte
Oder ist es doch eher peinlich
Sich als geizig zu offenbaren

Auf zwei Arten erschiene Geiz
Stellt Adorno fest wobei er den
Alten Geiz der sparsam für sich
Wie für andere historisch nennt

Es ist der von Molière verewigte
Den Freud analen Charakter nennt
Vollendet sich im armen Bettler
Der insgeheim Millionen hortet

So trägt der klassische Geizige
Die Bettlermaske als Märchenkalif
Verwandt ist er dem Sammler wie
Manischen und großen Liebenden

Diesen treffen wir laut Adorno nur
Noch als Kuriosität in Lokalblättern
Ganz im Gegensatz zum zeitgemäß
Geizigen dem nichts für sich zu teuer
Aber alles für andere zu viel wäre

Dieser neue Geizige denkt nach
Adorno in Äquivalenten ist stets
Darauf bedacht weniger zu geben
Als er umgekehrt zurückbekommt

Jede Freundlichkeit die sie gewähren
Steht stets unter der Überlegung ob
Sie denn nötig sei man das tun müsse
Ihr sicherstes Kennzeichen ist darum
Die Eile mit der sie sich für empfangene
Aufmerksamkeit revanchieren wollen
Damit bei Verkettung der Tauschakte
Keine Lücke entsteht und sie schnell
Auf ihre Kosten dabei auch kommen

Weil diese Geizigen völlig rational sind
Können sie nicht überführt oder sogar
Bekehrt werden so ist ihre tagtägliche
Liebenswürdigkeit der Maßstab ihrer
Unerbittlichkeit im Geschäft für sich

Ihrer Art entsprechend setzen sie sich
Unwiderleglich ins Recht und das Recht
Damit ins Unrecht so betreiben sie ihre
Askese vom Geben mit Vorsicht sind
Dabei meist gut versichert um auch
Ganz sicher gut dabei wegzukommen

Die Beschreibung der neuen Geizigen
Trifft gut auf den heutigen Zeitgeist der
Unter eben diesen ehrenwerte Berater
Von Banken und Versicherungen findet
Die noch die Kurse im Auge am besten
Am Geld ihrer Kunden immer verdienen
Wo durch Wetten im Handel unvorstellbar
Große Margen wie beim Glücksspiel
Immer wieder heute erzielt werden

Unternehmen wie Amazon und Apple
Knacken den Billionenwert an der Börse
Ohne reale Gegenwerte zu brauchen
Klassische Industrie fliegt aus dem Index
Wie es gerade der Deutschen Bank ging
So zeigen sich die Börsen in vielem
Als manchmal irreale Gegenwelt
Wie auch das Unternehmen Tesla
Unvernünftig hohe Erwartungen längst
Weckte mit denen gespielt wird

Andererseits sehen wir den Geiz auch
Bei der Haushälterin Merkel die Europa
Zur Sparsamkeit anhält und selbst dabei
Mit gutem Vorbild voran geht was viele
Etwa Griechen und Italiener nicht mochten
Die schwäbische Hausfrau als Vorbild
Wurde in ganz Europa verspottet
Wenn sie auch den Haushalten gut tat

Ist Sparsamkeit der neue Geiz oder
Die zeitgemäße Form der Bescheidenheit
Was bei fremden Geld eher besser tut
Weil es Schulden und Zinsen senkt

Andererseits hat auch Deutschland
Vom Geldverleih gut profitiert warum
Die Sparsamkeit dabei wenig nutzte
Eher die Wirtschaft dort nur lähmte
Wie viele noch heute beklagen die
Den falschen Geiz übel nahmen

Wie immer in der Politik gibt es
Entgegengesetzte Sichten dazu
Manche wünschen sich den Staat
Als starken Investor in der Krise
Andere fordern mehr Sparsamkeit
Um schuldenfrei leben zu können
Was eine Bedingung der Freiheit

Bedenken wir wie großzügig dann
Für Flüchtlinge gegeben wurde
Kann von Geiz nicht die Rede sein
Manche sahen sich da betrogen
Um ihre Steuergelder statt freudig
Menschen in Not helfen zu wollen
Was sicher dem neuen Geiz eher
Entspricht den Adorno anklagte

Eine sparsame Regierung hilft
Die Schulden zu mindern was
Stabilität für die Zukunft eher gibt
Was ein hoher Wert immer ist
Den nüchtern zu würdigen wohl
Derzeit weniger Bürgern gefällt
Ob das ein Spiegel ihres Geizes
Oder unaufgeklärt eher wohl ist
Wird eine der Fragen der Zukunft

jens tuengerthal 05.09.2018

Lebenswege

Welcher Weg ist der richtige
Wo sind wir dauerhaft glücklich
Was entscheidet unsere Wahl
Warum ist es so gut so für mich

Fragen die sich wohl alle stellen
Wenn sie an Kreuzungen stehen
Werden im Leben gern ignoriert
Als ginge es nicht um viel mehr

Bei entscheidenden Fragen die
Unser ganzes weiteres Leben
Bestimmen können sind viele
Nachlässiger als beim Klopapier

Thoreau berichtet vom Besuch
In einer ihm benachbarten Hütte
Wo ein Ire mit seiner Familie lebte
Unter eher gruseligen Umständen

Wie dieser sich täglich verdingt
Bei Schwerstarbeit im Moor für
Knappen Lohn mit dem er dafür
Tägliches Fleisch bezahlen kann

Die harte Arbeit benötigte dazu
Schwere und teurere Kleidung
Als Thoreau selbst sie trug der
Dort nur zum Vergnügen angelte

Im schweren Gewitter suchte er
Unterschlupf in jener Hütte
Berichtete auf Nachfrage dort
Von seinem freieren Leben

Er arbeitete nicht körperlich hart
Brauchte darum kaum Fleisch
Trug leichte bewegliche Kleider
Musste nicht über alles klagen

Thoreau lebte in einer heilen
Sauberen Hütte während bei
Den Iren in ihrer zerfallenen Kate
Die Hühner mit herumsprangen

Wir suchen uns unser Leben aus
Mit allen Problemen und Umständen
Die wir ändern sollten statt darüber
Nur hoffnungslos immer zu klagen

Es gibt schwerere Umstände wohl
Die das freie Leben zeitweise auch
Beeinträchtigen können doch sollten
Wir die richtige Perspektive haben

Dem Iren rät Thoreau lieber bescheiden
Wie genügsam zu leben womit er wohl
Mehr Freude am Leben hätte statt nur
Beständig über die Umstände zu jammern

Er vermutet die irische Familie aber
Wird nichts am gewohnten ändern
Weil ihnen der Mut fehlt aus ihren
Umständen selbständig auszubrechen

So leben die meisten Menschen wohl
Zwischen beklagtem Arbeitstrott und
Den ewig unerfüllten Träumen für die
Als Ersatz teuer konsumiert wird

Kenne einige die lange hart arbeiten
Um sich einen teuren Urlaub zu leisten
Bei dem sie das erarbeitete Geld dann
Für die Illusion von Luxus ausgeben

Viele dieser Urlaubsstreber klagen gern
Über ihren Arbeitsalltag der so öde wäre
Was ich nach Berichten nicht bezweifle
Aber ändern nichts für ihren Urlaub

Andere gönnen sich zu teure Autos
Bezahlen anderen Luxus lange ab
Bleiben damit unfrei gefangen um
Sich mal wieder was zu gönnen

Welchen Vorteil hat diese Gunst
Befreit Automobilität real oder nie
Sperrt sie nur in neue Unfreiheit
Die mit ihren Kosten uns versklavt

Die Geschichte der irischen Familie
Erinnert daran dass wir entscheiden
Wohin unser Lebensweg geht wie
Wir ihn nach den Umständen gestalten

Wer über sein Leben klagt sollte etwas
Ändern sagte Thoreau was schwerer
Klingt als ist da am Anfang immer das
Bewusstsein und die Haltung stehen

Warum viele dennoch lieber jammern
Über Zwänge denen sie sich fügen
Die keiner von ihnen haben müsste
Ist eines der Rätsel der Lebenswege

Lieber genieße ich das mögliche mehr
Statt mich über das zu beschweren
Was meine Ansprüche mir zufügen
Verzichte ich lieber auf diese anstatt

jens tuengerthal 05.09.2018

Dienstag, 4. September 2018

Bürgerüberleben

Droht aus dem Osten erneut
Der Faschismus der Welt die
Sich 1989 noch ideologiefrei
Endlich friedlich gehofft hatte

Nach Adorno hat sich in den
Faschistischen Regimes des
20. Jahrhunderts nur die nun
Obsolete Form der Wirtschaft
Bürgerlicher Eliten stabilisiert

Auch wenn schon das immer
Inflationär gebrauchte Wort
Faschismus mir Allergien
Eher verursacht sei es doch
Nach Chemnitz geprüft

Der Denker der Frankfurter Schule
Hält in seinen minima moralia das
Bürgertum in allen seinen Werten
Für heute verdorben bis ins Innerste

So würde zwar die bürgerliche Existenz
Als formale Hülle konserviert doch sei
Ihre ökonomische Voraussetzung völlig
Entfallen es bleibt nur ein Festhalten

Stur halten sie an ihren Interessen fest
Was sich mit Wut mischt weil sie doch
Eigentlich nichts mehr wahrzunehmen
Bräuchten überflüssig längst seien

Dabei hätten die Bürger ihre Naivität
Verloren und sein darüber verstockt
Wie böse geworden die eine Hand
Die noch pflegt verweigert Hilfe

Das politische Asyl würde verweigert
Aus Angst um die eigenen Pfründe
Weil sie sich objektiv bedroht fühlen
Würden die Bürger subjektiv unmenschlich

Nur der Willen zum Wettlauf blieb übrig
Von einst stolzen bürgerlichen Tugenden
Der heute zerstörerisch längst wirkt die
Bürger sein Unheil drohende Gespenster

Nähmen wir die besorgten Bürger wie
Sie in Chemnitz und andernorts zu oft
Bereits asoziale Brutaliät für normal halten
Als Bürger läge Adorno nicht falsch

Doch ist der Mob in Chemnitz genau
Wie der in Lichtenhagen bei Rostock
Kein bürgerlicher sondern eine Folge
Der Wendeverwirrung zu vieler noch

Auch 28 Jahre nach der Vereinigung
Die nie eine Wiedervereinigung war
Weil es beide Staaten vorher nie gab
Blieben sich die Welten eklatant fremd

Die DDR kannte keine Bürgerlichen
Vernichtete ihre auf Eigentum einst
Gebaute Kultur und Welten worauf
Jahrzehnte sozialistischer Schulung
Gehorsame Genossen nur formte

Die Diktatur der Proleten hatte nie
Sinn für bürgerliche Werte oder
Deren gewachsene Kultur wie viele
Konnten damals nicht mal essen
Fielen als unkultiviert überall auf

Bürgerlichkeit ist bedeutend mehr
Als die richtige Haltung einer Gabel
Aber ohne fehlt es schon am Kern
Was Adorno weder erkannte noch
Mit dem Ende der DDR merkte
Da war er schon 30 Jahre tot

Es droht nicht der Faschismus weil
Die bürgerliche Gesellschaft mit allen
Gute Geschäfte machen will sondern
Weil es am bürgerlichen Konsens fehlt
Die gemeinsamen Werte weg sind

Die Aufmärsche der FDJ der DDR
Glichen bis auf die Farbe völlig denen
Der HJ unter Hitler und was sich laut
Antifaschistisch nannte zelebrierte real
Faschistische Formen in allem

So irrt Adorno völlig in der Annahme
Die bürgerliche Gesellschaft sei die
Basis der Nationalsozialisten gewesen
Diese passten sich nur meistens an
Um im totalitären System zu überleben

Es hat sich nicht die Bürgerlichkeit
Heute ökonomisch wie ideell noch
Überlebt sondern im Gegenteil hat
Sich der wahre Weg eher erledigt

Bürgerlich heißt kompromissfähig
Sich an Bedingungen anzupassen
Die früher nicht Bürger sondern
Adelige Eliten gestalteten

Die Wirtschaft hat einen Markt
Keine bürgerliche Form sondern
Eine Natur nach der sie sich richtet
So die Bedingungen freie sind

Es braucht keine Überwindung
Der Bürgerlichkeit als dauerhaften
Schutz vor dem Faschismus sondern
Diese ist der sicherste und freieste Weg

Der Erfolg der Bundesrepublik
Wie der EU beweisen dies auch
Wenn Konzerne Macht übernahmen
Blieben die Strukturen immer gleich

Heute ist die ökonomische Macht
In völlig anderen Händen als noch
Zu Lebzeiten Adornos was diesem
Völlig unmöglich erschienen wäre

Der Markt hat sich durch Technik
Viel flexibler gezeigt als viele die
Montan dachten jemals glaubten
Die Praxis zeigte es uns wieder

Überlebt haben durch alle Zeiten
Mit kleinen Anpassungen immer
Die bürgerlichen Werte der Eliten
Wie die Ideale dauerhaften Erfolgs

Das Überleben ist aber kein Wunder
Auch keine faschistische Schande
Was nur ein hohler Sprachbaustein
Sondern Ausdruck von Anpassung

Kant war ein Bürger in Königsberg
Sein Denken auch aus bürgerlicher
Welt hat bis heute Gültigkeit auch
Wenn manche es besser wussten
Zeigte die Geschichte ihre Irrtümer
Der Hegelianer Adorno beweist es

jens tuengerthal 4.09.2018

Naturleben

Das Erlebnis unberührter Natur
Zeigt sich in Gewässern stärker
Die mit jeder Welle verändern
Mit jungfräulicher Oberfläche
Uns begrüßen bei jeder neuen
Begegnung bis wir in sie stoßen

Was Fischer erleben ist für mich
Eher unbekanntes Terrain da ich
Fischer lieber leben lasse ohne
Gar den Veganern oder ähnlichen
Sekten noch anzugehören dabei

Einmal fischte ich mit Freunden
Schwarz in einem Teich im Taunus
Was 33 Jahre längst her ist also
Auch beim Tod der Forelle dabei
Wohl längst heute verjährt wohl ist
Lohnend fand ich das Ergebnis nicht

Thoreau dagegen fischte manchmal
Wenn er lange bei Freunden blieb
Gern des Nacht noch allein am See
Genoß Ruhe und Fang wie dessen
Ankündigung im Zucken der Schnur

Auch ging Thoreau gern mit dem dort
Fischer im Boot auf den See wo jeder
An einem Ende fischend Platz nahm
Sie sprachen wenig was ihm gefiel

Töten von Tieren die weder mag
Noch genießen möchte finde ich
Eine völlig überflüssige Handlung
Warum ich zum Thema Fischen
Lieber nichts mehr sagen sollte
Ist eben Unterhaltung für Fischer
Zur Freude der Fischesser ohne
Jeden Reiz für Menschen wie mich
Die immer ein Steak jedem Fisch
Vorzögen nicht nur geschmacklich

Thoreau erzählt vom Leben am Teich
Wie mit dem Teich der ihm sogar die
Axt die ihm beim Eishacken hinein fiel
Überraschend leicht zurückgab wobei
Besonders die differente Farbe dieses Sees
Je nach Entfernung mache Erinnerung
Noch an eigene Waldläuferzeiten weckte

Gerne zeltete ich immer wieder auch
An kleinen Bächen dem dabei mehr
Oder weniger lauten Plätschern noch
Nächtlich stundenlang lauschend

Seen erlebte ich eher vom Kanu aus
Denn als Wanderer wo ich sie auch
Zumindest vorm Frost der Mücken
Dort wegen lieber vermied wovon
Erstaunlich genug Thoreau bisher
Gar nichts schrieb was aber auch
In Kanada so oft den Himmel grau
Färbt ohne Hoffnung auf Rettung

So ist Natur gerade dort wo sie
Wunderbar uns erscheint gerne
Auch sehr lästig gelegentlich aber
Vielleicht war der eingeborene
Städter in mir immer stärker
Als der antrainierte Waldläufer
Den Faulheit und Alter inzwischen
Gern in der Erinnerung begruben

Manche Knaben meiner Generation
Hatten ihren ersten Naturaufenthalt
Bei der Bundeswehr im Rahmen des
Damals noch Wehrdienstes aber die
Begeisterung der Kameraden dort
Hielt sich in den Erzählungen eher
In überschaubaren Grenzen stets
Sie mussten ja auch im Schlamm
Robben und dabei scharf schießen
Während ich als Pfadfinder zuerst
Dann kirchenflüchtig  lieber allein
Die Wälder nach dem Vorbild des
Vater erkundete der immer noch
Von seinen Touren schwärmte

Leben mit der Natur hat etwas
Es kann reizvoll sein in und mit ihr
Zu überleben zumindest wenn es
Nur für eine gewisse Zeit so war
Denn wie sehr genoss ich erst
Lesesessel und Bibliothek wenn
Vorher tagelang ich nur dem Wald
Gelauscht hatte bei wenig Lektüre
Die nicht am Lagerfeuer irgendwie
Beschädigt werden sollte

Das Naturleben bedeutet mir stets
Hinterher eine höhere Wertschätzung
Des kultivierten Lebens in Zivilisation
Es war immer ein Aussteigen um noch
Genüsslicher wieder einzusteigen

Die nächtlichen Touren mit dem Kanu
Bei ganz ruhigem Wasser das ich nur
Seltenst mit dem Paddel durchstieß
Sind mir in guter Erinnerung aber was
Das geistig mir wirklich brachte
Weiß ich bis heute nicht

Folgte dem in meiner Familie dazu
Als heldenhaft verbreiteten Rufe ein
Waldläufer in der Wildnis sein zu wollen
Der womöglich aus zu viel schlechter
Lektüre von Vater und Onkels resultierte
Die einen mir fremden Zustand glorifizierten

Weil ich mich zum Kampf mit der Natur
Zumindest nach außen entschlossen zeigte
Wurde ich Felix Krull dem also die Armee
Verschlossen blieb und damit gewöhnliches
Heldentum der Großstadtkinder durch den
Gang in die Wälder zumindest familienintern
Zum vielleicht dreiviertel Helden auf Zeit

Damit konnte ich mich in der elenden Natur
So unbequem sie meistens war wohl fühlen
Tat was meinem Wesen fremd war wie üblich
Für Geltung und Anerkennung männlich halt

Als ich später weitgehend von diesem Syndrom
Durch Abstand geheilt worden war wobei auch
Das Leben inmitten der Großstadt Berlins half
Entwickelte ich mich zum Stadtläufer anstatt
Indem ich tausende Kilometer in Wanderzeug
Durch mein Berlin lief genügte ich allem

Dem Reisewahn der Familie in der nur gilt
Wer viele Länder selbst am besten zu Fuß
Oder unter erschwerten Bedingungen doch
Bereist was mir eigentlich völlig fremd war
Genügte ich durch die große Menge die
Alles bisherige übertraf worum es ohnehin
In meiner Familie meistens nur geht
Ohne meine Stadt verlassen zu müssen

Dem Bedürfnis des Lesers und Autors
Jede Nacht in seiner Bibliothek dabei
Mit gutem Tee versorgt zu verbringen
Genügte ich nach der Heimkehr wieder
Wählte Bequemlichkeit für geistige Freiheit

Den Bekannten im Café am Platz
Die gern heldenhafte Geschichten
Von meinen langen Märschen hörten
Auch wenn diese mehr ins Reich
Der Phantasie wohl gehörten
Genügte ich ohne Urlaubsstorys
Die sich alle zu gern erzählten

Der Liebsten damals in Dublin
Gerne immer wieder im Ohr
Plaudernd mit dabei was mich
Laufend aufs Gespräch konzentrierte
Genügte ich dabei zum Glück
In vielfacher Hinsicht zumindest
Kehrte sie inzwischen zurück

Dem Flaneur in mir der zu gerne
Alles im Vorübergehen betrachtet
Ohne Hektik oder Verpflichtungen
Einen schnellen Blick wirft auf die
Schönheiten aller Umgebung gleich
Ob lebendig oder in Stein gehauen
Genügte jeder Marsch mehr

Zugleich erlebt der Flaneur in Berlin
Wieviel Grünanlagen es gibt wie sich
Park an Park manchmal anschließt
Mit teils zauberhaft uralten Bäumen

Auch als Flaneur in der Großstadt
Bemerkst du die Jahreszeiten gut
Siehst wann die Blätter fallen oder
In Schrebergärten die Beeren blühen
Die Temperaturen sinken und steigen

Die Natur in der Stadt erleben macht
Den Flaneur in mir vielfältig glücklich
Wobei Berlin auch erstaunlich viele
Sehr ursprüngliche Gebiete noch hat

Dagegen ist das Naturerlebnis als
Zwang in der Natur unter dann eher
Unkomfortablen Bedingungen für mich
Weniger verlockend heute als je

Hatte einmal eine Frau die sich
Zu gerne in der Natur bewegte
Wie sich den Naturgewalten stellte
Auf See oder an Land immer drängte
Um Natur statt Ruhe zu genießen
Sie scheint mir heute sehr unreif
Weil sie in keiner Welt ankam
Immer in Bewegung sein musste
Was bei mir eher Mitleid erregt

Habe mir als Knabe und Mann noch
Hütten und Lagerplätze im Wald
Gebaut wie erobert in der Natur
Um der Familie dabei zu genügen
Ein Held zu sein wie die anderen
Statt viel mehr gute Bücher zu lesen

So scheint mir das Naturerlebnis
Dass Thoreau zum Kult erhebt
Als Erkenntnisweg beschreibt eher
Eine manchmal lästige Ablenkung

Wie Menschen die viel reisen oft
Weniger belesen oder gebildet sind
Sondern nur viel überall mal waren
So könnte es mit Naturerlebnissen
Als Initiationsritual vieler wohl sein

Zu manchen passt es womit sie
An dem Weg in die Natur reifen
Andere wie ich haben sich dort
Zumindest mal echt überwunden
Lohnend würde ich es nie nennen
Aber es wurde zumindest ein Teil
Des Lebens das ich mir aussuchte
Auch um so etwas zu überwinden

Thoreau empfindet das Leben mit
Seinen Teichen und der Natur dort
Als großes reifendes Glück im Leben
Gut für ihn und seine Leser denke ich
Auch wenn ich seinen Naturkult nur
Sehr bedingt teilen noch möchte
Helden sind für mich keine Förster
Sondern Autoren und Literaten
Die schönste Form des Baumes
Ist es ein Buch zu werden

jens tuengerthal 04.09.2018

Montag, 3. September 2018

Emigrationsisolation

Sind emigrierte Intellektuelle isoliert
Weil sie mit der Heimat logisch auch
Ihrer schärfsten Waffe beraubt sind
Der Sprache im sozialen Konsens

Führt Emigration notwendig auch
Zur Behinderung die jeder bald
Erkennen muss wenn er nicht
Grausam darüber belehrt werden
Möchte hinter den Türen seiner
Verschlossenen Selbstachtung
Von der alltäglich weniger bleibt

Werden geistige Wesen also ihrer
Heimat beraubt zu bloßen Schatten
Ihrer nur noch Scheinexistenzen
Wie Adorno es grausam klar sagt
Der selbst Emigrant aus tödlicher
Verfolgung des Hitlerregimes war

Daraus resultierte eine größere
Vergiftung der Beziehungen unter
Den Verstoßenen als mit allen
Einheimischen während sich auch
Das Private vampyrhaft vordrängt
Weil es einfach nicht mehr existiert

Gegen die manische Entwicklung
Die notwendig hier folgt hilft allein
Meint Adorno die standhafte Analyse
Seiner selbst um so durch mehr
Bewusstsein wenn schon nicht ganz
Der Gefahr zu entgehen so sich doch
Der verhängnisvolleren Gewalt der
Blindheit wenigstens zu entziehen

Hüten sollten sich alle Emigranten
Zumindest soweit sie Intellektuelle
Vor allen von denen sie noch etwas
Erwarten können weil der Blick auf
Vorteile der Todfeind menschlicher
Beziehungen schon immer ist

Genauso warnt Adorno vor allen
Schmeichlern und Schorrern im
Umgang die sich Vorteile erhoffen
Womit immer eine ungute Abhängigkeit
Ohne alle geistige Freiheit entstünde
Die den Begünstigten wie auch seine
Bewunderer herabzöge ohne einen
Gewinn für eine der beiden Seiten
Sondern letztlich beiden einzig ihre
Je Unbeholfenheit noch vorführte

Ein Rettungsanker schien Adorno
Dem offensichtlich auch einsamen
Emmigranten die Strenge gegen sich
Was aber auch moralisch nur den
Wenigsten zur Verfügung stünde
Da den meisten die es besteigen
Hungertod oder Wahnsinn drohe

Frage mich manchmal mit wem der
Griesgram Adorno der in dieser Zeit
Auch mit Horkheimer über Dialektik
Der Aufklärung schrieb überhaupt
Noch gelassen und frei kommunizierte
Ob ihm die Geige immer näher war
Als Menschen jemals dennoch ist
Der Gedanke gedanklicher Isolation
In Zeiten der Flucht wieder wichtig
Wichtiger wird er zur Integration

Wir müssen mit Wanderung leben
Fraglich bleibt wie wir vernünftiger
Damit künftig umgehen als bisher
Die Erkenntnis der auch geistigen
Totalen Einsamkeit die folglich ein
Moralisches Loch danach hinterlässt
Stellt die Frage nach Antworten
In einer Gesellschaft die lange Zeit
In einem moralischen Konsens der
Über Jahrhunderte wuchs relativ
Isoliert lebte bis mit der Wende
Die alten gewohnten Strukturen
Für fast alle viele Geister zerbrachen

Die westlichen Geister versuchten noch
Ihr gewohntes Modell zu transferieren
Durch Anschluss und Übernahme die
Scheinbar auf ökonomischen Erfolg
Beruhte warum sie die also Besiegten
Anzupassen hatten wofür aber ein
Gemeinsamer neuer Weg einfach
Verpasst wurde weil der alte des
Grundgesetz sich ja bewährt hatte

Will sagen wir haben nicht nur viele
Flüchtlinge aus den Nahen Osten
Sondern mehr Millionen noch nicht
In gemeinsame Werte integrierte die
Östlich der Elbe länger aufwuchsen

Sind die geistigen Hohlräume die sich
Bei AfD Wählern wie just in Chemnitz
Zu deutlich zeigen nur das Produkt der
Moralischen Leere nach der Wende
Die blühende Landschaften versprach
Aber so einigen erst die graue Realität
Des Ostens düster offenbarte ohne dass
Sie sich diese Erkenntnis bis heute
Eingestehen konnten als Opfer

Die Angst vor Flüchtlingen wie auch
Die Furcht vor allem Fremden ist dort
Am höchsten wo die Systeme wechselten
Alle Gewissheit verloren ging einmal
Was viel mit geistiger Isolation zu tun hat
Die noch keine Heimat wieder fand
Um die sich manche in ihrer Leere
Jetzt so lautstark verlogen sorgen

Machen wir uns lieber alle klar statt
Adornos dunklen Tönen zu folgen
Wir sind alle Flüchtlinge und sobald
Wir geistig tätig sind auch Emigranten
Für die es keine Sicherheit mehr gibt
Außer mit uns nachdem alle Grenzen
Fielen und globale Märkte ohne die
Hoffnung auf ein Ende konkurrieren

Keine Sicherheit und keine Gewissheit
Kann Angst machen oder Mut weil es
Der Anfang der großen Freiheit auch ist
Die wir ohne Verlassenheit nicht erkennen

Es liegt an mir wie ich mich zur Welt
Wie sie eben ist stelle oder ob sich
Die Welt zu mir verhält und damit mich
Herumkommandiert im Bewusstsein

Die Isolation ist alltäglich und dafür ist
Jede Gewissheit dahin auch für jene
Die noch transzendente nachbeten
Sollte über zweihundert Jahre nach
Kant langsam klar werden wo die
Moralische Gewissheit allein liegt
Warum diese Freiheit ein Glück ist
Auf das wir uns einlassen müssen
Um es genießen zu können

Jeder ist heute Emigrant irgendwo
Immer im Welten verbindenden Netz
Das alle Grenzen zugleich aufhebt wie
Aus der Isolation befreit die uns noch
Alte Gewissheiten gaben dafür aber
Uns vogelfrei moralisch entlässt
Bis wir den Mut haben zu denken

jens tuengerthal 03.09.2018

Dorfleben

Wie betrachtet das Dorfleben
Wer sich aus der Einsamkeit
Wieder in Gemeinschaft begibt
Wann ist er Teil wann nicht mehr

Thoreau lebte viele Monate allein
Zurückgezogen aus Concord dem
Dorf in Neuengland seiner Heimat
Noch benachbart am Waldensee

Fast täglich ging Thoreau dennoch
Hinüber ins Dorf um es zu sehen
Teils um Menschen zu treffen oder
Dinge noch wo nötig zu erledigen

Einmal wurde er bei einem dieser
Spaziergänge ins Dorf verhaftet
Obwohl er nur zum Schuster wollte
Weil er seine Steuern verweigerte

Er sah sich zum Ungehorsam dabei
In Steuerangelegenheiten verpflichtet
Weil er die Sklaverei nicht mittragen
Wollte die Menschen wie Vieh hielt

Moralisch ein konsequenter Kantianer
Nur seinem Gewissen Untertan musste
Thoreau die Steuerschuld verweigern
Weil der Staat ihm unmoralisch schien

Viel schrieb er darüber in seinem Buch
Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen
Den Staat in jener Zeit vor dem Bürgerkrieg
Der die Vereinigten Staaten fast zerriß

Nach einem Tag kam Thoreau wieder frei
Holte die Schuhe vom Schuster und ging
Wieder zurück zum Waldensee wo er dann
Auf einem Hügel Himbeermittagessen aß

Jeder Dorfbesuch ist für ihn auch einer im
Museum menschlichen Lebens dessen Teil
Er durch sein Leben im Wald nicht mehr war
Das er also amüsiert betrachten konnte

Kehrte ich nach Tagen in der Wildnis auch
Wieder in ein Dorf zurück oder in die Heimat
Schien mir viel gewohntes plötzlich fremd
Mein Blickwinkel hatte sich geändert

So beobachtete Thoreau wie manche dort
Einen solchen Appetit auf Neuigkeiten haben
Dass sie den ganzen Tag nur darauf warten
Als die groben Mühlsteine des Tratsches

Auch ich kenne aus allen Regionen in die
Das Leben mich mehr oder weniger willig
Verführte diese Menschen die gern alles
Mit ihrem Filter weitergeben wollen

Solche fanden sich in ländlichen Gegenden
Wie unter den Nachbarn meiner Eltern auch
Oder in unseren Kiezen genauso die stets
Dörfer in Städten für sich bilden wie in Berlin

Immer wenn du einen Ort besser kennst
Wird jede Großstadt zum Dorf mit den
Überall gleichen Riten und Gewohnheiten
Bei denen sich Menschen beobachten

So gesehen wohne ich nun die 18 Jahre
Die ich in Berlin lebe bereits im sechsten
Dorf in einem Bezirk auch wenn diese
Sehr nah aneinander grenzen noch

Jedes dieser Dörfer hat viel mehr Bewohner
Als die große Fläche von Thoreaus Concord
Wo teilweise die Grundstücke schon größer
Als hier ganze eigene Kieze in Berlin sind

Könnte amüsiert beschreiben wie sehr sich
Die Menschen hinter den Fenstern oder die
Auf der Straße von einem zum anderen so
Unterscheiden wie Botanik nach Breitengraden

Viele tausend Kilometer die ich nun durch
Die Wildnis der Großstadt Berlin lief ließ
Erkennen wie wenig es dieses Berlin gibt
Was immer nur viele Dörfer wohl sein wird

Hier schließe ich meine Haustür stets ab
Wobei ich mich manchmal frage wofür
Bücher sind in Berlin nichts wert und sonst
Gibt es nichts mir wertvolles dort zu stehlen

Doch die Gewohnheit der Großstadt wie
Angst vermutlich um unnötiges Eigentum
Verführt mich zu Schutzmaßnahmen die
Nie welche waren wie Montaigne lehrte

Wer klauen will wird es tun und wenn
Gesichert meine Schlösser beschädigen
Sicherheit ist eine ewige Illusion die sich
Gut verkaufen aber nie erwerben lässt

Thoreau ließ alle Türen bei sich offen
Ein Buch wurde ihm in der Zeit entwendet
Vermutlich weil der Homer zu golden glänzte
Ansonsten kein Schaden und kein Verlust

Dafür die große Freiheit ohne alle Angst
Voller Vertrauen in die Gesellschaft zu leben
Die noch besser wäre wie Thoreau meint
Gäbe es weniger Differenzen im Eigentum

Große Ungleichheit sieht er als die Quelle
Ewiger Ängste und Sorgen wie der Gier
Anderer die viel weniger haben oder sogar
Zu wenig um ganz frei zu überleben

Darüber nachzudenken könnte befreien
Weil wir feststellten was es wirklich braucht
Diebstahl und Raub kommen meint Thoreau
Nur dort vor wo die Unterschiede zu groß

Sollten diejenigen bestraft werden die erst
Durch ungerechte Anhäufung von Eigentum
Zur Kriminalität damit andere anstiften oder
Ist Ungerechtigkeit kein Verbrechen nur Pech

Frei ohne Schloss zu leben macht glücklich
Einmal vergass ich abzuschließen als ich
Für eine Woche meine Wohnung in Berlin
Zum Besuch der Familie verlassen musste

Als ich wieder kam stand die Tür weit offen
Schlimmes ahnend stürzte ich hinein doch
Es war nichts verschwunden zumindest
Habe ich bis heute noch nichts vermisst

Anarchisten sagten einst sogar Eigentum
Sei Diebstahl weil es was eigentlich doch
Allen gehört nach der Natur für sich nimmt
Was viele bis heute sehr schockierte wohl

Durch den kleinen Wohlstand haben wir
Uns lieber an die Ungerechtigkeit gewöhnt
Statt das System zu hinterfragen außer
Nach schlicht totalitär marxscher Manier

Achteten wir im Dorf liebevoll aufeinander
Kümmerten uns wenn nötig auch mal um
Die Güter des anderen bräuchte es wohl
Keinerlei Staat außer der Nachbarschaft

Wie wir dorthin wieder kommen könnten
Ob wir beobachtet wie besorgt gern leben
Oder unabhängig unter ewig Fremden
Scheint eine Frage des Geschmacks

Darüber mehr nachzudenken was uns
Im Leben miteinander glücklich macht
Täte besser als es dem Staat abgeben
Der nur schlechter Kompromiss ist

jens tuengerthal 03.09.2018

Sonntag, 2. September 2018

Liberalerotik

Wie liberal ist unsere Erotik
Bemisst sich dies danach wer
Mit wem warum und wofür schläft
Vor allem wer davon wie profitiert

Was ist überhaupt Profit beim Sex
Ist es der erschlafene Gegenwert
Bleibt die Ehe damit die teuerste
Form der legitimen Prostitution

Hat die Bewertung heute noch
Mit dem Begriff der Dame zu tun
Ist solche Bezeichnung absurd
Wo Gleichheit immer Vorrang hat

Hält der Gentleman seiner sonst
Konkurrentin am Markt die Tür auf
Wer kann sich Höflichkeit leisten
Wo ist ihr Preis uns zu hoch

Wie sieht gleichberechtigter Sex aus
Wer ist dann eher warum oben dabei
Ist guter Sex nicht immer auch Kampf
Um Leidenschaft die miteinander ringt

Noch achten wir in ein Lebensmodell
Das mit Monogamie und Ehe wohl eher
Dem Mittelalter als unserer Gegenwart
Lustvoller Verfügbarkeit entspricht

Ist es erstrebenswert alle Beziehungen
Offen zu führen oder wollen wir lieber
Vertrauten Besitzstand verlogen wahren
Was macht dabei eigentlich glücklich

Bin ich noch liberal wenn ich sage
Es möge jeder mit jedem schlafen
Nur meine Frau mit mir wie ich mit ihr
Aus Gründen der Mehrwertschöpfung
Die das rare Gut der Ausschließlichkeit
Heute völlig sorglos schon wieder hat

Dürfen Frauen sich völlig frei begatten
Wie Männer es einst lange taten bis
Manchen Glaube oder Krankheit noch
Gewisse Grenzen setzte die heute
Eher lächerlich hinfällig wirken

Vor allem aber wenn Frauen nicht
Wie Männer alles dürften etwa weil
Männer als Väter sicher sein wollen
Was Biomedizin längst zuverlässig klärt
Wie ließe sich dies kategorisch begründen

Die Fragen die Adorno zum Thema noch
In der minima moralia stellt haben sich
Dank Pille und sexueller Revolution heut
Weitgehend erledigt wenn auch dabei
Die wichtigste immer ungeklärt blieb
Nämlich wer wirklich welchen Gewinn
Ganz persönlich und sexuell hat was
Leider bei zu vielen nicht eins ist

Eine liberale Erotik ist nur so viel wert
Wie ihre Teilnehmer genießen können
Wenn aber aller Erfahrung bestätigt
Dass bis heute fast 90% nie gemeinsam
Wenn überhaupt als solchen den Sex
Genießen können fragt sich eher wozu

Ist die liberale Erotik nur eine Form der
Pornographiesierung mit billigem Inhalt
Von dem die meisten Teilnehmer nicht
Oder äußerst selten nur profitieren
Aber vielleicht ist es heute auch erst
Liberal sogar ficken zu können auch
Wenn dabei nichts lustvolles passiert

Liberaler und freier ist immer besser
Doch frage ich mich inzwischen eher
Ob das System dabei überhaupt noch
Jemandem nutzt als sich selbst weil
Immer mehr das genießen verlernen

jens tuengerthal 02.09.2018

Landnutzung

Landwirtschaft nutzt den Boden
Um aus dem Ackerbau möglichst
Hohen Gewinn zu erwirtschaften
Fraglich nur was uns solcher ist

Thoreau verwirft die Vorschläge
Vorbeifahrender Landwirte die
Ihm raten seine Bohnen zu düngen
Um den Ertrag zu optimieren

Er will frei sein von Viehhaltung
Keinen Dünger her transportieren
Nicht mehr erwirtschaften müssen
Damit sich der Aufwand rechnet

Im Kreisen der Hühnerhabichte
Sieht er einen Spiegel seiner
Gedanken wie sie sich nähern
Wie im Gleitflug wieder entfernen

Er entzieht sich bewusst der Kette
Ökonomischer Gewinnoptimierung
Um frei zu genießen was ist dabei
Mit so wenig wie möglich unabhängig

Am Ende zieht Thoreau gegen alle
Ratschläge der Bauern die er noch
Ignorierte dennoch Gewinn aus dem
Ackerbau nach seiner Vorstellung

Dies fein aufgelistete Trotzdem fand ich
Eher etwas trotzig überflüssig wenn auch
Wie immer sehr redlich dabei beeindruckte
Die Entscheidung zur Freiheit mich mehr

Was bringt uns eine Karriere überhaupt ein
Bemisst sich der Gewinn nach Einkommen
Oder zählen Freiheit und Lebenslust mehr
Welches Ziel macht uns dauerhaft glücklich

Die Gedanken über dem Bohnenacker
Wie die Art seiner Bewirtschaftung die
Eher unorthodox dem Lustprinzip folgt
Weniger Gewinn dabei in kauf nimmt
Für Freiheit und Lebensfreude sind
In unserer Ökonomie kontraproduktiv

Staaten wollen Menschen die gern
Den Gewinn optimieren weil diese
Die Volkswirtschaft gut bereichern
Für ihren höheren Lohn der für ein
Mehr an Leistung in Aussicht steht
Können sie sich Freizeit wie dort
Maßgeschneiderte Unterhaltung
Kaufen die ein Thoreau durch das
Mehr Freiheit und Lust nebenbei
Bei verzögerter Arbeit schon findet

Wenn ich von weniger gut leben kann
Fragt sich warum ich mehr tun sollte
Nur um mir noch teurer in einer neuen
Wirtschaftskette die Freizeit als Urlaub
Wieder einkaufen zu dürfen dann scheint
Dieser Kreislauf mir eher ziemlich absurd

Moden und Marken funktionieren ähnlich
Sie wecken teurere Bedürfnisse mit deren
Erfüllung wir durch sie erst unnütz geweckte
Sehnsüchte ökonomisch befriedigen wollen

Warum spielen vernünftige Menschen dies
Spiel überhaupt mit statt mit weniger auch
Zufrieden und freier zu sein wollen sie
Eine weitere Optimierung ihrer Gewinne
Sich mehr Dinge leisten zu können
Deren Nutzen zumindest fragwürdig ist

Ein Bohnenacker der mit einfachsten Mitteln
Mehr erwirtschaftet als er mich kostet ist ein
Ökonomisch nützliches Gut für mich warum
Die Frage was ich wirklich brauche wichtig ist
Mir darüber klar zu werden wie ich leben will
Was Freiheit dabei bedeutet und wie schnell
Wir uns durch fremde Güter abhängig machen

Der Text zu Thoreaus Bohnenacker gibt Grund
Die eigenen Gewohnheiten zu hinterfragen was
Zumindest mein träges Denken innovativ anregt
Neues nebenbei hervorbringt und Lust macht
Mit weniger glücklicher und dabei freier zu sein

Was Freude bereitet ist immer gut nur was
Bleibt von der Freude übrig wenn ich mir
Bei manchen Glücksträumen vorher überlege
Wieviel Freiheit sie mich im Tausch kosten

Ist die optimale Landnutzung ökonomisch messbar
Bemisst sich der Wert nach dem höchsten Ertrag
Was sind Freiheit und freie Zeit berechenbar wert
Wie sieht die Bilanz des großen Glücks aus

Scheitert das System der Gewinnoptimierung
Logisch und systemimmanent an sich selbst
Weil es den größten Wert nur käuflich macht
Was bei Glück und Liebe nur wenig wert ist

Ein Bohnenacker der uns zeigt wie wenig
Glücklicher machen ohne dabei auf abstruse
Marxistische Lehren von Neid und Besitz
Im schlicht schematischen Denken der Politik
Zurückgreifen zu müssen sondern die Dinge
Einfach ihrer Natur nach nimmt wie sie sind
Scheint mir eine ganz natürliche Lehre

Jens tuengerthal 02.09.2018

Samstag, 1. September 2018

Trennungsschmerz

Am schlimmsten an Scheidungen ist
Die sich offenbarende Kleinlichkeit im
Detail des Besitzes legt Adorno uns
Unter dem Stichwort Tisch und Bett
Mit präziser Schärfe da die sehr gut
Zweifel über die Ehe begründen kann

Mit der Scheidung beginnt stets eine
Staubwolke aufzusteigen auch bei
Den gutartigsten Menschen noch die
Alles überzieht was sie berührt hat
Als hätte die Intimsphäre sich in einen
Bösen Giftstoff verwandelt wenn erst
Die Beziehungen als Basis zerbrochen

Was macht Intimität zwischen Menschen aus
Ist es Nachsicht Duldung Eigenheitenszuflucht
Bei der ist es hervorgezerrt erst die Schwäche
Des Menschen offenbar wird was bei jeder
Scheidung als Schritt nach außen unvermeidlich

Wird wie Adorno es sagt das Inventar der
Einmal Vertrautheit zum dann Gegenstand
Der öffentlichen Abrechnung zeigt seine
Kalte nur berechenbare Seite für jeden
Oder warum missbrauchen es so viele
In Umkehrung der Verhältnisse dann
Von Strafanzeigen bis zu Einbrüchen
Endet manche Scheidung gar tödlich

Wo wir die Ehe als Ort des großen Vertrauens
Als menschliche Basis in inhumaner Welt
Sahen rächt sich die Enttäuschung um so
Bitterer durch alle Instanzen am anderen
Je großzügiger die Eheleute dabei zuvor
Waren desto abscheulicher wird dann die
Entwürdigung aus der Abrechnung

Dies geschieht besonders gern weil
Im rechtlich undefinierten der Konflikt
Wie die Konfrontation der Interessen
Noch besser gedeihen so offenbart
Sich am Ende ohne nötige Zuneigung
Der dunkle Grund auf dem die Ehe
Als Institution mit Macht und Sex
Übereinander sich ausbeutend nur
Der guten staatlichen Ordnung halber
Noch naiv verliebt errichtet wurde

Alles Schlechte was schon in uns ruht
Kriecht wenn wir das Haus demolieren
Ungeschützt ins Freie und offenbart sich
So ungefragt vor lästernden Augen

Wer einmal als hoffnungsvolle Verbindung
Von der Gesellschaft gefeiert wurde darf
Nun voller Scham erleben was für doch
Schurken sie entsprechend der eben
Verhältnisse wurden und sind weil sie
Dem gefährlichen stattlichen Modell
Das die Liebe gern zerstört folgten

So offenbart sich in allen gescheiterten
Ehen mit der Scheidung die allgemeine
Ordnung die untauglich für die Liebe
Wie eine dauerhafte Verbindung ihrem
Wesen nach da normiert logisch ist

Vielleicht ist diese Form des Nahkampfs
Ausdruck des Gewöhnlichen in aller
Gesellschaft die eben das Besondere
Der Liebe die an den paradoxen Vertrag
Glauben lässt niemals realisieren kann
Warum das Wesen der Ehe heute schon
Der Bedingung ihres Seins widerspricht
Uns aber dafür um so verletzlicher macht

Wer leiden möchte wie gern öffentliche
Diskriminierung zur Charakterstärkung
Quasi sadomasochistisch ertragen will
Dem sei in unserer Gesellschaft dringend
Zur Ehe geraten als starkes Schmerzmittel
Auch Kinder gemeinsam können genügen

Ob das Wissen um das Folgende Grauen
Alleiniger Stabilitätsfaktor der Ehe noch ist
Wäre heute eine wohl berechtigte Frage
Doch verhalten sich viele Menschen noch
Immer unter dem Einfluss ihrer Hormone
Eher blind unvernünftig was bejubelt wird
Bis wir das Grauen danach miterleben
Was dann die Frage stellt warum wir
Nicht zuvor mehr kritischer dachten

Vielleicht ist die Scheidung heute der
Uneingestandene teure Masochismus
Den sich manche gönnen wollen noch
Ob sich das lohnt ist der Frage wert

jens tuengerthal 01.09.2018

Gästewissen

Besuch bringt seine Welt mit
Teilt uns seine Sicht der Dinge
Auf eine oder andere Weise mit
Was eine Bereicherung sein kann

Manche Besucher kommen nur
Zur Bestätigung ihrer immer Klagen
Über andere oder die böse Welt
Was inhaltlich meist entbehrlich ist

Wie uns die Worte aber erscheinen
Liegt auch an unserer Sicht auf sie
Mehr teilweise als an diesen selbst
Die nur Hüllen für Gefühle oft sind

Viele meinen Worte schrieben fest
Hätten dabei eine klare Bedeutung
Seien wie mathematische Zeichen
Was eine gefährliche Illusion ist

Doch weniger über solche Fehler
Soll hier gedichtet werden als von
Chancen gesprochen werden die
Dichter wie Thoreau in Gästen sahen

Thoreau war offen noch zu lernen
Von seinen Besuchern unter anderem
Ließ er sich zu neuen Gedanken anregen
Indem er weniger erwartungsvoll war

So konnte Thoreau auch vom Holzfäller
Der sich selbst einfältig dumm nannte noch
Profitieren ohne ihm dabei zu widersprechen
Weil er die Weisheit seiner Sicht betrachtete

Ungebildete gaben ihm einen unverstellten
Blick auf die Dinge und offenbarten dabei
Vielfach noch erstaunlich überraschendes
Was vermeintlich Intellektuelle weiter bringt

Bereit zu sein für das Wissen der Anderen
Zeugt von einer inneren Offenheit die selten
Leider wurde aber dafür noch staunen kann
Mehr kann als viele Fachidioten meinen

Ablehnend verhielt sich Thoreau gegenüber
Jenen die kommen und ihn bekehren wollten
Zu wissen meinten wie er im Haus sitze
Das ihm ihr Herr errichtet habe im Gesang

Doch errichtete er sich sein Haus selbst
Schätzte alle die ohne Absicht kamen
Als bei ihm zu sein und in der Natur
Um sie gemeinsam zu genießen

Vielleicht ist dies ein tauglicher Maßstab
Bis heute um mit Menschen klarzukommen
Meide alle die dich belehren oder bekehren
Gar von ihrem Glauben überzeugen wollen

Genieße dafür mit allen die Natur frei
Wie und wo sie sich zeigt wenn sie
Nichts sonst bei und mit dir wollen
Kann das Glück vieler möglich sein

jens tuengerthal 01.09.2018

Freitag, 31. August 2018

Ehestandard

Was ist die Ehe heute noch
Als romantisches Überbleibsel
Das seit spätestens Romantik
Versorgung mit Gefühl verband

Sorgte früher einer für den andern
Finanziell sexuell kulinarisch erblich
Sind heute erwartungsgemäß beide
Möglichst finanziell selbständig wenn

Warum aber heiratet überhaupt noch
Wer unabhängig ist ums sich dafür
Formal abhängiger zu machen fragt
Adorno scharf in den minima moralia

So lebt nach dem großen Denker
Dem einst Kopf der Frankfurter Schule
Die Ehe nur noch als schmähliche Parodie
In einer Zeit fort die längst allem was
Das Menschenrecht Ehe ausmachte
Den Boden entzog und zum Trick wurde
Bei dem jeweils einer die Verantwortung
Für alles Üble das er begeht nach außen
Dem anderen zuschiebt während sie
In Wirklichkeit längst trüb sumpfig nur
Gemeinsam noch existieren können

Adorno meint anständig sei eine Ehe erst
Die in ökonomischer Unabhängigkeit frei
Miteinander existiert statt immer abhängig
Als Interessengemeinschaft sich zu bedingen
Da Ehe als Interessengemeinschaft unweigerlich
Die Erniedrigung der Interessenten bedeutete
Aber dennoch in der perfiden Welteinrichtung
Keiner wüsste wie sich dem zu entziehen

Wer nun meint nur die wirklich Reichen seien
Diesen niedrigen Interessen enthoben und frei
Könnten wahrhaft aus Liebe etwa heiraten irrt
Da die Verfolgung der Interessen längst allen
Reichen zur zweiten Natur wurde warum sie
Eben ihre finanziellen Privilegien nur erhalten
Indem sie  dieser gierigen Natur auch folgen
Ohne eine Hoffnung auf Entkommen weil
Doch stets noch genug da ist

Weiter als Adorno es noch sah sind wir
Finanzielle Unabhängigkeit ist Standard
Wird normalerweise eigentlich erwartet
Erledigt sich nur gern mit Kindern dann
Was viele Lieben sehr hart erprobt warum
Der Ausdruck Liebe machen für das Zeugen
Der Kinder eine gewisse Ironie woh enthält
Sind sie doch oft genug die sicherste Form
Liebe und Leidenschaft zu verbannen

Die Ehe ist ein Institut des Staates was
Privilegien an wohlgefälliges Verhalten
Knüpft im gesellschaftlichen Sinne eher
Unromantisch ein Rechtsinstitut ist was
Besonders bei der Trennung als Scheidung
Dem Staat noch manches Geld einbringt
Was ihm durch das Scheitern entging

Ob die Ehe einen moralischen Mehrwert hat
Weiß ich nicht zu beantworten da weder die
Staatliche Legitimation noch die durch den
Aberglauben dazu taugt ein solcher zu sein

Moral braucht allein das freie Gewissen des
Einzelnen was diese Bindung schon formell
Als solche eigentlich einschränkt und darum
Höchst fragwürdig im kantschen Sinne scheint

Nicht umsonst heiratete der Königsberger nie
Auch vom Umgang mit Frauen ist eher wenig
Bekannt außer der Haushälterin dauerhaft

Worauf die Ehe aber heute keinesfalls reduziert
Werden darf soll sie nicht schon vor Beginn
Wieder als völlig verkannt beendet werden

Es gibt gute Gründe mit Adorno auch heute
Wo wir nicht spekulativ sondern auch finanziell
Relativ frei uns in der Ehe verbinden anzunehmen
Sie sei ein untaugliches Objekt für den falschen
Zweck der schon an seiner Form logisch scheitert
Da die unfreie Liebe keine mehr sein kann
Die Normierung der Emotionen mithin schadet
Einzig der gesellschaftlichen Ordnung damit dient
Einem Akt der Anpassung gegen den Gefühl
Als natürlich impulsive Liebe logisch revoltiert

Nicht nur das Scheitern so vieler Ehen
An sich und den Teilnehmern begründet
Vorige Vermutung noch vertiefend doch
Immer noch wagen auch vernünftige
Menschen sich in diesen Stand hinein

Tun sie das als Akt der Anpassung an
Gesellschaftliche Forderungen weil sie
Eigentlich unabhängig wissen müssten
Wie schädlich die gesetzliche Ordnung
Dem erhofften Gefühl logisch immer ist
Folgen sie also einfach der Tradition nur
Aus träger Gewohnheit die sich so gern
Mit Wohlbefinden in uns ausbreitet wie
Die Fettränder unserer Körperlichkeit
Im zunehmend trägeren Alter auch

Kann es kaum beantworten fürchte ich
Zumindest wenig vernünftig auch Adorno
Widerlegen da doch eigentlich gerade die
Selbst gewählte Abhängigkeit ein Kernpunkt
Glücklicher Liebe für mich und ich selbst auch
Ohne alle großen romantischen Neigungen
Meine Liebste sofort heiratete wenn sie will
Statt kritisch darüber zu denken was wohl
Vernünftig wäre aber mir im Gefühl hier
Aus einer Summe von Gründen fernliegt

Zumindest erhoffe ich dauerhaftes Glück
Als erhöhten Mehrwert davon auch wenn
Die vermutlich Illusion mir längst klar ist

Doch wie glücklich wären wir überhaupt
Noch ohne emotionale Unvernunft die
Uns zu formell geordneten Dingen auch
Verführt die eigentlich völlig unvernünftig
Eine größere Probe für die Liebe sind als
Alles vorher miteinander erlebte dabei
Sollten doch beide wissen dass wer liebt
Sich keinesfalls jemals auf die Probe
Stellen sollte um nicht sicher dabei
Enttäuscht zu werden in Wirklichkeit

jens tuengerthal 31.08.2018

Gästefreude

Welch Freude sind doch Gäste
Wenn es nicht zu viele sind
Alle nett und höflich bleiben
Vor allem rechtzeitig gehen

Über die andere Seite wenn
Sie eben nicht so sind sei hier
Aus Höflichkeit nicht weiter
Spekuliert keiner kennt es nicht

Fünf sind geladen
Zehn sind gekommen
Gieß Wasser zur Suppe
Heiß alle willkommen
Hieß es auf einem uralten
Inzwischen auch gerahmten
Leinentuch in Mutters Küche
Das war das Familienmotto
Zumindest theoretisch immer
Wenn auch manchmal dabei
Stirnrunzelnd bis heute noch

Thoreau liebte auch Gäste
Bis zu zwanzig kamen wohl
Manchmal zusammen in seine
Kleine Hütte mit nur 3 Stühlen
In der dann gestanden wurde
Bis zu zwei Gäste durften auch
Sitzen wie einer mehr leicht
Mit bewirtet wurde dabei

Manche haben lieber ihre Ruhe
Als das Haus voller lauter Gäste
Scheuen die Arbeit vor allem
Hinterher wie auch davor
Wenn wir uns Arbeit machen
Statt es einfach zu genießen
Wie es eben gerade kommt

Manche fürchten Gäste könnten
Den Dreck unterm Teppich sehen
Wünschen gut gekocht zu bekommen
Wollen ordentlich bewirtet werden
Was nach Umständen teuer wird
Außer wir senken den Umstand

In den Salons von Hertz und Varnhagen
Gab es nur Tee und höchstens Kekse
Es war eher frugal bescheiden weil die
Inhalte der Gespräche allein dabei den
Romantikern genug wert waren wovon
Sich manche Talkshows kulinarisch wohl
Ein Beispiel nahmen was ihnen jedoch
Inhaltlich eher sehr selten gelingt

Auch Thoreau spricht über Gespräche
Wie sie manchmal immer mehr Raum
Brauchen für Rede und Inhalt warum
Er einige beste Gespräche über den See
Hinweg mit einem Nachbarn führte
Was zumindest keinen dabei einengte

Bewirtung ist ein Knackpunkt vieler
Statt darüber zu reden gehen sie aus
Wenn doch vieles gemeinsam lösbar
Wo jeder sich um einen Teil bemüht
Wie beim gemeinsamen Picknick
Oder dem großen Büffet aller Gäste
Was mehr gemeinsames Essen hat
Zu dem alle handwerklich beitrugen

Zöge solche offenen Abende oder Nächte
Den meisten Cafés noch immer vor da
Sie in heimischer Atmosphäre das Gespräch
Besser konzentrieren als die Beliebigkeit
Der schnell wechselnden Gastronomie
Vielleicht beispielgebend dafür auch die
Bleibenden Werte der Existenzialisten
Was weniger ihre Nachkommen meint
Die in freier Liebe oft schneller gediehen
Als es dem Anspruch ans Sein entsprach
Das Kaffeehaus auch alle zu Gästen eines
Wirts nur macht statt gemeinsam zu sein
Fühlen sich wenige auch verantwortlich

Gastgeber oder Gast ist eine Grenze
Die wir geistig besser überwinden wo
Wir gemeinsam beitragen lebt der Ort
Von allen Beiträgen zum Genuß aller

Welch Freude sind also Gäste die
Keine mehr sind sondern auch
Gastgeber ihres Beitrags zum dort
Gemeinsamen Zusammensein

Welch Freude sind also Gäste immer
Wo wir sie nicht Last uns sein lassen
Sondern die Lust des Besuchs mehr
Genießen lernen ganz entspannt

jens tuengerthal 31.08.2018

Lügenwahrheit

„Üb’ immer Treu und Redlichkeit,
Bis an dein kühles Grab;
Und weiche keinen Fingerbreit
Von Gottes Wegen ab.
Dann wirst du, wie auf grünen Aun,
Durchs Pilgerleben gehn;
Dann kannst du, sonder Furcht und Graun,
Dem Tod’ ins Auge sehn.“

Üb immer Treu und Redlichkeit
Dichtete Hölty im Alten Landmann
So spielte das Glockenspiel einst
Der Garnisonskirche zu Potsdam
Nach der Melodie des Papageno
Aus Mozarts Oper Zauberflöte
Ein Mädchen oder Weibchen

Diese typisch preußischen Tugenden
In der Tradition absoluten Gehorsams
Wurden zum Kult edlen Preußentums
Auf die Spitze getrieben von Hitler
Bei seinem Besuch mit Hindenburg
Eben dort in glorreiche Tradition
Für künftigen Untergang sich stellte

Preußen ging danach für immer unter
Sah wahrlich seinem Tod ins Auge
Wonach es genannt nahmen Polen und Russen
Es blieben nur die Kulturpreußen übrig
Die in historischer Tradition ein wenig
Ästhetische Überbleibsel noch pflegen
Wie die Stiftung preußischer Kulturbesitz

Was ist ohne Zwangsstaat und Gehorsam
Aus den Werten der alten Preußen geworden
Haben Ehre und Treue einen kulturellen Wert
Können sie in der Mediendemokratie überleben
Was ist in Zeiten von fake news gelogen
Wer kennt die Wahrheit und ihre Auslegung

Besteht die Unmoral der Lüge überhaupt
In der Verletzung sakrosankter Wahrheit
Hat eine Gesellschaft das Recht sich auf
Die Wahrheit zu berufen wenn sie ihre
Zwangsmitglieder etwa beim Eide dazu
Zwingt mit der Sprache herauszurücken
Was Adorno beides entschieden verneint

Wenn keiner die Wahrheit ganz kennt
Gibt es höchstens partikulare Wahrheiten
Auf welche die universelle Unwahrheit
Dann nicht bestehen dürfte obwohl sie
Diese zugleich in ihr Gegenteil verkehrt
Wäre die Wahrheit wohl die Erfindung
Eines Lügners also ein nur Treppenwitz

Dennoch haftet der Lüge widerwärtiges an
Die Scham vom alten Kerkermeister noch
Einst uns eingeprügelt womöglich worden
Verrät sie damit doch viel mehr über diesen
Weil wer lügt sich dafür schämt weil er so
An jeder Lüge die unwürdige Welt erfährt
Die ihn zur Lüge zum Überleben zwingt
Ihm zugleich Üb immer Treu und Redlichkeit
Als Totengesang des Gewissens vorsingt

Die Scham aber entzieht den Lügen aller
Innerlich subtiler organisierten Menschen
Alle Kraft und macht sie logisch schlecht
Womit die Lüge zur Unmoral am anderen
Erst wird wenn sie ihn so für dumm hält
So alle Nichtachtung nur ausdrückt

Hat aber heute unter den Praktikern
Die Adorno abgefeimt nennt die Lüge
Längst ihre ehrliche Funktion verloren
Über Wahres zu täuschen weil keiner
Mehr keinem glaubt aber dafür alle
Ganz genau Bescheid wissen denn
Gelogen wird nur um dem anderen
Zu verstehen zu geben wie wenig
Einem an ihm liegt und es einem
Also völlig gleichgültig ist was er
Über einen denkt oder meint

Einst noch war die Lüge eines
Der guten liberalen Mittel der
Kommunikation meint Adorno
Wurde sie in modernen Zeiten
Zu einer der weniger subtilen
Techniken der Unverschämtheit
Mit deren alle Selbstdarsteller dafür
Die Kälte um sich verbreiten
In deren Schatten Schutz sie
Fruchtbar gedeihen können

Dennoch wagen wir bis heute
Die Lüge beim Eid zu bestrafen
Als stünde dem Staat die Sanktion
Des Irrealen je zu wäre nicht seit
Kants Imperativ ohnehin kategorisch
Das Gewissen der einzig taugliche
Maßstab sozialer Behandlung mit
Einer Perspektive für mündige Bürger

Wer kein Gewissen aber mehr hat
Um ohne besser zu überleben
In einer Gesellschaft die fordert
Was sie selbst nicht kennt wie
Das Unmögliche sanktioniert um
Damit auch an das Gewissen weiter
Zu appellieren weil alle Strafe stets
Sühne und Buße zugleich sein soll
Der wird über das Paradoxon lachen
Das der Aberglaube uns einbrockte

Welchen Wert hat die Wahrheit noch
Für das gute Leben nachdem alle
Nicht nur nach Epikur ständig streben
Was sogar die Bundesregierung suchte
Als ein überschätzter alter Zopf zu sein
Der abgeschnitten reinere Form zeigt

Moralisch aufgeladen nicht nur in Preußen
Inhaltlich fragwürdig zu oft missbraucht
Fragt sich was mit der moralischen Lüge
Des Attentäters ist der täuschen muss
Um Freiheit zu verteidigen auch gegen
Alle Treu und Redlichkeit der Offiziere

Gibt es einen Maßstab außer dem Gewissen
Genügen quantitative Maßstäbe gegen alle
Traditionen lieber zu lügen um dafür an eine
Höhere Wahrheit zu glauben bei der nicht mal
Der Tod die also Lügner abschreckt vom Weg
Kann Kant uns Attentätern oder im Widerstand
Noch moralisch helfen oder sind wir immer
Zu vielen Zwängen unterworfen wirklich frei
Also kategorisch korrekt noch zu handeln

Die Lüge wurde längst alltägliche Politik
Anhänger des Verschwörungsglaubens
Fürchten Lügenpresse wie fake news
Überall sehen sie sich bald betrogen
Wie weit ist es von Bayern nach Ungarn
Stehen Dresdens Pegiden Trump näher
Oder sind sie verwirrte Opfer bloß
Russischer Propaganda die heute alle
Begriffe von Wahrheit und Lüge verwirrte

Zwischen virtueller und realer Welt noch
Im irgendwo das auch ein Nichts sein kann
Torkeln wir orientierungslos oft hin und her
Haben weder Wahrheit noch Glaube sicher
Vielleicht taugt dann endlich das Gewissen
Wenn wir wüssten worauf es allein baut
Leicht verlieren wir uns so verwirrt nun
In der Dialektik der ehemals Aufklärung
Wenn sie zumindest englisch erleuchtete
Hülfen Zeitalter gegen die Dunkelheit
Vielleicht bleibt am Ende alles Glauben
Zumindest an mehr Vernunft

jens tuengerthal 30.08.2018

Donnerstag, 30. August 2018

Einsamheiter

Macht Einsamkeit uns traurig
Oder erheitert sie viel eher
Als Gegensatz zur Bedrängung
Die in Gesellschaft ständig ist

Thoreau schreibt über Einsamkeit
Wie wenig einsam er eigentlich war
Als er sich in die Einsamkeit zurückzog
Weiter als eine Meile kein Mensch

Wie ständig etwas Lebendes da war
Ob die Besucher nun Tiere oder auch
Andere Einsiedler waren fühlte er sich
Einsam nur weil er dort alleine war

Einsamkeit ist eine Zivilisationskrankheit
Weil wir ständige Gesellschaft so gewohnt
Haben manche allein Radio oder Fernsehen
Ständig am laufen um nicht einsam zu sein

Thoreau genoss es eine Welt für sich allein
Zu haben in der er Spuren aller Besucher
Sofort in seiner Umgebung erkennen konnte
Lernte den wohltätigen Regenklang lieben

Vor allem bekommt der Einsame mehr
Gespür für die Kräfte der Natur um ihn
Wo er aufmerksamer so mit und in ihr lebt
Merkt wie gesellig die Einsamkeit ist

Gerade in der Einsamkeit schätzte er
Gesellschaft viel eher nur in Maßen
Würdigte seltene Gäste mehr um sich
An der Ruhe danach auch zu freuen

In seiner Einsamkeit fand Thoreau auch
Das Allheilmittel der Natur für sich heraus
Was keine Mixtur von Quacksalbern war
Sondern ein Trunk unverdünnter Morgenluft

Tief im Wald einatmen ist erfrischend
Gerade am frühen Morgen wenn noch
Der Tau silbrig auf allen Zweigen liegt
Ist die Morgenluft erfrischender als alles

Kenne dieses Heilmittel nur zu gut
Nach vielen Nächten im Wald nur
Mit einer Plane bedeckt höchstens
Die Asche des Feuers noch vor mir

Die Morgenluft beflügelt viel mehr
Gerade reine Waldluft statt Stadtluft
Ist einer der feinsten Genüsse hier
Weil Tageshitze noch nicht erdrückt

Im tropischen Urwald dagegen wo
In äquatorialen Breiten konstante
Temperaturen schwül warm herrschen
Entfällt dieses Wunder natürlich

Einmal ganz allein im Wald erwachen
Von Vögeln Wild oder Sonne geweckt
Zeigt uns die Relativität der Einsamkeit
In immer überall auch belebter Umgebung

Auch bei Fahrten im Winter wenn ich
Im Schnee meinen Schlafplatz baute
Kamen zu jeder Zeit viele Geräusche
Manchmal mehr als mir dort lieb war

In kalten Nächten hörst du noch klarer
Jeder knackende Zweig schreckt auf
Die Tiere knirschen beim Laufen auch
Zapfen fallen mit Plopp in den Schnee

Völlige Ruhe im Sinn von Stille ist nie
Immer bewegt sich im Wald noch etwas
Was du desto mehr hörst je weniger du
Dich selbst bewegst also schlafen willst

Die ersten Male macht die Stadtbewohner
Die Geräuschkulissen im Wald noch nervös
Irgendwann schläfst du erschöpft dennoch
Wie im ständigen Brummen der Stadt

Dafür kannst du lauschend die Stille in dir
Dem einzigen Ort der lebend still sein kann
Besser hören wenn du ganz einsam bist
Was eine große Entdeckung immer ist

Manche schwärmen von der Wüste
Der Stille der dortigen Nächte wo
Nichts mehr wächst oder lebt andre
Gehen auf See solches zu erfahren

Bevorzuge eher den unruhigen Wald
Mitten im natürlichen Leben also um
Ruhe und Stille in mir zu finden was
Thoreau auch für sich so beschreibt

Heiter macht diese innere Ruhe
Die du einmal entdeckt überall
Wiederfinden kannst wo du bereit
Die Einsamkeit ganz zu genießen

Kann im Café ganz alleine sitzen
Während drumherum alle reden
Aufgeregt über ihre Wichtigkeiten
Und in Ruhe die Einsamkeit lieben

An der Einsamkeit leiden wir nur
Wo wir sie nicht genießen können
Was immer eine Frage der Haltung
Warum es mir einsam auch gut geht

jens tuengerthal 30.08.2018

Saraszene

Sarrazin macht eine Szene
Ohne inhaltliche Ahnung
Verbreitet er Vorurteile über
Jene die Sarazenen hießen

Sorgen über Spaltung haben
Auch in Berlin sachliche Gründe
Parallelgesellschaft heißt das
Stichwort vieler Angstbürger

Wer fürchtet etwas zu verlieren
Nimmt an seins sei weniger wert
Zeugt von geringer Wertschätzung
Der angeblich bedrohten Kultur

Es gibt manches am Aberglauben
Im Islam wie anderen Sekten wohl
Heute sachlich zu kritisieren wie
Wie an jedem Glauben überhaupt

Doch mit Lügen und Dreistigkeit
Fördert keiner die Aufklärung mehr
Sondern verbreitet bloß Vorurteile
Die Leser kollektiv für dumm erklären

Sarrazin der den Sarazenen schon
Im Namen trägt betreibt Propaganda
Wer ihn liest und den Unsinn glaubt
Beweist nur mangelnde Bildung

Eine Kultur ungebildet zu nennen
Der unsere all ihr Wissen verdankt
Von Medizin Philosophie bis Physik
Ist schlicht verlogene Ideologie

Wer auf Stürmer-Niveau kritisiert
Verliert jede Glaubwürdigkeit
Was eigentlich gut so wäre schadet
Vernünftig begründeter Kritik nur

Bin kein Anfänger irgendeines Aberglauben
Nur zufällig geburtsweise Mitglied einer Sekte
Deren Antisemitismus durch Jahrhunderte
Schlimmer war als alle Islamisten noch je

Europa muss künftig laizistisch sein
Wenn es einen gemeinsamen Weg
Miteinander als Kultur geben soll
Darum sind mir alle Sekten fern

Wer unsachlich falsch argumentiert
Macht sich und seine Sache lächerlich
Verteidigt damit nicht unsere Werte
Sondern macht sie zum Witz

Der Schritt zum Fanatiker ist klein
Früher war Sarrazin gebildet klug
Heute ist er eine Karikatur nur noch
Verdient Mitleid keine Aufregung

jens tuengerthal 30.08.2018