Donnerstag, 14. April 2016
Kulturgeschichten 0188
Wann beginnt Verfolgung und wann ist sie religiös oder rassisch begründet?
Kann Aberglaube etwas mit Rasse zu tun haben?
Was treibt Menschen dazu andere zu verfolgen?
Erdogan fühlt sich verfolgt und beleidigt und möchte sich für sich und sein Volk empört dagegen wehren, sieht sich als Verteidiger von 76 Millionen beleidigter Türken, die nach Ansicht ihres Präsidenten kollektiv zu blöd wären den Witz zu verstehen, wonach zu fragen wäre, ob sein Volk nicht viel schlimmer beleidigt, wer es für zu blöd hält, einen vorher erklärten Witz zu verstehen, da das Volk jedoch nicht gegen diesen humorlosen Präsidenten klagen kann, fragt sich, wer sich nun verfolgt fühlen darf.
Offiziell verfolgt fühlen darf sich nun auch Herr Böhmermann, bekam jedenfalls Polizeischutz, der noch nicht offenbarte, von dem die Gefahr ausging, ob es Erdogans Söhne sind, die nun als Rächer mit Fez und Krummschwert durch Europa eilen, ihren ständig beleidigten Vater zu verteidigen, es der Verband der Gemüse- und Dönerhändler ist, die den Grauen Wölfen nahestehenden zumindest, nicht die netten Türken von nebenan oder gar am Ende das uneinige Kollektiv hiesiger Islamisten, die den möchtegern Sultan verteidigen wollen, weiß keiner so genau, zumindest seien diesmal weder Pegiden noch andere Rechtsradikale beteiligt.
Es fragt sich nun, wer türkische Freunde hat, wer verteidigt die gegen solche Idioten und drohen bald wieder Pogrome gegen eine Randgruppe, bei denen dann aber sicher die Pegiden und ihre Anhänger klatschend in der ersten Reihe stehen, weil sie schon länger das Fundament für die Normalität eines alltäglichen Rassismus liefern?
Was löst rassistische Unruhen gegen religiöse Minderheiten aus und ist ein Brandstifter, wer Witze macht, von denen jeder weiß, sie treffen den Türken an empfindlichster Stelle oder ist dies eher ein Prozess der Annäherung, bei dem die Extreme ausgelotet werden, die jeder bereit ist zu ertragen, um vielleicht irgendwann vernünftig miteinander klar zu kommen?
Klar ist, die Türkei ist im Denken vom Staatsoberhaupt bis zum anatolischen Bauern, auch wenn die sich mentalitätsmäßig scheinbar näher stehen als ein normaler Bürger Istanbuls diesen, noch sehr weit von Europa entfernt und aus unserer Sicht kulturell rückständig insbesondere in Hinblick auf Toleranz, Humor und Kunstfreiheit. 2000 Anklagen wegen Beleidigung des Präsidenten in diesem eben rückständigen Land zeigen geistige Enge und intellektuelle Armut insoweit deutlich auf oder müssen wir verständnisvoll sein, weil die Orientalen eben anders sind, ihr Temperament nicht unter Kontrolle haben, wenn sie sich persönlich beleidigt fühlen, nach steinzeitlich atavistischen Mustern ganz natürlich reagieren, weil sie kulturell noch nicht weiter sind?
Wer türkische Literatur und Satire kennt, wird wissen, die letzte Vermutung gehört eher ins Reich der Phantasie der Pegiden und so fragt sich, bevor ich zum heutigen Tag einen Blick in die Geschichte der Toleranz, Intoleranz und Massaker werfe, wer hier wen beleidigt und für dumm verkauft. Hat Merkel das türkische Volk gekränkt, weil es ihm durch ihr Verständnis für den nächsten lächerlichen, cholerischen Anfall des Präsidenten gezeigt hat, was es von ihm hält, wie unreif es ist und fern von Europa?
Bin ich vielleicht eher der Rassist, weil ich die Türken unter der Meinung ihres zufällig Präsidenten zusammenfasse und was hat es mit dem islamischen Aberglauben zu tun?
Und schon wieder ein Fettnäpfchen, das aus Sicht der Islamisten, wie sie auch in Saudi Arabien regieren, den Prozess mit drakonischen Strafen gegen mich rechtfertigte - ich habe die Sekte des Propheten einen Aberglauben genannt, wo er sich doch nach den logisch beschränkten Gläubigen um den einzig wahren Glauben handelt, auch wenn für ihn und seine behauptete Wahrheit nicht mehr spricht als für das Spaghettimonster, nur dafür um so mehr Leichen gegen ihn.
Lessing ließ dazu in seinem Nathan, den weisen Juden die Parabel vom Ring erzählen, der schön, klug und beliebt macht und dem Vater, der sich nicht entscheiden kann, welchem seiner drei Söhne er den Ring geben soll und darum zwei identische anfertigen und jedem einen vermacht und als ein Richter entscheiden soll, welcher Ring der Wahre sei, diesen die weisen Worte sprechen lässt, wenn er beliebt, schön und klug macht, müsste es doch wohl ein leichtes sein, den Träger des wahren Rings zu identifizieren und so mühten sich alle drei dem Ideal des Rings zu entsprechen, weil keiner weiß, welcher der wahre Ring ist, es vielleicht überhaupt keinen wahren mehr gibt, weil dieser verloren ging, es ohnehin immer mehr auf das Bemühen als die Staffage ankommt, die Wahrheit logisch die Erfindung eines Lügners sein muss.
Wie verhielt es sich in der Geschichte des 13. April mit Toleranz, Intoleranz und Aberglaube?
Ins Zentrum würde ich gern den 13. April 1598 rücken, an dem König Henry IV. das Edikt von Nantes unterzeichnete, damit den Hugenotten im katholischen Frankreich die freie Religionsausübung garantierte, 36 Jahre religiöser Bürgerkriege endlich beendete, den Schlusspunkt unter die Hugenottenkriege setzte, bis sein Sohn und sein Enkel wieder anfingen zu vertreiben, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte, die bis zu Preußens Aufstieg zur Weltmacht führt.
Henry war, bevor er katholischer König von Frankreich wurde, protestantischer von Navarra, im Südwesten Frankreichs, teilweise nach Spanien reichend. Er focht in den Hugenottenkriegen auf beiden Seiten, seine Hochzeit mit der Schwester des Königs bot mit der Bartholomäusnacht einen der Höhepunkte der Massaker gegen seine protestantischen Freunde und Verbündeten. Es wurde dabei sein genialer Freund und Berater der Admiral Coligny getötet, der für die protestantische Sache focht, die reformierten Niederlande gegen Spanien retten wollte, viel Einfluss auf den jungen labilen König hatte. Zuviel, wie die Mutter des Königs, Katharina von Medici, und die erzkatholischen Valois Vettern aus der Familie der Frau des Königs meinten.
Henry hatte in seinem Leben einigemale seine Mitgliedschaft in der einen oder anderen Kirche gewechselt, auch nach seiner Hochzeit wieder, bis er, als er König wurde und kurz davor stand, Paris zu nehmen, sagte, dies sei eine Messe wert und ab da, wenn überhaupt, katholische Messen hörte. Manche sagten, er hätte seinen Glauben gewechselt, das halte ich für ein Gerücht und nach allem, was über Henry bekannt ist, spricht mehr dafür, dass sich sein Glauben nie änderte, nur der Verein für den er in der politischen Liga spielte, eben die Farbe des Etiketts bestimmte.
Im Edikt von Nantes spiegelt sich die Lebenserfahrung von Henry aber mehr noch der Geist seines da bereits verstorbenen Freundes und langjährigen Beraters Michel de Montaigne. Der Jurist, Politiker, Philosoph und Begründer der Essayistik, dem ich voller Bewunderung für seine unerreichte Größe nur im kleinsten Kreise nacheifre, stammte aus dem Périgord und lebte nach seiner Zeit als Bürgermeister von Bordeaux vorzugsweise in seinem Turm. Auch wenn er Gesellschaft und Freunde sehr schätzte, sah er die Arbeit für Henry gerade in Paris als eher lästig an, der er neben seinen immer wieder Koliken nur aus Pflichtgefühl nachkam. Michel war Katholik, wollte daran auch nie etwas ändern und äußert sich ansonsten nicht viel zum Thema Gott, der für ihn kaum eine Rolle spielte, hatte Protestanten und Katholiken in seiner Familie und zuwider waren ihm nur die, die alle anderen überzeugen wollten von ihrem einzig wahren Weg.
Der Denker und Philosoph Montaigne war stark vom damals noch relativ frisch wiederentdeckten Lukrez und dessen de rerum natura geprägt, einer Schrift, die Rom völlig zu unterdrücken versucht hatte und die sie wieder auf den Index setzen würde, die Montaigne jedoch nachweislich in seiner sehr gut bestückten Bibliothek hatte und aus der er wiederholt, wenn auch vorsichtig und nur in Andeutungen zitierte, um sich nicht angreifbar zu machen, denn mehr noch als Epikuräer war er ein Freund der Toleranz und Gelassenheit, die lehrt, sich von nichts erschüttern zu lassen, ohne zugleich ein Stoiker zu sein. Wieviel Größe es hat, sich des Urteils eher zu enthalten, merkt der Leser Montaignes, der sich Zeit nimmt und nicht einfach nur Antworten und Muster für alle Lebensfragen bei dem Franzosen sucht.
Aber zurück von diesem kleinen Ausflug in die französische Renaissance am Beginn der Neuzeit, der nur verdeutlichen sollte, welcher Geist das Edikt von Nantes prägte und warum Henry trotz aller auch gewalttätigen Versuche, ihn aufzuhalten, zu solch einem wichtigen und guten König für Frankreich wurde und wie sehr darauf auch Michel Einfluss hatte, der den jungen Heißsporn aus Navarra manches mal ausbremste in seinem Eifer, um einen Weg der Mitte zu suchen, dazu ein kleines Zitat des französischen Denkers, was dies illustriert:
“Möge Gott mich vor mir selbst beschützen.”
Steter Zweifel auch an sich schützt davor, eigene zufällige Überzeugungen für die letzte Wahrheit zu halten und dabei mit der Hoffnung zu leben, nicht seiner eigenen Beschränktheit zu verfallen, weil ehrlich mit sich, um diese wissend es ihm mehr um das Glück als um vermeintliche Wahrheiten geht.
Es ist das Thema des Aberglauben und der Massaker in seinem Namen, die zufällig alle auf diesen 13. April fielen eben auch ein zutiefst philosophisches und wie außer geistig, sollen wir uns ihm nähern?
Fast hundert Jahre galt das Edikt von Nantes, bis es Ludwig XIV. mit dem Edikt von Fontainebleau wieder aufhob und die Hugenotten zum Wohle Preußens und Hannovers aus Frankreich vertrieb. Henry hatte den Katholizismus als Staatsreligion festgelegt aber den Calvinisten weitgehende Rechte zugestanden, ihnen den Zugang zu öffentlichen Ämtern ermöglicht, sie nahezu gleichberechtigt, womit es ihm gelang auch Gegenden wieder katholisch zu machen, die zuvor fest in protestantischer Hand waren, wie seine Heimat Navarra.
Das Edikt war ein Wendepunkt im Denken und im Umgang miteinander, natürlich ließ es nominell den Anspruch der katholischen Kirche bestehen, verbat zunächst Tempel in Paris und in der Nähe großer Bischofssitze, doch der Kern des Nebeneinander und der Toleranz war gepflanzt, es ging nicht mehr um die eine wahre Religion, die alle anderen Sichten mit Gewalt als Häretiker verfolgt, sondern es wurde der Anspruch relativiert, womit der absolutistische Wahrheitsanspruch der einen logisch relativiert wurde. Dies wohl ist auch einer der Gründe warum Kardinal Richelieu, der Berater der Mutter des Thronfolgers und dessen langjähriger Berater so entschieden wenn auch zunächst erfolglos gegen das Edikt von Nantes ankämpfte. Es relativierte den absoluten Anspruch und damit letztlich allen Glauben auf lange Sicht, auch wenn manche länger dafür brauchen, es zu begreifen.
Dieser höchst aufgeklärte Gedanke als Ergebnis sinnloser Glaubenskriege wurde im Deutschen Reich noch 50 Jahre später, insbesondere von 1618-1648, im Dreißigjährigen Krieg ausgefochten und kam danach für Europa zu einem relativ ähnlichen Ergebnis - es gab verschiedene Sichten auf das eine höchste Wesen und damit sie zusammenleben konnten, mussten sie Wege der Toleranz und Akzeptanz lernen.
Das, was Erdogan noch vor sich hat, hatte Henry IV, im Gegensatz zu den Valois Vettern und seinem streng katholischen Mörder von 1610, verinnerlicht. Es gibt nicht die eine Wahrheit sondern wir müssen eher lernen, miteinander klarzukommen, als uns mit Gewalt durchzusetzen. Wenn aber keiner absolut Recht hat, gibt es nur einen relativen Gott, so existent, wie es in den Zeitgeist noch gerade passt, Mittel zum Zweck aber keine Natur sondern nur Aberglaube, sonst nichts, für den sich entscheiden kann, wer meint, es nötig zu haben, den weg lässt, wer sich frei genug fühlt, der für niemanden verbindlich ist als diejenigen, die es so wollen. Doch von der Konsequenz dieses Denkens sind wir immer noch weit entfernt, in islamischen Ländern, die ja bekanntlich in vielem sehr rückständig sind, könnte mich diese schlicht logische Feststellung den Kopf kosten, genau wie der Text des Lukrez, der uns wunderbar in Versen vorführt, wie relativ willkürlich und überflüssig die Annahme eines Gottes ist.
Aber die dogmatischen Monotheisten mordeten nicht nur, sie wurden auch Opfer der Mordlust der anderen, besonders da, wo sie noch in der Minderheit waren. Am 13. April 344 kam es zum Höhepunkt der Christenverfolgung im Sasanidenreich, bei denen lange gestritten wurde, ob die mit einem oder zwei s geschrieben werden. Dieses persische Reich, das auf dem Gebiet des heutigen Iran, Irak, Kurdistan, Afghanistan, Pakistan und anderer Nachbarn zwischen 240 und etwa 650 bestand ließ an jenem den Christen in ihrem Reich heiligen Karfreitag rund 1000 Christen um ihren Bischof Simoin bar Sabbae hinrichten, der sich geweigert hatte, höhere Steuern für die Regierung zu erheben. Ansonsten waren die dem Zoroatrismus anhängenden Sasaniden ziemlich tolerant, doch wurde den Christen misstraut, zumal sich das ehemalige römische Weltreich in ein christliches zu diesem Zeitpunkt gerade wandelte. Das Aufkommen der muslimischen Sekte und deren militärische Erfolge verdrängten das Sasanidenreich, was den Christen des Orients wenig nutzte.
Gemordet wurde früh, auch des Glaubens wegen, doch ging es im Fall des Karfreitagsmordes wohl eher um politische Macht und die Verweigerung der Steuereintreibung oder Erhöhung war ein klares Signal zum Aufstand, was so wohl von keiner Sekte toleriert wurde, auch wenn es damals noch nicht um die Hälfte des Einkommens ging wie heute sondern um Zehnte, also 10%, und ein wenig darüber. Minderheiten waren immer willkommene Opfer der Diskriminierung und was Christen mit den Juden und anderen taten, war den anderen mit den Christen scheinbar genauso recht.
Fraglich, ob es weniger an der zufälligen Religion als am Wesen des Menschen immer liegt?
Zumindest genügte nicht die Unterscheidung Christ oder nicht, vor Mord und Totschlag zu schützen. Am 13. April 1204 eroberten christliche Kreuzfahrer im Rahmen des vierten Kreuzzuges Konstantinopel, plünderten die Stadt und töteten bei der folgenden Brandschatzung etwa 2000 christliche Einwohner. Der vierte Kreuzzug bestand hauptsächlich aus Franzosen und Seeleuten der Republik Venedig, die eigentlich Ägypten erobern wollten, sich aber damit begnügten, die Orthodoxen auf dem Balkan zu terrorisieren und Konstantinopel zu erobern und zu schwächen. All dies geschah offiziell unter energischem Protest des Papstes. Die Franzosen hatten mit den Venezianern die Bezahlung des Transportes, der einen Großteil der venezianischen Flotte binden sollte, durch die Hälfte der Eroberungen erst in Palästina, dann in Ägypten vereinbart. Als die Kreuzfahrer dann tatsächlich endlich mit deutlich weniger Leuten in Venedig ankamen und natürlich kein Geld hatten, um die vorab geschuldeten 85.000 Mark Silber zu bezahlen. Die Venezianer als gewiefte Geschäftsleute ahnten, dass der ganze Kreuzzug schief gehen würde, sie die Kosten bei einem Scheitern nicht ersetzt bekamen, warum zuerst beschlossen wurde die orthodoxe Stadt Zara in Dalmatien als quasi Vorableistung zu erobern. Das gelang erfolgreich und daraufhin stießen sie gemeinsam in See aber nicht gen Ägypten sondern wie ursprünglich wohl von Venedig geplant gen Konstantinopel, wo es schon länger Auseinandersetzungen mit dem dort Kaiser gab bezüglich der Siedlung der rund 500.000 italienischen Kaufleute im Rom des Ostens. Zunächst etwa 1177 war eine Siedlung der Genueser niedergebrannt worden, angeblich durch Venezianer, die dann verfolgt und vertrieben wurden, woraufhin der Doge seine Flotte losschickte, die gerade noch gestoppt werden konnte. Zwölf Jahre später 1189 hatte der Kaiser dem anderen Kaiser Friedrich Barbarossa die geschützte Überfahrt verweigert, um, wohl aufgrund einer ganz geheimen Vereinbarung mit Saladin, diesen auf seiner Fahrt ins Heilige Land aufzuhalten, was er dann ohne Absicht und obwohl doch über die Meerenge gekommen, selbst durch Ersaufen in einem Fluß in Syrien tat, wie heute die Syrer auf dem Weg nach Europa in der Mitte oft ersaufen. Den oströmischen Kaiser hatte er vorher durch Eroberungen und Terror zur Mithilfe gezwungen, der gemeinsame Kreuzzugsgedanke zur Eroberung der Heiligen Stätten für die Christenheit war damit endgültig Geschichte. Die Arbeitsverweigerung der meisten westlichen Christen nach dem Hilferufs Konstantinopels 250 Jahre später belegt, wie fern sich die einander metzelnden Glaubensbrüder längst waren.
In eine andere Richtung weist dagegen am 13. April 1829 die Ratifizierung des Catholic Relief Act mit dem den Katholiken die freie Religionsausübung im Königreich gestattet und die Testakte von 1673 und der Supremationseid abgeschafft wurden. Die Katholiken wurden damit gleichberechtigt gegenüber den Anglikanern unter dem Hannoveraner George IV., was zumindest für den sonst eher verschwendungs- und opiumsüchtigen Monarchen sprach.
Dagegen bewiesen die Briten wieder eine eher imperiale Gesinnung als sie 39 Jahre später, am 13. April 1868 in der Schlacht von Magdala als sie im Rahmen einer Strafexpedition nach Äthiopien unter dem Kommando von Robert Napier den dortigen König Negus Theodor II. vernichtend schlugen. Diese schon unter Queen Victoria stattfindende Expedition machte Robert Napier nach der Rückkehr zu einem reichen Mann und Baron Napier of Magdala, obwohl er die Stadt, nach der er seinen Titel erhielt, nach massivem Beschuss niederbrennen ließ, sich der äthiopische König schon erschossen hatte. Der anschließende Raub von Kunstschätzen und mehr aus Magdala ist bis heute nicht rückabgewickelt worden, noch ruhen die Schätze in englischen Museen und Äthiopier kämpfen um Teile ihrer Kultur in der Negus zum Nationalhelden avancierte, der sich den imperialen Briten frech und frei entgegenstellte.
Beim heute engen Verbündeten der Briten, den USA, brachen am 13. April 1873 in Colifax im Bundesstaat Louisiana schwere Rassenunruhen aus, denen bis zu 150 Menschen zum Opfer fielen. Beim Colifax-Massaker überwältigten bewaffnete, weiße Rassisten freigelassene Sklaven und die schwarze Bürgerwehr. Sie ermordeten alle Gefangenen. Bis 1877 blieben darum Truppen des Bundes in Colifax stationiert. Ihr Rassismusproblem haben die USA bis heute nicht gelöst. Die Grausamkeit des Massakers und der Blick immer noch viele weißer Bewohner der Südstaaten der USA zeugen von einem tief verwurzelten Rassismus, der durch die sozialen Strukturen noch verstärkt wird, weil arm geborene Afroamerikaner bis heute sehr viel schlechtere Chancen zu Integration und Aufstieg haben, damit anfälliger für Kriminalität und Gewalt sind, als Mittel dagegen meist nur Gewalt genutzt wird, bis wieder neue Rassenunruhen ausbrechen, an denen auch ein schwarzer Präsident nichts ändern konnte.
Wieder die Briten zeigten am 13. April 1919 in Amritsar im Punjab, Indien, ihre Haltung gegenüber der indischen Bevölkerung. Beim Massaker von Amritsar eröffneten die britischen Truppen das Feuer auf eine Menge unbewaffneter Demonstranten, töteten 400 und verletzten 1000 von ihnen. Die Sikhs, Muslime und Hindus hatten für die Unabhängigkeit Indiens demonstriert als britische Soldaten und indische Gurkhas das Feuer auf Männer, Frauen und Kinder gleichermaßen eröffneten. Es war vorher auf Initiative des Indischen Nationalkongressess zu Massendemonstrationen im ganzen Land gegen soziale Ungerechtigkeiten und Ungleichbehandlungen gekommen. Aufgrund dabei entstandener Unruhen galt ein weitgehendes Demonstrationsverbot und ein Schießbefehl bei Zuwiderhandelungen.
Das Massaker fand in einem von Mauern umgebenen Park statt. Manche Quellen berichten, die Soldaten hätten vor dem ersten Schuss noch gewarnt. Der einzige Fluchtweg von dem mit Mauern umfriedeten Platz aber war von Soldaten selbst versperrt. Die Debatte um die Zahl der tatsächlichen Opfer ist bis heute nicht abgeschlossenen. Brigadegeneral Reginald Dyer behauptete, er habe sich einer revolutionären Armee gegenüber gesehen und darum dem Punjab eine “Lektion Moral” erteilt. Als Folge des Massakers und um den beginnenden Unruhen zu begegnen, wurde der Brigadegeneral zunächst in den inaktiven Zustand versetzt und sodann mangels Komando auf den Rang eines Oberst zurückgestuft. Der damalige Oberkommandeur stufte Dyer sodann als für weitere Beförderungen nicht geeignet ein.
Winston Churchill verurteilte das Massaker als außergewöhnlich monströses Ereignis, das in einzigartiger und unheilvoller Art für sich selbst steht. Dyer sagte vor dem Untersuchungsausschuss aus, er halte es für möglich, dass er die Versammlung auch ohne zu schießen, hätte auflösen können, doch wollte er verhindern, dass der ausgelacht würde und er wäre nicht dazu bereit gewesen, sich lächerlich zu machen. Weltweit wurde das Massaker einhellig verurteilt, nicht jedoch in Großbritannien. Dort begrüßten hohe Offiziere die Niederschlagung einer weiteren indischen Meuterei, das britische Oberhaus stellte Dyer eine ausdrückliche Empfehlung aus und die Tories ehrten ihn mit einem edelsteinbehangenen Kreuz mit der Aufschrift “Retter des Punjab” und der Morning Post sammelte 26.000 Pfund zur Unterstützung Dyers, dem die Pension nahegelegt worden war.
Das Massaker stärkte die indische Unabhängigkeitsbewegung und erhöhte die Wut im Land. Im Jahre 1940 erschoss ein Sikh den ehemaligen Gouverneur mit der Begründung, dieser haben den Geist seines Volkes zerstören und unterdrücken wollen und es darum verdient. Udham Singh wurde für diese Tat hingerichtet. Es dauerte bis 1997, dass die britische Königin Elisabeth II. einen Kranz für die Opfer am Ort des Massakers nierderlegte.
Die Haltung des Offiziers, der, um sich nicht lächerlich zu machen, lieber hunderte Menschen erschießen lässt, zeugt von einer zutiefst rassistischen Gesinnung, wie sie dem damaligen kolonialen Geist entsprach. Die Haltung vieler Briten dazu war erschreckend, weil sie zeigte wie weit ihr Herrenmenschendenken ging. Die Türkei hat bis heute nicht die Verantwortung für den Völkermord an den Armeniern übernommen. Im Gegenteil tut Sultan Erdogan alles, die nationalistische Sicht auf diese Ereignisse aufrechtzuerhalten, die auch erschreckend viele Deutschtürken noch immer teilen, mit teils abstrusen Begründungen. Gelernt hat die heutige Türkei sichtbar nichts aus ihrer Geschichte, ob sie damit je ein zuverlässiger Partner sein kann oder mit der Verleugnung nur die Basis für eine neue Vernichtungspolitik wie gerade gegen die Kurden legt, sollte strenger geprüft werden, auch inwieweit ein solcher Staat je zuverlässiger Vertragspartner sein kann, der Europa nach momentander Situation leicht erpressen kann. Jenseits der Frage, wie zuverlässig diese Türkei je ist, bleibt offen, welche Alternative es derzeit für die Menschen auf der Flucht gibt und was eine angemessene Antwort Europas wäre, um sich seiner Verantwortung zu stellen.
Am 13. April 1943 meldete der Großdeutsche Rundfunk die Auffindung von Massengräbern mit polnischen Offizieren in Katyn bei Smolensk. Die Sowjetunion stritt in der Folgezeit jede Beteiligung am Massaker von Katyn ab.
Die Angehörigen des NKWD, des sowjetischen Volkskommisariats für innere Angelegenheiten hatten vom 3. April bis 4. Mai 1940 etwa 4400 gefangene Polen. größtenteils Offiziere in dem dem Wald bei Katyn erschossen. Die Tat gehört zu einer Reihe von Morden an polnischen Offizieren, Polizisten und Intellektuellen, bei der etwa 25.000 Menschen getötet wurden. Die Massenmorde waren von Stalin selbst entschieden und daraufhin vom Politbüro der Kommunistischen Partei ausgeführt worden. Der Name Katyn wurde zum nationalen Symbol des Leidens der Polen unter sowjetischer Herrschaft.
Die Massengräber waren bereits 1942 von polnischen Zwangsarbeitern entdeckt worden, wurden vom deutschen NS-Regime aber erst 1943 bekanntgegeben, um einen Keil in die Koaliton gegen Deutschland zu treiben, von eigenen Massakern abzulenken. Die Sowjetunion leugnete jede Verantwortung, verweigerte eine internationale Untersuchung, lastete die Schuld den Deutschen an und hielt an dieser Geschichtsfälschung bis 1990 fest. Bereits in den 50er Jahren hatten polnische Historiker und ein vom US-Kongress eingesetzter Ausschuss die sowjetische Schuld bewiesen. Erst nach neuen Dokumentefunden im Jahre 1990 räumte der damalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow die Verantwortung der UDSSR ein und entschuldigte sich beim polnischen Volk. Putin und Tusk gedachten 2010 erstmals gemeinsam der Opfer. Jedoch gab es für noch lebende Täter bis heute keine Strafverfolgung in Russland. Angehörige der Opfer klagten in Russland vergebens auf Einsicht in die Ermittlungsakten, Auskunft über die Todesumstände, deren juristische Rehabilitierung und Entschädigung.
Das Auftreten des russischen Präsidenten Putin ist dabei im Gegensatz zu der Entschuldigung durch Gorbatschow zweischneidig. Einerseits gedenkt er der Opfer, andererseits verweigert er weiter Aufklärung und Entschädigung und die Täter des NKWD werden in neuer Sowjet-Verklärung nicht angetastet, was die Übernahme der Verantwortung als gesellschaftlichen Prozess in Frage stellt. Hat Russland wirklich je etwas aus den Verbrechen der Stalin-Zeit gelernt?
Wie kann ein Partner werden, wer sich seiner historischen Verantwortung nicht stellt und wie sehr ähnelt Putin hier auch Erdogan?
Wäre das gemeinsame Gedenken mit Tusk und das Geständnis von Gorbatschow der Schlüssel zu einem neuen Umgang mit der Geschichte, könnte Russland hier durch Vertrauen stärker eingebunden werden?
Führt Anklage, Konfrontation und Isolation hier weiter oder ist es sinnvoller im Wege des Dialoges langsame Brücken zu bauen?
Ein letztes Massaker kurz vor Kriegsende am 13. April 1945 begingen KZ-Wachmannschaften, Luftwaffensoldaten, Angehörige des Reichsarbeitsdienstes und KZ-Kapos an über 1000 KZ-Häftlingen. Der Massenmord fand in der Isenschibber-Feldscheune in der Nähe der Stadt Gardelegen statt. Wegen der sich nähernden Alliierten waren verschiedene Außenlager der Konzentrationslager im Harz und im Großraum Hannover geräumt worden. Über 1000 kranke Häftlinge sollten bevor die Alliierten Truppen kamen noch zur Vernichtung nach Bergen-Belsen transportiert werden, wobei keiner der Häftlinge wusste, was ihm bevorstand. Aufgrund der kriegsbedingten Unterbrechung der Bahnlinien und die Zerstörung zahlreicher Lokomotiven konnte der Transport nicht mehr realisiert werden. Die Häftlinge wurden daraufhin auf den Marsch in eine Kaserne in Gardelegen geschickt. Inzwischen hatte NSDAP-Kreisleiter Gerhard Thiele die Ermordung der noch übrigen Gefangenen vorbereitet. Die Gefangenen wurden in Kolonnen zu je 100 Personen in Richtung der Feldscheune nahe dem Gut Isenschnibbe geschickt.
Die Scheune war verriegelt und die Gefangenen wurden dort eingesperrt. Der Boden war mit benzingetränktem Stroh bedeckt, das die Bewacher anzündeten. Mehrfach konnten die Gefangenen es noch mit eigener Kleidung löschen oder austreten. Die Wachmannschaften schossen sodann ins Innere der Scheune. Dabei wurden Maschinengewehre, Handgranaten, Panzerfäuste, Signalmunition und Phosphorgranaten verwandt. In der Nacht wurde mehrfach Benzin aus Gardelegen herbeigeschafft, um die Leichen in der Scheune zu verbrennen. Das Verscharren der verkohlten Leichen gelang nur unvollkommen, obwohl zahlreiche Männer aus Gardelegen noch dabei halfen.
Am 14. April nahm die 102. Infanteriedivision Gardelegen ein und die Kapitulation erfolgte genau 24 Stunden nach Beginn der Massenmorde. Einen Tag darauf am 15. April 1945 entdeckten US-Soldaten den Ort des Geschehens. Die Zahl der Überlebenden wird dabei nach unterschiedlichen Quellen zwischen 7 und 33 angegeben. Beteiligt an der Ermordung waren NSDAP-Funktionäre, Männer der SS und Waffen-SS, Soldaten der Luftwaffe und der örtlichen Kavallerieschule, Mitglieder einer Falschirmjägereinheit, Polizeikräfte, Angehörige der Hitlerjugend, Volkssturmmänner und Angehörige des Reichsarbeitsdienstes, wie des Technischen Notdienstes und der Feuerwehr, sowie 25 Kapos, die kurz zuvor freigelassen und in Wächteruniformen gesteckt worden waren.
Die Amerikaner erschossen 20 SS-Männer als Beteiligte am Massenmord noch an Ort und Stelle. Der Hauptverantwortliche für den Massenmord, der NSDAP-Kreisleiter und SS-Obersturmbannführer Gerhard Thiele entkam unerkannt und konnte untertauchen, er starb 1994 in Düsseldorf und wurde erst danach erkannt.
Die breite Beteiligung an der Tat zeigt, die bestialische NS-Ideologie war in weite Kreise der Gesellschaft eingedrungen, die sograr noch kurz vor Kriegsende sich gehorsam und eifrig am Massenmord beteiligte. Der Wert eines Menschenleben war gering und es war nicht nur eine kleine böse Elite, die sich zum Morden bereit fand, sondern weite Teile der Gesellschaft wie die Herkunft der Beteiligten am Massaker verdeutlicht. Auch wenn unklar ist, inwieweit die Täter nur vor der Wahl standen, zu erschießen oder selbst erschossen zu werden, wenn sie nicht mithalfen und Angst verbreitet war, wäre die organisierte und bestialische Ermordung von über 1000 Menschen innerhalb von 24h nicht ohne aktive Mitarbeit weiter Teile der Bevölkerung möglich gewesen. Die Hansestadt Gardelegen liegt in Sachsen-Anhalt, wo der rassistische AfD bei den letzten Wahlen in weiten Teilen nahezu 30% Zustimmung fand und Brandanschläge oder Übergrife gegen Flüchtlinge an der Tagesordnung sind. Zu DDR-Zeiten gab es eine große Gedenkstätte im monströsen DDR Stil und es gab einen jährlichen Gedenktag am 14. April zu dem die SED alle rief. In der Bundesrepublik wird weniger zentral, stiller und am Tag des Massakers gedacht.
Die Schrecken der Verfolgung an diesem 13. April reichen weit durch die Jahrtausende. Ob die Menschen etwas daraus gelernt haben, scheint zweifelhaft. Der Bundeskanzlerin wird ihr Einsatz für Verfolgte, denen sie Zuflucht bot, übel genommen und zum Vorwurf gemacht, weil die Menschen voller Missgunst und Neid Angst haben, zu kurz zu kommen. Merkel flüchtet sich mit der Türkei in schlechte Kompromisse mit einem Autokraten, gegen den im Sinne unserer Wertordnung eher mit Sanktionen vorgegangen werden müsste. Dennoch könnte dies Vorgehen in der momentanen Situation geboten sein, um der Lage Herr zu werden und ist daneben, wenn wir einen rechtsstaatlichen Prozess hier zulassen, eine wunderbare Gelegenheit dem Türken einen funktionierenden Rechtsstaat vorzuführen, der ihn gehörig lächerlich machen wird mit seinem Wunsch nach Rache.
Problematisch könnte sein, inwieweit der islamistische Politiker auch den türkischen Teil der hiesigen Bevölkerung aufhetzen kann mit seiner These von der Beleidigung aller Türken und dem Appell an das Ehrgefühl seiner Landsleute. Richtig ist das Argument mancher Türken, dass es in der Türkei keine rechtsradikalen Übergriffe gegen Flüchtlinge gibt und sich Deutschland dafür schämen sollte. Auch das Auftreten der rechtsradikalen Vaterlandsverteidiger schadet dem Ansehen des Landes und nimmt den Einwendungen gegen die Menschenrechtsverletzungen Erdogans viel an Glaubwürdigkeit.
Vielleicht wäre es darum klüger, sich an dieser Stelle mit Kritik an der Türkei zurückzuhalten, wie es die Kanzlerin aus welchen Gründen auch immer derzeit tut, um zunächst die eigenen Hausaufgaben in dieser Sache zu erledigen. Solange deutsche Geheimdienste und ihre V-Männer im Verdacht stehen, rechtsradikale Terroristen und Mörder gedeckt zu haben, keinen Überwachungsbedarf angesichts einer rechten Szene sehen, die massiv rassistische Ausgrenzung betreibt und einer Partei deren Führung sich dafür ausspricht an der Grenze auf Flüchtlinge zu schießen, scheint der Ankläger und Verteidiger der Meinungsfreiheit wenig Glaubwürdigkeit zu besitzen.
Das Gedicht war rassistisch und böse im Tenor, es sollte zwar nur zeigen, was nicht geht, lotete genau die Schmerzgrenzen der Beleidigung und Diskriminierung aus, auch wenn es das erklärtermaßen nicht sollte. Es gibt keinen Grund, sich hinter diesen Text zu stellen, der eher wie ein pubertäres Bubenstück rassistischer Jugend in Sachsen-Anhalt klingt, wo Gardelegen liegt. Es ist gut, die Meinungsfreiheit genau wie bei Charlie Hebdo zu verteidigen und die Kunstfreiheit der Satire, die hervorragend auch unsere Regierung an ihre Grenzen führte und die Gelassenheit verlieren ließ. Aber es ist fragwürdig dies um des Wortlautes eines eigentlich rassistischen Gedichtes zu tun. Der Text ist klar abzulehnen, der Kontext in dem er stand, machte aber deutlich, es sollte kein rassistischer Angriff, sondern die Auslotung der Grenzen dessen sein, was zulässig ist. Dies wird die Rechtsprechung ähnlich beurteilen und wir können ruhig auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vertrauen, das der Meinungsfreiheit einen extrem hohen Wert beimisst. Muss zum Glück kein Urteil über diesen Text fällen und auch die Politik des türkischen Präsidenten nicht beurteilen, zu vermuten, diese Prozesse werden ihm eher eine Lektion in Sachen Rechtsstaatlichkeit erteilen, liegt aber näher, als die Angst ein Prozess gegen den Autor könnte die Meinungsfreiheit hier verraten und die Bürger müssten auf die Straße gehen, sie in Solidarität mit Böhmermann zu verteidigen.
Eher macht mir der Zuspruch für die offen rassistischen Äußerungen im Mantel der Satire aus der rechten Ecke Sorge, die keine Verteidigung der Meinungsfreiheit beabsichtigen, sondern ausschließlich die Bloßstellung der Kanzlerin wünschen und die öffentliche Bestätigung ihrer Vorurteile feiern, vermutlich meist nicht einmal die doppelte Ironie dieser Satire verstanden. Warum verteidigt Springer Böhmermann so massiv und stellt sich hinter einen Text, der, wäre er gegen den israelischen Ministerpräsidenten gerichtet, hier sofort den Schrei nach Verurteilung ertönen lassen würde?
Solidarität verdient der Künstler Böhmermann nun nicht für ein schlechtes Gedicht, das mit dummen Vorurteilen spielt, auch wenn Erdogan mit seiner cholerischen Reaktion sie fast zu bestätigen scheint, sondern weil er bedroht wird, Polizeischutz braucht und damit ein Misserständnis zur Staatsaffäre wird, in der ein demokratieferner türkischer Präsident, der sich wie ein beleidigter Pascha aufführt und die hiesige türkische Bevölkerung so aufhetzte, dass sich ein Künstler bedroht sieht. Da muss die Kunstfreiheit und der Mensch verteidigt werden, nicht seines schlechten Gedichtes wegen, sondern weil ein Deutscher zum Opfer der Hetze eines türkischen Politikers zu werden droht.
Vielleicht wäre es klug, wenn Böhmermann Erdogan erklärte, dass der Text keine Beleidigung war sondern erklären sollte, was nicht geht, er ihn nicht so beleidigen wollte, es nur eine satirische Überspitzung verbreiteter Vorurteile auf rassistischer Basis war, um zu zeigen, was hier nicht geht. Vermutlich ließe sich diese Affäre dann schmerzloser erledigen, bevor es mal wieder zu Morden oder Massakern kommt. Die Geschichte warnt uns zumindest wie schnell eine solche Situation kippen kann und mein Vertrauen in die gerade so lauten deutschen Freiheitskämpfer ist nicht so groß, dass ich annehmen würde, sie stimmten nicht insgeheim doch dem Gedicht zu und freuten sich daran, was, wäre es so gemeint, allen Grund zu einer Anklage und womöglich Verurteilung gäbe. So kritisch ich Erdogan sehe, würde ich doch eine solch rassistische Beurteilung seiner Person immer ablehnen und finde es wichtig, dass der Rechtsstaat da die Grenzen des Anstandes wahrt. Was übrigens auch für viele der nicht nur latent rassistischen Kommentare gegen Geflüchtete in allen sozialen Netzwerken gilt. Sie wären auch einer Verfolgung wert und wenn der Springer Chef Döpfner behauptet, er stünde hinter dem Gedicht, fragte sich eher, wer den Wertkonsens des Grundgesetzes nicht verstanden hat.
Ein wenig Zurückhaltung und mehr Höflichkeit im Umgang könnte allen gut tun, die sich öffentlich äußern, um nicht noch die Brandstiftung weiter zu treiben. Es braucht keine Solidarität mit der gefährdeteten Meinungsfreiheit hierzulande, das ist albern, es braucht nur Solidarität mit einem bedrohten Menschen, wie mit allen bedrohten Menschen.
jens tuengerthal 13.4.2016
Mittwoch, 13. April 2016
Liebesrealität
Während du unsichtbar warst
Im großen Funkloch vor Westafrika
Kamst du mir näher als je seit du
An Bord gingst weil Post von dir kam
Seltsam wie nah mir Briefe kommen
Während wir doch oft telefonierten
Weil es ist als wäre etwas von dir da
Was virtuell nur Illusion immer bleibt
Ein Brief ist da wo du nicht da bist
Kommt aus deinen Händen ist nicht
Nur irgendwie digital vermittelt
Sondern du ganz nah bei mir
Auch wenn ich nur lese was ich
Doch längst von dir hörte bleibt
Mit dem Papier mehr in meiner
Hand als nur elektronische Signale
Braucht die Liebe mehr Wirklichkeit
Als sie digitale Worte je liefern
Fragt sich der Dichter mit Blog
Dir durch Papier gerade ganz nah
Sind Liebesbriefe nur handgeschrieben
Echt für uns im schnellen Strudel der
Digitalen Welten frage ich mich doch
Erstaunt was wohl wirklich ist
jens tuengerthal 13.4.2016
Dienstag, 12. April 2016
Kulturgeschichten 0187
Würde einer, der einen anderen entführt, um dessen Gattin zur Herausgabe ihm vermeintlich vertraglich zustehender Dinge zu erpressen als Ehrenmann und Guter oder eher als Verbrecher heute gelten?
Gilt unter Privatleuten hier das gleiche wie zwischen Herrschern, die auch für ihr Land zur Verantwortung gezogen werden?
Pacta sunt servanda sagen die Juristen und meinen damit, dass Verträge einzuhalten sind und haben es teils im Gesetz schwammig normiert und nennen es andererseits den Grundsatz von Treu und Glauben, der sich aus dem Völkergewohnheitsrecht ergäbe.
Völkergewohnheitsrecht, was für ein Wort, dachte ich, als gäbe es Gewohnheiten, die sich bei allen Völkern glichen und würde etwas weil wir es gewohnt sind zum Recht, als könnte dies die Steinigung von Ehebrechern oder die Klitorektomie rechtfertigen, um gleich zwei Schreckgespenster zu nennen, die an anderen Orten als gutes und gewohntes Recht gelten und ich frage mich, wie solch absurde, menschenverachtende Sitten, die noch dazu meist dem Aberglauben folgen, Recht sein können und erinnere mich, was aus Sicht der Inquisition hier noch vor 300 Jahren für ein tödliches Recht gesprochen wurde und der unterentwickelte Aberglaube der arabischen Halbinsel ist ja noch 600 Jahre jünger, wonach damit zu rechnen wäre, dass sie noch etwas brauchen, sich zu zivilisieren, schriebe nun der einfältige Pegide in der Überzeugung die Welt zu verstehen, auch wenn er keine Ahnung davon hat, dass die Kultur der ältesten medizinischen Fakultät Europas in Neapel, die noch von Friedrich II. gegründet wurde, ihr Wissen von den Arabern bezog, da der kluge Staufer, lieber verhandelte als für seinen zufälligen Aberglauben der jüdischen Sekte, die sich Christen nennen, andere zu töten, weil er sich als dann König von Jerusalem beim Oberguru von Rom wieder beliebt machen wollte, der ihn nicht mehr mitspielen lassen wollte, was für einen auf Gott gegründeten Herrscher ein Legitimationsproblem bedeutete.
Aber sehen wir von den kleinem Spott gegen den Aberglauben einmal ab, der Menschen schon immer zu erstaunlichen Verrenkungen brachte, sind sich alle ziemlich schnell einig, dass, was sie vereinbart haben, gelten soll - zumindest solange sich nichts besseres findet, was schnell die Jongleure der Legitimation weckt, die aus dem Nichts Begründungen konstruieren, die mit Eigentum oder Besitz Tango tanzen, was im Deutschen ja nicht das selbe ist, sondern streng getrennt wird. Das nennen die Juristen dann Trennungsprinzip und die seperate Betrachtung der Gültigkeit der Verpflichtungsbefugnis wie der Fähigkeit über das Ding an sich zu verfügen, nennen sie Abstraktionsprinzip, eigentlich ganz einfach, wer etwas in den Händen hält, mag es besitzen, es gehört ihm damit noch lange nicht, er kann nicht darüber verfügen sondern nur dejenige, der das Recht dazu hat, also meist ein Eigentümer.
Darauf vertrauen können, dass Verträge gelten und eingehalten werden, sorgt für Stabilität und verhindert Unfrieden. Wer etwas leistet, soll dafür seinen Lohn bekommen und wer etwas erhält dafür bezahlen. So weit so einfach, der Rest beschäftigt Gerichte, solange es Menschen gibt, hat die Jurispudenz zum mächstigsten Fach gemacht, weil sie entscheidet, was erlaubt ist und was nicht, wenn zwei sich nicht einigen können.
Ob das am Vertrag an sich oder an denen eher liegt, die ihn schließen, könnte vielleicht manche Probleme klären, bevor sie entstehen.
Grundsätzlich besteht Vertragsfreiheit, wir können uns also vertraglich über alles einigen, was uns gefällt, solange es nicht durch ein anderes Gesetz verboten ist. Könnte mich also vielleicht mit jemand darauf einigen, mich zur Bezahlung meiner Schulden als Sklave zu verkaufen, doch verstieße die so genannte Versklavung gegen höheres Recht und sogar Grundrechte, ist verboten, warum dieser Vertrag unwirksam wäre, ich frei bliebe. Anderes gilt, wenn die faktische Sklaverei nicht so heißt sondern etwa Arbeitsvertrag.
Für die Römer, die im 1. Bis 3. Jahrhundert etwa den obigen Grundsatz entwickelten, waren nur Verträge einklagbar, die einer bestimmten Form genügten, der Rest galt als nicht klagbare bloß private Verabredung. Auch weil dies viele als ungerecht empfanden, weil bloße Formalien so vermeintliche Rechte beschnitten, wurde im Mitelalter langsam entwickelt, womit wir uns bis heute an Verträgen herumschlagen und die außer in bestimmten Fällen an keine Form mehr gebunden sind. Die armen schutzlosen Verbraucher wurden dafür durch ein Meer an weiteren Vorschriften geschützt, während die kurzzeitig reichen aber vermutlich genauso armen Verkäufer dann durch andere Vorschriften geschützt wurden, welche Gerechtigkeit wieder herstellen sollten, was immer das sein soll . Damit dies der Verbraucher nicht sofort bemerkt und sich nicht jede Seite ständig beschwert, wurden diese Vorschriften alle gut getarnt und waren immer mehr nur den Spezialisten bekannt, die dann je nach Qualität für die mehr oder weniger erfolgreiche Durchsetzung von Ansprüchen sorgten und sich dafür gut bezahlen ließen, woran sich seit dem Mittelalter wenig geändert hat.
Schon in frühen Sagen verpflichteten sich die Menschen durch Verträge teils den Göttern oder einander, was sie, wenn es besonders pathetisch sein sollte, gern durch Blut und Siegel bestätigten und heilig hielten.
Vertrag beginnt mit den gleichen drei Buchstaben wie Versprechen, nur wird danach getragen, wärend dort gesprochen wird und so weist die bloße Buchstabenkonstruktion vielleicht tiefer auf die Bedeutung und die immer wieder begründete Sorge. Auch wenn ein Vertrag doch regeln soll, wie zwei sich vertragen. So ist bestes Beispiel dafür, dass eine Verbindung weniger von Liebe als von kühlem ökonomischen Interesse getragen wird, der Ehevertrag, der die sonst gesetzlichen und finanziellen Verbindlichkeiten füreinander beschränkt, um das Vermögen zu schützen.
Wo wir vertrauen, denken wir selten über Verträge nach, sondern lassen es lieber laufen, weil es schon so stimmt und eigentlich könnten wir das getrost, da es ja gesetzliche Regelungen gibt, die im Streitfall für gerechten Ausgleich sorgen sollen. Wer also vorab lieber misstraut und seine Beziehungen mit Verträgen regeln will, müsste in keine Beziehung treten, da der Grund dafür, die Sehnsucht anzukommen und zu vertrauen, von vornherein in Frage gestellt wird.
Dennoch scheint es uns normal, seine Dinge vertraglich miteinander zu regeln und auch wenn wir das nicht einmal bewusst tun oder wollen, werden wir in Verträge miteinnader gebunden durch die faktische Wirkung unserer Worte. Wenn ich jemandem meine Liebe erkläre und sage, ich möchte immer mit ihm zusammenbleiben, dann ist dies quasi eine Verlobung, die damit bestimmte rechtliche Ansprüche verbindet. Gab sich früher etwa eine Jungfrau ihrem Verlobten hin und löste dieser danach die Verlobung ohne triftige rechtliche Gründe, der bloße Verlust des Gefühls genügte dafür nicht, auch wenn es behauptet die Basis war, konnte die so getäuschte Verlobte für den Verlust ihrer Unbescholtenheit Schadensersatz verlangen. Der Schadenersatz wegen Verlust der Unbescholtenheit spielt heute keine große Rolle mehr im gerichtlichen Alltag, auch wenn es Menschen aus der muslimischen Kultur hier gibt, die nicht so darüber lachen, wie ich es gerade schreibend tue.
Ob diese Regelung oder die immer noch geltende Pflicht zu Rückgabe oder Schadensersatz für alle Verlobungsgeschenke bestätigt, dass die Ehe auch nichts als eine Form der Prostitution ist, in der es um Hingabe für Hergabe geht, ein Rechtsgeschäft, das den Sex berechenbar macht, soll hier nicht Thema sein, auch wenn es interessant wäre, hier gerade das immer noch Denken mancher Frauen kritisch zu hinterfragen, die es schon gut finden, wenn es sich irgendwie lohnt für sie. Doch hat alle Erfahrung gezeigt, dass diese auch dabei selten lohnend sind, weil sie es nicht aus Lust sondern aus Berechnung tun und jede weitere Betrachtung daher entbehrlich ist, was genauso für diejenigen mit enttäuschten Erwartungen gilt - doch auch dies ist nicht Thema und fern liegt es mir, hier über den gößeren Teil der Frauen zu hetzen, die ich lieber liebe. Freue mich lieber daran, dass es auch andere gibt und wenn sie mir begegnen, mir eine nahe ist. Aber abgesehen von dieser dem Glücksmotto folgenden Betrachtung wäre eine damit soziologische Relativierung der Ehe als gewünschte Form der Prostitution, die Fortpflanzung und Triebbefriedigung regelt, wünschenswert, um sich freier zu begegnen, die falschen Erwartungen vieler an die Ehe nicht zu enttäuschen, nur ist sie hier nicht Thema, auch wenn es fast um ähnliches geht.
Am 12. April 1433 trat Jakobäa von Straubing-Holland im Haager-Vertrag die Grafschaften Hennegau, Holland, Seeland und Friesland an Philipp von Burgund ab, der zuvor ihren Ehemann Frank von Borsselen hatte entführen lassen, weil er um sein Erbe nach dem Delfter-Versöhnungsvertrag fürchtete.
Ein Erpresser begründet vertraglich die Herrschaft Burgunds über die Niederlande, die später habsburgisch, dann spanisch, was ja auch habsburgisch war lange und schließlich wieder habsburgisch wurde, als Spanien nicht mehr habsburgisch blieb, bis sie sich befreiten. Jakobäa, welche die Franzosen Jaqueline nennen, was in Kenntnis der Sprachgewohnheiten der ostdeutschen Provinz lächeln lässt, war die wohl bekannteste Vertreterin ihrer Familie, die mit ihr, die im Alter von 35 kinderlos starb, leider ausstarb. Sie hatte schon im Delfter-Versöhungsvertrag ihren Vetter Philipp unter Druck ihrer Familie als Erben einsetzen müssen, mit dem Haager-Vertrag trat der Burgunder Prinz sein Erbe sofort an, um erneuten Sinneswandlungen der bayerisch-niederländischen Prinzessin vorzubeugen, sich sicher zu sein seines Besitzes und der Zukunft.
Phillipp III. von Burgund hieß auch der Gute und war der Sohn von Johann Ohnefurcht und Margarete von Bayern. Er schuf sich mit dem Herzogtum Burgund ein eigenes Reich zwischen Frankreich und Deutschland, das von beiden Gebiete nahm, warum er immer wieder mit beiden sich anlegte, aber auch eine geschickte Politik der Machtballance betrieb. Sein Sohn, den er mit seiner dritten Frau bekam, einer Isabella von Portugal, war Karl der Kühne, der den Besitz Burgund weiter stabilisierte aber ihn auch durch zu hohes Risiko in der Schlacht beinahe wieder verlor und nur durch die Hochzeit seiner Tochter mit dem Sohn von Kaiser Friedrich III., dem später als letzter Ritter bekannten Maximilian I. und die damit quasi Fusion Burgunds mit Habsburg wurde der Besitz noch eine zeitlang gehalten, auch wenn sich schon Maximilian mit den französischen Valois auf eine Teilrückgabe einigen musste, blieben die Niederlande, bis auf den protestantischen Teil bis zum Ende, der sich nach achtzig Jahren Krieg endlich erfolgreich abspalten durfte, habsburgisch und heißen heute nur Belgien und haben andere Probleme als Burgund oder Flandern derzeit.
Das Prinzip Kusinen oder sonstige Adelige erst mit Verträgen zu binden und dann aus Furcht, sie könnten sich nicht daran halten, das Land einfach zu besetzen, wendete Philipp noch einige male erfolgreich an, so auch bei Luxemburg, was die burgundischen Lande schön nach Süden abrundete. So setzte Philipp die Gültigkeit von Verträgen, wo er es für nötig hielt, eigenmächtig außer Kraft vorgeblich um seine vertraglichen Rechte zu sichern, vermutlich auch, um sich durchzusetzen als Herrscher im Zwischenreich. Kluger Machtpolitiker, wacher Stratege, war er wohl auch ein guter Ökonom, schauen wir uns an, wie die Prachtentfaltung seines Hofes den von Paris weit übertraf. Berühmt sind sein Stundenbuch wie die von ihm gegründeten Teppichwebereien in Flandern. Bleibende Spuren hinterließ auch der von ihm anläßlich seiner dritten Hochzeit mit der Portugiesin Isabella gegründete Orden vom Goldenen Vlies, den Habsburg später als Hausorden weiterführte mit einer besonders katholischen Schar von Rittern und so galt das olle Schaffell aus Gold, das natürlich ein Widderfell sein sollte und an die Argonautensage vom Goldenen Vlies erinnerte, wie noch eine parallele biblische Geschichte um Gideon, als besondere Ehre und Auszeichnung durch den Kaiser, der es mit Habsburg und Maximilian seit diesem als Hausorden hatte. Es gab davon eine spanische und eine österreichische Variante, die das Haus Bourbon in Spanien auch übernahm. Die Ritter waren alle gleich und durften etwa die Gemächer des Königs jederzeit und mit Hut betreten und waren unter Philipp und lange noch von allen Abgaben freigestellt.
Ob ihm dieser auch alberne Orden, so ist der eher lustige Sarkozy heute Mitglied der spanischen Variante, weil der kleine Gernegroß einen hohen Geltungsdrang hat, dahingestellt ob das auch daran liegt, dass er das Kind griechischer Einwanderer war, den Spitznamen der Gute einbrachte, sein vielfältiges Wirken für die Kunst, oder die Einigung eines Reiches auf den Spuren Karls des Großen, mag hier dahinstehen, wichtig ist, wie Verträge die damalige Welt veränderten und dies bis heute tun, wie wir an den Maastrichter Verträgen sehen, die auch als Reaktion auf die Deutsche Einheit die Einigung Europas unumkehrbar machten, beschlossen zwischen Frankreichs Präsident Mitterrand und Deutschlands Kanzler Kohl.
Europa hat sich auch durch Verträge aneinander gebunden, die eine immer weitere Einigung bei geteilter Verantwortung garantieren sollten, wo dies von nationalen Egoisten bei den ersten Krisen, sei es in Griechenland oder durch Flüchtlinge wieder in Frage gestellt wird, fragt sich, was die viel beschworene Union noch wert ist und an wem es immer wieder scheitert, warum der Einigungsprozeß in Europa lahmt, wem das Verständnis für die zentralen Bedürfnisse fehlt.
Der noch lebende Vater der EU, ein altersschwacher Greis Kohl, über dessen noch Zurechnungsfähigkeit besser nicht debattiert werden sollte, auch aus Gründen der Höflichkeit, traf sich mit dem Ungarn, dem Repräsentanten der neuen Rechten, weil er fürchtet, Merkel mache ihm sein Europa kaputt. Auch Großbritannien will teilweise weg aus Europa, nachdem es mühsam noch Schottland bei sich gehalten hat und kann sich das, aller großen Töne des Panama engagierten Premiers zum Trotz, eigentlich nicht leisten. Währenddessen versucht Merkel die Europäer durch vorbildliches Verhalten zum gemeinsamen Kurs zu zwingen. Die sich noch wehren, weil die Macht der Preußin, die sie alle fürchten, ökonomisch zu groß ist, hoffen insgeheim auf ihren Sturz, während sie weiter verhandeln.
Wie und ob es ohne sie weitergeht, ist noch unklar, sicher ist nur, es sind in Deutschland die möglichen Nachfolger zu dünn gesät, als das Zweifel sinnvoll wären, wenn die Stabilität im Zentrum Europas garantiert werden soll. Sie hat sich, so sehr dass die aufständischen Bayern und Nachbarn ärgert, unentbehrlich gemacht, ist alternativlos, auch wenn ihr Kurs für Europa noch unklar ist und ihre zentrale Aufgabe nicht Flüchtlinge, die Türkei oder ein mäßig komischer Satiriker sind, fragt sich, wohin es mit Europa gehen soll, wenn es sich nicht einigen kann in der Verantwortung wie in den geteilten Vorteilen, denn die Verträge, auf die sich alle beim Beitritt einigten, sind schön und gut aber wertlos, wenn sich keiner ihrem Geist verpflichtet fühlt, es beim nationalegoistischen Gegeneinander weiter bleibt.
Die Verträge von Maastricht, was auch in Philipps Burgund lag, weisen klar in eine Richtung und wer diesen Weg verlässt, sollte für die Folgen verantwortlich gemacht werden, dass scheint denen, die später dazu kamen, wie viele Länder des ehemaligen Ostblocks, nicht klar zu sein. Großbritannien wollte damals nicht mit unter den Euro und stellt sich immer wieder quer, sein Ausstieg wäre nicht weiter dramatisch, auch wenn ökonomisch vor allem für die Insel sehr ärgerlich, eine separate Union der Staaten des Ostens könnte besser sein, als Kompromisse, die nicht nach Europa passen. Dann sollen sie eben gehen, wenn ihnen das Europa nicht gefällt, in das sie unbedingt wollten, polnisch-katholisch oder ungarisch wird es sicher nicht werden.
Fraglich am Ende ist nur, ob Merkel die Gute wird, nun entschlossen wie Philipp der Gute vorgeht und den Gegnern, so sie sich weiter weigern, nach den verbindlichen Regeln für alle zu spielen, zwar nicht die Ehepartner entführt, aber einfach den Geldhahn zudreht und so die schlichteste Form der Erpressung wirksam werden lässt und wie wir an Philipp sehen, sollte sie ein wenig Gewalt und Erpressung nicht fürchten, solange sie weiter genug in Kultur und Einigung investiert, wird es ihren Nachruhm nicht beschädigen, auch wenn das Geschrei aller Orten wohl laut wird, wie in der Griechenlandkrise, die auch noch nicht gelöst ist. Merkel muss den Rest Europas, der nicht den gemeinsamen Kurs fährt, sondern eine Einigung trotzig und populistisch blockiert, nicht direkt erpressen, aber es könnten sich manche noch wundern, die sie anlässlich der lächerlichen Affäre eines öffentlichrechtlichen Satirikers mit einem türkischen Clown schon anzählten - der Kurs den Kohl und Mitterrand vorlegten, geht weiter und ob das Gemecker aus Oggersheim nun eher Alterstrotz oder Verblendung ist, kann hier dahinstehen, bald heißt es nur noch nihil nisi bene... und viele Alternativen haben wir nicht.
jens tuengerthal 12.4.2016
Abgetaucht
Nun bist du wieder abgetaucht
Im Funkloch vor Westafrika
Mit hohen Wellen wie Sturm
Auf dem Weg nach Gibraltar
Als du um 4h anriefst heute Nacht
Schlief ich leider schon
Während du auf der Brücke standest
Die Wega durch Wellen und Sturm
Nun steuerst und ich weiß doch
Eigentlich muss ich keine Sorge
Haben und doch nichts hören
Wenn du im Funkloch erst vor
Westafrika verschwunden ist hart
Und so hoffe und ersehne ich
Dass du bald wieder auftauchst
Als wüssten wir nicht längst
Wie da wir füreinander sind
Auch wo mal weg
Sich nichts ändert
Nur manchmal sind Wissen und Fühlen
Zwei unverbundene Welten
Ob das die Sehnsucht ist
Frage ich nicht mehr
Erspüre es mehr
jens tuengerthal 12.4.2016
Kulturgeschichten 0186
Löst der Fall Böhmermann einen Konflikt mir der Türkei aus, der den Versuch einer Lösung in der Flüchtlingsfrage gefährdet?
Geht es im Fall Böhmermann um Meinungsfreiheit oder bloßes Strafrecht mit dem Tatbestand der Beleidigung vielleicht auch eines fremden Staatsoberhauptes?
Gefährdet ein Komiker die politische Stabilität indem er ein innenpolitisch gerade wichtiges Abkommen mit der Türkei gefährden könnte und geht es bei dem Versuch, dies zu verhindern, um die Meinungsfreiheit?
Wer steht beim Fall Böhmermann - Erdogan - Merkel - Medien mit wem in Konflikt und wie könnte eine Lösung aussehen?
Gibt es eine Lösung für Konflikte oder muss jeder auf seine Art betrachtet werden?
Schaue ich mir das menschliche Zusammenleben an, merke ich, was im Kleinen zu Streit führt, ähnelt dem, was zu Kriegen und großen Auseinandersetzungen führt. Wo eine Seite ihren Willen mit Gewalt durchsetzen will, werden Lösungen schwer und um eine solche zu erkennen, müssen die Beteiligten oft aus ihrem System herausgeholt werden, in dem die Überzeugungen felsenfest sind und Bewegung aufeinander zu daher kaum möglich ist.
Das sehe ich, blicke ich zurück, im Streit mit denen, die ich liebte auf ganz ähnliche Art ablaufen, wie es zwischen Staaten und ihren Vertretern abläuft. In der Liebe gibt es manchmal noch Wege zur Deeskalation mittels einer Umarmung oder ähnlicher versöhnender Gesten, wenn zwei sich noch nahe sind, wo dies abgelehnt wird und die Nähe dem anderen als Angriff erscheint, wird es schwer die Liebe noch vor der Eitelkeit und dem Wunsch sich durchzusetzen zu retten, dabei könnte die Liebe die leichteste Brücke sein, Verbindung zueinander zu finden, weil sie zeigen kann, dass wir eigentlich nur glücklich sein wollen und der Wunsch sich durchzusetzen, wo wir es wagen zu lieben, leicht, hinter dem zu gönnen, zurückstehen kann - aber wem gelingt das mit seinem Partner, wenn einen die Wut packt noch, wer kann dann, neben sich treten und seine eigenen Fehler sehen?
Ob die Liebe auch ein Mittel zur Lösung zwischenstaatlicher Konflikte wäre, scheint mir eine interessante Frage, die in der formalen Diplomatie vielleicht noch viel zu wenig Beachtung gefunden hat. Es könnte daran scheitern, dass es zwischen Staaten meist an der erlösenden Erinnerung an die gemeinsame Lust fehlt, die in schweren Zeiten über manches hinweg trösten kann. Andererseits ist das Glück in Frieden zu leben, auch eine Lust an sich und sie zu würdigen also ein Wert - es müssen die Staatschefs nicht heiraten oder Sex miteinander haben, um zu erkennen, wieviel schöner es ist, friedlich miteinander zu leben, welche Probleme es alle löste und was für riesige Mengen an Energie zur Bewältigung anstehender Aufgaben frei wären, wenn wir sie nicht nutzten, misstrauisch aufeinander einzuschlagen.
Das Christentum hat diesen Gedanken zur Grundlage seiner Weltanschauung gemacht, zumindest theoretisch, denn praktisch haben sie auch nur die alte Machtpolitik meist weiter gespielt, da es viel mehr Größe kostet, zu gönnen und nachzugeben, als auf seine Ansprüche zu bestehen, wenn es auch im Ergebnis viel erleichternder ist, festzustellen, wie wenig wir brauchen, um wirklich glücklich zu sein und was am Ende übrig bleibt, wenn wir uns mehr um das Glück als das Prinzip kümmern.
Es lohnt darum der Blick in die Geschichte mal wieder, wie Menschen Konflikte gelöst haben, was das Ergebnis dieser oder jener Methode war und warum wenig überraschend am Ende immer die am besten und friedlichsten miteinander lebten, die sich weniger durchsetzen wollten, als faire Kompromisse schlossen, während gewaltsame Durchsetzung von Ansprüchen immer nur so lange gut ging, bis der andere irgendwann zufällig stärker war und dann seine auf gleiche Art durchsetzte.
Am 11. April 1111 erzwang Kaiser Heinrich V im Vertrag von Ponte Mamolo nach der Entführung von Papst Paschalis II. ein vorläufiges Ende des Investiturstreits zu seinen Gunsten verbunden mit der Kaiserkrönung am 13. April Dabei wurde ihm uneingeschränkte Investitur zuerkannt, zumindest solange Paschalis im Amt war, was bei meist älteren römischen Päpsten ganz natürlich immer eine relativ beschränkte Zeit ist.
Investitur meint das Recht zur Einsetzung von Bischöfen und Priestern, was der oberste Hirte in Rom so sehr für sich in Anspruch nahm wie der Kaiser, der mit der Besetzung von auch fürstbischöflichen Ämtern einen wichtigen Einfluss auf die Macht im Reich nahm, da offiziell kinderlos er in nichterbliche Ämter immer wieder ihm gewogene Adelige einsetzen konnte, die damit Teil der Kurie wurden, die den Kaiser im Reich kürte, also wählte und so stießen weltliche und und kirchliche Macht zusammen, da es um wichtige Bischöfe ging, die auch den Kurs der Kirche mitbestimmten, oft Kardinäle wurden und also auch den Papst wählten.
Schon Heinrichs Vater, Heinrich IV., aus dem Geschlecht der Salier, deren letzter Heinrich V. wurde, da kinderlos, hatte diesen Konflikt versucht, zu seinen Gunsten zu entscheiden, war aber schließlich dafür nach Canossa gekrochen, damit der Papst den Kirchenbann von ihm nähme. Dieser Sohn Heinrich, der vom Vater schon jung zum Mitkönig gemacht wurde, hatte zunächst mit 25 seinen Vater im Bündnis mit den deutschen Fürsten gestürzt und hatte zunächst fünf Jahre im Einvernehmen mit den anderen Fürsten von 1106 an regiert, war dann nach der Kaiserkrönung wieder in die übliche salische Autokratie der Macht verfallen, hatte nicht mehr mit den Fürsten kooperiert, sondern sie vor den Kopf gestoßen, fühlte sich als Papstbesieger stark und unschlagbar.
Er löste seine Konflikte mit den anderen Fürsten künftig kompromisslos und wurde bald wieder vom nächsten Papst Calixt II. gebannt. Sein Versuch von Verhandlungen in Metz 1121 scheiterte zum einen daran, dass Heinrich nicht ohne vorherige Einigung mit den Fürsten weitere Zugeständnisse machen wollte und das er nicht bereit war wie sein Vater durch ein barfüßiges Bußritual zurück in die Kirche aufgenommen zu werden. Nun hatten die Fürsten genug von der Eigenwilligkeit und Kompromißlosigkeit des Kaisers und zwangen ihn 1121 mit dem Würzburger Fürstenspruch zum Ausgleich mit dem Papst.
Den Ausgleich fand er ohne Erniedrigung und Ehrverlust wie ihn sein Vater noch im Winter vor Canossa durchmachen musste, um erneut in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen zu werden im Herbst 1122 mit dem Wormser Konkordat. Danach musste er dem Papst zwar weitgehende Zugeständnisse bei der Investitur machen, die künftig in der Zuständigkeit der Kirche lag, wonach die Bischöfe vom Domkapitel gewählt und vom Papst eingesetzt wurden, während der Kaiser sie mit den Insignien ihrer weltlichen Herrschaft belehnen durfte. Damit durfte der Kaiser künftig bei der Wahl anwesend sein ohne auf diese aber mit Gewalt Einfluss zu nehmen und verlieh später den Bischöfen ihr Zepter. Dabei wurde in Burgund und Italien erst gewählt und dann der Zepter überreicht, was den kaiserlichen Akt nur noch zur Formalie dort machte, während auf deutschem Gebiet zuerst er belehnte und dann gewählt wurde.
Ein kluger Kompromiss, der beide Seite das Gesicht wahren ließ, auch wenn Heinrich weniger erreichte, als er durch seine Erpressung zunächst erzwungen hatte, konnte er damit leben, der Kirche die Verfügung über geistige Ämter zu geben, wenn diese dafür ihm Gehorsam als Kaiser versprach und er die Zuständigkeit für die Verleihung weltlicher Ämter in seinem Gebiet behielt. Erreicht wurde er durch die Erpressung der Fürsten und die übliche Ausschlusspolitik der Kirche, die den christlichen Herrscher aus ihrem Verein warf, was mit der Kaiserwürde nicht zu vereinen war. Er berücksichtigte die beiderseitigen Interessen und hielt damit länger als alle vorher mit Gewalt und Erniedrigung erzwungenen.
Auch am 11. April nur 1403 schlossen die beiden italienischen Stadtstaate Siena und Florenz Frieden und legten damit einen mehrjährigen Konflikt bei, den der späte Herzog von Mailand Gian Galeazzo Visconti geschürt und gefördert hatte, der ohnehin in seiner Herrschaftszeit, die schon mit Gewalt und dem Mord an seinem Onkel begann, mehr Unfrieden stiftete, als Kompromisse erreichte. So war die Hochzeit seiner Tochter mit dem Hause Valois der Grund für jenen Erbvertrag auf den sich Ludwig XII. bei seinem Krieg gegen Mailand berief, da nach aussterben der Visconti-Linie das Haus Valois als erbberechtigt galt und die Emporkömmlinge aus dem Hause Sforza nicht als Konkurrenten für dies königliche Haus gelten konnten.
Dieser wohl mächtigste aller Viscontis eroberte teilweise Bolgogna und immer weitere Teile Italiens, war auf dem Weg nach Florenz, dessen Chancen nicht gut waren, als ihn 1402 im Alter von 50 Jahren die Pest dahinraffte und dem obigen Frieden ermöglichte, der im Interesse der beteiligten Städte eher war als die geschürten Konflikte. Er hatte zuvor noch den Grundstein des Mailänder Doms gelegt, wichtige Brücken bauen lassen, sich teuer den Herzogtitel vom Kaiser erkauft, doch wirtschaftete der dynamische Herrscher so gut, dass er sich dies wie den Neubau seines Palastes und seiner reichen Bibliothek gut leisten konnte. In erster Ehe war er mit Isabelle de Valois, Prinzessin von Frankreich verheiratet, mit der er vier Kinder zeugte, von denen die Tochter Valentina Visconti zur Großmutter von Ludwig XII. wurde, der dann wiederum Mailand einen zeitlang für das Haus Valois eroberte. Ein weiterer Urenkel regierte Frankreich später als Franz I. und so ist das Hsaus Visconti eng mit dem französischen Thron in der beginnenden Renaissance verknüpft.
Genutzt hat der Unfriede und die Hetze Gian Visconti nicht, er schützte nicht vor der Pest, die sein Krieg um Herrschaft unterwegs zu ihm wehte. Hätte er sich in der Herrschaft so klug verhalten wie in der Wirtschaft, die er erfolgreich führte, wäre er wohl ein glücklicher Fürst geworden und hätte den italienischen Städten manchen Kleinkrieg erspart. Der Onkelmörder auf dem Thron bewegte viel, brachte wenig zu Ende und stiftete im Ergebnis mehr Unfrieden als Nutzen für die Familie, glücklich gemacht hat ihn sein Weg sichtbar auch nicht.
Wichtiger noch war am 11. April 1713 der Friede von Utrecht mit dem der spanische Erbfolgekrieg beendet wurde, der zuvor als Kabinettskrieg Europa über 13 Jahre erschüttert hatte. Es ging um die Erbfolge in Spanien, nachdem von der spanischen Linie der Habsburger dank jahrhundertelanger Inzucht der letzte Nachkomme, Karl II. verstorben war, der ohnehin schon geistig beschränkt war und sichtbar die Zeichen der habsburgischen Inzucht auch im Gesicht trug mit dem vorstehenden Kinn, das noch markanter war als das von Karl V. aber es geht hier ja weniger um Äußerlichkeiten als die dank zu hohem Implexfaktor fortschreitende Impotenz und das infolge Aussterben der männlichen Linie mit fraglichen Erben.
So war das Haus Bourbon, das seit Henry IV. in Frankreich regierte und seine Weltmachtposition ausbaute, über Ludwig XIV. am Thron interessiert, der mit der großen Schwester Karls, Maria Theresia von Spanien verheiratet war und für seinen Enkel Philipp als den dann V. die Ansprüche geltend machte. Ludwig konnte sich auf die Vererbung aufgrund Erstgeburtrechts berufen, wogegen die Habsburger sich auf das Testament von Karls Vater Philipp IV. beriefen und schon war der schönste Krieg im Gange, bei dem sich auch noch die Engländer auf Seiten Österreichs in ihren Kolonien beteiligten und im Ergebnis Gibraltar bis heute behielten.
Der Frieden von Utrecht suchte einen gerechten Ausgleich, der das Gleichgewicht der Kräfte in Europa wiederherstellte, was immer als gute Begründung für Englands Eingreifen egal wo taugte, wenn auch bis heute unklar ist, welches Gleichgewicht an der Seite Bushs im Irak wiederhergestellt werden sollte, wo die Begründung eher nach einem Kreuzzug für die Kräfte des Guten klang. Der Bourbone, der König von Spanien wurde, musste dafür auf alle Gebiete außer dem Stammland und den überseeischen Kolonien verzichten, die es auch nicht mehr lange geben sollte, was da vermutlich keiner reflektierte. Die spanischen Niederlande, also quasi Belgien und der italienische Festlandbesitz, gingen an Österreich. Das Königreich Sizilien an das Haus Savoyen, das 150 Jahre später königlich in Italien wurde. Großbritannien erhält zum Landzipfel Gibraltar noch Menorca, eine Insel mit etwas weniger Nebel als die heimische. Frankreich hatte mit dem Haus Bourbon nun Zugriff auf die Krone Spaniens bekommen, musste sich aber verpflichten, diese nie in Personalunion zu vereinen. Ludwig und Philipp verzichteten einhellig auf jedes je Erbrecht in Spanien oder Frankreich, was gültig blieb, bis Frankreichs Monarchie erstmals 1789 unterging, warum die Frage des ob der Gültigkeit dieser Vereinbarung, die gegen das viel ältere salische Hauserbrecht verstieß, heute dahinstehen kann.
Der Frieden war ein guter Kompromiss, mit dem alle leben konnten und bis heute repräsentieren zumindest die Bourbonen in Spanien ohne Ansprüche auf Frankreichs nicht mehr verfügbare Krone zu machen. Der Friede von Utrecht ist ein typisches Beispiel für die spätere Politik des Mächtegleichgewichts, wie sie in der Pentarchie zum Ausdruck kam.
Um Liebe ging es hier weniger als um Traditionen und schlichte Machtpolitik. Herrschaft war nicht regional begründet sondern familiär und da es eine begrenzte Zahl je herrschender Häuser im eng besiedelten Europa gab, war die Möglichkeit der Heiraten begrenzt wie die dann Verwandtschaft weit und das Erbrecht also kompliziert und diplomatische Verträge galten nur solange, bis sich etwas besseres fand.
Die Politik des Gleichgewichts der Mächte hat sich zwar einerseits zur Konfliktvermeidung bewährt, ist andererseits nur bedingt an der Konfliktvermeidung interessiert. Sie nimmt diese hin, versucht nur das Übergewicht einer Seite zu vermeiden und ist heute relativ irreal geworden durch das massive Übergewicht der USA in ökonomischer wie militärischer Hinsicht. England hat sich darum auf die Seite der ehemaligen Kolonie geschlagen, um an der Seite der Stärksten zu stehen. Dieses Ungleichgewicht hat zu einer nicht mehr kontrollierbaren Wut verbunden mit bewusst gesteuertem Hass in der arabischen Welt geführt, die meist noch mittelalterlichen religiösen Mustern geistig Untertan ist, sich noch nicht vom Aberglauben emanzipiert hat, der im Staat noch eine große Rolle spielt. Durch die Zerschlagung des Irak und Libyens ist diese Situation noch verschärft worden und es findet sich auch aus Afghanistan ein scheinbar endloser Schwarm gewaltbereiter Terroristen.
Wie dieser Konflikt zu lösen ist angesichts unsicherer Staaten, die sich im Besitz von angereicherten Uran befinden, ist bis heute unklar. Gewalt hat nur mehr Gewalt hervorgebracht und militärisch lassen sich Terrorgruppen nur kurzzeitig eingrenzen aber nicht besiegen, da nicht gegen einen Staat gekämpft wird.
Wäre ein Gleichgewicht der Kräfte hier eine Lösung?
Kann wer als Waffenexporteur einige Staaten beliefert, die als stabil gelten, zum Frieden beitragen oder ist er längst Teil des weltweiten Konflikts?
Wenige Jahre später am 11. April 1758 zeigte Großbritannien eine Fortsetzung seiner im spanischen Erbfolgekrieg begonnenen Politik des Gleichgewichts der Kräfte, indem es Preußen im Siebenjährigen Krieg durch weitere Finanzmittel wie mit Hilfe neu aufgestellter Soldaten aus Kurhannover unterstützt und dadurch den Untergang gegen die vereinigten Kräfte des Deutschen Reiches, Österreichs, Frankreichs und Rußlands stärkt und damit die später Einigung im Frieden von Hubertusburg ermöglicht, nachdem sich alle Kräfte ausreichend erschöpft hatten 1763.
Hier hat die Unterstützung durch die Briten im Sinne eines Gleichgewichts zwar den Krieg verlängert, aber Friedrich dem Großen das Überleben gesichert und einen relativ gerechten Friedensschluss ermöglicht, auch wenn Österreich Schlesien endgültig verloren geben musste, gab es danach keine überlegenen Sieger.
Runde 60 Jahre später, am 8. April 1814 legten die Verbündeten der Koalitionskriege Napoleon eine Vereinbarung vor, die dessen bedingungslose Abdankung als Herrscher in Frankreich und Italien vorsah und dessen Verbannung nach Elba vorsah. Der dann ehemalige Kaiser der Franzosen unterschrieb die ihm diktierten Bedingungen zwei Tage später, nachdem in der Nacht zuvor noch ein Suizidversuch gescheitert war.
Hier ging es nicht um ein Gleichgewicht sondern ein Diktat der Sieger, die einen in die Schranken wies, der das Gleichgewicht empfindlich gestört hatte, nach der alleinigen Macht in ganz Europa in vielen Kriegen strebte und sich schließlich der Übermacht der Alliierten geschlagen geben musste. Ein solches Diktat ähnelt dem Frieden mit Deutschland nach dem 2. Weltkrieg bei dem auch der Aggressor vertrieben und in enge, streng kontrollierte Schranken gewiesen wurde. Wie die Entwicklung der Bundesrepublik gezeigt hat, kann eine solche zeitweise Kontrolle sehr gut dazu beitragen, den Frieden zu sichern und Basis einer konstruktiven Einigung werden.
Bei Napoleon war es nur teilweise erfolgreich, da er später aus Elba zurückkehrte und wieder nach der Macht griff, bis die Herrschaft der 100 Tage in Waterloo blutig beendet wurde und de Kaiser diesmal weit weg nach St. Helena streng bewacht verbannt wurde. Das Gleichgewicht danach wurde auf dem Wiener Kongress neu verhandelt, auf dem Frankreichs Außenminister Talleyrand für den eigentlich Aggressor viele Freiheiten und Erfolge errang, die einen zunächst friedlichen Übergang in die dann Biedermeier Zeit emöglichte, auch wenn danach Preußen als neue Großmacht mit Bismarck und Moltke so erfolgreich aufstieg, dass wieder kein Gleichgewicht mehr bestand, was sich nach den für Preußen erfolgreichen Kriegen gegen Österreich und später Frankreich im 1. Weltkrieg wiederherstellen sollte, der in seiner Grausamkeit alles bisher da gewesene überstieg und an dessen Ende die alliierten Gegner von Deutschland und Österreich leider in Versailles wieder einen Siegerfrieden diktierten, der Frustration und nationale Aggression in den besiegten Ländern steigerte, warum die nationale Kehrtwende nach 1933 in Deutschland und der folgende 2. Weltkrieg auch eine Konsequenz des Ungleichgewichts war, die sich in ihr Gegenteil verkehrte, verstärkt noch durch den gesteuerten Hass auf Minderheiten, insbesondere die Juden.
Ein anderer Versuch der Konfliktlösung am 8. Mai 1822 verstärkte die bestehenden Konflikte nur und schürte nachhaltigen Hass. An diesem Tag landete eine osmanische Flotte auf der griechischen Insel Chios im Ägäischen Meer und richtete ein grausames Massaker unter der Bevölkerung an, die, wo sie nicht gleich ermordet wurden, in die Sklaverei verschleppt wurden. Das Massaker war eine Reaktion auf den Unabhängigkeitskampf aller Griechen, der auch von einigen Intellektuellen Europas wie etwa Lord Byron unterstützt wurde. Frankreich, Großbritannien und Rußland untertstützten den Kampf, der von den Filiki Etairia genau geplant worden war und der an drei Orten zur gleichen Zeit ausbrach, auf der Peleponnes, in Konstantinopel und in den Fürstentümern Moldau und Walachei in Rumänien.
Nur auf der Peleponnes gab es einige Erfolge der Revolutionäre und dort anssässige Türken wurden grausam vertrieben. In Konstantinopel wurde der Aufstand sofort niedergeschlagen und in den rumänischen Provinzen wandte sich die rumänische Bevölkerung für die griechischen Verschwörer überraschend gegen die Griechen. Diese hatten geglaubt die orthodoxe Bevölkerung würde sich mit ihnen gegen die Osmanen verbünden, was sich als Irrtum erwies. In Konstantinopel ließen die Türken daraufhin den griechisch-orthodoxen Patriarchen aufhängen, was die Stimmung zwischen den Völkern nicht wirklich verbesserte. Als Reaktion auf die Vertreibung betrieben die Türken ein gleiches wie das Massaker von Chios zeigte, dem hiermit gedacht werden sollte.
Der Kampf zwischen Griechen und Türken blieb länger im Gleichgewicht, bis sich die Türken der Hilfe von Mehmed Ali Pasha aus Ägypten versicherten und ihm zugestanden, er dürfe behalten, was er auf der Peleponnes selbst eroberte. Dieser kam mit seiner großen Flotte, landete und eroberte den Hafen von Navarino und hätte schnell die ganze Halbinsel erobert, da an Masse weit überlegen. Da schlossen sich europäischen Großmächte zusammen, denen ein Übergewicht eines zu starken Ägypten vor ihrer Tür gar nicht gefiel, sendeten eine Drei-Mächte-Flotte gen Navarino und schlugen in der Schlacht von Navarino die gegnerische Truppen und versenkten den größten Teil der Flotte. Damit hatte der Sultan den Europäern auf der Peleponnes militärisch nichts mehr entgegenzusetzen.
Den letzten Akt der griechischen Revolution bildete der Russisch-Türkische Krieg von 1828-1830, bei dem die Russen ins osmanische Reich einmarschierten und der Sultan kapitulieren musste. Der Konflikt sollte dann im Rahmen des Londoner Protokolls von 1830 endgültig gelöst werden. Danach wurde beschlossen ein unabhängiges griechisches Königreich einzurichten, das von dem deutschen Prinzen Otto I. von Bayern als König regiert werden sollte, was für alle beteiligten Mächte eine akzeptable Lösung im Sinne des Gleichgewichts war. Die mit großen aufklärerischen Idealen gestartete griechische Revolution war so mit einer reaktionären Lösung befriedet worden und Otto lernte zwar schnell griechisch, verweigerte dem Volk aber Grundrechte und eine Verfassung, warum es bald zu neuen Unruhen kam, nach denen Britanien die Absetzung Ottos forderte, der sogar freiwillig ging.
Ihm folgte bald König Georg aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, der in Kopenhagen geboren und erzogen zunächst als Nachfolger des kinderlosen dänischen Königs vorgesehen war und da Prinz Wilhelm von Dänemark hieß, doch ließ er sich nach der Abdankung Ottos zur griechischen Krone überreden, wo zumindest mehr die Sonne scheint als in Kopenhagen und wurde dort von Wilhelm zu Georg, seinem vierten Vornamen. Gewählt hatte ihn in Übereinstimmung mit den europäischen Großmächten erstmals die griechische Nationalversammlung.
Der Versuch der Türken den Konflikt mit den Griechen mit Gewalt zu lösen, hatte nicht gefruchtet, da sich Europa einig zeigte und für die Griechen im Sinne eines gerade modischen Panhelenismus Partei ergriff. Die relativ machtlosen Könige mit deutschen Wurzeln waren für die Europäer eine befriedigende Lösung und verhinderten das Entsehen eines neuen Gefahrenherdes, vor allem sicherte ein eingesetzter König das reaktionäre System, das seit dem Wiener Kongress und mit den Karlsbader Beschlüssen in Europa vorherrschte. Allerdings hat der militärische Eingriff den Konflikt nicht gelöst und die Rache der Türken auch nach dem Umsturz durch Atatürk war fürchterlich, aus Angst rüstete sich Griechenland bis zum finanziellen Kollaps mit dem sie immer noch kämpfen hoch und eine Lösung ist nicht erkennbar. Stattdessen schickte Erdogan die Flüchtlinge aus der Türkei weiter über die griechischen Inseln nach Europa, wo sie ein neues Lagerelend schufen, wenn sie nicht schon auf dem Weg ersoffen. Zusätzlich stärkte die Welle von Flüchtlingen leider nicht die Solidarität der Europäer sondern stärkte die populistischen Kräfte am rechten Rand, die mit billigen Parolen gegen Muslime hetzen, den inneren Frieden in Europa gefährden, Kräfte politisch stärken, die auch keine Antwort haben, im Gegenteil die Radikalisierung stärken und die Demokratie gefährden.
Konflikte die nur mit Gewalt und ohne Perspektive einer gerechten Lösung angegangen werden, produzieren meist noch mehr Gewalt. In Syrien wird derzeit bombadiert, um die Terrortruppe des IS zu schwächen, die stark werden konnte, weil lange die oppositionellen Kräfte in Syrien auch von den Alliierten militärisch unterstützt wurde, ohne einen Plan zu haben, wie ein syrischer Staat nach oder ohne Assad aussehen sollte oder könnte oder wer vor Ort eine gerechte Lösung durchsetzen würde. Vorher wurde Assad uns als Terrorherrscher gegen die eigene Bevölkerung vorgeführt, der genau wie Saddam Hussein und Gaddafi, die beide mit westlicher Hilfe beseitigt wurden und ihr Land in immer noch Chaos hinterließen, weil es keine Lösung und Perspektive gibt, zu steten Produzenten neuen Terrors in aller Welt damit werden. Wenn wundert es, dass sich die Menschen vor Ort nach einer stabilen Ordnung sehnen und damit bei den Gotteskriegern Zuflucht suchen, die vertreten, was sie schon so lange kennen?
Das am 8. April 1945 noch das KZ Buchenwald durch die Amerikaner befreit wurde und am 8. April 1968 Rudi Dutschke durch den Hilfsarbeiter und Bild Leser Josef Bachmann mit drei Schüssen lebensgefährlich verletzt und 1979 infolge der schweren Verletzung an einem epileptischen Anfall in der Badewanne stirbt, sind weitere Beispiele für den heutigen Tag, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten. Die Hetze der Bild hatte Bachmann - und klingelt es bei diesem Namen in Gedanken an einen anderen intoleranten Schwachkopf nicht? - zur Gewalt gebracht, weil er keinen Ausweg sah angesichts der studentischen Unruhen, die diese Republik verändern sollten. Die Eskalation der Gewalt und die Geschichte der RAF gingen Hand in Hand und veränderten die Republik auch zur Unfreiheit. Dagegen war die Befreiung Buchenwalds ein Freudentag gegen den Nazi Terror, an dem unschuldige Opfer befreit und zumindest einige Leben noch gerettet werden konnten. Die einzige Frage, die sich stellt, ist, warum hat die Welt so lange tatenlos zugesehen?
Der Bombenkrieg gegen Deutschland und die anschließende Befreiung mit Wiederaufbau hat den größten Teil der Bewohner zur Freiheit gebracht, die sie nicht selbst errungen haben. Es war ein Prozess mit Rückschlägen und vielen Fehlern zu denen auch die bis heute Deckung von Rechtsradikalen durch Geheimdienste gehört, da diese auch aus den Kräften der Nazis relativ übergangslos aufgebaut wurden und zwar der freiheitlichen Grundordnung verpflichtet sind aber vom Wesen her ihre Gegner sind, weil sie geheim arbeiten und damit nicht in eine offene Gesellschaft passen.
Warum die stärkste Bewegung gegen die offene Gesellschaft mit Pegida aus dem Osten kommt, der seine Freiheit 1989 doch zumindest erkämpfte, die offene und bunte Gesellschaft statt der TristOst wollte, stellt eine Frage, die auch mit der Befreiung Buchenwalds und der Übernahme von Verantwortung zusammenhängen könnte.
Europa hat mit neuen autoritären Regierungen im Osten seine Probleme, die das Prinzip der Freiheit und der offenen Gesellschaft, die dafür nötig ist, nicht verinnerlicht haben, weil sie anders aufwuchsen oder von anderen Vorbildern lernten. Die Erfolge von Pegida und anderen Feinden der Demokratie im Osten zeugt von einer ähnlichen Geschichte. In homogenen, geschlossenen Gesellschaften aufgewachsen, waren Feinde die unangepassten Menschen und ich erinnere mich noch genau, wie mir eine Ex erzählte, wie sie sich über ihren Bruder noch heute empöre, der verantwortungslos sei, weil er zu DDR Zeiten als junger Mensch gegen die Niederschlagung der Tiananmen Bewegung protestiert hatte und damit auch der Familie hätte Ärger bringen können, warum sie ihn eher für asozial und verdächtig hielt, mir jedenfalls so beschrieb, bis ich ihn kennenlernte und staunte, was für einem offenen, sympathischen und kritischen Menschen ich begegnete, der nachdenklich war und Fragen stellte. Die Probleme in seiner Heimat Leipzig sehr gut erkannte und auch sah, dass die Pegiden oft angepasste Spießer sind, die in der DDR schon nicht aufstanden, 89 ängstlich abwarteten und nun nur ihren Wohlstand verteidigen wollten. Von ihr hörte ich dazu nichts, sie fand ihren Bruder nur damals verantwortungslos, weil er nicht so angepasst war und blieb darum misstrauisch gegen ihrem nichtsnutzigen Bruder, was eine gute Darstellung ihrer Wertmaßstäbe gab und mir vielleicht einen tieferen Blick in das Denken vieler Einwohner einer ehemaligen Diktatur gewährte, als ich damals ahnte.
Konfliktlösung von unten durch Anpassung an die Autoritäten, die, auch wenn diese längst scheiterten und als totalitäre Diktatur entpuppt wurde, immer noch als Ideal von Menschen gilt, deren Traum vom Leben der Cluburlaub heute ist und die nur ihren Wohlstand ängstlich hüten. Warum werden diejenigen, die einem verlogenen, totalitären System widerstanden nicht zumindest im nachhinein zu Helden?
Vielleicht, weil es das Geständnis beinhaltete, sich selbst nie gewehrt und abgegrenzt zu haben, warum lieber angeklagt und vorwurfsvoll in alten Konfliktmustern verharrt wird. Das Beispiel am Ende aus dem privaten Bereich, das ich vor ungefähr einem Jahr erleben musste und das ich selbst erst Monate später, nachdem sich die emotionale Verblendung und die hormonelle Fremdsteuerung wieder gelöst hatte, als solches erkannt hatte und was mir aber vermutlich besser als viele Diskussionen und Bücher das Wesen der Menschen in einer Diktatur offenbarte und die Unfähigkeit Konflikte zu lösen, weil wir uns auf die Probleme lieber konzentrieren, statt die Lösungen anzugehen.
Ob solche Menschen glücklich sein können oder Befriedigung im Glück je empfinden, frage ich mich nun nicht mehr, habe erlebt, durch was sie es ersetzen und womit sie sich anstatt befriedigen, was solche eigentlich in sich gefangenen und unglücklichen Menschen glücklich machen könnte und aus ihrer Scheinwelt befreien, schon, ohne bisher eine Antwort zu wissen, noch mich weiter damit beschäftigen zu wollen, weil mir die Suche nach dem eigenen Glück wichtiger ist als die Beschäftigung mit den Problemen anderer.
Vielleicht ist das der Schlüssel zur Lösung aller Konflikte. Mehr nach dem Glück zu suchen und sich darauf zu konzentrieren, was gut tut und dahin hilft, statt zu fragen, was mich daran hindert, glücklich zu sein oder mich über die Ungerechtigkeit und das unfaire Glück anderer zu erregen.
Die Suche nach dem Glück ist die wichtigste Aufgabe im Leben, denke ich inzwischen, nichts macht mich glücklicher und zufriedener, als daran zu arbeiten. Wie leicht lassen sich im Lichte dieser Betrachtung alle sonst Probleme und Konflikte relativieren und verdrängen, weil sie keine Rolle spielen, wenn wir in der kurzen Zeit, die wir überhaupt haben, möglichst glücklich sein wollen.
Neulich kolabierte überraschend mein Vater neben mir, vielleicht habe ich ihn durch die spontane Herzmassage mitten im Wald zurück ins Leben geholt, vielleicht wäre er auch so zurückgekommen und das war alles nicht so dramatisch, weiß nicht, ob ich eher ein Held oder übereifriger Clown war, aber es ist mir egal, es gewollt zu haben, zählt für mich. Diese Situation erinnerte mich auch an meine eigene Erfahrung, als ich von einem Moment auf den anderen, ich weiß nicht wie, weil die Monate danach und davor aus meinem Gedächtnis spurlos verschwanden, totgefahren wurde und nur durch den Zufall meiner Reanimation, die wie lesbar relativ erfolgreich verlief, nun hier sitze und über Konfliktlösungen schreibe.
Es geht ganz schnell und darum mehr zu genießen, was ist, könnte der beste Ratschlag für ein konfliktfreies Leben sein, das im ganz engen Kreis beginnt und sich von dort auf gleiche Art auf jede Ebene überträgt. Höre ich den Hass und die Missgunst der Pegiden und ihres rechten Umfeldes im Netz und auf der Straße, wird mir immer ganz übel und am liebsten würde ich ihnen den Mund verbieten, sie zensieren, diese verlogenen geistigen Brandstifter und dann frage ich mich, was es bringt mit Gewalt gegen Gewalt vorzugehen und was solchen Menschen eine Perspektive geben könnte.
Habe keine Antworten bisher, aber sich fragen und suchen, scheint mir wichtiger, als den Hass zu schüren gegeneinander. Glücklich machte es mich, wenn wir tolerant und offen miteinander leben könnten, keiner Angst haben müsste und jeder nach seinem Glück suchte, statt irgendwelchen Heilslehren aus Neid und Missgunst zu folgen, die den Horizont beschränken und unfrei machen. Will frei und glücklich sein, also lebe ich es, was sonst sollte ich tun, aber, was weiß ich schon?
Offenbart es mehr unsere Freiheit, wenn im Fall Böhmermann die Politik nach Meinung auch wenn unzuständig entscheidet oder wenn wir feststellen, dass der Rechtsstaat zuverlässige Mittel bietet, Konflikte unaufgeregt im Sinne des Grundgesetzes zu klären?
Mache mir keine Sorgen, dass der Satiriker verurteilt wird, es fehlte ja erklärtermaßen schon am subjektiven Tatbestand der Beleidigung, er hatte keinen Vorsatz sondern wollte zeigen und hat gezeigt, was nicht geht und Schmähkritik wäre. Sollte der Rechtsstaat dieses Vertrauen in seine Ordnung im Wertesystem bestätigen, fände ich das viel vertraueneinflößender als jede parteipolitische Diskussion, da sich zeigte, die Ordnung, die dem ganzen zugrunde liegt, ist in Ordnung und funktioniert. Vielleicht ist die Gelassenheit, auf etwas vertrauen zu können, wichtiger als der lautstarke Meinungskampf mit Solidaritätsadressen, die meist am Thema vorbeigehen, werde mal ausprobieren, ob es mich glücklicher machte und wie schrieb Montaigne es so klug, ich enthalte mich lieber als mich an meine Meinung zu binden, was mir im ersten Moment sehr unentschieden erschien, kommt mir nach der Lektüre all der sich überbietenden Meinungen zu allem immer näher und so enthalte ich mich auch hier am Ende, was alle Konflikte löste, ob es eine gäbe und bemühe mich nur, mein Glück so zu genießen, wie ich es kann.
jens tuengerthal 11.4.2016
Montag, 11. April 2016
Aufgetaucht
Nachdem du mehr als 20h einfach
Vom Bildschirm verschwunden warst
Wie immer ohne Signal in Westafrika
Sah ich nun im Morgengrauen
Die Wega kurz vor Las Palmas
Wieder geschafft die Tage ohne
Ein Zeichen voneinander
Durch die Nacht geschrieben
Bis es nun bald hell wird
Während du seit 4h wieder
Auf der Brücke stehst
Gehe ich noch eine Runde
Vielleicht schlafen bestimmt aber
Lesen und von dir träumen
Zuletzt an Nabokov gedacht
Der Geburtstag hatte
Freitag sind es vier vom wir
Beieinander nun zwischen
Tag und Nacht höre ich
Die ersten letzten Flieger
Bis in alle Ewigkeit gen Tegel
Lichter um mich gehen an
Gleich lösche ich meines
Zwischen Tag und Nacht
Hängen geblieben in Gedanken
Bei dir und uns und mehr davon
jens tuengerthal 11.4.2016
Nabokovgedenken
„Nichts belebt die Vergangenheit so vollständig wieder, wie der Geruch, den man mit ihr assoziiert.“
„Literatur und Schmetterlinge sind die zwei süßesten Leidenschaften, die dem Mann bekannt sind.“
„Poesie beinhaltet die Geheimnisse des Irrationalen, dass durch rationale Worte wahrgenommen wird.“
„Eine Offenbarung kann gefährlicher sein, als eine Revolution.“
„Die Einsamkeit ist Satans Spielfeld.“
„Die Existenz ist eine Serie von Fußnoten, in einem gewaltigen, düsteren, unfertigen Meisterstück.“
„Ein Schriftsteller sollte die Präzision eines Poeten und die Vorstellungskraft eines Wissenschaftlers haben.“
Am 10. April 1899 wurde Vladimir Nabokov in St. Petersburg geboren. Er war Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und Schmetterlingsforscher, nicht nur mit Lolita und Ada zählt er zu den einflussreichsten Erzählern des vergangenen Jahrhunderts. Eigentlich nach unserem korrigierten gregorianischen Kalender wurde er erst am 22. April geboren, doch im zaristischen Rußland galt noch der ältere julianische Kalender weil das orthodoxe Land nichts mit dem Papst zu tun haben wollte, jede christliche Sekte die Tage für sich zählt und auch wenn Nabukov später bis nach Amerika kam, wo er als Dozent lehrte und das Leben dort mit seinem feinen Blick aus einer anderen Welt beschrieb, er wurde als Kind des zaristischen Rußlands geboren, verlor eine Welt als er gerade 18 war und schuf sich im Exil eine neue. Er lebte zunächst in England und schrieb sich am Trinity College für Literatur ein, studierte eher sporadisch, schrieb und übersetzte mehr, widmete sich seinen Liebschaften. Dann ging es wieder nach Berlin, wo die Eltern zuerst im Grunewald, dann in Wilmersdorf einen bei Exilanten sehr beliebten Salon führten. Der Vater wurde 1922 in einem Gefecht unter monarchistischen und demokratischen Exilrussen in der Berliner Philharmonie erschossen. Ein Jahr nach dem Tod seines Vaters lernte er seine spätere Frau und lebenslange Muse Véra kennen, die er bald darauf heiratete und da Vera Jüdin war, verließ Nabokov mit ihr, allerdings erst 1936, Berlin. Über Paris landete er im zweiten Exil in den USA ab 1940, zunächst als Schmetterlingsexperte in New York und sodann als Literaturdozent erst in Stanford dann in Harvard. In den USA schrieb und veröffentlichhte er 1958 auch Lolita, das einschlug wie eine Bombe, auch wenn es nur eine gewagte erotische Geschichte der Verführung durch eine minderjährige Mädchenfrau war, konnte er sie zunächst nur in Paris verlegen, da die US Verlage sich weigerten solch pornografisches Material zu veröffentlichen. Die Tantiemen dieses Romans ermöglichten es ihm, seine Professorenstelle aufzugeben und mit Véra ein Vagabundenleben in Europa zu führen, bei dem sie zunächst zwischen verschiedenen Hotels wechselten und schließlich ihren festen Wohnsitz im Palace-Hotel in Montreux nahmen, wo er auch 1977 starb aber vorher noch in den 60ern mit meiner Mutter am See spaziert sein muss, die dort weilte, wenn ich mich richtig an die Sagen meiner Kindheit erinnere, aber, was weiß ich schon?
jens tuengerthal 10.4.2016
Kulturgeschichten 0185
Wo beginnt die Übernahme von Verantwortung und wo endet sie ganz natürlich?
Muss wer herrscht oder führt sein Leben falls nötig für seine Aufgabe riskieren oder sind das überholte Ehrvorstellungen, die mit heutiger Arbeitsteilung nichts mehr zu tun haben?
Der Betriebsrat von VW stritt sich lautstark in der Öffentlichkeit mit dem Vorstand, ob es dreist sei die vollen Boni zu kassieren, wenn es dem Unternehmen durch Fehler des Managements schlechter geht und nachdem es nach echtem Kampf aussah, die Führungskräfte sahen nicht ein, auf ihre gesetzlichen Lohnansprüche zu verzichten, nur weil einzelne Fehler begingen, so wenig wie ein sonstiger Arbeitnehmer die Streichung seines Lohnes akzeptierte, falls das Management Fehler machte, aber selten etwas daran ändern kann.
Die Führung einer Firma ist nicht mehr identisch mit den Eigentümern, die einst mit ihrem privaten Vermögen für Leid und Erfolg hafteten und entsprechend auch am Gewinn hoch beteiligt waren. Staaten werden von gewählten Staatsoberhäuptern auf Zeit geführt, es gibt in Demokratien keine ererbte Herrschaft des Adels, sondern Amtsträger auf Zeit mit Rentenansprüchen und Lohnfortzahlung
Der Vorstandsvorsitzende von VW bot nun dem Betriebsrat an, auf 30% der Bonuszahlungen angesichts der Krise zu verzichten, die das Unternehmen durch Fehler des Managements, genauer dessen kriminellen Betrug über Jahre, ereilte. Welch Hohn mag der Arbeiter denken, während ihre Arbeitsplätze durch die Patzer gefährdet sind, der gute Ruf des Unternehmens auf dem Spiel steht, wollen die Verantwortlichen nur auf nicht mal ⅓ ihres Bonus verzichten. Die Mehrzahlung für besonders gute Arbeit soll bei völligem Versagen und schlechter Arbeit nur um 30% gekürzt werden, diese beamtische Haltung im Vorstand eines wichtigen DAX Unternehmens, die allerdings nicht außergewöhnlich ist, zeugt von einer raffgierigen Mentalität, die in den Führungsetagen das sonst eher primitive Geiz ist geil Motto kultivierte.
Der Bundestag, der die jährliche Rechtfertigung für seine öffentliche Diätenerhöhung satt war, hat diese einfach an die nahezu beamtischen der obersten Gerichtshöfe angepasst und sich damit eines wichtigen Elements seiner öffentlichen Rechtfertigung entzogen. Es wird professionalisiert, damit es einfach läuft, was in Zeiten der rechtsradikalen Pegida-Volksbewegung und ihrem Hass auf die politische Klasse manch überflüssige Diskussion entbehrlich macht, verständlich und sinnvoll scheint angesichts der dort versammelten Dummheit, mit der kein Diskurs gesucht werden soll über Themen, die sie sichtbar nicht begreifen. Aber, auch wenn es sich bei den Pegidioten zum größten Teil nur um halbgebildete Schwachköpfe mit Potenzproblemen und Versorgungsängsten handelte, wofür in der Realität vieles spricht, rechtfertigt dies nicht die Verbeamtung der Legislative, die damit auch eine Art Aufgabe der Gewaltenteilung bedeutet, weil sie sich einer lästigen Aufgabe der Rechtfertigung entkleiden, geben sie den Kern ihrer Tätigkeit auf, die eben nicht Management eines komplexen Staates ist - was allein Aufgabe der Regierung ist, sondern die Kontrolle der Exekutive und Überprüfung wie der Streit über die öffentlichen Ausgaben.
Wenn sich eine Institution ihrer zentralen Aufgabe entkleidet, steht sie quasi nackt vor den Bürgern und es wird offensichtlich wie wenig sie fähig scheinen, ihre wichtige Aufgabe nach außen zu rechtfertigen. Die Gehälter müssten parlamentarisch immer wieder in jedem Haushalt begründet werden, wo sie das nicht mehr werden, raubt sich das Parlament einen wichtigen Teil seiner Identifikation und Legitimation, denn es ist gerade kein beamtischer Apparat sondern eine gewählte Volksvertretung, die ihr Handeln diskutieren und begründen muss, genau das rechtfertigt ihre Existenz
Am Beispiel VW wie am Bundestag zeigt sich, wohin die Entkoppelung von Führung und Verantwortung führt und warum es immer dringend der Aufmerksamkeit und Kontrolle bedarf, wenn sich eine Führungsebene weg von der Identität und Verantwortung hin zum bloß strategisch professionellen Management entwickelt und hier zeigt der Bundestag das gleiche Versagen wie der VW Vorstand.
Sofern es eine neue Finanzkrise gibt, der Staat hohe Schulden zu verantworten hätte, was schnell passieren kann, soll sich dieser auch bezüglich seiner Gehälter vor dem Bürger rechtfertigen müssen, wie die Manager von VW nicht ernsthaft von den Mitarbeitern harte Einschnitte verlangen können und sich selber noch Boni für besonders gute Arbeit genehmigen, wenn die Krise gerade auf Fehler der Führung zurückzuführen ist, die sich sonst vollständig deantwortete.
Der AfD und die dumpfe Pegiden Bewegung werben mit der Schelte von Politikern, die in den meisten Fällen so unsachlich wie unbegründet ist, zumal sie selbst nahezu nie eine Möglichkeit haben, irgendetwas besser oder anders zu machen, nur tönen, als wäre es so, doch ist diese Stimmung um so erfolgreicher, desto mehr sich die Politik vor der öffentlichen Rechtfertigung ihres Handelns wegduckt. Pegida und AfD sind keine Diskurspartner für Demokraten, auch wenn der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz sie nicht überwachen möchte, weil er es nicht für nötig hält, was eher Zweifel an diesem Behördenchef und seiner fragwürdigen Anstalt aufkommen lässt, die bisher nichts, was wichtig wurde erkannte am rechten Rand.
Zentrale Frage bleibt, was heißt Verantwortung übernehmen und was sind die persönlichen Folgen?
Früher ging der Kapitän als letzter von Bord, heute ersaufen eher die Philippinos im Maschinenraum, bevor es die Offiziere auf der Brücke trifft, was auch in der Lage bedingt ist und warum sollte ein auch ausgebeuteter Dienstleister, sein Leben riskieren, wenn es nur noch um Leben oder Tod geht, wieso sollte es dem Angestellten einer Reederei noch um die Ehre gehen?
Die größte Sicherheit einen Krieg zu überleben, haben meist Offiziere aus dem Generalstab, weil nichts besser geschützt wird als das Oberkommando. Gäbe es weniger Opfer im Krieg, wenn die Führer und Verantwortlichen noch kämpfen müssten, wie bei den früheren Rittertunieren, die Übung und Spiel waren aber auch weit mehr?
Am 10. April 1500 nahm Ludwig XII. von Frankreich Ludovico Sforza gefangen, den geflohenen Herzog von Mailand, nachdem er in den Mailänderkriegen Mailand erobert hatte.
Der König aus dem Hause Valois-Orléans trug den Beinamen Vater des Volkes und hatte sein Amt mit den Worten angetreten, der König von Frankreich wird vergeben, was dem Herzog von Orléans angetan wurde, um seine vorher Gegner zu integrieren. Kaum an der Macht verbündete sich Ludwig mit Papst Alexander VI. und der Republik Venedig, brachte sogar die Schweizer auf seine Seite und lenkte schließlich den deutschen Kaiser Maiximilian I. am Rhein so ab, dass die Macht der Sforza in Mailand unter seinem Ansturm zusammenbrach. Seinen Anspruch auf Mailand begründete er damit, ein Sohn der mailändischen Prinzessin Valentina Visconti zu sein, deren Schwester nur den Vater des Herzogs geheiratet hatte.
So ganz nebenbei ermöglichte Ludwig das Bündnis mit dem Papst auch noch die Scheidung von seiner hässlichen und wohl zeugungsunfähigen ersten Frau Jeanne de France, wonach er die sechzehnjährige Anne de Bretagne noch 1500 heiraten konnte und diesen Teil endgültig zu Frankreich brachte, was manche Bretonen bis heute bezweifeln.
Was aber war mit dem Sforza, der in Gefangenschaft kam, als er besiegt wurde?
Ludovico Maria Sforza war zum Zeitpunkt seiner Gefangennahme 48 und überlebte sie noch acht Jahre als Gefangener. Er trug den Beinamen il Moro, der Dunkle, seiner dunklen, Hautfarbe wegen und galt bis zu seiner Gefangennahme als großer Förderer der Künste und Wissenschaften, so unterstützte er Leonardo da Vinci bei seinen Plänen und finanzierte den Künstler. Sein Vater, der berühmte Kondottiere Francesco Sforza hatte Bianca Maria Visconti geheiratet, die Erbin des Herzogtums Mailand, womit ein kleiner Adeliger zu einer der führenden Fürstenfamilein aufgestiegen war. Eine sensationelle Karriere. Er hatte zunächst das Bündnis mit Ludwigs Vorgänger Karl VIII. gesucht, als er aber sah, dass dessen Interessen seinen schaden könnten, verheiratete er sogleich seine Tochter Bianca Maria Sforza mit Kaiser Maximilian I., wofür er die Investitur in Mailand erhielt. Der letzte Ritter war übrigens vorher schon in Abewesnheit mit Anne de Bretagne verhreiratet, die ihm aber Karl VII wegschnappte und danach dessen Nachfolger, obiger Ludwig. In erster Ehe war Maximilian voller Liebe mit Maria von Burgund verheiratet gewesen, die als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit galt aber leider früh starb, wodurch Burgund an den gemeinsamen Sohn fiel, den schönen Philipp, der später Vater von Karl V. wurde, aber wie die Mutter früh starb, was wiederum seine Gattin Johanna angeblich wahnsinnig machte, aber diese Geschichten spielen hier gerade weniger eine Rolle, erklären nur die Differenzen zwischen Frankreich und dem Heligen Römischen Reich, die in der Eroberung Mailands und dem Streit um Burgund ihren Ausdruck fanden.
Noch 1495 hatte Sforza die Franzosen geschlagen und dazu auch Waffen aus 70 Tonnen Bronze schmieden lassen, was ihm nur kurzfristig nutzte. Eigentlich war diese Bronze für das von Leonardo da Vinci entworfene Reiterstandbild des Francesco Sforza vorgesehen, doch wenn es um die Existenz ging, hatte die Kunst leider das Nachsehen, auch wenn unklar ist, ob der 5 Jahre später abgesetzte Sforza nicht sich und seiner Familie mit dem Werk Leonardos mehr Ewigkeit verschafft hätte, aber wer hat schon künstlerischen Weitblick in der Krise - im übrigen hat Leonardo auch tolle Panzer und Flugzeuge für seinen Gönner entworfen, die allerdings zumeist nur phantastische Ideen blieben. Ludovico war nebenbei noch mit der so schönen wie genialen Beatrice d’Este verheiratet, mit der er zwei Söhne hatte, die später wieder Mailänder Herzöge wurden, nachdem ihr Vater in französischer Haft versauert war. Bei der Totgeburt des dritten Sohnes starb die schöne Beatrice leider selbst.
Nachdem Ludovicio 1499 bereits aus Mailand vertrieben worden war, hatte er es am 5. Februar 1500 mithilfe von Schweizer Söldnern wieder zurückerobert, deren einer ihn dafür am 10. April 1500 im Verrat von Novara wieder an die Franzosen auslieferten. Als sich Ludwig und Moro gegenüberstanden, kämpften auf beiden Seiten Schweizer Söldner, für Moro 6000, für Ludwig 10.000. Da die Schweizer Satzung bestimmte, dass nicht Väter gegen Söhne oder Brüder kämpfen sollten, gewährte Ludwig den Mailänder Schweizern freien Abzug, dafür sollten sie aber Ludovicio ausliefern, was die Schweizer in Mailand wiederum nicht wollten, sondern ihn lieber getarnt in ihren Reihen in Sicherheit bringen wollte. Beim Abmarsch bildeten die belagernden Schweizer Söldner eine Gasse und durch diese hohle Gassen zogen sodann die Mailänder Schweizer mit il Moro in ihren Reihen ab. Leider standen auch französische Hauptleute dazwischen, deren einer, der Landvogt von Dijon, einem Schweizer fünf Jahregehälter für den Verrat zahlte, was dieser für lohnend hielt, sich aber sicherheitshalber zunächst drei Jahre in Frankreich niederließ um danach in der Hoffnung, es habe sich alles erledigt in seinen heimatlichen Kanton Uri zurückzukehren, dort war der Verrat jedoch unvergessen und der Kriegsknecht, der das schnelle Geld erhofft hatte, wurde genauso schnell verurteilt und am nächsten Tag enthauptet, es hatte sich der Verrat also nicht wirklich gelohnt.
Eine ähnlich eindrucksvolle Geschichte zum 10. April gibt es auch noch von Friedrich dem Großen, nur das sie eben 1741 spielt und im ersten schlesischen Krieg geschah, wo Friedrich sich den Österreichern bei Mollwitz gegenüber sah. Durch die Verdienste von Kurt Christoph Schwerin fuhr Friedrich seinen ersten Sieg gegen Österreich nach der Besetzung Schlesiens ein, wobei es an Verlusten nahezu gleich aus ging, und lange auf Messers Schneide stand. Friedrich musste jedenfalls aus relativ ungünstiger Lage angreifen und hielt es daher für nötig, direkt bei der Truppe zu bleiben, warum er seinem Minister Podewils schrieb, wie im Falle seiner Gefangennahme mit ihm umzugehen sei, dass er alle Befehle zu ignorieren haben, die von ihm in der Gefangenschaft kämen, er solle sich dann mit seinem Bruder beraten, denn König sei er nur, wenn er frei sei. Dieser Satz wurde als fanzösisches Zitat zu einem der häufigst zitiertesten Sprüche von Friedrich und zeigt seine Einstellung als erster Diener des Staates, der seine Person hinter die Pflicht und die Ehre Preußens zurückstellte, sich quasi zur Sicherheit für den Fall der Gefangennahme vorab entmündigte seinem eigenen Minister gegenüber aus Misstrauen gegen sich und genug menschlicher Erfahrung.
Der Sforza Herzog versuchte zivil zu entkommen, als seine Schweizer Truppe abzog und wurde erwischt, hatte nicht vorgesorgt und vergammelte so in französischer Festungshaft als il Moro im dunklen Verließ, Friedrich nahm sich weniger wichtig, kämpfte in der ersten Reihe, solange er konnte und stellte sein Leben hinter die Sache. Beide Fälle zeigen aber, dass Herrscher noch mit ihrem Leben zur Verantwortung gezogen wurden, sie es riskieren mussten für die Sache, weil sie als Person dafür gerade stehen mussten.
Hätte es mehr Kriege vermieden, wenn Herrscher sich selbst in Gefahr begeben mussten oder in diese gerieten?
Kaum, scheint es beim Blick in die Geschichte, denn sicher ist Friedrich und seine psychischen Schäden aus Kinder und Jugendzeiten, als sein zumindest Herzensfreund Katte vor seinen Augen vom Vater hingerichtet wurde für den gemeinsamen Fluchversuch gen England, dieser fritzsche Jugendunsinn gegen den autoritären Soldatenkönig, der auch den Kronprinzen lange in Kerkerhaft nach Küstrin brachte, ein spezieller Fall, zumal er gern sein Leben auch immer wieder riskierte, weil es ihm nicht viel wert war und der dennoch um so mehr Mut bewies weiter zu kämpfen, denn leicht depressive Herrscher gab es in der Geschichte genug, an der Front standen davon erfolgreich nur wenige.
Wer persönlich für den Schaden haftet, den er anrichtet, handelt verantwortungsvoller meist als diejenigen, die nur als Sachwalter einer GmbH oder AG agieren und wenn es auch gut ist, dass die Monarchie abgeschafft wurde, weil Adel nicht unbedingt eine Garantie für Geist und große Kompetenz ist, wie das Haus Hohenzollern nach und vor Friedrich zur Genüge bewies, von anderen ganz zu schweigen, auch wenn Ausnahmen die Regel bestätigen, wie Bismarck oder Moltke, fragt sich doch, wie eine größere persönliche Verantwortung der politischen Amtswalter erreicht werden könnte, diese persönlich nehmen, was sie tun - auch wenn dies natürlich wieder gute und schlechte Seiten hat, scheint der Bereich der Verantwortung derzeit wichtiger zu sein, als es bisher schien.
Identität mit dem, was wir tun und Verantwortung für die Ergebnisse dessen, was wir bewirken sind der Schlüssel zu nachhaltig verantwortlichem Umgang, scheint es, doch hat es den Adel, der dies über Jahrhunderte hatte, nicht daran gehindert immer wieder idiotische Kriege zu führen. Auch ein preußischer Adel, dem ein Imanuel Kant schon die Ethik der Verantwortung nach dem kategorischen Imperativ vordachte, schaffte dies nicht, kaum einen Herrscher gibt es, der wie Friedrich persönlich die Verantwortung übernahm und dann wofür?
Um einen Eroberungskrieg auf dünner rechtlicher Grundlage zu führen. Die Hoffnung auf Besserung aus dem System heraus sind also historisch betrachtet zugegeben bescheiden, auch il Moro wäre lieber abgehauen, hätte sich um die Verantwortung gedrückt, statt in französische Gefangenschaft heldenhaft zu gehen. Es ist menschlich, den größten Vorteil für sich zu suchen, warum sollten wir uns auch quälen?
Friedrich gilt als Held der Geschichte, il Moro ist eher für seine vorher kulturellen Leistungen berühmt geworden, glücklich gemacht hat es beide nicht, auch wenn Friedrich nach vielen Jahren Krieg noch länger friedlich herrschte, ist der persönliche Gewinn fraglich. Wären wir glücklicher, wenn wir mehr selbstlose Helden in der Regierung hätten oder genügte es einfach die persönliche Verantwortung zu erweitern, um die Gefahr großer Unglücke und Kriege zu vermeiden?
Putin inszeniert sich gern als mutiger Kerl, damit der kleine Mann seinen Landsleuten auch mächtig genug erscheint und was ihm im Westen eher Spott einbrachte, hat ihm im Osten um so mehr Respekt beschert, ob ihn das langfristig glücklicher macht, scheint zumindest fraglich.
Die Manager von VW für die von ihnen verursachten Schäden mehr zur Verantwortung zu ziehen, scheint uns gerecht, damit nicht die Arbeiter für die Fehler ihrer gut bezahlten Führung büßen müssen, die sich noch Belohnungen für komplettes Versagen genehmigen will, auch wenn dieses selten persönlich nachweisbar sein wird, sich fragt, was die rechtliche Grundlage für die Versagung vertraglicher Ansprüche sein soll und wo wir hinkommen, wenn Moral, Rechtsgefühl oder Zorn der Bevölkerung genügen, legitime rechtliche Ansprüche nicht mehr durchsetzen zu können.
Fehler unserer Regierungen werden zumindest was die Finanzen angeht im nachhinein vom Bundesrechnungshof meist folgenlos gerügt. So haben wir eine Finanzaufsicht, die meckern darf aber nicht handeln kann und dies vor allem meist erst, wenn es schon zu spät ist und sich nur in offensichtlich schlimmsten Fällen jemand politisch der Verantwortung stellen muss, persönlich haftet keiner, der staatliche Gelder verschwendet.
Aber wäre es überhaupt gut und wünschenswert, Politiker wie Privatunternehmer persönlich für ihr Handeln haften zu lassen?
Würden bloße Volksvertreter dann nicht wie Fürsten und quasi Eigentümer des Staates behandelt?
Sollte ein Herr Draghi, wenn sich sein Milliardenprogramm als falsch oder wirkungslos herausstellt, als bloßer Finanzpoker an dem nur die Banken verdienten, dafür in Haft genommen werden?
Lähmte es die Demokratie nicht völlig, wenn Entscheidungsträger keine Risiken mehr eingingen?
Die offene Gesellschaft lebt von der Freiheit des Einzelnen, wo wir sie beschneiden, bleibt wenig übrig. Dennoch braucht es einer Kontrolle, die auch die Entscheidungsträger, welche die Normen zu ihrer eigenen Kontrolle erlassen, stärker in die Verantwortung nimmt. Es ist dieser Drahtseilakt in der Demokratie zwischen moralischer Verantwortung von Politikern für das Allgemeinwohl und ihrem persönlichen Interesse, eine auch anstrengende Aufgabe, die sie übernehmen, möglichst unbeschadet zu überstehen, den wir im Sinne einer ausgleichenden Gerechtigkeit entscheiden müssen.
Wer die Bürger für Steuervergehen im Namen der Gerechtigkeit bestraft, sollte auch seinerseits strafrechtliche Verantwortung für die Verschwendung von Steuergeldern übernehmen müssen. Wo dies nicht gewünscht ist, um den Staat nicht zu lähmen, fragt sich mit welcher Autorität Steuervergehen noch bestraft werden dürfen.
Wo Manager die Mitarbeiter für ihre Fehler bestrafen, also entlassen oder Gehälter kürzen, kann sich der Vorstand nicht dafür noch Boni genehmigen. Wer anders handelt, hat keine moralische Legitimation für sein Handeln, da keine Verantwortung übernommen wird, scheint moralisch logisch, aber lässt sich dies auch sinnvoll begründen?
Es führt hier wenig weiter Adam Smith gegen Karl Marx auszuspielen und sich in den Schlingen der Dogmatik zu verfangen. Vielmehr muss ein praktikabler Weg gesucht werden, der Verantwortung und Risiko ins Verhältnis setzt. Die Ökonomie hat aus Gründen der juristischen Haftung das Prinzip der Deantwortung zur Herrschaft erhoben, was für Unternehmen notwendig ist, um die finanziellen Risiken, erträglich zu halten, muss für Entscheidungsträger nicht notwendig auch gelten.
Würden wir die Gehälter der Manager noch stärker an ihren Erfolg kuppeln, wie es scheinbar Mode ist, jedoch bei Aktiengesellschaften nicht unbedingt den realen wirtschaftlichen Erfolg wiederspiegelt, führte dies nicht unbedingt zu verantwortungsvollerem Handeln des Managements, wie wir gerade sahen. Lassen wir die Boni völlig weg, die mittlerweile den größeren Teil des Gehaltes ausmachen, auch der Steuervorteile wegen, gibt es keine direkte Verantwortung mehr, es würde eher beamtisch gehandelt und es bestünde kein Anreiz die Gewinne zu steigern.
Eine gesetzliche Pflicht zur Offenlegung aller Gehälter wäre ein erster Schritt zu mehr Freiheit und Offenheit im Diskurs. Das Management der Aktiengesellschaften könnte verpflichtet werden alle Bonuszahlungen öffentlich zu begründen. Gleiches müsste für die Politik gelten, die in allen Ämtern ihre Zahlungen ohnehin offenlegen muss aber weiterhin verpflichtet werden sollte, jede Steigerung ihrer Gehälter auch politisch wie wirtschaftlich zu begründen. Dann hätten wir zumindest mehr Diskurs und Öffentlichkeit in der Frage der Gehälter und könnten über Verantwortung besser diskutieren, statt immer weiter zu deantworten.
Wer große Gewinne erwirtschaftet soll auch daran beteiligt werden, es ist nicht schlecht, wenn sich Leistung lohnt, aber dies tut sie nur nachhaltig, wenn auch Nichtleistung bestraft und Schäden haftbar machen. Es ist nichts dagegen zu sagen, die Gehälter von Bundestagsabgeordneten an denen oberster Behörden zu orientieren, nur müssen sie eben jedes Jahr wieder begründet und gerechtfertigt werden aus der aktuellen Haushaltslage die momentane Regelung des Automatismus ist politisch nicht länger tragbar und hinnehmbar, es sei denn wir zahlen allen Bürgern ein Gehalt unabhängig von ihrer Leistung, was eine kluge Variante sein könnte, wo diese jedoch noch nicht praktiziert wird, ist jede weitere Diskussion müßig.
Verantwortung übernimmt auf Dauer nur, wer etwas davon hat. Dieser Gewinn muss nicht rein finanzieller Art sein, aber es braucht wieder mehr Gleichgewicht zwischen Belohnung und Verantwortung, wagen wir es, Verantwortung attraktiv zu machen und gefährlich.
jens tuengerthal 10.4.2016
Sonntag, 10. April 2016
Augenblick
Schau mir in die Augen Kleines
Sagt Rick alias Humphrey Bogart
Nur in der ersten Synchronisation
Später heißt es dann nur noch
Ich seh dir in die Augen Kleines
Und im Drehbuch stand was anderes
Nur hat Bogart wieder genuschelt
Da hieß es here's good luck for you
Nur ein Trinkspruch der was wünscht
Gerade fuhrst du die Wega wieder
An Casablanca vorbei durch die
Wellen des Atlantik und ich denke
Sehnsüchtig an dich ferne Liebste
Hier ist auch alles Glück für dich
Mitten im Atlantik vor Westafrika
Und schaute doch lieber noch
In deine Augen ganz nah
Nach durchschriebener Nacht
Geht die Sonne in Berlin auf
Bald kannst du schlafen
Oh Käpt'n my Käpt'n
Meine Kleine
Begleite dich in nur Worten
Durch die Wogen im Wind
jens tuengerthal 10.4.2016