Freitag, 9. September 2022

Spätsommerglück

Spätsommerglück

An einem Freitag im September
Bei überraschend schönem Wetter
Zum Wannsee fahren um wieder im
Immer zauberhaften Garten der
Villa Liebermann den Tag zu genießen
Wie sich an den späten Blüten dort
Zu freuen ist das kleine große Glück
Der Berliner die aus der wimmeligen
Stadt plötzlich in eine Oase der Ruhe
Tauchen die auch wo gut besucht
Genug Möglichkeiten zum Rückzug
Schenkt als paradiesischen Genuss
Durch Tee und Kuchen bereichert
Wie der Garten in jedem Teil des
Jahres neue Blicke uns zeigt die
In wechselnden Farben auch im
Verblühen noch von einmaliger
Schönheit sind macht glücklich
Was hier genügen soll sich am
Sein der Berliner im Grünen
In aller Stille zu freuen eben
Wie verliebt in das Leben

jens tuengerthal 9.9.22


Lustkalkulation

Lustkalkulation

Lohnt sich die Lust jemals
Ist sie den hysterischen Aufwand
Den Geschlechter darum treiben
Je wert gewesen wenn das alles
Schneller und sicherer selbst im
Wege der Onanie erledigt wird
Überlege ich und rechne lieber
Nicht nach weil zu wenig am
Ende von der angeblich wichtigsten
Nebensache noch zu erwarten ist
Außer bei der Verbrennung von
Kalorien bei der Sex deutlich
Vor jedem Sport noch liegt
Lohnt es nicht wirklich ist nur
Trotzdem ganz nett irgendwie
So machen wir es weiter
Miteinander auch wenn es
Nur zum abnehmen lohnt
Was die wenigsten nötig haben
Die regelmäßig Sex haben
Für den Rest ist es egal

jens tuengerthal 9.9.22


Liebesgarantie

Liebesgarantie 

In der Liebe ist nur eines sicher
Es gibt keine Garantie auf die
Großen Gefühle von denen
Nach Verlust weniger als Luft
Übrig bleibt die höchstens
Schmerzhafte Erinnerung sind
Wenn länger präsent als nötig
Warum jeder Liebeseid eine
Vorsätzliche Lüge ist wären
Die Beteiligten dabei noch
Irgend zurechnungsfähig
So ist es halt nur der ganz
Normale Wahnsinn

jens tuengerthal 9.9.22

Lebensversicherung

Lebensversicherung

Was ist die beste Lebensversicherung
Fragt sich wohl mancher der gerne
Über sein Sein hinaus kalkuliert
Wäre ich Zarathustra sagte ich
Euch keine ist sicher einzig
Das Leben genießen hilft
Gut gelebt zu haben weil
Was danach kommt keiner
Mehr erlebt da dann logisch
Niemand mehr da ist und so
Ist eine Lebensversicherung
Nur eine Wette auf den
Eigenen Tod bei der nie
Einer gewinnt der sie
Abschließt und also ein
Überflüssiges Verlustgeschäft
Besser wir versaufen und verhuren
Das letzte Geld noch voll Lust
Um einen Gewinn zu haben
Aber alle denken noch mehr
Über ihren Nachlass nach als
Zu genießen was bleibt was doch
Die beste Lebensversicherung wäre

jens tuengerthal 9.9.22

Kriegsgewissheit

Kriegsgewissheit

Immer wieder verkünden Experten uns
Große Gewissheiten zum Ausgang des
Krieges oder der nötigen Strategie die
Allein zum sicheren Sieg führt doch
Das einzige was sicher ist bleibt
Zwischendurch sterben viele wie
Am Ende gewinnt die Freiheit
Sonst geht der Krieg weiter
Bis einer nicht mehr kann
Es gibt keinerlei Gewissheiten
Beim Spiel um bessere Nerven
Also vergesst alle Experten
Ignoriert den Krieg wenn ihr könnt
Irgendwann sind wir alle tot nur
Im Krieg kann eher besser sein
Insofern gleicht er dem Liebeskummer
Vielleicht ist das noch die
Letzte Gewissheit

jens tuengerthal 9.9.32


Donnerstag, 8. September 2022

Anbahnungsgespräche

Anbahnungsgespräche

Am Tisch nebenan in der Höschen Bar
Am Helmholtzplatz sitzen zwei Damen
Die irgendwas mit Büchern machen
Aber nachdem das Thema Verlag
In allen Bereichen erledigt wurde
Sprechen sie über Männer und wie
Diese sie anmachen und wie blöd
Diese darauf reagieren wenn sie
Nicht wollen oder falls sie nicht 
Mehr wollen als einen Kuss aber
Typen immer meinen danach
Geht es gleich ins Bett und dann
Werden sie unfreundlich wenn
Sie nicht mehr als knutschen
Aber keinen Sex und auch sonst
Nichts mehr wollen aber die Typen
Dann gleich beleidigt sind als ob
Ein bisschen gleich alles heißt
Dann reden sie von Beziehungen
Wie ihren Enttäuschungen dabei
Wie er die Kamera vergisst wenn
Sie mal schöne Fotos machen könnten
Ob sie da zu anspruchsvoll sei
Weiter geht es mit den Erfahrungen
In ihren Beziehungen wie sie ganz
Unbedingt ihre Freiheit wollen
Aber zugleich sich gerne sicher sind
Über die enttäuschte Vorfreude
Was sie ganz toll finden oder
Absolut enttäuschend immer ist
Dann stellen sie fest wie parallel
Alles bei ihnen ist weil sie eben
Typische Beziehungen mit allen
Enttäuschungen führen und es
Eben wie immer geht aber sie
Es nur als besonders einmalig
Wie es keine Beziehung sei aber
Auch mehr als Freundschaft +
Erleben und bestätigen sich zugleich
Wie es sich ganz zufällig ähnelt
Sitze daneben und lausche lächelnd
Muss mir etwas das Kichern verkneifen
Verurteilen aber betonen zugleich
Sie wollten nicht urteilen und ich
Denke ich muss es nicht verstehen
Auch wenn es immer das gleiche ist
Sind sie voller Begeisterung wie
Engagement im Gespräch
Sind sicher sie hätten was
Ganz besonderes was eben
Einmalig ist und mehr oder
Anders wollen sie auch nicht
Und so geht es immer weiter
Bis zur nächsten Geschichte

jens tuengerthal 8.9.22

Queensend

Queensend

Elisabeth Alexandra Mary Windsor ist tot
Die Queen war bis zu ihrem Tod Königin
Des Vereinigten Königreichs Großbritannien
Sie war oberste Repräsentantin ohne jede
Politische Macht aber erfüllte ihre Aufgabe
Über siebzig Jahre zuverlässig wie treu
All das werden hunderte Nachrufe nun
Auf der ganzen Welt kundtun für mich
Viel wichtiger ist Elisabeth aber als die
Königin die meine Großmutter als Kind
Im Nachbargarten schaukelte als sie bei
Freundinnen aus dem Hause Nelson
In London lebte was sie mir immer
Wieder als Kind schon erzählte auch
Von der Krönung zu der sie dann
Überraschend nach dem Krieg
Anders als die deutsche Verwandtschaft
Eingeladen wurde als Gast irgendwo
Meine Omi war so klein bestimmt hat
Im Fernsehen sie keiner je gesehen
Und so war die ewige Königin für mich
Immer als kleines Mädchen in Erinnerung
Was mir Grund genug ist nun liebevoll
An sie wie meine Großmutter zu denken
Die noch drei Jahre älter wurde
Nun war es genug für die Queen
Sie hat es hinter sich und ist nicht mehr
Ansonsten halte ich es mit Epikur
Der Tod geht mich nichts an
Sie ist nicht mehr war gut bis dahin
Alles Gute für König Charles
Die Königin ist tot es lebe der König

jens tuengerthal 8.9.22

Epiklektizismus

Epiklektizismus

Epikur lebte vor 2300 Jahren
Wir kennen wenige Texte von ihm
Stoa und Christentum haben den
Freien Denker erfolgreich bekämpft
Die wohl umfassendste Schilderung
Seiner Lehre findet sich im Werk des
Lukrez der Versdichtung von den
Dingen der Natur die zu Beginn der
Renaissance vermutlich im Kloster
Zu Fulda wiederentdeckt wurde vom
Sekretär des auf dem Konstanzer Konzil
Gerade abgesetzten Papst durch den
Humanisten Poggio Bracciolini der
Noch gar nicht ahnte was er damit
Dass er als Büchersucher den Text
An seine Freunde und Gönner in
Florenz schickte auslöste denn der
Radikale Gedanke dieses Gedichtes
Wurde vielen erst langsam bewusst
Aber spiegelte sich auf allen Feldern
Von Philosophie Literatur zur Kunst
Stand in der Renaissance plötzlich
Der Mensch im Mittelpunkt wie es
Stephen Greenblatt in seinem Band
Die Wende wie die Renaissance begann
So weitblickend auf den Punkt brachte
Zwar ist die Renaissance sicher ein
Vielfältiges Phänomen was nicht nur
Auf eine Ursache reduziert werden
Kann und sollte aber die ganz initiale
Wirkung dieses Werkes was das
Denken des Epikur wiedergab wird
Keiner bestreiten müssen zumal auch
Der Autor Lukrez der ein Zeitgenosse
Von Julius Cäsar war über 2000 Jahre
Schon nicht mehr unter uns weilt auch
Wenn die Kirche alles versuchte diesen
Text wieder zu unterdrücken zog er in
Europa seine Kreise und seine Spuren
Finden sich von da bis in die Gegenwart
Mit ihm das lustvolle Denken des Epikur
Das den Menschen der sich mit sich
Statt nur mit erfundenen Göttern allein
Beschäftigt in den Mittelpunkt stellt um
Sein Streben nach Lust was für ihn die
Freiheit von Schmerz zuerst ist wie
Eine gelassene Bescheidenheit meint
Was Epikur auf den Punkt brachte das
Ein Brot ein Käse und Wasser ihm zum
Glück vollkommen genügen aber dies
Alles ist nur Vorgeplänkel zum Titel
Der den Eklektizismus mit Epikur erst
Verbindet weil jede Generation in dem
Griechen das las oder sah was ihr am
Nächsten lag und so lag zunächst
Den Menschen der Renaissance 
Die Leugnung der Götter fern denen
Er zwar wie nach griechischem Recht
Rein formal nötig eine Parallelexistenz
Zugestand die unsere aber nicht weiter
Berührt weil wir für unser Streben nach
Glück wie Zufriedenheit allein selbst
Verantwortlich sind es ist die Freiheit
Sich um sein Glück zu kümmern wie
Dies zu genießen statt auf eine nur
Erfundene transzendente Märchenwelt
Mit Himmel oder Hölle zu hoffen gar sie
Wie den Tod zu fürchten von dem Epikur
So treffend sagte er ginge ihn nichts an
Weil wo dieser ist er nicht mehr ist aber
Wo er noch ist dieser nicht sein kann
Was allem Aberglauben die Basis wie
Damit die Existenzberechtigung raubte
Dächte wer es konsequent zu Ende den
Glauben als Sklaverei des Geistes für
Eher schlichte Gemüter offenbarte aber
So lese ich den Epikur heute in einer
Welt in der immer noch Glaubenskämpfe
Menschen in den Wahnsinn treiben wie
Viele gerade Frauen in islamischen
Ländern wie Sklaven leben was aber
In falscher Toleranz keiner ausspricht
Doch werde ich nicht wie früher den
Kampf um mehr Laizismus in unserer
Gesellschaft die noch immer etwa im
Grundgesetz den Bezug auf Götter
Stehen hat also alberne Märchen
Ausfechten sondern mich lieber wie
Epikur rät vom öffentlichen Leben
Fern halten und in meinem Garten
Der die kleine Bibliothek ist lieber
Zurückgezogen glücklich leben auch
Weil der Geist des Epikur sich hier
Mit der kantschen Definition der
Aufklärung mischt die besagt es
Müsse sich jeder selbst aus der
Selbstverschuldeten Unmündigkeit
Noch befreien um mündig zu werden
Was den Ethos des Rückzugs statt
Asoziale Isolation zu sein zu einer
Bewussten Achtung der Freiheit macht
Die moralische Urteile erst ermöglicht
Sehe diesen Weg des Rückzugs 
Bei mir selbst der ich mich über viele
Jahre politisch engagierte sogar
Fast zehn Jahre in einer Partei war
Wie fern mir dieses heute liegt weil
Wesentlich ist zufrieden zu leben um
Die wenige Zeit glücklich zu verbringen
Kam wieder auf Epikur weil ich just
In der Philosophie des Abendlandes
Von Bertrand Russell las der dabei
Epikur und Lukrez zusammen sieht
Aber dem Romer seinen Freitod
Der so unbewiesen wie vieles ist
Vorhält wie den kritischen Blick auf
Ihn aus Quellen speist die ihm für
Den auf Epikur zweifelhaft sind wo
Etwa die Stoiker gerne Gerüchte
Über den bescheidenen Mann mit
Seinem Garten streuten der sogar
Frauen wie Hetären als Schüler im
Garten willkommen hieß woher die
Sexuelle Sicht auf den Hedonismus
Stammt die auch das Christentum so
Breit wie möglich streute um den
Missliebigen Denker der sich nicht um
Jenseitige Welten scherte zu tabuisieren
Als primitiven Lüstling dabei ist es sein
Emanzipierter Umgang der ihn noch
Bis heute aktuell hält wie seine Sicht
Auf die Freiheit des Gewissens die
Den Rechtsstaat funktionieren lässt
Während der bloße Gehorsam ein
Moralisch wertloser Akt immer ist
Wie Kant uns später aufklärte
So lese ich meinen Epikur wie den
Lukrez anders als Russell schon der
Seine Philosophiegeschichte 1945
Erstmals veröffentlichte aber bereits
Sieben Monate vor meiner Geburt
Im Jahre 1970 verstarb der etwa
Davon ausgeht dass Epikur eine
Feste dogmatische Lehre lehrte
An die sich seine Schüler auch
Noch hunderte Jahre später wie
Im Fall des Lukrez hielten den er
Aber als andere Persönlichkeit
Sieht als den großen Lehrer der
Lustvollen Gelassenheit der etwa
Zeitgleich mit der Stoa lehrte aber
Von dieser vehement bekämpft
Wurde was viele Urteile über ihn
Wie später Berichte zu Lukrez
In einer Weise färbt die keinem
Der beiden gerecht werden kann
Warum ich Epikur eher im Lichte
Der moralischen Freiheit Kants
Wie der Anarchie eines Stirner
Lese was den Gedanken einer
Geradezu biblischen Auslegung
Seiner Schriften absurd macht
Epikur ist ein Philosoph der Freiheit
Darin Kant und Stirner ähnlich wie
Seine Annahme der Seele die er
Zugleich für sterbliche Natur erklärt
Weil eben nichts als diese ist
Macht diese wie alle Götter für ein
Gutes Leben völlig überflüssig wie
Kant mit dem kategorischen Imperativ
Jede göttliche Moral als absurd wie
Überflüssig begründet jedoch nie als
Preußischer Beamter diese Provokation
Anders als philosophisch ausdrückte
Die Götter die Epikur erstmals in eine
Parallelwelt schob wurden damit für
Menschen und Gesellschaft völlig
Überflüssig manche brauchen nur
Noch vom Märchen loszulassen
Was viele weltweit bis heute noch
Daran hindert moralisch zu handeln
Wer göttlichen Geboten folgt hat nie
Im Einklang mit der Moral gehandelt
Die ein freies Gewissen erfordert weil
Der Aberglaube uns so wenig angeht
Wie der Tod den manche fürchten
Weil sie das Nichts was nichts macht
Aus Glaubensangst schrecklich finden
Weil es um Epikur hier geht den ich
So lese wie er mir moralisch gefällt
Also meine Lust am Leben mehrt
Eine Verneigung vor meinem Epikur
Der den Mensch und seine Lust
In den Mittelpunkt stellt wie damit
Die große Freiheit uns gab

jens tuengerthal 8.9.22