Dienstag, 6. September 2016

Kulturgeschichten 349

Synagogengeburtstag

„Wer sich für die architektonischen Dinge interessiert, für die Lösung neuer, schwieriger Aufgaben innerhalb der Baukunst, dem empfehlen wir einen Besuch dieses reichen jüdischen Gotteshauses, das an Pracht und Großartigkeit der Verhältnisse alles weit in den Schatten stellt, was die christlichen Kirchen unserer Hauptstadt aufzuweisen haben.“
Theodor Fontane

 „Das neue Gotteshaus ist ein Stolz der jüdischen Gemeinde Berlins, aber noch mehr, es ist eine Zierde der Stadt, eine der beachtenswertesten Schöpfungen der modernen Architektur im maurischen Stil und eine der vornehmsten Bauunternehmungen, die in den letzten Jahren die norddeutsche Residenz ausgeführt hat und ein märchenhaftes Bauwerk, das inmitten eines recht nüchternen Stadtteiles unserer Residenz uns in die phantastischen Wunder einer modernen Alhambra mit den anmutigen leichten Säulen, den schwunghaften Rundbögen, den farbenreichen Arabesken, den mannigfachen gegliederten Schnitzwerk, mit all den tausenfähigen Zauber des maurischen Stils einführt.“
National Zeitung

„Das Licht strömt durch die bunten Scheiben magisch gedämpft und verklärt. Decken Wände, Säulen, Bögen und Fenster sind mit verschwenderischer Pracht ausgestattet und bilden mit ihren Vergoldungen und Verzierungen eine wunderbaren,zu einem harmonischen Ganzen sich verschlingenden ArabeskenKranz von feenhafter, überirdischer Wirkung.“
 Vossische Zeitung

Am 5. September 1866 wurde zu Berlin
Die neue Synagoge eingeweiht über die
Sich nicht nur Fontane voller Euphorie
Äußerte die bis heute eine Schönheit blieb

Die Synagoge steht in der Oranienburgerstraße
Die dort durch die Spandauer Vorstadt im Bezirk
Berlin Mitte führt ihr Bau war von herausragender
Bedeutung für die jüdische Bevölkerung der Stadt

Ihre Architekten waren Eduard Knoblauch sowie
Friedrich August Stüler der letztere war königlicher
Baumeister und übernahm von seinem Freunde
Knoblauch als dieser erkrankte die Bauausführung

Begonnen hatten die Bauarbeiten bereits 1859
Doch es kam im deutsch-dänischen Krieg 1864
Zu Verzögerungen durch Materialengpässe so
Dass es erst 1866 zur feierlichen Einweihung kam

Diese fiel am den 5. September auf das jüdische
Neujahrsfest und fand in Anwesenheit des da
Preußischen Ministerpräsidenten von Bismarck
Statt bei fast versiebenfachten Baukosten noch

Es scheint als seien explodierende Kosten ein
Altes Berliner Problem auch wenn heute selten
Das Ergebnis so schön dies wert war wie noch
Diese Synagoge im Alhambra-Stil es wurde

Die Fassade ist geprägt vom Motiv der drei Bögen
Was sich im Eingangsbereich wie bei den Fenstern
Im Obergeschoss deutlich zeigt und auch die Kuppel
Nimmt dies Motiv auf mit dreiteiligen Rundbogenfenstern

Die Tambourkupppel ist an ihrem höchsten Punkt
Genau 50,21m hoch und bildet so einen Glanzpunkt
Des Bauwerks der weithin sichtbar ist in seiner im
Islamisch-indischen-Stil gestalteten Architektur schön

Vor der endgültigen Zerstörung 1958 hatte die Synagoge
Einen dreischiffigen Sakralbau der in fünf Joche geteilt war
Die reichliche Verwendung von Gusseisen galt als eine
Der Besonderheiten des Baus wie auch die Lichtführung

Für den Thoraschrein war sowohl die Grundform des
Christlichen Altarbaldachins als auch der Pavillion im
Löwenhof in Granada Vorbild geschmückt war er mit
Einem Sternenmuster aus verschlungenen Quadraten

Der Bau war natürlich umstritten wurde sowohl von den
Immer Antisemiten wie teilweise des maurischen Stils
Wegen auch von liberalen Juden kritisiert weil dies die
Fremdartigkeit betone und so die Integration erschwere

Die konservativen Juden wiederum bemängelten die
Innenausstattung durch einen reformorientierten Rabbi
Der den Gottesdienst nach dem Neuen Ritus abhielt
So kam es 1872 sogar zur Spaltung der Gemeinde

Die Mehrheit jedoch war stolz auf ihr neues Gotteshaus
Die größte teuerste und prächtigste Synagoge Deutschlands
Mit ihren 3200 Sitzplätzen bot sie der ganzen Gemeinde
Platz genug wenn sie sich denn einig gewesen wäre

Am 9. November 1938 legte die SA dort Feuer jedoch konnte
Der Reviervorsteher der Polizei dessen Ausbruch verhindern
Er hat die Zerstörung mit dem Argument Denkmalschutz
Verhindert und den Brand von der Feuerwehr löschen lassen

Dieser Mut brachte dem Reviervorsteher Wilhelm Krützfeld
Später Schikanen im Beruf ein an dessen Mut erinnert heute
Eine Gedenktafel die zeigt was doch möglich war wenn nicht
Gebilligt oder mitgelaufen wurde im damals Terror

Der letzte Gottesdienst fand im Januar 1943 dort statt
Dann übernahm die Wehrmacht es als Uniformlager das
Im November 1943 durch britische Luftangriffe schwer
Beschädigt wurde bis sie nach 1945 Materiallieferant war

Nur der vordere der Straße zugewandte Teil blieb noch
Erhalten als Mahnmal gegen Faschismus und Krieg wie
Es in der DDR typischerweise hieß bis 1988 die Stitung
Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum gegründet
Wurde mit dem Ziel des Wiederaufbaus der Synagoge

Dabei ließ die DDR sogar noch einen amerikanischen
Rabbiner zu der auch Chauffeur und Hausangestellte
Erhielt die allerdings für die Stasi arbeiteten so sollte gut
Überwacht November 1988 die Grundsteinlegung stattfinden

Doch bei der Grundsteinlegung war der
Neue Rabbi schon wieder im Streit weg
Was so hoffnungsvoll noch begann
Endete im wechselseitigen Misstrauen

Beim Wiederaufbau sollten sowohl gewaltsame Zerstörung
Wie das Weiterleben und der schöne alte Bau sichtbar
Nebeneinander fortbestehen ohne die Geschichte dabei
Zu leugnen oder relativieren zu wollen wie es geboten war

Unter Hermann Simon wurde das Centrum Judaicum
Zu einem weltweit bekannten Forschunsstandort der
In seinen Räumlichkeiten immer wieder Besucher anzieht
Mit faszinierenden Ausstellungen in schönsten Räumen

So blieb die Neue Synagoge mit dem was von ihr blieb
Ein strahlender Mittelpunkt von Berlins Mitte in der einst
Auch ein so großer Geist wie Moses Mendelssohn wirkte
Das deutsche Judentum philosophisch weise mitprägte

Auch wenn die Synagoge erst 80 Jahre nach dessen Tod
Vollendet wurde ist der Geist dieses Aufklärers an vielen
Orten doch präsent im heute Centrum Judaicum gerade
Auch durch die Arbeit von Hermann Simon als Forscher
jens tuengerthal 5.9.2016

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