Donnerstag, 6. Oktober 2022

Herbstschönheiten

Herbstschönheiten

Liebte den Herbst schon immer
Seine Farben und die milderen
Temperaturen machen mich so
Glücklich wie keine Jahreszeit
Vielleicht weil ich in dieser auch
Geboren wurde aber ich glaube
Es ist mehr die Freude an der
Reifen Schönheit die mich da
Verführte als der eine Tag nur
So zeigen sich Farben wie nie
Gebadet in einem milden Licht
Manche sehen im Herbst erst
Das Sterben der Natur die nun
Ihre Blätter abwirft fürchten im
Schönsten Teil den Winter schon
Vielleicht bin ich zu kurzsichtig
Ein wenig naiv sicherlich aber
Wie können die Gedanken an
Graue Novembertage je einen
Goldenen Oktobertag trüben
Der alles so viel schöner macht
Es ist Liebe des Lebens für mich
Sich am bunten Herbst zu freuen
Lustigerweise heißt es der Herbst
Obwohl er doch Frauen so gleicht
Die im Herbst größte Schönheit wie
Ungeahnte Lust erst entfalten ganz
Anders als die Männer bei denen
Nicht nur das Haupthaar abnimmt
Auch die Standkraft schwächer wird
So liebe ich den Herbst wie eine
Reife schöne Frau die ihre große
Schönheit lustvoll noch entfaltet
So gesehen ist der Herbst voller
Schönheiten das ganze Jahr

jens tuengerthal 6.10.22

Nobelanni

Nobelanni

"Das große Gedächtnis der Scham ist sehr viel klarer und erbarmungsloser als jedes andere. Es ist im Grund die besondere Gabe der Scham."
– Annie Ernaux: Erinnerung eines Mädchens

Annie Ernaux bekommt den Nobelpreis
Für Literatur 2022 was viele Leserinnen
Mit Freude und Begeisterung erfüllt die ihre
Bücher die ein Spiegel ihres Lebens sind
Der vielen Frauen sehr nahe kam mit
Anteilnahme und Begeisterung lasen
Sie ist eine feine Analytikerin der Zustände
Gab sich nie der Illusion der klassenlosen
Gesellschaft hin sondern machte auf die
Unterschiede aufmerksam die sie spürte
Die als Arbeiterkind Schriftstellerin wurde
Wie die Erfahrung der Scham die für sie
Am Beginn ihrer Sexualität stand welche
Einen lebenslangen Nachklang auslöste
Ob das an ihrer katholischen Erziehung
Lag oder der Rolle der Frauen dabei wird
Noch Generationen von Wissenschaftlern
Wohl beschäftigen aber wie gut ist es
Wenn eine der wichtigen literarischen
Stimmen Frankreichs so noch mehr
Gehör findet und die Themen die sie
Aus ihrer Erfahrung schöpft so weiter
Diskutiert werden was dem Verständnis
Füreinander sicherlich gut tut das bis
Heute gering ist und vielen Neuland
Freue mich auch für den Buchhandel
Über diesen Nobelpreis einer Autorin
Die viel gelesen und beliebt ist also
Keine Entdeckung oder Überraschung
Sondern eine verdiente Ehrung für die
Mittlerweile über achtzigjährige Ernaux
Von der Suhrkamp profitieren wird

jens tuengerthal 6.10.22

Mittwoch, 5. Oktober 2022

Liebessehnsucht

Liebessehnsucht

Woher kommt die Sehnsucht nach Liebe
Sucht ist Ausdruck von Krankheit
Sich sehnen ist keine Erfüllung
Liegt es in der Natur die damit einfach
Die Fortpflanzung sichert oder ist es
Eine Fähigkeit des Geistes die völlig
Unabhängig vom körperlichen Vollzug
Der Liebe mit Lust ist was wohl alle
Liebenden beschwören würden aber
Die sind ohnehin nicht ganz bei Verstand
Zumal sie in Beziehungsform meist
Prozentual mehr Ärger verursacht
Als es sich Paare eingestehen aber
Solange alle glücklich sind ist es
Wohl gut so und bedarf keines
Urteils unbeteiligter Dritter und also
Geht es weiter wie immer egal
Wie bescheuert es eigentlich ist
Naja ist halt Liebe
Was soll's

jens tuengerthal 5.10.22

Sammelsurium

Sammelsurium

Ein Sammelsurium ist eine ungeordnete
Unsystematisch ohne Zweck angelegte
Sammlung es stammt von dem Wort
Sammelsur was ein Essen aus alten
Speiseresten bezeichnet was ich aber
Für die Sammelsurien in denen ich
Aufwuchs bei Vater und Großvater
Völlig unpassend finde denn beide
Waren so ernsthafte Sammler wie
Wissenssucher womit auch zur Zeit
Der Renaissance die Sammlungen
Von Fürstenhäusern begannen die
Mit besonderen Kammern alle ihre
Besucher beeindrucken wollten 
Zumindest diesen Zweck verfolgten
Vater und Großvater auch gerne
Wobei der Grotepater genannte
Großvater eher historisch gerne mit
Anekdoten zu Gegenständen seiner
Sammlung beeindruckte und dabei
Wissen über preußische Geschichte
Abfragte ohne dabei noch die erhoffte
Begeisterung der Nachkommen zu
Wecken und auch meine Begeisterung
Für Preußen wuchs erst Jahre nach
Seinem Tod als ich durch Freunde
Wie meinen Umzug nach Berlin quasi
In die preußische Geschichte rutschte
Dagegen ist mein Vater der Arzt stets
Ein Sammler naturkundlicher Dinge
Neben den Antiquitäten auch was die
Vitrinen der Bibliothek bis heute zeigen
In denen sich von Edelsteinen über
Versteinerungen einen Mammutzahn
Bis zum Embryo in Harz gegossen
So einige findet was sein doch sehr
Umfassendes Interesse alles erfasst
So wurde ich in das Sammeln schon
Hineingeboren auch mein anderer
Großvater mütterlicherseits war ein
Großer Briefmarkensammler was mich
Zugegeben nur im frühen Teeniealter
Noch begeistern konnte während ich
Mit Vater Großvater und Mutter bald
Liebe und Sammelleidenschaft für
Bücher teilte die von Taschenuhren
Habe ich inzwischen aufgegeben
Weil Bücher für ein erfülltes Leben
Vollauf genügen sich so viel Platz
Weder findet noch ich Zeitmesser
Sonderlich spannend finde als ein
Leidenschaftlicher Leser viel lieber
Die Zeit vergesse wozu sicher auch
Die Lektüre von Momo beitrug aber
Dennoch habe ich zumindest kleine
Sammlungen überflüssiger Sachen
Zum Verstauben in meinen Regalen
Gestapelt um ein wenig das mir so
Vertraute Museumsgefühl zu haben
Wuchs quasi zwischen Städel und
Senckenberg in Frankfurt auf liebte
Die Besuche im Überseemuseum
In Bremen was meine Großmutter
Noch passend Kolonialmuseum nannte
So gesehen ist ein Sammelsurium
Für mich kein Chaos sondern der
Ausdruck von Bildungsstreben was
Mit dem Selbstbewusstsein was die
Menschheit in Europa wieder seit der
Renaissance beschäftigt einhergeht
Es ist ein Teil der Emanzipation des
Bürgertums sich solche Sammlungen
Wie Kammern zuzulegen und logisch
Sammelte mein Vater später Kunst
Weil er sich für sie wie für so vieles
Begeistern konnte denn zum Sammeln
Gehört eine gewisse Begeisterung
Für das Absurde was uns neue Wege
Zumindest im Geist eröffnet während
Vater und Großvater noch die Welt
Persönlich erobern wollten genügt
Dem Enkel sie erlesen zu genießen
Weil Reisen für mich kein Genuss ist
Aber die Kastanien aus dem Park
An der Ilm wie Goethes Gartenhaus
Oder andere Mitbringsel werden
Auch in meiner sehr bescheidenen
Sammlung von Kitsch verwahrt weil
Die Jagd auf Bücher doch manchen
Zusammenhang neu beleuchtet ist
Nicht ausgeschlossen dass sich hier
Noch Ausreißer finden werden die
Zum musealen Ensemble in dem ich
Gerne lebe und lese irgendwie passen
So werden ich langsam auch museal
Gehört halt zur Familie denke ich
Dabei über mich lachend

jens tuengerthal 5.10.22

Seinsverständnis

Seinsverständnis

Wie verstehe ich das Sein richtig
Überlege ich der es nun schon
Mehr als 52 Jahre so betrachtet
Zählt nur die Natur ist also jeder
Gedanke nicht mal ein Lufthauch
Als Produkt neuronaler Netze
Die mich unter Spannung setzen
Entscheidet zuerst der Geist als
Leitstelle allen Seins was uns
Aus der nur Natur abhebt mit
Dem Bewusstsein seiner selbst
Was wir uns gerne einbilden in
Den lichten Momenten zwischen
Befriedigung und neuer Erregung
Die uns zu Triebwesen wieder macht
Wo sind wir wirklich Mensch aber
Wann wenn nicht bei der Liebe
Die zu gerne triebgesteuert ist
Überlege was mich ausmacht
So im Kern wie überhaupt
Aber weiß es nicht genau
Alles wohl ein wenig doch
Nichts allein aber viel so
Irgendwie dazwischen was
Bestätigt zumindest passt
Der Typ in keine Schublade
Und so ist das Unverständnis
Am Ende doch befriedigend

jens tuengerthal 5.10.22


Polyrik

Polyrik

Ist politische Lyrik noch eine Kunst
Missbraucht sie diese nicht zu ihren
Selten hintergründigen Zwecken der
Ideologisch geprägten Verwaltung
Denn Politik ist nie mehr als eine
Form die Verwaltung zu managen
Dabei gibt es keinen Heilsweg mehr
Sondern nur Kompromisse die 
Schlechter oder besser sind für
Alle diejenigen die es betrifft
Diese zu finden ist Politik
Dabei zeigt uns die Erfahrung
Dass diese stabiler sind wenn
Möglichst viele sie mittragen
Was für teilweise Demokratie spricht
Während viele Themen keine Sau
Hinter dem Ofen hervor locken
Reizen wenige ganz besonders
Gerade Energie und Krieg wie
Zuvor Migration und Werte was
Alles keiner Diskussion sondern
Möglichst diskreter Erledigung bedarf
Das Gegenteil ist politische Realität
Politik ist dann gut wenn sie ihre
Aufgabe als Leitung der Verwaltung
Diskret wie korrekt erledigt ohne
Dabei weiter aufzufallen was aber
Das Gegenteil der parteipolitischen
Interessen ist die gerne glänzend
Im Mittelpunkt stehen um so viele
Wähler wie möglich zu gewinnen
Dieser Nachteil der Demokratien
Wird durch Vielfalt wieder aufgehoben
Gute Politik erledigt und fällt nicht auf
Schlechte Politik macht viel Theater
Wo wir gut verwaltet werden
Geschieht es dezent im Hintergrund
Was selten dauerhaft Mehrheiten gibt
Kein Grund für Lyrik mehr ist die
Details sprachlich aufspießt welche
Von geistiger Relevanz sind was
Das Gegenteil von Verwaltung ist
Die sich besser überflüssig macht
Immer ganz allgemein sein muss
Politische Lyrik ist nie nötig wo alles
Gut verwaltet funktioniert aber stets
Wo es Gründe zu Zweifeln gibt
Besser wäre es bräuchte sie nicht

jens tuengerthal 5.10.22

Lecklust

Lecklust

Warum lecke ich so gern die Mitte
Der Liebsten überlege ich der es
Voll Glück genießt wenn diese selig
Auf meine Lippen überläuft wie ich
Die Schwellung ihrer Lippen so
Intensiv spüre wie der Perle inmitten
Mit Zunge wie Zähnen nachspüre
Ist es weil ich dann weiß hier
Stimmt die Chemie wenn es mir
So schmeckt wie sie erregt
Weil es mehr verrät als aller
Verstand dabei erkennen kann
Oder mehr weil sie es so liebt
Hingebungsvoll geleckt zu werden
Ist es mehr die Freude am Schenken
Als eigene Lust dabei was für Liebe
Spräche die dem Sex nicht immer
Schaden muss oder ist es Eitelkeit
Um bei dem was ich gut kann als
Echter Genießer zu glänzen
Hinterfrage ich meine Hingabe
In steter Konkurrenz mit der
Eitelkeit des Casanovas der ich
Sowenig bin wie dabei gewiss
Aber solange es beide genießen
Schadet es zumindest nicht
Denk ich und freu mich
Auch darauf wieder

jens tuengerthal 4.5.22

Dienstag, 4. Oktober 2022

Leckliebe

Leckliebe

Wo wir voller Liebe küssen
Eng umschlungen dabei die
Lippen aufeinander öffnen
Uns züngelnd umgarnen ist
Dies die intimst mögliche Nähe
Huren etwa küssen nicht
Auch wenn sie anderweitig
Durchaus auch lecken
Ist der Austausch von nur
Körpersäften gefühlt weniger
Intim als die Öffnung des
Mundes füreinander um
Dort versunken sich ganz
Nah zu sein was genügt
Es zu lieben ohne sich
Gedanken über alle die
Bakterien zu machen
Welche wir austauschen
Was beim Zungenkuss
Viel mehr sind als wenn
Wir uns im Arsch lecken
Weil Liebe auf Vertrauen setzt
Wo es fehlt bleibt nichts

jens tuengerthal 4.10.22

Leckmich

Leckmich

Leck mich am Arsch klingt erstmal
Unfreundlich dabei ist es eigentlich
Ein sehr intimes Kompliment was von
Großer Vertrautheit und Lust zeugt
Wo es tatsächlich realisiert wird aber
In diesen Versen geht es weniger
Um Sexpraktiken wie reizvoll sie
Auch sein mögen als vielmehr um
Eine Philosophie der Gelassenheit
Die lächelnd unberührt bleibt von
Allem was sonst aufregen könnte
Die das leck mich doch sonstwo
Mit mehr Zärtlichkeit als Zorn denkt
Ein nichts rührt an mich der Stoa
Mit der Menschenliebe kombiniert
Nichts der Aufregung für wert hält
Aber auch im unausgesprochenen
Leck mich das Sexuelle mitdenkt
Wie darüber wie über die zuvor
Aufregung milde liebevoll lächelt
So einen Abstand erhält der vor
Jedem Zorn schützt wie zugleich
Entspannte Gelassenheit schenkt
Ohne alles egal sein zu lassen
Weil es das in jeder Begegnung von
Menschen mitschwingende Element
Des Sexus als Zuwendung nutzt
Absurde Situationen in neue Nähe
Zu verwandeln auch wenn das
Gefühl das Gegenteil diktiert hilft
Die Vorstellung einer würde uns
Im Arsche lecken wie es im Götz
Goethe einst so deutlich dichtete
Um den Zorn des Ritters mit der
Eisernen Hand zu beschreiben
Kann so lächelnd verwandelt werden
Wie der sexuelle Trieb uns wieder
Menschlicher statt zornig macht
Und so gesehen ist das Leck mich
Ein zutiefst humanistischer Akt
Der alles lächelnd relativiert weil
Es uns auf das zurückführt was wir
Im Kern unseres Wesens sind als
Nach Liebe sich sehnende immer
Auch sexuelle Wesen sind wir
Viel friedlicher als mit Macht
Gelassenheit hilft dabei alles
Liebevoll lächelnd zu genießen

jens tuengerthal 4.10.22