Donnerstag, 31. Oktober 2024

Lektürentagebuch 30.10.24

Lektürentagebuch 30.10.24

So sehr ich den Zauberberg liebe
Wirkt er konzentriert auf mich wie
Proust fast wie ein Abführmittel
Für Literatur und Leben schon

Vielleicht braucht es mal eine Pause
Um die feine Sprache auch wieder
In ihrer Ironie genießen zu können
Mit einem Lächeln über das Leben

Das letzte Kapitel handelte von so
Faden Dingen wie Rechnungen die
Nach der ersten Woche anstanden
Wie Zweifeln an Hofrat Behrens

Erstere befindet der Hanseat für
Korrekt letzteren verteidigt Vetter
Joachim mit Vernunft und Erfahrung
Gegen aufkommende Verdächtigung

Dieser Verdacht nährte sich wie alle
Verschwörungen von Urteilen über
Bloße Spekulationen statt Wissen
Davon halte ich immer weniger

Einzig das Ausräuchern wäre doch
Im Vergleich zu allem übrigen etwas
Überteuert aber das sei angesichts
Mäßiger Preise ansonsten akzeptabel

Auch die von ihm nicht genutzte
Medizinische Konsultation nimmt er
Als dazugehörig billigend in kauf nur
Ob der Hofrat als früher Patient ein

Entschieden genügender Gegner
Der Krankheit ist scheint ihm doch
Zweifelhaft nachdem er erfuhr dass
Schon dessen Frau hier verstarb

Er selbst sich wohl zeitweise noch
Infiziert hatte und darum einfach
In Davos blieb auch ohne Frau 
Weil die Luft so heilsam wäre

Doch zerstreut Joachim diese ersten
Zweifel an der Integrität des ganzen
Sanatoriums und der Aktionäre hinter
Diesem mit leichter Hand schnell

Es sei weder gewiss ob der Hofrat
Noch gezwungen sei hier zu sein
Oder gar selbst krank wäre was
Hans zur Zufriedenheit genügte

Er lebte günstig und hatte darum
Keinen Grund zur Klage und also
Gingen die beiden die Rechnung gleich
Begleichen um es erledigt zu haben

Dabei sieht Hans erstmals auch das
Untergeschoss was da am Hang
Gelegen doch eigentlich keines ist
Dennoch ist zumindest das direkt

Am Treppenhaus gelegene Zimmer
Von Doktor Krokowski wie eine
Dunkle Höhle was passend scheint
Für Expeditionen ins Unterbewusstsein


Parallel dazu las ich noch Breloers
Ein fabelhaftes Glück wo es um die
Homosexualität Manns geht und wie
Er diese mit einem Freund pflegte

Dies durch Lektüre eines Buches
Was über sexuelle Sonderlichkeiten
Medizinisch wohlwollend aufklärte
Darunter auch die Homosexualität

Die Knaben sprechen in einer etwas
Schwül seltsamen Stimmung über
Ihre geringere Neigung zu Damen
Denen andere sonst nacheiferten

Es ist diese ganze Situation wohl
So gut und verklemmt beschrieben
Dass schon die Lektüre unangenehm
Für den Leser sich dabei anfühlt

Wie als peinlicher Schnüffler kommt
Sich der Besucher in Manns Leben
Dabei vor und fragt sich warum dies
Immer wieder ein Thema sein muss

Sicher prägt die sexuelle Neigung
Auch die Persönlichkeit doch ist
Was Thomas Mann in seiner Rolle
Als Autor und Bürger ausmacht

Deutlich anderes als Sexualität
Die ohnehin eher ein Randthema
Auch in seinen Schriften nur ist doch
Immer in den Mittelpunkt wieder

Von skandalsuchenden Autoren
Gerne gerückt wird so auch hier
Durch eine schwüle Atmosphäre
Die sogar real gewesen sein mag

Denke ich an die ersten Versuche
Auf diesem Gebiet von mir auch
Unter Freunden nach von denen
Manche diese Neigung teilten

Stelle ich keinen Unterschied fest
Auch wenn es mich zu Frauen zog
Ist die Sexualität seltsam belegt bei
Den ersten Versuchen der Erfahrung

Das ist eher peinlich in Erinnerung
Als von nonchalanter Größe noch
Von irgendeiner weiteren Bedeutung
Was wir im verborgenen einst taten

Auch die Versuche unter den Damen
Gleichen Alters im Bekanntenkreis
Gar der ferneren Verwandtschaft sind
Normale Teile des Heranreifens

Viel spannender als die spekulative
Neigung finde ich bis heute wie es
Mann schaffte das Leben als guter
Verheirateter Bürger doch zu führen

Seine Kinder zu zeugen wie seine
Katia zu lieben und ihr zumindest
Körperlich ziemlich treu zu bleiben
Weil ihm das Sein wichtiger war

Wenn ein Autor damit jener Rolle
Die er für sich wählte sogar den
Vorrang über die eigenen Triebe gibt
Ist diese Rolle wichtiger als jene je

Schwul zu sein ist heute keinerlei
Problem mehr in der zivilisierten
Kultivierten westlichen Welt anders
Ist dies in totalitären Staaten noch

Der nahe und ferne Osten hat da
Eher ein verklemmtes Problem wie
Putin es gerne zelebriert was nur
Mehr über diesen noch verrät

In Berlin ist es völlige Normalität
Angesichts derer eine so etwas
Verklemmte Aufdeckung peinlich 
Doch eher wirkt als aufklärend

Skandal Skandal Thomas Mann war
Ja was nun Bi oder doch Schwul ist
Völlig egal bei der Beurteilung des
Werkes dieses Autors denke ich

Doch darum haben sich lange
Schon die Biografen gebalgt die
Auf den großen Skandal hofften
Den es dafür aber nie wirklich gab

Viel wichtiger darum wäre es die
Rolle als Bürger zu untersuchen
Der er den Vorzug vor seiner auch
Sexuellen Neigung immer gab

Dies anders als seine Kinder
Denen er völlige Freiheit gab
Welche Klaus und Erika auslebten
Ohne literarisch bedeutend zu werden

Thomas entschied sich dafür seine
Lebensrolle konsequent zu spielen
Ließ darum die Sexualität nur die
Zweite Geige im Werk spielen

Werk und Leben ähneln sich bei
Thomas Mann erstaunlich stark
Er hat seine Neigungen literarisch
Ausgelebt und ist Bürger geblieben

Dieser Unterschied macht ihn aus
Wie auch das Werk groß sogar dann
Wenn ihm sexuelle Praxis fehlte sind
Die Kinder nicht vom Himmel gefallen

Der entscheidende Punkt für mich ist
Die Entscheidung des Autors für sein
Leben zu akzeptieren statt ihm ein
Anderes ungelebtes zu unterstellen

Nehme Thomas wie er sich darstellte
Was seinem Selbstbild wohl entsprach
Zumindest wie er gesehen werden wollte
Als Familienvater mit einer Neigung

So wie er bei Hans Castorp mit dieser
Für Pribislav Hippe spielte so wollte er
Auch selbst darin wohl gesehen werden
Ohne es noch weiter zu thematisieren

Spannend ist für mich darum der Mensch
Thomas Mann in der Rolle die er für sich
Wählte und bewusst spielte statt nur den
Unterdrückten Homosexuellen zu sehen

Solche Skandalisierung ist auch wenn
Sie literarisch gut gemeint sein mag
Eher peinlich und überflüssig immer
Schadet damit allen Seiten nur

Wer sich auf das Niveau der
Regenbogenmedien begibt wird
Nichts anderes mehr schaffen
Damit leider schnell entbehrlich

Mann ist unvergessen weil er
Seine Rolle konsequent lebte
Die Zweifel zur Literatur machte
So nehme ich ihn beim Wort

Es gibt auch Stellen im Werk
Von Thomas Mann bei denen
Kenner queerer Welten lächeln
Weil es ihnen vertraut bekannt ist

Doch groß ist Thomas Mann nicht
Weil er auch diese Neigung hatte
Sondern weil er seine Rolle lebte
Dem Bürgertum die Worte gab

Dieser Teil seines Seins scheint
Ihm bedeutender gewesen zu sein
Als seine Neigung auszuleben die
Keiner wohl mehr bezweifeln wird

Doch ist die Neigung egal wenn es
Um das Werk geht und ich bin nun
Gespannt wie Breloer dies im Verlauf
Sprachlich weiter lösen wird

Hier ist die ganz Werk konzentrierte
Biografie von Borchmeyer vorzüglich
Der sich an den Autor hält statt über
Den Menschen zu spekulieren

Thomas Manns Verdauung ist mir
So egal wie dessen Produkte doch
Sein literarisches Werk bleibt wichtig
Über dieses denke ich gerne nach

jens tuengerthal 31.10.24

Liebesschwur

Liebesschwur

Ewige Liebe wird
Gerne geschworen ohne
Jede Garantie

Umtausch wird immer
Ausgeschlossen dafür bleibt
Kummer gern lange

jens tuengerthal 31.10.24

Geisterbeschwörung

Geisterbeschwörung

Wir beschwören noch
Geister gerne abends vor
Allerheiligen

Hokuspokus bleiben
Gespenster immer keine
Heiligen dabei

jens tuengerthal 31.10.24

Reformation

Reformation

Reformation ist
Keine Revolution bloß
Mehr Aberglaube

Luther bremste die
Renaissance in Deutschland aus
Kein großer Verdienst

Freiheit vom Glauben
Wäre immer wichtiger
Als dieser je war

jens tuengerthal 31.10.24

Klimaflut

Klimaflut

Flutkatastrophen
Sind kein Klimawandel nur
Zeichen für diesen

jens tuengerthal 31.10.24

Liebessymphonie

Liebessymphonie

Spielen wir im Konzert der Gefühle
Als höchste Form die Liebessymphonie
Ein Meisterwerk der Harmonie das gerne
Auch alle Hörgewohnheiten infrage stellt 

Unsicher ist dabei die Satzfolge wohl
Während die klassische noch mit vier
Von unterschiedlichem. Tempo auftrat
Versuchte die Romantik vieles neu 

Bis heute gibt die Liebe sich gern
Romantisch als gäbe es keine
Moderne die sie erledigte doch bleibt
In der Liebe Romantik beliebt

Viele Lieben beginnen mit einem
Langsamen Satz der erstmal plaudert 
Um im zweiten Satz schon umeinander
Zu tanzen mit unterschiedlichem Tempo

Immer wieder tauchen dabei in der 
Liebessymphonie die Motive des
Ersten Satzes in Varianten auf die
Den Lauf der Liebe uns zeigen

Ob das Finale dramatisch wird
Mit einem großen Knall endet 
Oder in zarten Harmonien ausklingt
Hängt auch am Charakter der Beteiligten

Gelegentlich überraschen noch die
Bereits verloren geglaubten Melodien
Durch ganz neue Harmonien die verlorene 
Liebe sogar mal wiederkehren lassen

Einige Liebende nutzen auch gerne
Motive klassischer Schulen wie sie
Für die Symphonie die Mannheimer
Brachten für ihre Liebeserklärungen

Erstaunlich ähnlich klingt darum für
Unbeteiligte Zuhörer was sie sich
Mit vollem Herzen vorspielen als
Ginge es um eine Harmonie in C

Dennoch kommt sicher wie beim
Gebet am Ende ein Amen was 
Manche sich heißblütig noch als
Dissonanten Vorwurf nachtragen

So endet manche Liebessymphonie
Mit einem Fluch der lange nachbebt
Ohne zur Harmonie je zu finden die
Anfänglich alle noch anstimmten

Andere klingen harmonisch aus
Wollen gerne Freunde bleiben um
Zu bewahren was schön einst war
Wie irreal das oft auch scheint

Wie immer wir die Nähe von
Liebe und Musik beurteilen
Ist die typische Satzfolge in
Der klassischen Liebe ähnlich

Dies auch egal wieviel wir dabei
Noch reden zwischen Küssen
Werden Varianten des ersten Motivs
Wie ich liebe dich gerne genutzt

Am Ende ist die Liebessymphonie
Immer mit erstaunlich ähnlichem
Noten komponiert die Harmonie
Suchen und Dissonanz erzeugen

Wenn das anfängliche Lied sich
Dann im Nichts verliert zeugt es
Von Größe noch Harmonie zu finden
Als quasi Echo der Stille danach

jens tuengerthal 30.10.24

Mittwoch, 30. Oktober 2024

Lektürentagebuch 29.10.24

Lektürentagebuch 29.10.24

Heute ganz auf den Zauberberg
Konzentriert wie ein Kapitel dort
Voller Genuss verschlungen mit
Dem verführerischen Titel Analyse

So fern mir die Psychoanalyse ist
Als geistige Sklaverei die abhängig
Vom Therapeuten macht als dem
Hohepriester des Unterbewußtseins

So reizvoll ist mancher Gedanke der
Auf den Spuren Freuds den Alltag
Neu sexualisierte auch wenn es
Nur um Liebe dabei gehen sollte

Der Zusammenhang von Liebe und
Sexualität ist ein weites Feld was
Hier nicht thematisiert werden soll
Weil vieles dabei Glaubensfrage ist

Natur und Triebe brauchen sicher
Keine Nachhilfe durch das Gefühl
Doch erleichtert es konventionell
Vieles eher der alten Moral wegen

Hans Castorp der etwas zu spät kommt
Gerade noch tolerierbar in den Raum
Schlüpft den nächsten freien Platz wählt
Landete zufällig hinter Clawdia Chauchat

Insofern es dafür keine andere Quelle
Als den Autor gibt muss ich diesen hier
Beim Wort nehmen denn warum auch
Sollte er das so blutverschmiert wollen

Peinlich eher war ihm wie Mann schreibt
Der Blick der Dame vom feinen Russentisch
Auf sein derangiertes Äußeres während
Krokowski über die Liebe schon referiert

Geradezu schamlos genau schaute sie
Den Wanderer an und taxierte ihn so
Der nun ihre geflochtenen roten Haare
Die sie mit der Hand stützt vor Augen hat

Er bemerkt ganz nah dafür ihre unfeine
Haltung mit schlaffem Rücken wie das
Abgekaute Nagelbett was schon tiefer
Blicken lassen könnte analysierten wir

Dafür fühlt sich Doktor Krokowski dafür
Zuständig über den Zusammenhang
Von Liebe und Krankheit als Ausdruck
Der unterdrückten Liebe zu referieren

Sollte Heilung dann der Ausbruch des
Lange unterdrückten in Freiheit sein
Würden Sanatorien zu Orten der Lust
Was keiner auszusprechen noch wagt

Dieser enge zeitliche Zusammenhang
Mit der Erinnerung an Pribislav Hippe
Wie der Erkenntnis der Gründe seiner
Kirgisischen Vorliebe fesselte ihn

Beim Blick auf die durchbrochenen
Ärmel der Bluse seines Schwarms
Fragt sich Hans nach den Gründen
Der Liebe in der Natur des Sexus

Ob der Reiz durch einen kranken Körper
Einer Tuberkulosepatientin vor ihm nicht
Gegen die Natur sei die sich doch nur
Gesund zur Fortpflanzung verbindet

Dürfen Kranke noch lustvoll sein oder
Eher nie weil innerlich verfault nicht
Zur Fortpflanzung bestimmt überlegt
Hans noch was uns heute fremd

Der Vortrag hatte als Aufruf gedient
Die Zuhörer zur Seelenzergliederung
Durch den Herrn Doktor zu laden den
Zusammenhang deutlich zu machen

Seltsam berauscht ist Hans nach
Diesen tiefgehenden Ausführungen
Denen er mit Blick auf Clawdias Haar
Wie gebannt gelauscht noch hatte

Zwischen den Vettern ist jedoch
Der Inhalt des Vortrags wie die
Sonstigen Erkenntnisse keinerlei
Thema es bleibt belanglos eher

Tiefe Bewegungen in ihm bleiben
Dort und werden nicht mit dem dort
Nächsten Verwandten besprochen
Dabei wird lieber Haltung bewahrt

Auch stellt ihm Joachim keinerlei
Frage zu den Blutspuren auf dem
Anzug so etwas wird übersehen
Unter kultivierten Menschen

Ob dies eher teilnahmslos scheint
Oder den Respekt belegt der sich
Im Wahren der Form ausdrückt ist
Eine wichtige Frage nur nicht hier

Genial inszeniert Thomas Mann
Die erste nahe Begegnung mit
Dem Schwarm die nahezu spurlos
Vorbeigeht als wäre nichts gewesen

Der sinnliche Zusammenhang dann
Von Liebe Krankheit und Lust im dort
Geballten Zusammenspiel schaffte
Eine Atmosphäre eigener Spannung

Sexualität wird nicht angesprochen
Bebt aber dabei deutlich immer mit
Wohin treibt das Boot der Lust nun
Wird es geführt oder eher verführt

Dies alles unter dem Titel Analyse
Als damit Anspielung an Freud die
In der Seelenzergliederung noch
Zusätzlich deutlicher auch wird

Es würde hier zu weit führen auf
Die Beschränkung der Freiheit
Durch das dazu nur erfundene
Unterbewusstsein einzugehen

Warum nehmen Menschen gerne
Ein Erklärungsmuster an das vom
Problem ausgeht wie diese zum
Zentrum seiner Analyse macht

Stets sucht die Analyse nur nach
Problemen die sie belegen möchte
Lösen kann sie nichts aber dafür
Sagen wie schwierig alles doch ist

Sexualisierung und Pathologisierung
Dieser im Ergebnis führt zu einer so
Seltsam unbefriedigten Sexualität die
Nur ihre kranken Muster fortschreibt

Statt Erfüllung und Erlösung sich zu
Schenken wird lieber problematisiert
Was zur moralischen Herrschaft damit
Der Therapeuten wie Priester zuvor führt

Die Beichte und die Psychoanalyse
Haben eine ähnliche Wirkung dabei
Warum die Psychoanalyse mit ihrem
Märchen vom Unterbewusstsein auch

Zur neuen Sekte der postresligiösen
Gesellschaft bruchlos werden konnte
Dabei ständig über Sex redet wie ihn
Zugleich pathologisch tabuisiert

Die Benennung der Hysterie nach der
Weiblichen Gebärmutter der Hysteria
Ist eines der Zeichen für das unfreie
Menschenbild dieser Sekte bis heute

Wo wird Hans Castorp hier den Weg
Der Mitte finden der seinem Wesen
Doch so sehr entspricht fragt sich ein
Leser der die Gefahr der Abwege sieht

Was wäre ein guter Mittelweg in dieser
Situation überhaupt zwischen Kranken
Welche die Lehre unterdrückter Gefühle
Zu gerne annehmen wie umsetzen

Was liegt im großen Nichtstun auch
Näher als sich zu verlieben um so
Ein wenig Aufregung noch zu haben
Statt des Einerlei im Sanatorium

Tod und Liebe und kleiner Tod in
Der Lust als deren Vollzug liegen
In vielem sich sehr nah was so
Weite Felder der Phantasie öffnet

Existentielle Erfahrungen dessen
Der sich doch gesund noch fühlt
Sind eine Form von Sexualität die
Viele Menschen am Berg suchen

jens tuengerthal 29.10.24

Liebesgunst

Liebesgunst

Lieben zu können
Als Gnade zu genießen
War genügend Glück

jens tuengerthal 30.10.24

Gönnenkönnen

Gönnenkönnen

Auch gönnen können
Ist rheinische Lebensart
Talent ohne Neid

jens tuengerthal 30.10.24

Langsamkeit

Langsamkeit

Langsamkeit findet
Das eigene Tempo im
Tohuwabohu

jens tuengerthal 30.10.24

Guttun

Guttun

Einander gut tun
Wollen dabei liebevoll
Zugewandt bleibt schön

jens tuengerthal 30.10.24

Dienstag, 29. Oktober 2024

Liebesgeschichten

Liebesgeschichten

Liebesgeschichten
Halten nur aufgezeichnet
Gelebt bleibt flüchtig

jens tuengerthal 29.10.24

Buchreisen

Buchreisen

Reisen in Büchern
Weniger asozial als
Gebuchte Reisen

jens tuengerthal 29.10.24

Lichtung

Lichtung

Auf einer Lichtung
Wachsen weniger Bäume
Dafür mehr Blumen

jens tuengerthal 29.10.24

Grauenvoll

Grauenvoll

Endet Oktober
Grauenvoll ist November
Schon vorbereitet

jens tuengerthal 29.10.24

Lektürentagebuch 28.10.24

Lektürentagebuch 28.10.24

In drei Büchern Thomas Mann wie
Über ihn gelesen zuerst wieder im
Zauberberg dann Ein tadelloses Glück
Von Breloer und Borchmeyers Biografie 

Im Zauberberg erlebte Hans Castorp
Seine Wanderung mit Nasenbluten
Was er nur mühsam stillen konnte
Indem er sich auf eine Bank legte

Euphorisch singend losgelaufen
Ergriff ihn unterwegs erst Schwäche
Dann kam das Nasenbluten was ihn
Zu einer längeren Pause zwang

Dies wurde zum Problem weil er
Pünktlich zum Vortrag wieder im
Sanatorium sein wollte doch im
Moment auf der Bank kam in ihm

Die Erinnerung wieder hoch mit dem
Gedanken an Pribislav Hippe seinen
Mitschüler den er so anziehend fand
Ohne den Gedanken weiter zu denken

Ist Pribislav die ursprüngliche Neigung
Die irgendwie ungenannt homosexuell
Oder wird sie in Clawdia erst wirklich
Der schönen Russin der wilden Nacht

Muss ich dies festlegen oder kann ich
Es einfach offen lassen ohne eine der
Schlichten sexuellen Schubladen für
Mann und seine Figuren zu öffnen

Doch fällt ihm dessen Druckbleistift ein
Den er sich lieh im einzigen Gespräch
Verbunden mit der Erkenntnis kirgisischer
Ähnlichkeit in dessen Augenschnitt

War es die westöstliche Mischung des
Knaben aus Mecklenburg die ihn so
Anzog wie Clawdia Chauchat reizvoll
Erscheinen ließ mit gleichen Augen

Wiederholte er sich im Begehren nur
War es eine Typfrage oder einfach
Zufällige Koinzidenz die ihn reizte
Was spiegelt den Autor dabei

Hans der deutsche Pedant der sich
Über zugeschlagene Türen erregt
Die seinen inneren Frieden stören
Begehrt jene die genau das tut

Er dem Pünktlichkeit wichtig ist
Kommt zu spät zum Vortrag nur
Mithilfe eines Fuhrwerks ist es
Geschwächt noch möglich

Was wird krank unter Kranken
Aus den deutschen Tugenden
Die ein lächerliches System ganz
Zuverlässig am Laufen noch halten

Eine Ordnung die dort keiner braucht
Welche dafür eine eigene Ordnung
Als Ersatz sich geschaffen haben
Zwischen Mahlzeiten und Liegekuren

Ist der Drang nach Pünktlichkeit noch
Ausdruck äußerer Zwänge oder das
Bedürfnis der Teilnahme an den dort
Üblichen Riten einer von ihnen zu sein

Treibt es Hans Castorp schon längst
Aus dem Leben um in der Horizontalen
Seiner Bestimmung zu folgen oder ist
Der Ordnungssinn ein letztes Band

Etwas das ihn mit der Zivilisation noch
Verbindet die das von uns erwartet wo
Ordnung zum Selbstzweck wird an dem
Wir das sinnlose Dasein aufrecht halten

Ist die gute Partie oder eine Liebe mit
Perspektive solch eine Zwecksetzung
Die Gefühl und Ordnung verbindet um
Ein sicheres Leben lieber zu führen


Die Frage wieviel Thomas Mann auch im
Zauberberg wieder steckt und was den
Autor im Leben prägte führte mich weiter
Zu Heinrich Breloers Ein tadelloses Glück

Dort wird die Testamentsverkündung nach
Dem Tod des Senators Mann beschrieben
Welche schmerzhaft überraschend wohl
Für die gebundene Witwe noch war

Das Kapital zum größten Teil gebunden
Die Anordnung das Haus zu verkaufen
Eine feste Kapitalzuteilung an Kinder
Wie damit unmündige Ehefrau auch

Ob in dieser der Ordnung wie auch
Der Sicherheit dienenden Verfügung
Sich der Kaufmann mehr zeigt als der
Großzügige Geist und Bürger Lübecks

Weil ohne ihn nichts zu erwarten sei
Auch keine großen Empfänge sollten
Sie in das Haus vor dem Tor ziehen
Ordnet er das Leben der Erben klar

Wie verständlich wird die Flucht der
Mutter gen München um dem schon
Streng geregelten Leben zu entkommen
Was keine Abweichung dulden würde

Zumindest in Lübeck stand fest was
Von der Witwe Mann erwartet wie
Welches Leben sie zu führen hatte
Das ihr Gatte bis ins Detail plante

Der Gatte bestimmt über den Tod noch
Hinaus wie seine Erben sein sollen was
Einen bösen totalitären Geist zeigen
Könnte eine strenge Tradition sicherlich

Enthalte mich der Bewertung denke nur
Wie gut täte es allen mit dem Tod auch
Die Freiheit von allem zu schenken statt
Über Testamente weiter zu herrschen

Bin nach meinem Ableben nicht mehr
Auf das Sein folgt nichts was mich
Irgend etwas noch anginge darum auch
Werde ich nie ein Testament machen

Ist es glaubwürdig dass Eheleute nicht
Die Ordnung nach dem Tod zuvor noch
Miteinander besprachen und was zeigt
Die geschilderte Überraschung uns hier

Misstrauen in finanziellen Dingen wie
Eine rigorose Ordnung die dafür die
Eigene Familie weiter entmündigt
Ohne etwas damit je zu gewinnen

Tote leben nur in der Erinnerung
Derer die sie liebten noch weiter
Wer jene vor den Kopf stößt wie
Senator Mann es tat tut keinem gut

Dennoch setzte sein Sohn Thomas
Ihm ein ewiges Denkmal was mit den
Buddenbrooks weltberühmt wurde
Wie gnädig ist dieser Blick noch


Tiefere Fragen an den Zauberberg wie
Seine Interpretation beantwortet mir
Dieter Borchmeyer in seinem Band
Thomas Mann Werk und Zeit verlässlich

“Der Mensch soll um der Güte und der Liebe willen, dem Tod keine Herrschaft über seine Gedanken einräumen”

Diese Quintessenz des Romans wie
Thomas Mann es bezeichnete sagte
Die Sympathie mit dem Tod sei bloß
Lasterhafte Romantik wenn sie sich

Als selbständige Macht dem Leben
Entgegenstellt statt darin geheiligt
Aufgenommen zu werden was an
Die Worte Settembrinis erinnert

Der den Tod als notwendigen eben
Bestandteil des Lebens definierte
Wobei sich Thomas Mann in seiner
Rede von deutscher Republik quasi

In der Mitte zwischen Settembrini und
Naphta beim Blick auf den Tod verortet
Wie von deutscher Mitte als Teil eines
Wesen zwischen Ost und West spricht

Dieses Land in der Mitte sucht seinen
Mittelweg zwischen den Kräften die
Von allen Seiten an ihm ziehen noch
Wege und Wanderungen sind seins

So ist Hans Castorp im Schneetraum
Auch auf dem Weg und irrt dabei noch
Zwischen Bewusstsein und Schlaf was
Wie das Nasenbluten tiefe Einsicht gibt

Das Unterwegs sein des Wanderers
Als Teil des deutschen Wesens ist
Eine gewagte These trotz heutigem
Ulaubswahn zu vieler Menschen

Die schöne Müllerin von Schubert
Einst genials vertont spricht dafür
Deutsche Beharrlichkeit dagegen
Lokale Verwurzelung noch mehr

Der einst gequälte Lübecker schrieb
Als Münchner in Rom seinen großen
Roman über die Familie dort also mit
Viel Abstand schon vom hanseatischen

Wege die erschöpfen wie sich dabei
Letztlich verwirren führen zu den
Zentralen Sätzen im Zauberberg der
Wanderung zu sich selbst dort wohl

Zum hundertsten Geburtstag fragt sich
Wo ist der deutsche Mittelweg heute
Zwischen Putins Russland und dem
Westen zu dem wir doch gehören

jens tuengerthal 29.10.24