Mittwoch, 5. Juni 2024

Kanonfrei

Kanonfrei

Braucht es einen Kanon der
Klassiker den jeder gelesen
Haben sollte mitreden zu können
Wovon immer wieder die Rede ist

Halte nichts von Zwang bei der
Lektüre die von Liebe wie damit
Von Freiwilligkeit getragen besser ist
Sobald wir selbständig lesen können

Hatte das Glück in einem ziemlich
Bildungsbürgerlichen Elternhaus noch
Aufzuwachsen was Wert darauf legte
Wie vielfach Pech dafür in der Schule

Zu meinen Schulzeiten wurden nach
Den 68ern fast keine Gedichte mehr
Auswendig gelernt was ich heute sehr
Bedaure weil mir manches fehlte

Wer viel und gerne liest wird sich seinen
Geistigen Kanon selbst erlesen um die
Literatur auch wirklich zu verstehen wie
Andeutungen deuten zu können

Dazu wiederum braucht es auch eine
Literarische Basis ohne die Lektüre
Wie die eines Analphabeten wäre weil
Nur die Buchstaben gelesen würde

Es braucht Kenntnis der Antike so sehr
Wie ihrer Folgen bis in die Moderne um
Zu verstehen warum Ulysses einer Tag
Eine Odyssee in Dublin etwa ist wie

Viele große Werke der Literatur sich
Erst im Wissen um den Kontext für
Die Leser ganz erschließen doch
Auch für sich genug begeistern

Habe vieles als Kind schon gehört
Wie dann auf Durchzug geschaltet
Eigene literarische Wege zu finden
Die tiefer und weiter mich verführten

Glaube immer noch ein oktruierter
Kanon erzeugt eher das Gegenteil
Doch ohne Wissen bleiben Leser
Für viele Schönheiten noch blind

Andererseits was wir nicht selbst
Aus Neugier entdecken wird nie
Ein lebendiger Teil des Lesens
Was mit Freude begeistern kann

Liebe zur Literatur zu vermitteln
Wie Freude am Lesen zu lernen
Erfordert Begeisterung für den Stoff
Der mich geistig dabei entflammt

Es braucht kein Allgemeinwissen
Um sich damit brüsten zu können
Wie es in meiner Familie noch als
Konkurrentes Spiel üblich war

Heute lache ich über diese stets
Oberlehrerhafte Konkurrenz der
Gerne der Humor dabei fehlte
Auch wenn es liebenswert war

Doch erschließt erst mehr Wissen
Den Kontext großer Literatur was
Ein tiefes Leseerlebnis ermöglicht
Bei dem wenige Seiten genügen

Montaigne bezeichnete sich selbst
Als schlechten und faulen Leser der
Immer nur las was ihm in den Sinn
Wie zufällig noch in die Finger kam

Dies konnte er weil er mit einem sehr
Guten Lehrer erstaunlich viel kannte
Eine ganz breite Basis bereits hatte
Die in allem etwas neues entdeckte

Genauso mache ich es inzwischen
Wähle aus hunderten Büchern die
Welche mich zufällig gerade reizen
Lust auf mehr Lektüre wecken

Nur das Lustprinzip kann mich für
Ausgiebige Lektüre begeistern nie
Das Pflichtgefühl etwas unbedingt
Gelesen haben zu müssen

Doch stehe ich bei dieser Auswahl
Auf relativ breitem Fundament was
Nicht so leicht ins Wanken gerät wie
Es auch bei Montaigne schon war

Sicher war dieser um ein vielfaches
Belesener als ich in den humanistischen
Klassikern der Antike dafür kenne ich
Die Sicht der Aufklärung auch auf ihn

Es braucht keinen Zwang zur Lektüre
Irgendwelcher verstaubter Klassiker
Doch wird nie verstauben was gut war
Immer der Lektüre auch wieder lohnt

jens tuengerthal 4.6.24

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