Samstag, 16. August 2025

Lektürentagebuch 16.8.25

Lektürentagebuch 16.8.25

Mit Franz Hessel im KaDeWe wie mit
Walter Benjamin in den Passagen noch
Unterwegs ist das entsprechende Kapitel
In zwei Flaneure in Berlin auch so betitelt

Ende der Zwanziger Jahre hatte der
Flaneur Franz Hessel ein Verhältnis mit
Der Werbetexterin Fotografin und auch 
Journalistin Doris von Schönthan

Diese hatte zugleich noch ein Verhältnis
Mit Thankmar von Münchhausen wie es
Franz Ehefrau Helen mit seinem Freund
Henri Pierre Roché in Paris auch hatte

In dem Text Doris im Regen begleitete
Hessel von Schönthan ins KaDeWe wo
Sie Modelle fotografierte wobei manche
Der Mädchen verabredete Gesichter hätten 

Reizvoll fand es der Flaneur zu erraten
Aus welcher Abteilung sie wohl kamen 
Er beschreibt wie sie alle am blauen Portier 
Vorbei müssen zu zeigen was sie haben

Das Warenhaus wurde 1907 eröffnet
Walter Benjamin sah in der Passage
Noch die Vollendung des Interieurs
Dafür das Warenhaus als dessen Verfall

Dies sei für ihn der letzte Strich des 
Flaneurs die konkurrenten Warenhäuser
Führten zur Verödung der Passagen deren
Niedergang schon Zola beschrieb

So wurden die Passagen durch die neuen
Warenhäuser zu verödeten Denkmälern 
Des frühen 19. Jahrhunderts in Berlin
So war etwa das Tacheles eine solche 

Erst die Surrealisten entdeckten deren
Besonderen Reiz wieder Louis Aragon 
Beschrieb in Le Paysan de Paris etwa
Den Niedergang der Passage de l’Opera

Auf dieses surrealistische Meisterwerk
Von 1926 machte Hessel Benjamin erst
Aufmerksam was bei diesem sogleich
Herzklopfen aufgelöst haben soll

In Paris waren zwischen 1799 und 1855
Schon 26 Passagen entstanden die zum
Flanieren einluden ohne gleich von den 
Fuhrwerken bedroht zu werden wie sonst

Hier entstand die Figur des Flaneurs
Der anders als das bürgerliche Publikum
Einfach ziellos herum schlenderte in den
Passagen quasi wie Zuhause ist

Den Passagen widmete Benjamin sein
Hauptwerk an dem er von 1927 bis 1940
Schrieb auch Franz Hessel kannte sie gut
Hat vermutlich diesen Teil in Benjamins

Passagen geschrieben die das Zentrum
Des späteren Werkes werden er las die
Stadt dabei wie ein Buch was darauf für
Benjamin zum Vorbild im Werk wurde 

Teilweise wird auch schon Hessels 
Spazieren in Berlin als eine Vorstufe
Der Passagen gesehen zumindest
Brachten sie die Idee dazu in Gang 

So erwähnt Benjamin in seiner Berliner
Chronik eine Passage in Moabit die er
Bei sonntäglichen Spaziergängen für 
Sich entdeckt hatte zum flanieren

Hessel beschrieb ausführlich die
Kaiserpassage dabei vor allem auf
Die Schaufensterauslagen achtend
Aber flüchtete schnell von dort 

Dort hätte er einen Moderschauer
Erlebt und es sah noch so aus wie
Vor zwanzig Jahren also im Kaiserreich
Hier gab es auch das Kaiserpanorama 

Was wiederum Benjamin in seiner
Berliner Kindheit um 1900 beschreibt
Diese kreisförmigen Bilder sind heute
Im Märkischen Museum zu finden

Daneben gab es noch die Lindengalerie
Etwa dort wo heute die Komische Oper
Ihren Platz gefunden hat und die größte 
Aller war die Friedrichstraßenpassage 

Sie befand sich wo früher das Tacheles
Sich befand und heute eine Mall steht
Doch erst die großen Warenhäuser
Tietz Wertheim und KaDeWe schufen

Eine Paris vergleichbare Stadtlandschaft
Die mit den großen Boulevards wie dem
Kurfürstendamm und den Linden den
Flaneuren das Spazieren ermöglichten

Diese These von Gerd Rüdiger Erdmann
Finde ich etwas gewagt da Benjamin die
Kaufhäuser ausdrücklich beklagt und
Auch Hessel sie nicht dafür lobt 

Im Gegenteil war der Bedeutungsverlust
Der Berliner Passagen durch Kaufhäuser
Das Ende ihres eigentlichen Reviers was
Der Anfang vom Ende eher war

Ein wieder spannender Blick auf die
Geschichte des Flanierens wie die
Orte die dies erst ermöglichten was
Den Flaneur überlegen lässt diese

Heute grässlichen Shopping Malls
Mit den Augen des Flaneurs wieder
Zu besuchen nicht um dort etwas
Zu kaufen sondern zu beobachten

Hier liegt mir wieder Hessels eher
Liebevolle Betrachtung gefühlt näher
Auch wenn ich über diese Orte lieber
Wie Benjamin nur schimpfen würde

Sich dort irgendwo unauffällig zu
Platzieren um zu beobachten wozu
Der Rausch wen dort verführt könnte
Ein spannendes Bild der Zeit werden

Bisher war ich dort immer nur in ganz
Zauberhafter weiblicher Begleitung die
Eher gezielt dort etwas suchten um sich
Oder ihre Umgebung zu verschönern

Durfte dann die Einkäufe tragen vor
Umkleidekabinen oder mit Glück auch
In ihnen warten und sollte dann loben
Was ihre Augen glänzen ließ

Dabei sollte ich natürlich stets ganz
Ehrlich sein was ich wie ich schnell
Lernte niemals sein durfte wollte ich
Nicht einen verdorbenen Tag haben

Vielleicht sollte ich einfach zweckfrei
Dort verweilen um zu beobachten was 
Diese Tempel des Konsums mit den 
Gläubigen alles anstellen können

jens tuengerthal 16.8.25

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