Donnerstag, 6. April 2017

Belinleben 039

Kiezgeschichten

Am Helmi

“Den Helmi liebste oder hasste, teilnahmslos gibbet hier nich”, meinte mal ein Platzbewohner zu mir. Weiß nicht, ob er da so ganz richtig lag, für sich bestimmt, für mich bin ich da nicht so sicher - lebe hier, wie ich auch an anderen Orten gelebt habe, denke ich eigentlich, wenn es auch mit Abstand einer der schönsten ist, an denen ich je lebte. Liebe eher Frauen als Plätze, hab ich damals erwidert, weil irgendwas musste ja sagen. So steht schon gleich am Anfang so ein bloß subjektives Geschmacksurteil, was selten viel taugt, wenn du dich wirklich verständigen willst, sondern nur Meinung und Stimmung macht, wie wir es von den Populisten zur Genüge kennen und das gefällt mir eigentlich weniger, passt aber irgendwie trotzdem.

Würde hier weg ziehen, wenn die Liebe es ergäbe - ansonsten wüsste ich wenig Gründe und vor allem fragte ich mich wohin, denn besser wird es nirgendwo in der großen Stadt für meinen Geschmack, schöner auch nicht, so ganz objektiv mal, außer ich will mehr Natur, aber dann bin ich in der Stadt ohnehin falsch und für Stadt ist hier schon verdammt viel Natur. Auf dem Platz mit Bäumen und Wiese und auch irgendwo drumherum dachte ich gestern Nacht, als ich gegen zwei Uhr meine Runde drehte und die Blüten der Bäume mich anlachten, es paradiesisch frühlingshaft überall wirkte und vermutlich duftete wovon ich nicht so viel mitbekam. Und auch dann triffst du hier immer irgendwie Leute, hat noch irgendeine Bar auf, spielen welche auf dem Platz Tischtennis und grüßen dich die Kioskbesitzer nett durch die Nacht, fragen, wie es dir geht.

Am Ende muss ich dem Platzbewohner vielleicht doch Recht geben, fürchte ich, gehen würde ich nur für die große Liebe, wenn es die denn wirklich gibt und ich sehe alles hier mit vermutlich leicht verklärten Blick, weil ich hier Zuhause bin und den Helmi halt liebe, so wie er ist, womit ich von vornherein sage, traut meinem Urteil nicht. Es ist von Gefühl gefärbt, natürlich einseitig, weil ich an einer Seite des Platzes lebe, zufällig der Sonnenseite, mich hier wohl fühle, nie von irgendwo weg will, wenn ich erst mal da bin. Wer dennoch lesen will, was einer, der sich kein objektives Urteil erlauben kann, weil er betroffen ist, dahingestellt, ob es überhaupt objektive Urteile geben kann, so zu seiner Umgebung weitschweifig und ausladend wie immer zu sagen hat, möge es lesen - aber nicht hinterher behaupten ich hätte nicht gewarnt. Es werden meine Urteile zu dem, was hier ist und besonders dem, was mir wichtig ist, wird bestimmt nicht vollständig, wer ist das schon, aber hoffentlich zumindest gut zu lesen.

Es gibt um den Helmholtzplatz den Helmi als Kiez, was den Platz selbst meint und den Helmholtzplatz-Kiez, der mit dem LSD-Viertel und drumherum identisch ist. Für die Verwaltung lag das Sanierungsgebiet Helmholtz-Kiez zwischen Schönhauser Allee und Prenzlauer Allee von Westen nach Osten und nordsüdlich zwischen Ringbahn und Danziger Straße. Dabei liegt der Platz nur irgendwie in der Mitte und ist vielleicht der zentrale Ort aber nur einer in einem großen Viertel, in dem sich vielfältige Dinge finden. Ein lieber Freund von mir schreibt gerade ein ganzes Buch über den Platz und seine Geschichten und ich denke das wird bestimmt wunderbar, Stoff gibt es hier genug. Nur ich will ihn nicht nachahmen, warum ich mich für dies eine Kapitel etwas beschränken muss und nicht jede Liebesgeschichte in jeder Bar wiedererzählen werde, weil es nicht nur so eine überschaubare Menge von drei wie am Kollwitzplatz mehr ist.

Benannt ist der Platz übrigens nach dem Physiker Hermann von Helmholtz, dem wohl vielseitigsten Universalgelehrten seiner Zeit, der von 1821 bis 1894 lebte. Der große Gelehrte war nicht nur Physiologe und also Arzt, als der er anfing, sondern wurde später als Physiker wieder an die Berliner Universität berufen, nachdem er zuvor auch in Königsberg, Bonn und Heidelberg als Physiologe gelehrt hatte. Helmholtz starb in Charlottenburg, was ja zum Sterben auch passender ist vom Altersdurchschnitt her auch heute noch, und nicht in Prenzlauer Berg, war aber eng mit Werner von Siemens verbunden, dessen Sohn seine Tochter aus zweiter Ehe geheiratet hatte, mit dem er auch ein wichtiges Institut noch gründete. Ein Arzt und Forscher, der den Dingen auf den Grund ging, vielfältig dachte und manch neues entdeckte, passt zu diesem Platz und seiner genialen Vielfalt. Dass die Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren sich heute nach ihm benannte, bestätigt das vorige noch, behaupte ich mal, um auch das noch festzustellen.

Der Helmholtzplatz liegt übrigens etwa drei Meter erhöht gegenüber dem normalen Straßenniveau und wird von Lychener und Dunckerstraße westöstlich, von Lette und Raumer Straße nordsüdlich eingerahmt. In der Mitte liegt noch die Schliemannstraße, benannt nach dem Kaufmann und Hobby-Archäologen, der an Literatur glaubend, so etwas gab es noch, Troja wiederentdeckte. Diese drei Straßen in der Reihenfolge gelesen, L S D, gaben dem Viertel seinen Namen in der Umgangssprache der Anwohner. Die Straßen um den Platz haben alle Kopfsteinpflaster, was theoretisch zum reduzierten Tempo zwingt, manche hindert es nicht am kurzen Beschleunigen, was aber tagsüber angesichts der vielen Kinder sehr gute Bremsen erfordert und daher eher nicht zu empfehlen ist. Der Platz ist weniger eine Rennstrecke als ein Lebensraum und Biotop eigener Art. Die Fläche zwischen den Straßen, bei denen die Schliemann in der Mitte des Platzes noch unterbrochen ist beträgt 240m mal 70m und hat also 16800m².

Die Bebauung des damals noch freien Windmühlenhügels war schon 1862 im Plan von Hobrecht vorgesehen. Der nach seinem Verfasser James Hobrecht benannte Plan regelte ab 1862 die Bebauung der Umgebungen Berlins. Damit sollte für Berlin, Charlottenburg und fünf umliegende Gemeinden die Bebauung für die kommenden fünfzig Jahre geregelt werden. Der junge Regierungsbaumeister James Hobrecht war der jüngere Bruder des Reichstagsabgeordneten und späteren Berliner Bürgermeisters Arthur Johnson Hobrecht. Der Plan war ein Fluchtlinienplan, der zunächst die Ausfallstraßen und großen Linien festlegte. Der König wünschte Boulevards und schicke Anlagen, wie sie Baron Haussmann in Paris realisiert hatte und Hobrecht setzte es im Rahmen der Möglichkeiten und der finanziellen Grenzen um. Dabei brauchte es erst die Baupolizeiordnung, welche die Entstehung des wilhelminischen Mietkasernengürtels förderten, der für Berlin und seine dichte Bebauung prägend wurde. Danach durften maximal 6 Vollgeschosse bei einer Traufhöhe von 20m errichtet werden und die Innenhöfe mussten eine Mindestfläche von 5.34 zum Quadrat haben, damit die Feuerwehrspritze wenden konnte.

Die im Gebiet des heutigen Platzes bestehende Ringofen-Ziegelei des Deutsch-Holländischen Aktienbauvereins wurde 1885 nach Beschwerden der Anwohner zugeschüttet. Die Bebauung mit teils mehreren Hinterhöfen war sehr eng und dunkel, es teilten sich große Familien teils kleinste Wohnunge und die hygienischen Verhältnisse waren bis zum Anschluss an die Kanalisation des Berliner Radialsystems katastrophal. Bettina von Arnim, die geborene Brentano berichtet teilweise sehr eindrucksvoll noch von den Zuständen um 1848 etwa in der Spandauer Vorstadt, heute Mitte, die aber an den Teute-Kiez angrenzt und ähnlich ärmlich bewohnt war. Sie selbst lebte in einem sehr netten Häuschen In den Zelten im Tiergarten also zwischen Berlin und Charlottenburg.

Nur drei Jahre nach Helmholtz Tod am 3. August 1897 erhielt der Platz seinen heutigen Namen. Schon 1898 wurde die gärtnerische Gestaltung der Fläche auch mit Spielbereichen begonnen. In der Osthälfte des Platzes, nahezu vor meiner Haustür nur halt mitten am Platz wurde 1928 ein Trafohaus errichtet, das als elektrische Schaltstation diente. Um dem Platz  als Erholungsraum weiter zu dienen wurde dies jedoch mit Sitzbereich und Wetterschutz ergänzt. Auch auf dem Platz gab es dann im Zweiten Weltkrieg einige Zerstörungen und so wurde dieser nach dem Krieg als parkähnlicher Stadtplatz mit Kinderspielplatz, Sitzgelegenheiten und einer Wiese neu gestaltet. Schon 1950 wurde der eigentlich angenehme Säulenbereich des Platzes wieder vermauert. Schließlich wurde 1976 noch zu DDR Zeiten eine öffentliche Bedürfnisanstalt eingerichtet und ab 1983 wurde ein großer Teil des Platze wieder versiegelt und wurde als zentraler Verkerhserziehungsgarten des damaligen Stadbezirks Prenzlauer Berg genutzt.

Nach der Wende von 1989 gab es zahlreiche Ideen zur Umgestaltung des Platzes. So wurde die Säulenhalle des Trafohäuschens wieder freigelegt und im Bereich der alten Ziegelei kam es zu Ausgrabungen. In den 1990er Jahren wurde das Gebiet vom Senat zum Sanierungsgebiet erklärt, was zahlreiche auch finanzielle Vorteile für die Gegend brachte, wobei es allerdings, typisch Berlin, dann bis 1998 dauerte, dass die Gelder tatsächlich zur Verfügung standen. In der Zwischenzeit war der Platz ziemlich verwildert und zu einem beliebten Treffpunkt von Punks und Alkis geworden. Ab 1998 wurde dann zunächst der Bolzplatz neu gestaltet und dann von 1999-2001 die anderen Bereiche unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Nutzer. So wurde die öffentliche Bedürfnisanstalt inzwischen ein Nachbarschaftshaus mit wechselnder Nutzung auch für Feste und ähnliches und im Trafohaus sitzt mit Kiezkind ein Café für Kleinkinder und ihre Eltern, das auch den eingezäunten Außenraum bewirtschaftet und für Regentage einen Indoor-Sandkasten bietet.

Die Punks haben sich weitgehend wieder verzogen aus der inzwischen eher spießigen Wohngegend junger Familien, was auch an verstärkter polizeilicher Kontrolle lag. Einige Alkis und manche Freaks sind geblieben und bevölkern die Mitte des Platzes und einige Bänken, denen ausweicht, wer sich gerade auf kein Gespräch einlassen möchte. Aber gemessen an der realen Konfrontation der verschiedenen Lebensbedürfnisse hier am Platz, läuft es ziemlich friedlich. Manchmal erregt sich eine Mutti, die noch neu ist, wird dann dumm angemacht, ruft gelegentlich die Polizei, die irgendwann vorbei kommt, übliche Kontrollen durchführt und dann geht es weiter wie immer. Manchmal kommen Dealer, aber die Alkis vertreiben die meisten von denen schnell wieder. Sie wollen keine verstärkten Polizeikontrollen sondern ihre Ruhe und so läuft es bis auf deren gelegentliche Schlägereien untereinander meist ziemlich friedlich. Diese Prügeleien dort haben allerdings selten gravierendere Folgen als jene unter den Knaben in der Sandkiste nebenan, wo sie täglich natürlich zu beobachten sind.

Im übrigen wird sich hier respektiert und toleriert, was das miteinander wesentlich leichter macht. Die Alkis waren schon da, als es viele der hier nun Muttis noch gar nicht gab, manche brauchen zwar das zu akzeptieren, besonders wenn es mal wieder laut oder wild wird, was nur noch sehr selten vorkommt und damit dieser Platz auch künftig vielfältig und bunt bleibt, lassen wir uns respektvoll in Ruhe. Mit den Jahren hat mir der eine oder die andere Platzbewohnerin schon ihre Lebensgeschichte erzählt. Manchmal tragisch, gelegentlich märchenhaft, nicht immer aus der Realität, meist erwartbar auch mit den üblichen Klagen der Verlierer, die nie gänzlich unbegründet sind.

Inzwischen gibt es ein neues, schickes, mit elektronischer Tür versehenes Bezahl-Klo auf dem Platz, vielleicht für die Muttis auf dem Spielplatz, damit diese nach dem vierten Latte nicht ständig im Café verschwinden müssen. Wie alle Elektronik funktionierte es nicht immer, diente unserer bekannten Obdachlosen, die gerne vor dem hiesigen Supermarkt schnorrend sitzt, als Nachtquartier in der kalten und feuchten Zeit und irgendwann konnte ich in der Nacht einen Feuerwehr- und Polizeieinsatz an dem Häuschen beobachten, in dem sich wohl jemand eingesperrt hatte. Habe die Rettung nicht mehr beobachtet, da sie schon über eine halbe Stunde brauchten, um mit Leitern festzustellen, dass sie eventuell über das Dach hineinkommen. Es gab wohl keinen Todesfall, davon hätte ich gehört und irgendwann haben sie die eingesperrte Person wohl gerettet. Danach war das neue Klohaus wochenlang versiegelt und verklebt, als handele es sich um eine Osterei.

Auf dem Platz gibt es Tischtennisplatten, die teils die ganze Nacht durch genutzt werden und einen Basketballkorb, sowie ein Denkmal mit Windrad, an dem bei seiner Erstellung die Anwohnerkinder oder jene, die eben da waren ihre kleinen Fußabdrücke in den frischen Beton drücken konnten und dort nun für die Ewigkeit mit ihrem Namen versiegelt sind. Auch meine Tochter drückte damals, wir wohnten da noch lange nicht hier, ihren Fuß in den frischen Beton und ihr Name wurde daneben geschrieben und wenn ich lange suchen würde, fände ich es vermutlich auch. Neben dem Windspieldenkmal, was die Platzbewohner manchmal auch künstlerisch sehr eigenwillig mit Funden aus der Umgebung verzieren und was dadurch lebendiger noch ist als seine bloße Beweglichkeit könnte, steht eine der grünen Handpumpen, wie sie sich noch an vielen Orten Berlins finden und diese funktionierende Wasserquelle findet vielfältige Nutzung durch die Anwohner jeden Alters. Während die Kinder eher plantschen, verdünnen manche Jugendliche ihren Wodka oder nüchtern sich aus, was einigen der hier Anwesenden gelegentlich gut tut und wofür er auch gern von den Platzbewohnern genutzt wird, die sich natürlich auch an ihrer Quelle waschen und auch die Tierhalter, die ihr Viehzeug ausführen, wissen diesen Jungbrunnen vielfältig zu schätzen.

Auf dem Platz finden verschiedene Feste und Veranstaltungen statt, gerne auch mal Wahlkämpfe, die lästigerweise wieder bevorstehen. Ohne größere Wirkung vermutlich, der Kiez ist im Kern Grün und einige andere wählen taktisch unabhängig davon, welche Zettel die Mitglieder der Ortsvereine hier verteilen, vermutlich wäre hier weniger stets mehr. Dafür gibt es mit dem Liederlauschen, ich meine am ersten Wochenende im September immer, ein wunderbares Fest über drei Tage, bei dem Bands und Musiker aus der Umgebung spielen, dessen krönender Höhepunkt die letzten male immer ein Konzert von Riders Connection war, der Band, die ich aus dem Al Hamra, gut kenne und wenn Philipp an der Gitarre und mit Gesang, Moritz die lebende Beatbox und Sergej am Bass einheizen, dann tanzt der ganze Platz voller Begeisterung mit. Besonders schön dabei, dass mit Philipp und Moritz auch noch zwei Jungens dort mitspielen, die am Platz aufwuchsen, zum Kiez gehören.

Erwähnte eben das Al Hamra, es ist eines meiner Stammcafés am Platz zum Schreiben, Lesen und lange bin ich auch jeden Sonntag zur Session im dortigen Keller gewesen. Ein Familienbetrieb mit sehr schönem Klima, in dem du dich zuhause fühlen kannst. Der Betreiber und seine Familie sind christliche Palästinenser, entsprechend die gute Küche im Haus. Der Keller des Al Hamra ist der Raucherraum, immer auch vom Dampf der Shishas geschwängert. Dort spielen regelmäßig Bands und jeden Sonntag findet eben die Session statt, bei der unter anderem die Straßenmusiker der Umgebung jeder drei eigene Lieder spielen dürfen. Dafür bekommen sie ein Freigetränk spendiert und der Keller ist jeden Sonntag voll. Der Zusammenhalt und die Freundlichkeit derer, die dort arbeiten, kreiert die eben familiäre Atmosphäre, in der sich viele Gäste sehr wohl fühlen und die ich als kreativen Raum immer wieder sehr inspirierend fand. Viele auch erotische Geschichten und Gedichte entstanden dort, inspiriert nur durch die Stimmung des Ortes.

Das Al Hamra, von dem ich als ersten nun von den Cafés am Platz erzählte, liegt eigentlich gar nicht mehr am Platz direkt sondern die Raumer Straße ein Stück weiter an der Stelle, an der die Göhrener Straße abzweigt und zum Göhrener-Ei wird, wie die Anwohner auf berlinerisch die eben eiförmige Insel mit Spielplatz in der Mitte dieser Straße nennen, die Raumer Straße und Senefelder Straße verbindet. Es ist ein Sofa-Café mit vielen Kuschelecken gerade im verrauchten Keller, den ich allerdings in letzter Zeit eher meide, weil ich leider auch nicht mehr jünger werde und die Nächte dort am nächsten Tag merke, aber schön und interessant ist es da immer wieder.

Folge ich nun der Raumer zum Platz, finde ich auf der linken Seite, in dem Haus, in dem Andreas Dresen seinen Film Sommer vom Balkon drehte, unten einen Italiener. Gute Küche, nette Italiener, nichts besonderes. Das Da Angelo könnte genauso auch in Bielefeld, Wuppertal oder Castrop Rauxel stehen und keiner würde es bemerken. Spricht nicht gegen den Laden und auch nicht für ihn, ist einfach so. Darum wechsle ich am Ende der Raumer die Straßenseite und stehe an der Ecke vorm Café Liebling. Schönes, geschmackvolles Cafe, nur ohne W-Lan, warum ich dort nie allein war, es dafür umso häufiger als Dating-Café nutzte und habe dort mehr als eine der meinen in den letzten Jahren zuerst gesehen, gesprochen oder geküsst und so ist der Laden für mich immer auch voll gefühlvoller Erinnerungen und das allein mag ich schon an ihm. Sonst kann ich nicht zu viel sagen. Immer ein Platz an der Sonne dort, wenn sie scheint und guter Wein. Typische Bergbewohner als Publikum und eben ein Name, der einfach zum Dating einlädt.

So sind die Plätze vor dem Liebling teils beliebter als im Café besonders im Frühling und Sommer. Auf das Liebling folgt der Öko-Feinkostladen Goldhahn und Sampson, der noch an verschiedenen Abenden Kochkurse veranstaltet, die sich dann noch ein schönes Menüs bereiten und es, wenn warm und trocken genug auch auf der Straße davor verzehren unter den neidischen Blicken der Passanten. Ansonsten hat der Laden natürlich auch Latte oder Prosecco und vieles mehr ökologisch korrekt im Angebot und manche Mutti sitzt dort mit oder ohne Kinderwagen und fühlt sich gut und gesund gestärkt, sofern sie sich den Laden leisten kann.

Auf Goldhahn und Sampson folgte jahrelang das eka, eine wunderbare kleine Bar, in der ich bisher nur einmal meine liebste Ärztin zum zweiten mal gedatet habe, ihrem Wunsch folgend, und zum Fußball bei der EM war, was ich ansonsten aber eher weniger besuchte, da ich zum Schreiben ins Café ging, nicht um Leute zu treffen. Heute ist eine neue auch wieder Raucherbar dort, die ich noch nicht von Innen kenne, warum ich mich des Urteils enthalte. Eher so typisch Prenzlauer Berg, dass sie nicht weiter auffällt und auch den Namen konnte ich mir noch nicht merken - draußen dran steht Bar, viele wild zusammengewürfelte Stühle, viel bärtiges Publikum und ziemlich junge Frauen, eher nicht mein Karpfenteich, denke ich, aber bevor ich lange Vorurteile habe, werde ich es bei Gelegenheit mal besuchen, wenn mich nicht das Café oder die Bar danach noch mehr anzögen.

Das Café/Bar, je nach Uhrzeit, Misirlou, ist zu meiner Stammkneipe seit Jahren geworden. Guter Riesling, sehr gute Oliven dazu, meist W-Lan und schöne Musik teils noch aus den 60ern oder älter schaffen eine gute Stimmung dort. An den Wänden wechselnde Ausstellungen teils lokaler Künstler, die dort manchmal Aufmerksamkeit bekommen, gelegentlich auch mal Konzerte aber vor allem eine wunderbare Stimmung zum Schreiben und Beobachten für mich, wie ich sie an wenigen anderen Orten finde. Misirlou ist ein ursprünglich als Rembetiko zur Begleitung des Tstifteteli Tanzes geschriebenes Lied, das sich über Griechenland hinaus bald im ganzen Nahen Osten großer Beliebtheit erfreute. Die erste Aufnahme stammt aus dem Jahre 1927, schon 1962 gab es eine Surfrock Fassung von Dick Dale und eine Version von den Beach Boys. Später tauchte es wieder in dem Film Pulp Fiction auf und hat auch dadurch Kultstatus erlangt. Kult sind im Misirlou auch die Nächte mit DJ von denen einer, auch einer der vielen dort verkehrenden und arbeitenden Griechen als einer der bekannteren Berliner DJs gilt und der dort die passende Musik auflegt und die lange Bar zum Schwingen bringt. Es können auch Kleinigkeiten gegessen werden, aber eigentlich ist die Bar zum trinken da und feinen Kuchen bieten sie am Tag an. Das Misirlou zählt zu den Läden am Platz, die am längsten geöffnet haben, was ich schreibend, die Zeit manchmal vergessend sehr zu schätzen weiß, wenn ich auch selten nur dort bis zur Morgendämmerung vor der Tür saß, wie in einer wunderbaren Nacht mit einer lieben Freundin der Hutmacherin von umme Ecke.

Nach anfänglichen Beschwerden der Nachbarn über zu laute Musik und ähnlichen Unsinn hat sich die Situation wohl eingespielt inzwischen, Polizei kommt nur noch sehr selten vorbei, was aber auch daran liegen könnte, dass nebenan das gelegentlich sehr laute eka geschlossen hat. Manchmal werden hier auch Filmpremieren gefeiert und geben sich die Models der Fashion Week die Klinke in die Hand, was mich beides noch nie sonderlich interessiert hat. Aber ich bin gerne in dieser Bar, war mit mancher meiner Liebsten da, habe einige ganz wunderbare Frauen dort kennengelernt, bei der ich besonders bei einer sehr feingeistigen und wunderschönen Professorin aus ursprünglich Lübeck sehr bedaure, wie schnell sich der Kontakt nach einer wunderbar geteilten Nacht wieder verlieren kann - dabei hätte uns die geteilte Liebe zu Thomas Mann nun wirklich dauerhaft binden könnte, hätte ich zu diesem Zeitpunkt nicht auf zu vielen Hochzeiten getanzt. Ach und die IT-Spezialistin mit dem allerschönsten Busen, den ich je küsste, die sprach mich auch dort an und später verbrachte ich mit ihr und ihren Freundinnen ein wunderbares Picknick und mit ihr manche Nacht mit viel Wein, auch eine tolle Frau und meine zweite Verlobte traf ich beim ersten Date auch dort gegen alle Gewohnheit, weil an dem Abend das Liebling überfüllt war. Dafür küsste ich sie beim zweiten Date das erste mal im Liebling. Die liebste Ärztin küsste ich erstmals im Raucherraum dieses Cafés, ein im Winter und an grauen Novembertagen nicht zu unterschätzender Vorteil und zumindest küssten wir uns immer wieder, wenn wir uns dort sahen, was ich dem Ort wie uns hoch anrechne trotz manchmal verwirrender Läufe dieser Welt.

Neben dem Misirlou war lange ein kleiner feiner Franzose und ist jetzt ein kleiner und sehr netter Österreicher, bei dem ich gespannt bin, wie lange sie ihr hohes Engagement in der Gegend durchstehen, in der Wirte von ihrer Bar mehr leben als vom Essen. Bevor ich nun die Dunckerstraße in Richtung Lettestraße überquere, könnte ich noch von einem kleinen portugiesischen Café erzählen, das sehr nett und geschmackvoll aussieht, die auch wohl noch einen Feinkostladen nebenan betreiben, wüsste ich etwas über sie. Es gibt sie und entweder ich oder die werte Leserin wird es zuerst erkunden.

An der Ecke der Lette Straße wird nun das letzte unsanierte Haus des Platzes auch noch saniert, verliert sein klassische Leberwurstgrau. In dem dagegen schon länger top sanierten Erdgeschoss findet sich der typische Prenzlauer Berg Schicki Laden Victoria & Albert mit teils ganz netten Klamotten und sonstigem Zeug, um sich die Wohnung gediegen modern voll zu stellen. Daneben ein Café, das mehrfach den Besitzer wechselte, seit ich hier wohne, was im siebten Jahr erst ist, in dem ich einmal Essen war, was ich sonst nie besuche, weil entbehrlich und ohne W-Lan und inzwischen relativ geschmacklos eingerichtet. Es läuft irgendwie, weil die Lage hervorragend ist, könnte mehr und besser sein.

Daneben ein kleiner französischer Bäcker mit teil sehr gutem Kuchen, edel gemacht und hat als kleines Café auch seine Kunden hier. Machen wohl sehr guten Kaffee, wie mir die Damen bestätigten, die solchen wünschten, wenn sie bei mir nächtigten. Die Damen dort sind zumindest meist sehr nett und was zuviel war, landet immer wieder in unserem Flur und so komme ich häufiger mal zu Brötchen und Croissants als ich es sonst täte und woraus die kluge Leserin schließen könnte, dass wir nahezu Nachbarn wohl sind. Ist auch so, befindet sich nur noch ein Friseur dazwischen, den ich nur einmal besuchte, der aber, nach Auskunft verschiedener meiner Liebsten, die sich dort beschneiden oder legen ließen, gut sein soll.

Dann kommt das Marakesch, was hoffentlich bald wieder öffnet und eben dem Namen entsprechende Küche bot, betrieben durch einen Eingeborenen mit eine zeitlang auch einem Koch von da, der aber wiederum aus London kam und dort vermutlich mit seiner Liebsten wieder ist, die bis vor kurzem einen Laden in der Lychener betrieb. Vermutlich wird es schwierig werden, wie für die davor auch, die alle baden gingen, weil nur Gastronomie wohl nicht wirklich lohnt, sehr hochpreisig hier nicht her passt und alles andere auch immer schwierig ist. Wer Erfolg haben will, muss mehr bieten, den Laden mit Getränken und guter Bar brummen lassen aber es gibt hier um den Platz noch einige Läden, die häufiger wechseln und von denen ich keinem eine lange Perspektive wohl geben würde, weil sie nicht wirklich passen. Das Problem ist, weil es gut laufende Bars gibt, sind die Mieten hier inzwischen relativ hoch - das kann mit einem einfachen Restaurant eher nicht erwirtschaftet werden und so kommen und gehen die Läden, auch wenn der Versuch sehr ehrenwert ist.

Folge ich nun der Lettestraße weiter kommt an der Ecke unser engagierter Buchladen als Filiale der Buchbox, von denen es noch einige in Berlin gibt, der wohl ganz gut läuft und über den ich, außer dass er immer wieder verführerisch in vielerlei Hinsicht für mich sein kann und er sich auch am Kulturprogramm am Platz wie der einmal jährlichen Kinderbuchmesse aktiv beteiligt, wenig sagen kann. ein Buchladen, der mich nicht in große Euphorie versetzt aber manchmal nette Überraschungen hat und einige süße Buchhändlerinnen. Neben den Schaufenstern des Buchladens aber in der Schliemannstraße kommt eine kleine italienische Trattoria, die ihre Pasta frisch und selbst machen und im großen Schaufenster kann immer wieder dabei voller Lust zugeschaut werden. Scheint sehr gut zu sein und brummt ziemlich, was nicht gegen seine Qualität spricht. Daneben kam früher ein wunderschöner Secondhand Laden, der leider auch aufgegeben hat, den ich mit so mancher Süßer besuchte und was nun kommt, ist noch offen, zumindest weiß ich von noch nichts neuem. Die Quantentheorie danach brummt auch ganz gut bei meist eher jüngerem Publikum, das sich gern vergan ernährt und darüber redet und ist im hiesigen Stil eingerichtet, habe ich bis dato nur im Vorbeigehen betrachtet, auch aus Solidarität mit Arne, der vorher dort das Filmcafé führte, wo es hervorragendes Schnitzel, feines Chili con Carne oder auch ohne Fleisch und hervorragende Burger gab sowie am Wochenende und zu allen wichtigen Spielen Fußball. Daneben betrieb er noch im Keller ein Kino mit ausgewähltem sehr schönen Programm und kuscheligen Sesseln, das die Nachfolger nun einmal monatlich für Shows nutzen im wohl auch erotischen Burlesque Stil, was ich unbedingt nochmal besuchen muss, auch wenn Arne als Fußballkneipe wirklich fehlt, sogar wenn Fußball nicht wirklich interessant ist, findet sich dabei immer ein Thema über das Männer miteinander mit viel Gefühl reden können, woraus sich manch gutes Gespräch ergibt.

Danach kommen in der Schliemannstraße noch eine wohl gut bestückte Videothek, die auch ein großes Angebot an klassischen Filmen haben und die wohl ganz gut läuft. Von dem Radladen mit teuren Designerrädern und dem Beauty-Shop für schicke Nägel, kann ich das eher nicht sagen, habe da noch nie jemanden drin gesehen aber, wer weiß wozu ein Schaufenster alles dient. Der neue Italiener an der Ecke Stargarder Straße scheint noch nicht besonders angenommen zu sein, warten wir ab. Im Gegensatz zu Intersoup das er verdrängte, ist er nicht hipp und hat noch kein Publikum. Überquere ich die Straße und gehe auf der anderen Seite zurück komme ich an der Ecke an einer Galerie, die schon länger da ist, wie immer sie läuft und einem edlen Papierladen vorbei, für den gleiches gilt. Die Fahrschule danach hat ein kultiges Schaufenster voller Nippes aus der DDR und anderen Dingen, die immer wieder ein museales Stehenbleiben lohnen, weil sie  Geschichte auch von hier erzählen und das, da einfach echt, besser als viele Museen. Bis zur Ecke kommen noch kleine Lädchen für Krimskrams, der schick ist und den keiner braucht und Büros, sowie ein sehr ambitionierter Kinderklamotten und Stofftiere Laden mit viel selbstgemachtem, die sich wohl halten, zumindest sind sie schon länger da.

An der Ecke aber und um sie herum ist das Café Wohnzimmer, was immer sehr gut besucht wird, obwohl es keinen Service gibt, manche hinter der Bar mehr als unfreundlich sind, sie die strengen hauseigenen Regeln nach Laune auslegen, die bei manchen häufiger schlecht ist, aber das internationale größtenteils junge Publikum wird scheinbar gerne schlecht behandelt und auch ich gehörte lange zu den Kunden, da die Lage relativ ideal ist, sie immer gutes W-Lan haben und du meist jemanden dort irgendwie kennenlerntes. Es steht voller alter Sofas und Sessel mit Bildern, die sich andernorts höchstens auf dem Flohmarkt, wenn nicht sogar im Sperrmüll fänden, der hier übliche Schick halt. Das Wohnzimmer hat Abends und Nachts einen großen Raucherraum, mit teils sehr lustigen Sitzgelegenheiten, geeignet, um sich näher zu kommen und ist um die Ecke herum auch draußen mit eher sehr alten Klappstühlen versehen, die zumindest vorne mit am längsten Sonne bieten, ein also idealer Platz. Das Publikum ist immer wieder spannend, das Personal zu  oft eher eine Zumutung, warum ich mir den Laden inzwischen meist spare, auch wenn allein das Rondell im Raucherraum mit den Sitzgarnituren aus dem Palast der Republik irgendwie den Besuch wert ist. Habe dort viele Dates gehabt und der Weg von da zu mir ist ja nicht weit, gibt schöne Erinnerungen, dennoch überwiegt, wie bei mittlerweile immer mehr Anwohnern auch der Ärger über einige aus dem Personal dort, warum ich es eher zum anschauen empfehlen würde, denn zum verweilen aber wer unbedingt jemand kennenlernen will, ist dort sicher gut aufgehoben. Schöne cool uncoole Flirt Atmosphäre.

Den Eisladen daneben gibt es nicht mehr und auch die Bäckerei, die ihm folgte, hat schnell wieder aufgegeben. Sie wurde zusammen mit dem Späti betrieben, der vor allem während der Fußballmeisterschaften mit Fernseher und Bänken vor der Tür sein bestes Geschäft wohl machte, wo auch ich regelmäßig schaute in netter Gemeinschaft mit anderen Platzanwohnern, Touris und den Gästen des Hostels dahinter, was den passenden Namen Lette’m Sleep trägt. Im Gegensatz zu den sonst hier harmonisch dominierenden Pastellfarben ist es in kräftigem blau und orange angemalt, was ein wenig in den Augen schmerzt aber auch dazu gehört. Viel junges internationales Publikum bringt, das oft in größeren Gruppen rauchend und trinkend vor der Tür in allen europäischen Sprachen parliert. Den Späti betreibt nun ein sehr netter junger Neuseeländer, der auch oft mit seinen Kunden noch Abends draußen sitzt und bis mindestens 2h etwa in der Woche geöffnet hat, am Wochenende sah ich ihn auch schon später. Hoffentlich hat er mehr Erfolg, aber die hohen Mieten fordern vermutlich mehr Umsatz als gelassener Betrieb mit Bierchen und Zigaretten bringt, was immer dann folgen soll.

Ob sich das kleine nette Café Moukabi in dem Maklerbüro, das auch wieder aufgab, was ich nicht ohne Freude sah, lange halten wird, weiß ich nicht. Wirkt sehr freundlich, ist nur tagsüber geöffnet und hat meist irgendwelche auch ältere Gäste. Passt irgendwie, wirkt nett, mal sehen, wie lange. Gleiches gilt für den mit viel Engagement neu gemachten Laden an der Ecke mit dem hier völlig unpassenden Namen Street Angel. Sind immer Leute drin, haben eine große Speisekarte, eigentlich ideale Sonnenlage aber dort gingen schon einige pleite, die genauso wenig hierher passten und was daraus wird, steht in den Sternen. Das Ding könnte auch in jeder deutschen Kleinstadt stehen, wäre dort vermutlich sehr beliebt oder auch in Pankow draußen, hier wirkt es etwas fehl am Platz, was mir selten eine so treffende Formulierung schien.

Gehe ich nun ein wenig die Lychener Straße runter, komme ich am schönsten Blumenladen am Platz mit der nettesten Inhaberin vorbei, den ich auch darum erwähne, der für Blumenfreunde immer den Blick lohnt und in dem ich, wenn ich einen Grund habe, immer gerne kaufe. Weniger kaufte ich bisher im Muttiladen dahinter, die Umstandsmode vertreiben und hier bestimmt ein gutes Geschäft machen. Mehr dagegen bei deren Nachbarn Ostkost, einem Ökokostladen mit einigen alten Ostsachen, vor allem aber Bio-Obst und Gemüse aus wohl teilweise eigenem Anbau und sehr gutem Bio-Brot, wo auch ich aus Gründen der Solidarität und Qualität, was sich ja nicht immer so gut vereinen lässt, mein Brot kaufe. Sehr freundliches Personal, immer auf ein Schwätzchen aufgelegt, begrüßt viele Kunden mit dem Namen, was auch ich dort schätze, obwohl meine Einkaufswut dort sehr beschränkt ist. Wenig kann ich über den süßen Hutladen daneben sagen, süße Hutmacherin mit netten Hüten und gutem Geschmack in der Gestaltung ihres Ladens, den ich noch nicht betreten habe. Eine befreundete, süßere, stilvolle Hutmacherin äußerte sich kritisch, dazu kann ich ahnungslos, wie ich bin auf dem Gebiet, nichts sagen. Bin erstaunt, ie lange sie sich schon hält.

Nun kommt das Ausland. In einem etwas zurückgesetzten Bau, an dem vieles alternativ eher wirkt, an die früheren Zeiten hier erinnert, als noch nicht alles saniert war. Dort finden regelmäßig Kulturveranstaltungen statt mit spannendem Programm und interessanten Projekten. Eine zeitlang gab es dort etwa auch den Bücherkühlschrank, in dem du Bücher abstellen und andere mitnehmen konntest. Dort fand sich so einiges schönes, leider wurde der Kühlschrank irgendwann Opfer des üblichen Vandalismus und hatte sich damit wieder erledigt. Bis zur Ecke Stargarder kommt auf dieser Seite noch eine Kneipe, die ständig Personal für ihren Partyservice suchen, mit dem sie vermutlich Geld verdienen, der Laden kann ihnen sichtbar nichts einbringen, warum immer sie ihn halten. Dagegen brummt der Kinder-Designermode-Outlet Laden an der Ecke immer, ob es mehr Touristen oder besuchende Großeltern sind, die dort kaufen, weiß ich nicht. Wir kauften damals eher wie sehr viele hier im Second Hand Laden auf der anderen Seite der Stargarder, wenn ich dort nach rechts abböge, was ich aber nicht tun will, da ich lieber der Stargarder Richtung Gethsemanekirche folge, um zum besten Eisladen der Stadt zu kommen. Vorher komme ich noch an einigen auch häufiger wechselnden Restaurants vorbei zu denen ich wenig sagen kann, auf der rechten Seite kommt vor der Pappelallee noch ein schöner italienischer Feinskostladen, der sich scheinbar auch hält, seit ich hier am Berg wohne jedenfalls besteht. Direkt gegenüber eine wieder sehr passende Bio-Drogerie, die meine gute Seife führt und besonders freundliches Personal hat.

Überquere ich nun die Pappelallee kommt nach dem Restaurant an der Ecke, was ich hier ignoriere, hatte nur einmal ein Date dort, das Date war nett, der Rest ist keiner Erinnerung mehr wert, Hokey Pokey, der wirklich beste Eisladen der Stadt und ich kenne noch keinen besseren irgendwo auf der Welt. Die Kugeln sind teuer, dafür doppelt so groß meist und von einer Qualität, die dich immer wieder kommen lässt an warmen Tagen auch für nur eine Kugel. Der Laden hat in seiner vorigen Dependance einige Häuser weiter viel Ärger mit seinen Nachbarn gehabt, die genervt waren, das vor dem kleinen Laden sich ewige Schlangen von eben auch vielen Müttern mit quengelnden Kindern bildeten und sich beim Bezirksamt beschwerten. Die Geschichte darum schaffte es bis in die FAZ und inzwischen hat sich die Lage relativ beruhigt, der neue Laden ist größer und durch die Verdoppelung der Preise, bei zugleich doppelter Menge fast, haben sich die Schlangen etwas gelegt. Es lohnt sich wirklich und wer einmal da war, kommt wieder.

Nach dem Eisladen folgt noch nach Meinung meiner Tochter mit 1001 Falafel der beste Falaffelladen der Welt dessen Betreiber ich noch lange vom Samstagsmarkt am Kolle kenne. Es folgt noch ein kleiner Italiener, der ganz gut sein soll, ein Weinladen, der örtlichen Künstlern Raum zur Ausstellung gibt und ein gutes Sortiment hat, sowie der Friseur an der Ecke, der sehr hipp ist, mit teils sehr bärtigen Friseuren oder gewagt frisierten Friseurinnen, weil Friseuse ja heute diskriminierend wäre. Schaue ich in den Laden und sehe ich dort über den ganzen Tag immer Unmengen von Haaren auf dem Boden liegen, weiß ich zumindest welchen Laden ich nie betreten werde.

Die Gethsemanekirche, die ich nun erreiche, liegt an der Stargader Straße zwischen Greifenhagener Straße und Gethsemanestraße, die in L-Form die Kirche umfährt und am Ende in die Greifenhagener wieder mündet. Am Knie des L hat sie noch einen kleinen Spielplatz, der auch des Trampolins dort wegen sehr beliebt ist. Die Häuser in der Ecke wirken sehr einladend, liegen allerdings direkt am S-Bahn-Ring, über den des Nachts auch die Güterzüge rattern, die dann fast durchs Bett fahren vom Gefühl her, was ich als Gast bei einer Liebsten auch erfahren durfte. Die Kirche selbst, die zwischen 1891 und 1893 erbaut wurde, ist vor allem ihrer Rolle in der Revolution von 1989 wegen berühmt. Sie ist wie üblich nach Osten ausgerichtet und der Westturm bildet die Schaufassade zur Kreuzung Stargarder, Greifenhagener. Die Fassaden der die Kirche umgebenden Wohnhäuser gehören zu den prächtigsten in Prenzlauer Berg, sehen wir von den Neubauten mal ab, da das frühere Arbeiterviertel sonst eher bescheiden war.

Die Gemeinde bekam das Grundstück von Caroline Griebenow, der Witwe von Wilhelm Griebenow für den Bau der Kirche geschenkt. Ihr Gatte hatte durch den Verkauf von Gelände in der Gegend ein beträchtliches Vermögen erwirtschaftet. Die Kirche war eine Tochtergründung der Zionsgemeinde, von der ja schon am Teute erzählt wurde. Den Namen Gethsemane bestimmte der zur Weihe anwesende Kaiser Wilhelm II., der auch für seine sonst eher peinlichen Bauprojekte bekannt wurde, sehen wir von seiner nicht minder peinlichen Absetzung ohne Entschluss 1918 einmal ab. Die Kirche selbst ist eine interessante Mischung aus Zentral-und Längsbau, bei der Innen die Vierung als großes Oktogon mit Sterngewölbe ausgeführt ist, was von außen unsichtbar bleibt. Das Querschiff, das von außen gut sichtbar ist, bleibt im Inneren kaum zu erkennen und verschwindet hinter den großzügigen Emporen. Stilistisch ist der Bau, schwer zu fassen und weist neben romanisierenden auch gotiserende Baudetails auf, wie etwa im Kreuzrippengewölbe, dagegen erinnern die wild komponierten Emporen eher an eine Barockkirche, sie ist halt irgendwie von allem etwas.

Bemerkenswert ist noch die expressionistische Holzplastik von Wilhelm Groß mit dem Titel betender Christus, die Jesus kurz vor seiner Gefangennahme im Garten Gethsemane zeigt, als er seinen geglaubten Vater darum bat, dass dieser Kelch an ihm vorüber gehen möge. Die Plastik zeigt berührend die Schwäche Jesu in diesem Moment und unterscheidet sich als Mahnmal für die Gefangenen des 1. Weltkrieges damit deutlich von der sonst üblichen Heldenverehrung bei diesem Thema.

Vor der Kirche steht der segnende Christus, der aus der ehemaligen Versöhnungskirche im Mauerstreifen stammt, die in der Bernauer Straße gelegen von den DDR Grenztruppen noch 1985 gesprengt wurde, vier Jahre bevor sich dieser Staat erledigt hatte. Vor der Südwand der Kirche steht die 4.60m hohe Bronzeplastik Geistkämpfer, die ein Abguss eines von Ernst Barlach für die Stadt Kiel geschaffenen Werks ist. Das noch vom Ost-Berliner Magistrat gekaufte Exemplar war eigentlich als Mahnmal gegen die Bücherverbrennung auf dem Bebelplatz gedacht, war aber für diesen zu klein und wirkte nicht. Seit 8. November 1994 steht es an der Gethsemane Kirche zum Gedenken an die Demokratiebewegung in der DDR.

Während der 1980er Jahre wurde die Kirche zum Sammelpunkt für Oppositionelle in der DDR und die dortige Friedensbewegung. Vor allem Pfarrer Werner Widrat unterstützte in dieser Zeit die oppositionellen Basisgruppen, die seit Anfang 1989 ein Kontakttelefon für Basisgruppen einrichteten, an dem unter anderen Ulrike Poppe und Marianne Birthler mitarbeiteten. Ab 2. Oktober 1989 war die Kirche Tag und Nacht geöffnet. Dort bedeckte stets ein Meer brennender Kerzen den Vorplatz. Am 7. Oktober 89, dem Nationalfeiertag zum 40. Jubiläum der DDR, an dem Gorbatschow seine berühmten Worte sprach und in Schwante parallel die Ost SPD als SDP gegründet wurde, gingen Einheiten von Volkspolizei und Stasi mit Gewalt gegen Demonstranten vor, von denen sich viele gerade noch in die Gethsemane Kirche flüchten konnten. Dennoch wurden rund 1000 Menschen verhaftet und wochenlang gefangengehalten. Am 9. Oktober forderte Bischof Forck in der Gethsemane Kirche die DDR Führung auf deutliche und glaubhafte Schritte für eine demokratische Entwicklung zu zeigen. Am 5. November spielte die Staatskapelle Berlin in der Kirche Beethovens 3. Symphonie und der Generalmusikdirektor der Komischen Oper Rolf Reuter forderte unter großem Beifall die Mauer muss weg. Nach dem Konzert formierte sich spontan ein Protestzug durch die Schönhauser Allee. Nach dem Rücktritt der totalitären DDR-Führung war die Kirche ein Sammelpunkt der Bürgerbewegung und nach der ersten und einzigen freien Volkskammerwahl kam diese hier zu einem Gottesdienst zusammen. Die Kirche war ein zentraler Punkt des Umbruchs, was heute noch durch Stelen zur Erinnerung davor deutlich gemacht wird.

Auch nach 1990 setzte sich die Kirche weiter etwa mit Friedensgebeten während des Golfkrieges für eine bessere Welt ein. So fanden im Rahmen des Ökumenischen Kirchentages hier unter riesigem Andrang eine gemeinsame Abendmahlsfeier statt, obwohl der Polenpapst sie vorher ausdrücklich verboten hatte und der katholische Priester Hasenhüttl, der den Gottesdienst leitete und alle zur Kommunion einlud wurde danach wegen Verstoßes gegen die Kirchendisziplin von Bischof Marx suspendiert, was wieder bewies, wie totalitär nah sich alle solchen Regime sind in ihrer Intoleranz und welch wichtiger Ort diese Kirche im Helmholtzkiez dagegen immer war.

Folge ich nun von der Kirche aus der Greifenhagener Straße komme ich direkt zur S-Bahn Station Schönhauser Allee, die sich dort mit der U2 an der gleichnamigen Station kreuzt. Jenseits des Rings und also glücklicherweise nicht mehr im Kiez liegen die Schönhauser Allee Arcaden, ein Schopping-Center, das wie alle solche Läden ist und da jenseits nicht nur von gut und böse sondern der Grenze keine weitere Beschreibung mehr braucht, die auch ansonsten angesichts seiner Durchschnittlichkeit völlig entbehrlich ist, Kennste eins, kennste alle.

Gehe ich nun in der anderen Richtung die Greifenhagener Straße hinunter, komme ich an einer Grundschule vorbei und zur Wohnanlage der Bremer Höhe. Dieses denkmalgeschützte Ensemble von Wohnhäusern wurde zwischen 1870 und 1913 errichtet und ist seit 2000 im Besitz der gleichnamigen Wohnungsbaugenossenschaft. Die Bautätigkeit dort begann 1849 unter Mitwirkung des Sozialreformers Victor Aimé Huber und seiner Frau Auguste, einer geborenen Klugkist. Die Grundstücke an der Schönhauser Allee 58/58a wurden mit sechs Kleinhäusern für 15 Familien bebaut, die sich einem rigiden Verhaltenskodex zu unterwerfen hatten. Sie erhielt den Namen Bremerhöhe, weil der Bremer Senator Hieronymus Klugkist die Initiative von Tochter und Schwiegersohn massiv finanziell unterstützte. Als die Stadt näher rückte und die Bodenpreise stiegen, musste, um Investoren zu finden, die Bebauung intensiviert werden. Die ursprünglichen inzwischen verwahrlosten Cottages wurden abgerissen und die bis heute vorhandene Blockrandbebauung errichtet.

Obwohl von 1870 bis 1913 ganze 43 Jahre gebaut wurde macht die Anlage mit ihrer Klinkerfassade einen geschlossenen, einheitlichen Eindruck. Anstelle von Hinterhäusern und Seitenflügeln blieben die Höfe dort unbebaut zur Selbstversorgung der Bewohner und als erholsame Grünanlage. Es gibt auch darum in den meisten Häusern nur zwei Wohnungen pro Etage. Grundrisse und Ausstattung sind in allen Etagen gleich und an den Idealentwürfen Hubers orientiert.

Aufgrund des nahen S-Bahn-Rings, dem inneren Verteidigungsring Berlins, war die ganze Gegend am Ende des Zweiten Weltkrieges Schauplatz heftiger Straßenkämpfe bei der Einnahme Berlins durch die Rote Armee. Bis heute zeugen zahlreiche Einschusslöcher in der Klinkerfassade davon. Dennoch überstand die Siedlung den Krieg ohne größere Substanzverluste und noch heute lebt es sich gut in den Wohnungen. Eine Freundin von mir lebt in einem der Häuser und der Blick von dort in den Hof ist herrlich, der ein großer grüner Garten ist und als geborener Bremer fühle ich mich den Gebäuden schon namentlich irgendwie verbunden. Alle die dort eine Wohnung haben, erzählen, wie glücklich sie darüber sind und wie schön das Leben auch auf den Höfen wäre.

In der DDR wurden die Wohnungen in Volkseigentum überführt und es wurden nur Substanzschäden ausgebessert, da dort die Errichtung von Plattenbauten bekanntlich Vorrang vor der Sanierung von Altbauten hatte. Nach der Wende kam die Bemer Höhe zur WIP die heute Teil der Gewobag ist. Als 1999 Gerüchte über eine Privatisierung aufkamen, regte sich der Widerstand der Bewohner. Daraufhin gründete sich die Genossenschaft, die im Mai 2000 anstelle des privaten Investors in den Kaufvertrag einstieg. Kauf und Sanierung wurden stark politisch unterstützt, wofür sich besonders auch der heutige Pankower SPD Abgeordnete Klaus Mindrup stark machte. Für den Genossenschaftsmodellfall der Bremer Höhe wurden zahlreiche Förderrichtlinien auch auf Landesebene geändert und sie wurde so zum Vorbild.

Wende ich mich nun von der Bremer Höhe wieder der Pappelallee zu, sehe ich schräg gegenüber den Friedhofspark Pappelallee. Er wurde 1847 von der Deutsch-katholischen, später Freireligiösen Gemeinde errichtet. Das Friedhofstor ist mit einer entsprechenden Sentenz überschrieben, dort steht:

Schafft hier das Leben
gut und schön,
kein Jenseits ist,
kein Aufersteh’n

Das Grundstück von 6000m² hatte Wilhelm Griebenow der Gemeinde geschenkt. Ab 1893 wurden nur noch Gemeindemitglieder dort bestattet und 1907 wurde noch von Trewendt eine große Feierhalle errichtet. Die Nazis lösten 1934 die Freireligiöse Gemeinde auf und verstaatlichten 1936 den Friedhof. In der DDR wurde die Freireligiöse Gemeinde nicht wieder gegründet und so wurde der Friedhof zu einem städtischen auf dem bis 1969 noch bestattet wurde, was die Nutzungszeit bis 1994 dauern ließ. Die ehemalige Feierhalle wurde seit 1946 gastronomisch als Casino der Handwerker genutzt und dient heute dem benachbarten Ballhaus Ost als Bühne. Nach der Wiedervereinigung ist der der Friedhof von 1990 bis 1995 in einen Park umgestaltet worden und ist heute noch ein öffentlicher Friedhofspark mit kleinem Spielplatz. Der Friedhofspark wird anders als andere Parkanlagen Nachts geschlossen, um weiteren Vandalismus zu vermeiden und ist aus polizeilichen Gründen nur noch zur Pappelallee hin geöffnet, weil eine zeitlang viele Dealer dort verkehrten und damit diese nicht mehr so einfach in Richtung der Lychener entfliehen konnten. Bedeutende Gräber dort sind die sozialdemokratischen Abgeordneten Metzner, Hasenclever und Schulze, der Erfinder der Stenographie Heinrich Roller, der Journalist von Hofstetten und die Frauenrechtlerin Agnes Wabnitz. Zusätzlich erinnert noch eine Gedenktafel an der Friedhofsmauer an den Gründer der Berliner Urchristengemeinde, Tierarzt und Barrikadenkämpfer, der als Held vom Alexanderplatz bekannt wurde, Friedrich Ludwig Urban.

Das Ballhaus Ost gleich nebenan ist heute eine Produktions- und Spielstätte für freie Theater und Kunstprojekte. Gegründet wurde das Ballhaus Ost von Uwe Eichler, Philipp Reuter und Anne Tismer. Seit 2011 leiten es Daniel Schrader und Tina Pfurr mit Eichler als Projektentwickler in Zusammenarbeit. Es steht allen Disziplinen der Kunst in ihrer je eigenen Art offen und von den über hundert Veranstaltungen im Jahr besteht die Hälfte aus Eigenproduktionen. Habe dort verschiedene Stücke und zuletzt eine geniale Performance zum Thema Erotik einer befreundeten Schauspielerin gesehen, die auch in der Stimmung so wirkte, wie der Titel versprach.

Folge ich der in der Mitte von der Straßenbahn befahrenen Pappelallee nun weiter findet sich zur Zeit noch einige Häuser weiter auf der anderen Seite der Verlag Suhrkamp im ehemaligen Finanzamt, wird aber wohl bald in seinen Neubau nach Mitte umziehen an den Fuß des Weinbergparks. Die Pappelallee mündet am Ende in die Schönhauser Allee an einer großen und befahrenen Kreuzung voller Leben. Dort befindet sich auch noch der Kochladen, wo die Freunde der guten heimischen Küche Gerichte mit Rezept und Zutaten einkaufen können. Schick gemacht aber auch ein wenig vorgefertigt dabei, Kochen für alle, denen der Markt nicht reicht.

Gegenüber liegt inmitten der Schönhauser Allee, an der unser Helmholtzkiez ja endet, die U-Bahn Station Eberswalder Straße, der hier bereits oberirdisch verlaufenden Trasse der Bahn. Es kommen an dieser Kreuzung Straßenbahnen aus vier Richtungen, die sich mit der U-Bahn kreuzen und Autos zusammen, es ist dort der Knotenpunkt des Prenzlauer Berges, an dem auch viele Besucher ankommen. Hier pulsiert Tag und Nacht das Leben, es fühlt sich dort, im Gegensatz zu den eher beschaulichen Kiezen richtig großstädtisch an, ist auch laut und immer tosend, das Herz der Stadt schlägt spürbar. Einen Moment dort stehen bleiben und die Menschen beobachten, die meist eilig irgendwo hin wollen, eine Bahn kriegen müssen oder in die Kieze zu welcher Kneipe auch immer streben, wenn sie nicht sogar hier wohnen, gibt ein Gefühl für das großstädtische Berlin ohne auf den gruselig hässlichen Alex fahren zu müssen.

Nach diesem intensiven Großstadt Erlebnis an der befahrenen Kreuzung geht es langsam wieder in Richtung Kiez, dessen Rand wir noch nicht verlassen haben. Zunächst an eben diesem Rand die Danziger Straße entlang, in deren Mitte die Straßenbahn fährt und die sonst vierspurig bis in den Friedrichshain führt. Es gibt hier einige Läden von denen am auffälligsten, wie eine kleine Insel im Lärm ein kleiner Tee-Laden mir in Erinnerung ist. Spätis gibt es hier auf beiden Seiten der Straße, deren gegenüberliegender Teil schon wieder dem Kollwitz-Kiez zugehörig ist.

An der nächsten Ecke, wo die Lychener Straße anfängt und mit ihr der LSD-Kiez, liegt das Restaurant Zum Schusterjungen und bietet deftige Berliner Hausmannskost in einer sehr rustikal eingerichteten alten Berliner Eckkneipe. Ist ein Erlebnis, sollte jeder mal gesehen und erlebt haben. Große Portionen bilden eine gute Grundlage für den Rest der Nacht und urige Gestalten sind dort auch noch anzutreffen. Feine deutsche Küche ist es eher nicht, aber reichlich gut und deftig. Etwas feiner, wenn auch noch genügend rustikal findet sich die deutsche Küche in den Thüringer Stuben an der Kreuzung der Duncker mit der Stargarder, womit die deftig rustikale Küche im Kiez ausreichend in Fußnähe doppelt vertreten ist und ich lebe ungefähr in der Mitte zwischen beiden, die ich dennoch eher selten aufsuchen würde.

Die ganz feine deutsch-französische Küche mit österreichischem Einschlag findet sich dagegen, wenn ich vom Schusterjungen aus la Ly, wie die Lychener seit Wendezeiten auch genannt wurde, bis zum Weinstein folge, das direkt nach der Rückseite des Friedhofparks in der Pappelalle auf seiner Seite zur Lychener liegt. Dort kommen Weinfreunde und Feinschmecker in auch rustikaler aber wesentlich stilvollerer Atmosphäre bei bester Küche mit hervorragenden Zutaten von regionalen Höfen auf ihre Kosten. Würde das Weinstein zu den besten Restaurants der Stadt zählen ohne ein echter Kenner zu sein und es auch seiner guten Atmosphäre wegen nahezu jedem anderen vorziehen. Auch darum würde ich immer eine Vorspeise im Weinstein dem großen Teller im Schusterjungen vorziehen, was meiner sonst ausufernden Figur auch besser tut. Es wurde nach der Wende von einigen Eingeborenen Weinfreunden und Feinschmeckern gegründet und wird von Kennern hoch geschätzt. Es hat den Stil einer Weinwirtschaft, kann aber auch ganz große Küche und wenn die Temperaturen steigen, sitzt es sich auch hervorragend davor in bequemen Korbsesseln auf dem breiten Bürgersteig. Ein Ort, den jeder Besucher zumindest kennenlernen sollte.

Wer aber schon zu Beginn von la Ly im Schusterjungen satt wurde, kann sich nun ins Nachtleben stürzen, bald kommt linker Hand das August Fengler, eine Raucherkneipe mit Tanzfäche im hinteren Raum, der zumindest am Wochenende immer brechend voll ist und selten vor 5h schließt. Es hat eine ganz eigene Atmosphäre mit der großen Bar an der Selbstbedienung herrscht wie im ganzen Laden, wobei an der Bar noch der Weg zum Getränk der kürzeste ist. Manche sagen das Fengler sei ein Abschleppschuppen, andere finden es eine nette Kneipe und ich staune manchmal wie es doch noch mehr Menschen auf die schon verschwitzt volle Tanzfläche schaffen und Körperkontakt wird manchmal auch ungewollt unvermeidbar, was manche wiederum sehr bewusst und direkt nutzen. Wer damit leben kann, wird dort seinen Spaß haben, alle anderen sollten lieber weiter gehen. Der ich den Damen nicht abgeneigt bin und schon in fast jeder Bar hier die eine oder andere traf, habe dort nicht eine kennengelernt, weil ich vermutlich nicht laut und derb genug für den Laden war. Wer es ruhiger mag geht zum Beispiel ins fast benachbart gelegene “Zu mir oder zu dir”, was sichtbar mit Mobiliar aus dem Palast der Republik ausgestattet ist und eher jüngeres Publikum anzieht aber mit DJ ganz nett und ich meine zumindest Nichtraucher ist, was den Tag danach eher erträglich macht.

Noch ein Stück weiter auf der linken Seite findet sich noch eine verrauchte Bar, die ich auch meist noch geöffnet sah, wenn ich in frühen Morgenstunden mal aus dem Fengler verschwitzt nach Hause lief, mehr kann ich darüber aber bisher nicht erzählen. Nach dieser beginnt der Friedhof auf den das oben empfohlene Weinstein folgt. Gehe ich aber auf der rechten Seite die Lychener hinauf, bleibe ich als erstes am Erfinderladen hängen, die in ihrem Schaufenster wunderbare Hingucker haben. Immer wieder begeistert sind alle Passanten etwa von dem Bildschirmschoner, bei dem ein Trupp Männer im Mauerpark die Uhrzeit aus Holzlatten aufbaut und jede Minuten eben so wie angezeigt wieder umbaut. Die anderen kleinen oder großen Dinge dort, möge jeder Betrachter in Ruhe für sich entdecken. Stehen bleiben lohnt. Auch der schöne italienische Schuhladen reizt für den Herren wie für die Dame immer wieder einen Blick, der feine Käseladen danach vermutlich eher einen Bissen. Das afrikanische Restaurant, was folgt, soll sehr gut sein, kann ich aber nicht weiter beurteilen. Die beiden Beauty-Läden die von Maniküre bis zur Haarentfernung alles bieten, halten sich erstaunlicherweise immer noch, scheinen also auch hier einen Markt gefunden haben. Kann dazu mal wieder nichts sagen, habe die Versuche durch äußere Nachhilfe noch Schönheit zu finden, längst aufgegeben und konzentriere mich darum mehr auf innere Werte, auch wenn ich mich bei anderen an äußeren wohl freuen kann, doch scheint es mir sinnvoller den Markt dort zu erobern, wo die eigenen Talente liegen und da ich auch durch Investition in solche Läden kein Schönling mehr werde, spare ich sie mir und laufe ignorant an ihnen vorbei.

Gegenüber des afrikanischen Restaurants etwa befindet sich das Antiquariat Nadelmann. Ein sehr gut sortiertes Antiquariat, in dem ich immer zu viel finde, was ich nicht suche, wenn ich es riskanter Weise doch mal hinein wage und bin schon viel zu vollgepackt von dort zu oft gegangen, was angesichts beschränkter Abstellmöglichkeiten mich heute eher nur liebevoll schauen statt suchen lässt. Weiter aber auf der Seite, auf der ich gerade die Salons der Schönheit als hoffnungsloser Fall ignorierte, der noch dazu den völligen Verlust der Körperbehaarung eher abschreckend findet, treffe ich noch auf einen Weinladen, der mir aber eher ein Weinkonsumladen zu sein scheint und neben den üblichen Regalen dort noch eine nächtlich meist gut gefüllte Bar hat. Dann kommt noch das ebenfalls legendäre Krüger, was allerdings aus meiner Sicht hauptsächlich voll und verraucht ist aber bisher habe ich dort noch nicht so lange Zeit verbracht, dass ich etwas über die Gründe der Legende sagen könnte. Es reden immer wieder welche davon, lass uns doch ins Krügers gehen und das war es dann meist auch.

An der Ecke der Lychener gibt es einen Spanier, der wohl gute spanische Küche bietet für alle, die dies mögen. Mich reizt sie so wenig wie das Frida Kahlo gegenüber, auch wenn dies schon zu den Urgesteinen des Platzes gehört, obwohl es bekanntermaßen schlechte mexikanische Küche bietet - es zieht immer noch viele Gäste, die vermutlich mehrheitlich Touristen sind und deren Fehlgriff mit der Ahnungslosigkeit gut entschuldigt werden kann und der Name der großen mexikanischen Malerin verspricht ja sehr viel, was dieser Laden nicht halten kann. Ignoriere es also, genau wie das neue an der gegenüberliegenden Ecke, was sich Houdi nennt und hier so wenig her passt, dass ich eher wetten würde, wie schnell es sich erledigt hat, folge der Raumerstraße ein Stück Richtung Pappelallee und finde linkerhand das andere Antiquariat, das manchmal ganz nette Überraschungen gerade bei den Sonderangeboten bietet, sich im übrigen aber auf immer mehr Raum seiner Fläche heute auf Platten konzentriert, die mich weniger interessieren, also entbehrlicher mir scheint. Auf der gegenüberliegenden Seite findet sich eine andere Institution des Platzes, die Speiche. Eine alte verrauchte Jazz-Kneipe, die heute der frühere Betreiber des schon legendären Café Garbáty in Pankow betreibt und in dem regelmäßig Bands auftreten, teilweise auch mit Live Übertragung im Radio. Hier trifft sich viel auch älteres Publikum, von denen ich größtenteils vermuten würde, dass sie schon vor der Wende auf dieser Seite der Mauer lebten. Es ist eine freundliche und offene Atmosphäre, natürlich ziemlich verraucht aber irgendwie legendär mit immer wieder erstaunlich guten Musikern auch durch die mehr als guten Kontakte des Wirts in die Szene und so haben wir hier einen der seltenen Fälle, in denen einer aus Pankow auf den Berg zurückkehrte und der Laden brummt scheinbar. Wer mit dem Rauch leben kann und gute Musik mag, ist dort bestens aufgehoben.

Rauch und weniger gute Musik, eher normal, findet sich in der Stadkindbar, die im übrigen auch eine Fußballkneipe ist und wenn ich mir das Publikum dort anschaue oder mich an die male erinnere, die ich selbst dort war, um Fußball zu schauen, der mich ja eigentlich gar nicht interessiert, zieht es eher Menschen aus den weiteren Vororten an. Diese Bar könnte in vielen Städten stehen, liefe dort bestimmt bombig, hier sehe ich sie eher bei besonderen Partys oder zum Fußball gefüllt und sie gehören nicht zu denen, die am längsten auf haben. Stadtkind liegt nun wieder in der Lychener direkt am Platz und neben meinem hervorragenden Fahrradladen. Dachte erst der Betreiber sei etwas grimmig, aber es braucht nur Zeit und Zeit brauchst du auch, wenn du hingehst, weil du manchmal iin Anbetracht des Andrangs auch länger warten musst, aber es lohnt sich, ist unschlagbar günstig in vielem, ist ein guter Handwerker vor Ort und gerne bringe ich ihm mein Rad voller Vertrauen, auch wenn es sich mal um eine Woche verzögert, bis er fertig ist. Ein toller Laden auch zum anschauen und ein Nachbar aus dem Kiez. Empfehle ich ohne jede Frage.

Neben ihm auf der anderen Seite befindet sich das Café Im Nu, in dem sich wunderbar mit Morgensonne ein Tee oder Kaffee genießen lässt, was ich mit meiner liebsten Ärztin auf ihrem Weg in die Praxis schon häufiger das Vergnügen hatte. Der sich Trattoria nennende Italiener daneben ist etwas feiner als Da Angelo auf der schräg gegenüberliegenden anderen Seite des Platzes in der Duncker aber nicht weltbewegend gut. Wenn ich bedenke, dass ich einen Italiener wie Brot und Rosen direkt am Volkspark Friedrichshain im benachbarten Bötzow Kiez habe, würde ich meist eher den etwas weiteren Weg auf mich nehmen, weil es sich dort wirklich lohnt hinzugehen. Dennoch läuft der Laden hier gut, zieht viele Besucher an, die scheinbar nicht mehr erwarten und zufrieden scheinen. Habe nie Klagen über den Laden gehört. Einmal selbst dort mit Familie gegessen und fand es in Ordnung, würde aber immer den weiteren Weg vorziehen, weil es einfach besser im Brot und Rosen ist, wo ich auf dem Weg zum Klo schon mit der benachbart wohnenden Nina Hoss zusammenstieß und nett flirtete, ohne damals vorher zu wissen, wer mir da gegenüberstand, was mir hier häufiger passiert und so bin ich meinem schlechten Gedächtnis für Gesichter und meiner großen Ahnungslosigkeit im Bereich Promis unglaublich dankbar, weil sie mir viel Aufregung erspart, die Kenner hier vermutlich an jeder Ecke mal eben ergriffe, ich bekomme es nicht mit und lebe so relativ gelassen mit lauter normalen Menschen, die ich nicht wiedererkenne.

Vom Italiener gehe ich auf der anderen Straßenseite am Platz entlang zurück in die Raumerstraße und überquere diese an der Stelle, wo sie die Lychener kreuzt, gehe am Spanier, der bestimmt gut und freundlich für alle Freunde der spanischen Küche ist, zu denen ich nicht zähle, vorbei und besuche meinen Stamm-Späti - ein netter türkischer Familienbetrieb, der alles hat, was du gerade brauchst, als Paketannahmestelle auch den Gang zur Post erspart und die Konsumenten legaler Drogen mit ihrem Stoff versorgt, während der großen Fußballfeste mit Fernseher auch zu einer Open-Air Fußball-Bar wird, wie es sie vielfach dann hier an allen Ecken gibt.

Mit Ratzkatz folgt auf den Späti einer der schönsten Spielzeugläden, die ich je gesehen habe. Wunderbar liebevoll dekorierte Schaufenster, vor denen ich lange stehen bleiben könnte und immer noch voller Freude etwas neues entdeckte. Es ist die reine Freude von Playmobil bis Kasperle und manch andere Überraschungen, wie die Zitronenpresse mit dem Merkelgesicht, eher für die großen Kinder, oder erstaunliche neue Kästen für Experimente der forschenden Jugend. Dann immer wieder überraschend dekorierte Dioramen, die mit viel Humor neue Produkte vorführen - wenn zwischen Eisbären plötzlich ein Liegestuhl steht und anderes mehr. Dieser Spaß setzt sich im Laden noch fort, in dem sich die Regale bis zur sehr hohen Decke türmen und viele Kinderträume wahr werden. Die Betreiber selbst sind auch wunderbar verspielt, führen mit großer Freude Neuigkeiten vor, verkleiden sich vor Weihnachten als Engel und sonst auch gerne passend zur je Gelegenheit. Ich liebe diesen Laden und war dort schon sehr lange auch mit meiner Tochter dort, etwa für die Nichten und Neffen Geschenke aussuchen oder sich neue Entdeckungen vorführen. Manchmal erstaunen mich genervte Mütter, die versuchen ihre Kinder wieder aus dem Laden zu ziehen, nachdem das nötige dort erledigt wurde.

Dies ist ein Laden zum verweilen, der Zeit hat und die sich jeder nehmen sollte, der hineingeht, um zu genießen, Kind zu sein, denn etwas schöneres gibt es doch kaum, finde ich, der sich immer gern Zeit nimmt, lieber jedenfalls als sie zu sparen, denn von gesparter Zeit hat keiner etwas außer den Kardiologen, die an jedem neuen Infarkt verdienen. Dennoch reiße ich mich irgendwann auch vom Ratzkatz los, gehe am Eisladen daneben vorbei, der zwar ökologisch korrektes Eis verkauft, warum hier auch die schlangen sehr lang sind, was aber geschmacklich eher ohne irgendwas ist und darum nur kalt und überflüssig. Im sehr schmalen Laden daneben noch die Helmi Dependance des längst legendären Café Oberholz, was sonst in Mitte am Rosenthaler Platz sich findet, was übrigens zur Zeiten der Stadtmauer noch das Tor für Vieh und Juden war, warum der große Moses Mendelssohn dort sein Berlin betrat, das ihm geistig so viel verdankt, aber das wäre eine andere Geschichte. Im übrigen vertausche ich den Eisladen Hedwig und das kleine Oberholz immer, vom Spielzeugladen kommend, gehe ich zu erst am Oberholz vorbei.

Tausche Tasche ist der nächste Laden und verkauft Umhängetaschen mit austauschbarem Deckel. Der Laden läuft gut, die Taschen sind es wohl auch. Meine liebste A hat sich dort auch mal eine gekauft, die sie leider verlor. Der Laden läuft und macht auch interessante kulturelle Projekte, gehört zum hiesigen Kiez. Die Bäckerei mit Café, Sparkassen-Geldautomaten und W-Lan hat sich eher trotzdem etabliert obwohl auf der Schattenseite gelegen und ich nicht wüsste, was mich dort anziehen sollte. Es könnte dieser Laden vermutlich überall stehen, läuft er scheinbar für alle, die es gern normal haben. Weniger normal von außen sind die wunderbaren Graffitis mit denen unser großer Edeka an der Ecke Schliemann Straße geschmückt ist, der nicht EDEKA heißt sondern Nah und gut und das in vielem auch ist. Manches würde ich nie da kaufen, weil einfach zu teuer auch Gemüse eher beim Asiaten von denen es genug um den Platz gibt, wenn nicht bei OstKost, falls ich Bio will und mir leisten kann, anderes immer wieder und gerne und zur Not findest du fast alles da und er gehört halt zum Kiez, das Personal ist der Hit und ein Stück Familie  am Helmi, bei der manchmal der Preis egal ist. Dieser kleine Supermarkt hat noch 100m die Raumerstraße Richtung Dunkerstraße weiter eine zweite Dependance, die richtig klein ist, nur ein Gang mit in der Mitte und links und rechts Regalen, dafür bis 23h geöffnet hat, wenn der andere schon um 22h schließt. Danach finden sich aber genug Rewe Märkte, die bis 0h oder 24h offen haben und was es grad mal braucht, wie Nudeln oder Klopapier gibt es auch bis 3h mindestens beim Späti an der einen oder anderen Ecke.

Auf dem Rest der Raumerstraße von der Schliemann bis zur Duncker finden sich noch zwei sehr schicke Designerläden, bei denen ich gespannt bin, wie lange sie sich halten, der eine für Babys und Kinder, der andere für irgendwie Innenausstattung. Ach und dann gibt es noch einen guten Asiaten dort, nicht so gut wie der Sushi Laden in der Lychener auf dem Weg zu OstKost, den ich aber auch nicht kenne, weil mich diese japanische Form der Kompaktnahrung eher weniger interessiert und ich Sex lieber habe als esse, aber in der vietnamesischen Küche ganz nett und immer relativ gut besucht. Scheinbar essen viele Leute das sogar inzwischen lieber als deftig deutsch, auch wenn ich immer die Klöße in den Thüringer Stuben vorziehen würde als diese an Hundefutter erinnernde Kompaktnahrung mit Stäbchen.

Nun kommt nur noch an der Ecke Dunckerstraße die Apotheke am Helmholtzplatz, womit sichtbar wurde, wir haben hier alles, was eine kleine Stadt braucht, auch wenn ich von den Arzt und Zahnarztpraxen am Platz jetzt nichts erzählt habe, weil ich sie einerseits aus  Unkenntnis und andererseits aus Erfahrung nicht empfehlen kann, sehen wir von der Augenärztin in der Raumer ab, von der ich nur Gutes gehört habe.

Damit sind wir einmal rum um den Kiez - sehen wir von der Senefelder Straße ab und dem Stück Raumer bis zur Prenzlauer. In der Senefelder gibt es einen wunderbaren Blumenladen, ein KinderMuseum in einer alten Kirche mit ganz wunderbaren Ausstellungen, einen neuen Laden in einem früher Späti, der Maßschuhe fertigt, dessen Besuch bestimmt lohnt, für alle, die es sich leisten können, wie die exquisiten Herrenausstatter in der Raumer auf dem Weg zur Prenzlauer - auch der Wäscheladen in der Senefelder kurz vor der Danziger ist immer einen Blick wert. Nicht zu vergessen auch die Verlage, die nun nur noch einer sind im Göhrener Ei - früher Dittrich Verlag und Matthes und Seitz, heute nur noch letzterer, der immer einen Blick ins Fenster lohnt. Das Alois S an der Ecke Senefelder Stargarder als die Werder Fan-Kneipe sei noch erwähnt, auch wenn ich Ignorant gestehen muss, dort noch nie ein Spiel gesehen zu haben, aber gut soll es dort sein und nett mit sehr netten Leuten in der Nachbarschaft, was ich aus Erfahrung wiederum bestätigen kann.

Folge ich der Dunckerstraße noch bis zur S-Bahn an der diese Geschichte nun endet, stolpere ich noch über einige Bars auf beiden Seiten der Straße, die ich selten besuche und direkt an der Bahnlinie auf das Käthe Kollwitz Gymnasium, einen wirklich schönen Klinkerbau aus der Gründerzeit und damit haben wir bis auf die kleine Stichstraße in der mein Friseur liegt und die von der Senefelder zur Prenzlauer führt, glaube ich so ziemlich alles erzählt, was mir wichtig war zusammen angesehen und können die Geschichte aus einem der schönsten und buntesten Kieze der Stadt zu Ende gehen lassen und uns am Platz auf einen Wein ins Café setzen, am Abend auf der Ostseite, wo dann die Sonne noch lange hin scheint.
jens tuengerthal 6.4.2017

Dienstag, 4. April 2017

Machtbildung

Wächst Macht von allein
Wo sie sich mal niederließ
Oder bildet sie sich

Hat Dummheit mehr Macht
Als Vernunft die begründen will
Weil sie einfach ist

Macht Vernunft schwach
Weil sie mehr als Natur treibt
Sie angreifbar wird
jens tuengerthal 4.4.2017

Bildungselite

Ist Bildung mehr wert
Oder entscheidet nur Macht
Die ein Gefühl ist

Wer ist Elite
Unter Gleichen in Freiheit
Wozu braucht es sie

Traut sich noch wer vor
Bleibt Gleichheit eine Illusion
Sonst sinkt das Niveau
jens tuengerthal 4.4.2017

Wissensbildung

Ist Bildung Wissen
Oder sind Fakten wertlos
Ohne Verknüpfung
jens tuengerthal 4.4.2017

Wissensmacht

Wäre Wissen Macht
Wüsste Ohnmacht wohl nichts mehr
Wenn nicht umgekehrt
jens tuengerthal 4.4.2017

Berlinleben 038

Kiezgeschichten

Am Teute

Mit dem Teutoburger Wald werden gerne martialisch nationalistische Geschichten um den Helden Hermann verbunden, der die Römer unter Varus dort schlug und auf die sich nationale Kräfte meist ohne Ahnung berufen, um den Widerstandsgeist zu wecken. Als ist meine liebste A kennenlernte hatte sie ein großes Plakat der Inszenierung von Kleists Hermannsschlacht in Bochum noch unter Peymann in der Küche hängen. Dies war eher gegen den Krieg gerichtet und so gab es zumindest in der Erinnerung unserer Liebe eine Brücke zum Teutoburger Wald.

Als wir uns für die Wohnung am Teutoburger Platz entschieden und auch die Zusage bekamen, sprachen wir nie darüber aber nirgendwo, so scheint es mir heute, hätte dies Plakat passender gehangen als dort. Selig waren wir nach langer Suche, endlich eine 4-Zimmer Wohnung gefunden zu haben, noch dazu so eine helle, gegenüber der Schule und um die Ecke von der besten Kinderladenfreundin meiner Tochter - alles schien gut so.

Unsere Vormieter waren Amerikaner, die dringend zurück nach New York mussten aus wohl familiären Gründen, obwohl sie sich gerade erst mit allem eingerichtet hatten und so übernahmen wir einiges gern, was uns zumindest den Transport der Waschmaschine abnahm, denn zu schleppen war dennoch genug. Doch die Vorfreude überwog deutlich. Seinen schicken Eames Sessel, den meine Liebste immer den schönsten fand und mit dem mein bevorzugter Poäng Sessel von IKEA auch in der inzwischen Lederausführung in schwarzem Holz nur schwer konkurrieren könnte, wollte der Vormieter dann leider doch mitnehmen - dafür blieben uns Lampen, Trockner und manches mehr, was nichts mit dem hier beschriebenen Platz zu tun hat und darum nicht weiter interessiert.

Unsere neue Wohnung lag nicht nur unweit des Platzes am Ende einer nicht ganz Sackgasse sondern hatte auch einen Balkon und meine glückliche Liebste konnte endlich wieder ihren grünen Daumen pflegen, die Hände in die Erde stecken und sich um Pflanzen bemühen, was mir bisher völlig abging, trotz des großen gärtnerischen Vorbild meines Vaters, fand ich Grünzeug, wenn ich etwas dafür tun musste eher lästig. Betrachten war ok, ein Picknick im schönen Park etwas wunderbares, aber mehr musste ich nicht haben und wie meine Palmen oder manchmal Kräuter bisher bei mir überlebten, ist mir relativ rätselhaft aber Natur scheint doch robuster zu sein, als ich nachlässig sein könnte.

Alles schien schön, bis zum nächsten Morgen, als die Laster aus der Kohlenhandlung nebenan aufbrachen, mehrmals rangieren mussten, damit sie noch um die zu enge Ecke kamen. Sie taten das typisch für den Osten unmenschlich früh gegen 5.15h, jeden Morgen, bis irgendwann die Anzahl der Öfen soweit abnahm, dass auch dieser kleine Betrieb schließen musste und stattdessen die FIT, die Freie Internationale Tankstelle als Kulturort dort einzog, wo früher eine Tankstelle war und den Hinterhof irgendwann zur Aufstellung einer Jurte nutzte. Die Tankstelle, die schon nicht mehr im Betrieb waren, als wir an den Teute zogen, wie der Platz im Volksmund heißt, lag an der Schwedter Straße. Jener langen Straße, die früher durch die Anlage der Mauer unterbrochen wurde und heute ein Stück Mauerpark inmitten hat, zu dem sieführt, beginnt an der Schönhauser Allee und geht bis zu den Bahngleisen, die das Gebiet zum Wedding abgrenzen.

Der Teutoburger Platz liegt zwischen der Christinen Straße und der Templiner Straße, wird nördlich von der Zionskirchstraße begrenzt, die teilweise parallel zur Schwedter Straße läuft, bis sie auf die namensgebende Zionskirche trifft, die obwohl schon in Mitte gelegen und dort einem ganz anderen Kiez zugehörig hier noch Thema sein wird, weil wir auf dem Weg zum Kinderladen täglich an ihr vorbei liefen. Südlich wird der Platz durch die Fehrbelliner Straße begrenzt, die von der Schönhauser Allee bis zur Anklamer Straße führt und in manchem auf und ab den Charakter des Berges zeigt. Für die Bewohner wirklich bergiger Regionen eher ein Witz, aber verglichen mit Hamburg und Amsterdam doch spürbar.

An der Ecke in unserer Templiner Straße gegenüber lag früher das Café Maurer, von der gleichnamigen Familie betrieben, deren Tochter wiederum mit meiner Tochter am gleichen Tag Geburtstag hat und die wir aus der PEKiP Gruppe kannten. So war der Umzug weg vom Kollwitzplatz hin zum Teute, obwohl ganz neu dort dennoch ein wenig wie heimkommen oder ankommen - war doch auch diese Krabbelgruppe in überheizten Räumen, die Wert auf die Nacktheit der Babys legt, leider nicht der Eltern, direkt am Platz in der Fehrbelliner Straße. Eigentlich war der Kiez umme Ecke von unserem alten Wohngebiet am Kolle und doch war es ganz anders.

Unsere Wohnung war einerseits stärker saniert, was schnell alles vorige ersticken kann und andererseits liebevoller gestaltet, wie die zwei Oberlichter im eingebauten Bad zeigten. Die Einbauküche war nett und praktisch, der von der Küche erreichbare bei der Sanierung ans Haus geklatschte Balkon bot noch einen zusätzlichen quasi überdachten Rückzugsraum auch für Raucher, die wir damals, meine ich, gerade wieder mal wieder waren. Der Balkon ging auf den Hinterhof von dem aus wir in die Büros der benachbarten schön sanierten Industrieanlage schauen konnten, die mit unserem und dem Nachbarhaus einen quasi großen Hof bildeten, auch wenn dieser ordnungsgemäß voneinander abgegrenzt war, damit keiner dort schnüffelte, wo es ihn nichts anging.

Zu verbergen gab es in der kleinen Hausgemeinschaft ohnehin wenig. Der Leiter der Hausverwaltung, der nicht der Eigentümer sondern nur ein alter Freund der beiden Eigentümer war, die sich inzwischen wohl zerstritten und trennten, wohnte mit Frau und Töchtern in der größten Wohnung im Hochparterre. Die Ex-Frau eines der Eigentümer wohnte damals mit ihrem Geliebten und den Kindern vom Vorgänger auf der anderen Seite des Flurs über uns und neben ihr die Tochter eines Vorstands der Deutschen Bank von Familie. Dann gab es noch eine Pilotin mit ihrem russischen Mann und den seltsamen Typen in der Wohnung neben uns, der selten kam, keinen Balkon hatte, weil er nicht kooperativ war, der irgendwann einmal unter seltsamen Umständen tot aufgefunden wurde, zum Glück aber nicht im Haus und noch den sehr schwulen jungen Mann aus der Modebranche, der so gern rauchend auf dem Balkon mit seinen Liebsten telefonierte, auf der Etage des Hausverwalters, dessen Töchter viel musizierten, wie er im übrigen gelegentlich auch.

All diese Geschichten hatte uns der sehr gesprächige Hausverwalter, den ich gleich mochte, schon bei der Vertragsunterzeichung erzählt. Fand es beruhigend und dachte, prima, wenn er selbst da wohnt, wird er auch auf die Leute im Haus achten. Dagegen fand es meine Liebste schon etwas verdächtig, wie genau er bescheid wusste und was er uns alles erzählte. Hatte kein Misstrauen, dachte nichts böses und habe erst nachdem ich auszog und seine Nummer im Netz suchte, bemerkt, dass er als ehemaliger Oberstleutnant der Stasi zu irgendeinem Thema in einem Prozess befragt wurde und sein früherer Beruf zu DDR-Zeiten nichts mit Hausverwaltung zu tun hatte. Der große Wagner Fan und Büchersammler, den ich spannend im Gespräch schon fand, nicht umsonst auf dem Balkon noch immer Sonntags im Kaftan das Neue Deutschland las, dem alten Glauben treu anhing.

Wie fand ich das, fragte ich mich, was hielt ich nun von ihm, wo ich wusste, was er für einer früher war und wie wenig sich für ihn geändert hatte, weil Freunde ihn auffingen. Hatte immer gedacht, er wäre in Leipzig im Museum oder in irgendeiner historischen Kommission tätig gewesen, mir im übrigen nicht so viele Gedanken über das Leben unseres Hausverwalters gemacht und seiner sehr blonden Ehefrau. Unsere Gespräche kreisten hauptsächlich über Wagner und Bayreuth, seinem großen Traum, den ich schon kannte und schöne Buchausgaben. Eigentlich spielte keine Rolle für mich, was er früher mal gemacht hat, dass er unbelehrbar blieb, vermutlich innerlich immer noch das System der BRD verachtete, auch wenn er ordnungsgemäß seine Arbeit als Hausverwalter machte, wie dies im Kapitalismus erforderlich war.

Aber irgendwie komisch war das Gefühl schon einen ehemaligen Stasi Offizier unter sich wohnen zu haben, mit dem du einen Vertrag hast. Andererseits, früher war ja angeblich jeder zehnte hier bei der Stasi irgendwie, also kein Wunder und besser ich wusste das über ihn als nicht. Sein Unternehmen gab es nicht mehr, sein Land auch nicht, die Demokratie war die Siegerin der Geschichte - er ein Verlierer, der Glück mit seinen Freunden hatte und sonst ein netter Kerl war, wenn auch manchmal noch wie ein Hauswart wirkend, könnte ich nichts schlechtes über den Mann sagen und lasse ihm darum seine Geschichte, betrachte ihn nur mit dem nötigen Misstrauen und einer gewissen Vorsicht, was nie schaden kann.

All dies erfuhr ich aber erst viele Jahre nachdem ich in diesen Kiez zog, schon wieder weg war und so spielt es für mich keine Rolle, wäre es nicht ein typisches Beispiel für das Aufeinandertreffen auch gebrochener Biografien hier in der Gegend immer wieder. Als ich meinem Freund M entsetzt davon erzählte, zuckte er nur mit den Schultern, na da gab es so einige, damit musst du leben lernen, auch der neue Bürgermeister von Pankow aus der Linken, die eine Mehrheit in der BVV hat, machte nie ein Hehl daraus oder zumindest für das Verständnis in seinem Umfeld. War eben normal für viele.

Wohl fühlte ich mich in der Ecke mit diesem Wissen hinterher genau wie vorher ohne. Es machte also eigentlich nichts und darum plaudere ich mit ihm wie immer, wenn ich ihn mal sehe, was geht mich auch seine Geschichte an und frage mich nur, ob ich es genauso gemacht hätte, wenn er bei der SS oder GeStaPo Mann gewesen wäre und hoffe immer noch, dass die Normalität des Alltag nicht alles glatt bügelt.

Denke ich an meinen einen Großonkel, den kleinen Bruder meines Großvaters, mit dem diesen wenig oder nichts verband nach dem Krieg wie mir schien, der auch ein überzeugter Nazi Funktionär war und dann kurz vor Kriegsende wieder bei der Kirche untertauchen wollte, die ihn, da belastet nicht einfach als Pastor einsetzen konnte, dafür aber in der Jugendarbeit in Wilhelmshaven einsetzte, wo er bekannt war. Daher kannte den Namen auch der Vater von der Freundin meiner Tochter aus der PEKiP Gruppe, der gegenüber mit seiner Frau das Café betrieb und mir war es wichtig, mich von diesem Vorfahren wie auch mein Großvater es mir gegenüber von seinem eigenen Bruder tat, zu distanzieren, der war mir peinlich und mancher seiner Söhne hat dieses Talent zur öffentlichen Peinlichkeit geerbt, wenn auch mit weniger dramatischen politischen Folgen.

Teutoburg und Deutschnational das passte ja schon irgendwie, auch wenn nichts dem heutigen Platz mitten in Prenzlauer Berg ferner lag. Dieser ist rund 8250m² groß, von Hecken und Büschen umgeben, hat einen Wiesenbereich und einen Spielplatz von 2000m², der also rund ¼ der Fläche dort einnimmt, auch wenn er größer wirkt, was daran liegen könnte, dass der ihn querende Weg mehr auf der Spielplatzseite entlangläuft und so das Gefühl gibt, es handele sich dabei fast um den halben Platz.

Als das Viertel um den Teutoburger Platz zwischen 1860 und 1875 bebaut wurde, zählte es zu den am dichtesten besiedelten Gebieten der Stadt und wies durchschnittlich 12 Einwohner auf 100m² auf. Der nach der Varusschlacht im nationalen Taumel nach dem Krieg gegen Frankreich benannte Platz wurde bereits um 1880 mit Bäumen bepflanzt. Heute finden sich dort vor allem Robinien, Birken und Ebereschen. Der Bereich nördlich des Platzes wurde etwa ab 1900 bebaut, also in der Zionskirchstraße und dem Stück der Templiner zwischen Platz und Schwedter Straße. Der erste Spielplatz wurde bereits 1910 auf dem Platz errichtet und so war die Gegend regelrecht innovativ für ihre Zeit.

In den späten Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde der Platz noch nach den Plänen des Berliner Gartenbaumeisters Erwin Barth umgestaltet, der seine Karriere in Charlottenburg begann, wo er alle maßgeblichen Parks und Grünanlagen umgestaltete. Er zeichnete für den Teute den Gartenplan und den für das Schutzhaus, was heute Platzhaus genannt wird. Die stark gegliederte Fassade des Gebäudes öffnete sich um drei rundbogenförmige Eingänge. Dahinter verbarg sich damals ein Aufenthaltsraum mit Sitzgelegenheiten. Das Walmdach des Hauses hatte noch eine eigene Laterne, die zusätzlich Licht ins Innere bringen sollte. Nach 1945 wurde das Platzhaus mit einem Flachdach versehen und diente funktional als Tranformatorenhaus. Sieben Jahre nach der Wende wurde dann das Walmdach in vereinfachter Form wieder aufgebaut. Das Gebäude dient heute als Platzhaus zu verschiedenen Zwecken - vom Kindergeburtstag bis zur Ausstellung oder Party und wird vom Verein Leute am Teute betrieben. Auch wir konnten es mal für unsere Tochter und ihre Klassenkameradinnen für einen Kindergeburtstag nutzen.

Die große Rasenfläche wird heute in der wärmeren Zeit als Liegewiese, Picknickareal und manchmal auch als Bolzplatz genutzt. Das Zusammenspiel der Bewohner mit den teilweise Platzbewohnern, die mehr oder weniger viel Alkohol dort konsumieren läuft ähnlich harmonisch wie am Helmholtzplatz. Sie gehören halt dazu und sie halten sich dafür meist mit Sprüchen gegenüber Kindern zurück. Am Rand der Grünfläche genannten Wiese befindet sich eine ebenfalls grüne, gusseiserne, historische Handpumpe, die sich gerade bei Kindern großer Beliebtheit erfreut, während sich die Begeisterung der Mütter meist in engeren Grenzen hält. Allerdings ist die Zahl der Kinder in Designermode am Teute niedriger als am Kolle und so sind auch die Sorgen der Mütter überschaubarer, was gut so ist.

Am südlichen Rand des Platzes befindet sich seit 1989 die Sandsteingruppe Froschkönig des Bildhauers Stephan Horota, dessen Werke mit teils märchenhaften Bezügen sich auch noch an anderen Orten der Stadt befinden. Die Figurengruppe hat einen auch bei den Kindern sehr beliebten Tröpfelbrunnen, bei dem auf dem Sockel, aus dem das Wasser austritt, ein steinerner Frosch sitzt. Leicht versetzt befindet sich ein Auffangbecken für das Wasser und davon wiederum versetzt ein Sockel mit einem hockenden Mädchen.

Neben dem Tröpfelbrunnen gibt es für die etwas größeren Kinder ein Basketballfeld in Miniaturausgabe mit weichem Kunststoffboden und einem Korb aus Metall.

Am Platz selbst lebte lange Jahre auch die Bürgerrechtlerin und Gründerin des Neuen Forums Bärbel Bohley, die nach zwölf Jahren Tätigkeit in Bosnien 2008 in ihre alte Wohnung zurückkehrte, in der sie zwei Jahre später mit 65 am Bronchialkarzinom starb. Ob dies wie viele frühe Todesfälle unter DDR Oppositionellen an einer Bestrahlung mit radioaktiven Substanzen durch die Stasi lag, wie auch die Stasi-Akten nahelegten, wird wohl nicht mehr zu klären sein. Sicher könnte solch eine Bestrahlung das Risiko erhöht haben, wie weit sie selbst dieses noch zusätzlich durch Rauch oder Asbest in Wohnräumen oder sonstige Luftbelastung erhöhte, ist nicht zu klären, auch inwieweit es eine genetische Disposition für diese Erkrankung gab. Jedenfalls lässt auch der Tod dieser engagierten Malerin, die an der Kunsthochschule Weißensee studierte und viel für die Demokratie in der ehemaligen DDR riskierte, mit noch mehr Misstrauen an einen Typen wie meinen früheren Hausverwalter denken, der vielleicht angeordnet hat, Menschen radioaktiv zu bestrahlen, um sie aus dem Weg zu räumen.

Bohley saß auch gemeinsam mit Ulrike Poppe in Hohenschönhausen im Stasi-Knast in Untersuchungshaft, wo genau dies regelmäßig praktiziert wurde und denke ich an die vielen Geschichten, die ich dazu mittlerweile von ehemaligen Häftlingen gehört habe, wie dort Menschen mit Licht, Strahlung und Psychoterror gefoltert und in den Wahnsinn getrieben wurden, finde ich es noch erschreckender, dass Prenzlauer Berg als Teil von Pankow nun von einem Politiker aus der SED Nachfolgeorganisation Linke regiert wird, der auch zur Relativierung der Stasi neigt. Und wie gut, dass Bohley noch 1989 die Stasi-Zentrale in der Normannenstraße besetzte und mit einem Hungerstreik und anderen drastischen Maßnahmen die Öffnung der Stasi-Akten zur persönlichen und öffentlichen Aufarbeitung erstritt. Ob dies langfristig glücklicher macht oder wir erst ein Volk werden können, wenn wir auch erfahren, wie sehr der BND im Osten und der Verfassungsschutz im Innern der BRD spionierte, weiß ich nicht.

Weder sollte das Unrecht der DDR relativiert werden, noch bringt es einem Land dauerhaft Frieden die gegenseitigen Aktionen im eben Kalten Krieg sich weiter vorzuhalten. Hier ist eine Gratwanderung nötig, die viel Feingefühl auch in der Erinnerung erforderlich macht und als ein geborener Wessi, der nun 17 Jahre bald im wilden Osten lebt, weiß ich auch keine einfachen Antworten oder Musterlösungen. Was ist mit der oppositionellen Familie von Künstlern, deren einer Sohn sich plötzlich als Künstler zur Linken hingezogen fühlt und damit die Gegner der Eltern zu seinen Parteifreunden macht - was keineswegs selten ist, im Gegenteil durch den Versuch der Linken sich als Geldverteiler im kulturellen Sektor zu profilieren, sind sie dort zumindest in Berlin eine gewisse Macht geworden und wer da von Geschichte und Stasi anfängt, gar die moderne Linke als SED Nachfolgeorganisation bezeichnet, ist schnell allein und erntet nur Unverständnis, weil die es doch so gut meinen, mancher von ihnen wieder lebt, auch durch die geretteten SED-Gelder.

Zu diesem Thema gibt es am Platz auch eine Säule, die an die Geschichte von 89 erinnert, den Umsturz und wer wo dort beteiligt war. Gilt für die Verbrechen der SED, was für die Nazi-Zeit gilt, verzeihen kann nur ein Opfer, vergessen dürfen wir aber nie?

Weiß es nicht und traue mir als nur zugezogener Wessi, der keine Verfolgung durch die Stasi je erlitt und wenn wäre es mir im goldenen Westen völlig egal gewesen, kein Urteil zu. Gefährlich nur finde ich es, zu verharmlosen, oder so zu tun, als sei die DDR auch das sozialere Deutschland gewesen und nicht einfach eine totalitäre Diktatur mit vielen menschenverachtenden Prinzipien, die keinesfalls relativiert werden dürfen. Dennoch hat jeder Mensch, der dort aufwuchs auch das Recht auf schöne Erinnerungen, die natürlich manches verklären und dazwischen liegt vermutlich irgendwo die historische Wirklichkeit, die sich von Kompromiss zu Kompromiss windet. Verurteilen sollten Richter, verzeihen können nur die Betroffenen und ich, der ich weder noch bin, kann zwar versuchen, das Unrecht wach zu halten, wie das NS-Unrecht und auf die Nähe von Linker und NPD wie AfD hinweisen, ob ich damit die innere Einheit fördere oder mit hier je Freunde mache, ist eine andere Frage.

Wende ich mich nun vom Teute nach Osten, überquere die Christinenstraße, gelange ich auf das Gelände der ehemaligen Brauerei Pfefferberg. Dieses heute Industriedenkmal wird inzwischen vielfältig von Künstlern, Hotellerie und Gastronomie genutzt. Das Grundstück befindet sich zwischen Schönhauser Allee und Christinenstraße, liegt an der Barnimkante und weist daher selbst einige Meter Geländeunterschied auf. Benannt ist es nach dem bayerischen Braumeister Joseph Pfeffer, der hier 1841 die nach ihm benannte Brauerei gründete. Die große alte Schankhalle wird mit teils selbstgebrauten Bier heute von der VIA betrieben, die als ursprünglich Unternehmen für betreutes Wohnen und Menschen mit Behinderung zu einem großen Investor im Bezirk wurde, der eine bedeutende Rolle bei einigen auch kulturellen Projekten spielt.

Der Pfefferberg war die erste Brauerei in der untergärig gebraut wurde. Nach mehreren Eigentümerwechseln übernahmen 1861 Schneider & Hillig die Brauerei und firmierten künftig unter ihrem Namen mit dem Zusatz Brauerei Pfefferberg, um nicht den schon gewonnenen Ruhm zu verspielen. Da die zunehmende Besiedlung des Geländes um die Brauerei bald deren eigentlich nötige weitere Ausdehnung verhinderte, endete die Expansion auf dem Pfefferberg auf einem Gelände von damals 1,35 Hektar. Nach dem 1. Weltkrieg kaufte Schultheiß die Brauerei auf, die vorher in der nahen heutigen Kulturbrauerei angefangen hatten und stellten aber die Bierproduktion dort bald wieder ein, die VIA in seiner Schankhalle in der Pfefferbergtradition inzwischen wieder aufnahm. Bis zum Zweiten Weltkrieg waren dort noch verschiedene Nutzer ansässig wie etwa eine Schokoladen- und eine Brotfabrik. Im Pfefferberggarten, dem vorderen mit Bäumen bestandenen Bereich, fanden volkstümliche Musikveranstaltungen statt, wie sie sich heute, wenn auch weniger volksmusikhaft meist in den Clubs unter dem Pfefferberg finden. Zu DDR Zeiten nutzten zunächst Druckereien und der Verlag des Staatsblattes der Diktatur, Neues Deutschland, das Gelände. Nach entschädigungsloser Enteignung der Vorbesitzer 1949 durch die DDR lag das Eigentum am Gelände nach 1990 bei der Bundesrepublik und dem Land Berlin zu gleichen Teilen.

Seit 1990 bemüht sich eine Initiative von Anwohnern und Interessierten um eine Nutzung für soziale und kulturelle Zwecke, wofür sie den Pfefferwerk Verein zur Förderung der Stadtkultur gründeten, weil seit Bismarck alles im Land seinen Verein braucht. Der Verein machte in den folgenden Jahren den Pfefferberg als Veranstaltungsort und Kulturstandort in ganz Berlin bekannt. Über verschiedene rechtliche Konstruktionen an denen sich auch Senat und Land beteiligten wurde das Pfefferwerk Eigentümer. Heute gibt es zwei Restaurants um den Biergarten, den sie sich teilen, die eine Seite ein irgendwie Steakhaus, was mich noch nie interessierte näher kennenzulernen, das andere die Via-Schankhalle, die selber brauen und schöne deftige Sachen im Angebot haben. Angrenzend haben noch die Woessner Brüder ihr Pfefferberg Theater mit denen von ihnen zum größten Teil selbst geschriebenen Komödien in Zusammenarbeit mit VIA realisiert.

Kenne die Woessner Brüder noch aus ihrer Anfangsphase, als sie unter freiem Himmel auf dem Gelände des Abenteuerspielplatzes in der Kollwitzstraße Theater machten. Hoffe sie werden mit ihrem Projekt dort Erfolg haben und halte sie für sehr engagierte und gute Künstler auch wenn die Komödie im kulturellen Bereich, da komisch, selten ernst genommen wird, haben die beiden sich so ein wunderbares Theater erspielt, dass die Kultur am Berg hoffentlich noch lange weiter um eine komische Note bereichert.

Im Quergebäude am Ende des Biergartens befindet sich noch eine Kochschule, die teilweise hochinteressante kulinarische Menüs zu sehr vertretbaren Preisen anbietet. Im hinteren Hofbereich gibt es ein von auch von VIA betriebenes Hostel mit vielfältigem jungen Publikum, das Pfefferberg und Teute neu belebt. In einem der alten Industriegebäude hat der bekannte und wohl erfolgreiche Künstler Olafur Eliasson aus Island mit seinen Mitarbeiterinnen heute ein Atelier, dazu kenne ich auch nur die Gerüchte von einer Mutti, die gelegentlich für ihn kocht und zu Ausstellungen die Bewirtung organisiert. Die mit physikalischen Phänomen experimentell arbeitenden Kunstwerke machten den isländischen Künstler, der in Kopenhagen und Berlin arbeitet, weltweit bekannt. Die Einnahmen der Stiftung Pfefferwerk aus den Erbbauzinsen fließen in Projekte gemeinnütziger Träger in Berlin und so ist der Pfefferberg weiter, egal, was er nun tut, auch sozial tätig, was gut so ist.

Im Juni/Juli 2012 fand das Guggenheim Lab im Pfefferberg seinen Berliner Standort nachdem die Kreuzberger vermutlich wieder wegen irgendwelcher Widerstände absagen mussten.

In der Christinenstraße 18a, direkt am Eingang des Geländes, befindet sich heute das Museum für Architekturzeichnung des deutschen Architekten russischer Abstammung Sergei Tchoban. Es ist ein von außen beeindruckender Bau, in dem einiges an Etagen verschoben scheint und er sieht aus wie ein aus Bauklötzen von Kindern gebauter Turm. Es ist ein privates Museum, das von der Tchoban Foundation getragen wird und jährlich drei bis vier Ausstellungen zeigt. Es soll dort der Architekturnachwuchs in der klassischen Kunst der Zeichnung gefördert werden. Dazu wird die Sammlung des Gründers zu Studienzwecken zur Verfügung gestellt. Den Grundstock bildet die Sammlung der Zeichungen von Pietro di Gottardo Gonzaga aus dem 18. Jahrhundert, der zuerst an der Mailänder Scala und später in Russland arbeitete. Die Fassade der gestapelten Klötze ist mit Fragmenten architektonischer Zeichnungen in Reliefform dekoriert. Aus konservatorischen Gründen wurde auf Fensteröffnungen verzichtet. In dem gläsernen Staffelgeschoss, das den Bau nach oben abschließt, befindet sich das Büro der Stiftung. Von den knapp 450 Quadratmetern Fläche im Gebäude umfasst die Ausstellungsfläche etwa 200m².

Für den Bau hatte ein Schuppen weichen müssen, in dem vorher die Woessner Brüder das Winterquartier für ihre Komödie hatten, um auch in der dunklen Jahreszeit das Publikum am Berg mit ihren Stücken erheitern zu können, der aber durch das nun Theater mehr als gut ersetzt wurde.

Vom Museum zurück, quer über dem Platz findet sich nun ein Neubau an der Ecke Templiner Straße zur Fehrbelliner Straße. Dort war zu DDR Zeiten auf einer Kriegsbrache eine Kaufhalle errichtet worden, die nach der Wende als Filiale von Kaisers/Tengelmann diente und der Laden am Platz war. Es soll auf dem von der Treuhand für 17 Millionen an den US Investor Lone Star verkauften Grundstück nun ein Wohnkomplex entstehen für dessen Erdgeschoss jedoch wieder ein Supermarkt vorgesehen sein soll. Bis dahin müssen die Anwohner nun auf den Lidl Markt in der Schwedter oder einen der vielen Spätis ausweichen, wenn sie nicht den Kiez in Richtung Schönhauser Allee verlassen wollen, wo es weitere Einkaufsmöglichkeiten gibt. In der Schwedter Straße befinden sich auch einige Restaurants, ein sehr guter Italiener an der Ecke Choriner Straße, ein sehr netter Italiener gegenüber der Einmündung der Templiner Straße und ein Asiate über dessen Qualität ich lieber nicht viel sage. Das frühere Café Maurer ist nun eine Pizzeria in der man Pizza essen kann, jedoch sei dem anspruchsvolleren Pizza Essern eher empfohlen noch die  Schönhauser Allee auf Höhe des Pfefferbergs zu überqueren, um in der dortigen Villa richtig gute Pizza zu genießen.

In der Zionskirchstraße findet sich an der Ecke Choriner Straße das Cafe, das nächtlich als Bar fungiert und den schönen Namen “Lass uns Freunde bleiben” trägt. Gerüchteweise gibt es dort den besten Kaffee im ganzen Viertel, hervorragende Backwaren und was ich bestätigen kann, ausnehmend freundliche Betreiber. Es befindet sich an der Stelle, an der die Choriner Straße den Berg hinunter nach Mitte geht und so mancher sucht vor der Abfahrt oder nach dem Aufstieg erschöpft diesen Ort auf, auch gerne um davor schön in der Sonne zu sitzen. Um die Ecke neben dem Café befindet sich der netteste leicht alternative Späti des Kiezes, in dem du nahezu alles findest und wann immer du es gerade brauchst auch kaufen kannst. Zwei meiner Liebsten lieben das “Lass uns Freunde bleiben” sehr, auch zum Frühstück vor dem Weg ins Büro und so lernte ich ihn auch schätzen, mich auf ihren guten Geschmack verlassend, für den ja viel spricht.

Folge ich vom “Lass uns Freunde bleiben” aus der Zionskirchstraße und überquere noch die von Straßenbahnen durchfahrene Kastanienallee, die auch den Spitznamen Castingallee trägt, der vielen Medienleute wegen, die hier auf dies und das mehr oder weniger wichtigtuerisch noch lauern, komme ich zur Zionskirche. Sie gehört nicht mehr zum Teute-Kiez sondern zur Rosenthaler Vorstadt und also nach Mitte, da sie aber lange auch mein täglicher Weg in den Kindergarten war und dort auch ein kleiner Öko-Wochenmarkt stattfand, spielte sie im kulturellen Leben eine Rolle dort und Dietrich Bonnhoeffer da als junger Pastor noch Jugendlichen aus dem Wedding den Konfirmandenunterricht erteilte, an den ein Denkmal Torso darum erinnert.

Die Kirche wurde von Kaiser Wilhelm I gestiftet und 1873 eingeweiht. Sie steht in der Mitte des Zionskirchplatzes und wurde auf einer 52m hohen Anhöhe errichtet, damals einer der höchsten Punkte des alten Berlin. Der 67m hohe Turm steht exakt im Schnittpunkt von Zionskirch- und Griebenowstraße und dient aufgrund seiner Höhe auch als Aussichts- und Orientierungspunkt in der Gegend. Liebte es von meinem Schreibtisch aus noch die Kirchturmspitze zu sehen, die  für den direkten Anblick der Schulplatte nach DDR-Norm gegenüber ein wenig entschädigte. Dem Architekten Orth war die städtebauliche Funktion der Straße im Schnittpunkt dreier Straßen so wichtig, dass die Kirche nicht wie üblich geostet, also nach Osten ausgerichtet wurde, sondern nach Norden weist.

Knapp in Baden Baden noch einem Attentat entgangen, spendete der dankbare Kaiser Wilhelm I 1861, damals war er noch allein König von Preußen, 10.000 Reichstaler für den Bau einer Kirche. Der Bau wurde 1866 begonnen jedoch ruhten schon ab 1868 wegen Geldmangel die Bauarbeiten wieder. Eine weitere Stiftung des inzwischen Kaisers ermöglichte dann 1872 die Fertigstellung. Ob das bei heutigen Bauten in Berlin auch eine schnellere Fertigstellung garantieren würde, scheint allerdings fraglich, liegt es doch oft weniger am Geld als an der Planung. Der Backstein-Terrakotta Bau ist im Stil der Neoromanik errichtet, bei dem der Berliner Historismus noch mitwirkte und Schinkel leider nicht mehr. Sie hatte 1424 Sitzplätze, von denen 562 sich auf der Empore befanden. Nach der Einweihung in Anwesenheit des Kaisers  kam es zum “Kampf in Zion”, was den Konflikt zwischen dem liberalen Gemeinderat und dem sehr konservativen Pfarrer Julius Kraft meint.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Dach, die Orgel der Altar und alle Kirchenfenster zerstört. Zur weiteren Zerstörung trugen nach dem Krieg auch die Anwohner bei, die auf der Suche nach Feuerholz die Kirchenbänke in der allgemeinen Not lieber verheizten. Bis 1953 wurde die Kirche dann notdürftig wiederhergestellt und 1960 im, freundlich gesagt, kargen Stil der Zeit mit Latexfarbe renoviert und umgebaut. Der Verfall ging jedoch weiter, als in den 70ern die Heizung kaputt ging und nicht repariert werden konnte.

Erst 1988 begann die so nötige Sanierung ganz langsam, dann kam die Wiedervereinigung und mit ihr kam nun die vollständige denkmalgerechte Sanierung, bis 2011 wurden dafür bereits drei Millionen Euro ausgegeben, eine Ende war noch nicht absehbar und weiter wird der untragbar schlechte Zustand im Innenraum bemängelt, welcher der historischen Bedeutung des Baus nicht gerecht würde. Warten wir ab, es wird gebaut.

Mit nur 25 Jahren übernahm 1931 Dietrich Bonhoeffer eine als schwierig geltende Konfirmandengruppe. Die Arbeit mit den aus schlechten sozialen Verhältnissen kommenden Jugendlichen sollen den aus sehr guten Verhältnissen stammenden Bonhoeffer sehr geprägt haben. Dessen wissenschaftliche Arbeit und seine Tätigkeit in der Bekennenden Kirche wurden nach dem Krieg für die evangelische Kirche sehr wichtig und der noch 1945 im KZ Flossenbürg hingerichtete Bonhoeffer wurde posthum zur prägenden Gestalt der evangelischen Kirche in Deutschland. Ein wirklich großer Mann mit geistiger Weite und Offenheit, einer der wenigen Gründe warum ich auch, ihm zu Ehren, als Atheist noch in diesem seltsamen Verein bin. Seit 1997 befindet sich ein bronzenes Denkmal für Bonhoeffer vor der Westseite der Kirche. Ein zweite Fassung davon steht vor der Elisabethkirche in Breslau, der Geburtsstadt Bonhoeffers. Er war übrigens Klassenkamerad der späteren Marion Gräfin Yorck, die durch ihre Heirat mit Peter Yorck auch dem Kreisauer Kreis auf dem Gut Kreisau des Grafen Helmuth James von Moltke, einem Nachfahren des großen Feldmarschalls, in Schlesien näher kam und der ich mit ihren über hundert noch begegnen durfte.

Seit 1986 bot die Zionsgemeinde in der DDR oppositionellen Gruppen eine Heimat. Unter Pfarrer Hans Simon wurden die Umweltblätter herausgegeben und fand die kritische Umweltbibliothek eine Heimat. Nach Festnahmen und einer Hausdurchsuchung in der Bibliothek am 25. November 1987 wurde der kirchliche Widerstand gegen das DDR-Regime auch im Westen bekannt.

Einen Monat vorher, am 17. Oktober 1987, war es während eines Konzerts der West-Berliner Band Element of Crime, in der Sven Regener, der als Autor von Herrn Lehmann bundesweit bekannt wurde, eine tragende Rolle spielte, wie dem Konzert der Vorband Die Firma, einer DDR-Punkband, zu einem Überfall von Skinheads gekommen, welche die etwa 2000 Besucher teilweise schwer verletzten. Der Überfall fand unter den Augen der das Konzert bewachenden Volkspolizei statt, die nicht eingriff. Nach anfänglicher Leugnung kam es doch noch zu Schauprozessen, bei denen die DDR wieder ihren antifaschistischen Charakter im totalitären Gewand betonen wollte. Folge war unter anderem, dass die Stasi beauftragt wurde auch die Rechten stärker zu überwachen und dort einige IMs eingeschleust wurden. Die Zionskirche kann inzwischen das ganze Jahr besichtigt werden und Sonntags können Verwegene auch den Turm besteigen, um über den Kiez zu schauen.

Der Teute-Kiez ist eine wirklich schöne Ecke Berlins, durch meine zweite Verlobte landete ich eine zeitlang wieder häufiger da und so kann schon manchmal bloße lokale Vertrautheit mehr Nähe schaffen, als real je da war. Das Viertel grenzt über die Straße hinweg an vielen Ecken an den Bezirk Mitte, was im Rahmen der dort früheren Einführung der Parkraumbewirtschaftung zu reichlich Chaos und Kampf um den verbliebenen Parkraum führte, der sich inzwischen wohl entspannt hat und wer klug ist, spart sich in der Stadt ohnehin lieber den Wagen, was die Berliner-Luft, die nach Rückbau der Kohleöfen schon viel besser wurde, noch ein wenig angenehmer machte. Im übrigen ist der Kiez in der Schönhauser Allee am Senefelder Platz an die U-Bah und von der Kastanienallee aus gut an die Straßenbahn angebunden. Ein schöner Kiez zum wohnen und leben.
jens tuengerthal 3.4.2017

Montag, 3. April 2017

Freimut

Wo Angst herrscht bleibt nichts
Frei ist wer keinen fürchtet
Mut macht es leichter

Tun besiegt die Furcht
Flucht macht immer nur schwächer
Wer handelt gewann

Der Wille kann mehr sein
Als Glaube an Wirklichkeit
Wo er frei Mut macht
jens tuengerthal 2.4.2017

Schlafesglück

Höchstes Glück danach
Ist zusammen einschlafen
Wenig braucht es mehr
jens tuengerthal 2.4.2017

Sonntag, 2. April 2017

Berlinleben 037

Kiezgeschichten

Am Kolle

War lange nicht mehr da, denke ich und frage mich, welchen Grund ich hätte, dort hin zu gehen, was mich anzöge und das ist immer schon ein schlechter Anfang, wenn ich überlegen muss, was mich da noch hin zöge.

Als ich hin zog, zog mich die Liebe, war es für mich noch der schönste Platz in Prenzlauer Berg und ich konnte mir nicht vorstellen irgendwo besser und eleganter zu wohnen als dort. Kannte zwar die anderen nicht wirklich, schloss mich aber der Meinung dort gern an. Kam aus dem benachbarten  Winskiez, in dem ich nie ankam und dessen Reize ich erst viel später entdeckte, als ich nicht mal mehr direkt benachbart wohnte und über die ich ja schon schrieb.

Der Kollwitzplatz war die erste Adresse für alle, die neu auf den Berg kamen. Hier gab es Cafés und Kneipen, der Platz hatte den Flair von Paris nur irgendwie schöner und ruhiger. Hier wohnte der damals Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und ging Gerd Schröder mit Bill Clinton beim Elsässer anner Ecke essen, den auch der Bundespräsident Rau mit Staatsgästen noch häufiger besuchte, auch wenn die Frage nahe liegt, ob dies eine Form des preußischen Masochismus war, in Erinnerung der verlorenen Provinzen, stellte sie sich bei dem Wuppertaler Bundespräsidenten so wenig wie bei dem Hannoveraner Kanzler, der auch nicht für sein besonderes historisches Bewusstsein bekannt war. Von der eher preußischen Kanzlerin wird nicht berichtet, dass sie die Vorlieben ihrer Vorgänger teilt. Immerhin waren die Straßen, bevor sie in der DDR nach Kollwitz genannt wurden schon namentlich in Beziehung zur ehemaligen Reichsprovinz Elsass-Lothringen.

Hier lag der Grieche, bei dem ich meine große und längste Liebe kennenlernte und hier lebten die Freunde, die ich von dort kannte. Eigentlich hatte ich mich dort, gleich zuhause gefühlt und die mehr als schicke Wohnung von A mit einer Traumküche im Berliner Zimmer und dem Schlafzimmer zum jüdischen Friedhof tat ein übriges, mich für den Kiez zu begeistern. Helle hohe Räume in der Wörther Straße gelegen in einem Haus mit teilweise relativ nobler, zumindest meist spannender Nachbarschaft lebte es sich gut, der zwar schwäbisch anmutende Aufzug tat ein übriges auch den vierten Stock locker erträglich zu finden. Es war dies die Wohnung, in der wir unsere Tochter zeugten, in eben jenem Schlafzimmer zum jüdischen Friedhof und so lebt die Erinnerung an diese Zeit weiter und wächst sogar noch immer mehr in meiner Tochter.

Der Kollwitzkiez ist das Viertel um den zentral gelegenen Kollwitzplatz, der nach der Malerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz 1947 benannt wurde. Sie hat dort mit ihrem Mann, dem Arzt Karl Kollwitz zusammen gelebt. Ihr Wohnhaus steht nicht mehr, wurde ein Opfer des Krieges, aber ein dekoratives Schild und eine künstlerische Lichtanlage davor erinnern an das außergewöhnliche Ehepaar, das sich so vielfältig um Berlin verdient machte. Wobei die Lichtanlage meine ich irgendwie nach Charlottenburg ins Kollwitzmuseum gewandert ist. Bis dahin hieß der noch von natürlich Hobrecht angelegte Platz Wörtherplatz und erinnerte damit an die Gemeinde Woerth im damaligen Elsass-Lothringen, wovon zumindest die Straße blieb. Die heutige Kollwitzstraße, die bei Immobilien höchste Preise erzielt, hieß damals noch Weißenburger Straße hieß und meinte damit das heutige Wissembourg im auch Elsass. Das Viertel war 1875 also wenige Jahre nach dem von Moltke siegreich geführten deutsch-französischen Krieg errichtet wurden und so war die Benennung Ausdruck des neuen Patriotismus, jener seltsamen Pflanze, die so oft tödliche Blüten hervorbringt, wie sie viele zu begeistern beginnt.

Der Platz um den das Kollwitzviertel entstand, das weiter reicht als der Platz, sich im Osten bis zur Prenzlauer Allee erstreckt, an den Winskiez dort grenzend und im Norden erst an der Danziger Straße endet, auf der die Straßenbahnen heute vom Hauptbahnhof bis tief in den Friedrichshain quer durch die östliche Stadt fahren, ist rund 6000m² groß, baumbestanden mit Wiesen und Sandkisten zeitgemäß versehen und einem Denkmal der berühmten namensgebenden Anwohnerin Käthe Kollwitz von Gustav Seitz in seiner Mitte. Das Denkmal erfreut sich auch bei den zahlreichen Kindern der vielfältig berühmten Mütter vom Kollwitzplatz zunehmender Beliebtheit und wird ständig beklettert und begrapscht, warum es viele goldig glänzende Stellen aufweist. Es wurde vom Künstler nach einem Selbstportrait von Käthe Kollwitz geschaffen und die daraus entstandene Bronzeplastik wurde schließlich 1961 in der Mitte des Platzes aufgestellt, wo sie immer noch steht nur ohne sozialistischen Lametta.

Im Krieg blieb das Viertel bis auf drei Eckgrundstücke, auf denen viel später zeitgemäß hässliche Neubauten entstanden, weitestgehend von Schäden verschont und weist so eine immerhin noch relativ geschlossene schöne Architektur der Gründerzeit auf, zwar weniger als der größere und geschlossener erhaltene Helmholtzplatz, der aber ja gerade nicht Thema ist und also schon netter als andernorts. Dadurch wurde in dem Viertel wenig saniert oder im DDR-Stil neu gebaut, es blieb alles so ähnlich, wie es auch schon vor dem Krieg war - vom Außen- oder Etagenklo bis zur Ofenheizung. Erst zur 750 Jahr-Feier-Berlins wurden einige der anliegenden Straßen, besonders etwa die Husemannstraße, historisch nachempfunden und rekonstruiert.

Am 3. Oktober 1990 wurde am Kollwitzplatz für diese eine Nacht die Autonome Republik Utopia ausgerufen, die als Mikronation galt. Bis heute wurde der schon länger auch mehr in schwäbischer Hand befindliche Kollwitzkiez, der früher schlicht Kolle hieß, zur teuersten Wohngegend des Prenzlauer Berg, weil sich Geld scheinbar gern gesellt und weniger weil es dort noch interessanter oder schöner als andernorts wäre. Dass eine Schwäbische Fraktion einmal das Käthe Denkmal mit einem Spätzle Anschlag verunstaltete war zum Glück so folgenlos wie die gute Käthe dort ungerührt immer sitzt.

 Käthe Kollwitz selbst lebte dort von 1891 bis 1943. Auch ihr Mann hatte bis zu seinem Tod seine Praxis dort, in der er viele gerade arme Menschen aus dem Arbeiterviertel auch kostenlos behandelte. So ist das Gedenken an zwei vom humanistischen Geist geprägte Anwohner dieses Platzes ein doppeltes, auch wenn die Bildhauerin heute die berühmtere fraglos ist, wird im Viertel auch noch vom Arzt gesprochen, zumindest von historisch halb gebildeten Menschen und immerhin weist das Schild an der Stelle ihres Hauses noch deutlich auf beide hin.

Der Kollwitzplatz selbst liegt in dem Dreieck, in dem sich die drei Straßen Wörther, Kollwitz und Knaack schneiden und bildet so eine kleine grüne Spitze inmitten. Interessant ist, dass dieses Dreieck von oben betrachtet aussieht, als sei es die Spitze des durch die Knaackstraße abgeflachten größeren grünen Dreiecks, das der jüdische Friedhof in Prenzlauer Berg ist, an dessen Seite sich wiederum der vor einigen Jahren sanierte Judengang befindet, durch den die jüdische Gemeinde von ihrer Synagoge in der Ryckestraße aus zum Eingang des Friedhofs in der Schönhauser Allee ging.

Diese Synagoge, die während der Nazizeit unter anderem deshalb nicht zerstört oder angesteckt wurde, weil sie zwischen den Häusern lag, steht zwischen Kollwitz- und Rykestraße, in der sich der Eingang befindet und ist mit den 2000 Plätzen die größte des Landes. Das in den Hinterhöfen gelegene Gebäude wurde 1903/04 im neo-romanischen Stil errichtet. Im Vorderhaus zur Straßenseite wurde schon im Jahr der Einweihung eine Religionsschule für bis zu 500 Schüler eingerichtet. Heute sitzt dort die Lauder Foundation, des bekannten Kosmetikunternehmens, die orthodoxe Rabbiner für Osteuropa ausbildet, was zur gelegentlichen Begegnung mit orthodoxen Juden, ihren Frauen und Kindern führt, was im Gegensatz zu Amsterdam oder Berlin in Deutschland doch eher selten wurde.

Bis zum nationalsozialistischen Terrorregime galt Prenzlauer Berg als Zentrum des jüdischen Lebens. In der Pogromnacht wurde die Synagoge zum Schutz der Nachbarhäuser zwar verschont, aber ihr Rabbiner und zahlreiche Gemeindemitglieder wurden ins KZ Sachsenhausen deportiert. Der letzte Gottesdienst fand dort 1940 statt. Danach wurde die Synagoge von der Heeresstandortverwaltung konfisziert und als Pferdestall und Depot missbraucht. Nach dem Krieg wurde sie von den Alliierten der Gemeinde zurückgegeben und bereits im Juli 1945 konnte Rabbiner Riesenburger dort die erste jüdische Trauung vollziehen. Sie wurde damals vielfach von Juden aus Osteuropa genutzt, die als displaced persons kamen. Die Synagoge wurde vor einigen Jahren auch mit Bundesmitteln aufwendig saniert und ist wieder ein wieder ein wichtiges Zentrum des jüdischen Lebens in Berlin geworden, was sicher auch dem Engagement des, ich meine zumindest, langjährigen Vorstehers der Gemeinde Dr. Hermann Simon zu verdanken ist, dem früheren Leiter des Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße.

Durch Simon, den ich über eine Kranzniederlegung für die gefallenen jüdischen Soldaten des 1. Weltkrieges kennenlernte, hatte ich auch das Glück an der privaten Feier einer wohlhabenden New Yorker Familie teilzunehmen, welche die Bar Mizwa ihrer Tochter in der alten Heimat feiern wollte und dafür die ganze Familie eingeflogen hatte. So hatte ich das Glück diese auch sakralen Räume nicht nur wie vorher als Besucher der jüdischen Kulturtage kennenzulernen, sondern auch ihren religiösen Zweck beobachten zu können, zu dem ich aber, wie üblich bei diesem mir eher fernen Thema lieber wenig sage. In vielem erinnerte die Bar Mizwa mich auch an eine Jugendweihe oder Konfirmation - eben ein Fest, bei dem Jugendliche neu in die Gemeinschaft aufgenommen werden und sich dabei mit eigenen Worten vor der Gemeinschaft bewähren müssen, wofür sie dann zur Begrüßung reich beschenkt werden. Eine Art Gipfelfest für einen Lebensabschnitt, wenn ich es richtig verstanden habe.

Von der Synagoge in der Rykestraße führt, wie schon, erwähnt der Judengang zum Eingang des Jüdischen Friedhofs in der Schönhauser Allee, der auch der vielen berühmter Berliner wegen, die hier ihre letzte Ruhe fanden, einen Besuch wert ist, wäre dieser teils uralte  Friedhof mit seinem wunderbaren Baumbestand als Insel der Ruhe nicht schon bezaubernd genug. Einige Gerüchte sagen, der Gang musste angelegt werden, weil König Friedrich Wilhelm III. auf seinen Fahrten zum Lustschloss Schönhausen in Niederschönhausen, was heute auch zu Pankow alles gehört, keine Leichenzüge sehen wollte. Andere leiten die Existenzs des Gangs aus der Halacha her, den religiösen Richtlinien des Judentums, von denen ich noch weniger Ahnung habe als von den Sonderwünschen preußischer Könige, die aber nicht stimmig für den Witwer der Königin Luise wäre, der im Gegenteil die Emanzipation der Juden auch durch die in seiner Zeit wirkenden preußischen Reformer weit voranbrachte. Im Jahre 2003 wurde dieser Weg als Gartendenkmal wieder errichtet und steht den unmittelbaren Anwohnern als halbprivater Grünraum zur Verfügung, was sich gruselig beamtisch anhört, jenen aber, der den Blick auf dies Stück Weg von der Knaackstraße aus riskiert, schnell begeistert.

Der jüdische Friedhof liegt in der Schönhauser Allee 23-25, nördlich des Senefelderplatzes und wurde hauptsächlich zwischen 1827 und 1880 als solcher genutzt. Das Grundstück lag bei der Errichtung des Friedhofs an der Straße zum Dorf Pankow, noch vor der die Innenstadt umgebenden Akzisenmauer, die auf Höhe des Schönhauser Tores begann, was etwa dort stand, wo heute die Torstraße auf die Schönhauser Allee trifft und wo der Aufstieg zum Prenzlauer Berg ganz klassisch beginnt. Die jüdische Gemeinde hatte das 5 Hektar große Grundstück 1824 vom Meierei Besitzer Büttner erworben. Bis 1880 wurden dann auf diesem Friedhof alle in Berlin verstorbenen Juden beigesetzt. Der Friedhof hat 22.800 Einzelgräber und 750 Erbbegräbnisse und bis in die 70er Jahren fanden dort noch Beisetzungen auf lange reservierten Flächen statt. Als 1880 klar wurde, dass der Friedhof langfristig nicht ausreichen würde, wurde der Friedhof in Weißensee angelegt, der heute noch in Betrieb ist. Abweichend von orthodoxen Dogmen waren auf diesem Friedhof auch Feuerbestattungen möglich.

Auf dem Friedhof wird die zunehmende Integration und Emanzipation der Juden sichtbar, die sich immer mehr den Gewohnheiten ihrer Umgebung ästhetisch anpassten, keine Sonderrolle mehr spielen wollten. So wurden deutsche Inschriften neben den hebräischen Lettern normal, ersetzten sie sogar ganz. Bald war nur noch der Davidstern ein Hinweis auf die Religion der Verstorbenen. Einige berühmtere Gräber sind etwa das von Gerson von Bleichröder, dem Hofbankier und preußischen Regierungs- und Finanzberaters Bismarcks, Salomon Haberland und seine Frau wurden als Erbauer des bayerischen Viertels bekannt, Max Liebermann wurde im freistehenden Familienbegräbnis der großbürgerlichen Familie Liebermann beigesetzt, der Fabrikant Ludwig Loewe hat für seine jung verstorbene Frau auch ein besonderes Grabmal schaffen lasse, dass mit aller jüdischer Tradition brach, Hermann Markower war als Anwalt der Hohenzollern noch bekannter denn als Autor, das Eheppar Moritz Mannheimer, das weit sozial wirkte, hat sich auch ein besonderes Grab geschaffen, der Komponist und Generalmusikdirektor der königlichen Oper zu Berlin, Giacomo Meyerbeer, liegt im Erbbegräbnis der Familie Beer, wie er ursprünglich auch hieß, James Simon, der erfolgreiche Kaufmann und kenntnisreiche Kunstsammler, vermachte seiner Heimatstadt nicht nur viele soziale Stiftungen sondern auch die berühmte Büste der Nofretete, die heute im Neuen Museum steht, liegt dort neben seiner Frau.

Im Krieg wurde die ursprüngliche Eingangshalle zerstört und heute durch ein gläsernes Lapidarium ersetzt, in dem nicht mehr zuzuordnende Steine stehen. Nach 1988 kam es mehrfach zu Vandalismus auf dem Friedhof, bei dem einige Gräber zerstört oder umgeworfen wurden. Nach Angaben der Polizei gäbe es keine Hinweise auf eine antisemitische Tat, dass gebe ich mal einfach so weiter, möge sich jeder kritisch seinen Teil dabei denken.

Folge ich aber nun von der Knaackstraße aus, nicht dem Judengang sondern der Straße weiter, komme ich nach Überquerung der Wörther Straße und der Sredzkistraße zum Gelände der Kulturbrauerei, das ich auch von der anderen Seite erreiche, wenn ich aus dem Friedhof tretend der Schönhauser Allee folge, bis von dieser die Sredzkistraße abgeht. Folge ich der Allee, sehe ich, wenn ich zur Kulturbrauerei abbiege noch in der Mitte der Straße die U-Bahn aus dem Untergrund auftauchen und zur O-Bahn werden. Das große von Franz Schwechten geschaffene Gebäudeensemble der Brauerei gehörte ehemals zur Schultheiß Brauerei. Überhaupt sind die zahlreichen Brauereien und ihre Überbleibsel ein typisches Merkmal des Prenzlauer Berges. Auch das direkt am Volkspark Friedrichshain gelegene Bötzow Viertel setzt diese Tradition fort, in dem es den Namen einer großen Brauerfamilie wach hält.

Die heutige Kulturbrauerei steht auf einem Gelände von 25.000m² und gehört zu den wenigen gut erhaltenen Industriedenkmälern Berlins aus der Zeit des 19. Jahrhunderts. Die Treuhand Liegenschaft TLG betrieb die Kulturbrauerei lange kommerziell als Kulturzentrum im Kollwitzkiez. Seit dem Verkauf der TLG an den US-Investor Lone 2012 gehört diesem auch die Kulturbrauerei. Dort gibt es neben Kinos, Theater, Konzertsäle Discos, Läden, Supermärkte und sogar Verlage oder die Lyrikwerkstatt.

Das ganze Ensemble wurde dem Geschmack der Zeit entsprechend von dem Architekten Franz Schwechten im Stil einer mittelalterlichen Burganlage gestaltet. Zumindest für die jährlichen Weihnachstmärkte gibt dies die romantischst mögliche Atmosphäre, übersehen wir den immer Kitschfaktor. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die durch mehrere Fusionen inzwischen größte Brauerei Deutschlands Schultheiß zum nationalsozialistischen Musterbetrieb erklärt. Dies führte zu einer privilegierten Produktion auch in Kriegszeiten. In den alten Kellern produzierten währenddessen ukrainische Zwangsarbeiterinnen kriegswichtige Nachrichtengeräte für die Wehrmacht im Auftrag der Telefunken. Während der Schlacht um Berlin verschanzte sich ein Stab der Festung Berlin in einem der Tiefkeller, was dazu führte, dass zahlreiche Anwohner,  welche die weiße Fahne hissten und auch Deserteure,  von dort aussofort erschossen wurden. Dennoch überstanden die Gebäude den Krieg relativ unbeschadet und am 30.10.1945 eröffneten sie schon wieder als VEB Schultheiss-Brauerei Schönhauser Allee.

Unter Mitwirkung des Bundestagspräsidenten und Anwohners Wolfgang Thierse wurden die Verträge zur Sanierung des Geländes als Kulturstandort geschlossen. Bei der Sanierung ab 1998 wurde darauf geachtet den ursprünglichen Charakter des Geländes zu erhalten und überall erkennbar zu machen, was auch ziemlich gut gelungen ist. Die Kulturbrauerei ist heute ein wichtiger Kulturstandort - hier finden Konzerte so sehr wie Märkte und sonstige Happenings statt. Der Ort wird das ganze Jahr mit verschiedenen Angeboten bespielt, in dem sich einerseits in den Nachtstunden jüngeres Publikum um die Discos und Clubs schart, einmal sogar ein Türsteher im Rockerstreit wohl erschossen wurde, andererseits auch Hochkultur und Theater neben großem Kino steht und immer wieder Sonntags nun die Streetfood Märkte stattfinden. Die Kulturbrauerei liegt eben im Zentrum der Weltstadt Berlin und nicht irgendwo im Vorort Pankow.

Märkte spielen eine große Rolle im Kollwitzkiez und haben den Ruf des Viertels in der Stadt mitbegründet. Der größte und wichtigste ist mittlerweile der Samstagsmarkt, der im Stil eines Wochenmarktes mit auch Feinkost und Nippes Ständen Touristen und Besuche aus der ganzen Stadt anzieht und die Bewohner zeitweise bis zum abwinken nervte, so dass diese alles versuchten, den Markt wieder vor ihrer Tür los zu werden. Was in der Wörther Straße begann, verlagerte sich teilweise in die Knaak Straße und hat nun seine vernünftigste Heimat in der Kollwitzstraße in der er problemlos noch nach vorne und hinten wachsen könnte, aber auch das wird vermutlich wieder viele Kämpfe und großes Engagement bedeuten. Jedenfalls ist der Markt sehr beliebt. Zu Zeiten von Rot-Grün traf ich dort eigentlich jeden Samstag Außenminister Fischer wichtig telefonierend über den Markt eilen oder verliebt später wieder mit junger Begleitung und Bodyguards schlendernd und Umweltminister Trittin, der sich gerne am Kaffeestand inmitten aufhielt, weniger wichtig tun musste. Es war ein Ort, um da zu sein und gesehen zu werden, es war schick dort zu sein und ich fand es nett da zu wohnen, bis die Austern- und Krabbenbräter  ihre Ausdünstungen zeitweise zu sehr in unsere Richtung schickten und ich den Widerstand mancher Anwohner plötzlich verstand.

An Donnerstagen findet noch der Öko-Markt am Kollwitzplatz statt, auf einem Stück der Wörther Straße zwischen Knaak Straße und Kollwitz Straße, auf dem einige Bauern, Antiquare, Käseläden, Metzger, Crépe, Waffel und Weinverkäufer ihre Waren an die Mütter vom Kollwitzplatz und ander ökologisch bewusste Anwohner verkaufen. Auch dieser Markt ist ein beliebter Treffpunkt der typischen Kollwitz-Schickeria zwischen Schwanger, Kinderwagen und Eigentumswohnung geworden, die viele der Ureinwohner schon vergraulte, weil das “Platz da, ich bin Mutter” in Anbetracht der Menge und Häufigkeit langsam lästig wurde. Ansonsten ist es eben ein Platz im Wandel, der sich den Anforderungen und Bedingungen der neuen Zeit anpasst und der vom ursprünglichen Kiez zu einer Gegend für Wohlhabende wurde, die ihre Kinder zum schicken Zahnarzt mit der top designten Praxis direkt am Platz schicken.

An der Ecke Kollwitzstraße Wörther Straße wurde vor einige Jahren noch die auch von Touristen hoch frequentierte längste Bank der Stadt, am Rande des dort freien Eckgründstückes eingerichtet, das auch als kleine Parkanlage eingerichtet wurde und auf der sich am Wochenende gern auch die erschöpften Marktbesucher erholen, ihre Einkäufe bestaunen und sich mit Leckereien von nebenan abfüllen. Eine auch soziale Ecke, in der sich manch überraschende Gespräche mit den dort immer wieder anwesenden Promis finden, wenn sie gerade mal wieder Aufmerksamkeit benötigen.

In der Knaak Straße befindet sich auf der rechten Seite hinter der Wörther Straße noch eine große Kita-Anlage mit Spielflächen zur Wörther Straße und dahinter Richtung Kulturbrauerei noch eine Grundschule. DDR Platten nach dem Standard Modell, wie sie überall im Osten zu finden sind eine zumindest stete Erinnerung, wir sind hier im alten Osten, so schick er sich auch wieder macht.

Folge ich auf Höhe der Kulturbrauerei der Sredzkistraße, warten wiederum zahllose Bars auf mich, die allerdings mehr von Touristen und den Bewohnern anderer Vororte Berlins frequentiert werden. Gehe ich dann aber in der schon zu DDR Zeiten sanierten Husemannstraße nach rechts wieder in Richtung Kollwitzplatz, dort wo an der Ecke das schon traditionelle Café Oktober steht,  komme ich auf der anderen Straßenseite bei Flo vorbei, dem französischen Feinkostladen mit sehr feinen Weinen und besten Pasteten vor allem früher den besten Baguette im Kiez, der einst mit einem Stand am Samstagsmarkt sein Dasein als Geheimtipp für Feinschmecker begann und den ich auch noch aus der Zeit kenne und so ist zumindest einiges weniges noch vertraut in diesem Kiez. Gleiches gilt auch für den dahinter gelegenen Eisladen von Maria, der zierlichen Italienerin, die das beste Eis im ganzen Kiez verkauft und wer nicht bis zum besten Eisladen Berlins im Helmholtzkiez laufen will, findet auch dort gute Qualität.

Gehe ich statt rechts in die Husemannstraße einzubiegen geradeaus die Sredzkistraße weiter, komme ich noch an einige immer nobleren Boutiquen vorbei, um an der Ecke auf das sehr beliebte Café Anna Blume zu stoßen, das die Ecke Kollwitzstraße auch für viele Touristen bewirtschaftet, gutes Essen und vor allem gute Backwaren bietet, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite im älteren Sowohl als Auch mit seiner angeschlossenen Bäckerei schon lange produziert werden. Beide sind gut besucht, die Anwohner treffen sich eher im älteren Sowohl als Auch, die Gäste auf der schöneren Seite gegenüber im literarisch benannten Anna Blume, die allerdings nur an Kurt Schwitters und nicht an Erich Fried erinnern, der den Dada-Dichter noch genial fortsetzte.

Biege ich dann von der Sredzkistraße in die Rykestraße ein, führt mich der Weg wieder vorbei an zahlreichen schicken Boutiquen voller Schnickschnack und einigen gastronomischen Betrieben zu denen ich nicht wirklich eine glaubwürdige Aussage machen kann. Nach der Kollwitzstraße findet sich in einem Hinterhof eine der schönsten Saunen in Prenzlauer Berg, in der die Mütter und Väter vom Kollwitzplatz auch mal ohne alles betrachtet werden können, was nur gelegentlich noch lohnt, dafür ist der erholsame Sauna Besuch um so erquicklicher.

Die Rykestraße führt direkt auf den Wasserturm an ihrem Ende zu, den erreicht, wer auch noch das fast traditionelle russische Café und Restaurant Pasternak an der Ecke Knaackstraße hinter sich ließ, was schon länger nach meinen wenigen kulinarischen Informationen besser so ist.

Der Namensgeber der Straße  Bernhard Ryke war übrigens von 1447-1448 Bürgermeister von Berlin und maßgeblich am Berliner Unwillen beteiligt, der auch den benachbarten Thomas Wins sein Amt kostete. Die Familie Ryke oder Reiche war eine weitverzweigte märkische Patrizierfamilie, die im 14. und 15. Jahrhundert mehrfach kommunale Ämter in Berlin und Cölln innehatte. Der Berliner Unwille ist die Auseinandersetzung der Berliner und Cöllner Stadtbürger mit dem Landesherren Friedrich II. Kurfürst aus dem Hause Hohenzollern, um den Bau einer Burg auf der Spreeinsel, dem späteren Schloss der Hohenzollern und der dafür nötigen Verpflichtung zur Abgabe von Land. Es ging dabei um die Autonomie der Stadtbürger gegenüber ihrem Landesherren und um diese zu erkämpfen wurde unter anderem die Baustelle der Burg zwischenzeitlich unter Wasser gesetzt. Der 1448 gefundene Kompromiss bedeutete de facto einen Verlust der städtischen Freiheiten. Gegen Friedrich lehnten sich neben Ryke auch von Blankenfelde und Wins auf.

In de Rykestraße gibt es auch noch zwei Gedenktafeln für antifaschistische Widerstandskämpfer, die in der DDR besonders geehrt wurden. Es sind der Kommunist Franz Huth und der Widerstandskämpfer Johannes Wolf. Der Ton der Tafeln erinnert an die Wurzeln der Verehrung des antifaschistischen Widerstandes und mahnt den Wessi, daran zu denken, wo er sich hier befindet.

Am südlichen Ende der Rykestraße aber befindet sich die Grünanlage um den seit den 70er Jahren nicht mehr genutzten Wasserturm Prenzlauer Berg. Das von 1853 bis 1877 errichtete Gebäude hieß bei den Berlinern Dicker Hermann und war das Wasserreservoir für die neuen Wohngegenden im Berliner Nordosten. Im Turm existieren heute Wohnungen in sechs Stockwerken, die früher als Werkswohnungen der Wasserarbeiter dienten und heute sehr beliebt sind. Unter dem erhöhten Gelände hinter dem Wasserturm befindet sich ein unterirdischer Tiefspeicher, der heute teilweise für kulturelle Happenings genutzt wird. Die Wasserturmanlage steht heute natürlich unter Denkmalschutz und der Turm war Teil des Wappen von Prenzlauer Berg, bis dieses mit Pankow zusammengelegt wurde und zwangsweise sich nach der östlichen Provinz benannte.

Die SA hat bereits im Frühjahr 1933 im Maschinenhaus I das KZ Wasserturm errichtet. Angeblich wurde in den unterirdischen Kellern gefoltert und es spricht angesichts der sonstigen Grausamkeit des Regimes wenig dagegen, dass dem so war. Habe dafür allerdings noch keine historisch glaubwürdigen Belege gefunden.

Wenden wir uns vom wunderschönen Wasserturm, zu dessen Fuß sich zwei schöne Spielplätze mit wunderbar Schatten gebenden großen Bäumen befinden, was Eltern aus Erfahrung zu schätzen wissen, nach rechts und überqueren die dort Kolmarer Straße kommen wir auf dem Gelände mit der Adresse Prenzlauer Allee 227/228 zum Kultur und Bildungszentrum Sebastian Haffner. Diese ehemalige Schule, deren Direktor der Vater des Autors und Journalisten Sebastian Haffner war, ist auch durch auch das verdienstvolle Engagement des Kulturforums Nordos und meines Freundes M geworden, was sie ist und beherbergt das 1992 entstandene Prenzlauer Berg Museum.

Sebastian Haffner, der eigentlich Raimund Pretzel hieß, war Publizist, Journalist, Historiker, Schriftsteller, Korrespondent und Kolumnist. Er wurde 1907 in Berlin geboren und verstarb 1999 auch dort, hatte aber dazwischen einiges erlebt und verfasst. Der Jurist war nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zu dem Schluss gekommen, dass der Rechtsstaat dort verloren hatte und entschied sich 1938 ins englische Exil zu gehen, von wo er 1954 als Korrespondent des Observer nach Berlin zurückkehrte. Haffner ist keinem politischen Lager klar zuzuordnen, vertrat in der 68er Zeit auch linke Positionen oder verteidigte die Freiheit des Journalismus in der Spiegel-Affäre. Bekannt wurde er besonders durch seine Anmerkungen zu Hitler. Seine besondere Fähigkeit war, komplexe historische Zusammenhänge für ein breites Publikum verständlich einfach darzustellen.

Das Prenzlauer Berg Museum heißt natürlich in seinem Museumsverbund im Bezirk heute Museum Pankow, erzählt dennoch für alle interessierten sehr gut die Geschichte des Berges und in der gegenüber im alten Schulgebäude gelegenen Bibliothek am Wasserturm können Neugierige manchmal noch mehr Informationen finden und den dortigen Räumen der Volkshochschule wird zumindest wieder irgendwas gelernt, auch wenn das Museum Pankow heißt so mitten in Prenzlauer Berg und unter seinem alten Wahrzeichen.

Folge ich nun wieder der Knaackstraße vorm Wasserturm komme ich wieder zum Kollwitzplatz, an der Ecke zur Kollwitzstraße befindet sich der Gugelhof, ein immer noch guter Elsässer, wobei ich nicht weiß, ob der neue Bundespräsident dort wieder verkehren wird. Der Kollwitzkiez hat nicht nur dem Namen nach viel Geschichte, er ist auch der berühmteste Kiez bisher, was mit an der Kolumne über die Mütter vom Kollwitzplatz aus dem Tagesspiegel liegt, die zum Kultstatus beitrug. Es ist schön da, zum anschauen aber für meinen Geschmack inzwischen viel zu viele Touristen und zu wenig echtes Caféhausleben, wofür sich der Platz eigentlich wunderbar anböte, stattdessen zocken Asiaten die Touristen mit Sonderangeboten ab, schließt nun auch das traditionelle Restaurant 1900 an der Ecke Husemannstraße zur Wörther Straße und der Rest ist kaum mehr der Rede wert, aber scheinbar für viele sehr anziehend und gut besucht.

Erzählen könnte ich noch vom Bücherbaum in der Sredzkistraße kurz vor der Kollwitzstraße, in dem Bücher getauscht oder mitgenommen werden können und in dem sich manchmal überraschend schöne Sachen finden, vom Badeladen, mit den netten Damen, der mit dem schicken Küchenladen in der Wörther Straße zusammen zum neuen Stil der Gegend passt. Der sehr schön ohne Frage ist und doch für manche ein touristischer Fremdkörper blieb, der für die Veränderung des Viertels steht, bei dem noch unklar ist, was aus ihm wird. Schön ist auch der Abenteuerspielplatz am Anfang der Kollwitzstraße mit Gelegenheiten zum Hüttenbau oder Schweißen, der nunmehr im Schatten eines sehr gelben Neubaus steht, statt hinter einer freien Wiese auf der, als ich her zog noch ein Bauwagen als freie Bar stand und der inzwischen, wie wunderbar passend mit der LPG über zwei Etagen Europas angeblich größten Bio-Markt beheimatet, der boomt und vor dem sich die Muttis in ihren Geländewagen um die wenigen Parkplätze streiten, ob auf schwäbisch oder sonst zugezogen. Das Viertel hat viele liebenswerte Ecken aber ich weiß nicht mehr, was es ist und was in ihm lebt. Nun werde ich bald meinen Freund J, den ich vom Griechen am Platz noch kenne hier am Helmholtzplatz treffen, obwohl er ja direkt am Kollwitzplatz lebt, weil auch ihn scheinbar nur noch wenig dort hält. Es ist schön da, lohnt sich anzuschauen, wer in Immobilien investiert, schafft vermutlich eine gute Wertanlage, ansonsten naja.

Der Kolle ist wohl nicht mehr, was er mal war, aber was bleibt schon, wie es ist und so ist in Berlin vieles in Veränderung und wer weiß wohin es geht.
jens tuengerthal 2.4.2017

Erwartungslust

Erwartung ist stets
Der Tod der Lust weil sie
Niemals erfüllt wird

Keine Lust kann noch
Immer übertroffen werden
Ist darum mehr wert

Lustlos wird alles
Was kommt zu etwas Großem
Weniger wird etwas
jens tuengerthal 1,4,2017

Samstag, 1. April 2017

Gewohnheit

Sieht Gewohnheit mehr
Oder lässt uns sie erst sehen
Was wir so wollen

Sollen wir lassen
Oder besser es ändern
Um zu erkennen

Ist was war drum gut
Oder weiß keiner noch mit
Was nötig wäre
jens tuengerthal 1.4.2017

Berlinleben 036

Altes neues Museum

Es ist der erste warme Frühlingstag und ich geh ins Museum - fast paradox scheint mir der Versuch wie jeden Samstag auch am zauberhaften heutigen Tag über eines der Museen zu schreiben, auch wenn ich diese noch so sehr liebe. Doch kann schon die Gewohnheit ein Wert an sich sein, um es sittlich zu begründen und abgesehen davon, kann der Autor über diesen wunderbaren Bau schreibend genauso in der Sonne im Park vor seiner Haustür sitzen und sich von den immer mehr Pollen dort ärgern lassen oder alternativ das warme Licht genießen.

Bei dem Wetter musst du doch doch rausgehen, schrieb mir heute Morgen eine und genau das wäre für mich schon fast Grund genug, es nie zu tun, wäre es nicht zu schön draußen und der bloße Widerstand gegen die Konventionen nicht zu lächerlich pubertär - wenn es schön ist, kann es ja auch schön draußen sein - auch im Museum übrigens kann es dann besonders schön und der Weg mit dem Rad von mir zum Museum ist ja auch ganz schön - wenn ich nicht nur die Prenzlauer Allee herunter düse, um schnell da zu sein, sondern in Ruhe durch die verwinkelte Mitte tingle.

Aber hier ist ja nicht der Weg das Ziel sondern soll vom eigentlich Ziel erzählt werden, auch wenn es beim schönsten Frühlingssonnenschein absurd scheint, sich mit der Antike und ihrem architektonischen Verehrer Schinkel, der das Haus am Lustgarten baute, zu beschäftigen. Lustgarten ist ein guter Ansatz, denn sich dort vor oder nach dem Besuch noch in der Sonne voller Lust zu lümmeln, dürfte wohl auch denen zusagen, die einen Museumsbesuch bei diesem Wetter absurd finden. Solange sie den Blick mit oder gegen den Strom lenken und nicht auf den gräßlichen Dom schauen, dieser wilhelminischen Berliner Peinlichkeit, die das Kulturerbe Museumsinsel eigentlich fragwürdig machen müsste in ihrer unproportionierten Gräßlichkeit, die so sehr aus der Zeit und dem Ensemble fällt, dass mich  wundert, warum es noch steht. Der von Raschdorff im wilhelminischen Rausch errichtete Neubau des Doms störte das von Schinkel geplante Ensemble der Insel empfindlich und gehörte darum aus kulturhistorischer Sicht endlich abgerissen oder gesprengt und wenn überhaupt durch einen Nachbau, der dem gerade Vorgänger Schinkels entspricht, ersetzt.

Hier hätte die DDR ganze Arbeit leisten können, statt an der klassisch schönen Schlossfassade, dort hätte ich mich immer dafür ausgesprochen Erichs hässlichen Lampenladen doch stehen zu lassen, besser als der Berliner Dom passte alles dort hin, sei es auch eine ostige Platte. Doch es passt, wenn ich mir anschaue, was sie aus dem Alex machten, dass sie auch dies unförmige Ei noch sanierten, statt es gut sozialistisch atheistisch zu sprengen, weil sie kein Gefühl für Proportionen hatten und eben unter der Diktatur des Proletariats eher für Größenwahn standen, auch wenn es gelegentliche Ausnahmen gibt.

Wenn ich es aber schaffe dies unförmige Ding im Lustgarten lustvoll auszublenden, schlicht geradeaus schaue von den Linden aus, wie es die königliche Familie und, um politisch korrekt zu sein, natürlich auch ihre nichtadeligen Bedienten, aus dem Schloss einst taten, dann sehe ich eine klassische Schönheit vor mir, die auch ohne alle von außen sichtbare Rundung für das Ideal wahrer Größe steht und es säulenumrahmt realisiert hat. Schönste Rundung offenbart sich dem Besucher erst beim Näherkommen, wenn es sozusagen intimer wird, der Gast in den Heiligen Hallen schon weilt und die schönste Rotunde sieht, bei der Schinkel nochmal das griechische Ideal der deutschen Klassik in Form goss, wie Goethe und Schiller schrieben, Voss übersetzte, baute er in Preußen.

Das Alte Museum hieß, als es noch neu war, Neues Museum wie jetzt das nach ihm gebaute Neue Museum, was auch nett ist, gerade in seiner achtsamen Sanierung nach den Bombenschäden, dem aber die klassische Größe fehlt. Später hieß es dann Königliches Museum, was sich ja 1918 oder spätestens doch 1945 völlig erledigt hatte, als die Alliierten in vorauseilendem Gehorsam und großer Sorge sogar den Staat auflösten, für dessen Könige es einst königliches Museum war und  Preußen nicht mehr war, als Sündenbock der Geschichte, die Deutschland sich selbst, einem Österreicher folgend, eingebrockt hatte.

Der von 1825 bis 1830 von Karl Friedrich Schinkel im Stil des Klassizismus errichtete Bau beherbergt heute große Teile der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin. Das natürlich denkmalgeschützte Gebäude gilt als Höhepunkt von Schinkels Schaffen wie des Klassizismus überhaupt, ist nicht ohne Grund der Eingang zum Weltkulturerbe der Museumsinsel. Sein Bau ist auch Zeichen für ein selbstbewusster gewordenes Bürgertum, das dem Ideal einer umfassenden kulturellen Bildung folgte. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. teilte dies humboldtsche Bildungsideal und förderte es nach Möglichkeit. So kaufte er 1815 und 1821 die Sammlungen Gustiniani und Edward Solly und entwickelte erste Ideen für den Umbau des Marstalls oder der Kunstakademie Unter den Linden.

Der Marstall wurde heute zum Deutschen Historischen Museum, DHM, was wohl neben dem Euro zu den bleibendste und größten Verdiensten des früheren Kanzlers Kohl gehört. Der König beauftragte schließlich seinen Schinkel mit der Planung des Museumsneubau für die königlichen Kunstsammlungen.

Der König setzte für die Planung zuerst eine Kommission ein, bei der sich Schinkel, der präferierte Architekt mit dem Leiter über die Umsetzung zerstritt und dann eine zweite Kommission unter Wilhelm von Humboldt, der als versierter Diplomat mit beiden gut konnte. Diese Kommission entschied zunächst nur hohe Kunst dort auszustellen, was immer das wem war, schloss es jedenfalls nach dem damaligen nicht nur leicht rassistischen Verständnis von Kunst und Kultur alle Ethnografica, Prähistorica und im Nahen Osten ausgegrabenen Kulturschätze aus. Diese wohl niedere Kunst aus niederen Kulturen blieb vorerst im Schloss Monbijou auf der anderen Seite der Spree, wo heute eigentlich der Neubau für die “hohe Kunst” der Gemäldegalerie entstehen sollte, woran wir merken hoch und tief vertauschen sich manchmal mit recht willkürlichen Ergebnis.

Das klassisch schöne Museum wurde in der Zeit des Nationalsozialismus zum Zentrum von Propaganda Veranstaltungen und wie unter dem Soldatenkönig war der Lustgarten wieder ein Aufmarschplatz für die entfesselten NS-Rigen im Gleichschritt. Warum den Deutschen diese Peinlichkeit nicht gleich übel aufstieß, ist mir bis heute ein Rätsel, aber vermutlich gäbe es auch heute wieder Anhänger von Fackelzügen, die den guten Liebermann am Brandenburger Tor nur zum Erbrechen reizten.

Durch Sprengbomben wurde das Museum im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und brannte am 8. Mai 1945 völlig aus. Zu dieser Zeit waren die Schätze glücklicherweise ausgelagert und das Museum diente nur als Möbellager. Dabei gingen die von Schinkel entworfenen und von Cornelius ausgeführten Fresken im Vestibül und an der Rückwand der Säulenhalle weitgehend verloren. Nach dem Krieg wurde es im großen und ganzen originalgetreu wiederhergestellt. Die farbige Ausmalung der Rotunde wurde nach Schinkels Entwürfen 1982 wiederhergestellt.

Den Planungen Schinkels lagen auch Entwürfe des Kronprinzen und späteren Königs Friedrich Wilhelm IV. zugrunde, der eine antikisierende akropolisartige Bebauung der Museumsinsel wünschte. Im vom Schinkel geplanten gesamten Ensemble der Insel, das sich sehr harmonisch ergänzte, bis der Berliner Dom unförmig lange nach seinem Tod von unfähigen Stümpern hineingesetzt wurde, sollte das Museum der Volksbildung dienen und stand in engem Zusammenhang zu den anderen dort repräsentierten Mächten. Der Bau stand damit für Wissenschaft und das neue Selbstbewusstsein eines erstarkten Bürgertums, was seine Heimat auch lange in der Singakademie fand, die in der mit demokratischen Traditionen weniger vertrauten DDR zum ortsfremden Gorki-Theater wurde, auch wenn dieser russische Dichter sicher nicht schlecht ist, fehlt ihm jeder Bezug zum Ort. Das idiotische Gegenstück dazu im Westen ist die Umbenennung der traditionsreichen Straße In den Zelten zur General Clay Allee im Tiergarten, geschichtsvergessen, hörig und etwas blind, als wiege die Berlin-Blockade je die März-Revolution der Bürger auf.

Bevor Schinkel das Museum als Abschluss schuf, hatte er den barocken Berliner Dom dem klassizistischen Ideal folgend umgestaltet und so eine in sich harmonische Bebauung geschaffen, die sich ideal ergänzte und durch die Umgestaltung des Lustgartens durch den großen Lenné noch verstärkt wurde. In seiner klaren Form folgt das Museum dem Gestaltungskanon der Antike und verkörpert zugleich, die in der Aufklärung wurzelnde Idee des Museums als Bildungseinrichtung für das Bürgertum. Die Rotunde als  Herz des Baus gleicht dem römischen Pantheon und unterstreicht damit den sakralen Charakter des Kunsttempels, baute den Bürgern ein Schloss.

Der Bau wurde dann, wie immer in Berlin, doch komplizierter als gedacht, weil an dieser Stelle der nur Insel auf märkischem Sand ein Verbindungskanal zwischen Kupfergraben und Spree verlief. Für ein stabiles Fundament wurden rund 3000 Kiefernholzpfähle in den Boden getrieben. So zog sich der Beginn der Bauarbeiten bis 1825 hin. Auf einem dann Sockel stehend hat das Gebäude eine Länge von 87 Metern und eine Breite von 55 Metern, wobei es aus einem flach gedeckten, kubischen Baukörper besteht, der nach außen durch achtzehn ionische Säulen abgeschlossen wird. Die Halle selbst öffnet sich passend und lustvoll zum Lustgarten hin und auf dem Gebälk der Halle sitzen über den Säulen noch 18 sandsteinerne Adler, was nicht gleich sandige Steinadler sind, sondern Preußens Anspruch demonstrieren sollte im Reich.

An der Frontseite hat das Gebäude eine natürliche lateinische Weihinschrift, die besagt, Friedrich Wilhelm III. hat zum Studium der Altertümer jeder Art und der freien Künste dies Museum 1828 gestiftet. Schinkel hatte auch noch geplant, große Reiterstandbilder auf den Seiten der Freitreppe aufzustellen, was der Monumentalität wenig preußische Bescheidenheit gegeben hätte - aber, lieber beim Museum protzen als bei den Soldaten. Das eine und zuerst fertiggestellte Standbild zeigt eine Amazone zu Pferde, die gerade mit einer Lanze den Angriff eines Panthers abwehrt und vielleicht ist es bezeichnend für Berlin, dass die kämpferischen Mädels zuerst da standen, wo sie heute noch thronen. Der Löwenkämpfer auf der linken Seite brauchte noch 20 Jahre bis er fertig wurde und zeigt hochdramatisch einen Kämpfer, der gerade vom Pferd aus einen Löwen mit dem Speer durchbohrt. War halt Zeitgeschmack und wirkt heute eher etwas bemüht und bombastisch.

Die Ausstellungsräume gruppierten sich einst um zwei Innenhöfe in deren Mitte die über zwei Geschosse reichende und mit einem Oberlicht versehene Rotunde steht, als quasi Herz des Baus. In der Rotunde sollte auch die von Cantian gestaltete 6,91m durchmessende Granitschale ihren Platz finden. Am Ende war sie doch zu groß, passte nicht mehr rein und liegt nun dekorativ davor im Lustgarten rum. Von der Rotunde aus fällt der Blick auf den betenden Knaben aus dem Besitz Friedrichs des Großen, den er in Sanssouci aufstellte und den er von seiner Bibliothek und dem Arbeitszimmer aus sehen konnte. Die Knabenliebe des künstlerisch begabten Königs. Friedrich hatte mit dem Erwerb der Sammlung des Kardinals Melchior de Polignac schon 1742 die größte private Antikensammlung des 18. Jahrhunderts erworben und nach Berlin bringen lassen. Sie bildete den Grundstock der späteren Berliner Antikensammlung, die nur durch den Zugriff der Russen etwas geschmälert wurde, die durch Raub zu eigener Kultur in Petersburg finden wollten.

Bei der Wiederherstellung bis 1966 wurde allein die Rotunde in der alten Form rekonstruiert. Der kreisrunde Kuppelraum, der wirklich beeindruckend schön ist, wird von zwanzig korinthischen Säulen umgeben, die oben eine Galerie tragen. Der Rückgriff aufs römische Pantheon und die der Halle vorgesetzte Freitreppe war bisher eigentlich Herrschaftsbauten vorbehalten und zeigen damit die Bedeutung, die Bildung und Kultur hier zugewiesen wurde. Das besonders reizvolle an der zweiarmigen Treppe ist, dass sie zugleich Innen- und Außenraum ist, da sie nur durch die Säulen nach außen abgeschlossen wird. Im Freskenzyklus der Vorhalle fand sich das Hauptwerk von Schinkel als Maler. Von dem monumentalen Bilderzyklus sind leider nur noch zwei Entwürfe Schinkels im Berliner Kupferstichkabinett erhalten geblieben. Er zählte dem Anspruch nach zu den bedeutendsten Werken der Malerei des 19. Jahrhunderts. Sie waren für das Museum von größter Bedeutung, da Schinkel in ihnen die Funktion und den Anspruch des Museums erläuterte.

Ursprünglich für alle Werke der hohen Kunst geschaffen, war es ab 1904 nur noch Heimat der Antikensammlung, da für mehr der Raum nicht genügte. Bis zur Wiedereröffnung des Neuen Museums zeigte auch das Ägyptische Museum dort seine Exponate. Seit 2010 findet sich im Obergeschoss die etruskische und römische Sammlung während das Hauptgeschoss weiterhin die Sammlung der griechischen Antiken ausstellt.

Der Gang durch die Sammlung ist schön und in vielem historisch auch beeindruckend, den größten Eindruck auf den Besucher aber hinterlässt immer wieder doch die geniale Architektur mit der wunderschönen Rotunde inmitten und der großartigen Treppe, die auch Schinkel schon als Ort des Gesprächs und der Belehrung angedacht hatte. Das Bauwerk bleibt so stärker in Erinnerung als das in ihm ausgestellte, was ihm nichts von seiner Schönheit nimmt, nur deutlich macht, welch bedeutende Rolle Architektur in der Wahrnehmung spielen kann. Von den vielen malen, die ich durch diese Hallen wandelte, ist mir wenig in Erinnerung geblieben, dafür umso  eindrucksvoller eben Rotunde und Freitreppe, mit denen Schinkel aber wiederum den Objekten angemessen, den Geist der Antike wecken wollte und so im besten Sinne aufklärerisch handelte, den Besuchern durch den Bau ein stärkeres Gefühl für die Zeit und die Liebe zu ihr vermittelt, als es alle dort ausgestellten Objekte je könnten.

Ob dies den Objekten gerecht wird oder doch eher ein Denkmal für den Geist des Klassizismus im 19. Jahrhundert ist, wäre wohl der Frage wert. Sofern aber unser Denken über die Antike auch durch diese Zeit und ihre Verehrung der schlichten Größe geprägt ist, passt es schon. Vielleicht macht diese Vorstellungswelt des 19. Jahrhunderts, die für uns nur noch museal ist, aber viel stärker die Bedeutung der Sagenwelt der alten Griechen deutlich, reizt den einen oder anderen darum mal wieder zur Lektüre, was eine Brücke in die Zeit schlüge, ob wir nun Homer lesen oder andere Schreiber der Antike, mit Herodot auf Reisen gehen oder uns an die Philosophen heranwagen, ist es wunderbar passend danach debattierend sich in den Lustgarten davor zu setzen, der manche Orte der Ruhe trotz hoher Besucherzahlen noch bietet und dann weckt das Erlebnis vielleicht am besten den Geist der Antike, an den Schinkel mit seinem genialen Bau in aufklärerischer Absicht erinnern wollte und so ist dies Prunkstück ein Glück für Berlin, ganz egal was noch in ihm an Antiken und sonstigen steht und mehr oder weniger Beachtung findet.
jens tuengerthal 1.4.2017

Freitag, 31. März 2017