Montag, 18. April 2016
Frauenliebe 047
Facebook ist der Beziehungskiller sagen viele und ich kann dem nicht wirklich entschieden widersprechen, im Gegenteil, darum verteile ich dort nur noch und bin nicht mehr da. Glücklich machte die Suche dort auf Dauer nicht, auch wenn sie vielfältig, bereichernd und iimmer wieder schön war.
Als öffentlicher Dichter war es wohl naheliegend, dass es zu zahlreichen Kontakten über Facebook kam, Leserinnen mich anschrieben und ich manche in nur Worten zu verführen versuchte, gespannt war, was vorsichtig lustvolles bei den Damen der virtuellen Welt wohl bewirkte und wie es sich dann real auswirkte, aber das ist noch eine ganz andere Geschichte.
Die meisten blieben wortreich lustvoll, darüber könnte vermutlich, wenn es interessant wäre, ein eigenes Buch geschrieben werden, vom Mehrwert der virtuellen Lust und ihrer Folgen für die reale Liebe und was davon blieb und wieviel Leere das Nichts auf Dauer hinterlässt. Doch hier schreibe ich nicht über das Nichts und die nur Worte zwischen den Beinen der Frauen, die ich damit verehrte, sondern eher über die real gewordenen Fälle, auch wenn manche virtuelle Liebe intensiver schien, als viele real je wurden. Weiß nicht, ob das nur mir so ging oder andere diese Erfahrung auch gemacht haben, aber nach einer gewissen Zeit, es dauerte einige Jahre, bin eben ein Spätzünder, hinterließ die virtuelle Welt nur noch Leere, warum ich mich in ihr eigentlich nur noch in Links verteile, weil alles andere mehr Ärger als Glück verursacht, warum die Zahl der Facebooklieben sich sehr schnell auf null reduziert hat und das ist auch gut so, weil es der Realität mehr Raum gibt, diese irgendwann von denen aus dem Partnernetzwerk abgelöst wurde, der Grad der Frustration mit diesen gemessen am Lustgewinn nicht unbedingt dafür sprach, es ewig weiterzuführen.
Eigentlich ist Facebook ein lächerliches Medium auf dem ich lange zuviel Zeit verbrachte und über das sich Menschen die Köpfe heiß reden, ohne sich je zu begegnen und Verletzungen ausagieren, wie sie diese real nie verteilten. Andererseits ist es für geistige Wesen auch ein wunderbarer Ort, sich auszutauschen, zu debattieren und unabhängig vom Ort auf der ganzen Welt, einander in Worten zu begegnen und also auch ein Paradies für jeden Schreiberling. Es ist Teil meiner Liebesgeschichte, die schon anfing als ich noch sexuell unausgelastet mit der Mutter meiner Tochter zusammen war und dort zumindest in Worten heiße Lust und ihre Befriedigung suchte. Hätte allerdings auch gleich zu erotischer Literatur onanieren können, vermutlich wäre das Ergebnis in den meisten Fällen befriedigender, jedenfall literarisch anspruchsvoller gewesen als meine Versuche verschiedene Damen, deren Abbild ich nur kannte, heiß zu schreiben.
Dass ich dies nach einem sich wiederholenden Muster tat, wobei ich mich vorsichtig herantastete, wie offen sie auch für eine sexuelle sprachliche Begegnung waren und sollte dies der Fall sein, mich dabei im Minnestil zunächst vorsichtig und dann immer heftiger ausagierte, um auszuprobieren, wie weit ich wohl gehen könnte und wenig erstaunlich sind die Damen auf der virtuellen Ebene zu viel mehr bereit als im realen Leben, auch wenn sich manche auch zierten, was den Reiz beim Schreiben, wenn sie es gut machten, noch erhöhte, falls es nicht schneller erledigt war. Kam es zur Erotik, küsste ich sie meist in Worten vom Hals den Rücken hinunter, bis er sich teilte, um diese Teilung gehörig zu liebkosen, die Beine hinab und dann umgedreht wieder hinauf, die Innenseiten der erdachten Schenkel liebkosend, über Brüste und Bauch, den mons verneris hinauf, in das Tal der Lust zungig herabsteigend, bis dann je nach Neigung zur Beschreibung des gemeinsamen Aktes im wo auch immer ineinander versinken und gemeinsam Befriedigung finden, was sich schreiben, von ihren Oohs oder Aaaahhs oder wunderbars gelegentlich unterbrochen.
Habe über die hohe Zahl meiner virtuellen Geliebten nie Buch geführt, es gibt einige wenige, die mir sehr nahe kamen, manche erwähnte ich hier schon in anderem Zusammenhang, eine aufgrund schlechter, wohl schmerzhafter Erfahrungen relativ misstrauische aber sozial sehr engagierte Ärztin, in die ich mich nur im Netz und in einem Telefonaten sehr verliebt hatte, gehört zu den wenigen, bei denen ich bis heute bedaure, sie nie real kennengelernt zu haben, weil zwischen uns eine echte Nähe spürbar war, die Lust in den Worten über sich hinaus wuchs. Vielleicht war es auch gut so, weil oft, wenn du in Worten schon sehr weit miteinander gingst, enttäuscht die Realität dann doch, warum ich selten darauf drängte, sich zu sehen, es sei denn, es ergab sich und das scheinbare Gefühl wuchs über die Lust hinaus. Bei ihr war das so, aber durch irgendeine dumme Bemerkung wurde ihr klar, dass sie nicht die einzige Frau in meinem virtuellen Leben war und sie zog sich völlig zurück und so blieb nach einer heiß telefonierten Nacht, in der wir beinahe noch zueinander gefahren wären und es dann doch aus Vernunftgründen nicht taten, mal wieder nichts, wie so üblich in dieser virtuellen Welt der Zeitdiebe.
Von den ersten fünf Geliebten nach der Trennung von der Mutter meiner Tochter, die ich alle auch im Buch der Gesichter kennengelernt hatte und denen ich auch sehr real begegnete in diesem ersten halben Jahr als Single nach neuneinhalb Jahren Beziehung, habe ich schon an anderer Stelle berichtet. Eine aber war weder Mutter, außer Hundemutter, noch verheiratet und so ist nun an der Zeit von ihr zu berichten, was es dazu zu erzählen gibt.
Mochte sie gern und hatte Lust auf sie, nachdem wir uns einige male heiß geschrieben hatten, es war noch in meiner eigentlich Liebeskummerphase nach der ersten längeren Beziehung, die von Juli bis November dauerte und mich aber bis weit in den Januar innerlich umtrieb, für die ich beinahe mein schönes Berlin verlassen hätte, was ich dann doch zum Glück ließ. Eine Beziehung konnte ich noch nicht eingehen, wie nah ich sie lassen würde, hatte ich mir keine Gedanken gemacht, sie hatte Lust und kam aus dem schönen Rheingau nach Berlin gefahren, um mich zu sehen. Sie brachte auch wunderbaren Wein mit in meine damals noch Künstlerbude im Hinterhof mit Außenklo und wir machten es uns schön.
War weit entfernt davon, mich zu verlieben, genoss den Sex, der aber ohne das große Gefühl eher sportlich blieb und auch insofern kann ich nichts weiter darüber berichten, als dass es schön miteinander war und ich mich nach der ersten Lust wieder in meinen Liebeskummer flüchtete, weil ich noch keine andere an mich heranlassen wollte, eigentlich sowieso nicht so genau wusste, was ich wollte, es einfach nahm, wie es kam und mich in der Erinnerung zumindest freue einer liebevoll, freundlichen Frau sehr nah gekommen zu sein. An ihre Locken erinnere ich mich und ihre schöne Unterwäsche zu einer schlanken aber kräftigen Figur mit schönem Busen, die ich vermutlich nicht so würdigte, wie sie es verdient hätte, aber mein Herz hing noch zu sehr an der, die mich gerade erst nach dem großen Traum verlassen hatte, ich war ein nahezu impotenter Liebeskrüppel, auch wenn es für beide dann doch relativ befriedigend wurde, war ich nicht ganz bei der Sache, was schade ist, weil jede Frau es verdient, als das Wunder gewürdigt zu werden, das mir nahe kam. Sie besuchte nach der einen Nacht noch andere Frauen und ich litt ein wenig an mir selbst und streckte meine Fühler aus, war im übrigen mit Wohnungssuche und Umzug beschäftigt.
Dann kamen noch acht Facebookliebesversuche, die alle relativ schnell vorüber waren, nebenbei hatte ich zu dieser Zeit auch das Partnernetzwerk entdeckt, von dem ich schon berichtete und dort auch eine Beziehung begonnen, die sich relativ asexuell aber mit zartem Gefühl über 11 Monate hinzog ohne sich zu entscheiden, was sie nun sein und werden sollte. Inmitten dieser Zeit, etwa ein Jahr nach der oben Beschriebenen begegnete ich auch einer Liebhaberin wieder, die ich auch schon länger kannte, wir hatten uns während ich noch mit der Mutter meiner Tochter zusammen war, einmal im Museum getroffen und dort heftig herumgeknutscht, es aber beim ersten Treffen noch nicht weiter kommen lassen.
Sie war eine echte Europäerin, in Brüssel aufgewachsen und lange lebend, aus alter Wiender Familie mit roten Locken, auch politisch sehr engagiert, was zwischen uns aber keine Rolle spielte, es waren eher die Verse und die Leidenschaft, die uns verband.
Von meinem Vater, der dort einige Semester studierte, habe ich wohl die Liebe zu den Wienerinnen geerbt, wenn so etwas vererbbar ist und nicht nur ein nageäfftes Vorurteil ist. Dieses leicht breite in der Sprache, der Schmäh und dies gerne etwas anzüglich spielerische bei auch hohem Intellekt, machte mich ungeheuer an. Es schwebte in dieser Wienerin ein Hauch des alten Österreich, der großen Geschichte, der spanischen Niederlande wie des alten Wien und seiner literarischen Tradition und so wurde ihr Besuch bei mir, als sogar meine Tochter gerade bei mir war, ein in in vielfacher Hinsicht leidenschaftliches Erlebnis. Sie machte mit meiner Tochter Palatschinken, wie sie in felix Austria ihre Eierkuchen nennen, warf sie hoch zum Wenden, was meine Tochter noch mehr von ihr begeisterte und als diese endlich schlief, begeisterte sie, die eine echte Rothaarige war, auch den Vater noch. Es war leidenschaftlich schön und ihre Lust mit dem leichten Wienerdialekt im Ohr machen den Akt mir in Erinnerung noch schöner. Warum ich mich nicht in diese vielfältig tolle Frau verliebte, weiß ich nicht, aber ich glaube, das war auch ganz in ihrem Sinne, ich war halt einer ihrer, etwas jüngeren Liebhaber, den sie genoss, von dem sie aber nicht mehr erwartete, vielleicht der Umstände wegen, vielleicht weil sie immer lieber ihre eigene Frau war, und so vernaschten wir einander nach dem Dessert und dann ging sie, als wäre nichts gewesen und wir schrieben uns manchmal im Buch der Gesichter nett.
Einmal sahen wir uns noch wieder, diesmal war ich allein, sie kam auf einen Kaffee im Café und einen kurzen leidenschaftlichen Moment bei mir, zwischen anderen Terminen und vielen Besuchen bei Freunden hier. Eine spannende Frau, hoch gebildet, interessante Familie, leidenschaftlich in vielen Dingen, eine Genießerin und ich bin froh und dankbar ihr begegnet zu sein.
Von den nächsten beiden Facebooklieben und Leidenschaften erzählte ich schon an anderer Stelle. Die nächste ernsthafe, nachdem ich die lange Beziehung nahezu ohne Sex - wir schliefen in 11 Monaten zweimal miteinander und hatten ansonsten nur Blümchensex, der von ihrer Seite meist sehr schnell erledigt war, da sie schon kam, wenn ich nur ihren Busen zärtlich genug küsste und sie danach müde war und schlafen wollte - war eine leidenschaftliche, schöne Frau, die mir schon von den Bildern her, die sie in der Realität noch weit übertraf, mehr als gut gefallen hatte.
Sie kam mich besuchen und war per Mitfahrgelegenheit weit von Westen her gekommen. Sie hatte auch lange in Berlin gelebt, in ihrer wilden Zeit, auch als Nackttänzerin gearbeitet und ein wildes Leben hinter sich, dem verglichen ich mir wie ein harmloser Bubi vorkam. Längere Zeit hatte sie auch in Indien in einem Aschram bei Osu, wie sie Bhagwan heute nennen, gelebt und sich ganz der Meditation hingegeben und der Natur ihrer Leidenschaft.
Sie war keine Intellektuelle, aber eine lebenskluge und wunderschöne Frau, ein halbes Jahr älter als ich, wirkte sie, sobald sie lachte, mädchenhaft jung. Ihr sehr weiblicher Körper war schlank und an den schönsten Stellen wohl gerundet, ihre blonden langen Haare waren wild gelockt und nicht zu zähmen. Als sie kam, trug sie wunderbare Wäsche und Strümpfe, die ich ihr erst gar nicht ausziehen wollte, weil sie so wunderbar darin aussah - das mit dem Ausziehen erledigte sie im übrigen selbst und auch wenn der Strip in den eigenen vier Wänden immer etwas komisch wirkt, ein wenig inszeniert, sie konnte es wirklich und ich lief schon fast über vor Lust als wir schließlich anfingen.
Wir hatten es beide ernst gemeint vorher und waren mit viel Gefühl dabei. Fühlte mich beim Sex sehr wohl mit ihr, es war natürlich und frei, lustvoll harmonisch. Aber irgendetwas stimmte bei uns beiden nicht ganz. Bei mir war es das Fehlen des geistigen Austauschs, sie lebte in einer ganz anderen Welt und ihr war das intensive Erleben wichtiger als die Gedanken darüber, Politik interessierte sie nicht sonderlich und Philosophie oder Geschichte gehörten auch nicht zu ihren großen Leidenschaften, es fehlte mir ein wenig der Austausch auf Augenhöhe, aber auch das hätte ich für diese tiefe Leidenschaft mit einer wunderschönen Frau wohl verschmerzt, es müssen zwei ja auch nicht alles teilen, auch ihren leicht schwäbischen Dialekt hätte ich noch süß gefunden, hätte ich sie ganz gespürt, aber sie war nicht ganz da und nachdem wir uns erst beinahe gestritten hätten, weil sie mir Vorwürfe machte, stellte sich im Gespräch heraus, dass sie noch eine Beziehung mit einer Frau hat, die sie auch eigentlich nicht verlassen konnte und wollte. Es war nicht so ganz eine richtige offene Beziehung, sie waren sich sehr nah, vielleicht auch mehr als das, aber sie war eben nicht frei und ich, erleichtert, kein schlechtes Gewissen haben zu müssen, ob meiner Arroganz oder gar meiner Vorurteile, nahm es hin und wir schieden liebevoll voneinander nach einem leidenschaftlich schönen Wochenende, manchmal noch schreiben wir einander mit einem kleinen Zwinkern.
Nur eine Woche später, mit nur einer dazwischen, von der ich schon an anderer Stelle berichtete, kam die nächste, bei der ich eigentlich keinerlei Absicht verfolgt hatte. Sie war eine Freundin, etwas verrückt, dachte ich, intensiv in ihrer Art zu argumentieren aber klug und nicht hässlich. Nachdem mich die eine Liebhaberin verfrüht wieder verlassen hatte, weil sie zurück zu ihren Kindern in Süddeutschland zu müssen meinte, hatte ich mich auf ein ruhiges Wochenende mit Fußball nebenbei eingestellt, es war die Zeit der Europameisterschaft und überraschend, lud sie sich selber ein, mit mir zu schauen und kam spontan vorbei. Sie wohnte tief im Westen der großen Stadt und ich freute mich ein wenig neugierig auf die erste Begegnung. Der Fußball war leidenschaftlich und wir wurden es dabei. Erst später erfuhr ich, wie sie im Filmcafé über mich witzelten, weil ich innerhalb von einer Woche mit der dritten Frau dort aufgetaucht war zum Fußball schauen, mit der ich mich nebenbei auch noch knutschte. Die letzte am Freitag, die nächste am Samstag.
Das war nicht meine Absicht gewesen, es war halt EM, ich ging gerne in dieses auch kinderfreundliche Café mit den vielen Leinwänden und dem Kino im Keller, eine eher zufällige Ballung, sonst wechselte ich die Cafés und so gehäuft kam es selten vor - jedenfalls machte es mich zum Gesprächsthema dort, wie ich erst viel später erfuhr.
Nach dem Spiel ließen wir der Leidenschaft freien Lauf und verschwanden um die Ecke zu mir. Sie war eigen, wusste genau, was sie wollte und was nicht, zumindest am Anfang, gab sich dann aber doch der Leidenschaft hin und wir genossen einander voller Lust. Wir meinten es beide ernster und dachten vorsichtig über Beziehung nach, lernten uns im Gespräch kennen. Verliebt wäre zuviel gesagt, denke ich jetzt, eher ein wenig auch vom Moment begeistert aber offen dafür mit einer spannenden Frau mehr anzufangen, sie näher an mich heranzulassen. Dann kam das Thema auf die Frage, wann wir zum letzten mal hätten und ich überlegte einen Moment, einfach zu lügen, was klug gewesen wäre, mir das danach erspart hätte, aber dafür auch in mir und in ihr womöglich noch mehr Hoffnungen geweckt hätte, denen ich, nach dem, was folgte, nicht weiter nachgeben wollte.
Log also nicht und gestand ihr, was war, sagte aber dazu, es wäre bloßer Zufall und ohne jede böse Absicht gewesen, ich hätte ja nicht geahnt, dass sie kommen wollte und noch weniger, dass wir nun im gleichen Bett landeten, in dem eben leider nicht viele Stunden zuvor schon eine andere Frau gelegen hätte.
Sie verzieh es nicht. Empörte sich und beschimpfte mich, zog sich an und wollte einfach gehen. Begleitete sie noch zur S-Bahn, warum weiß ich auch nicht, vielleicht weil es ein Gebot der Höflichkeit war, jetzt, mitten in der Nacht, eher aber mit schlechtem Gewissen, was sie mir einredete und dem ich, lange dies von der Mutter meiner Tochter gewohnt, zu gerne nachgab. Auch darum bin ich heute froh, dass ich ehrlich war und es knallte.
Sie ging, wir hatten nahezu keine Kontakt mehr und nach erstem devoten Bemühen den Skandal noch abzuwenden, sie zu beruhigen, um zumindest eine schöne Nacht zu verbringen, war ich heilfroh doch für mich zu sein. Was hatte ich schon getan?
Es war, wie es war, ohne Absicht geschehen und purer Zufall. Kein Grund ein schlechtes Gewissen zu haben, es war alles ganz natürlich und ich hatte niemanden betrogen oder angelogen noch sonst etwas verbotenes getan. Sie war ja gekommen und wollte mit zu mir - was hätte ich denn sagen sollen - geht nicht, das Bett ist noch warm von der Vorgängerin?
Als mir das später noch einmal bei einer von mir lange sehr angeschwärmten Ärztin ähnlich ging, sogar noch geballter, weil ich noch Stunden vorher am Vormittag Sex mit einer anderen Geliebten hatte und darum als ich in der Nacht mit ihr im Bett landete nicht mal mehr einen hoch bekam, schob ich es auf den Alkohol und die vielen Zigaretten, die wir zusammen geraucht hatten. Auch da war nichts geplant gewesen, ihre Nachricht via WhatsApp erreichte mich bei Lidl, als die andere gerade weg war und es war, wie beim letzten mal eine Verabredung ohne jede weitere Absicht, ein erstes Date, bei dem ja meist nichts passierte, wie ich wusste, kein Risiko, erzählte ich lieber nichts, da sie auch nicht fragte, auch wenn sie es inzwischen weiß und vielleicht verzieh, wo es nichts zu verzeihen gab.
So enden manche Liebesgeschichten, die scheinbar viel Potential haben überraschend dramatisch weil Frauen eben empfindlich sind, wenn sie interessant sind und ich wollte vermutlich auch nicht wissen, ob sie die Nacht vorher noch mit einem anderen geschlafen hätte, der einen viel größeren Schwanz hatte oder ähnliche Details, die Männer schrumpfen lassen. Darum verstehe ich die Reaktion schon auch, wusste aber nicht, was ich daran ändern sollte, wenn es der Zufall eben so mit uns trieb und fragte mich, was meine Alternative gewesen wäre und habe darauf bisher keine befriedigende Antwort gefunden aber die Suche aufgegeben, weil ich hoffe, nie wieder in diese Situation zu kommen. So werde ich wohl nie erfahren, wie es mit dieser schönen und spannenden Frau gewesen wäre, eine Beziehung zu wagen, die mich vielfältig gereizt hätte und eine gute Partie hätte werden können, ihrer auch chaotischen Seite zum Trotz. Vielleicht wäre hier auch weniger mehr gewesen in allem, etwas weniger Ehrlichkeit am Anfang, etwas weniger schnell ins Bett, etwas weniger Offenheit. Es lag mir fern, mich damit zu brüsten, es war eben, wie es war, keine dauerhaft binden zu können, ist ja auch eher kein Verdienst und manchmal noch, frage ich mich, was wohl aus ihr geworden ist, ob der Zufall irgendwann noch einmal unsere Wege kreuzen lässt in der großen Stadt.
Habe daraus keinen ethischen oder moralischen Grundsatz heraus destillieren können, der zum allgemeinen Gesetz auch nur mir taugte.
Was rechtfertig eine Lüge und warum ist weniger manchmal mehr?
Mir wäre egal, was sie vorher tat, solange sie aufpasste, es mir nicht im Vergleich auftischte und ich mich nicht schlecht dabei fühlen müsste. Sie fühlte sich schlecht und das tat mir leid, darum war es dumm, nicht zumindest mehr geschwiegen zu haben, denn hätte ich geschwiegen, wir hätten zumindest eine wunderbare Nacht miteinander verbracht - andererseits ermöglichte ihr der Zorn einen zwar sehr gefühlvollen aber durch ihren Zorn auch schnellen Abschied ohne Bedauern und ersparte beiden später lange Rechtfertigungen und Erklärungen, die oft viel schmerzvoller sind, als das kurze Überkochen.
Nun kam ein halbes Jahr mit einigen virtuellen Geliebten über die ich oben schon schrieb und drei realen, die ich via Facebook kannte, die ich aber schon andernorts ausreichend beschrieb.
Mitten im Dezember dann, kurz vor Weihnachten, traf ich eine, die deutlich jünger war als ich, mindestens zwanzig Jahre meine ich, was bei über vierzig zumindest kein legales Problem war aber mich innerlich doch erschreckte. Mochte ihren wachen Geist schon vorher, wir hatten viel diskutiert. Sie hatte gerade das eine naturwissenschaftliche Studium begonnen und überlegte zu einem anderen zu wechseln, hatte einen Suizidversuch hinter sich oder zumindest so nah daran gedacht, dass sie deshalb selbst in Therapie gegangen war, um wieder zurück ins Leben zu finden.
Es kam auch wirklich viel zusammen bei ihr, dachte ich gerührt und wollte sie am liebsten trösten, was nicht die beste Basis für eine Beziehung ist, aber doch zumindest von gutem Willen zeugt. Kannte ihre Geschichte teilweise schon und erfuhr noch mehr davon, als wir uns in meinem Lieblingscafé trafen. Sie schwäbelte leicht, lachte bezaubernd, war keine Model-Schönheit aber klug und spannend und sehr bald sehr offen für jede Leidenschaft, so dass wir nicht unnötig lange in der Kneipe saßen.
Bin dann doch nicht ihr Retter geworden, auch wenn es mir so leid tat, wie ihre geschiedenen Eltern beide sie an Weihnachten lieber ausluden und ich ihren Ex, der sie geschlagen hatte, den ich von Facebook eigentlich kannte, sofort blockte, was aber eine unsinnige Vogel Strauß Haltung eigentlich ist. Doch taugt weder Mitleid, eine Beziehung aufzubauen, noch bringt Ignoranz sie weiter. Zumindest hat sie mit mir mehrfach einige leidenschaftlich schöne Stunden verbracht und diese genossen.
Hatte ein wenig das Gefühl, dass sie sich, blond gefärbt und ihr wesensmäßig fremd gekleidet, für ihren Ex in eine andere Rolle geflüchtet hatte, um geliebt zu werden, die Katastrophen, die sie auch noch gesundheitlich ereilten, vielleicht eine Konsequenz der völligen Unausgewogenheit bei gleichzeitiger schmerzvoller Ablehnung waren, aber, was weiß ich schon von der Psyche der Frau und dem, was ihr Wesen ausmacht?
Das nächste halb Jahr passierte erstaunlich wenig, verliebte mich nur einmal in eine hanseatische alleinerziehende Mutter über die ich schon schrieb, was aber auch eher als nichts vermerkt werden kann, weil eigentlich nichts passierte bis auf eine wunderbare Freundschaft, was mehr als viele Liebesgeschichten war aber in ein anderes Buch gehörte.
Im Sommer dann mein letzter Facebookliebesversuch von dem hier zu erzählen ist. Sie hatte lange rote Haare und war eine echte Rothaarige, was mich schon auf den ersten Blick faszinierte. Wir hatten uns über das Profil eines gemeinsamen Bekannten kennengelernt, der auch in unserem Versuch einer Beziehung eine Rolle spielen sollte, die mir nicht gefiel.
Sie war schlank, hatte ein schöne Figur, wenn auch die wunderbaren roten Schamhaare für meinen Geschmack etwas zu kurz waren aber ich wollte mich gern in diese mindestens 14 Jahre jüngere Frau verlieben und wir planten manches zusammen in langen Telefonaten bevor wir uns das erste mal sahen. Von gemeinsamen Firmen bis Familie, vom wildesten Sex bis zur sanften Romantik.
Der Sex mit ihr war schön und leidenschaftlich, wenn er uns einfach mitriss, besonders intensiv, wenn wir uns zuvor stritten. Mochte sie sehr und vielleicht hätte ich mich, obwohl sie aus Magdeburg kam, wirklich in sie verliebt, wäre da nicht der andere in ihr gewesen und meine dann wieder Offenheit für andere.
In ihr war er wortwörtlich nach unserem ersten leidenschaftlichen Date und warum ich es danach nicht gleich beendet habe, frage ich mich auch, weil der Zauber dahin war und ich dadurch eine andere wunderbare Frau vergraulte. Brecht nannte es die sexuelle Abhängigkeit und das trifft es wohl ganz gut. Sie hatte unseren gemeinsamen Bekannten über eine Sexseite kennengelernt und ihn immer voller Liebe vergöttert, während sie einfach eine seiner Geliebten war.
Sie schrieb mir danach aus seinem Club über den Dächern von Berlin am Fuß des Berges auf dem ich ohne und wir telefonierten als sie im Zug war, ich war ziemlich vor den Kopf geschlagen, eigentlich innerlich schon weg, wollte es aber unserer vielen schönen Pläne wegen doch nicht ganz aufgeben und gab uns noch eine Chance.
Wir sahen uns wieder als sie in den Urlaub zu ihrem Vater flog - sie kam vor dem Flug und wir wollten auch danach ein schönes Wochenende zusammen verbringen - dazwischen lernte ich schon die andere kennen, die ich im Kapitel über mein Café schon beschrieben habe, die mir aber geistig und in vielem sehr viel näher war, aus Lübeck kam und wie ich Thomas Mann liebte und die sich verständlicherweise wieder zurückzog, weil ich nicht ganz entschieden war.
Als meine Liebste zurückkam, auf die ich mich nun doch einlassen wollte und für die ich sogar eine andere allerdings verheiratete, hanseatische Liebe ausgeladen hatte, abgesehen davon, dass sie ihrer Kinder wegen dann natürlich wie immer doch nicht konnte, hatte das zu einem Bruch geführt, den wir nie wieder ganz heilen konnten, freute ich mich, holte sie an der S-Bahn ab und schon auf dem Weg zu mir, eröffnete sie mir, dass unser verliebtes Wochenende leider verkürzt würde, weil sie für den nächsten Tag von einem Freund, mit dem sie auch da hinginge, Musical-Karten bekommen hatte. Da hatte ich dann wirklich genug und war richtig sauer, sie bekniete mich noch wortwörtlich mit Tränen in den Augen vor mir kniend, versprach, sie wolle doch nicht bei ihm sondern lieber bei mir übernachten, aber das Kind war nach dem Erlebnis mit dem gemeinsamen Freund und meinen übrigen Zweifeln eigentlich schon in den Brunnen gefallen. Auch wenn Musical schon Trennungsgrund genug an sich wäre, lag es nicht daran, davon wusste ich ja vorher eigentlich, vermutlich war es eher, dass sie mich schon am ersten Wochenende mit unserem gemeinsamen Bekannten betrog, von dem sie sexuell abhängig war, der sie nur rufen musste, damit sie kam und mich sogleich vergaß. Aber in dem Moment ärgerte ich mich nur darüber, dass sie schon wieder, kaum da, verschwand und bei dem Freund übernachten wollte, der zwar nach ihrer Aussage schwul war, aber traute ich ihr noch?
Weil ich nicht lange schmollen kann, schon gar nicht in Gegenwart einer schönen Frau, verzieh ich ihr doch und wir hatten auf dem Fußboden in meinem Flur wunderbar leidenschaftlichen Versöhnungssex, dem wir uns ganz hingaben, auch wenn ich nicht so genau wusste, was ich jetzt fühlen sollte.
Später saßen wir lange im Park vor meiner Tür zusammen und versuchten die Probleme zu klären, um dann festzustellen, wir passten wohl doch nicht zusammen, mich hatte es bereits gestört, dass sie Messer und Gabel nicht richtig halten konnte, es war mir peinlich gewesen, als wir zusammen essen waren und allein so etwas zu denken, war eigentlich Zeichen genug, dass es nie gehen konnte. Hätte das liebevoll übersehen, wenn ich geliebt hätte, auch wenn ich zugeben muss, dass es mich später bei meiner zweiten Verlobten genauso störte und ich im Stillen überlegte, wie ich ihr dabei helfen könnte, ohne es zum großen Thema zu machen, waren wir doch bei meinem besten Freund auf einer Adelshochzeit eingeladen und ich wollte gern verhindern, dass sie sich blamierte. Diesmal sprach ich darüber und damit spätestens war es, aller Zuneigung zum Trotz vorbei.
War es dünkelhaft und asozial solch unterschiedliches Sozialverhalten zu thematisieren?
Es scheint in der DDR nicht das große Thema gewesen zu sein, wie in den bürgerlichen Familien im Westen, in denen ich groß wurde und wo sehr auf so etwas geachtet wurde, es gibt von Kohl dazu Äußerungen zur frühen Merkel, die in eine ähnliche Richtung weisen und eigentlich fand ich es damals schon furchtbar, muss aber zugeben, dass ich etwas ähnliches fühlte. Kann es mir erklären, sie waren meist früh in der Kita, es spielte dort nicht solch eine Rolle und eigentlich war das auch gut so, doch völlig freimachen konnte ich mich davon nie. Gerade im Gefühlsbereich sind es oft Kleinigkeiten, die über hü oder hott enscheiden, den Weg bahnen oder ganz schnell beenden und so scheint eine unterschiedliche Sozialisierung doch gravierendere Auswirkungen zu haben, als ich mir gestehen wollte.
Wir trennten uns friedlich und liebevoll, sie ist inzwischen glücklich, wie ich hoffe, verheiratet und ist eine ganz wunderbare Frau, vielfältig interessiert, neugierig und ein echtes Organisationstalent, sie als Partnerin zu haben, muss für den richtigen Mann wunderbar sein, ich war es für sie offensichtlich nicht und fragte mich bis heute, ob es stärker an meinem Standesdünkel ohne Grund oder ihrem sexuellen Ausbruch am Anfang lag, unter dem sie vermutlich mehr gelitten hat als ich, wie ich sie ihrem aufrechten Gewissen nach einschätze. Sie wollte bis 30 heiraten und Kinder, dafür wäre ich offen gewesen, vermutlich ist es besser so, dass wir es nicht darauf ankommen ließen.
Nach ihr probierte ich noch fünfmal, mein Glück im Buch der Gesichter zu finden, diesem kleinen Jahrmarkt der Selbstdarsteller, in dem schöne Worte weit wirken. Doch davon wurde schon an anderer Stelle ausführlich genug berichtet und es geht ja weniger um die Summe als das Besondere jeder einzelnen Begegnung, bei der das virtuelle Netzwerk nur ein Faktor ist, der auch hinter anderen zurückstehen kann, wenn anderes intensiver wirkte und band.
jens tuengerthal 18.4.2016
Hafenbraut
Meine Liebste liegt sicher im Hafen
Wie gut tut doch die ferne Nähe
Wenn du zumindest angebunden
Am Land das du seit Monaten nun
Nicht betreten hast während die
Wega von dir übers Meer gesteuert
Ihren immer gleichen Weg fährt
Nur der Ozean unter ihr noch
Jedesmal anders wogt
Ungewiss immer bleibt
Lieber nur wäre mir noch
Dich in meinem Hafen zu wissen
Fest vertäut mit der Liebe
So sehne ich mich weiter südlich
Spüre dich im Ring ganz nah
Wer eine Seefrau liebt
Muss die Einsamkeit lieben
Auch in fernen Häfen
jens tuengerthal 18.4.2016
Liebesfreiheit
Während du gerade unsichtbar
Für mich über den Atlantik fährst
Irgendwo an Westafrika entlang
Habe ich nur wieder geschrieben
Durch die Nacht bis der Morgen kam
Die alten Lieben abgelegt in Worten
Um frei zu sein für uns
Vielleicht gibt es die große Liebe
Nur einmal im Leben manchmal
Schon dachte ich es wohl
Doch nie war ich so sicher
Wie jetzt wo ich bald über alle
Geschrieben habe um sie los zu sein
Weil die Liebe Freiheit braucht
Wenn sie ganz sein soll
So komme ich dir immer näher
Wie fern du auch gerade bist
In scheinbarer Wirklichkeit
Fühle ich dich in Liebesfreiheit
Näher als je zuvor wen
Steuermann halt die Wacht
jens tuengerthal 18.4.2016
Sonntag, 17. April 2016
Verfassungskonform
Tönt Beatrix von Storch mit der ich einst
Zu Heidelberg Jura studierte und also
Frage ich mich was mit ihr geschah
Dass sie nun eine verfassungswidrige
Partei mit ihrer Hetze unterstützt
Mehr noch aber frage ich mich nun
Wie die Bibel mit der Verfassung je
Zu vereinbaren wäre im Wortlaut
Wohin uns Kreuzritter führen
Was es wirklich bräuchte
Statt noch mehr Hetze
Ob geistige Brandstiftung heute
Strafbar sein sollte lieber als
Hinterher wieder zu sagen
Wir haben von nicht gewusst
So wollte das keiner
Als jene Beatrix noch mit mir
Einige Semester unter mir studierte
Hieß sie noch Herzogin Oldenburg
Wie ihr Großvater Hitlers Minister
Ob der auch von nichts wusste
Wie gut dass wir keine Sippenhaftung
Mehr haben in der BRD weder
Für Türken noch für Nazi-Adel
Aber geht das gut aus
jens tuengerthal 17.4.2016
Kulturgeschichten 0192
Manche Schlachten der Geschichten werden zu Entscheidungsschlachten stilisiert und heroisch überhöht, selten von den Teilnehmern, meist von denen, die sich die Geschichte für ihre Ideologie zu Nutze machen wollen.
Zu diesen Schlachten gehört die von Karl Martell, dem Opa von Europas Großvater Karl dem Großen, gegen die Mauren im Südwesten Frankreichs, bei der er sie angeblich siegreich nach Spanien zurückdrängte, von wo sie 1492 schließlich Ferdinand und Isabella grausam vertrieben und eine reiche Kultur zu Gunsten eines autoritär rückwärts gewandten Katholizismus mit Hilfe der Inquisition zerstörten. Die Erholung von diesem Rückschritt dauert in Europa bis heute.
Waterloo und die Völkerschlacht bei der Europa vereint gegen den Ursupator Napoleon aufstand erinnern an ähnlich einschneidende Ereignisse,auch wenn Napoleon so sehr Befreier wie Besetzer war. Manche reden von Stalingrad, wo immer das sein soll, war da wohl auch mal was im großen Gemetzel der Welten, ob es entscheidend war, ist eine andere Frage oder nur ein weiterer Schritt im blutigen Kräftemessen zweier ähnlich unmenschlicher Diktatoren, doch beurteilen wir bis heute oft weniger das Ergebnis der Taten als ihre Absicht.
Das Christentum hat keine Schlachten in seinem Anfang, dafür eine Kreuzigung ihres Messias und danach genug blutigste Schlachten auch untereinander ganz gegen den Geist dieser jüdischen Sekte, aber was interessiert die institutionalisierte Religion noch, was die Gurus einmal sagten, sie müssen heute agieren und auch Kanonen oder Schwerter segnen wie Luther und manche Päpste. Anders der Islam.
Am 17. April 624 besiegten die Truppen Mohammeds in der Schlacht von Badr die Quraisch und setzten damit den ersten Schritt zur Gründung eines islamischen Großreiches, der auch ganz anders hätte enden können, da die noch kleine Sekte der Muslime zahlenmäßig weit unterlegen war.
Diese Schlacht wird als ein Schlüsselereignis in der Geschichte des Islam betrachtet und fand im Hedschas im Westen der arabischen Halbinsel statt. Sie stellt einen Wendepunkt im Kampf Mohammeds gegen die Herrschaft der Quraisch dar, den bisher herrschenden Stamm in seiner Heimat Mekka. Es ist eine der wenigen Schlachten, die im Koran Erwähnung finden. Die Beschreibungen der Schlacht stammen aus klassischen islamischen Quellen und sind entsprechend glaubwürdig. Bereits vor der Schlacht waren Muslime und Mekkaner in mehreren kleinen Schlachten aufeinander getroffen. In den Jahren zuvor hatten die räuberischen Muslime um ihren Oberräuber Mohammed schon einige Raubzüge gegen die Quraisch unternommen. Badr war jedoch der erste größere Zusammenstoß der beiden Gruppen. So führte der Wüstenräuber Mohammed, den sie heute noch als Propheten verehren, gerade einen Beutezug gegen eine Karawane der Mekkaner an, als er von einer größeren Streitmacht angeblich überrascht wurde. Vermeintlich überraschend konnte er die Schlacht jedoch für sich entscheiden und einige seiner Gegner töten. Für die Muslime war dies das erste Zeichen für einen möglichen Sieg gegen ihre Verfolger aus Mekka, ihrer Heimat, vor denen sie in der Hidschra nach Medina geflohen waren. Mekka war damals die reichste und mächtigste Stadt Arabiens und aufgrund der Ka’ba ein Wallfahrtsort von herausragender Bedeutung.
Nach islamischen Aberglauben wurde die Ka’ba von Adam erbaut und die zwischenzeitliche Ruine von Vater Abraham und seinem Sohn Ismael als Wallfahrtstätte wiedererrichtet. Mit der Pflicht zum jährlichen Besuch an diesem seltsamen Schrein hat Mohammed seiner Heimat einen riesigen Marketinggefallen getan, denn jährlich pilgern nun Millionen Muslime auf ihrem Hadsch gen Mekka und ummkreisen siebenmal das noch aus heidnischer Zeit stammende Heiligtum, das der Marketingstratege Mohamed wunderbar in seine Strategie zur besseren Vermarktung seiner Heimat Mekka integrierte, wie alle Sekten eben gerne Vorgängerfeste integrieren, um Mehrheitsmeinung zu werden, die Christen eben Weihnachten drei Tage nach der heidnischen Sonnenwende feiern und so sollte sich vermutlich kein Gläubiger über den anderen erheben und uns Atheisten das Witzereißen überlassen.
Natürlich waren die Muslime fest davon überzeugt, dass ihnen der Sieg von Allah geschenkt worden war. Dieser Aberglaube überlagert in allen Schriften zu der ominösen Schlacht jeden Versuch nach sachlichen Gründen zu suchen, auch wenn es Hinweise gibt, welche die Taktik Mohameds des alten Wüstenräubers ein wenig erläutern jenseits des nur Aberglauben.
Mohammed hatte seine Truppen vor der letzten Wasserstelle aufgestellt, damit sie gut versorgt waren in der arabischen Wüstenhitze, während er alle andern Wasserstellen und Brunnen zugeschüttet hatte, seine Gegner gegen die Sonne und durstig bei unerträglichen Temperaturen kämpfen mussten. Zusätzlich wäre deren Disziplin noch sehr mäßig gewesen, da sie nur Befehlen folgten, während die Muslime für ihre Überzeugung kämpften.
Im Rahmen der Schlacht seien 14 Muslime und rund 70 Mekkaner getötet worden, was ungefähr 15% der Armee der Quraisch und 4% der Muslime entspricht. Bezüglich des Schicksals der Gefangenen Quraisch waren sich die muslimischen Kommandeure uneins, während der eine sie auf gut arabisch köpfen lassen wollte, sprach sich der andere dafür aus, sie zurückkehren zu lassen, Lösegeld zu erpressen und sie zum Islam zu bekehren. Mohamed entschied den Streit und ließ nur zwei hinrichten, die ihn persönlich beleidigt hatten, womit wir sehen im Verhalten muslimischer Anführer hat sich in den letzten 1400 Jahren zwischen Mohamed und Erdogan eigentlich nichts geändert.
Für die Muslime hatte sich die Schlacht und der Sieg gelohnt. Sie gewannen durch den vermeintlich heldenhaften Sieg, der eigentlich nur ein fieser Wassertrick erfahrener Wüstenräuber war, enorm an Ruhm hinzu, kassierten reichlich Lösegeld und der einzige Profiteur der Mekkaner nach dem Tod aller anderen Anführer trat später auch noch zum Islam über und wurde ein hochgestellter Mann im muslimischen Staat. Sein Sohn gründete das Kalifat Umayyaden in Damaskus.
Vorliegende Schlacht war sicher eine Entscheidungsschlacht für die Geschichte des Islam und den Erfolg seiner Ausbreitung, ob die Zeitgenossen dabei eher an den göttlichen Willen glaubten oder realistisch das strategische Geschick des erfahrenen Wüstenräubers Mohamed sahen, der sich zwar auf Gottes Beistand berief aber de facto seinen Gegnern einfach das Wasser abbgrub und sie damit in der Wüste schwächte und austrickste, ist unklar. Sicher war es ungeschickt von den Mekkanern sich in Mohameds räuberischer Heimat und seinem Gelände auf eine Schlacht einzulassen, ohne sichere Quellen zu haben, doch der Ruhm des Helden Mohamed, der nur mit den Tricks des Wütenräubers arbeitete, ist sicher auch überhöht, nur sollte wer den Islam beurteilt, ihn immer auch im Schatten dieser Saga sehen, die einen fiesen Trick zum Gottesgnadentum kürte. Ob das allerdings besser ist als die angeblichen Wunder des Rabbi aus Nazareth, weiß ich nicht zu berurteilen, finde eher beide vergleichbar albern, nur dass dabei keiner umkam und nur einmal Händler vertrieben wurden im Zorn des angeblich göttlichen Messias, der so menschlich war wie der arabische Straßenräuber, warum es immer mehr darauf ankommt, was die Anhänger aus ihrem Aberglauben machen, der sich eben erst gelebt bewährt, wie es Lessing den weisen Juden Nathan, der für seinen alten Freund Moses Mendelsohn stand, mit viel jüdischer Weisheit auf die Frage des Sultans erklären lässt, welches die wahre Religion sei.
Kenne keine Götter und es ist mir ein Rätsel, warum Menschen sich solch alberne Dinge ausdenken - weiß um viele Erklärungsversuche von Angst bis zu Deantwortung, Unterordnung und Anpassung, Hoffnung und Sehnsucht. Kann das verbreitete Bedürfnis tolerieren, es aber nicht normal finden oder darauf verzichten, es zu hinterfragen, weil es mir einfach zu albern vorkommt, warum Menschen meinen, es müsse etwas außer ihnen existieren, was ihrer natürlich beschränkten Existenz Ewigkeit gäbe, sie beaufsichtige, belobige, unterstütze und ähnliches mehr. Vernünftiger erscheint mir da, was Epikur und Lukrez dazu schrieben, als sie sagten, es mag diese Götter geben, aber wenn es sie gibt, die Allmächtigen, warum sollten sie sich um uns ohmächtiges, sterbliches Gewürm kümmern?
Wie beschränkt wären Götter, die sich in solch kleine irdische Streitigkeiten mischten, statt über den Dingen ihrer Natur nach zu stehen?
Was soll es außer der Natur überhaupt geben?
Warum interessieren sich Menschen für eine Welt nach ihnen, wenn sie nicht mehr sind und nur ein Produkt ihrer Phantasie, die erdachte Seele, das erfundene Himmelreich erreichen soll?
Warum sagen Menschen nicht einfach, wenn sie sich um etwas sorgen und keine Antwort wissen?
Ist denen noch zu helfen, die sich auf höhere Hilfe verlassen?
Welche Schlachten müssen Aufklärung und Vernunft noch schlagen, damit der Aberglauben verschwindet?
Warum fürchten sich viele Menschen so gern, statt zu genießen, was ist?
Wie können diejenigen, die auf ein Jenseits hoffen, würdigen, was ist?
jens tuengerthal 17.4.2016
Platzbalzen
Als ich um den Platz ging
Mitten in der Nacht
Hatten sie sich versammelt
Männer und Frauen gemeinsam
Alle schon älter meinte der Türke
Vom Kiosk an der Ecke wo sie
Vorher was zum Trinken kauften
Bestimmt über 35 meinte er
Sie waren laut da oben im Dunkeln
Es ist halt Frühling meinte er
Sie balzen dort alle
Nichts sonst meinte er
Party halt noch um 3h
Bis einer die Polizei ruft
Hübsche Frauen da lachte er
Es ist halt Frühling dachte ich
Und du bist auf dem Atlantik
Mein Frühlingsgefühl noch
Aus dem Winter denke ich
Sehnsüchtig mitten im Frühling
Ein milder Wind wehte
Durch das zarte Grün dort
Das du noch nicht kennst hier
Das Leben geht wieder los
Es ist halt Frühling
Für die anderen alle
Während ich warte
Wann du wieder kommst
jens tuengerthal 17.4.2016
Kulturgeschichten 0191
Wenn das Volk gegen den Willen der Herrschenden auf die Straße geht, wird gern die Legende von den Bauernkriegen bemüht, jenem Aufstand in der Zeit der Reformation gegen den sich am Ende die beiden Reformatoren Luther und Melanchton ganz ausdrücklich wandten. Ob er eher religiös oder sozial war, wird heute gestritten, nachdem die DDR alles Soziale überbetont hatte in ihrer schematischen Betrachtung der Geschichte und dafür die andere Seite lange die mörderische Rotte verpönte oder zumindest beschwieg, was ihr weder noch gerecht wohl wurde. Beides dürfte eine Rolle gespielt haben, auch Luthers Texte haben das ihre dafür getan, das Bewusstsein der Freiheit bei jedem einzelnen zu stärken und seine Worte von er Freiheit des Christenmenschen sind sicher auch ein Grundpfeiler der 12 Memminger Artikel als erster Erklärung der Menschenrechte in Europa. Ob Luther nun Brandstifter der Bauernkriege, eher der feige Verräter war, der zum Mord an den Bauern aufrief oder nichts davon absolut, zu verstehen, könnte helfen auch heutiger Eskalation der Gewalt auf die Spur zu kommen. Sei es im Lande selbst von Rechten, in der Ukraine oder in Syrien.
Sind die Pegiden die neuen Bauernkrieger?
Ist der AfD so eine Partei des einfachen Volkes?
Was machte den Bauernkrieg aus und worin unterscheiden sie sich?
Die reaktionäre und ängstliche Bewegung Pegida ist sicher keine bäuerliche Revolution, auch wenn Bad Frankenhausen, der Ort der Gedenkstätte an die Bauernschlacht und die Vernichtung Thomas Müntzers, der sicher soziale, geradezu revolutionäre Veränderungen wollte, was ihn den Kopf kostete, mitten in Thüringen liegt, dort wo Pegida und AfD stark sind und wo vor bald 500 Jahren der Bauernkrieg auch spielte. Es ist vermutlich eher eine kleinbürgerliche Protestbewegung hinter beschränktem oder besser jahrelang umzäunten Horizont, der sich auch 25 Jahre später nur unwesentlich geöffnet hat. Wohl gibt es in deren Reihen auch klügere Köpfe, die ihre nationalistischen Ziele nebenbei unter das bewegte Volk bringen wollen. Schon namentlich ist diese Bewegung von der Angst getragen, die eine Islamisierung des Abendlandes als Horrorvision beschwört und damit im Wortlaut das gleiche tut, was die NSDAP mit den Juden tat. Ein Feindbild aufbauen, hinter dem eine Menge zunächst dort gesammelt wird, wo am wenigsten Kontakt mit Muslimen real besteht, sie ist ein Abwehrreflex ohne Gestaltungsabsicht.
Die von einem christlich fundamental gesinnten Volkswirt mit stark nationaler Prägung, der sich in den Reihen der CDU heimatlos fühlte und die CSU gab es ja in Hamburg nicht, gegründete AfD ist eine liberal illiberale Partei, die versuchte mit der Angst zu spielen, um unter der Hand eine ordoliberale Wirtschaftspolitik und eine reaktionäre Familienpolitik im Geist der 50er unter das von ihnen verängstigte Volk zu jubeln. Sie vertritt Ansichten, die auch ungebildeten Schichten leicht zu vermitteln sind, warum der falsche Eindruck entstehen könnte, sie vertrete die Interessen der Massen, denen sie sich nur dort politisch anbiederte, wo sonst kritisches Denken gefordert wurde, was schon immer schwer einer Masse zu vermitteln war ohne einfache Antworten. Dies änderte sich mit dem Scheitern des Gründers Lucke an den klar ausländerfeindlichen ostdeutschen Landesverbänden, in denen sich der übliche Teil der Rassisten sammelte, die es in jedem Staat gibt und der nach dem Grad der sozialen Integration und Bildung zum Problem für die Demokratie wird oder nicht. Der AfD ist sicher von vielen Menschen aus eher bildungsfernen Schichten gewählt worden, die es denen da oben mal zeigen wollten. Anspruch, Programm und Wählerschaft passen hier nicht wirklich zusammen. Der Wandel von einer liberalen Partei der Euro-Gegner hin zu einer populistischen, der alle ängstlichen Bürger weiter aufregt, ohne Rettung zu bieten, ging erstaunlich schnell. Wohin das zielt, außer auf Stimmenfang am rechten Rand, ist noch relativ unklar. Von seinen Ursprüngen her, ist der AfD keine Partei für das einfache Volk, bloß mal wieder eine, die deren Unzufriedenheit zur Durchsetzung ihrer Ziele nutzt und befeuert, ohne Alternativen oder eine Anwort zu bieten, die sich am schnellsten erledigen, wenn sie sich an der Macht als unfähig beweisen dürfen und im übrigen selbst mehr für ihr Ende tun werden, als alle Gegner je können. Es braucht dagegen nur Vertrauen in die Kontinuität und eine gewisse Wachsamkeit am rechten Rand.
Lesen wir die Äußerungen der Anhänger oder Funktionäre des AfD wie der Pegiden, scheint es schnell, als handelte es sich wirklich nur um einen Haufen ungebildeter Bauerntölpel fern des politischen Konsens wie der Kultur der BRD, den braucht, wer auf Dauer überleben will und insofern beruhigt die Betrachtung mehr, als sie aufregen muss. Fraglich nur, ob diese Betrachtung gerechtfertigt oder nicht doch nur die Verbreitung alter Vorurteile ist.
Die sogenannten Bauerntölpel, die jene Aufstände entfachten, die Bauernkriege heißen, haben mit den 12 Artikeln von Memmingen als erste überhaupt Grundrechte und Freiheitsrechte aufgestellt und formuliert, wie sie von unten gewünscht wurden, über die zuvor lange diskutiert worden war. Es sollte dann von 1525 bis 1848 dauern, dass sie erstmals Gesetz im Land wurden und dann noch mal bis 1918, bis sie wirksam wurden, die Menschenrechte, die Franzosen und Amerikaner schon Ende des 18. Jahrhunderts erklärten und zur Verfassung machten und bis 1949 als zumindest im Westteil unveräußerliches Rechtsgut wurden, auf das der Ostteil noch bis 1990 warten musste, also 465 Jahre nachdem die Bauern auch unter Thomes Müntzer sie zum ersten mal forderten.
Damit weiß ich nun, dass der Begriff Bauerntölpel unsinnig und voller Vorurteile ist - ob Pegida und AfD mit ihrer reaktionären Bewegung der Bauernkriegsbewegung ähneln, die auch der Versuch einer sozialen Revolution war, weiß ich noch nicht, so wenig wie, ob es diesen um Freiheit ging und was den Ruf der Bauern ruinierte, die außer im Osten gemäß der sozialistisch ideologischen Auslegung, eher auch kritisch betrachtet wurden.
Am 16. April 1525 wurde Graf Ludwig von Helfenstein mit anderen Adeligen gegen den Willen des gemäßigten Bauernführers Wendel Hipler durch aufständische Bauern unter Jäcklein Rohrbach und der schwarzen Hofmännin durch den Spießrutenlauf getötet. Für Martin Luther wurde diese Tat zum Anlaß seiner Schrift wider die mörderischen Rotten der Bauern, in denen er diesen klare Grenze aufzeigt und sie an ihre Pflicht zum Gehorsam gegenüber der Obrigkeit erinnert. Das Geschehen bei Weinsberg am Neckar ging als Weinsberger Bluttat in die Geschichte ein.
Manche nannten den tödlichen Spießrutenlauf auch das Weinsberger Blut-Ostern, was zur dramatischen Verklärung im noch dazu christlichen Konsens beitrug, da sie am damals eben Ostersonntag stattfand. Weinsberg war jene Burg, die auch Weibertreu genannt wurde, um an jene Geschichte der Belagerung durch König Konrad III. zu erinnern, bei der die Frauen ihre Männer nach der Kapitulation retteten, indem sie diese den Berg hinunter trugen, da sie nur retten durften, was sie tragen konnten. Damals ging es um den Machtkampf zwischen Staufern und Welfen im Reich. Graf Helfenstein war während der Karwoche in Weinsberg als österreichischer Amtsmann. Der Schwiegersohn des jüngst verstorbenen Kaiser Maximilian I, war Obervogt aller württembergischen Bauern und darum schon bei diesen verhasst. Der kaiserliche Beamte, der mit 60 Landsknechten und berittenen Begleitern spärlich gerüstet war, hatte die Bauern aufgefordert heimzukehren, da er sie sonst verbrennen würde, was trotz Unterlegenheit bei einigen Aufständischen Wirkung zeigte. Auch darum mussten die Anführer schnell handeln, bevor der großmäulige Graf noch Unterstützung aus Stuttgart erhielt.
So machten sich die Bauern schon am Morgen an die Erstürmung der Burg, was relativ leicht fiel, da eine Seite nur mit Binsengeflecht gesichert war. Nach Eroberung der Burg wurden dort erste Gewalttaten verübt, so wurde der Burgkaplan von einem Bauern erstochen und die Gräfin mit ihrem dreijährigen Sohn gefangen genommen, bevor es in die Stadt ging. Um 10h soll die Burg und was von ihr noch übrig war, bereits lichterloh gebrannt haben und keiner der Verteidiger sei unverletzt gewesen.
Die Stadt Weinsberg hatte etwa 1500 Einwohner und war von einer massiven Mauer umgeben, die von zwei Seiten an den beiden Toren nun berannt wurde. Nachdem bekannt und sichtbar wurde, dass die Burg gefallen war und brannte, kam es in der Stadt zu Tumulten. Währenddessen ließen die Bauern verkünden, sie wollten die Bürger verschonen und nur die Reisigen und die Adeligen in der Stadt sollten sterben. Darauf drängten die Weinsberger Frauen ihre Männer doch die Reisigen zu töten, um sich selbst zu retten. Ob das die zweite Sage der wütenden Weiber von Weinsberg wird?
Graf Helfenstein und seine Verbündeten prüften einen Ausbruch aus der Stadt, sahen jedoch keine Möglichkeit. Gegen 9.30h wurde das obere Stadtor von den Bauern gestürmt und die Stadt eingenommen. Die Bürger flüchteten sich in ihre Häuser, während der Graf und die Reisigen in den Wolfsturm und die Johanneskirche flohen. Als auch diese brannte, rannten sie den Kirchturm hinauf. Schon auf dem Weg hinauf wurde einer der Adeligen von einer Kugel im Hals getroffen und verblutete fast auf der Treppe. Oben angekommen war die Lage logisch aussichtslos und die Geflüchteten ergaben sich bald. Der angeschossene Adelige wurde den Turm hinuntergeworfen, die übrigen Reisigen hinter der Kirche getötet, während Kirche und Stadt geplündert wurden. Der Graf und ein rundes Dutzend weitere Adelige wurden gefangen genommen und von den Bauern unter Führung von Jäcklein Rohrbach zum Tode verurteilt. Dies geschah unter Protest der gemäßigten Bauernführer, die jedoch die wütende Rotte nicht mehr erreichten. Zwischen 10h und 11h wurde das Urteil vollstreckt, indem die Bauern die Adeligen durch die Spieße laufen ließen. Diese Strafe, die sonst nur gegen Landsknechte angewandt wurde, galt als eine besondere Herabwürdigung des Adels. Dazu spielte ihnen der vorher in Diensten des Adels tätige Pfeiffer Melchior Nonnenmacher einen letzten Tanz. Die Frau des Grafen und Tochter des verstorbenen Kaisers, Tante des amtierenden Kaisers Karl V. und ihr Sohn wurden nicht getötet, sondern auf einem Mistwagen nach Heilbronn geschickt, Gerüchteweise soll sie vorher noch auf Knien die Bauern um Gnade für ihren Mann angefleht haben.
Die Hinrichtung Helfensteins löste beim Adel eine Panik aus, da sie zurecht ihre Stellung und damit ihre Unantastbarkeit bedroht sahen. Martin Luther, der anfänglich noch mit den Bauern symphathisiert hatte, veranlasste die Tat zu seiner Schrift Wider die mörderischen Rotten der Bauern, in der er den Adel zu unnachsichtiger Härte gegen die Bauern aufforderte. Der Adel verfolgte die Taten der Bauern und die Stadt Weinsberg, auch wenn sie nichts für die Taten einiger radikaler Bauern konnte, mit unnachgiebiger Härte. Jäcklein Rohrbach wurde gefangen und Mitte Mai in Heilbronn lebendig verbrannt, wie auch der Pfeiffer Nonnenmacher einige Tage zuvor. Weinsberg wurde vom Heer des Schwäbischen Bundes völlig zerstört und ging seiner Stadtrechte bis 1533 verlustig.
Die Tat fand ein literarisches Echo in Goethes Götz von Berlichingen, indem er Anfang des 5. Aktes, Georg Melzer, einen der Bauernführer, von der Tat berichten lässt. Paul Hindemith setzte ihr in der Oper Mathis der Maler im vierten Bild auch ein musikalisches Denkmal.
War nun die Tat der Bauern schlimmer oder die Rache des Adels, der sich in seinem Stand bedroht sah?
Aus Sicht der Zeit, was auch Luthers radikale Wende zeigt, war es ein ungeheures Verbrechen, weil der Adel aus seinem Stand verdrängt wurde und wie einfache Soldaten bestraft wurde. Die Brutalität der Bauern, die ohnehin gesiegt hatten, stellt ihre eigenen sehr menschlichen Grundsätze in Frage und führt das kritisierte Standesdenken in der negativen Umkehrung fort. Mit dieser Brutalität gegen Gefangene vorzugehen ist trotz deren voriger Drohung mit dem Feuertod für die Aufständischen durch nichts gerechtfertigt. Das Verhalten des Adels, der seine Position, die nur durch hohe Geburt gerechtfertigt war, verteidigen wollte, war jedoch nicht besser, auch wenn sie der Wiederherstellung der gewohnten Ordnung nur dienen sollte. Es zeigte sich, dass die Spirale von Gewalt und Rache sich um so schneller drehte, desto mehr davon eine Seite anwandte.
Vielleicht lässt sich aus diesem Exzess mit Blick auf die Gegenwart und die immer weiter eskalierende Gewalt gegen Flüchtlinge, die teilweise noch von Anwohnern beklatscht wurde, auch mit Blick auf die verbale Gewalt im Netz, die auf Eskalation zielt lernen, dass sich Gewalt nie lohnt sondern nur zu weiterer Eskalation führt, die meist auf die Verursacher zurückfällt.
Ein anderer Fall, der sich auch am 16. April 1525 nicht weit von Weinsberg abspielte, zeigt welche Wirkung Deeskalation dagegen haben kann. Zu Ostern 1525 waren 200 Bürger von Bottwar auf den nahegelegenen Wunnestein gezogen und hatten Matern Feuerbacher aus ihren Reihen zum Anführer gewählt. Sein Haufen vergrößerte sich rasch und bald zog er mit 8000 Bauern durch Württemberg. Jedoch bemühte sich Feuerbacher stets um Mäßigung bei den Bauern, hielt sie von größeren Gewalttaten ab und wollte lieber Verhandlungen mit der Obrigkeit. Er wurde bei Rottweil zwei Jahre nach der verheerenden Niederlage seines Heeres bei Böblingen festgenommen und vor Gericht gestellt, wurde dort jedoch, da stets um Mäßigung bei den Bauern bemüht, freigesprohen und konnte in die Schweiz fliehen, wo er in Zürich das Bürgerrecht erhielt aber zehn Jahre später zurückkehrte und sogar Küchenmeister am markgräflichen Hof zu Pforzheim wurde. Ob sein Freispruch auch daran lag, dass sein Bruder Anwalt in Stuttgart war und dort als kaiserlicher Notar arbeitete, ist unbekannt, geschadet haben dürfte es nicht. Die Stadt Bottwar, heute Großbottwar, musste für ihre Beteiligung am Bauernkrieg eine hohe Strafe zahlen, entging jedoch der Zerstörung oder sonstiger Racheakte des Adels.
Versöhnung und Mäßigung haben sich sogar im Bauernkrieg gelohnt, in dem Gefühle hochkochten und beide Seiten auf Rache aus waren. Die Brandstifter, die zu Gewalt aufriefen und die Eskalation förderten, wurden genauso unnachgiebig verfolgt, wie sie vorher handelten. Luthers Rolle in diesem Prozess wäre eine eigene Diskussion wert, vor allem sein Aufruf an die Fürsten mit rücksichtsloser Gewalt gegen die Bauern vorzugehen. Natürlich schrieb Luther diesen Text noch unter dem Schock der Ereignisse von Weinsberg, die damals einen großen Schock darstellten. Dennoch ist seine Formulierung eine sprachliche Entgleisung des Mannes, der die deutsche Sprache mit seiner Bibelübersetzung mit vielen Wendungen prägte, die bis heute in unserem Sprachgebrauch sind, ohne dass sich mancher bewusst wäre, hier Luther zu zitieren. Wie Luthers widerliche antisemitische Schriften bezeugen sie, er war nur ein Kind seiner Zeit und ist kein Heiliger sondern auch als großer Reformator sehr kritisch auch zu sehen. Wörtlich schrieb Luther wider die Bauern: „man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss“ - dies geschah so und ähnlich vielfach und zeugt von einem Klassendenken und einem Menschenbild, das so wenig in unsere Zeit passt, wie der Islamhass der Pegiden, zahlreiche Formulierungen von Anhängern des AfD und wie er sich auch in manchen Worten eines Seehofer oder Kohl teilweise widerspiegelt.
Es ist Zeit wachsam auch auf die Sprache zu achten und sich gegen Hass und Gewalt zu stellen von welcher Seite sie auch kommt. Die Gewalt der Antifa ist dabei genauso zu verurteilen wie der Hass aus den Reihen von Pegida und ihrem rechtsradikalen Umfeld. Dies beginnt bei den Wutreden gegen Politiker durch Menschen, die nicht davor zurückscheuen, diese aufhängen zu wollen und endet nicht bei der Gewalt gegen Polizisten oder Bahngleise.
Dringender als eine Lösung der Flüchtlingsfrage, die es so einfach nicht gibt, weil komplexe Probleme eben Zeit zur Lösung brauchen und manchmal auch Kompromisse, die uns auf den ersten Blick nicht gefallen, ist daher eine auch sprachliche Deeskalation im Land, die durch die Justiz mitgetragen wird. Wer im Netz oder auf der Straße zur Gewalt gegen Menschen aufruft und Teile der Bevölkerung diskriminiert, muss dafür rechtlich konsequent zur Verantwortung gezogen und hart bestraft werden. Wer sich dafür einsetzt, die Kanzlerin aufzuhängen, verlässt den politischen Diskurs und sollte dafür zur Verantwortung gezogen werden.
Es ist gut, wenn der Fall Böhmermann nun juristisch geklärt wird und mit einem Freispruch wohl enden wird, weil schon die Absicht zur Beleidigung fehlt, auch wenn eine Rüge der sprachlichen Entgleisung, die eine rassistische Diskriminierung darstellte, nicht schadete, um aufzuzeigen, was Böhmermann eigentlich sagen wollte, genau das geht eben nicht. Gewalt beginnt im Diskurs und ein gewaltfreier Diskurs ohne Formulierungen, die eskalieren und andere diskriminieren scheint dringend geboten.
Es gibt Gründe Merkel für ihre Politik an vielen Punkten anzugreifen. Dies soll aber genau an diesen geschehen und in der Art und Weise, wie ein Diskurs geführt wird. Der darf auch mal überspitzt sein und radikale Beispiele nutzen, nie jedoch sollte es toleriert werden, wenn zur Gewalt aufgerufen wird und dagegen mit Härte vorzugehen, die der rechtliche Rahmen gestattet, scheint derzeit dringender als Verständnis für Pegiden und ihre Radikalisierung aus dem frustrierten Spießertum, das sich die Schwächsten als Opfer aussucht, wie es die Nazis ab 1923 konsequent taten.
Der Blick auf die Bauernkriege hat mir gezeigt, es lohnt sich zu verhandeln und Rache lohnt nie, für keine Seite, Gewalt schlägt mit gleicher Macht zurück, warum auch Merkels bisherigen Versuche der Verhandlungen in der Ukraine, um auf diesem Wege zu einem Frieden zu finden, besser sind und vorbildlicher als Putins chauvinistisches großrussisches Protzen, das auf Dauer allen Beteiligten mehr schadet. Auch wenn fraglich bleibt, ob es klug war, die Oligarchen der Ukraine sich als Partner zu suchen gegen Russland, Europa nicht besser verführe, zu erkennen, dass keiner von beiden alleine und ohne vorherige Rechtsstaatlichkeit etwas in der EU verloren hat. Sicher scheint mir dagegen, weiter allen zu misstrauen, die sich für eine Eskalation einsetzen und die Anwendung von Gewalt befürworten, ohne dass diese ein klares Ziel hätte oder Grenzen.
So lässt sich aus dem Bauernkrieg auch für den Umgang mit Syrien lernen, zumal wir inzwischen gelernt haben könnten, dass Gewalt nur zu mehr Gewalt führt und die Beseitigung einer Ordnung nicht von selbst eine neue schafft sondern ohne Rahmen. Hier zeigt sich das Versagen Obamas, der seine Truppen zu früh aus dem Irak abzog, um seine Versprechen zu erfüllen, auch wenn es noch keine sichere Ordnung gab. In Deutschland standen sie über vierzig Jahre, bis sich das Land in Europa stabilisiert und sicher entwickelt hat. Was also friedlich klang, kann auch verantwortungslos sein und das Gegenteil bewirken, zumal sie um die expansive Existenz dortiger Terrortruppen wussten. Syrien und der Irak werden mindestens zwanzig Jahre militärische Bewachung der Ordnung brauchen, wenn dort Konflikt künftig wieder friedlich gelöst werden sollen, statt mit dem Recht des Stärkeren.
Weniger Gewalt ist immer mehr Zukunft, ermöglicht diese überhaupt erst, nur ist es nie die einfachere Lösung
jens tuengerthal 16.4.2016
Samstag, 16. April 2016
Affenfelsen
Den Affenfelsen im Blick steuerst du
Während wir telefonieren die Wega
Zurück in den Strom der Schiffe
Um dort in Gibraltar die Meerenge
Heil zu passieren und ich lauschte
Wie du über Funk Befehle gibst
Nahe dem Affenfelsen als einzigem
Ort in Europa an dem noch Affen
Frei leben unter der Krone IKH Elisabeth
Turnen die Berberaffen über die dort
Felsen und mancher Beobachter
Fragt sich wohl wer ist hier eher
Affe und was ist menschlich noch
Weiß es auch nicht und frage mich
Ob Affen lieben können wie wir
Wäre es so wäre es mir völlig egal
Was ich bin solange mit dir denn
Was weiß ich schon außer wie
Glücklich ich bin als
Dein Zauberaffe
jens tuengerthal 16.4.2016
Morgensüße
Am Morgen nach langer Nacht
Wenn die Bäcker bald backen
An die Süße denken die nun
Voll beladen über das Mittelmeer
Fährt während die Stadt
Die nie schläft zum einen Teil
Noch in Clubs weiter tanzt
Während die Kehrmaschinen
Schon für den längst Samstag
Die Stadt reinigen vom noch
Staub durchfeierter Nächte
Lässt Tag und Nacht seltsam
Verschwimmen in der immer
Noch Einsamkeit unter vielen
Weil die eine nicht da ist
Fliehen Zurückgebliebene leere
Betten um dann wach sich
Zueinander zu träumen
Irgendwo zwischen Tag und Nacht
Ist es Zeit zu schlafen
Miteinander beieinander
Umschlungen versunken
Ungewiss und doch gewiss
Einander irgenwann
jens tuengerthal 16.4.16
Freitag, 15. April 2016
Kulturgeschichten 0190
Ist es manchmal klüger, sich zu aktuellsten Themen alten Denkern zuzuwenden?
Bei der Lektüre der Entscheidung im Fall Böhmermann und dem kollektiven Aufschrei in der Republik, bei dem sich die SPD als Opposition in der Koalition zu profilieren versuchte, was nicht einer gewissen Feigheit enbehrt und eher an den Stil der Salonrevolutionäre als an freies Denken erinnert, dachte ich an den 1592 verstorbenen Michel de Montaigne, den ich sehr schätze und der sich aus dem politischen Leben als Bürgermeister oder Stadtrat, da sind sich nicht alle einig und, hierbei dagegen besteht Einigkeit, Berater des Königs Henry IV. in seinen Turm mit der Bibliothek zurückzog, auch um über die Welt nachzudenken und fragte mich, was er wohl zu den aktuellen Fragen meinte und kam zu einem erstaunlichen Urteil und frage mich, wer wohl die Kanzlerin hier beraten haben mag.
Was begründet das Vertrauen in den Rechtsstaat?
Kanzlerin Merkel hat heute das Verfahren nach § 103 StGB gegen Jan Böhmermann genehmigt. Hierbei war die Bundesregierung als Koalition nicht einer Meinung, da die SPD eine Verweigerung der Genehmigung wünschte, die alte Majestätsbeleidigung auf die sich Sultan Erdogan berufe, sei entbehrlich, gehöre abgeschafft und ein Verfahren danach, dürfe im Namen der Kunstfreiheit nicht genehmigt werden. Hinsichtlich der künftigen Abschaffung waren sich dagegen alle einig und beschlossen zumindest dies einstimmig.
Geht es um die Kunstfreiheit und wollte diese überhaupt jemand begrenzen?
Schon immer findet die Kunstfreiheit ihre Grenzen im § 185 StGB, der Beleidigung, wenn Kunst einen anderen beleidigt und diese die Tatbestandsmerkmale des entsprechenden Paragraphen erfüllt, konnten der Kunst Grenzen gezogen werden. Jedoch stellte sich die Frage nach dem Antrag des türkischen Staatspräsidenten nach § 103 nicht mehr, es ging nun nur noch darum, ob die Bundesregierung ein rechtsstaatliches Verfahren nach § 104a genehmigt, was sie muss, wenn die beleidigte ausländische Majestät gegen deutsche Staatsbürger klagen will.
Solche Fälle gab es früher schon, im Fall des persischen Shah und seiner Regierung sowie der Schweizer Ministerpräsidenten und andere weniger wichtige Fälle der Majestätsbeleidigung, die nicht in eine Demokratie logisch passt, was aber auch die zuständigen Richter wissen, die vor allem auch die weite Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Kunstbegriff und zum grundsätzlichen Vorrang der Kunstfreiheit kennen.
Es ging nicht darum ein Urteil über den Fall zu fällen, dafür sind im Rechtsstaat Richter zuständig, sondern, ob die Bundesregierung dem formell notwendigen Antrag des türkischen Präsidenten nachgeben muss, weil die formellen Anforderungen der Genehmigung vorliegen, damit dieser sich vor deutschen Gerichten weiter blamieren darf. Wer aus inhaltlichen Gründen meint, dem bösen Erdogan dürfe dies nicht genehmigt werden, weil er auf Kurden schießt oder Journalisten einsperrt, hat scheinbar den Rechtsstaat nicht ganz verstanden.
Schadet es der Kunstfreiheit, wenn ein deutsches Gericht über die Klage eines zumindest zweifelhaften türkischen Politikers entscheidet, der selbst die Freiheit unterdrückt?
Ist es nicht im Gegenteil, Zeichen für einen funktionierenden Rechtsstaat, wenn die Regierung nicht in juristische Verfahren eingreift?
Was wäre von einer Regierung zu halten, die aus Gründen politischer Oportunität auf den rechtsstaatlichen Weg verzichtet und die Genehmigung eines Verfahrens verweigert, dessen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen könnten?
Ist es Aufgabe der Bundesregierung über juristische Fälle zu entscheiden oder wäre das, was die SPD in peinlich populistischer Anbiederei fordert, nicht ein verwerflicher Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung?
Darf ein Herr Erdogan, wenn er sich beleidigt fühlt, nicht die gleichen Rechte wahrnehmen, wie jedes andere Staatsoberhaupt mit dem diplomatische Verbindungen und ein vertrauensvoller Kontakt bestehen?
Wovor sorgt sich, wer dies Verfahren einen Skandal nennt?
Vor Gericht und auf hoher See bist du in Gottes Hand, hieß es früher einmal, doch dieser dumme Spruch aus vorrechtsstaatlicher Zeit gilt auf See sowenig wie vor Gericht. Es werden Urteile nach geltendem Recht gesprochen. Schon der Tatbestand der Beleidigung oder Herabwürdigung scheint fraglich, hinsichtlich der Intention von Böhmermann, der nicht beleidigen sondern aufklären wollte, was genau nicht geht und als Beleidigung unzulässig wäre, warum es ihm vom Willen her nicht um die Beleidigung von Erdogan ging, sondern um die Vorführung des deutschen Staates und seiner normativen Grenzen.
Das Gedicht ist sexuell beleidigend, schürt dumme, rassistische Vorurteile und findet darum soviel Zustimmung von Rechtsradikalen, die den Satiriker, der auch sie aufs Korn nahm, sonst eher nicht mögen, es gäbe wenig Gründe dies als Kunst zu schützen, stünde es solitär.
Von türkischer Seite wird teilweise vorgebracht, ginge das Gedicht gegen einen israelischen Politiker, wäre es längst verboten und berufen sich dabei auf die Paragrafen, die das Leugnen des Holocaust unter Strafe stellen und ähnliche Regelungen. Doch diese griffen hier nicht. Es könnte auch der israelische Ministerpräsident ein solches Verfahren verlangen und würde an den gleichen Punkten mit Sicherheit scheitern wie Erdogan.
Warum sollte Merkel einen politischen Streit mit einer politischen Entscheidung in einer nur Rechtsfrage provozieren?
Die Türkei wird als Partner gerade benötigt, es liegt nicht im Interesse der Bundesrepublik diesen Partner mit einer zweifelhaften politischen Entscheidung vor den Kopf zu stoßen. Wenn dieser Partner nicht versteht, um was es geht und es deutsche Gerichte braucht, ihm dies zu erklären, ist das besser, als wenn die Regierung dies täte. Dies bewiese Erdogan zum einen, in Deutschland gibt es einen Rechtsstaat, in dem die Politik keine Urteile auch in politisch mit kritischen Fragen fällt, sondern dies vertrauensvoll den Gerichten überlässt, zum anderen wie absurd sein autoritäres Ansinnen sich aufzuführen wie bei sich unten in der Türkei, rechtlich zu beurteilen ist.
Was hätte Merkel klügeres in dieser Situation tun können, als die Sache den Gerichten zu übergeben und sich des Urteils zu enthalten?
Hier kommt nun wieder der von mir sehr geschätzte Michel de Montaigne zu Wort, der auf einem der Balken an der Decke seiner Turmbibliohtek folgendes Zitat von Sextus Empiricus verewigen ließ, das sein Denken sehr treffend bezeichnet:
“Ich bestimme nichts (setze nichts fest). Ich verstehe nicht. Ich enthalte mich des Urteils. Ich erwäge.”
Wie an einem anderen Balken, an dem er Plinius zitiert:
“Nichts ist gewiss als allein das Ungewisse, und nichts elender und aufgeblasener als der Mensch.”
Wenn sich ein Politiker weise des Urteils enthält, verurteilen wir ihn, weil wir Entschiedenheit wünschen, auch wo es nicht seine Kommpetenz ist, dagegen loben wir gern alle, die ganz entschieden gerade populäre Positionen vertreten, weil sie mit der Mehrheit am ehesten kompatibel sind, egal wie unsinnig sie auch sind.
Weiß nicht, was in diesem Fall richtig ist und enthalte mich darum jeden Urteils zum Fall, über den Richter entscheiden werden, die eine gute Ausbildung haben und auf einer relativ guten rechtsstaatlichen Ordnung stehen, die zumindest zu den besten gehört, die wir haben weltweit. Es gibt keine Gründe, daran zu zweifeln und eher versuchte schon die Politik die Freiheit der Kunst und des Journalismus zu beschränken, als das Richter dies zuließen, auch insofern bin ich sehr beruhigt angesichts dieses Verfahrens, das die heutigen Schlagzeilen bestimmt, ein kulturelles Ereignis eigener Art wird und zu dem ich, statt meine Meinung zum besten zu geben, die vermutlich nicht mehr taugt als die aller anderen, lieber noch einmal den schon über 420 Jahre toten Montaigne zitiere als bestehendes Kulturgut, das uns mehr Weisheit in der Sache und beim Blick auf die womöglich weise und rechtsstaatliche Entscheidung der Kanzlerin geben könnte.
“Was weiß ich schon?”
So fragt Montaigne vor seinen klugen Essais und stellt sein weniges Wissen immer wieder infrage, überprüft sich und liefert Anregungen, die mir in aufgewühlten Zeiten, besser zu passen scheinen, als noch eine Meinung im Chor.
"Am jetzigen Verfall hat jeder von uns seinen eigenen Anteil."
"Anmaßung ist unsere eigentliche angeborene Krankheit."
"Die tödliche Krankheit des Menschen ist seine Meinung, er wisse."
“Man muß uns, glaube ich, nie so viel Verachtung zeigen, wie wir verdienen.“
“Wir werden viel weniger durch das verletzt, was uns geschieht als durch unsere Meinung darüber.“
Und so möchte ich mich des Urteil enthalten, im Vertrauen darauf, in einem Rechtsstat zu leben, der ein Urteil nun besser fällen soll als die Politik, deren Aufgabe es nicht ist, Urteile zu fällen und so nenne ich nur die weise, die sich dessen zu enthalten wissen, was nicht ihre Aufgabe ist und von dem sie nichts verstehen und lasse Montaigne so stehen, denn letztlich geht es doch nur um eines, wie Montaigne es so treffend sagte:
„Auf den Tod sinnen heißt auf Freiheit sinnen. Wer sterben gelernt hat, versteht das Dienen nicht mehr. Wer die Menschen sterben lehrt, lehrt sie leben.“
jens tuengerthal 15.4.2016
Frauenliebe 046
Eifersucht ist der Tod der Liebe. Dieser für mich zentrale Satz soll über diesem relativ kurzen Text zu einem Thema stehen, mit dem ich nicht so viel Erfahrung habe, vielleicht weil ich es früher nicht mitbekommen habe, lange naiv war, oder einfach Glück hatte, davon lange verschont zu bleiben, obwohl ich die Frauen schon immer liebte und es auf meiner langen Suche sicher manches mal Gründe dafür gegeben hätte, wenn es diese denn geben kann, was ich grundsätzlich bezweifle. Hoffe noch, dass ich sie nur zweimal intensiv kennenlernte und künftig darauf verzichten kann, weil es für mich der Tod der Liebe, der Freiheit und des Glücks ist, uns gefangen nimmt, statt die große Freiheit der Liebe zu genießen.
Warum soll sie der Tod der Liebe sein, ist sie nicht viel mehr Ausdruck starken Gefühls?
Für mich ist Liebe zuerst Vertrauen und dem anderen gut wollen, im glücklichsten Fall, sich einander schenken. Wenn ich mich dem anderen schenke, bin ich gefühlt seins, auch wenn das nichts an unserer natürlichen Freiheit ändert, wir es völlig freiwillig tun, wird die Annahme, der andere könnte mir genommen werden, damit absurd. Gehöre ja dem anderen schon, wünsche mir voller Liebe sein Glück und wenn es kein gemeinsames ist, weil der andere, es nicht so sehen kann, ist es eben nicht gegenseitig und keiner weiteren Gedanken wert, auch wenn sich das leichter schreibt, als lebt.
Als ich noch mit 17 feststellte, dass mich meine zwei Jahre ältere Freundin im Skiurlaub betrogen hatte, weil sie ganz locker darüber plauderte, ohne daran zu bedenken, dass wir zwei Wochen vor ihrem Skiurlaub zusammen gekommen waren, habe ich einen Moment überlegt, ob ich nun eifersüchtig bin, sie zur Rede stellen sollte, eine Szene machen wollte, aber das kam mir albern vor. Stattdessen habe ich es einfach genauso gemacht, mit etwas schlechtem Gewissen war ich dafür danach um so mehr, um die Beziehung bemüht und so gesehen hat uns der fremde Sex nicht geschadet, auch wenn sie es mir lange übel nahm, alls ich es ihr danach irgendwann gestand, was völlig überflüssig war, bestimmte Dinge will niemand wissen. Besonders nicht, wenn es eine der besten Freundinnen war, dass sie dafür später auch mit meinem besten Freund im Bett war, lange nach unserer Trennung, hat mich auch seltsam wenig gestört, hab es beiden gegönnt und noch rund zwanzig Jahre später haben wir uns mit unseren Kindern wiedergesehen und uns gemeinsam über das amüsiert, was war.
Eifersucht ist ein völlig überflüssiges Gefühl. Wenn es einen Grund gibt, der andere sich also in einen anderen verliebt hat, war die Liebe nicht stark genug und muss nicht künstlich aufrecht erhalten werden, wo wir es tun, schaden wir dem Gefühl und allen Beteiligten. Wo es aber, wie meist, keinen Grund gibt, weckt die Eifersucht eher den Leu, den sie beschwört. Sie verstärkt also, was sie fürchtet, denn warum sollte ich mich, wenn ich liebe mit dem Gedanken an einen anderen beschäftigen?
Vielleicht hängt viel auch mit einer unmenschlichen und unnatürlichen Vorstellung von Sexualität und Liebe zusammen, die das Christentum als Dogma verbreitet hat, wie es der Islam bis heute noch schlimmer tut, in dem sogar die Untreue mit mörderischen Strafen geahndet wird, als könnte dies die Liebe retten oder erhalten, um die sich der Verlassene betrogen sieht. Aus Rache soll noch das andere Leben oder Glück zerstört werden und so kommt es zu einer Verleugnung der Liebe an sich, die sich verschenkt und dem anderen damit logisch Gutes wünschen würde.
Es wird die Beziehung durch die Religionen institutionalisiert, die Eifersucht legitimiert, durch die mit der Untreue verbundenen Strafen, ohne zu fragen, was das Ziel davon ist. Ginge es um die Erhaltung oder den Schutz der Liebe, würde die Freiheit gestärkt und wäre jede Sanktion verpönt. Würde es mich stören, wenn die Frau, die ich liebe, mit einem anderen schläft, weil sie gerade Lust auf ihn hat?
Wenn ich mir vorstellen würde, wie sie einen anderen küsst oder zärtlich mit ihm ist, würde mich das vermutlich schon stören, weil ich es schön finde, dieses Glück nur mit ihr zu teilen, aber ich weiß auch, wie austauschar dieses Glück sein kann, wie relativ es ist und wie wenig die schnelle Lust mit der großen Liebe zu tun haben muss. Habe Frauen geliebt, die glücklich verheiratet waren, die nur eben mehr Sex zu brauchen meinten, als sie von ihrem eigenen Partner bekamen. Das hat mich nie glücklich gemacht, weil für mich guter Sex mit Gefühl verbunden ist, was ich ungeteilt schöner finde, befriedigend war es dennoch und wenn sie sich kurz der Lust hingäbe, um sie zu befriedigen, wäre es mir dennoch wichtiger, dass es nicht unsere Liebe gefährdete und so wollte ich mir lieber zunächst keine Gedanken darüber machen müssen - später darüber reden, kann ja völlig entspannt sein - aber gönnen könnte ich es ihr und denke nur nicht darüber nach, was das konkret bedeutet, um nicht in Muster zu verfallen, die mir unfrei vorkämen und nicht gefallen.
Wo ich liebe, vertraue ich und bin mir sicher. Da ist kein Platz für Eifersucht und wo sie auftaucht, hat es meist weniger mit Liebe, als irgendwelchen Verlustängsten und Besitzdenken zu tun und mit beidem möchte ich meine Liebe nicht verunreinigen, ich liebe gern rein und ganz. Dies gilt auch, wenn ich die Geschichte der Liebe und der Menschheit zur genüge kenne, weiß, was wann und wie verführerisch sein kann und finde es wichtiger, sich an der Lust der Natur zu freuen, als eine Liebe wie einen Besitzstand zu verteidigen und darum ist und bleibt mir die Eifersucht ein völlig fremdes Gefühl, was nichts mit Liebe zu tun hat, sondern nur mit ihrem Ende meist, weil, wer ängstlich ist, nicht vertraut, also unsicher ist und nicht mehr liebt, sondern nur noch Besitz wahren will, als den ich nie die Person sehen will, die ich liebe, auch wenn wir einander gehören und ich mich ihm schenke, möchte ich den anderen frei wissen, zu tun, was ihn glücklich macht.
Für mich habe ich festgestellt, dass der kurze Gewinn der Lust in den Leidenschaften neben einer Liebe nie das ungute Gefühl überwiegt, etwas zu tun, was eigentlich zu meiner Liebsten gehört, warum ich, der Lust nur noch schön mit viel Gefühl findet, mir solches heute eher sparen kann, es befriedigt mich weder noch steht der Lustgewinn in irgendeinem Verhältnis zu den anderen damit verbundenen Gefühlen. Was nicht heißt, dass mich nicht im entscheidenden Moment dann doch einmal mein Schwanz treibt und das Hirn nur noch im Hintern sitzt und schieben hilft, bin eben auch nur ein Mensch, der mit seiner Natur und der Liebe zur Natur leben muss, nur vorstellen kann ich es mir heute nicht mehr, finde es nicht mal attraktiv, egal wen ich mir dabei vorstellen würde, weil ich den Gedanken der zärtlichen Treue viel schöner finde. Aber, das schreibe ich, davon bin ich auch völlig überzeugt und würde es jederzeit nach aller Erfahrung so vertreten und doch gibt es in der Natur auch den kleinen Hauch an Zweifel am kategorischen Denken und seiner immer Gültigkeit.
Warum ich nicht immer nur das tat, was vernünftig und gut ist, was ich richtig finde und wovon ich aus tiefstem Herzen überzeugt bin, weiß ich nicht ganz genau. Mich einfach als irrationales Opfer meiner Triebe darzustellen, scheint mir eine zu einfache Lösung, weil unsere Natur uns ja eigentlich zu dem treiben sollte, was uns gut tut und ich glaube, es hat mir nie gut getan, eine meiner Lieben zu betrügen, wie ich es trotz aller zugestandenen Freiheit innerlich empfand. Ein destruktives Element in mir oder ein gesellschaftliches Moment, das dem Mann, der Frauen erobert Stolz und Stärke zuspricht, auch wenn ich mich schon lange nicht mehr der Illusion hingebe, ich würde Frauen je erobern, vielmehr davon überzeugt bin, dass Frauen eher wählen und uns Männern auf vielfältige Art signalisieren, wenn sie wollen. Es hat zwei Seiten und beide wirken auf unterschiedliche Art in uns, warum es mir nicht so leicht fällt, zu sagen, es sei einfach dies oder das.
Weiß also nicht, was mich manchmal zu einem Verhalten trieb, was mich weder glücklicher machte, noch wirklich befriedigte, denn wirklich gut wird der Sex eben erst mit einer Partnerin, die du lange kennst, bei der du dich erfühlen kannst und harmonisch aufeinander reagierst, wo du auf geteiltem Gefühl aufbaust. Habe mich darum manchmal gefragt, ob es nicht gut wäre, wenn eine Beziehung endet, in der zumindest der Sex toll war, diesen ohne emotionale Zwänge fortzusetzen, es auch einige male ausprobiert mit verschiedenen Frauen, mit denen ich eine längere Beziehung hatte und sexuell war es dann meist wunderbar und besser als alle ersten male mit dem neuen Schwarm, aber mich hat es nie glücklich gemacht, weil ich den Sex mit zuviel Gefühl verbinde, ich nicht genieße, wenn ich nicht ganz dabei bin, es dann nur noch sportlich finde oder mich wieder verliebe, was mir zumindest nie Glück gebracht hat, warum ich zwar immer sagen würde, ja, ist toll der Sex mit der Ex, sexuell, aber emotional hat er mich immer wieder umgehauen und da zeigt die emotionale Kosten-Nutzen-Abwägung ganz schlicht, es lohnt sich für mich nicht, leben doch alle Liebe noch irgendwo in mir und da lasse ich sie lieber ruhen, um frei zu sein, für das was kommt oder bei der zu bleiben, die ich liebe, ganz da zu sein.
Auch darum ist das Vorbild Giacomo Casanova nicht meines, ich bin nicht mehr frei beim Sex und in der Liebe, will nur mit viel Gefühl, finde den schnellen Sex nur reizvoll aber nicht schön oder lohnend, vor allem, ich muss es gestehen und da wie im Numerus weit von Casanova entfernt, mich macht der Sex ohne Gefühl eher impotent - vielleicht steht er noch, aber Befriedigung finde ich dabei eher selten, warum es letztlich entbehrlich ist, wie mir Vernunft und Gefühl immer wieder betätigt haben und so bin ich der scheinbar hohen Zahl zum Trotz und der sehr freien Einstellung zum Sex und zur Eifersucht ein totaler emotionaler Langweiler geworden. Noch nicht auf Blümchensexniveau, aber kurz davor und nachdem mich mein Körper ab 40 immer häufiger darauf hinwies, habe ich auch zur Vermeidung möglicher Blamagen daran gewöhnt, auf diesen zu hören und ein treuer Langweiler zu sein, der nur noch mit großem Herzen liebt, um darüber zu schreiben.
So weit also das Vorgeplänkel, in dem ich mir über die wenigen Fälle der Eifersucht klar werden konnte, denen ich überhaupt begegnet bin, oder, ich will es bescheidener formulieren, im Bewusstsein meiner relativen Blindheit, die ich als solche erkannt habe.
Der eine war hochdramatisch am Ende meiner längsten Beziehung, endete mit körperlichen Übergriffen gegen mich und der geheimen Durchsuchung meiner Rechner und all meiner Konten in sozialen Netzwerken, die sodann sogar vor Gericht in einem Rosenkrieg auf höchst peinliche Art gegen mich verwendet werden sollten.
Wer je seine Liebesbriefe oder Lustergüsse in einer Gerichtsakte wie eine Anklage aufgelistet gelesen hat, wird verstehen können, wie ich mich dabei fühlte und wie dabei der Hölle Rache in meinem Herzen kochte.
Egal, was meine Partnerin täte, nie würde ich ihre Post lesen oder ihren Account kontrollieren, auch wenn es mir noch so leicht fiele, läge mir der Gedanke so fern, dass schon die Vorstellung mir eisige Schauer beim Gedanken über den Rücken jagt. Es könnte ihr Tagebuch offen vor mir liegen oder ihr Telefon unverschlossen, nie läse ich darin, sie zu prüfen, mein Vertrauen zu überprüfen.
Dieses Tabu habe ich von meiner Mutter schon als Kind so klar mitbekommen, dass ich nie dagegen verstoßen konnte und auch wenn ich wohl viel unsinniges in meinem Leben tat auch fremdes Eigentum betreffend, nie las ich fremde Briefe, Mail oder überwachte andere auf diese Art, womit auch mein zeitweiser Kindertraum Privatdetektiv zu werden, wie meine Vorbilder aus geliebten Büchern Kalle Blomquist, Emil und die Detektive, die 5 Freunde, TKKG oder Tefan Tiegelmann in der Realität schnell verflog, ich hätte es nie gekonnt und möchte das auch nie ändern, nichts liegt mir ferner und das heißt auch Freiheit.
Nun habe ich auch als Beklagter erlebt, wie es ist, wenn deine Geheimnisse vor einer Richterin ausgebreitet werden, du quasi im intimsten, auch dem schärfsten Online-Chat nackt dastehst in aller Öffentlichkeit, um dich sozial zu demontieren, was zum Glück nicht ganz gelang, weil die Richterin den Peinlichkeiten sowenig Beachtung schenkte wie der Strafrichter daraus die Verworfenheit meiner Person ablesen konnte oder wollte, sondern es letztlich nur den schwachen Charakter der anderen offenbarte.
Du bist nackt, stehst unter Rechtfertigungsdruck, kannst dich nicht wehren, weil du ausspioniert wurdest und ich habe mich dann auch nicht mehr gewehrt, weil es zu lächerlich war und ich den ganzen Unsinn, durch den sich meine Anwältin quälen musste, in meiner damals etwas labilen Verfassung lieber gar nicht lesen wollte und das ist vielleicht gut so gewesen. In irgendeiner dunklen staubigen Ecke in einem Schrank oder in einer Kiste im Keller, die hoffentlich längst verschimmelt ist, liegt noch all dieser Unsinn, den ich vermutlich besser verbrennen würde, um ihn zu vergessen, jedoch habe ich inzwischen eine solche Kompetenz im Ignorieren entwickelt, dass ich, bis ich gerade darüber schrieb, in den letzten 5 Jahren nicht mehr daran gedacht habe. Vielleicht ist das gut so, um nicht zu hassen, was ich noch schlimmer als Eifersucht fände, sich nie lohnt, auch nicht glücklicher machte. Andererseits verführt es auch dazu, zu vergessen und zu verzeihen, was einen daran hindert, aus der Vergangenheit zu lernen, zu weich und nachgiebig macht, meinem sicher zu hohen Harmoniebedürfnis entsprechend.
Aber langer Rede kurzer Sinn, auch wenn es vielleicht vorher mal gelegentliche Anflüge kleiner Eifersucht bei der einen oder anderen gegeben haben mag, hat dieser Versuch meine Person zu zerstören und öffentlich in allen früher geteilten Kreisen unmöglich zu machen, mich davon geheilt, Eifersucht je wieder für tolerabel zu halten, im Gegenteil, ich lief eher schreiend davon, wenn ich nur einen Hauch davon spürte.
Dennoch begann ich eine Beziehung mit einer einerseits wunderbaren Frau, die in vieler Hinsicht meine Traumfrau war, mit der ich meinte glücklich sein zu können, obwohl sich schon auf virtueller Ebene ihre geradezu pathologische Eifersucht zeigte.
Wir hatten uns via Faceook kennengelernt und da sie in einer benachbarten Hansestadt wohnte und es aus verschiedenen Gründen langsam anging, dauerte es ein halbes Jahr, bis wir uns zum ersten mal sahen, nachdem wir am Telefon schon sämtliche nur denkbaren Varianten des Sex in jeder für sich befriedigender Form durchgespielt hatten - nein, nicht sämtliche, zugegeben, auf SM und Sodomie verzichteten wir auch später in der Realität, es lag uns wohl beiden gleich fern, sonst fällt mir nicht viel ein, was unsere beiderseits reiche Phantasie in Worten am Telefon oder im Chat ausgelassen hätte.
Sie hatte eine Modelfigur, ewig lange sehr schlanke Beine und obwohl sie vier Jahre älter war als ich, der die vierzig schon überschritten hatte, war ihr Körper mädchenhaft schön, vielleicht etwas zu dünn, wie es in der Modebranche üblich ist, aus der sie auch ursprünglich kam, aber mit einem Busen wie aus dem Bilderbuch und wie ihn sich viele Frauen träumen, dazu glatten geschlossen Schamlippen, die aussahen wie aus dem Lehrbuch.
Nicht dass ich das eine oder andere bevorzugte, ich schrieb ja schon darüber, Schamlippen haben alle ihre Funktion und passen zum Körper, manche sind kaum spürbar, andere umschließen dich fest, alles hat seinen Reiz, dennoch war dieser Körper ein besonders schöner, was doch der Erwähnung hier wert ist und ich sagte ihr das auch, begehrte sie und wir hatten als wir uns nach drei Monaten an Silvester das erste mal sahen, sofort wunderbaren Sex.
Sie war gebildet, witzig, liebte Bücher wie ich, belesen, humorvoll, schon aus ihrem Beruf mit großer Begeisterung für Kunst und wieviele Museen habe ich mit ihr durchwandert, zugleich sportlich, trainiert, eine Surferin, Schwimmerin, Reiterin, Outdoor-Fan, unkompliziert, ständig voller Lust, zu allem bereit - es schien perfekt und ich war drauf und dran, um ihre Hand anzuhalten. Auch von der Familie hätte es perfekt gepasst, meine Tochter liebte sie anfänglich, weil sie einfach spannend war, alles machte, wovon kleine Mädchen träumen und so war eigentlich alles gut, dachte ich nach der Silvesternacht, die wir nach ihre Ankunft vögelnd begonnen und nach einer heißen Party beim Araber um die Ecke essend und tanzend am frühen Morgen wieder vögelnd beendet hatten und sie hatte dennoch schon beim Aufwachen wieder Lust, die wir ausgiebig genossen.
Manchmal quatschte sie mir etwas viel, aber zumindest war das, was sie von sich gab, meistens nicht dumm und so ertrug ich auch hohe Quantität im Schatten all ihrer anderen Vorzüge. Es hätte traumhaft sein können, doch schon am nächsten Tag, begann ihre Eifersucht, erst auf mein Telefon an dem ich schrieb und dann, nachdem sie gerade wutschnaubend die Bar verlassen hatte, auf eine andere Dritte, mit der ich nur Harmlosigkeiten via Facebook austauschte, was sie von vor der Tür aus, ich saß mit dem Rücken zum Fensterm beobachtet hatte, worauf sie reinkam, mir das Telefon entreißen wollte und mir eine viel zu laute Szene machte.
Die lange virtuelle Liaison mit der anderen, einer zauberhaften Cellistin hat sich übrigens erst danach entwickelt und nie realisiert - nicht nur, weil sie am anderen Ende der Republik als alleinerziehende lebte, Lust und Liebe hält nichts auf, sondern eher weil sie plötzlich eine Katze hatte und ich keine Perspektive mehr sah, aber darum geht es hier ja nicht, nur vielleicht insoweit, als es meine Flucht auch vor ihr erleichterte, das Gefühl zu haben, sie sei ein wenig eifersüchtig. Aber zurück zu der anderen, mit der ich im August Fengler um die Ecke bei mir am Platz saß.
Sie flirtete dann bis in die Morgenstunden als ich längst im Bett war und ihre Tasche vor die Tür gestellt hatte, mit einem Herren in ebenjener Bar, der sie noch gern in sein Bett einladen wollte, wie sie mir erzählte, was aber vermutlich zu ihrem Zorn bei mir keine Reaktion auslöste, ich war nur genervt von dieser lauten und allein auf sich bezogenen Person, die solch pathologische Anfälle von Eifersucht ohne jeden mir erkennbaren Grund bekam.
So trennten wir uns gleich in der zweiten Nacht endgültig, ich trug ihr morgens um 5h die Tasche vor die Tür und wollte nur noch meine Ruhe haben, wobei noch eine Szene den Wunsch verstärkte, weil sievon einer Dritten aufgehetzt wurde in ihrer Eifersucht, die über mich hergezogen hatte mit Informationen, was mir erst später klar wurde, die sie nur von der obigen aus jenem Prozess haben konnte und die nichts anderes bezweckten, als mich lächerlich und klein zu machen, was die Absicht der obigen in all den Jahren war.
Das unterschied diese wiederum sehr von der langjährigen Beziehung, sie wollte mir gut, sie liebte mich wirklich, tat mir auch in vielerlei Hinsicht gut und half mir meine Probleme angehen und meinen Wust an Papieren zu ordnen und abzuarbeiten. Sie tat das nicht herablassend, sondern mitfühlend, liebend und immer mit Witz und einer Spur Humor, auch wenn manchmal etwas laut, konnte sie erstaunlich sensibel und feinfühlig sein, las eben viel und liebte aus ganzem Herzen.
Als der Morgen dämmerte versöhnten wir uns wieder auf der Straße, ich trug die Tasche wieder hinauf und wir verbrachten wunderbare Tage bis zum nächsten Anfall. Sie blieb über Wochen bei mir und es war Zuhause ein Traum. Sobald wir weggingen, spielte ihr aber ihre reiche Phantasie einen Streich nach dem anderen und sie drehte völlig durch, machte sich lächerlich, griff mich auch in meiner Lieblingsbar körperlich an, behauptete dort plötzlich, ich hätte sie geschlagen, was ihr in ihrem hysterisch wahnhaften Verhalten zum Glück keiner glaubte.
Dreimal mindestens, vermutlich eher fünfmal schmiss ich sie während der ersten Wochen bei mir raus, um mich danach um so herzlicher wieder zu versöhnen, denn sie war ja andererseits eine wunderbare Frau, war es vom Bett bis zum Buch traumhaft mit ihr, auch wenn Zuhören nicht zu ihren größten Qualitäten gehörte, doch kannte ich da längst schlinmere Fälle.
Immer wieder beendete ich es im nächsten halben Jahr, nachdem wir uns gesehen hatten, schmiss sie teilweise auch Nachts raus, wenn sie wieder anfing, mich mit ihrer wahnsinnigen Eifersucht sogar körperlich anzugehen. Dabei hätte ich es wissen können, denn schon in den vier Monaten zuvor, in denen wir nur virtuell verkehrten, hatte ich sie zweimal endgültig verlassen und mich je kurzzeitig anderen Frauen zugewandt. So ging es auch nach unserem Treffen, zwei endgültige Trennungen nach denen ich wiederum zwei andere hatte und doch immer wieder die Versöhnung, weil ich sie tief liebte, es perfekt passte, ich sie begehrte, der Sex toll war und ich die Hoffnung hatte, sie würde es überwinden und vertrauen lernen.
Doch war diese Hoffnung eine trügerische Illusion. Auch wenn sie absolut parkettsicher war, ich mit ihr vom feinsten Ball bis in die wildeste Waldhütte oder immer wieder ins Museum gehen konnte, dabei immer sicher, sie wüsste, wie sie sich passend zu benehmen hätte, dazu, wenn sie wollte, sehr geschmackvoll gekleidet, sie kannte sich beruflich gut aus mit der Mode und hatte soviel Stil wie Bildung - nur immer auch die Unsicherheit, wann kommt der nächste Anfall. So ging es ewig hin und her und sie zerstörte aller vorigen Gespräche und Mahnungen zum Trotz in ihren Anfällen wieder alle zart aufgebauten Brücken.
Sprach mit zwei befreundeten Psychiaterinnen darüber, die ich beide auch für kluge und lebenserfahren Frauen halte, und beide diagnostizierten spontan nur aus meiner Erzählung eine hysterionische Persönlichkeitsstörung, was mich überrasche und warum ich es nachlas und siehe da, es passte perfekt in nahezu allen Eigenschaften bidlerbuchartig. Versuchte, es ihr klar zu machen, sie wies es auch da ganz natürlich wie aus dem Bilderbuch zurück und wusste natürlich alles besser. Schließlich befand sie sich ja, wenn ich richtig rechne, seit mindestens 35 Jahren in Therapie zur Beseitung der traummatischen Folgen der Trennung ihrer Eltern.
Trotz allem, blieben viele Momente mit ihr einfach wunderbar, war sie ein so vielseitiger, lauter wie zarter Mensch, offensiv liebend, ganz da und manchmal eben etwas zu hysterisch, wie aus dem Bilderbuch, Hochintelligent, in der Schule unterfordert, extrem ehrgeizig auch beim Sport, zugleich philosophisch gelassen, eine echte Genießerin und doch war es die blöde Eifersucht, die uns endgültig auseinandertrieb, als sie meine Tochter, die völlig genervt war, in einer ihrer Szenen einbinden wollte und diese sich sauer abwandte, mir klar zeigte, nie wieder mit dieser Frau.
Eifersucht war hier der Tod einer Liebe, die ich, auch wenn sie nicht so lange real dauerte, zu den großen meines Lebens rechne, nicht die Große Liebe aber was das ist, wusste ich da noch nicht so genau außer literarisch durch literarische eher als durch praktische Erfahrung. Eine ganz wunderbare Frau, die ich mir immer noch als liebe Freundin wünschen würde und mit der ich gerne glücklich geworden wäre, ohne ihre krankhafte Eifersucht, die so leicht alles zerstörte, was so zart und traumhaft zu blühen begann. Beim ersten Beispiel tauchte die Eifersucht erst nach der Trennung auf, um dann um so heftiger jedes Gefühl zu zerstören.
Vielleicht hüte ich mich dieser beiden Erfahrungen wegen noch mehr vor der Eifersucht, die dennoch erstaunlich viele Männer und Frauen ganz normal finden, gar für kleinen Liebesbeweis halten, dessen Gegenteil sie ist, wer es schafft sie zu überwinden, könnte wirklich in der Liebe ankommen.
jens tuengerthal 25.4.2016
Liebesseenot
Auf hoher See wie in der Liebe
Gerät so manches Schiff auch mal
In Seenot dann bleibt zu hoffen
Dass genug Rettungswesten noch
Am rechten Ort lagern wohl
Zu retten alle die sich retten wollen
Wer untergehen will dem ist
Dann auch nicht mehr zu helfen
Den Stürmen sind wir ausgeliefert
Im wilden Tosen der Natur
Können wir Wellen sowenig halten
Wie Gefühle je festzurren doch
Wird wer wirklich liebt auch dann
Wege zu überleben sich suchen
Hält große Liebe jedem Sturm stand
Und was auch kommt bleibt
Der Traum vom geteilten Glück
Uns als sicherer Halt auf dem Weg
In den Hafen wenn alles untergeht
Erwarte ich dich immer dort
jens tuengerthal 15.4.2016
Donnerstag, 14. April 2016
Kulturgeschichten 0189
Bekommen Flüchtlinge etwas geschenkt oder nehmen sie nur ein jedem Menschen zustehendes Grundrecht wahr?
Ist, auf was ein Recht besteht, kein Geschenk mehr sondern ein Anspruch?
Ist ein Geschenk ein Glück oder eine Last?
Müssen oder können wir es annehmen und kann der Schenker es zurückfordern?
Was muss passieren, damit ein Geschenk unwirksam wird - geht es um Gefühle oder rechtlich verbindlichere Dinge?
Eine Schenkung ist es, wenn einer aus seinem Vermögen, also dem, was seines ist, einem anderen etwas zuwendet und beide sich einig sind, dass die Schenkung unentgeltlich erfolgen soll, sagen die Juristen. Das Versprechen, etwas schenken zu wollen, ist nur wirksam, sofern es notariell beurkundet wurde, was so streng ist, wie beim Hauskauf aber durch Vollzug geheilt werden kann, wenn also der Schenker sein Versprechen erfüllt, die Sache dem gibt, dem sie versprochen wurde, ist es egal, ob dem Versprechen die korrekte Form fehlt.
Auf eine Schenkung besteht kein Anspruch, außer sie wurde als Vertrag notariell beurkundet und auch da kann der Schenker leicht und immer wieder widerrufen, wenn sich der Beschenkte grob undankbar zeigt, wofür nach dem BGH etwa heute schon genügt, wenn sich einer von der Tochter scheiden lässt, weil das Gefühl beiden verloren ging, wie ein Stock oder Regenschirm, die Eltern aber für eine gemeinsame Wohnung Geld schenkten, dass sie vom nicht mehr Schwiegersohn nun zurückverlangen können, woran wir sehen Schenkungen sind schnell recht flüchtig, nichts worauf sich Menschenrechte stützen oder was Freiheit begründen könnte.
Auch wenn die Freiheit in der Bundesrepublik heute ein Geschenk ist, ist sie doch nur eine, weil sie nicht frei widerruflich ist und also eher einem gerechtfertigten Anspruch gleicht, was furchtbar juristisch aufgeblasen klingt, in der Unterscheidung aber auch ganz konkret viel bedeutet. Wer eigene Rechte und Ansprüche hat, ist nicht nur auf Gnade angewiesen, sondern nimmt sein Recht wahr. So tun es Flüchtlinge und diesen Anspruch haben auch Hartz IV Empfänger, es geht nicht um Gande und Geschenke sondern um ganz normale Rechte, an die teilweise Pflichten gebunden sind, warum sie eben genau keine Schenkung sind.
So fragt sich zwischen Staaten manches mal beim Blick in die Geschichte, ob eine Schenkung wirklich eine solche war oder nur ein Geschäft, was gern ein Deal genannt wird, von dem beide profitieren, was dem ganzen endgültig den Charakter der Gnade nimmt und es nüchtern als eben politisches Geschäft zeigt.
War die Pippinsche Schenkung ein Deal oder ein Geschenk?
Am 14. April 754 versprach der Frankenkönig Pippin III. dem Papst Stephan II. in der Königspfalz Quierzy, wo ihn der Kirchenfürst als Bittsteller aufgesucht hatte, Hilfe gegen die Langobarden unter Aistulf. Zugleich garantiert er ihm schon vorab das Exarchat von Ravenna und legt mit dieser sogenannten Pippinschen Schenkung die territoriale Grundlage für den Kirchenstaat und damit für die nächsten fast 1100 Jahre die Basis für die weltliche Macht des Papstes. Im Gegenzug erkennt ihn der Papst als Nachfolger der römischen Kaiser an.
Ein Exarchat war ein von einem Exarchen geleiteter byzantinischer Verwaltungsdistrikt. Exarchen, von griechisch Vorgesetzter, waren Statthalter in den afrikanischen und italischen Besitzungen des byzantinisches Reiches, die in ihrem Bereich die oberste militärische und zivile Gewalt ausübten. Das Exarchat von Ravenna war von Kaiser Maurikios 584 gegründet worden. Bis zu seiner Eroberung durch die Langobarden 751 war es der Eckpfeiler der byzantinischen Macht in Italien. Daneben gab es noch das Exarchat von Sizilien, während Korsika und Sardinien zum Exarchat von Karthago gehörten. Nach der Auflösung des weströmischen Reiches war Ravenna mit seiner günstigen Lage an der Adria erst Regierungssitz des Odoaker und dann unter König Theoderich ab 493 Hauptstadt der Ostgoten. Ab 540 infolge des ersten Gotenkrieges besetzten dann wieder die Oströmer die Stadt und das dazugehörige Gebiet. Im Zuge der letzten Völkerwanderung zogen aber 568 die Langobarden, ein ursprünglich aus Skandinavien stammendes Volk, gen Italien. Als sie nach dreijähriger Belagerung schließlich Pavia erobert hatten, machten sie es zu ihrer Hauptstadt und besetzten bald auch die Toskana. Etwa die Hälfte des Stiefels konnten aber die kaiserlichen Truppen besetzt halten.
Ab 573 zerfiel das Reich der Langobarden wieder in mehrere selbständige Dukate, was Herzogtümer meint. Dann gab es noch einige Auseinandersetzungen mit den Langobarden und verzweifelte Versuche der Ostkaiser das Exarchat Ravenna zu halten, die aber scheiterten, auch der Bruch mit Rom wurde in dogmatischen Fragen immer größer und als Kaiser Kontans II. Papst Georg II festnehmen lassen wollte, spielte sein Exarch nicht mit, wollte lieber selber Kaiser werden und so hatten die Langobarden gegen uneinige Römer und noch uneinigere Oströmer ein leichtes Spiel, bis die Franken die Langobarden 756 endgültig vertrieben, Pippin sich die eiserne, langobardische Krone aufsetzte und nebenbei dem Papst das Gebiet des Exachats Ravenna schenkte, was sein Sohn Karl, der später der Große hieß, 774 noch einmal bestätigte und damit den Papst auch zu einem weltlichen Herren machte, es galt das Patrimonium Petri, mit dem sich die folgenden Kaiser noch jahrhundertelang herumschlagen sollten, auch bezüglich der Herrschaft über Sizilien, das im 9. Jahrhundert die Mauren besetzten um wenige hundert Jahre später wieder von den Normannen teilweise vertrieben zu werden, denen die Staufer folgten, mit denen der Papst sich aus vielen Gründen auch um sein Land stritt, da er Sizilien als päpstliches Lehen betrachtete, was wieder bestätigt, reichst du den Gläubigen gleich welcher Sekte, den kleinen Finger, nehmen sie die ganze Hand und breiten sich so aus, wie es jeder auf Wachstum bedachte Unternehmer oder Herrscher tut, da die heiligen Vereine auch nichts anderes als Vereine sind, die wirtschaften müssen, auch wenn sie dem gern ein heiliges Mäntelchen umhängen.
Pippin schenkte, was der Papst für sich forderte, ohne eine Legitimation, als dass es mal zum Kaisertum der Oströmer gehörte und sie es erfolglos mit verteidigt hatten, ihr Rom auch Teil der byzantinischen Provinzen war, warum, so der sehr katholische Umkehrschluss, wo ihnen Rom irgendwie gehörte als römisch-katholischer Kirche, die Provinzen auch dazu gehörten und diese nun noch stärkere Stellung des Papstes sollte den Nachfolgern Pippins im Heiligen Römischen Reich noch viel Ärger machen. Sei es ob der Frage der Investitur, zu der Karl der Große eine klare Vereinbarung mit dem Papst getroffen hatte, für die ein Heinrich nach Canossa kroch oder über den Status von Sizilien und andere gute Gelegenheiten, bis es einigen reichte und sie sich reformiert ihre eigene Kirche gegen den immer größeren päpstlichen Machtdrang gründeten, aber da war das Mittelalter schon in die Renaissance gewechselt und bewundernswert ist einzig wie die Römer ihre illegitime Herrschaft auch über das Gewissen der Menschen noch über ein Jahrtausend und teilweise bis heute beanspruchen können, als hätte es nie einen Epikur oder Lukrez gegeben, die uns Menschen lehrten, dass es um nichts als Glück im Leben geht, nichts danach den Lebenden nutzte und aller Aberglaube der Suche nach dem Glück nur förderlich sei, sofern er uns hier glücklich macht, weil das bloß spekulative danach nie realer wird, wenn wir uns davor fürchten, sondern nur zu einem Machtfaktor eines auf diese Spekulation setzenden Vereins, der mit der Zeit zur Gewohnheit gegen jede Vernunft wurde und jeden Widerspruch als Häresie, solange er konnte, mit dem Feuer ahndete.
Das ist also auch der pippinschen Schenkung zu verdanken, die das politische Gefüge Europas bis heute geprägt hat, auch wenn der Vatikan inzwischen auf nur noch ein winziges Stück Roms beschränkt ist, die Gebiete des Exarchats in die Republik Italien integriert wurde, in der alte Familien nur noch dezent aus dem Hintergrund steuerten, auch als sich das Volk einem lächerlichen Mussolini folgend, gehörig blamierte. Die Religion, die sich wie jeder Aberglaube auch mit dem Schwert verbreitete, wo sie die Macht dazu hatte, prägte die europäische Kultur maßgeblich, wenn auch die wirklichen Schritte der Entwicklung und des Fortschritts immer gegen die Kirchen erstritten wurden, sei es in der Renaissance, in der Aufklärung oder beim preußischen Schulstreit, hat sich Europa zumindest in seiner Verfassung vom Aberglauben emanzipiert und duldet ihn nur noch als historischen Teil der Kultur, was legitim ist und keinem schadet.
Nur war dieser Tauschhandel, die Einsetzung in die Tradition der römischen Kaiser, die dann doch erst sein Sohn Karl der Große erreichte, der Enkel von Karl Martell, der die Mauren angeblich heldenhaft stoppte oder ihren ohnehin beabsichtigten Rückzug nur freundlich unterstützte, keine Schenkung sondern ein leichtsinniger Handel mit ungewissem Erfolg, bei dem es mehr um Ehre und Tradition ging als um kluge Machtpolitik. So gesehen, gab es, juristisch betrachtet keine Schenkung sondern einen Tauschhandel, der nicht so heißen durfte und die lange weltliche Macht des Papstes basierte allein auf Vertreibung.
Was sind also die Werte des Abendlandes, das die meist beschränkteren Zeitgenossen hier verteidigen wollen?
Bedroht der Islam die christlichen Werte oder ist Europa darum so stark und Ziel so vieler Menschen aus aller Welt als Rettungsanker, weil sein Wertesystem nicht mehr religiös ist sondern laizistisch?
Was hat Europa zu verteidigen, als seine Freiheit, die es zugleich immer mehr einschränkt, um angeblich die Freiheit zu verteidigen und damit die liberalen Werte der Demokratie ad absurdum führt?
Die Flüchtlinge haben einen Anspruch auf Asyl, es ist ein Grundsatz unserer Verfassung und wer diese infrage stellt, schadet damit der Demokratie. Wer meint, es sei eine Gnade unser Recht zu verteidigen, steht nicht auf dem Boden der Verfassung und ist von der Demokratie konsequent als Feind zu bekämpfen. Zu den Freiheiten, die wir verteidigen, gehört auch die, sich einen Aberglauben nach seiner Überzeugung zu wählen, den muss ich nicht gutheißen, doch solange er die Freiheit der anderen respektiert, muss ich auch diesen verteidigen, wenn ich nicht die Freiheit aufgeben will. So sind die gerade Verteidiger des Abendlandes genauso Feinde der Freiheit wie die Islamisten und gegen beide, muss sich in gleicher weise verteidigt werden. Der offene Rassismus von AfD und Pegida darf so wenig geduldet werden wie eine Parallelgesellschaft, in welcher die Scharia gelten würde.
Wer steht hier für die Freiheit, ohne deren Feinde auf der einen oder anderen zu übersehen?
Die Freiheit ist ein Geschenk, auf das ich nach der Verfassung Anspruch habe. Sie gilt es nach allen Seiten zu verteidigen, weil die Radikalen immer irren und nur polarisieren, statt Lösungen zu suchen. Es geht nicht darum, ob die Asyl- und Islamgegner richtig liegen oder diejenigen, die alle Flüchtlinge als Freunde begrüßen, naiv sind, sondern wie wir mit dem was ist, am besten leben können, auskömmlich und friedlich. Nur wer sich für Integration einsetzt, wird verhindern können, was die Gegner beschwören, die selbst eine intolerante Gesellschaft erzeugen, vor der sie warnen. Diese Menschen leben nun hier, zumindest solange, wie in ihrer Heimat Krieg herrscht und an eine Rückkehr nicht zu denken ist, wir müssen nicht mehr über das ob debattieren, was schon die Verfassung verbietet, warum die Obergrenzendiskussion nur ihren Initiator lächerlich machen wird, wie Erdogan mit seiner beleidigten Klage scheitern wird und so im Grade der Lächerlichkeit dem bayerischen Horst ähnelt. Es muss nur noch am wie gearbeitet werden, die Bundesregierung hat ihren Teil dazu getan, ob er etwas taugt, kann kritisch diskutiert werden. Wer dazu wieder über das ob der Aufnahme diskutieren will, die längst grundgesetzkonforme Realität ist, hat sich von vornherein disqualifiziert, eine weitere Diskussion ist dann überflüssig.
Wie behandeln wir das Geschenk, in einer freien und reichen Gesellschaft zu leben, mit der nötigen Würde?
Was passiert, wenn wir die Freiheit an die einen oder anderen Extremisten verspielen?
jens tuengerthal 14.4.2016
Brückenpost
Nun stehst du wieder oben
Auf der Brücke bei Gibraltar
Mitten im Meer wo Europa
Afrika am nächsten kommt
Steuerst du weiter die Wega
Ruhig durch die gerade noch
Nacht und während hier nun
Bald der Morgen graut
Die Vögel schon zwitschern
Nach gerade schauerlichem Regen
Erreichen dich meine Worte
Auf dem Meer irgendwann
Wenn ihr dem Land nahe kommt
Delphine und Wale schwimmen
Um deinen Bug und irgendwo
Dazwischen hören wir uns nun
Zwischen den Felsen kommt
Land in Sicht kommen wir
Beieinander an
jens tuengerthal 14.4.2016