Warum Lesen Kult ist und die Kultur trägt
Lesen ist wunderbar und der vielleicht wichtigste Teil unserer Kultur, jedenfalls derjenige, der unser Wissen weitergibt und seit Generationen trägt. Dies beginnt in der Kindheit, in der wir hoffentlich das Glück haben, vorgelesen zu bekommen, geht mit den ersten eigenen Leseabenteuern weiter, die uns an fremde oder phantastische Orte führen können oder uns auch bei der langen Reise zu uns selbst helfen.
Ist es wichtig, was wir lesen oder genügt, dass wir lesen?
Über Jahrhunderte ist eine literarische Kultur gewachsen, in der Autoren Bücher für verschiedenste Leser produzierten und auch wenn mir die allermeisten Bestseller eher fern liegen, meine Leidenschaft eher bei Geschichte, Thomas Mann oder der Weimarer Klassik liegt, würde ich mir nie ein Urteil über die Konsumenten der Massenprodukte erlauben, sehe ich uns Leser vielmehr durch das unsichtbare Band der geistigen Welten verbunden. Menschen, die lesen, leben in der Welt der Buchstaben und lassen sich von Geschichten fesseln.
Bin noch mit Büchern aufgewachsen, hatte keine elektronischen Spielzeuge, sehen wir von meiner elektrischen Eisenbahn einmal ab und auch wenn mich das in meiner Kindheit manchmal nervte, ich neidvoll auf meine Freunde schaute, die sagenhafte Commodore Computer zum Spielen hatten, auf denen wir pubertären Knaben dann so aufregende Dinge wie Strippoker spielten, in einer Zeit als noch keiner ans Internet dachte, bin ich froh, mit Büchern aufgewachsen zu sein, sie früh lieben gelernt zu haben.
Heute, wo ich eine bescheidene, kleine Bibliothek mein eigen nennen kann, habe ich damit die ganze Welt an einem Ort, muss nirgendwo hin, um als Leser glücklich zu sein. Weniger große Reisen reizen mich heute, als Zeit und Muße zum Lesen zu haben, mir Lesezeit zu nehmen, neben dem ganzen Schreiben.
Frage mich manchmal, ob es nicht wichtiger wäre und viel schöner, sich mehr Zeit zum Lesen zu nehmen, statt selbst noch zur Flut des Geschriebenen beizutragen, um Leser am Markt zu buhlen, und habe keine vernünftige Antwort darauf gefunden. Die Vorstellung nur zu lesen, ist einfach herrlich. Beim Tee in meinem Sessel oder im Café um die Ecke, hätte ich dann alles, was ich bräuchte und könnte damit vollkommen glücklich leben in literarischen Welten.
Wird es mir zu warm, besuche ich Manns Hans Castorp auf dem Zauberberg oder reise mit Nansen zum Pol. Ist es mir zu kalt und grau, lese ich ein wenig Humboldt oder Forster aus Südamerika und Südsee. Bin ich traurig, lese ich heiteres oder, immer beruhigend, historisches. Es gibt Bücher für jede Stimmung und sollte mir weniger nach schwerer Lektüre sein, sind auch Comics ein schöner Trost mit ihren reichen Bilderwelten.
Es gibt, völlig unterschiedliche Arten zu lesen, ist mir aufgefallen. Einer meiner literarischen Freunde, der selbst sehr belesen ist, auch seine Leidenschaft gilt neben den nackten Frauen der schöngeistigen Literatur, die er gerne im Café pflegt, liest stets mit einem Stift in der Hand, um die Bücher zu kommentieren oder zu exzerpieren. Wenn er sie dann einmal gelesen hat, muss er sich künftig nur noch durch seine Randbemerkungen und Kommentare lesen, um schnell zum Kern zu finden.
Es läge mir fern und täte mir fast körperlich weh in meine geliebten Bücher zu schreiben, ich fände den Vorgang des Lesens durch seine Kommentierungen und Zusammenfassungen ärgerlich gestört. Eigentlich nie, lese ich mit einem Stift in der Hand, außer ich muss ein Buch rezensieren und auch dann tippe ich meine Gedanken lieber gleich ein, den Vorgang des Lesens kurz unterbrechend. Liebe schöne und seltene Ausgaben besonders bibliophiler Bücher, auch wenn ich gelegentlich nichts gegen die elektronische Lektüre habe, die es mir zumindest ermöglicht, eine große Bibliothek stets bei mir zu tragen.
Andere verschlingen ausschließlich Romane, tauchen in deren Welten glücklich ein und erst nach der letzten Seite wieder auf, um sie dann mit dem nächsten Buch, wieder zu vergessen, weil sie ein neues Leseabenteuer erwartet. Ihre Ansprüche sind oft niedriger und sie können mit vielem glücklich sein.
So hatte ich einmal eine Geliebte, die sogar die literarisch grauenvollen Shades of Grey von der ersten bis zur letzten Seite voller Begeisterung verschlang, aber auch im gleichen Moment und auf gleicher Ebene für Goethe, E.T.A. Hoffmann oder Rilke schwärmen konnte oder Karl May, sogar meine Lyrik liebte, weil sie eben nicht wählerisch war. Sie liebte es, zu lesen und verschlang die Bücher förmlich, betrachtete meine Bücher mit viel Zärtlichkeit aber vermutlich hätte sie diese genauso angeschaut, wenn dort Fantasy Romane oder schwülstige Erotikgeschichten gestanden hätten. Sie musste nicht differenzieren, um glücklich zu sein und war literarisch leicht zu befriedigen.
Eigentlich ein glücklicheres Leben als meines oder das meines Freundes, die wir uns nie unter ein bestimmtes literarisches Niveau begeben wollen, denke ich inzwischen manchmal und beneide sie dennoch nicht, weil ich gerne auf meinem Niveau glücklich bin und weiß, es gibt auch dort noch unendlich große Welten zu entdecken.
Wäre es arrogant, sich so über die eine oder ander Literatur oder Leidenschaft zu erheben oder gilt auch hier das berühmte suum cuique?
Wer sich erhaben fühlt, nur weil er Bücher liest, die bloß ein kleineres Publikum begeistern, tut mir eher leid. Andererseits ertappe ich mich oft genug selbst bei diesem Denken, wie bei der obigen Bemerkung zu der von vielen Frauen geliebten Erotik-Trilogie Shades of Grey, die ich schlicht unlesbar fand. Nicht aus moralischen Gründen, sondern weil sie so durchschaubar flach und schlecht ist. Zumindest auf den wenigen Seiten, die ich las und nach denen klar war, ich würde nie Zeit aufwenden, dieses Zeug zu lesen, oder gar darüber zu schreiben, außer um darüber zu lästern, was auch schon zuviel des Guten ist.
Ähnlich geht es mir mit den meisten Fantasy Büchern oder Krimis und ich wüsste nicht, warum ich solchen Werken Platz in meiner Bibliothek einräumen sollte. Was nicht heißen soll, dass all diese Bücher gleich schlecht sind - aber ich habe auch den Herren der Ringe irgendwann einfach weggelegt, weil ich ihn literarisch zu langweilig und durchschaubar fand, er mich anödete. In Jugendzeiten noch, als die meisten meiner Freunde dies Werk lasen und davon schwärmten, konnte ich mich nicht dafür erwärmen, es überhaupt zu versuchen. Als ich später mal irgendwo günstig eine gebundene Ausgabe dieses Klassikers erstand, dachte ich, nun wäre es an der Zeit und ich wollte mich von diesem viel umschwärmten Werk gut unterhalten lassen, was aber irgendwann zwischen verschiedenen Kämpfen scheiterte.
Nicht mehr aufhören konnte ich dagegen mit den Buddenbrooks oder dem Zauberberg, die mich völlig in ihre vertraute Welt hineinzogen, was ich bei Tolstoi ähnlich empfand, während mich Dostojewski eher befremdete in Teilen, ganz anders als ein Michel de Montaigne, der so viel älter schon ist und doch so nah und vertraut mir bei jeder Lektüre klingt, dass ich mich dadurch so bereichert fühlte, als müsste es nichts als eine Welt aus Büchern geben und wollte ich mich auch in meinen Turm zurückziehen.
Kant, den ich zwischen all seinem philosophischen Formalismus immer grinsen sehe, weil er seiner Gesellschaft den Spiegel vorhielt, alles was sie ausmachte grundsätzlich in Frage stellte in seinen Kritiken, die kaum einer, mich eingeschlossen, vermutlich ganz verstand und die doch so menschlich anarchisch hinter allem Formalismus sind. Wie ein preußischer Philosophieprofessor in seinem Kopf die Welt verkehrte, Moral umkehrte, die vorher immer autoritär durch höhere Gesetze begründet wurde und nun plötzlich im Gewissen des Einzelnen allein sitzen sollte, amüsierte mich sofort.
Habe vermutlich weniger von Kant gelesen, als ich sollte, wenn ich so über ihn schreibe und doch habe ich das Gefühl der Sicherheit bei ihm und sehe immer auch den Schalk, der ihn trieb, mit dem er auf seine Art alles infrage stellte, worüber sich nur keiner erregte, weil kaum einer ihm ganz folgte und seine Gedanken konsequent zu Ende dachte und wenn es doch einer tat, berief sich der Königsberger darauf, er sei doch ein treuer preußischer Beamter und habe sich nichts vorzuwerfen, und rein logisch hat ihn bis heute keiner korrigieren, verbessern oder erweitern können - die Anmaßung des Schwaben Hegel brachte nur mehr Formalismus hervor, zeugte aber nur davon, wie wenig er Kant im Kern verstand, würde ich sagen, ohne mir eigentlich ein Urteil erlauben zu können.
Habe die vielleicht schlechte Angewohnheit immer stapelweise Bücher auf einmal zu lesen und immer dasjenige von demjenigen Stapel zu nehmen, was mir gerade emotional am nächsten liegt. Lese dennoch die meisten Bücher irgendwann zu Ende, nur habe ich keine Eile damit. Wozu auch?
Ist ein Buch ausgelesen, ist es ausgelesen und zu Ende, gibt es kein zweites erstes mal mehr, nur schöne Momente wiederholter Lektüre falls es sich lohnt - doch außer im Zauberberg und den Buddenbrooks sowie Montaignes Essays, lese ich sehr, sehr wenig noch mal. Habe Bücher, die ich einmal las, im Kopf und so wie ich Bücher auch monate- oder jahrelang zwischenparken kann, bis ich sie weiterlese und dann sofort wieder in die Geschichte hineinfinde oder das Buch besser vergesse, so muss ich eher nichts wiederholen, weil sich das Erlebnis der literarischen Defloration nicht wiederholen lässt.
Bücher wie der Zauberberg, die Buddenbrooks oder der Wilhelm Meister auch, die Welten schaffen, in sie mitnehmen, gleichen bei erneuter Lektüre eher dem Besuch bei alten Bekannten. Manchmal entdecke ich dann sogar eine Eigenschaft, die ich vorher noch nicht kannte, sehe mit neuem, erweiterten Blick auch Dinge, die mir nie aufgefallen waren, doch wie beim Besuch bei Freunden, die wir ja auch darum eigentlich wählen, schätze ich nur die Wiederholung an sich, geht es um nichts neues sondern eher das Eintauchen in eine vertraute Welt, in der ich mich durch die Gewohnheit Zuhause fühle - nur gibt es außer Mann und Goethe sehr, sehr wenige, die mich dazu bisher verführen könnten, doch habe ich Hoffnung, sollte ich so lange leben, dass mein Gedächtnis irgendwann nachlässt wie bei meinen Großeltern und mir eigentlich bekanntes plötzlich ganz neu vorkommt und ich so alles noch einmal lesen kann.
Sollte es so kommen, bestätigte es meine Vermutung, dass wir, je älter wir werden, desto weniger brauchen und auch mit längst bekanntem, zufrieden und glücklich sein können. Einzig die parallele Lektüre so vieler Bücher muss ich mir dann im Alter wohl abgewöhnen, weil ich sonst mit jedem stets wieder von vorne beginnen müsste und nie zu einem Ende käme, was angesichts der natürlichen Endlichkeit unseres Lebens ein relativ unbefriedigendes Leseergebnis haben könnte, wenn es um Ergebnisse ginge und ich Bücher abhaken wollte wie Aufgaben, um auch das einmal gelesen zu haben.
Da mir jedoch nichts ferner liegt, ich mich eher daran freue, mir Zeit zu lassen und in Ruhe zu genießen, finde ich die Vorstellung mich erwartender Vergesslichkeit nicht schlimm sondern freue mich dann noch mehr am täglich wieder neuen, was ich erleben darf. Bin neugierig, wie weit das gehen wird und was es aus mir als Leser macht, sollte mir ein so hohes Alter tatsächlich vergönnt sein, könnte es auch wunderbar sein, sich jeden Tag an wenigen, hundertmal gelesenen Seiten, aus dem Zauberberg oder den Buddenbrooks zu erfreuen.
Ist Lesen Kult, weil es uns in andere Welten jenseits der nur Wirklichkeit holt?
Dann wäre Lesen nur eine Art Flucht vor der Wirklichkeit, für die es sicher der Gründe genug gibt. Frage mich jedoch, ob es wirklich um Flucht dabei geht oder nicht vielmehr das Streben nach einer schöneren parallelen Realität, die für jeden Leser sehr viel wirklicher ist als die graue Wirklichkeit jenseits der Lektüre.
Genieße Lust und Liebe in der Realität mit meiner wunderbaren Liebsten sehr und doch würde ich die literarische Parallelwelt nie für egal was oder wen aufgeben, sondern genieße beide eben parallel oder noch besser kombiniert, sich austauschend. Glücklich wer sich auf geistiger und körperlicher Ebene findet und austauschen kann und so eine Art Multikulti der Parallelwelten miteinander teilen kann und so nenne ich mich glücklich in allem.
Parallelwelten werden im üblichen, politischen Sprachgebrauch eher abwertend verstanden und meinen dort die Problematik, die sich ergibt, wenn Migranten wie abgeschlossen in ihrer eigenen Kultur in einer eben Parallelwelt leben, die neben der Kultur der Mehrheit existiert und mit dieser in manchem schwer kompatibel scheint. Diese Folge fehlender Integration ist in der Bundesrepublik in manchem sichtbar. Weniger jedoch als in den USA wo sich ebenfalls ganze Kulturen ihre eigenen Stadtbereiche gestaltet haben, die sich von der herrschenden in vielem unterscheiden und wo diese Orte eher als einheimische Folklore wahrgenommen werden, aber auch engstirnige Menschen immer wieder in Angst und Schrecken versetzen.
Wenn ich nur eine Straße von meinem Bezirk Prenzlauer Berg überquere, lande ich in der Parallelwelt des Wedding und genieße das andere. In Berlin funktioniert gut, was andere Teile des Landes, um ihre homogenen Gewohnheiten fürchtend, als politischen Schrecken an die Wand malen, doch sind diese politischen Messerstechereien von der rechten Seite in diesem Fall kein Thema, wo es um die jedem Leser bekannten literarischen Parallelwelten geht.
Diese schaffen einen Kulturraum, der für den Leser real ist und in dem wir Leser oftmals glücklicher leben als in der nur Realität, die viele für die einzige Wirklichkeit halten, doch wie wirklich die Wirklichkeit ist, fragte schon Watzlawick einst, um uns auf die Relativität der Wahrnehmung aufmerksam zu machen, die ein toleranteres Miteinander ermöglicht. Wer selbst merkt, wie er lesend immer wieder in Parallelwelten eintaucht, wird auch in der Realität mit diesem Nebeneinander weniger Probleme haben und glücklich mit dem sein, was alles sein kann.
So gesehen hat es auch mit der politischen Kultur der Toleranz zu tun, Lesen zum Kult zu erheben und so nicht nur die eigene Kultur weiterzugeben, sondern auch viel über andere zu lernen, für die offen zu sein, einfach schön sein kann, literarisch betrachtet und gelebt. Als Bewohner der literarischen Parallelwelt, der sich in der realen nur manchmal mehr oder weniger gut zurecht findet, schlechter jedenfalls als bei der parallelen Lektüre, kann ich diesen Weg nur empfehlen, um sich überall in seinen Büchern zuhause zu fühlen.
Die Weitergabe der Kultur erfolgt beim Lesen von allein und es ist dabei erstmal egal, was lesen lässt, solange überhaupt gelesen wird - Niveau und Geist muss jeder für sich und seiner Art entsprechend entdecken - Hauptsache es wird mit Lust und Leidenschaft mit dem Lesen begonnen, statt sich nur berieseln zu lassen, etwa vom Fernsehen oder an Rechnern, wie es die werten Leser wohl gerade tun, sich in sozialen Netzwerken zu verlieren.
Es spricht nichts gegen elektronische Lektüre und der Kindle am Strand leidet weniger als viele Bücher - wer wie ich gerne besonders schöne Bücher liest, wird sich an den unempfindlichen elektronischen Lesegeräten sehr freuen können - so habe ich auf meinem Telefon, egal wo ich gerade bin, immer eine ganze Bibliothek dabei von Fontane bis zu Kesslers Tagebüchern und kann dies bei jedem Licht lesen, was in Sommern vorm Café oder an der See nicht zu unterschätzen ist.
Solange wir lesen, ist alles gut und wir können uns je nach Wunsch und Lektüre jederzeit in die beste aller Parallelwelten begeben, um es zu genießen und um was als Genuss sollte es sonst in unserem je nach Betrachtung kurzen oder langen Leben gehen?
Habe Mut zu genießen und in deiner Parallelwelt glücklich zu leben, wenn du es kannst - falls nicht, suche danach, was die richtige Lektüre ist, die mitnimmt und entführt - was schöneres könnte es geben?
jens tuengerthal 1.8.2017
Dienstag, 1. August 2017
Montag, 31. Juli 2017
Übernehmer
Wer übernimmt bleibt
Verantwortlich in Führung
Statt wegzulaufen
Zeigt sich mutiger
Als die Schuldige suchen
Die Ankläger sind
Anklage ist stets
Unmündig wo nicht auch wer
Verantwortung nimmt
jens tuengerthal 31.7.2017
Verantwortlich in Führung
Statt wegzulaufen
Zeigt sich mutiger
Als die Schuldige suchen
Die Ankläger sind
Anklage ist stets
Unmündig wo nicht auch wer
Verantwortung nimmt
jens tuengerthal 31.7.2017
Abschiebung
Manche schieben gern
Jede Verantwortung weg
Was hilft Abschiebung
jens tuengerthal 31.7.2017
Jede Verantwortung weg
Was hilft Abschiebung
jens tuengerthal 31.7.2017
Versantwortung
Verantwortungslos
Verantwortungsvoll sind gleich
Bis auf das Ende
jens tuengerthal 31.7.2017
Verantwortungsvoll sind gleich
Bis auf das Ende
jens tuengerthal 31.7.2017
Verantwortungslust
Wer übernimmt Verantwortung, wer drückt sich davor und warum es eine Lust ist.
Die Verantwortung für die Zukunft oder kommende Generationen ist das Stichwort der Politik und ich frage mich, ob diese je oder wenn wer dem hehren noch Prinzip gerecht wird und wie das wonach entschieden werden kann.
Sich gegenseitig Verantwortungslosigkeit vorzuwerfen, ist ein Lieblingsspiel der Politik - während die einen, ihren Gegnern vorwerfen keine Verantwortung für die innere Sicherheit zu übernehmen mit einer zu toleranten Ausländer- oder Drogenpolitik, rügen ihre Gegner in der gleichen Sache fehlende Integrations- und Zukunftspolitik oder, wenn nichts mehr einfällt, einen Mangel an sozialer Verantwortung, wen dieser Vorwurf zu was auch immer motivieren kann.
Gerade im aktuellen Wahlkampf erleben wir es wieder, in dem die CDU den SPD Kandidaten einfach laufen ließ, bis seine Werte nach einem ganz kurzen Hoch von alleine in den Keller sanken und die Kanzlerin sich mit ihrem, “sie wissen, was sie an mir haben”, erwartungsgemäß durchsetzte und nun geschickt ein dramatisches Ereignis nutzt, wie das letzte Attentat eines islamistischen Fanatikers in Hamburg, den Sozialdemokraten, wo sie an der Regierung beteiligt sind oder waren, eine zu laxe Sicherheitspolitik in der Sache vorzuhalten, die solch dramatische Ereignisse fördere. Sie führen dazu an, Gefährder wie der Attentäter von Hamburg müssten in Abschiebehaft genommen werden und dass die geschehene Bluttat nicht vorgekommen wäre, wenn der Täter, dessen Abschiebung nur durch fehlende Papiere verhindert wurde, in der von ihnen geforderten Vorbeugehaft gewesen wäre und haben damit zunächst mal rein sachlich einfach recht.
Dass es auch und zentral die Verantwortung der CDU Bundeskanzlerin war, dass solche Gefährder lange völlig ungehindert einreisen konnten, wird dabei verschwiegen und die SPD wird sich hüten, dies anzuklagen, da sie einerseits die soziale und humane Politik der Kanzlerin mit trug, weiß, bei ihrem Klientel käme dieser Vorwurf nicht an und sie überließe damit, für das Fischen am rechten Rand, der CDU gänzlich die Mitte, was sie sich noch weniger leisten kann. Schulz, der peinliche Kandidat auf dem Abstieg, versuchte kurzzeitig auch diesen Bereich erfolglos zu besetzen. Doch nahm die Bevölkerung den Sozialdemokraten nicht ab, dass sie eine bessere Sicherheitspolitik böten und die Praxis spielte den Konservativen dabei noch erwartungsgemäß in die Hände.
Der Trick, mit einer Luftblase Politik zu machen und dem Gegner auch die eigenen Versäumnisse in der praktischen Umkehrung vorzuhalten, ist taktisch genial und wird vor der Bundestagswahl vermutlich gut funktionieren, weil sich die CDU lange, sehr lange Zeit ließ, bis sie überhaupt in einen Angriffsmodus ging, gegenüber all den sozialen Luftblasen eines Schulz ganz ruhig blieb und die leeren Versprechungen von Geschenken für die Armen in Luft auflösen ließ, weil die Mehrheit weiß, was von solchen Versprechen im Wahlkampf zu halten ist.
Sie übernahm damit keine Verantwortung sondern verschob, eigentlich bei ihr liegende Verantwortung auf sozialdemokratische Landespolitiker, spielte ein wenig den harten Sheriff, der sich nur gegen die Linken in der Koalition nicht durchsetzen könnte, auch wenn für die Ursache des Problems die Kanzlerin mitverantwortlich ist, an der Gefahrensitutation und dem Risiko sich nichts ändern lässt, wir damit leben müssen, im Krieg einem gewissen Risiko ausgesetzt zu sein. Keiner kann solche Fälle vermeiden, wie Sicherheitsexperten einhellig feststellten. Solange wir Krieg gegen das Regime des IS führen, müssen wir mit diesem Risiko einfach leben, was sich nicht ändern lässt, taugt nicht für den Wahlkampf, der keine Antworten darauf geben kann und will, sondern schürt nur Probleme und stärkt die Radikalen an den Rändern.
So gesehen ist der Schachzug der CDU unverantwortlich und schafft Probleme, die wir nicht lösen können, könnte die Lage der inneren Sicherheit noch verschärfen, auch wenn er so tut, als sei das Gegenteil beabsichtigt. Andererseits spricht er auch ein lösbares Problem taktisch klug an, um damit ein konsequenteres Vorgehen auf Dauer zu ermöglichen. Dazu muss er noch im Lichte von Schulz eigentlich verlogener Kritik an Merkels Asylpolitik gesehen werden, da die SPD nie eine andere vertrat und nicht glaubhaft für eine strengere Politik gegenüber Gefährdern steht. Vermutlich wird es ein größerer Teil der Bevölkerung ähnlich sehen, wenn sie nicht vom Wahlkampfgetöse genervt, ohnehin abwinken und ihre Entscheidung unabhängig davon bereits getroffen haben.
Das Thema Angst und Gefährder an sich ist aber ungeeignet für den Wahlkampf, weil dabei keiner gewinnen kann und wer mit Angst Politik macht, nur auf Verlierer setzt und nichts konstruktiv gestaltet, sondern auf Spaltung setzt, die nie ein gutes Ergebnis haben kann.
Unklar ist noch, ob Merkel als Mutti der Nation nicht noch taktisch vorprescht, ihre Falken zurechtweist, alle umarmt und die Verantwortung übernimmt, an die Opferbereitschaft appelliert und sich damit wie in Hamburg nach den Krawallen lieber der Verantwortung stellt, als sie zuzuweisen, was zu ihrem Bild in der Bevölkerung passte - es hätte wieder den “Sie kennen mich”-Effekt und schüfe mehr Vertrauen als all die Verschiebung und Delegierung von Verantwortung, wie sie ansonsten derzeit gern betrieben wird, die real aber nichts als Deantwortung in einer Sache ist, die ohnehin keiner ändern kann.
So ist die konkrete Mahnung der CDU Politiker im aktuellen Fall zwar kurzsichtig taktisch klug, eigentlich unverantwortlich aber am Ende vielleicht nur wieder das Mittel für Merkel das Land zu einen. Im übrigen sollte im Schatten des gerade Theaters keiner vergessen, dass beide Parteien seit Jahren dies Land gemeinsam regieren und also Verschiebung von Verantwortung ein Witz eigentlich ist.
Was aber ist Verantwortung überhaupt und woran erkenne ich sie?
Grundsätzlich ist es die Pflicht, dafür zu sorgen, dass in bestimmten Situationen das Notwendige und Richtige getan wird und kein Schaden entsteht. Zugleich ist es auch die Verpflichtung, für seine Handlungen einzustehen und ihre Folgen zu tragen, sowie als Drittes das Bewusstsein, Verantwortung zu haben.
Wer Schuld zuweist, übernimmt grundsätzlich keine Verantwortung sondern macht das genaue Gegenteil, versucht sich, gut darzustellen auf Kosten anderern. Ein schlicht rücksichtsloses und konkurrentes Verhalten zum eigenen Nutzen auf Kosten anderer.
Doch sind wir dies Verhalten in einer Gesellschaft gewohnt, in der Geiz geil sein soll und anschwärzen belohnt wird, wir aufgefordert sind uns ständig wechselnden Bedingungen anzupassen und uns darin eben möglichst gut zu verkaufen.
Nichts anderes tun Politiker auch, die dabei noch auf dem Drahtseil laufen müssen, dass sie zwischen nachhaltiger Verantwortung und populistisch errungener Wählergunst balancieren lässt.
Wenn es ihre Pflicht ist, das notwendige und Richtige zu tun, fragt sich in einem unvermeidbaren, weil nicht kalkulierbaren Fall, was die Alternative wäre und ob es nicht gerade verantwortungslos ist, etwas zu thematisieren, was nicht zu ändern ist.
Der Bereich der Übernahme von Verantwortung scheint bei diesen Politikern relativ schwach ausgeprägt, was aber auch auch am Thema und der Bedrängnis vom linken und rechten Rand liegt, die bewusst mit der Angst spielen und die Übernahme von Verantwortung für das vortäuschen, was sie ohnehin nicht ändern können und dies insbesondere gern mit der Zuweisung von Schuld tun, wie wir das bei AfD und Pegida genau wie bei der Linken beobachten können.
Ist jede Schuldzuweisung darum unmoralisch oder nur in der Politik?
Tendiere dazu, sie grundsätzlich für falsch zu halten, wie überhaupt das Strafrecht und seine Folgen, weil sie kein mehr an Verantwortung schaffen, nichts ändern, sondern nur Täter und kriminelle Millieus schaffen, die sich dann selbst erhalten.
In der Politik ist die schlichte Schuldzuweisung besonders problematisch, weil sie meist von denen erfolgt, die dann keine Handlungsverantwortung hatten, also gut reden haben. Wer in der Politik nur anklagt, statt auf konkrete Alternativen hinzuweisen oder wenn völlig unrealistische, handelt unverantwortlich. Dies Verhalten beobachte ich besonders beim AfD, der ohnehin seit seiner Gründung nichts als Klagen und Jammern für ängstliche Menschen zu seinem Prinzip machte, wie auch bei der Linken Politikerin Wagenknecht, die gern jeden hingeworfenen populistischen Knochen aufgreift, um ihre Jünger erwartungsgemäß nach Parolen tanzen zu lassen - wie die Jubelperser zu den Beschlüssen einstiger Zentralkomitees in Zeiten des Sozialismus.
Für moralisch gut und ethisch wertvoll halte ich allein das Verhalten, was aus dem Bewusstsein der Verantwortung rührt. So handelt gut nach dem kantschen Kategorischen Imperativ (KI) nur, wer stets so handelt, dass sein Handeln Gesetz für jedermann sein könnte und nichts anderes taugt als Maßstab für alle Zeiten, weil es die Freiheit, gut zu handeln in den Einzelnen setzt und nur dann können wir wirklich Verantwortung übernehmen, während der bloß andressierte Gehorsam gegenüber autoritär durchgesetzten Normen, wie ihn viele Menschen für sittlich halten, moralisch völlig wertlos ist, weil Gehorsam kein ethischer Wert sondern eine bloße Funktion ist und also kein Ausdruck von Verantwortung sein kann.
Ironischerweise hat damit der preußischste aller Preußen unter den Philosophen, der Ostpreuße Kant aus Königsberg, eine Ethik geschaffen, die jede staatliche Norm in ihrer Gültigkeit relativiert, weil danach moralisch und also sittlich wertvoll nur ist, was wir am eigenen Maßstab des KI messen. Dieser strenge Maßstab, der stets nur ein Näherungswert sein kann, schafft moralisch eine scheinbar höchst unpreußische Anarchie, die alles infrage stellt, was nur autoritär gelten soll.
Natürlich hat Kant als preußischer Beamter, der er sein Leben lang blieb, auch genug gesagt, dass ihm seine Philosophie nicht zum Vorwurf gemacht werden konnte, auch der König glauben durfte, der hochexplosive geistige Anarchist Kant sei ein treuer Bürger, der sich streng an Recht und Gesetz hält. Doch wer den Gedanken des KI zu Ende denkt und das Prinzip der Aufklärung, als Befreiung aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit definiert, in deren Namen er uns aufforderte, Mut zu haben, der erkennt keine Norm mehr über sich und seinem Gewissen an und handelt entsprechend, ist ein Anarchist, der so auch einzig wirklich moralisch handeln kann, weil nur wer, wie Stirner es in seinem “Einzigen” beschreibt, seine Welt auf sich stellt, wirklich Verantwortung übernimmt.
Das Gerede einer Politik von Verantwortung ist daher in nahezu allen Fällen Unsinn, außer sie übernehmen selbst Verantwortung für das, was in ihrem Bereich geschah. Es gibt dafür seltene Beispiele von Brandts Kniefall in Warschau über Kohls Griff nach Mitterrands Hand in Verdun oder auch zuletzt Merkels Geste an den Hamburger Bürgermeister, in der sie Verantwortung übernahm, während Mitglieder ihrer Partei noch sektiererisch den Sozialdemokraten anklagten, der sich vor dem G20 Gipfel noch so locker geäußert hatte.
Wer Verantwortung übernimmt, zeigt Größe. Wer Schuld zuweist, offenbart sich dagegen als feige und unverantwortlich im eigentlichen Sinne. Zumindest dieser auch am KI orientierte Maßstab moralischen Handelns, zeigt die Feigheit und Verantwortungslosigkeit des AfD und der SED Nachfolgeorganisation die Linke in vielen Fällen. Wer es versteht, wird entsprechend moralisch handeln oder muss sich der Verantwortung stellen, wenn diejenigen, nicht für zu blöd gehalten werden, ihr Handeln und die konsequenten Folgen zu erkennen.
So gesehen betrachte ich auch diesen Wahlkampf relativ gelassen und hoffe, dass sich zeigen wird, wer Verantwortung übernimmt und wer nur Schuld zuweist, statt konstruktiv zu gestalten. Es geht weniger um viele Worte oder Beweise und ähnliche Lächerlichkeiten, als allein um ein Zeichen der Übernahme der persönlichen Verantwortung von sich aus und vorab ungefragt. So wird die Wahl wesentlich leichter und gestaltet sich die Zukunft positiver als unter den Bedingungen von Angst und oktroyierter Moral, hoffen wir nur, genug nehmen sich die Freiheit, die Dinge konstruktiv kritisch zu betrachten.
jens tuengerthal 31.7.2017
Die Verantwortung für die Zukunft oder kommende Generationen ist das Stichwort der Politik und ich frage mich, ob diese je oder wenn wer dem hehren noch Prinzip gerecht wird und wie das wonach entschieden werden kann.
Sich gegenseitig Verantwortungslosigkeit vorzuwerfen, ist ein Lieblingsspiel der Politik - während die einen, ihren Gegnern vorwerfen keine Verantwortung für die innere Sicherheit zu übernehmen mit einer zu toleranten Ausländer- oder Drogenpolitik, rügen ihre Gegner in der gleichen Sache fehlende Integrations- und Zukunftspolitik oder, wenn nichts mehr einfällt, einen Mangel an sozialer Verantwortung, wen dieser Vorwurf zu was auch immer motivieren kann.
Gerade im aktuellen Wahlkampf erleben wir es wieder, in dem die CDU den SPD Kandidaten einfach laufen ließ, bis seine Werte nach einem ganz kurzen Hoch von alleine in den Keller sanken und die Kanzlerin sich mit ihrem, “sie wissen, was sie an mir haben”, erwartungsgemäß durchsetzte und nun geschickt ein dramatisches Ereignis nutzt, wie das letzte Attentat eines islamistischen Fanatikers in Hamburg, den Sozialdemokraten, wo sie an der Regierung beteiligt sind oder waren, eine zu laxe Sicherheitspolitik in der Sache vorzuhalten, die solch dramatische Ereignisse fördere. Sie führen dazu an, Gefährder wie der Attentäter von Hamburg müssten in Abschiebehaft genommen werden und dass die geschehene Bluttat nicht vorgekommen wäre, wenn der Täter, dessen Abschiebung nur durch fehlende Papiere verhindert wurde, in der von ihnen geforderten Vorbeugehaft gewesen wäre und haben damit zunächst mal rein sachlich einfach recht.
Dass es auch und zentral die Verantwortung der CDU Bundeskanzlerin war, dass solche Gefährder lange völlig ungehindert einreisen konnten, wird dabei verschwiegen und die SPD wird sich hüten, dies anzuklagen, da sie einerseits die soziale und humane Politik der Kanzlerin mit trug, weiß, bei ihrem Klientel käme dieser Vorwurf nicht an und sie überließe damit, für das Fischen am rechten Rand, der CDU gänzlich die Mitte, was sie sich noch weniger leisten kann. Schulz, der peinliche Kandidat auf dem Abstieg, versuchte kurzzeitig auch diesen Bereich erfolglos zu besetzen. Doch nahm die Bevölkerung den Sozialdemokraten nicht ab, dass sie eine bessere Sicherheitspolitik böten und die Praxis spielte den Konservativen dabei noch erwartungsgemäß in die Hände.
Der Trick, mit einer Luftblase Politik zu machen und dem Gegner auch die eigenen Versäumnisse in der praktischen Umkehrung vorzuhalten, ist taktisch genial und wird vor der Bundestagswahl vermutlich gut funktionieren, weil sich die CDU lange, sehr lange Zeit ließ, bis sie überhaupt in einen Angriffsmodus ging, gegenüber all den sozialen Luftblasen eines Schulz ganz ruhig blieb und die leeren Versprechungen von Geschenken für die Armen in Luft auflösen ließ, weil die Mehrheit weiß, was von solchen Versprechen im Wahlkampf zu halten ist.
Sie übernahm damit keine Verantwortung sondern verschob, eigentlich bei ihr liegende Verantwortung auf sozialdemokratische Landespolitiker, spielte ein wenig den harten Sheriff, der sich nur gegen die Linken in der Koalition nicht durchsetzen könnte, auch wenn für die Ursache des Problems die Kanzlerin mitverantwortlich ist, an der Gefahrensitutation und dem Risiko sich nichts ändern lässt, wir damit leben müssen, im Krieg einem gewissen Risiko ausgesetzt zu sein. Keiner kann solche Fälle vermeiden, wie Sicherheitsexperten einhellig feststellten. Solange wir Krieg gegen das Regime des IS führen, müssen wir mit diesem Risiko einfach leben, was sich nicht ändern lässt, taugt nicht für den Wahlkampf, der keine Antworten darauf geben kann und will, sondern schürt nur Probleme und stärkt die Radikalen an den Rändern.
So gesehen ist der Schachzug der CDU unverantwortlich und schafft Probleme, die wir nicht lösen können, könnte die Lage der inneren Sicherheit noch verschärfen, auch wenn er so tut, als sei das Gegenteil beabsichtigt. Andererseits spricht er auch ein lösbares Problem taktisch klug an, um damit ein konsequenteres Vorgehen auf Dauer zu ermöglichen. Dazu muss er noch im Lichte von Schulz eigentlich verlogener Kritik an Merkels Asylpolitik gesehen werden, da die SPD nie eine andere vertrat und nicht glaubhaft für eine strengere Politik gegenüber Gefährdern steht. Vermutlich wird es ein größerer Teil der Bevölkerung ähnlich sehen, wenn sie nicht vom Wahlkampfgetöse genervt, ohnehin abwinken und ihre Entscheidung unabhängig davon bereits getroffen haben.
Das Thema Angst und Gefährder an sich ist aber ungeeignet für den Wahlkampf, weil dabei keiner gewinnen kann und wer mit Angst Politik macht, nur auf Verlierer setzt und nichts konstruktiv gestaltet, sondern auf Spaltung setzt, die nie ein gutes Ergebnis haben kann.
Unklar ist noch, ob Merkel als Mutti der Nation nicht noch taktisch vorprescht, ihre Falken zurechtweist, alle umarmt und die Verantwortung übernimmt, an die Opferbereitschaft appelliert und sich damit wie in Hamburg nach den Krawallen lieber der Verantwortung stellt, als sie zuzuweisen, was zu ihrem Bild in der Bevölkerung passte - es hätte wieder den “Sie kennen mich”-Effekt und schüfe mehr Vertrauen als all die Verschiebung und Delegierung von Verantwortung, wie sie ansonsten derzeit gern betrieben wird, die real aber nichts als Deantwortung in einer Sache ist, die ohnehin keiner ändern kann.
So ist die konkrete Mahnung der CDU Politiker im aktuellen Fall zwar kurzsichtig taktisch klug, eigentlich unverantwortlich aber am Ende vielleicht nur wieder das Mittel für Merkel das Land zu einen. Im übrigen sollte im Schatten des gerade Theaters keiner vergessen, dass beide Parteien seit Jahren dies Land gemeinsam regieren und also Verschiebung von Verantwortung ein Witz eigentlich ist.
Was aber ist Verantwortung überhaupt und woran erkenne ich sie?
Grundsätzlich ist es die Pflicht, dafür zu sorgen, dass in bestimmten Situationen das Notwendige und Richtige getan wird und kein Schaden entsteht. Zugleich ist es auch die Verpflichtung, für seine Handlungen einzustehen und ihre Folgen zu tragen, sowie als Drittes das Bewusstsein, Verantwortung zu haben.
Wer Schuld zuweist, übernimmt grundsätzlich keine Verantwortung sondern macht das genaue Gegenteil, versucht sich, gut darzustellen auf Kosten anderern. Ein schlicht rücksichtsloses und konkurrentes Verhalten zum eigenen Nutzen auf Kosten anderer.
Doch sind wir dies Verhalten in einer Gesellschaft gewohnt, in der Geiz geil sein soll und anschwärzen belohnt wird, wir aufgefordert sind uns ständig wechselnden Bedingungen anzupassen und uns darin eben möglichst gut zu verkaufen.
Nichts anderes tun Politiker auch, die dabei noch auf dem Drahtseil laufen müssen, dass sie zwischen nachhaltiger Verantwortung und populistisch errungener Wählergunst balancieren lässt.
Wenn es ihre Pflicht ist, das notwendige und Richtige zu tun, fragt sich in einem unvermeidbaren, weil nicht kalkulierbaren Fall, was die Alternative wäre und ob es nicht gerade verantwortungslos ist, etwas zu thematisieren, was nicht zu ändern ist.
Der Bereich der Übernahme von Verantwortung scheint bei diesen Politikern relativ schwach ausgeprägt, was aber auch auch am Thema und der Bedrängnis vom linken und rechten Rand liegt, die bewusst mit der Angst spielen und die Übernahme von Verantwortung für das vortäuschen, was sie ohnehin nicht ändern können und dies insbesondere gern mit der Zuweisung von Schuld tun, wie wir das bei AfD und Pegida genau wie bei der Linken beobachten können.
Ist jede Schuldzuweisung darum unmoralisch oder nur in der Politik?
Tendiere dazu, sie grundsätzlich für falsch zu halten, wie überhaupt das Strafrecht und seine Folgen, weil sie kein mehr an Verantwortung schaffen, nichts ändern, sondern nur Täter und kriminelle Millieus schaffen, die sich dann selbst erhalten.
In der Politik ist die schlichte Schuldzuweisung besonders problematisch, weil sie meist von denen erfolgt, die dann keine Handlungsverantwortung hatten, also gut reden haben. Wer in der Politik nur anklagt, statt auf konkrete Alternativen hinzuweisen oder wenn völlig unrealistische, handelt unverantwortlich. Dies Verhalten beobachte ich besonders beim AfD, der ohnehin seit seiner Gründung nichts als Klagen und Jammern für ängstliche Menschen zu seinem Prinzip machte, wie auch bei der Linken Politikerin Wagenknecht, die gern jeden hingeworfenen populistischen Knochen aufgreift, um ihre Jünger erwartungsgemäß nach Parolen tanzen zu lassen - wie die Jubelperser zu den Beschlüssen einstiger Zentralkomitees in Zeiten des Sozialismus.
Für moralisch gut und ethisch wertvoll halte ich allein das Verhalten, was aus dem Bewusstsein der Verantwortung rührt. So handelt gut nach dem kantschen Kategorischen Imperativ (KI) nur, wer stets so handelt, dass sein Handeln Gesetz für jedermann sein könnte und nichts anderes taugt als Maßstab für alle Zeiten, weil es die Freiheit, gut zu handeln in den Einzelnen setzt und nur dann können wir wirklich Verantwortung übernehmen, während der bloß andressierte Gehorsam gegenüber autoritär durchgesetzten Normen, wie ihn viele Menschen für sittlich halten, moralisch völlig wertlos ist, weil Gehorsam kein ethischer Wert sondern eine bloße Funktion ist und also kein Ausdruck von Verantwortung sein kann.
Ironischerweise hat damit der preußischste aller Preußen unter den Philosophen, der Ostpreuße Kant aus Königsberg, eine Ethik geschaffen, die jede staatliche Norm in ihrer Gültigkeit relativiert, weil danach moralisch und also sittlich wertvoll nur ist, was wir am eigenen Maßstab des KI messen. Dieser strenge Maßstab, der stets nur ein Näherungswert sein kann, schafft moralisch eine scheinbar höchst unpreußische Anarchie, die alles infrage stellt, was nur autoritär gelten soll.
Natürlich hat Kant als preußischer Beamter, der er sein Leben lang blieb, auch genug gesagt, dass ihm seine Philosophie nicht zum Vorwurf gemacht werden konnte, auch der König glauben durfte, der hochexplosive geistige Anarchist Kant sei ein treuer Bürger, der sich streng an Recht und Gesetz hält. Doch wer den Gedanken des KI zu Ende denkt und das Prinzip der Aufklärung, als Befreiung aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit definiert, in deren Namen er uns aufforderte, Mut zu haben, der erkennt keine Norm mehr über sich und seinem Gewissen an und handelt entsprechend, ist ein Anarchist, der so auch einzig wirklich moralisch handeln kann, weil nur wer, wie Stirner es in seinem “Einzigen” beschreibt, seine Welt auf sich stellt, wirklich Verantwortung übernimmt.
Das Gerede einer Politik von Verantwortung ist daher in nahezu allen Fällen Unsinn, außer sie übernehmen selbst Verantwortung für das, was in ihrem Bereich geschah. Es gibt dafür seltene Beispiele von Brandts Kniefall in Warschau über Kohls Griff nach Mitterrands Hand in Verdun oder auch zuletzt Merkels Geste an den Hamburger Bürgermeister, in der sie Verantwortung übernahm, während Mitglieder ihrer Partei noch sektiererisch den Sozialdemokraten anklagten, der sich vor dem G20 Gipfel noch so locker geäußert hatte.
Wer Verantwortung übernimmt, zeigt Größe. Wer Schuld zuweist, offenbart sich dagegen als feige und unverantwortlich im eigentlichen Sinne. Zumindest dieser auch am KI orientierte Maßstab moralischen Handelns, zeigt die Feigheit und Verantwortungslosigkeit des AfD und der SED Nachfolgeorganisation die Linke in vielen Fällen. Wer es versteht, wird entsprechend moralisch handeln oder muss sich der Verantwortung stellen, wenn diejenigen, nicht für zu blöd gehalten werden, ihr Handeln und die konsequenten Folgen zu erkennen.
So gesehen betrachte ich auch diesen Wahlkampf relativ gelassen und hoffe, dass sich zeigen wird, wer Verantwortung übernimmt und wer nur Schuld zuweist, statt konstruktiv zu gestalten. Es geht weniger um viele Worte oder Beweise und ähnliche Lächerlichkeiten, als allein um ein Zeichen der Übernahme der persönlichen Verantwortung von sich aus und vorab ungefragt. So wird die Wahl wesentlich leichter und gestaltet sich die Zukunft positiver als unter den Bedingungen von Angst und oktroyierter Moral, hoffen wir nur, genug nehmen sich die Freiheit, die Dinge konstruktiv kritisch zu betrachten.
jens tuengerthal 31.7.2017
Sonntag, 30. Juli 2017
Gewaltangst
Ist Angst vor Gewalt natürlich und klug oder potenziert sie nur beides?
Während die Koalition gegen den Terror immer mehr Erfolge gegen den IS vermeldet, nimmt der Terror in den Ländern der Gegner der Islamisten zu. Zu allem entschlossene junge Männer richten mit einfachsten Mitteln Blutbäder an und schaffen ein Klima der Angst, im sonst von seinen Stellvertreterkriegen nie berührten Westen.
Mit der Angst steigt die Zustimmung für radikale Kräfte an den Rändern und so dreht sich die Spirale der Gewalt weiter, wie es in den USA gerade unter der Trump Administration sichtbar wird, die von einer Katastrophe in die andere stürzt und zugleich bemüht ist, die Angst hoch zu halten, um von ihren sachlichen falschen Maßnahmen abzulenken und eine beständige Unruhe zu schaffen, welche die Gewalt erzeugt, vor der sie zu schützen vorgibt und die Sicherheit über Freiheit stellt, die Bürgerrechte aushebelt.
Die Anzahl dieser Fanatiker ist in Europa noch geringer, auch wenn die Regierungen in Polen, Ungarn oder Bayern gerne mit der Angst spielen und Sicherheit versprechen, für die sie Freiheit rauben, ohne ihr Versprechen je einhalten zu können.
Ist die Angst für die Mehrheit und die Demokratie gefährlicher als es der Terror einer kleinen Gruppe von Fanatikern je sein kann?
Wenn mich einer der verrückten Attentäter trifft und mich oder meine Liebsten tötet, bin ich plötzlich betroffen und hätte mir mehr Sicherheit auch zum Preis von weniger Freiheit das Leben oder das Glück retten können, persönlich schlimmstes Unglück verhindert. Hätte ich da was dagegen?
Schaue ich mir aber die Wahrscheinlichkeit an, wirklich getroffen zu werden, steht das Risiko in keinem Verhältnis zur bereitwillig aufgegebenen Freiheit, von der ich aber nur so lange etwas habe, wie ich auch lebe oder tun kann, was ich möchte, ohne Angst zu haben.
Andererseits befinden wir uns im Krieg gegen eine Gruppe von Fanatikern, die mit Hilfe unserer Flugzeuge weggebombt werden sollen, auch wenn dies tausende Kilometer von hier geschehen soll. Die Menschen dort haben vielfach auch Angst, Opfer der Bomben oder Drohnen unserer Truppen zu werden, die sogar von hier gesteuert werden, etwa aus Rammstein.
Wer Gewalt sät, sollte sich nicht wundern, wenn sie zu ihm zurückkehrt. Unsere Regierungen sagen zwar einerseits, wir seien im Krieg gegen den Terror, verkünden aber andererseits, der Krieg werde dort unten geführt, im Zweistromland, nahe den Wurzeln der Kultur, nicht hier. Es seien nur verirrte Gewalttäter, die hier Terrorakte verübten und nicht Kämpfer einer anderen Armee. Täte sie dies nicht, müsste sie alle, die sie heute Terroristen nennt, feindliche Kombattanten nennen und falls sie ihrer Habhaft wird, diese wie Kriegsgefangene behandeln und nicht wie Verbrecher in ihrem Land, deren Rechte und Haftbedingungen durch die Benennung als Terroristen noch verschärft werden.
Der IS hat genau dies Verhalten angekündigt und verhält sich dementsprechend, es mangelt also nicht an einer Kriegserklärung. Ob der Kampf gegen Zivilisten je gerechtfertigt sein kann, wäre wohl der Diskussion wert, doch scheint fraglich inwieweit die USA und ihre Verbündeten dabei die Stimme erheben dürfen, die zahlreiche zivile Opfer in den arabischen Ländern gern als Kollateralschäden bezeichnet und also in Kauf nimmt.
Der Krieg, der nach den Terroranschlägen von Al Qaida gegen die USA 2001 begann, die eine Welle der Solidarität auslösten, ist ein neuer, weil er zunächst nicht gegen eine Regierung sondern gegen eine Terrorgruppe ging, auch wenn er eine Regierung vertrieb, weil die Taliban allen westlich denkenden Menschen schon lange ein Dorn im Auge gewesen waren, mit ihren mittelalterlichen Vorstellungen auch von den Rechten der Frau und ihrem Umgang mit nicht islamischer Kultur - nur für Buddha-Figuren schickt keiner Bomber, auch wenn sie in Felshöhlen als Weltkulturerbe stehen.
Wer einen Krieg gegen keinen Staat beginnt sondern eine Ideologie, den fanatischen Islamismus, bekämpft, wird keinen Sieg in einer Feldschlacht erringen können, weil gegen den Glauben keine Bomben helfen, die radikale Überzeugungen eher verstärken, als auflösen.
Europa hat viel Erfahrung mit internen Glaubenskämpfen und auch wenn es dabei nur um Nuancen der Unterscheidung innerhalb der jüdischen Sekte Christentum ging, kannte die Gewalt infolge keine Grenzen und die Erregung über das, was in der islamischen Welt geschieht, scheint angesichts dessen verlogen.
Betrachten wir das Alter der anderen jüdischen Sekte, des Islam, der erst etwa 600 Jahre nach dem Christentum entstand und versetzen wir unsere Kultur 600 Jahre zurück, landen wir in der Renaissance und der Zeit der Glaubenskriege. Wir wären zwar noch vor der Reformation gerade, also auch den Hugenottenkriegen, die Frankreich lange zerrissen, bis die große Toleranz eines Henry IV. das Land wieder einen konnte und noch 200 Jahre vor dem 30jährigen Krieg, der Deutschland aus denselben Gründen über diesen Zeitraum hinweg verwüstete und zerstörte, dem verglichen die Gefechte des IS gerade noch wie Peanuts wirken. Auch vor der Wiedereroberung Prags nach dem Aufstand der dort Reformierten durch die Habsburger, nach der sie die Köpfe der Gläubigen am Stadttor aufhängen ließen, im vermeintlich zivilisierten 17. Jahrhundert und lange dort zur Abschreckung hängen ließen, was dem Handeln des IS irgendwie ähnelte.
Es gab in unserer Kultur damals die Diskussion um mehr Toleranz im Miteinander, für die große Denker der Renaissance wie Erasmus von Rotterdam standen, und es gab den religiösen Fanatismus, der immer wieder den Konflikt suchte. Die geschlossene Glaubenswelt des Mittelalters brach auf und ein neues, freieres Denken breitete sich aus, das Bezug auf die Antike nahm, die schon gewagt hatte die Existenz von Göttern infrage zu stellen, wie es Epikur und Lukrez taten, die um diese Zeit wiederentdeckt wurden.
In diese Zeit fällt ja auch der Untergang von Byzanz, das damals längst Konstantinopel hieß nach Kaiser Konstantin dem Großen, infolge der Eroberung durch die Mauren, die lange schon ihr Reich weiter gen Norden mit Gewalt ausgedehnt hatten. Sie sollten den christlichen Reichen, die sich für Weltreiche hielten oder es real waren, gefährlich nah kommen, wie das Haus Habsburg unter Karl V oder nach ihm zumindest über die Verbindung der spanischen und österreichischen Erzherzogslinien, welche die meisten Kaiser im religiös umkämpften Heiligen Römischen Reich stellten, das sich ab da irgendwann auch noch Deutscher Nationen nannte und in der Nachfolge des von der Renaissance umschwärmten antiken römischen Reiches stand.
Die Türken kamen bis vor Wien, wo sie dann eine Koalition der mutigen unter den Ängstlichen letztlich schlug, wie es einst angeblich Karl Martell, der Großvater Karls des Großen nur etwa 800 Jahre früher im Süden Frankreichs tat, auch wenn bis heute unklar ist, ob die Mauren wirklich weiter nach Norden wollten oder die Koalition der Willigen unter Karl nicht nur einen bereits auf dem Rückzug befindlichen reinen Expeditionskorp schlug, der weder Europa bedrohte, noch jene sagenhafte Geschichte vom Abendland als Verteidigerin der Zivilisation begründen könnte, die ihn immer noch umgibt.
Vielleicht sind diese Geschichten ähnlich sagenhaft wie die österreichischen Erzherzöge und haben es nur geschafft eine Kultur jahrhundertelang in der Angst vor der muslimischen Gewalt zu fesseln, auch wenn das maurische Spanien eine wesentlich reichere und vielfältigere Kultur zu bieten hatte, als das von Ferdinand und Isabella, auch um die Zeit der Entdeckung Amerikas, zurückeroberte Spanien die nächsten Jahrhunderte zeigen sollte. Dem verglichen war die maurische Kultur ein Hort der Toleranz und des gepflegten miteinander gewesen.
Die auf gefälschten Urkunden basierende Herrschaft des Geschlechts von der Schweizer Habichtsburg, wo das Haus Habsburg ursprünglich her kam, was sich vom Papst den Besitz des amerikanischen Kontinents versprechen ließ, auch wenn sie nur nach einem Seeweg nach Indien gesucht hatten und in ihrer Gier nach Macht und Gold ganze Kulturen ausrotten ließen, ist eine der wichtigsten Säulen des christlichen Abendlandes, auf das sich heute manche der Ängstlichen wieder berufen.
Warum sich solche Sklavenhalter, Ausbeuter und Schacherer um die Macht - wie teuer erkaufte sich mit dem südamerikanischen Gold noch Karl V. seine Kaiserkrone von den Kurfürsten und machte die Fugger reich und mächtig - als Vorbild für unsere Kultur wählen, wenn es diesen doch offensichtlich allein um persönliche Interessen ging, die sie egoistisch verfolgten, auch wenn sie diese gern unter dem Mantel der christlichen Überzeugung versteckten, sich als Orden ein olles Schaffell in Gold umhängten und sich als Ritter vom goldenen Vlies dann als Retter des Abendlandes gerierten, was mehr auf Gier und Angst basierte?
Weiß es und verstehe es nicht - so bedeutend das Haus Habsburg in seiner Geschichte für Europa ist, so sehr hat es auch als Stimme Roms die Intoleranz gepredigt und anderes mehr - andererseits sehe ich auch, dass wer Europa und seine Länder verstehen will, hinter das Denken der Kulturen kommen will, in denen vielfach die Angst vor dem Fremden begründet liegt, nicht um diese Familie herumkommt, die international dachte, bevor die meisten Menschen wussten, was die Welt ist.
Habsburg führte lange die wichtigsten Kriege in Europa oder war an ihnen beteiligt und blieb, bis sie nach dem spanischen Erbfolgekrieg das Erbe Karls V. an die Bourbonen unter damals Ludwig XIV. verloren, die wichtigste Weltmacht, die auch die Bourbonen nicht ablösen oder erreichen konnten, weil Thron und Macht in Frankreich und Spanien getrennt blieben nach dem endlich Friedensschluss, für den vorher so viel Gewalt ausgeübt wurde.
In Frankreich folgten dann noch zwei Ludwige, bis in der Regentschaft des XVI. die Revolution mit aller Gewalt ausbrach und diesen Ehemann der Tochter Maria Theresias einen Kopf kürzer machte. Seine Frau hieß Maria Antonie oder in Frankreich auch Marie Antoinette und ihre Ehe war das Produkt eines neuen Bündnisses, bei dem sich Maria Theresia mit dem Erzfeind Frankreich auf Betreiben der Pompadour hin, in der Absicht den Preußen Friedrich zu schlagen, wieder verbündet hatte und Schlesien so wenig wieder gewann wie Spanien, in dem heute noch oder wieder die Bourbonen ihre bloß repräsentative Krone tragen, während in Frankreich die V. Republik ein Teil der EU wie viele andere Teile des ehemals Heiligen Römischen Reich wurde, was auch Spanien nach Francos Tod wurde.
Als der Korse Bonaparte nach der Revolution den Bourbonen auf den Thron folgte und mit Gewalt sein europäisches Reich errichtete, wurde wieder eine Heirat mit den Erben Maria Theresias erzwungen, die keinen der beiden Teile wohl glücklich machte. Napoleon verbreitete viele gute Ideen der französischen Revolution in ganz Europa und auch im noch so katholisch geprägten Heiligen Römischen Reich, das er sich auflösen ließ, nachdem die Kirchengüter säkularisiert worden waren. Andererseits zwang er viele Menschen in seine Grande Armée und opferte sie auf dem aussichtslosen Russlandfeldzug oder in der Völkerschlacht, mit der sein Untergang begann, was das Bild der Reformen und der Republik für lange Zeit in Europa, besonders in Deutschland, wieder verdunkelte - die nationale Bewegung der Befreiung im Biedermaier enden ließ. Wenig später jubelten Deutsche dann einem Kaiser zu, der die französischen Nachbarn getrieben von seinem Kanzler Bismarck unter der Führung seines genialen Militärs Moltke zutiefst auch durch die Krönung im französischen Versailles nach dem Sieg im Krieg von 1870/71 erniedrigt hatte.
Der Enkel dieses ersten Wilhelm, der zweite Kaiser gleichen Namens, der auch der letzte deutsche Monarch blieb, fühlte sich auch dem geschlagenen Frankreich gegenüber noch erniedrigt, weil er keine der damals modischen Kolonien samt Einwohnern in Übersee besaß, auch vom Platz an der Sonne träumte und diesen notfalls mit Blut und Tränen erobern wollte. Er tat es relativ erfolglos, schickte das Genie Bismarck nach Hause, verkannte in allen wichtigen Fragen, was wirklich nötig gewesen wäre und wurde mit seinem Verhalten voller Komplexe und Verblendung zu einem der Mitauslöser der Gewaltkatastrophe des 1. Weltkrieges. Auch wenn dieser mit der Erschießung eines Habsburger Kronprinzen in Sarajevo begann, der wiederum trotz eigentlich bester Absichten zum Opfer der balkanischen Fanatiker wurde, die sich bis heute gern den Schädel einschlagen, wo immer wieder Gewalt herrscht.
Zwar war es tragisch, dass Franz Ferdinand als Sohn der legendären Magersüchtigen, genannt Kaiserin Sissi, so zum Opfer anderer Konflikte wurde, die er eigentlich konstruktiv lösen wollte, es mal wieder den Falschen traf, doch war das System in sich so verfault, dass sein völliger Zerfall nach vier Jahren Krieg niemand mehr wundern kann. Dies war das Ende des Hauses Habsburg als regierendes Haus und nun taucht der berühmte Name nur noch in Boulevardblättern gelegentlich auf, bleibt aber ansonsten ohne jede weitere Bedeutung. Auch wenn ein Prinz des Hauses Habsburg vor einigen Jahren die Berlinerin Tita Hardenberg heiratete und damit sich sogar die Nachfahrin eines der bekannteren preußischen Kanzler mit dem alten Haus vermählte, spielt diese private Verbindung meiner Freundin Tita für Europa oder sonst politisch keinerlei Rolle mehr, es ist völlig egal. So wenig wie der preußische Prinz Georg Friedrich noch irgendeine Rolle spielt, außer als nettes Gesicht bei Veranstaltungen zur preußischen Geschichte.
Die Gewalt der Geschichte hatt all diese alten Häuser schlicht hinweggefegt und Österreich und Deutschland sind zwar grenzenlos in der EU vereint, jedoch sich außer sprachlich nicht näher mehr als Frankreich und die Bundesrepublik, was auch an dem traurigen Intermezzo des österreichischen Fanatikers Hitler lag, dessen Gewaltherrschaft Millionen Tote in Europa hinterließ und dessen Genozid gegen die Juden alles bisherige übertraf, auch wenn einige seiner Täter noch von den Jungtürken und ihrem Verhalten gegenüber den Armeniern gelernt hatten. Auch Völkermord scheint lernbar und eine Frage der Ordnung zu sein, denn niemand organisierte ihn wieder so effektiv wie die Deutschen es zwischen 1933 und 1945 taten.
Der Österreicher Hitler, der aus Braunau kam ohne eine Aneignung dieser Provinz von den Bayern, die Friedrich noch in den Kartoffelkrieg trieb, wäre eigentlich Bayer gewesen, was aber auch in der Sache so wenig ändert wie am historischen Urteil über diesen Tyrannen.
Dass die Franzosen und Briten und auch viele Juden keine Angst mehr vor diesen fürchterlich effektiven Deutschen und ihrer Neigung zur Gewalt in effektivster Organisation haben, ist eines der großen Verdienste der Politiker des Nachkriegsdeutschland, die den doppelten Verlierer so überzeugend in einen höheren Kontext einbanden, der eben Angst nahm. Dazu gehören Adenauer und Kohl mit ihrer Europa und Versöhnungspolitik gegenüber Frankreich, mit dem wir einst noch einen Staat unter Karl dem Großen bildeten, bis das Erbe unter seinen Söhnen aufgeteilt wurde und andere Linien später folgten, die bei der Trennung blieben, die Grenzen nur noch mit Gewalt verschieben ließ, bis die EU sie im vorgeblich rein ökonomischen Interesse ganz nebenbei alle auflöste.
Grenzenlos gut ging es uns in diesem Europa, was wir einfach als normal nörgelnd hinnahmen, bis zu vielen Menschen aus dem Süden, die aufgrund unserer Stellvertreterkriege aus ihrer Heimat fliehen mussten, klar wurde, wie schön es hier ist, sogar wo weniger warm und was Sicherheit, Rechtsstaat und Freiheit wert sind, sie ihr Leben und ihr Vermögen für eine Zukunft im Norden riskieren ließ, um der Gewalt in ihrer Heimat zu entfliehen. Auf einmal kam wieder das Gespräch auf geschlossene Grenzen und Mauern, die Einwanderer abhalten sollten von ihrem Weg ins gelobte Land.
Die Bewohner Europas bekamen teilweise Angst, die Fremden könnten ihnen mit Gewalt ihre Freiheit rauben oder noch schlimmer ihren Wohlstand und damit das ruhige Leben inmitten ihrer Habseligkeiten tangieren.
Als Habenichts tangiert mich diese Furcht nicht sonderlich. Der Epikuräer in mir fürchtete den Tod weniger als ein Leben in Unfreiheit, das sich der Sklaverei der Vorurteile unterwirft. So scheint mir persönlich die Gefahr der Angst größer als der Gewinn an Sicherheit, den Vorsicht je bringen kann.
Wie alle Experten einig feststellten, lassen sich Attentate wie in Hamburg, Berlin, London, Paris, um nicht noch Bagdad, Kabul und Istanbul zu nennen, nicht vermeiden noch gibt es je Sicherheit davor. Solange wir Krieg gegen den IS führen, werden Fanatiker, auch wenn sie sich nur ganz privat solidarisieren wieder und wieder zuschlagen. Gemessen an der Zahl der Toten im arabischen Raum, die in die Millionen geht, sind die wenigen hier kaum der Worte wert, denke ich und frage mich, warum Angst mich dazu bringen könnte, meine humanistischen und freiheitlichen Grundsätze zu verraten, Menschen in Not die Hilfe zu verweigern, die wir uns noch lange leisten können.
Aber werde ich auch als Opfer islamistischer Gewalt noch genauso reden?
Möchte ich dann nicht ganz natürlich Rache?
Hoffe es nicht und bin davon überzeugt, dass sich Gewalt und Hass nur potenzieren, nichts einen blutigen Kampf wert ist. Wer in den Krieg zieht und Gewalt sät, muss sich nicht wundern, wenn sie zu ihm zurück kommt. Es lohnt sich nicht, meine Freiheit aufzugeben, um dafür keine Sicherheit zu bekommen, die es ohnehin nie gibt.
Was aber würde ich tun, wenn ein Islamist meine Tochter missbraucht und tötet, bin ich dann gelassen und lasse den Dingen ihren Lauf, weil das Gewaltmonopol beim Staat liegt und ich mich nicht mit so etwas beschäftigen will?
Auch das hoffe ich, denn was bliebe mir auch?
Aber, was weiß ich schon von mir in einer solchen Situation?
Freue ich mich darüber, dass ich nicht im Besitz von Waffen bin und unser Staat die Wahrung des Gewaltmonopols relativ ordentlich überwacht, mich auch an niederen Gefühlen so hindert, die all meiner Vernunft widersprechen.
Was kann ich also tun?
Nichts und warum sollte ich mich über nichts aufregen, es änderte ja eh nichts und also genieße ich das Leben lieber weiter frei und tolerant statt beschränkt und unfrei und vermeide Gewalt, wo ich kann, statt sie absurd zu rechtfertigen.
jens tuengerthal 30.7.2017
Während die Koalition gegen den Terror immer mehr Erfolge gegen den IS vermeldet, nimmt der Terror in den Ländern der Gegner der Islamisten zu. Zu allem entschlossene junge Männer richten mit einfachsten Mitteln Blutbäder an und schaffen ein Klima der Angst, im sonst von seinen Stellvertreterkriegen nie berührten Westen.
Mit der Angst steigt die Zustimmung für radikale Kräfte an den Rändern und so dreht sich die Spirale der Gewalt weiter, wie es in den USA gerade unter der Trump Administration sichtbar wird, die von einer Katastrophe in die andere stürzt und zugleich bemüht ist, die Angst hoch zu halten, um von ihren sachlichen falschen Maßnahmen abzulenken und eine beständige Unruhe zu schaffen, welche die Gewalt erzeugt, vor der sie zu schützen vorgibt und die Sicherheit über Freiheit stellt, die Bürgerrechte aushebelt.
Die Anzahl dieser Fanatiker ist in Europa noch geringer, auch wenn die Regierungen in Polen, Ungarn oder Bayern gerne mit der Angst spielen und Sicherheit versprechen, für die sie Freiheit rauben, ohne ihr Versprechen je einhalten zu können.
Ist die Angst für die Mehrheit und die Demokratie gefährlicher als es der Terror einer kleinen Gruppe von Fanatikern je sein kann?
Wenn mich einer der verrückten Attentäter trifft und mich oder meine Liebsten tötet, bin ich plötzlich betroffen und hätte mir mehr Sicherheit auch zum Preis von weniger Freiheit das Leben oder das Glück retten können, persönlich schlimmstes Unglück verhindert. Hätte ich da was dagegen?
Schaue ich mir aber die Wahrscheinlichkeit an, wirklich getroffen zu werden, steht das Risiko in keinem Verhältnis zur bereitwillig aufgegebenen Freiheit, von der ich aber nur so lange etwas habe, wie ich auch lebe oder tun kann, was ich möchte, ohne Angst zu haben.
Andererseits befinden wir uns im Krieg gegen eine Gruppe von Fanatikern, die mit Hilfe unserer Flugzeuge weggebombt werden sollen, auch wenn dies tausende Kilometer von hier geschehen soll. Die Menschen dort haben vielfach auch Angst, Opfer der Bomben oder Drohnen unserer Truppen zu werden, die sogar von hier gesteuert werden, etwa aus Rammstein.
Wer Gewalt sät, sollte sich nicht wundern, wenn sie zu ihm zurückkehrt. Unsere Regierungen sagen zwar einerseits, wir seien im Krieg gegen den Terror, verkünden aber andererseits, der Krieg werde dort unten geführt, im Zweistromland, nahe den Wurzeln der Kultur, nicht hier. Es seien nur verirrte Gewalttäter, die hier Terrorakte verübten und nicht Kämpfer einer anderen Armee. Täte sie dies nicht, müsste sie alle, die sie heute Terroristen nennt, feindliche Kombattanten nennen und falls sie ihrer Habhaft wird, diese wie Kriegsgefangene behandeln und nicht wie Verbrecher in ihrem Land, deren Rechte und Haftbedingungen durch die Benennung als Terroristen noch verschärft werden.
Der IS hat genau dies Verhalten angekündigt und verhält sich dementsprechend, es mangelt also nicht an einer Kriegserklärung. Ob der Kampf gegen Zivilisten je gerechtfertigt sein kann, wäre wohl der Diskussion wert, doch scheint fraglich inwieweit die USA und ihre Verbündeten dabei die Stimme erheben dürfen, die zahlreiche zivile Opfer in den arabischen Ländern gern als Kollateralschäden bezeichnet und also in Kauf nimmt.
Der Krieg, der nach den Terroranschlägen von Al Qaida gegen die USA 2001 begann, die eine Welle der Solidarität auslösten, ist ein neuer, weil er zunächst nicht gegen eine Regierung sondern gegen eine Terrorgruppe ging, auch wenn er eine Regierung vertrieb, weil die Taliban allen westlich denkenden Menschen schon lange ein Dorn im Auge gewesen waren, mit ihren mittelalterlichen Vorstellungen auch von den Rechten der Frau und ihrem Umgang mit nicht islamischer Kultur - nur für Buddha-Figuren schickt keiner Bomber, auch wenn sie in Felshöhlen als Weltkulturerbe stehen.
Wer einen Krieg gegen keinen Staat beginnt sondern eine Ideologie, den fanatischen Islamismus, bekämpft, wird keinen Sieg in einer Feldschlacht erringen können, weil gegen den Glauben keine Bomben helfen, die radikale Überzeugungen eher verstärken, als auflösen.
Europa hat viel Erfahrung mit internen Glaubenskämpfen und auch wenn es dabei nur um Nuancen der Unterscheidung innerhalb der jüdischen Sekte Christentum ging, kannte die Gewalt infolge keine Grenzen und die Erregung über das, was in der islamischen Welt geschieht, scheint angesichts dessen verlogen.
Betrachten wir das Alter der anderen jüdischen Sekte, des Islam, der erst etwa 600 Jahre nach dem Christentum entstand und versetzen wir unsere Kultur 600 Jahre zurück, landen wir in der Renaissance und der Zeit der Glaubenskriege. Wir wären zwar noch vor der Reformation gerade, also auch den Hugenottenkriegen, die Frankreich lange zerrissen, bis die große Toleranz eines Henry IV. das Land wieder einen konnte und noch 200 Jahre vor dem 30jährigen Krieg, der Deutschland aus denselben Gründen über diesen Zeitraum hinweg verwüstete und zerstörte, dem verglichen die Gefechte des IS gerade noch wie Peanuts wirken. Auch vor der Wiedereroberung Prags nach dem Aufstand der dort Reformierten durch die Habsburger, nach der sie die Köpfe der Gläubigen am Stadttor aufhängen ließen, im vermeintlich zivilisierten 17. Jahrhundert und lange dort zur Abschreckung hängen ließen, was dem Handeln des IS irgendwie ähnelte.
Es gab in unserer Kultur damals die Diskussion um mehr Toleranz im Miteinander, für die große Denker der Renaissance wie Erasmus von Rotterdam standen, und es gab den religiösen Fanatismus, der immer wieder den Konflikt suchte. Die geschlossene Glaubenswelt des Mittelalters brach auf und ein neues, freieres Denken breitete sich aus, das Bezug auf die Antike nahm, die schon gewagt hatte die Existenz von Göttern infrage zu stellen, wie es Epikur und Lukrez taten, die um diese Zeit wiederentdeckt wurden.
In diese Zeit fällt ja auch der Untergang von Byzanz, das damals längst Konstantinopel hieß nach Kaiser Konstantin dem Großen, infolge der Eroberung durch die Mauren, die lange schon ihr Reich weiter gen Norden mit Gewalt ausgedehnt hatten. Sie sollten den christlichen Reichen, die sich für Weltreiche hielten oder es real waren, gefährlich nah kommen, wie das Haus Habsburg unter Karl V oder nach ihm zumindest über die Verbindung der spanischen und österreichischen Erzherzogslinien, welche die meisten Kaiser im religiös umkämpften Heiligen Römischen Reich stellten, das sich ab da irgendwann auch noch Deutscher Nationen nannte und in der Nachfolge des von der Renaissance umschwärmten antiken römischen Reiches stand.
Die Türken kamen bis vor Wien, wo sie dann eine Koalition der mutigen unter den Ängstlichen letztlich schlug, wie es einst angeblich Karl Martell, der Großvater Karls des Großen nur etwa 800 Jahre früher im Süden Frankreichs tat, auch wenn bis heute unklar ist, ob die Mauren wirklich weiter nach Norden wollten oder die Koalition der Willigen unter Karl nicht nur einen bereits auf dem Rückzug befindlichen reinen Expeditionskorp schlug, der weder Europa bedrohte, noch jene sagenhafte Geschichte vom Abendland als Verteidigerin der Zivilisation begründen könnte, die ihn immer noch umgibt.
Vielleicht sind diese Geschichten ähnlich sagenhaft wie die österreichischen Erzherzöge und haben es nur geschafft eine Kultur jahrhundertelang in der Angst vor der muslimischen Gewalt zu fesseln, auch wenn das maurische Spanien eine wesentlich reichere und vielfältigere Kultur zu bieten hatte, als das von Ferdinand und Isabella, auch um die Zeit der Entdeckung Amerikas, zurückeroberte Spanien die nächsten Jahrhunderte zeigen sollte. Dem verglichen war die maurische Kultur ein Hort der Toleranz und des gepflegten miteinander gewesen.
Die auf gefälschten Urkunden basierende Herrschaft des Geschlechts von der Schweizer Habichtsburg, wo das Haus Habsburg ursprünglich her kam, was sich vom Papst den Besitz des amerikanischen Kontinents versprechen ließ, auch wenn sie nur nach einem Seeweg nach Indien gesucht hatten und in ihrer Gier nach Macht und Gold ganze Kulturen ausrotten ließen, ist eine der wichtigsten Säulen des christlichen Abendlandes, auf das sich heute manche der Ängstlichen wieder berufen.
Warum sich solche Sklavenhalter, Ausbeuter und Schacherer um die Macht - wie teuer erkaufte sich mit dem südamerikanischen Gold noch Karl V. seine Kaiserkrone von den Kurfürsten und machte die Fugger reich und mächtig - als Vorbild für unsere Kultur wählen, wenn es diesen doch offensichtlich allein um persönliche Interessen ging, die sie egoistisch verfolgten, auch wenn sie diese gern unter dem Mantel der christlichen Überzeugung versteckten, sich als Orden ein olles Schaffell in Gold umhängten und sich als Ritter vom goldenen Vlies dann als Retter des Abendlandes gerierten, was mehr auf Gier und Angst basierte?
Weiß es und verstehe es nicht - so bedeutend das Haus Habsburg in seiner Geschichte für Europa ist, so sehr hat es auch als Stimme Roms die Intoleranz gepredigt und anderes mehr - andererseits sehe ich auch, dass wer Europa und seine Länder verstehen will, hinter das Denken der Kulturen kommen will, in denen vielfach die Angst vor dem Fremden begründet liegt, nicht um diese Familie herumkommt, die international dachte, bevor die meisten Menschen wussten, was die Welt ist.
Habsburg führte lange die wichtigsten Kriege in Europa oder war an ihnen beteiligt und blieb, bis sie nach dem spanischen Erbfolgekrieg das Erbe Karls V. an die Bourbonen unter damals Ludwig XIV. verloren, die wichtigste Weltmacht, die auch die Bourbonen nicht ablösen oder erreichen konnten, weil Thron und Macht in Frankreich und Spanien getrennt blieben nach dem endlich Friedensschluss, für den vorher so viel Gewalt ausgeübt wurde.
In Frankreich folgten dann noch zwei Ludwige, bis in der Regentschaft des XVI. die Revolution mit aller Gewalt ausbrach und diesen Ehemann der Tochter Maria Theresias einen Kopf kürzer machte. Seine Frau hieß Maria Antonie oder in Frankreich auch Marie Antoinette und ihre Ehe war das Produkt eines neuen Bündnisses, bei dem sich Maria Theresia mit dem Erzfeind Frankreich auf Betreiben der Pompadour hin, in der Absicht den Preußen Friedrich zu schlagen, wieder verbündet hatte und Schlesien so wenig wieder gewann wie Spanien, in dem heute noch oder wieder die Bourbonen ihre bloß repräsentative Krone tragen, während in Frankreich die V. Republik ein Teil der EU wie viele andere Teile des ehemals Heiligen Römischen Reich wurde, was auch Spanien nach Francos Tod wurde.
Als der Korse Bonaparte nach der Revolution den Bourbonen auf den Thron folgte und mit Gewalt sein europäisches Reich errichtete, wurde wieder eine Heirat mit den Erben Maria Theresias erzwungen, die keinen der beiden Teile wohl glücklich machte. Napoleon verbreitete viele gute Ideen der französischen Revolution in ganz Europa und auch im noch so katholisch geprägten Heiligen Römischen Reich, das er sich auflösen ließ, nachdem die Kirchengüter säkularisiert worden waren. Andererseits zwang er viele Menschen in seine Grande Armée und opferte sie auf dem aussichtslosen Russlandfeldzug oder in der Völkerschlacht, mit der sein Untergang begann, was das Bild der Reformen und der Republik für lange Zeit in Europa, besonders in Deutschland, wieder verdunkelte - die nationale Bewegung der Befreiung im Biedermaier enden ließ. Wenig später jubelten Deutsche dann einem Kaiser zu, der die französischen Nachbarn getrieben von seinem Kanzler Bismarck unter der Führung seines genialen Militärs Moltke zutiefst auch durch die Krönung im französischen Versailles nach dem Sieg im Krieg von 1870/71 erniedrigt hatte.
Der Enkel dieses ersten Wilhelm, der zweite Kaiser gleichen Namens, der auch der letzte deutsche Monarch blieb, fühlte sich auch dem geschlagenen Frankreich gegenüber noch erniedrigt, weil er keine der damals modischen Kolonien samt Einwohnern in Übersee besaß, auch vom Platz an der Sonne träumte und diesen notfalls mit Blut und Tränen erobern wollte. Er tat es relativ erfolglos, schickte das Genie Bismarck nach Hause, verkannte in allen wichtigen Fragen, was wirklich nötig gewesen wäre und wurde mit seinem Verhalten voller Komplexe und Verblendung zu einem der Mitauslöser der Gewaltkatastrophe des 1. Weltkrieges. Auch wenn dieser mit der Erschießung eines Habsburger Kronprinzen in Sarajevo begann, der wiederum trotz eigentlich bester Absichten zum Opfer der balkanischen Fanatiker wurde, die sich bis heute gern den Schädel einschlagen, wo immer wieder Gewalt herrscht.
Zwar war es tragisch, dass Franz Ferdinand als Sohn der legendären Magersüchtigen, genannt Kaiserin Sissi, so zum Opfer anderer Konflikte wurde, die er eigentlich konstruktiv lösen wollte, es mal wieder den Falschen traf, doch war das System in sich so verfault, dass sein völliger Zerfall nach vier Jahren Krieg niemand mehr wundern kann. Dies war das Ende des Hauses Habsburg als regierendes Haus und nun taucht der berühmte Name nur noch in Boulevardblättern gelegentlich auf, bleibt aber ansonsten ohne jede weitere Bedeutung. Auch wenn ein Prinz des Hauses Habsburg vor einigen Jahren die Berlinerin Tita Hardenberg heiratete und damit sich sogar die Nachfahrin eines der bekannteren preußischen Kanzler mit dem alten Haus vermählte, spielt diese private Verbindung meiner Freundin Tita für Europa oder sonst politisch keinerlei Rolle mehr, es ist völlig egal. So wenig wie der preußische Prinz Georg Friedrich noch irgendeine Rolle spielt, außer als nettes Gesicht bei Veranstaltungen zur preußischen Geschichte.
Die Gewalt der Geschichte hatt all diese alten Häuser schlicht hinweggefegt und Österreich und Deutschland sind zwar grenzenlos in der EU vereint, jedoch sich außer sprachlich nicht näher mehr als Frankreich und die Bundesrepublik, was auch an dem traurigen Intermezzo des österreichischen Fanatikers Hitler lag, dessen Gewaltherrschaft Millionen Tote in Europa hinterließ und dessen Genozid gegen die Juden alles bisherige übertraf, auch wenn einige seiner Täter noch von den Jungtürken und ihrem Verhalten gegenüber den Armeniern gelernt hatten. Auch Völkermord scheint lernbar und eine Frage der Ordnung zu sein, denn niemand organisierte ihn wieder so effektiv wie die Deutschen es zwischen 1933 und 1945 taten.
Der Österreicher Hitler, der aus Braunau kam ohne eine Aneignung dieser Provinz von den Bayern, die Friedrich noch in den Kartoffelkrieg trieb, wäre eigentlich Bayer gewesen, was aber auch in der Sache so wenig ändert wie am historischen Urteil über diesen Tyrannen.
Dass die Franzosen und Briten und auch viele Juden keine Angst mehr vor diesen fürchterlich effektiven Deutschen und ihrer Neigung zur Gewalt in effektivster Organisation haben, ist eines der großen Verdienste der Politiker des Nachkriegsdeutschland, die den doppelten Verlierer so überzeugend in einen höheren Kontext einbanden, der eben Angst nahm. Dazu gehören Adenauer und Kohl mit ihrer Europa und Versöhnungspolitik gegenüber Frankreich, mit dem wir einst noch einen Staat unter Karl dem Großen bildeten, bis das Erbe unter seinen Söhnen aufgeteilt wurde und andere Linien später folgten, die bei der Trennung blieben, die Grenzen nur noch mit Gewalt verschieben ließ, bis die EU sie im vorgeblich rein ökonomischen Interesse ganz nebenbei alle auflöste.
Grenzenlos gut ging es uns in diesem Europa, was wir einfach als normal nörgelnd hinnahmen, bis zu vielen Menschen aus dem Süden, die aufgrund unserer Stellvertreterkriege aus ihrer Heimat fliehen mussten, klar wurde, wie schön es hier ist, sogar wo weniger warm und was Sicherheit, Rechtsstaat und Freiheit wert sind, sie ihr Leben und ihr Vermögen für eine Zukunft im Norden riskieren ließ, um der Gewalt in ihrer Heimat zu entfliehen. Auf einmal kam wieder das Gespräch auf geschlossene Grenzen und Mauern, die Einwanderer abhalten sollten von ihrem Weg ins gelobte Land.
Die Bewohner Europas bekamen teilweise Angst, die Fremden könnten ihnen mit Gewalt ihre Freiheit rauben oder noch schlimmer ihren Wohlstand und damit das ruhige Leben inmitten ihrer Habseligkeiten tangieren.
Als Habenichts tangiert mich diese Furcht nicht sonderlich. Der Epikuräer in mir fürchtete den Tod weniger als ein Leben in Unfreiheit, das sich der Sklaverei der Vorurteile unterwirft. So scheint mir persönlich die Gefahr der Angst größer als der Gewinn an Sicherheit, den Vorsicht je bringen kann.
Wie alle Experten einig feststellten, lassen sich Attentate wie in Hamburg, Berlin, London, Paris, um nicht noch Bagdad, Kabul und Istanbul zu nennen, nicht vermeiden noch gibt es je Sicherheit davor. Solange wir Krieg gegen den IS führen, werden Fanatiker, auch wenn sie sich nur ganz privat solidarisieren wieder und wieder zuschlagen. Gemessen an der Zahl der Toten im arabischen Raum, die in die Millionen geht, sind die wenigen hier kaum der Worte wert, denke ich und frage mich, warum Angst mich dazu bringen könnte, meine humanistischen und freiheitlichen Grundsätze zu verraten, Menschen in Not die Hilfe zu verweigern, die wir uns noch lange leisten können.
Aber werde ich auch als Opfer islamistischer Gewalt noch genauso reden?
Möchte ich dann nicht ganz natürlich Rache?
Hoffe es nicht und bin davon überzeugt, dass sich Gewalt und Hass nur potenzieren, nichts einen blutigen Kampf wert ist. Wer in den Krieg zieht und Gewalt sät, muss sich nicht wundern, wenn sie zu ihm zurück kommt. Es lohnt sich nicht, meine Freiheit aufzugeben, um dafür keine Sicherheit zu bekommen, die es ohnehin nie gibt.
Was aber würde ich tun, wenn ein Islamist meine Tochter missbraucht und tötet, bin ich dann gelassen und lasse den Dingen ihren Lauf, weil das Gewaltmonopol beim Staat liegt und ich mich nicht mit so etwas beschäftigen will?
Auch das hoffe ich, denn was bliebe mir auch?
Aber, was weiß ich schon von mir in einer solchen Situation?
Freue ich mich darüber, dass ich nicht im Besitz von Waffen bin und unser Staat die Wahrung des Gewaltmonopols relativ ordentlich überwacht, mich auch an niederen Gefühlen so hindert, die all meiner Vernunft widersprechen.
Was kann ich also tun?
Nichts und warum sollte ich mich über nichts aufregen, es änderte ja eh nichts und also genieße ich das Leben lieber weiter frei und tolerant statt beschränkt und unfrei und vermeide Gewalt, wo ich kann, statt sie absurd zu rechtfertigen.
jens tuengerthal 30.7.2017
Samstag, 29. Juli 2017
Geldwelt
Was das Geld der Welt ist, ob diese käuflich oder nie zu haben sein wird.
Geld ist eine Hure, die niemals schläft. Sie liegt nachts im Bett mit dir, sieht dich an, ein Auge immer offen. Und sie ist eifersüchtig, wenn du nicht sehr, sehr gut auf sie achtest, wirst du eines Morgens aufwachen und sie ist für immer weg.
Gordon Gekko in dem Film Wallstreet
Geld bewegt die Welt, heute wie zu allen Zeiten, seit Menschen mit ihm handeln und an ihm verdienen. Die Klagen darüber gleichen sich durch die Jahrhunderte und wenn es auch dauerte, bis die Menschheit die Mechanismen der Inflation wissenschaftlich begriff, zeigte sich deren Wirkung doch schon früh und sind die Katastrophen damit so zahlreich, wie die Versuche die nüchternen Zahlen auszutricksen, um die es eigentlich nur geht.
Die Chinesen hatten nach der Einführung des Papiergeldes die erste Hyperinflation und die Versuche Friedrichs des Großen, den Wert des Geldes bei seiner Herstellung zu verringern, um seine zu teuren und zu langen Kriege zu finanzieren, gingen so schief wie alle Betrugsversuche irgendwann an der Macht des Marktes scheiterten.
Ein Karl V. musste für die Kredite, die er unter anderem von den Fuggern erhielt, die den für seine Kaiserwahl nötigen Betrag an Bestechungsgeldern der Kurfürsten vorstreckten, sein ganzes Gold und Silber aus den neuen spanischen Kolonien aufwenden, die noch seine Großeltern Ferdinand und Isabella zu erobern begannen, als sie die Reise des Genuesers Christoph Kolumbus finanzierten.
Der spanische Reichtum und die Stärke der neuen Weltmacht war ohne ökonomische Basis durch bloßen Diebstahl in den Kolonien entstanden und verschwand so schnell wieder wie er aufgeblüht war. Schon Karls Sohn Philipp II., der versuchte Elisabeth I. zu heiraten, nachdem seine erste Gattin, Elisabeths Schwester, die blutige oder katholische Maria von England, verstorben war und er sich weiter den ständigen Angriffen von Elisabeths Piraten wie Sir Francis Drake ausgesetzt sah, die spanische Schiffe überfielen und ausraubten, so dass er sich zum Großangriff mit der gesamten gefürchteten spanischen Armada gegen England unter Elisabeth I. genötigt sah, wobei er den größten Teil durch ungünstige Witterung und falsche Taktik verlor, musste für sein Land Konkurs anmelden, konnte seine Gläubiger nicht mehr bedienen und wurde noch katholischer.
In die Zeit Karls V. fiel die Reformation in Deutschland, die sich im folgenden in Europa mehr oder weniger erfolgreich ausbreitete, sogar wenn noch sein Großvater Maximilian, der letzte Ritter, als damals Kaiser, das erste mal mit Luther auf dem Reichstag verhandelte. Auch Luther ging es ums Geld, er störte sich am päpstlichen Ablasshandel, bei dem das Seelenheil mit Geld erkauft werden konnte, das Ablassprediger wie Tetzel, die durch die Länder wanderten, eintrieb.
Luther hatte wie viele Reformatoren etwas gegen den Geldhandel und nannte die Zinsen unchristlich, wenn sie nur einen Cent über der entliehenen Summe lägen, wetterte gegen die Fugger und andere Kaufleute, war bekannt für seinen Hass auf die Juden, der auch immer wieder mit deren finanziellen Erfolg von ihm thematisiert wurde, zu dem sie die Christen mit ihren Berufsverboten gedrängt hatten, um sich dann mit Verschwörungstheorien darüber zu beschweren, dass die Juden nur mit Geld wuchernd arbeiteteten.
Den Doktor Lügner nannte Luther seines Bündnisses mit den Fürsten wegen der soziale Revolutionär unter den Reformatoren Thomas Müntzer, gegen dessen aufständische Bauern und Handwerker der Doktor Martin den Fürsten eine harte Hand mit aller Brutalität empfahl, um das Unkraut an der Wurzel auszurotten, das die alte Wurzel infrage stellte. Sie beschimpften sich in heftigster Art und Weise und für Müntzer ging das Abenteuer des Umsturzes gegen Kirche und Adel tödlich aus, weil er sich wider die natürliche Ordnung erhob, wie Luther schimpfte, und doch waren sie sich völlig einig, was die Beruteilung von Geld- und Zinswesen betraf.
Es zieht sich diese sehr moralische Sicht auf den Geldverleih von der Antike bis in die Gegenwart und viel am G20 Protest und seinen brutalen Folgen ist von diesen Vorurteilen getrieben. Wer den linken Hass auf alle Bänker mitbekommt, in dem sich sogar radikale Linke und Rechte relativ einig sind, was auch den Erfolg Hitlers vormals begründete, dieses österreichisch peinlichsteen Ausrutschers in der deutschen Kulturgeschichte.
Das Geld wird mystifiziert und zum Inbegriff des Bösen gemacht, auch wenn es jeder gebraucht, träumen viele von denen, die auf der einen Seite ihre finanzielle Zukunft durch gute Anlagen absichern, von einer Welt ohne Kapitalismus. Das Grundeinkommen wird hier so diskutiert, als sei es die Heilslehre der Zukunft, hinge am Einkommen ohne Leistung die Zukunft der Gesellschaft wie der Erhalt der Kultur. Auch wenn manches dafür spricht, dass eine Bürgerversicherung und ein Grundeinkommen gerade viele Künstler und kulturschaffende Menschen begünstigte, der Autor der Zeilen, wüsste ein Lied davon zu singen, ist doch nicht zu sehen, warum Leistung ohne Gegenleistung der Natur des Menschen entsprechen würde und der Gesellschaft notwendig gut täte.
Die marxschen Ideen zum Geld und dem bösen Kapitalismus haben sich verselbständigt und begonnen ein Eigenleben zu führen, in dem Revolution und Diktatur der Proleten als schick gilt, auch wenn im Regime des real existierenden Spießertums der DDR und nach dem ökonomischen Zusammenbruch des Ostblocks mit seiner völlig untauglichen Planwirtschaft, eigentlich zu deutlich geworden war, wohin der Sozialismus führte und der Natur nach führen musste, laberten im Rahmen der G20 Proteste noch einige Mitglieder des Schwarzen Blocks vom Vorbild Mao und seines gesellschaftlichen Systems, ohne ein Wort über die Millionen Toten zu verlieren, die Menschenversuche unter dem Banner der marxschen Ideen kosteten und das Schwarzbuch des Sozialismus ist wesentlich dicker noch als jenes des Faschismus, was von den sich für gut und sozial haltenden Anhängern dieser Sekte gern verleugnet wird.
Eine völlig irreale Verkehrung der Besitzverhältnisse, die immer lebensuntaugliche Planwirtschhaft und der verrückten Ideen mehr, werden für gut befunden, da sie ja angeblich einem hehren Zweck dienen sollen und die zahlreichen Opfer und verschwendeten Milliarden, die dieser Kampf der Systeme forderte, wurden gerne hingenommen, wenn es nur dem Sozialismus diente und den bösen Kapitalismus bekämpfte.
Innerhalb der Sekte der links Gläubigen gibt es eine hohe Uniformität - so sind ihre Mitglieder relativ geschlossen gegen den mörderischen Kapitalismus und tragen dennoch gern Markenkleidung, die aber dezent dann versteckt wird, was als schick gilt und wer möchte nicht gut aussehen, um erfolgreich zu sein?
Auch sozialistische Träumer haben die Marktplätze auf denen sie glänzen möchten und sich profilieren wollen. Der bis zum staatlichen Doping gehende Ehrgeiz sozialistischer Staaten ihre Erfolge etwa bei olympischen Spielen zu präsentieren, zeugt nicht von der bürgernähe oder Menschlichkeit dieser Systeme, sondern im Gegenteil von der Sucht nach Profilierung, die typisch für Diktaturen ist, wie sie der Sozialismus systemimmanent schon ist. Die gewollte Diktatur des Proletariats ist eben eine der Proleten gewesen und brachte vielfach in ästhetischer Hinsicht eine dem Faschismus konforme Schlichtheit hervor, die alles ihrem Ziel unterordnete und darum so sektenartig ist wie die mittelalterliche Kunst oder wie es am Umgang des IS in heutigen Tagen mit nicht ihrer Lesart entsprechenden Auslegungen der jüdischen Sekte Islam konformer Kultur zu erkennen ist.
Der Markt ist eine Forum des Austausches, an dem jeder seine Ideen und seine Erfolge verkaufen möchte. Alles hat seinen Markt, auch linke Ideen und so verhalten sich die Gegner des Kapitalismus genau wie ihre Feinde und betreiben Marketing für ihre Ideen, die sie für attraktiver halten und menschlicher, auch wenn sie sich von der Natur des Menschen her, die nach persönlichem Erfolg immer strebt, natürlich nicht anders ist als der bekämpfte Kapitalismus.
Es braucht jedes System seine Kontrolle und seine Korrekturen, weil sich sonst das Prinzip der persönlichen Bereicherung durchsetzt. Die Demokratie sieht so etwas intern vor und garantiert darum die Meinungsfreiheit und lässt den freien Kampf der Überzeugungen auf deren Markt vor und schreitet nur ein, wenn Fanatiker das System an sich gefährden, wobei schon das wann hier umstritten ist.
So verhält sich die Demokratie wie ein Markt und wendet dessen Spielregeln intern an und alle, die versuchen durch hehre Versprechen, mehr zu erreichen - wie etwa gerade der sozialdemokratische Spitzenkandidat Schulz mit seinem Gerede über mehr Gerechtigkeit - gefährden das freie Spiel der Kräfte. Dabei ist Schulz relativ unschädlich, weil sich immer mehr zeigt, wie wenig Menschen auf solche Versprechen hereinfallen. Er hat den freien Markt relativ gut akzeptiert und schickt nur einige Luftblasen auf den Weg, die das freie Spiel der Kräfte nicht zu sehr gefährden, allein seine Hilflosigkeit offenbaren.
Gefährlicher sind da jene Kräfte am linken oder rechten Rand, die das System grundsätzlich infrage stellen und damit die Freiheit, die seine Bedingung ist. Ob Linke von der Enteignung der Reichen träumen oder Rechte von der Ausweisung aller Ausländer und so mit Neid und Missgunst Stimmen gewinnen wollen, ist kein wirklicher Unterschied - beide verkünden wie andere Glaubensgemeinschaften höhere Wahrheiten, für die sie auch die Freiheit wie das freie Spiel der Kräfte im Grundsatz infrage stellen.
Diese Glaubensgemeinschaften am linken und rechten Rand haben mit den Feinden des Geldes gemeinsam, dass ihnen ihre Überzeugung mehr wert ist als das Prinzip der Toleranz, das ein gedeihliches Miteinander erst ermöglicht. Eine gewisse Toleranz gegenüber dem Wort Sozialismus, das auch vielen Sozialdemokraten noch normal und gut scheint, weil sie sich vormachen, wenn sie diesen mit demokratischen Mitteln erreichen wollten, sei es nicht schädlich, hat zu einer gefährlichen Verharmlosung und einer Aufweichung des Begriffes der Freiheit geführt, die dem vermeintlich höheren Ziel der Gerechtigkeit untergeordnet wird.
Ist es gerecht, dass einige Menschen viel, andere wenig, manche sogar gar kein Geld haben?
Vielleicht ist es ungerecht, sicher zumindest ist es ungleich verteilt. Die Frage ist nur, warum es eine gerechte Verteilung braucht und wer darüber entscheiden dürfte, was richtig ist, wann es nicht mehr geht.
Geld ist erstmal nur das Versprechen derjenigen, die das Geld verwalten oder herausgeben, für einen vorgegebenen Wert einstehen zu wollen. Mehr nicht. Es hat keinen Wert an sich, steht für keine Ideologie, sondern ist ein Mittel zum Zweck. Betrachten wir es so nüchtern werden viele ideologische Kämpfe entbehrlich und es könnte mehr um die Sache gehen.
Ob es sinnvoll wäre, eine Währung weltweit einzuführen, um die Spekulationen mit und vor allem gegen Währungen unmöglich zu machen, wäre sicher der Diskussion wert und wird in der globalen Welt viel nötiger denn je. Wie dies funktionieren soll ohne eine gemeinsame Finanzpolitik, die schon den Ländern Europas schwer fällt, scheint dagegen fraglich und relativiert manche Vorteile dieser eigentlich guten Idee. Eine Art davon ist schon mit den Bitcoins entstanden, die aber selbst noch Gegenstand wilder Spekulationen und Risiken sind.
Ob alle Staaten wie Deutschland unter Merkel und Schäuble nach der Art der schwäbischen Hausfrau haushalten sollten, die größten Wert darauf legen, Schulden zu vermeiden und abzubauen, ist eine Frage, über die bisher schwer Einigkeit zu erzielen wäre, der viele vor allem ideologische Bedenken entgegenstünden. Wie habe ich noch über Merkel und ihre kurzsichtige Griechenland Politik geschimpft und muss nun erkennen, nachdem Griechenland an den Kapitalmarkt zurückkehrte und im Euro wie auch sonst der EU bleiben konnte, wie weitsichtig und klug die auf Sparsamkeit bestehende Politik doch war.
Das linke ideologische Lager sieht das natürlicherweise grundsätzlich anders, ohne dabei um ökonomische Begründungen verlegen zu sein, die einen Interventionismus des Staates gutheißen.
Wohin Krisen um das Geld führen, hatte die Generation meiner Großeltern auch in Deutschland noch in guter Erinnerung, als die Hyperinflation infolge der Weltwirtschaftskrise und der finanziell angespannten Lage in der Weimarer Republik auch aufgrund der hohen Reparationen, die nach dem Versailler Vertrag fällig wurden, zu einer dauerhaften Krise führten, die Menschen, das stundenweise abgewertete Geld in Schubkarren zum Laden fuhren, um noch irgendwas dafür kaufen zu können.
Habe selbst noch einzelne Millionen und später auf Milliarden überstempelte Geldscheine aus dieser Zeit, die alle Menschen zu Milliardären machte, ohne dass sie irgendwas davon hatten, als die Sorge morgen wären auch diese Unsummen nichts mehr wert.
Die EU hat mit dem Euro und seinen Stabilitätskriterien einen riesigen auch ökonomisch höchst bedeutenden, einheitlichen Währungsraum geschaffen, der allen Mitgliedstaaten eine relativ hohe Stabilität garantiert, die sich allerdings, wie im Fall Griechenland sichtbar wurde, auch schnell wieder relativierte und hohe Zahlungen aller zum Erhalt der Stabilität erforderte.
Es ist nicht so einfach mit dem Geld und vor allem scheint es immer wieder schwierig, sich darüber zu einigen, wie bei Scheidungen typischerweise das Geld den größten Streitpunkt darstellt, ob nun im Privaten zwischen zwei Menschen, die sich einmal liebten oder auch im öffentlichen Bereich, wie wir es gerade bei der Trennung Großbritanniens von der EU nach der verunglückten Volksabstimmung sehen müssen. Noch ist in diesem Fall unklar wie und ob sich beide Parteien einigen werden obwohl die Briten nicht mal Mitglied im Euroraum sind.
Es ist verpönt, sich unter Freunden, Geld zu leihen, auch wenn es doch da entspannt gesehen werden sollte, doch weisen in der Praxis immer wieder viele Beispiele daraufhin, wie früher enge Bande infolge von Streitigkeiten über das liebe Geld zerbrachen. Auch das Verhältnis von Griechenland und Deutschland war einige Zeit sehr angespannt, da Deutschland einer der größten Gläubiger Griechenlands war, die sich von Geld, das sie nicht hatten, in großem Maße auch deutsche Rüstungsgüter für ihre viel zu große Armee kauften und die Bundesrepublik verdiente gut an den Zinsen der Kredite wie an den Geschäften ihrer Unternehmen, während der griechische Staat auch die Grundversorgung seiner Bürger mit sozialen Leistungen nicht mehr gewährleisten konnte, um die Kosten für das geliehene Geld aufzubringen.
Wie immer fließen bei solchen Fällen noch viele komplizierte Dinge mit ein, die ein schnelles Urteil verbieten, auch wenn die Griechen in der Zeit der Krise eine linkspopulistische Partei als Regierung wählten, die viel versprachen und dann doch den Kurs der Geldgeber nach langem Widerstand einschlagen mussten, änderte sich nichts, weil ohne Geld eben nichts geht.
Die Welt wird von Regierungen regiert, die aber nur arbeiten können, wenn sie Geld haben und sonst schlicht den Befehlen ihrer Geldgeber folgen müssen. Die große Freiheit scheint eine im Schatten des Geldes zu sein, doch wer dies beklagt, sollte auch erklären können, wie er gute soziale Ideen wie Bürgergeld, Krankenversicherung oder Rente finanzieren will.
Es ist also schon alles eine Frage des Geldes, was fragwürdig erscheint und alle politischen Ideen immer im Schatten der Kosten relativiert, konsequent die Bankiers zu den geheimen Herren der Welt macht, was Demokraten nicht gefallen kann. Andererseits fragt sich, was die Alternative wäre, ob weniger ökonomische Freiheit nicht auch weniger Freiheit überhaupt wäre und welcher Plan dann der Richtige wäre, wenn wir so frei wie nur möglich miteinander leben wollen, wenn wirklich alles eine Geldfrage ist und dieses de facto so ungleich verteilt ist, diejenigen, die das Geld verwalten über den Wert entscheiden, ein Broker das Vielfache einer Krankenschwester oder Kindergärtnerin verdient.
Sich frei davon machen, keine Konsumbedürfnisse mehr zu haben, sagt sich leicht und lebt sich doch im Alltag schwer. Fraglich wäre, wie wir aus dem weniger mehr machen können, es als Glück empfinden können, nichts zu haben oder immer weniger zu brauchen, nicht Teil einer Welt werden, die nur vom Konsum lebt. Denke es und schreibe es auf meinem Rechner, der in einem W-Lan Netzwerk hängt, um es später in meinem Blog zu veröffentlichen und auch wenn ich persönlich daran nichts verdienen sollte, nur eine geistige Anregung gebe, werden es andere und ich muss mich fragen lassen, warum ich die fast 1 Million Klicks in meinem Block nicht vernünftig vermarkte, sondern mich immer wieder dem Markt verweigere.
Es ist gut, wenn Arbeit einen Wert hat und wir davon leben können, lernen wir früh - doch ist es wirklich gut, sich in dieses System einzufügen oder wäre es viel besser, alles anders zu machen und wo könnten wir dies, konsequent zu Ende gedacht, wirklich leben?
Weiß keine Antwort, finde es fragwürdig, wie abhängig wir vom Geld geworden sind, doch weiß ich keine Alternative, um in einer komplexen arbeitsteiligen Gesellschaft miteinander zu leben, ohne sich zu strenge Vorschriften zu machen. Vielleicht kommt noch jemand auf den Plan, mit dem allem Menschen einverstanden wären, der sich also demokratisch durchsetzte, aber ich habe da, zugegeben, bisher gewisse Zweifel, würde es aber sehr begrüßen, wenn ökonomisch gebildetere Menschen ein Modell fänden, dass die Freiheit wahrt und zugleich die Interessen jedes Einzelnen berücksichtigt und ihm die Möglichkeit gibt, sich nach seinen Fähigkeiten zu entfalten. Falls all dies möglich wäre, könnte es auch schön sein, sich noch über mehr Gerechtigkeit Gedanken zu machen, wie es die alte Tante SPD sich gerade mit ihrem peinlichen Kandidaten auf die Fahne schrieb - doch bis dahin sollten wir lieber danach streben, die Freiheit zu wahren und jedem mehr Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung zu geben, da es ohnehin genug an Beschränkungen staatlicherseits gibt, wenn so viele Menschen zusammenleben, dass mir die Verteidigung der Freiheit, die wir aus Angst und nur zur Sicherheit gerade genug beschränken, wesentlich wichtiger erscheint und dann müssen wir eben mit dem Geld leben und sollten es nicht als das Ding an sich betrachten, sondern unsere Moral davon unabhängig machen, damit es Mittel zum Zweck jenseits aller Ideologie bleibt.
jens tuengerthal 29.7.2017
Geld ist eine Hure, die niemals schläft. Sie liegt nachts im Bett mit dir, sieht dich an, ein Auge immer offen. Und sie ist eifersüchtig, wenn du nicht sehr, sehr gut auf sie achtest, wirst du eines Morgens aufwachen und sie ist für immer weg.
Gordon Gekko in dem Film Wallstreet
Geld bewegt die Welt, heute wie zu allen Zeiten, seit Menschen mit ihm handeln und an ihm verdienen. Die Klagen darüber gleichen sich durch die Jahrhunderte und wenn es auch dauerte, bis die Menschheit die Mechanismen der Inflation wissenschaftlich begriff, zeigte sich deren Wirkung doch schon früh und sind die Katastrophen damit so zahlreich, wie die Versuche die nüchternen Zahlen auszutricksen, um die es eigentlich nur geht.
Die Chinesen hatten nach der Einführung des Papiergeldes die erste Hyperinflation und die Versuche Friedrichs des Großen, den Wert des Geldes bei seiner Herstellung zu verringern, um seine zu teuren und zu langen Kriege zu finanzieren, gingen so schief wie alle Betrugsversuche irgendwann an der Macht des Marktes scheiterten.
Ein Karl V. musste für die Kredite, die er unter anderem von den Fuggern erhielt, die den für seine Kaiserwahl nötigen Betrag an Bestechungsgeldern der Kurfürsten vorstreckten, sein ganzes Gold und Silber aus den neuen spanischen Kolonien aufwenden, die noch seine Großeltern Ferdinand und Isabella zu erobern begannen, als sie die Reise des Genuesers Christoph Kolumbus finanzierten.
Der spanische Reichtum und die Stärke der neuen Weltmacht war ohne ökonomische Basis durch bloßen Diebstahl in den Kolonien entstanden und verschwand so schnell wieder wie er aufgeblüht war. Schon Karls Sohn Philipp II., der versuchte Elisabeth I. zu heiraten, nachdem seine erste Gattin, Elisabeths Schwester, die blutige oder katholische Maria von England, verstorben war und er sich weiter den ständigen Angriffen von Elisabeths Piraten wie Sir Francis Drake ausgesetzt sah, die spanische Schiffe überfielen und ausraubten, so dass er sich zum Großangriff mit der gesamten gefürchteten spanischen Armada gegen England unter Elisabeth I. genötigt sah, wobei er den größten Teil durch ungünstige Witterung und falsche Taktik verlor, musste für sein Land Konkurs anmelden, konnte seine Gläubiger nicht mehr bedienen und wurde noch katholischer.
In die Zeit Karls V. fiel die Reformation in Deutschland, die sich im folgenden in Europa mehr oder weniger erfolgreich ausbreitete, sogar wenn noch sein Großvater Maximilian, der letzte Ritter, als damals Kaiser, das erste mal mit Luther auf dem Reichstag verhandelte. Auch Luther ging es ums Geld, er störte sich am päpstlichen Ablasshandel, bei dem das Seelenheil mit Geld erkauft werden konnte, das Ablassprediger wie Tetzel, die durch die Länder wanderten, eintrieb.
Luther hatte wie viele Reformatoren etwas gegen den Geldhandel und nannte die Zinsen unchristlich, wenn sie nur einen Cent über der entliehenen Summe lägen, wetterte gegen die Fugger und andere Kaufleute, war bekannt für seinen Hass auf die Juden, der auch immer wieder mit deren finanziellen Erfolg von ihm thematisiert wurde, zu dem sie die Christen mit ihren Berufsverboten gedrängt hatten, um sich dann mit Verschwörungstheorien darüber zu beschweren, dass die Juden nur mit Geld wuchernd arbeiteteten.
Den Doktor Lügner nannte Luther seines Bündnisses mit den Fürsten wegen der soziale Revolutionär unter den Reformatoren Thomas Müntzer, gegen dessen aufständische Bauern und Handwerker der Doktor Martin den Fürsten eine harte Hand mit aller Brutalität empfahl, um das Unkraut an der Wurzel auszurotten, das die alte Wurzel infrage stellte. Sie beschimpften sich in heftigster Art und Weise und für Müntzer ging das Abenteuer des Umsturzes gegen Kirche und Adel tödlich aus, weil er sich wider die natürliche Ordnung erhob, wie Luther schimpfte, und doch waren sie sich völlig einig, was die Beruteilung von Geld- und Zinswesen betraf.
Es zieht sich diese sehr moralische Sicht auf den Geldverleih von der Antike bis in die Gegenwart und viel am G20 Protest und seinen brutalen Folgen ist von diesen Vorurteilen getrieben. Wer den linken Hass auf alle Bänker mitbekommt, in dem sich sogar radikale Linke und Rechte relativ einig sind, was auch den Erfolg Hitlers vormals begründete, dieses österreichisch peinlichsteen Ausrutschers in der deutschen Kulturgeschichte.
Das Geld wird mystifiziert und zum Inbegriff des Bösen gemacht, auch wenn es jeder gebraucht, träumen viele von denen, die auf der einen Seite ihre finanzielle Zukunft durch gute Anlagen absichern, von einer Welt ohne Kapitalismus. Das Grundeinkommen wird hier so diskutiert, als sei es die Heilslehre der Zukunft, hinge am Einkommen ohne Leistung die Zukunft der Gesellschaft wie der Erhalt der Kultur. Auch wenn manches dafür spricht, dass eine Bürgerversicherung und ein Grundeinkommen gerade viele Künstler und kulturschaffende Menschen begünstigte, der Autor der Zeilen, wüsste ein Lied davon zu singen, ist doch nicht zu sehen, warum Leistung ohne Gegenleistung der Natur des Menschen entsprechen würde und der Gesellschaft notwendig gut täte.
Die marxschen Ideen zum Geld und dem bösen Kapitalismus haben sich verselbständigt und begonnen ein Eigenleben zu führen, in dem Revolution und Diktatur der Proleten als schick gilt, auch wenn im Regime des real existierenden Spießertums der DDR und nach dem ökonomischen Zusammenbruch des Ostblocks mit seiner völlig untauglichen Planwirtschaft, eigentlich zu deutlich geworden war, wohin der Sozialismus führte und der Natur nach führen musste, laberten im Rahmen der G20 Proteste noch einige Mitglieder des Schwarzen Blocks vom Vorbild Mao und seines gesellschaftlichen Systems, ohne ein Wort über die Millionen Toten zu verlieren, die Menschenversuche unter dem Banner der marxschen Ideen kosteten und das Schwarzbuch des Sozialismus ist wesentlich dicker noch als jenes des Faschismus, was von den sich für gut und sozial haltenden Anhängern dieser Sekte gern verleugnet wird.
Eine völlig irreale Verkehrung der Besitzverhältnisse, die immer lebensuntaugliche Planwirtschhaft und der verrückten Ideen mehr, werden für gut befunden, da sie ja angeblich einem hehren Zweck dienen sollen und die zahlreichen Opfer und verschwendeten Milliarden, die dieser Kampf der Systeme forderte, wurden gerne hingenommen, wenn es nur dem Sozialismus diente und den bösen Kapitalismus bekämpfte.
Innerhalb der Sekte der links Gläubigen gibt es eine hohe Uniformität - so sind ihre Mitglieder relativ geschlossen gegen den mörderischen Kapitalismus und tragen dennoch gern Markenkleidung, die aber dezent dann versteckt wird, was als schick gilt und wer möchte nicht gut aussehen, um erfolgreich zu sein?
Auch sozialistische Träumer haben die Marktplätze auf denen sie glänzen möchten und sich profilieren wollen. Der bis zum staatlichen Doping gehende Ehrgeiz sozialistischer Staaten ihre Erfolge etwa bei olympischen Spielen zu präsentieren, zeugt nicht von der bürgernähe oder Menschlichkeit dieser Systeme, sondern im Gegenteil von der Sucht nach Profilierung, die typisch für Diktaturen ist, wie sie der Sozialismus systemimmanent schon ist. Die gewollte Diktatur des Proletariats ist eben eine der Proleten gewesen und brachte vielfach in ästhetischer Hinsicht eine dem Faschismus konforme Schlichtheit hervor, die alles ihrem Ziel unterordnete und darum so sektenartig ist wie die mittelalterliche Kunst oder wie es am Umgang des IS in heutigen Tagen mit nicht ihrer Lesart entsprechenden Auslegungen der jüdischen Sekte Islam konformer Kultur zu erkennen ist.
Der Markt ist eine Forum des Austausches, an dem jeder seine Ideen und seine Erfolge verkaufen möchte. Alles hat seinen Markt, auch linke Ideen und so verhalten sich die Gegner des Kapitalismus genau wie ihre Feinde und betreiben Marketing für ihre Ideen, die sie für attraktiver halten und menschlicher, auch wenn sie sich von der Natur des Menschen her, die nach persönlichem Erfolg immer strebt, natürlich nicht anders ist als der bekämpfte Kapitalismus.
Es braucht jedes System seine Kontrolle und seine Korrekturen, weil sich sonst das Prinzip der persönlichen Bereicherung durchsetzt. Die Demokratie sieht so etwas intern vor und garantiert darum die Meinungsfreiheit und lässt den freien Kampf der Überzeugungen auf deren Markt vor und schreitet nur ein, wenn Fanatiker das System an sich gefährden, wobei schon das wann hier umstritten ist.
So verhält sich die Demokratie wie ein Markt und wendet dessen Spielregeln intern an und alle, die versuchen durch hehre Versprechen, mehr zu erreichen - wie etwa gerade der sozialdemokratische Spitzenkandidat Schulz mit seinem Gerede über mehr Gerechtigkeit - gefährden das freie Spiel der Kräfte. Dabei ist Schulz relativ unschädlich, weil sich immer mehr zeigt, wie wenig Menschen auf solche Versprechen hereinfallen. Er hat den freien Markt relativ gut akzeptiert und schickt nur einige Luftblasen auf den Weg, die das freie Spiel der Kräfte nicht zu sehr gefährden, allein seine Hilflosigkeit offenbaren.
Gefährlicher sind da jene Kräfte am linken oder rechten Rand, die das System grundsätzlich infrage stellen und damit die Freiheit, die seine Bedingung ist. Ob Linke von der Enteignung der Reichen träumen oder Rechte von der Ausweisung aller Ausländer und so mit Neid und Missgunst Stimmen gewinnen wollen, ist kein wirklicher Unterschied - beide verkünden wie andere Glaubensgemeinschaften höhere Wahrheiten, für die sie auch die Freiheit wie das freie Spiel der Kräfte im Grundsatz infrage stellen.
Diese Glaubensgemeinschaften am linken und rechten Rand haben mit den Feinden des Geldes gemeinsam, dass ihnen ihre Überzeugung mehr wert ist als das Prinzip der Toleranz, das ein gedeihliches Miteinander erst ermöglicht. Eine gewisse Toleranz gegenüber dem Wort Sozialismus, das auch vielen Sozialdemokraten noch normal und gut scheint, weil sie sich vormachen, wenn sie diesen mit demokratischen Mitteln erreichen wollten, sei es nicht schädlich, hat zu einer gefährlichen Verharmlosung und einer Aufweichung des Begriffes der Freiheit geführt, die dem vermeintlich höheren Ziel der Gerechtigkeit untergeordnet wird.
Ist es gerecht, dass einige Menschen viel, andere wenig, manche sogar gar kein Geld haben?
Vielleicht ist es ungerecht, sicher zumindest ist es ungleich verteilt. Die Frage ist nur, warum es eine gerechte Verteilung braucht und wer darüber entscheiden dürfte, was richtig ist, wann es nicht mehr geht.
Geld ist erstmal nur das Versprechen derjenigen, die das Geld verwalten oder herausgeben, für einen vorgegebenen Wert einstehen zu wollen. Mehr nicht. Es hat keinen Wert an sich, steht für keine Ideologie, sondern ist ein Mittel zum Zweck. Betrachten wir es so nüchtern werden viele ideologische Kämpfe entbehrlich und es könnte mehr um die Sache gehen.
Ob es sinnvoll wäre, eine Währung weltweit einzuführen, um die Spekulationen mit und vor allem gegen Währungen unmöglich zu machen, wäre sicher der Diskussion wert und wird in der globalen Welt viel nötiger denn je. Wie dies funktionieren soll ohne eine gemeinsame Finanzpolitik, die schon den Ländern Europas schwer fällt, scheint dagegen fraglich und relativiert manche Vorteile dieser eigentlich guten Idee. Eine Art davon ist schon mit den Bitcoins entstanden, die aber selbst noch Gegenstand wilder Spekulationen und Risiken sind.
Ob alle Staaten wie Deutschland unter Merkel und Schäuble nach der Art der schwäbischen Hausfrau haushalten sollten, die größten Wert darauf legen, Schulden zu vermeiden und abzubauen, ist eine Frage, über die bisher schwer Einigkeit zu erzielen wäre, der viele vor allem ideologische Bedenken entgegenstünden. Wie habe ich noch über Merkel und ihre kurzsichtige Griechenland Politik geschimpft und muss nun erkennen, nachdem Griechenland an den Kapitalmarkt zurückkehrte und im Euro wie auch sonst der EU bleiben konnte, wie weitsichtig und klug die auf Sparsamkeit bestehende Politik doch war.
Das linke ideologische Lager sieht das natürlicherweise grundsätzlich anders, ohne dabei um ökonomische Begründungen verlegen zu sein, die einen Interventionismus des Staates gutheißen.
Wohin Krisen um das Geld führen, hatte die Generation meiner Großeltern auch in Deutschland noch in guter Erinnerung, als die Hyperinflation infolge der Weltwirtschaftskrise und der finanziell angespannten Lage in der Weimarer Republik auch aufgrund der hohen Reparationen, die nach dem Versailler Vertrag fällig wurden, zu einer dauerhaften Krise führten, die Menschen, das stundenweise abgewertete Geld in Schubkarren zum Laden fuhren, um noch irgendwas dafür kaufen zu können.
Habe selbst noch einzelne Millionen und später auf Milliarden überstempelte Geldscheine aus dieser Zeit, die alle Menschen zu Milliardären machte, ohne dass sie irgendwas davon hatten, als die Sorge morgen wären auch diese Unsummen nichts mehr wert.
Die EU hat mit dem Euro und seinen Stabilitätskriterien einen riesigen auch ökonomisch höchst bedeutenden, einheitlichen Währungsraum geschaffen, der allen Mitgliedstaaten eine relativ hohe Stabilität garantiert, die sich allerdings, wie im Fall Griechenland sichtbar wurde, auch schnell wieder relativierte und hohe Zahlungen aller zum Erhalt der Stabilität erforderte.
Es ist nicht so einfach mit dem Geld und vor allem scheint es immer wieder schwierig, sich darüber zu einigen, wie bei Scheidungen typischerweise das Geld den größten Streitpunkt darstellt, ob nun im Privaten zwischen zwei Menschen, die sich einmal liebten oder auch im öffentlichen Bereich, wie wir es gerade bei der Trennung Großbritanniens von der EU nach der verunglückten Volksabstimmung sehen müssen. Noch ist in diesem Fall unklar wie und ob sich beide Parteien einigen werden obwohl die Briten nicht mal Mitglied im Euroraum sind.
Es ist verpönt, sich unter Freunden, Geld zu leihen, auch wenn es doch da entspannt gesehen werden sollte, doch weisen in der Praxis immer wieder viele Beispiele daraufhin, wie früher enge Bande infolge von Streitigkeiten über das liebe Geld zerbrachen. Auch das Verhältnis von Griechenland und Deutschland war einige Zeit sehr angespannt, da Deutschland einer der größten Gläubiger Griechenlands war, die sich von Geld, das sie nicht hatten, in großem Maße auch deutsche Rüstungsgüter für ihre viel zu große Armee kauften und die Bundesrepublik verdiente gut an den Zinsen der Kredite wie an den Geschäften ihrer Unternehmen, während der griechische Staat auch die Grundversorgung seiner Bürger mit sozialen Leistungen nicht mehr gewährleisten konnte, um die Kosten für das geliehene Geld aufzubringen.
Wie immer fließen bei solchen Fällen noch viele komplizierte Dinge mit ein, die ein schnelles Urteil verbieten, auch wenn die Griechen in der Zeit der Krise eine linkspopulistische Partei als Regierung wählten, die viel versprachen und dann doch den Kurs der Geldgeber nach langem Widerstand einschlagen mussten, änderte sich nichts, weil ohne Geld eben nichts geht.
Die Welt wird von Regierungen regiert, die aber nur arbeiten können, wenn sie Geld haben und sonst schlicht den Befehlen ihrer Geldgeber folgen müssen. Die große Freiheit scheint eine im Schatten des Geldes zu sein, doch wer dies beklagt, sollte auch erklären können, wie er gute soziale Ideen wie Bürgergeld, Krankenversicherung oder Rente finanzieren will.
Es ist also schon alles eine Frage des Geldes, was fragwürdig erscheint und alle politischen Ideen immer im Schatten der Kosten relativiert, konsequent die Bankiers zu den geheimen Herren der Welt macht, was Demokraten nicht gefallen kann. Andererseits fragt sich, was die Alternative wäre, ob weniger ökonomische Freiheit nicht auch weniger Freiheit überhaupt wäre und welcher Plan dann der Richtige wäre, wenn wir so frei wie nur möglich miteinander leben wollen, wenn wirklich alles eine Geldfrage ist und dieses de facto so ungleich verteilt ist, diejenigen, die das Geld verwalten über den Wert entscheiden, ein Broker das Vielfache einer Krankenschwester oder Kindergärtnerin verdient.
Sich frei davon machen, keine Konsumbedürfnisse mehr zu haben, sagt sich leicht und lebt sich doch im Alltag schwer. Fraglich wäre, wie wir aus dem weniger mehr machen können, es als Glück empfinden können, nichts zu haben oder immer weniger zu brauchen, nicht Teil einer Welt werden, die nur vom Konsum lebt. Denke es und schreibe es auf meinem Rechner, der in einem W-Lan Netzwerk hängt, um es später in meinem Blog zu veröffentlichen und auch wenn ich persönlich daran nichts verdienen sollte, nur eine geistige Anregung gebe, werden es andere und ich muss mich fragen lassen, warum ich die fast 1 Million Klicks in meinem Block nicht vernünftig vermarkte, sondern mich immer wieder dem Markt verweigere.
Es ist gut, wenn Arbeit einen Wert hat und wir davon leben können, lernen wir früh - doch ist es wirklich gut, sich in dieses System einzufügen oder wäre es viel besser, alles anders zu machen und wo könnten wir dies, konsequent zu Ende gedacht, wirklich leben?
Weiß keine Antwort, finde es fragwürdig, wie abhängig wir vom Geld geworden sind, doch weiß ich keine Alternative, um in einer komplexen arbeitsteiligen Gesellschaft miteinander zu leben, ohne sich zu strenge Vorschriften zu machen. Vielleicht kommt noch jemand auf den Plan, mit dem allem Menschen einverstanden wären, der sich also demokratisch durchsetzte, aber ich habe da, zugegeben, bisher gewisse Zweifel, würde es aber sehr begrüßen, wenn ökonomisch gebildetere Menschen ein Modell fänden, dass die Freiheit wahrt und zugleich die Interessen jedes Einzelnen berücksichtigt und ihm die Möglichkeit gibt, sich nach seinen Fähigkeiten zu entfalten. Falls all dies möglich wäre, könnte es auch schön sein, sich noch über mehr Gerechtigkeit Gedanken zu machen, wie es die alte Tante SPD sich gerade mit ihrem peinlichen Kandidaten auf die Fahne schrieb - doch bis dahin sollten wir lieber danach streben, die Freiheit zu wahren und jedem mehr Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung zu geben, da es ohnehin genug an Beschränkungen staatlicherseits gibt, wenn so viele Menschen zusammenleben, dass mir die Verteidigung der Freiheit, die wir aus Angst und nur zur Sicherheit gerade genug beschränken, wesentlich wichtiger erscheint und dann müssen wir eben mit dem Geld leben und sollten es nicht als das Ding an sich betrachten, sondern unsere Moral davon unabhängig machen, damit es Mittel zum Zweck jenseits aller Ideologie bleibt.
jens tuengerthal 29.7.2017
Freitag, 28. Juli 2017
Stellungswechsel
Der Stellungswechsel
Wird beim Sex stets unterschätzt
Umgekehrt im Krieg
jens tuengerthal 28.7.2017
Wird beim Sex stets unterschätzt
Umgekehrt im Krieg
jens tuengerthal 28.7.2017
Wechselhaft
Einer verhaftet
Andere dafür geehrt
Immer dasselbe
Es ist beliebig
Austauschbar was zu was führt
Häftlinge wechseln
Wer frei bleiben will
Achtet auf Wetterwechsel
Für Gerechtigkeit
jens tuengerthal 28.7.2017
Andere dafür geehrt
Immer dasselbe
Es ist beliebig
Austauschbar was zu was führt
Häftlinge wechseln
Wer frei bleiben will
Achtet auf Wetterwechsel
Für Gerechtigkeit
jens tuengerthal 28.7.2017
Wechselgerecht
Was wo bestraft wird
Hängt weniger an Taten
Als an der nur Macht
Macht macht auch nichts mehr
Wo sie sich nicht mehr durchsetzt
Dann ist Wechselzeit
Gerecht ist Strafe
Niemals nur mehr durchsetzbar
Oder weniger
jens tuengerthal 28.7.2017
Hängt weniger an Taten
Als an der nur Macht
Macht macht auch nichts mehr
Wo sie sich nicht mehr durchsetzt
Dann ist Wechselzeit
Gerecht ist Strafe
Niemals nur mehr durchsetzbar
Oder weniger
jens tuengerthal 28.7.2017
Antriebswechsel
Skandal um Skandal
Gleitet Deutschlands Industrie
In eine Krise
Verteidigt zu lang
Einen schon toten Antrieb
Mit Lügen anstatt
Besser sie wagte
Endlich einen Neubeginn
Zurück läuft es nicht
jens tuengerthal 28.7.2017
Gleitet Deutschlands Industrie
In eine Krise
Verteidigt zu lang
Einen schon toten Antrieb
Mit Lügen anstatt
Besser sie wagte
Endlich einen Neubeginn
Zurück läuft es nicht
jens tuengerthal 28.7.2017
Machtwechsel
Putin war böse
Bis Trump schlimmer noch wurde
So wechselt die Macht
jens tuengerthal 28.7.2017
Bis Trump schlimmer noch wurde
So wechselt die Macht
jens tuengerthal 28.7.2017
Wechselreich
Kurz machten Aktien
Amazon Gründer reicher
Sogar als Bill Gates
Kurse die schwanken
Änderten den Rang wieder
Wenig hat Bestand
Aller Reichtum ist
Nichts mehr wert ohne Leben
War schon immer so
jens tuengerthal 28.7.2017
Amazon Gründer reicher
Sogar als Bill Gates
Kurse die schwanken
Änderten den Rang wieder
Wenig hat Bestand
Aller Reichtum ist
Nichts mehr wert ohne Leben
War schon immer so
jens tuengerthal 28.7.2017
Donnerstag, 27. Juli 2017
Reisezwang
Vom Reisen, seinen Zwängen und Zielen
Es ist Ferienzeit, viele verreisen nun, um sich ihren Urlaub zu gönnen. Andere reisen, weil sie es müssen, ein Ziel außer oder neben dem Reisen haben. Doch gibt es einen Grund ohne Grund zu reisen, um des Reisens willen?
Manche lieben es, unterwegs zu sein und fiebern darum ihrem Urlaub entgegen, an dem sie möglichst entlegene Orte aufsuchen wollen. Kreuzfahrer sind in ihrem fahrenden Hotel mit allem Komfort auf See unterwegs und lassen sich dort nach Gusto unterhalten. Einige von denen, machen ihre Reise, um die entlegensten Orte mit dem Schiff zu besichtigen, andere wollen nur das Meer genießen oder sich an Bord amüsieren. Schiffe sind, außer zum Transport von Gütern heute eher keine Transportmittel für lange Strecken mehr. Dafür haben wir Flugzeuge und auf dem Land konkurrieren PKWs und Busse mit dem Schienenverkehr und gerade in Ferienzeiten, die just beginnen, sind die Massen unterwegs, es staut sich auf den Straßen und die Züge sind teils überbesetzt.
Staus gehören zu den Ferien dazu, weil viele aus ihrer Region in reizvollere Gegenden ans Meer oder in den Süden zur Sonne wollen, was in einem verregneten Sommer besonders verlockend erscheint. Ob dies im Verhältnis zum Aufwand steht, die Erholung durch den Aufwand der Reise nicht verfliegt, ohne Reise die Zeit nicht erholsamer verbracht würde, schon zu fragen, gilt als eher verpönt. Das reizvollste, was ich kenne, ist meine Frau, wo ich sie betrachte ist dabei weniger wichtig als das.
Wer nicht reist, keine Abenteuer aus dem letzten Urlaub erzählen kann, gilt als langweilig, was nahezu jeder in einer Gesellschaft der vielfältigen Unterhaltung vermeiden will, um zumindest interessant zu wirken. Unklar bleibt dabei oft, was daran interessant sein soll, irgendwo gewesen zu sein, was die Anschauung von einem Ort mehr bringt, als die Lektüre über denselben. Viele Reisende schwärmen von traumhaften Stränden, an denen sie dann am liebsten nur in der Sonne liegen und nichts tun wollen. Sicher gibt das Rauschen des Meeres im Hintergrund dem Rumliegen einen besonderen Reiz und manche Menschen sollen angeblich auch tropische Temperaturen wirklich schätzen, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, was an klebriger Hitze, die bei jeder Bewegung schwitzen lässt, schön sein soll gegenüber gemäßigten Temperaturen, habe ich davon schon oft gehört.
Kann es nur schwer verbergen, wie unverständlich mir dieser Hang zum Reisen ist, wie wenig es mich in die Fremde zieht, wie absurd es mir scheint, zur Erholung unterwegs sein zu wollen. So gesehen bin ich wohl sesshaft und würde nie freiwillig meinen Lesesessel gegen einen tropischen Strand tauschen wollen und unternehme Reisen nur, wenn sie unvermeidbar sind, ein höheres Ziel zu erreichen, wie gerade, während ich diese Zeilen schreibe auf dem Weg zu meiner Liebsten quer durch Deutschland, um ihren Umzug zu bewältigen und endlich zusammen zu ziehen, damit keiner mehr Reisen muss.
Habe früher auch zahlreiche Reisen unternommen, komme aus einer sehr reiselustigen Familie, in der sich mit Stolz erzählt wurde, wo jemand gewesen ist, welche Gegend der Welt neu von der Familie erobert wurde. Im Keller des Hauses meiner Großeltern gab es auf einer Wand eine riesige Weltkarte, die mein einer Onkel, der Oberstudienrat und Geographielehrer dort aufgehängt hatte und auf der die vier Söhne meiner Großeltern ihre Reisen mit Fäden verzeichneten. Die ganze Welt war dort auf Styroporplatten gespannt und stolz konnten wir sehen, dass es kaum einen Ort auf der Welt gab, wo noch nicht einer aus der Familie mal gewesen ist.
Ganz ordentlich wurden die jeweiligen Reisen mit farbigen Fäden verzeichnet, bei denen jeder Bruder seine Farbe hatte und kleine Stecknadeln spannten die möglichst exakte Route, als sei jeder der Beteiligten ein berühmter Forscher oder Entdecker. Dies hehre Ideal machte das Weltreisen attraktiv und machte uns Kinder neugierig auf die Welt. Träumte davon, auch einmal diese Weltkarte mit möglichst vielen Fäden zu bereichern. Dies insbesondere im quasi noch jungfräulichen arktischen und antarktischen Bereich, wo zumindest keine tropischen Temperaturen herrschten oder Grönland, auch wenn da nicht mehr als weiß kulturell zu erwarten war, musste ich dort zumindest nicht wie sonst auf Reisen mit meinem Vater immer jede Kirche am Wegesrand besichtigen, da es keine gab.
Als ich begann, alleine zu reisen, eigentlich mit meinen je Freundinnen zusammen fing das an, wurde ich plötzlich genauso, wollte mir alle kulturell bedeutenden Sehenswürdigkeiten ansehen. Dabei aber auf keinem Fall der Masse der ungebildeten Touristen gleichen, sondern mich als kultivierter Bildungsbürger zeigen, der die Welt kannte, Bescheid wusste und halt auch erledigte, was erledigt werden musste, um die nötige Reife zu erhalten. Das Bedürfnis ein Forscher und Entdecker zu werden wie einige meiner Onkels, die mit dem Fahrrad nach Afrika fuhren, mehrfach die Sahara durchquerten, den Kilimanjaro oder den Mount Mckinley bestiegen, von ihren dort erlittenen Abenteuern so spannend zu erzählen wussten und was war schon eine abgefrorene Fingerkuppe gegen das Glück, davon erzählen zu können, hielt noch eine Weile an und ließ mich von meinen künftigen Reisen und Expeditionen träumen, wenn ich auch die mit Booten nach den ersten Erfahrungen mit Seekrankheit im Sturm bei der Reise nach England ausschloß.
Fürchterlich war die Überfahrt auf dem Kanal gewesen, als sich unsere Fähre quer stellen musste um bei schwerem Sturm die Besatzung eines in Seenot geratenen Frachters aufzunehmen. Von diesem spannenden Ereignis sah ich damals als vielleicht zehnjähriger Knabe nicht viel, als junge Familie hatten wir uns für die eigentlich kurze Reise keine Kabine gemietet sondern saßen wie die meisten übrigen Passagiere auch im großen Aufenthaltsraum, der ungelüftet immer mehr nach einer widerlichen Mischung aus Alkohol, Erbrochenem und Schweiß stank, was meine natürliche Neigung zur Übelkeit noch verstärkte. Dies alles dauerte eine gefühlte Ewigkeit lang, weil wir quer lagen schaukelte das Schiff fürchterlich und ich dachte, ich würde lieber sterben, als freiwillig noch einmal eine Seereise anzutreten.
Kann mich nicht erinnern, wie oft auch ich mich in die dort ausliegenden Kotztüten erbrach, wohin diese Dinger entsorgt wurden, ob auf dem Fußboden tatsächlich eine ungesunde Mischung aus Alkohol und Kotze schwamm, die mit jeder größeren Welle hin und her lief. Irgendwann war auch diese schreckliche Reise vorbei, wir erreichten unser Ziel Dover ohne Schaden außer für den Geruchssinn und sobald ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, war es vorbei mit der Seekrankheit und ich vergaß mein festes Vorhaben, nie wieder ein Schiff zu betreten, leichtfertig schnell wieder. Die Rückfahrt verlief wohl ohne Störung und auch spätere Englandreisen noch mit Fähre sind mir ohne stürmische Folgen in Erinnerung geblieben.
In ähnlichem Alter hatte ich dann die nächste Erfahrung, die mich vom Reisewahn dauerhaft hätte heilen können, wäre es in meiner Familie nicht so selbstverständlich gewesen, durch die Welt zu tingeln, sie irgendwie zu erforschen oder zu beabenteuern, der Flug nach Südafrika, bei dem ich wohl schon eine Maserninfektion in mir trug, wie mein Vater später meinte, wurde zur nicht enden wollenden Tortur und mehrfach durfte ich das an Bord servierte englische Frühstück mit eggs and bacon und diesen typisch englischen Bratwürsten genießen, die nach nichts als Fett schmeckten. An den vollen Ausbruch der Krankheit während meiner Zeit in Johannesburg habe ich keine Erinnerung mehr, womit die nachhaltige Abschreckung fehlte, auch wenn Gerüchte besagen, ich sei im Fieberwahn durch das riesige Haus gewandert, wäre fast im Pool ertrunken - ich vergaß all dies gnädig wieder und gab den Wahn zu verreisen noch nicht auf - spätere Flüge überstand ich völlig unbeschadet - sogar die Loopings, die einer meiner Onkels mit mir im Segelflieger auf der Wasserkuppe drehte, wenn auch mit leicht angespanntem Magen.
So freute ich mich durch die große Kunst im Verdrängen immer wieder auf schöne Reisen und sei es nur die Fahrt zu den Großeltern in meiner Geburtsstadt Bremen im VW Variant meiner Eltern, dessen Polster für mich schon gefühlt nach der Kotze riechen mussten, die dort regelmäßig landete. Die Fahrten wurden immer wieder für kleine Kotzpausen unterbrochen. Hatte ich die Haare im Wind, also das Fenster weit offen, konnte ich es besser ertragen, doch die Erfahrung, dass an Lesen oder sich herunterbeugen, nicht zu denken war, musste ich mehrfach machen, bevor ich meine liebste Beschäftigung aufgab, wenn ich auf Reisen war.
Im Zug konnte ich lesen, zumindest, wenn er ruhig und regelmäßig fuhr und ich in die richtige Richtung blickend saß, also in Fahrtrichtung. Das war die ersten 15 Jahre, in denen ich meist von Frankfurt aus fuhr, kein Problem. Es gab dort einen Sackbahnhof, einen der ganz wenigen noch im Westen und nach Stuttgart fuhr ich ja, bis ich erwachsen wurde nie. Dann zogen wir in die Nähe von Heidelberg und also drehte sich der Zug auf dem Weg nach Norden in Frankfurt immer, was für eine entspannte Reise mit guter Lektüre für mich schon ein Problem darstellte, was mich aber immerhin mit mehr oder weniger freundlichen Fahrgästen ins Gespräch brachte und irgendwann versuchte ich, diese ständige Sorge zu ignorieren und konnte ab da, seltsamerweise auch gegen Fahrtrichtung lesen. Glaube dieser Wechsel kam zu dem Zeitpunkt als ich Vater wurde, an Lesen ohnehin seltener zu denken war und anderes Priorität bekam.
Auch das Autofahren wurde erträglicher, wenn ich vorne saß oder selber fuhr und mir also nicht mehr so schnell schlecht wurde. So war ich im ersten Sommer nach der Wiedervereinigung schon wieder leichtsinnig geworden und ging nach einer wundervollen Radtour an der Küste Mecklenburgs entlang mit zweien meiner Onkel, von denen einer die nötigen Scheine hatte, sowie zwei Kusinen und meiner damaligen Freundin, an Bord eines Kutters mit dem wir zunächst ein wenig im Bodden vor Rügen und Richtung Hiddensee segelten, bis die restliche Verwandtschaft das Schiff wieder verließ und mein Onkel mit mir und meiner Freundin um Kap Arkona segeln wollte. Die Spitze Rügens mit den Kreidefelsen war berühmt und er plante in einer Bucht bei Vitte vor Anker zu gehen. Bevor wir die gewagte Fahrt, die vermutlich jeden Segler nur müde lächeln lässt bei mir sehr schaukelig vorkommender Windstärke 5-6, gefühlt eher 12, aufnahmen hatten sich unsere letzten Fahrgäste mit Wassermelonen auf Hiddensee verabschiedet, von denen ich, der sommerlichen Hitze geschuldet, ein letztes mal reichlich aß. Als wir das Kap in der schaukelnden Nußschale unter Segeln dann passierten, meinte mein Onkel dringend eine Karte zu brauchen und ließ sie mich vornübergebeugt in einer Kiste im vorderen Schiffsteil suchen.
Der Käptn hat immer Recht und so diskutierte ich nicht, sondern suchte eifrig, bis die Melone wieder nach oben kam. Dabei lernte ich auch, dass beim Kotzen über Bord sehr wichtig ist, zu wissen wo Luv und wo Lee ist, da du sonst, wie beim pinkeln, ein mehrfaches Vergnügen am selben hast, was die Stimmung nur bedingt hob. Glücklicherweise war meine Freundin ähnlich blass und mein mangelndes Heldentum fiel also nicht weiter ins Gewicht.
Am Abend kamen wir bei Vitte an, wo uns ein Boot an Land holte, wir im dortigen fischlastigen Restaurant aßen und voller Freude Schinkels Kapelle besichtigten. Dann ging es wieder an Bord und ich hatte die geräucherte Fischbullette im Bauch. Natürlich frischte es in der Nacht auf, mein Onkel als verantwortungsvoller Kapitän weckte uns, ließ das Boot für den Notfall startklar machen und meinte ansonsten, wir sollten ruhig schlafen, er würde die Wache halten.
Die Nacht wurde unruhig, das Abendessen vertrug sich schlecht mit dem Seegang, blieb aber zumindest drin und am nächsten Morgen ging es nur noch bis nach Sassnitz - ein Katzensprung für jeden echten Seefahrer, für mich aufregend genug zu beschließen, die Seefahrt mein weiteres Leben lang zu meiden. Bin dann noch zweimal mit Freunden auf kleinen Binnengewässern in Jollen gesegelt und fand das ähnlich wenig vergnüglich, wenn ich auch im Altrhein und auf dem Wannsee nicht wirklich Seekrank wurde, schön fand ich das nicht. Zumindest wusste ich nun, welche Art des Reisens sicher nicht meine war.
Später kam ich noch mal mit einer Kapitänin zusammen, die wilde Geschichten von ihren Abenteuern auf hoher See erzählte, selbst große Containerschiffe um das Kap der guten Hoffnung oder von den Kanaren ins Mittelmeer steuerte und wieder fühlte ich mich darin bestätigt, dass solches Reisen nur anstrengend und unangenehm für mich geradezu unerträglich sind. Sie war immer gerne unterwegs, wollte ständig was unternehmen und irgendwelche Touren planen - meine Lust dazu wurde immer geringer, wobei ich nicht sicher bin, ob diese Reaktion auf eine Frau, welche die ganze Welt befahren hatte und die Meere kannte, nicht einfach nur dialektisch war - zumindest scheint mir der Verlust nicht bedauerlich, denn die Aussicht mit einem so unruhigen Menschen ein Leben zu teilen, hätte mich sicher nicht glücklich gemacht, abgesehen davon, dass es auch sonst eher unbefriedigend mit ihr war, was aber nicht am Reisen lag und also hier kein Thema ist.
Lange nach dem obigen Segeln haben wir uns noch mal mit der Familie auf dem russischen Segelschulschiff Kruzenshtern getroffen und haben auf dem 5 Master, der mal ein P-Liner war, die aufregende Tour von Bremerhaven nach Bremen gemacht, quasi die Weser hinauf, was ich zumindest vom Seegang her sehr verträglich fand und auch die Ästhetik eines Großseglers fand ich auf einer ruhigen Flussfahrt bestechend schön. Die Bewunderung der Zuschauer unserer Einfahrt in meine Geburtsstadt tat ein übriges diese Erinnerung ans Segeln zumindest schön zu halten.
Später wurde mir klar, was mich daran reizte - ich las gern die Reiseberichte von Forster und Nansen, fand es verlockend im höhlenartigen Stil der Segelschiffen eingerichtet zu sein, solange ich festen Boden unter den Füßen hatte, in meiner Bibliothek war, die einige der schönsten Reiseberichte beherbergt, auch von Humboldt oder Montaigne. Dort bin ich glücklich - sich Zeit zu nehmen, um in Ruhe zu lesen, dies ausgiebig bei einem feinen Tee mit guten Keksen zu genießen, ist für mich der schönste Urlaub und ich bewege mich nur noch an andere Orte, wenn etwas viel kostbares, wie etwa die Liebe gerade, dazu bringt und war noch nie so ausgeglichen und glücklich.
Vermutlich gibt es Reisende, die dieses Glück empfinden, wenn sie unterwegs sind, doch auch in den größten Reiseberichten wird immer das Glück heimzukehren beschrieben und die Ruhe der Heimat wird um so mehr genossen, desto größer die Strapaze der Reise war. Vielleicht ist eine solche Dialektik ein Teil unserer Natur, die uns das eine erst aus der Kenntnis des Gegenteils schätzen lässt. Natürlich werden Abenteurer oder diejenigen, die ihnen auf moderne Form nacheifern als Helden angesehen, was ihr Ansehen allgemein erhöht und ihren Erfolg bei Frauen zumindest theoretisch, so dass dies Abenteurertum für den Erhalt der Gattung und die Weitergabe des eigenen Erbguts nützlich sein könnte.
Betrachte ich allerdings die letzten Jahre, bis ich meine Traumfrau traf und damit ohnehin aus dem Rennen bin, war der Erfolg im Café vor Ort oder im Netz schreibend größer als auf Reisen je, schreckte meine Sesshaftigkeit weniger ab, als meine Ruhe in dem was ich tat, anziehend wirkte. Das Erfolgsrezept Reisen und Abenteuer, um Frauen zu beeindrucken scheint mir schon von daher höchst zweifelhaft, ganz abgesehen davon, dass ich Frauen, die ich so beeindrucken müsste, damit sie mich interessant finden, inzwischen völlig uninteressant finde. So habe ich die zauberhafteste Frau dadurch kennengelernt, dass sie von meinen Texten so verzaubert war, dass ihr Alter und alles sonst völlig egal waren.
Denke nun bei meiner Reise quer durch Deutschland, von Berlin in den wilden Südwesten zu meiner Liebsten, darüber nach, warum es so vielen Menschen normal scheint, Reisen als Lust zu sehen, wie sie sich mit den Abenteuern ihrer Reisen zu gerne schmücken und ob dies so umweltschädliche Verhalten, dass eine ganze Industrie geschaffen hat, uns wirklich je gut tut.
Vielleicht gibt es wirklich eine kleine Gruppe von Forschern, die darin eine höhere Befriedigung finden - doch gemessen an der Zahl der Urlauber, die sich Sommer für Sommer und auch im Winter immer wieder in das Abenteuer der Autobahnfahrt begeben mit seinem für das Leben so ungewissen Ausgang, stellt sich schon die Frage, ob der Gewinn dieser Tätigkeit nicht nur Ausdruck der Sklaverei unfreier Menschen ist, die sich ganz gegen ihre natürlichen Bedürfnisse einem Markt unterwerfen, der die große Freiheit, Abenteuer, Lust und vieles mehr verspricht, ohne etwas zu erfüllen als Unruhe.
Die Fahrt durch die Städte quer durch Deutschland zeigt mir wieder, sie gleichen sich in ihrem Speckgürtel alle immer mehr. Die gleichen Fertigbauten mit den ewig selben Filialen irgendwelcher Konzerne, zwischendrin mal ein nettes Häuschen, eine Burg oder eine Stadtmauer vielleicht über die ich aber immer mehr erfahre, wenn ich über sie lese, statt mich der großen Unruhe zu unterwerfen und die Unbill des Reisens auf mich zu nehmen.
Dann war ich nicht da, stimmt schon, aber da gewesen zu sein, vermehrt meine Bildung keinesfalls, sondern nur den zufälligen direkten Blick, der meist eher überschätzt wird. Was ich weiß, weiß ich aus Büchern und durch ausgiebige Lektüre für die neben dem Reisen selten Zeit bleibt.
Es war beeindruckend in den Rocky Mountains zu stehen, wie es schön war in Davos auf dem Zauberberg Ski zu fahren, auch wenn ich damals noch keine Ahnung von Thomas Mann und seiner wunderbaren Kulturgeschichte Europas hatte, natürlich hat Paris auch schöne Seiten und zeigt viel Geschichte, wie mich auch London sehr beeindruckte, Vancouver mit seiner Lage am Meer und vor den Bergen war bezaubernd und Südafrika hinterließ bei mir als Kind einen irgendwie Eindruck, auch die Fahrt durch Wien war ein vielfältiger Genuss - doch was ist der Gewinn, im Pazifik gebadet zu haben?
Stelle mich gegen den Konsens auch meiner Familie, in der etwa meine Eltern noch jahrelang mit besten Freunden regelmäßig Dia-Abende veranstaltet haben, um sich gegenseitig die Reisen um die Welt vorzuführen und was für beeindruckende Bilder wurden da gezeigt - von Galapagos bis zur Transsibirischen Eisenbahn, aus Südamerika oder Afrika - die sich Globetrottel ein wenig selbstironisch nannten, waren in der Welt zuhause und schauten sie sich an. Als Kind und Jugendlicher verfolgte ich diese Abende noch und war beeindruckt von der Vielfalt, der Andersartigkeit der Welt, wollte selbst aufbrechen, um die Welt kennenzulernen.
Irgendwann kam mir all dies lächerlich vor. Beobachtete bei einzelnen der Weltreisenden einen großen Mangel an kultureller Bildung, außer in den zur bürgerlichen Existenz gehörenden Stichworten und leider auch einen große Intoleranz, auch wenn sie doch die Welt angeblich kannten, hatten sie sich aus der bloßen Anschauung der Welt auf ihrem vermeintlichen Hochsitz eingerichtet, der zwar viel gesehen aber, wie mir schien, wenig verstanden hatte.
Vielleicht liegt dieser Blick an meinem engen Horizont, der ich wie Kant einst, irgendwann beschloss nicht mehr zu reisen oder doch nur so viel wie unbedingt nötig wie gerade quer durch Deutschland um der Liebe wegen, die für mich jeden Weg wert wäre, denn was sonst sollte uns kostbar sein. Will mich nicht mit Kant vergleichen und meine Bequemlichkeit, die meinem Bedürfnis nach Lust folgt, den hehren Prinzipien des Königsbergers gleichstellen. Nur das Ergebnis ist eben dasselbe - Reisen zu vermeiden, möglichst am Ort zu bleiben, lieber zu lesen und zu schreiben, als unruhig durch die Welt zu laufen, lieber ankommen, statt weg sein.
Ökologisch betrachtet scheint mir dies Denken das einzig nachhaltige, was Zukunft auf einer kleiner werdenden Welt hat, die durch Netze längst nahezu überall in Echtzeit verbunden ist, es zumindest über Satelliten überall könnte, in sozialen Netzwerken ortlos zu jeder Zeit rund um den Globus kommuniziert. Nicht irgendwo noch hin müssen, nicht etwas gesehen haben müssen im Leben, wie es schlechte Bücher als neuen Pflichtkanon heute verkaufen, sondern da sein und glücklich sein, mit dem was ist, mehr brauche ich nicht.
Aber jenseits jedes kantschen Sollen vertrete ich die Immobilität aus Überzeugung, weil der Gewinn nicht ist, irgendwo gewesen zu sein, unter welchem Aufwand auch immer, sondern da zu sein und damit glücklich zu sein. Es macht glücklich, nirgendwo mehr hin zu müssen, sondern zu bleiben und mehr zu genießen, was ist, sich Zeit zu nehmen, statt zu beschleunige und ob dies gerade progressiv oder konservativ sein soll, ist mir völlig egal - Reisen lohnt sich selten, Ruhe immer.
jens tuengerthal 27.7.2017
Es ist Ferienzeit, viele verreisen nun, um sich ihren Urlaub zu gönnen. Andere reisen, weil sie es müssen, ein Ziel außer oder neben dem Reisen haben. Doch gibt es einen Grund ohne Grund zu reisen, um des Reisens willen?
Manche lieben es, unterwegs zu sein und fiebern darum ihrem Urlaub entgegen, an dem sie möglichst entlegene Orte aufsuchen wollen. Kreuzfahrer sind in ihrem fahrenden Hotel mit allem Komfort auf See unterwegs und lassen sich dort nach Gusto unterhalten. Einige von denen, machen ihre Reise, um die entlegensten Orte mit dem Schiff zu besichtigen, andere wollen nur das Meer genießen oder sich an Bord amüsieren. Schiffe sind, außer zum Transport von Gütern heute eher keine Transportmittel für lange Strecken mehr. Dafür haben wir Flugzeuge und auf dem Land konkurrieren PKWs und Busse mit dem Schienenverkehr und gerade in Ferienzeiten, die just beginnen, sind die Massen unterwegs, es staut sich auf den Straßen und die Züge sind teils überbesetzt.
Staus gehören zu den Ferien dazu, weil viele aus ihrer Region in reizvollere Gegenden ans Meer oder in den Süden zur Sonne wollen, was in einem verregneten Sommer besonders verlockend erscheint. Ob dies im Verhältnis zum Aufwand steht, die Erholung durch den Aufwand der Reise nicht verfliegt, ohne Reise die Zeit nicht erholsamer verbracht würde, schon zu fragen, gilt als eher verpönt. Das reizvollste, was ich kenne, ist meine Frau, wo ich sie betrachte ist dabei weniger wichtig als das.
Wer nicht reist, keine Abenteuer aus dem letzten Urlaub erzählen kann, gilt als langweilig, was nahezu jeder in einer Gesellschaft der vielfältigen Unterhaltung vermeiden will, um zumindest interessant zu wirken. Unklar bleibt dabei oft, was daran interessant sein soll, irgendwo gewesen zu sein, was die Anschauung von einem Ort mehr bringt, als die Lektüre über denselben. Viele Reisende schwärmen von traumhaften Stränden, an denen sie dann am liebsten nur in der Sonne liegen und nichts tun wollen. Sicher gibt das Rauschen des Meeres im Hintergrund dem Rumliegen einen besonderen Reiz und manche Menschen sollen angeblich auch tropische Temperaturen wirklich schätzen, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, was an klebriger Hitze, die bei jeder Bewegung schwitzen lässt, schön sein soll gegenüber gemäßigten Temperaturen, habe ich davon schon oft gehört.
Kann es nur schwer verbergen, wie unverständlich mir dieser Hang zum Reisen ist, wie wenig es mich in die Fremde zieht, wie absurd es mir scheint, zur Erholung unterwegs sein zu wollen. So gesehen bin ich wohl sesshaft und würde nie freiwillig meinen Lesesessel gegen einen tropischen Strand tauschen wollen und unternehme Reisen nur, wenn sie unvermeidbar sind, ein höheres Ziel zu erreichen, wie gerade, während ich diese Zeilen schreibe auf dem Weg zu meiner Liebsten quer durch Deutschland, um ihren Umzug zu bewältigen und endlich zusammen zu ziehen, damit keiner mehr Reisen muss.
Habe früher auch zahlreiche Reisen unternommen, komme aus einer sehr reiselustigen Familie, in der sich mit Stolz erzählt wurde, wo jemand gewesen ist, welche Gegend der Welt neu von der Familie erobert wurde. Im Keller des Hauses meiner Großeltern gab es auf einer Wand eine riesige Weltkarte, die mein einer Onkel, der Oberstudienrat und Geographielehrer dort aufgehängt hatte und auf der die vier Söhne meiner Großeltern ihre Reisen mit Fäden verzeichneten. Die ganze Welt war dort auf Styroporplatten gespannt und stolz konnten wir sehen, dass es kaum einen Ort auf der Welt gab, wo noch nicht einer aus der Familie mal gewesen ist.
Ganz ordentlich wurden die jeweiligen Reisen mit farbigen Fäden verzeichnet, bei denen jeder Bruder seine Farbe hatte und kleine Stecknadeln spannten die möglichst exakte Route, als sei jeder der Beteiligten ein berühmter Forscher oder Entdecker. Dies hehre Ideal machte das Weltreisen attraktiv und machte uns Kinder neugierig auf die Welt. Träumte davon, auch einmal diese Weltkarte mit möglichst vielen Fäden zu bereichern. Dies insbesondere im quasi noch jungfräulichen arktischen und antarktischen Bereich, wo zumindest keine tropischen Temperaturen herrschten oder Grönland, auch wenn da nicht mehr als weiß kulturell zu erwarten war, musste ich dort zumindest nicht wie sonst auf Reisen mit meinem Vater immer jede Kirche am Wegesrand besichtigen, da es keine gab.
Als ich begann, alleine zu reisen, eigentlich mit meinen je Freundinnen zusammen fing das an, wurde ich plötzlich genauso, wollte mir alle kulturell bedeutenden Sehenswürdigkeiten ansehen. Dabei aber auf keinem Fall der Masse der ungebildeten Touristen gleichen, sondern mich als kultivierter Bildungsbürger zeigen, der die Welt kannte, Bescheid wusste und halt auch erledigte, was erledigt werden musste, um die nötige Reife zu erhalten. Das Bedürfnis ein Forscher und Entdecker zu werden wie einige meiner Onkels, die mit dem Fahrrad nach Afrika fuhren, mehrfach die Sahara durchquerten, den Kilimanjaro oder den Mount Mckinley bestiegen, von ihren dort erlittenen Abenteuern so spannend zu erzählen wussten und was war schon eine abgefrorene Fingerkuppe gegen das Glück, davon erzählen zu können, hielt noch eine Weile an und ließ mich von meinen künftigen Reisen und Expeditionen träumen, wenn ich auch die mit Booten nach den ersten Erfahrungen mit Seekrankheit im Sturm bei der Reise nach England ausschloß.
Fürchterlich war die Überfahrt auf dem Kanal gewesen, als sich unsere Fähre quer stellen musste um bei schwerem Sturm die Besatzung eines in Seenot geratenen Frachters aufzunehmen. Von diesem spannenden Ereignis sah ich damals als vielleicht zehnjähriger Knabe nicht viel, als junge Familie hatten wir uns für die eigentlich kurze Reise keine Kabine gemietet sondern saßen wie die meisten übrigen Passagiere auch im großen Aufenthaltsraum, der ungelüftet immer mehr nach einer widerlichen Mischung aus Alkohol, Erbrochenem und Schweiß stank, was meine natürliche Neigung zur Übelkeit noch verstärkte. Dies alles dauerte eine gefühlte Ewigkeit lang, weil wir quer lagen schaukelte das Schiff fürchterlich und ich dachte, ich würde lieber sterben, als freiwillig noch einmal eine Seereise anzutreten.
Kann mich nicht erinnern, wie oft auch ich mich in die dort ausliegenden Kotztüten erbrach, wohin diese Dinger entsorgt wurden, ob auf dem Fußboden tatsächlich eine ungesunde Mischung aus Alkohol und Kotze schwamm, die mit jeder größeren Welle hin und her lief. Irgendwann war auch diese schreckliche Reise vorbei, wir erreichten unser Ziel Dover ohne Schaden außer für den Geruchssinn und sobald ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, war es vorbei mit der Seekrankheit und ich vergaß mein festes Vorhaben, nie wieder ein Schiff zu betreten, leichtfertig schnell wieder. Die Rückfahrt verlief wohl ohne Störung und auch spätere Englandreisen noch mit Fähre sind mir ohne stürmische Folgen in Erinnerung geblieben.
In ähnlichem Alter hatte ich dann die nächste Erfahrung, die mich vom Reisewahn dauerhaft hätte heilen können, wäre es in meiner Familie nicht so selbstverständlich gewesen, durch die Welt zu tingeln, sie irgendwie zu erforschen oder zu beabenteuern, der Flug nach Südafrika, bei dem ich wohl schon eine Maserninfektion in mir trug, wie mein Vater später meinte, wurde zur nicht enden wollenden Tortur und mehrfach durfte ich das an Bord servierte englische Frühstück mit eggs and bacon und diesen typisch englischen Bratwürsten genießen, die nach nichts als Fett schmeckten. An den vollen Ausbruch der Krankheit während meiner Zeit in Johannesburg habe ich keine Erinnerung mehr, womit die nachhaltige Abschreckung fehlte, auch wenn Gerüchte besagen, ich sei im Fieberwahn durch das riesige Haus gewandert, wäre fast im Pool ertrunken - ich vergaß all dies gnädig wieder und gab den Wahn zu verreisen noch nicht auf - spätere Flüge überstand ich völlig unbeschadet - sogar die Loopings, die einer meiner Onkels mit mir im Segelflieger auf der Wasserkuppe drehte, wenn auch mit leicht angespanntem Magen.
So freute ich mich durch die große Kunst im Verdrängen immer wieder auf schöne Reisen und sei es nur die Fahrt zu den Großeltern in meiner Geburtsstadt Bremen im VW Variant meiner Eltern, dessen Polster für mich schon gefühlt nach der Kotze riechen mussten, die dort regelmäßig landete. Die Fahrten wurden immer wieder für kleine Kotzpausen unterbrochen. Hatte ich die Haare im Wind, also das Fenster weit offen, konnte ich es besser ertragen, doch die Erfahrung, dass an Lesen oder sich herunterbeugen, nicht zu denken war, musste ich mehrfach machen, bevor ich meine liebste Beschäftigung aufgab, wenn ich auf Reisen war.
Im Zug konnte ich lesen, zumindest, wenn er ruhig und regelmäßig fuhr und ich in die richtige Richtung blickend saß, also in Fahrtrichtung. Das war die ersten 15 Jahre, in denen ich meist von Frankfurt aus fuhr, kein Problem. Es gab dort einen Sackbahnhof, einen der ganz wenigen noch im Westen und nach Stuttgart fuhr ich ja, bis ich erwachsen wurde nie. Dann zogen wir in die Nähe von Heidelberg und also drehte sich der Zug auf dem Weg nach Norden in Frankfurt immer, was für eine entspannte Reise mit guter Lektüre für mich schon ein Problem darstellte, was mich aber immerhin mit mehr oder weniger freundlichen Fahrgästen ins Gespräch brachte und irgendwann versuchte ich, diese ständige Sorge zu ignorieren und konnte ab da, seltsamerweise auch gegen Fahrtrichtung lesen. Glaube dieser Wechsel kam zu dem Zeitpunkt als ich Vater wurde, an Lesen ohnehin seltener zu denken war und anderes Priorität bekam.
Auch das Autofahren wurde erträglicher, wenn ich vorne saß oder selber fuhr und mir also nicht mehr so schnell schlecht wurde. So war ich im ersten Sommer nach der Wiedervereinigung schon wieder leichtsinnig geworden und ging nach einer wundervollen Radtour an der Küste Mecklenburgs entlang mit zweien meiner Onkel, von denen einer die nötigen Scheine hatte, sowie zwei Kusinen und meiner damaligen Freundin, an Bord eines Kutters mit dem wir zunächst ein wenig im Bodden vor Rügen und Richtung Hiddensee segelten, bis die restliche Verwandtschaft das Schiff wieder verließ und mein Onkel mit mir und meiner Freundin um Kap Arkona segeln wollte. Die Spitze Rügens mit den Kreidefelsen war berühmt und er plante in einer Bucht bei Vitte vor Anker zu gehen. Bevor wir die gewagte Fahrt, die vermutlich jeden Segler nur müde lächeln lässt bei mir sehr schaukelig vorkommender Windstärke 5-6, gefühlt eher 12, aufnahmen hatten sich unsere letzten Fahrgäste mit Wassermelonen auf Hiddensee verabschiedet, von denen ich, der sommerlichen Hitze geschuldet, ein letztes mal reichlich aß. Als wir das Kap in der schaukelnden Nußschale unter Segeln dann passierten, meinte mein Onkel dringend eine Karte zu brauchen und ließ sie mich vornübergebeugt in einer Kiste im vorderen Schiffsteil suchen.
Der Käptn hat immer Recht und so diskutierte ich nicht, sondern suchte eifrig, bis die Melone wieder nach oben kam. Dabei lernte ich auch, dass beim Kotzen über Bord sehr wichtig ist, zu wissen wo Luv und wo Lee ist, da du sonst, wie beim pinkeln, ein mehrfaches Vergnügen am selben hast, was die Stimmung nur bedingt hob. Glücklicherweise war meine Freundin ähnlich blass und mein mangelndes Heldentum fiel also nicht weiter ins Gewicht.
Am Abend kamen wir bei Vitte an, wo uns ein Boot an Land holte, wir im dortigen fischlastigen Restaurant aßen und voller Freude Schinkels Kapelle besichtigten. Dann ging es wieder an Bord und ich hatte die geräucherte Fischbullette im Bauch. Natürlich frischte es in der Nacht auf, mein Onkel als verantwortungsvoller Kapitän weckte uns, ließ das Boot für den Notfall startklar machen und meinte ansonsten, wir sollten ruhig schlafen, er würde die Wache halten.
Die Nacht wurde unruhig, das Abendessen vertrug sich schlecht mit dem Seegang, blieb aber zumindest drin und am nächsten Morgen ging es nur noch bis nach Sassnitz - ein Katzensprung für jeden echten Seefahrer, für mich aufregend genug zu beschließen, die Seefahrt mein weiteres Leben lang zu meiden. Bin dann noch zweimal mit Freunden auf kleinen Binnengewässern in Jollen gesegelt und fand das ähnlich wenig vergnüglich, wenn ich auch im Altrhein und auf dem Wannsee nicht wirklich Seekrank wurde, schön fand ich das nicht. Zumindest wusste ich nun, welche Art des Reisens sicher nicht meine war.
Später kam ich noch mal mit einer Kapitänin zusammen, die wilde Geschichten von ihren Abenteuern auf hoher See erzählte, selbst große Containerschiffe um das Kap der guten Hoffnung oder von den Kanaren ins Mittelmeer steuerte und wieder fühlte ich mich darin bestätigt, dass solches Reisen nur anstrengend und unangenehm für mich geradezu unerträglich sind. Sie war immer gerne unterwegs, wollte ständig was unternehmen und irgendwelche Touren planen - meine Lust dazu wurde immer geringer, wobei ich nicht sicher bin, ob diese Reaktion auf eine Frau, welche die ganze Welt befahren hatte und die Meere kannte, nicht einfach nur dialektisch war - zumindest scheint mir der Verlust nicht bedauerlich, denn die Aussicht mit einem so unruhigen Menschen ein Leben zu teilen, hätte mich sicher nicht glücklich gemacht, abgesehen davon, dass es auch sonst eher unbefriedigend mit ihr war, was aber nicht am Reisen lag und also hier kein Thema ist.
Lange nach dem obigen Segeln haben wir uns noch mal mit der Familie auf dem russischen Segelschulschiff Kruzenshtern getroffen und haben auf dem 5 Master, der mal ein P-Liner war, die aufregende Tour von Bremerhaven nach Bremen gemacht, quasi die Weser hinauf, was ich zumindest vom Seegang her sehr verträglich fand und auch die Ästhetik eines Großseglers fand ich auf einer ruhigen Flussfahrt bestechend schön. Die Bewunderung der Zuschauer unserer Einfahrt in meine Geburtsstadt tat ein übriges diese Erinnerung ans Segeln zumindest schön zu halten.
Später wurde mir klar, was mich daran reizte - ich las gern die Reiseberichte von Forster und Nansen, fand es verlockend im höhlenartigen Stil der Segelschiffen eingerichtet zu sein, solange ich festen Boden unter den Füßen hatte, in meiner Bibliothek war, die einige der schönsten Reiseberichte beherbergt, auch von Humboldt oder Montaigne. Dort bin ich glücklich - sich Zeit zu nehmen, um in Ruhe zu lesen, dies ausgiebig bei einem feinen Tee mit guten Keksen zu genießen, ist für mich der schönste Urlaub und ich bewege mich nur noch an andere Orte, wenn etwas viel kostbares, wie etwa die Liebe gerade, dazu bringt und war noch nie so ausgeglichen und glücklich.
Vermutlich gibt es Reisende, die dieses Glück empfinden, wenn sie unterwegs sind, doch auch in den größten Reiseberichten wird immer das Glück heimzukehren beschrieben und die Ruhe der Heimat wird um so mehr genossen, desto größer die Strapaze der Reise war. Vielleicht ist eine solche Dialektik ein Teil unserer Natur, die uns das eine erst aus der Kenntnis des Gegenteils schätzen lässt. Natürlich werden Abenteurer oder diejenigen, die ihnen auf moderne Form nacheifern als Helden angesehen, was ihr Ansehen allgemein erhöht und ihren Erfolg bei Frauen zumindest theoretisch, so dass dies Abenteurertum für den Erhalt der Gattung und die Weitergabe des eigenen Erbguts nützlich sein könnte.
Betrachte ich allerdings die letzten Jahre, bis ich meine Traumfrau traf und damit ohnehin aus dem Rennen bin, war der Erfolg im Café vor Ort oder im Netz schreibend größer als auf Reisen je, schreckte meine Sesshaftigkeit weniger ab, als meine Ruhe in dem was ich tat, anziehend wirkte. Das Erfolgsrezept Reisen und Abenteuer, um Frauen zu beeindrucken scheint mir schon von daher höchst zweifelhaft, ganz abgesehen davon, dass ich Frauen, die ich so beeindrucken müsste, damit sie mich interessant finden, inzwischen völlig uninteressant finde. So habe ich die zauberhafteste Frau dadurch kennengelernt, dass sie von meinen Texten so verzaubert war, dass ihr Alter und alles sonst völlig egal waren.
Denke nun bei meiner Reise quer durch Deutschland, von Berlin in den wilden Südwesten zu meiner Liebsten, darüber nach, warum es so vielen Menschen normal scheint, Reisen als Lust zu sehen, wie sie sich mit den Abenteuern ihrer Reisen zu gerne schmücken und ob dies so umweltschädliche Verhalten, dass eine ganze Industrie geschaffen hat, uns wirklich je gut tut.
Vielleicht gibt es wirklich eine kleine Gruppe von Forschern, die darin eine höhere Befriedigung finden - doch gemessen an der Zahl der Urlauber, die sich Sommer für Sommer und auch im Winter immer wieder in das Abenteuer der Autobahnfahrt begeben mit seinem für das Leben so ungewissen Ausgang, stellt sich schon die Frage, ob der Gewinn dieser Tätigkeit nicht nur Ausdruck der Sklaverei unfreier Menschen ist, die sich ganz gegen ihre natürlichen Bedürfnisse einem Markt unterwerfen, der die große Freiheit, Abenteuer, Lust und vieles mehr verspricht, ohne etwas zu erfüllen als Unruhe.
Die Fahrt durch die Städte quer durch Deutschland zeigt mir wieder, sie gleichen sich in ihrem Speckgürtel alle immer mehr. Die gleichen Fertigbauten mit den ewig selben Filialen irgendwelcher Konzerne, zwischendrin mal ein nettes Häuschen, eine Burg oder eine Stadtmauer vielleicht über die ich aber immer mehr erfahre, wenn ich über sie lese, statt mich der großen Unruhe zu unterwerfen und die Unbill des Reisens auf mich zu nehmen.
Dann war ich nicht da, stimmt schon, aber da gewesen zu sein, vermehrt meine Bildung keinesfalls, sondern nur den zufälligen direkten Blick, der meist eher überschätzt wird. Was ich weiß, weiß ich aus Büchern und durch ausgiebige Lektüre für die neben dem Reisen selten Zeit bleibt.
Es war beeindruckend in den Rocky Mountains zu stehen, wie es schön war in Davos auf dem Zauberberg Ski zu fahren, auch wenn ich damals noch keine Ahnung von Thomas Mann und seiner wunderbaren Kulturgeschichte Europas hatte, natürlich hat Paris auch schöne Seiten und zeigt viel Geschichte, wie mich auch London sehr beeindruckte, Vancouver mit seiner Lage am Meer und vor den Bergen war bezaubernd und Südafrika hinterließ bei mir als Kind einen irgendwie Eindruck, auch die Fahrt durch Wien war ein vielfältiger Genuss - doch was ist der Gewinn, im Pazifik gebadet zu haben?
Stelle mich gegen den Konsens auch meiner Familie, in der etwa meine Eltern noch jahrelang mit besten Freunden regelmäßig Dia-Abende veranstaltet haben, um sich gegenseitig die Reisen um die Welt vorzuführen und was für beeindruckende Bilder wurden da gezeigt - von Galapagos bis zur Transsibirischen Eisenbahn, aus Südamerika oder Afrika - die sich Globetrottel ein wenig selbstironisch nannten, waren in der Welt zuhause und schauten sie sich an. Als Kind und Jugendlicher verfolgte ich diese Abende noch und war beeindruckt von der Vielfalt, der Andersartigkeit der Welt, wollte selbst aufbrechen, um die Welt kennenzulernen.
Irgendwann kam mir all dies lächerlich vor. Beobachtete bei einzelnen der Weltreisenden einen großen Mangel an kultureller Bildung, außer in den zur bürgerlichen Existenz gehörenden Stichworten und leider auch einen große Intoleranz, auch wenn sie doch die Welt angeblich kannten, hatten sie sich aus der bloßen Anschauung der Welt auf ihrem vermeintlichen Hochsitz eingerichtet, der zwar viel gesehen aber, wie mir schien, wenig verstanden hatte.
Vielleicht liegt dieser Blick an meinem engen Horizont, der ich wie Kant einst, irgendwann beschloss nicht mehr zu reisen oder doch nur so viel wie unbedingt nötig wie gerade quer durch Deutschland um der Liebe wegen, die für mich jeden Weg wert wäre, denn was sonst sollte uns kostbar sein. Will mich nicht mit Kant vergleichen und meine Bequemlichkeit, die meinem Bedürfnis nach Lust folgt, den hehren Prinzipien des Königsbergers gleichstellen. Nur das Ergebnis ist eben dasselbe - Reisen zu vermeiden, möglichst am Ort zu bleiben, lieber zu lesen und zu schreiben, als unruhig durch die Welt zu laufen, lieber ankommen, statt weg sein.
Ökologisch betrachtet scheint mir dies Denken das einzig nachhaltige, was Zukunft auf einer kleiner werdenden Welt hat, die durch Netze längst nahezu überall in Echtzeit verbunden ist, es zumindest über Satelliten überall könnte, in sozialen Netzwerken ortlos zu jeder Zeit rund um den Globus kommuniziert. Nicht irgendwo noch hin müssen, nicht etwas gesehen haben müssen im Leben, wie es schlechte Bücher als neuen Pflichtkanon heute verkaufen, sondern da sein und glücklich sein, mit dem was ist, mehr brauche ich nicht.
Aber jenseits jedes kantschen Sollen vertrete ich die Immobilität aus Überzeugung, weil der Gewinn nicht ist, irgendwo gewesen zu sein, unter welchem Aufwand auch immer, sondern da zu sein und damit glücklich zu sein. Es macht glücklich, nirgendwo mehr hin zu müssen, sondern zu bleiben und mehr zu genießen, was ist, sich Zeit zu nehmen, statt zu beschleunige und ob dies gerade progressiv oder konservativ sein soll, ist mir völlig egal - Reisen lohnt sich selten, Ruhe immer.
jens tuengerthal 27.7.2017
Heimatreise
Braucht Reisen Heimat
Willst du ohne lieber nie
Was soll Heimat sein
jens tuengerthal 27.7.2017
Willst du ohne lieber nie
Was soll Heimat sein
jens tuengerthal 27.7.2017
Reisegrund
Braucht Reisen Gründe
Wollen wir lieber ein Ziel
Ist Bewegung Sinn
jens tuengerthal 27.7.2017
Wollen wir lieber ein Ziel
Ist Bewegung Sinn
jens tuengerthal 27.7.2017
Mittwoch, 26. Juli 2017
KI 041
Wird Natur künstlich
Oder bleibt Mensch natürlich
Entscheiden wir noch
jens tuengerthal 26.7.2017
Oder bleibt Mensch natürlich
Entscheiden wir noch
jens tuengerthal 26.7.2017
KI 039
Mensch tut was er kann
Gefahren schrecken nur kurz
Ist das nur menschlich
jens tuengerthal 26.7.2017
Gefahren schrecken nur kurz
Ist das nur menschlich
jens tuengerthal 26.7.2017
KI 038
Risiken wachsen
Noch schneller wo nicht erkannt
Chancen ebenso
Bewusster Umgang
Mit beiden verringert sie
Zu gleichen Teilen
Nichts ist ganz ohne
Vernunft ist nötig da die
Mitte zu finden
jens tuengerthal 26.7.2017
Noch schneller wo nicht erkannt
Chancen ebenso
Bewusster Umgang
Mit beiden verringert sie
Zu gleichen Teilen
Nichts ist ganz ohne
Vernunft ist nötig da die
Mitte zu finden
jens tuengerthal 26.7.2017
KI 037
Musk und Zuckerberg
Streiten sich zu Gefahren
Der Intelligenz
Einer sieht Chancen
Der andere Risiken
Beide haben Recht
Blind für Gefahren
Ist genauso gefährlich
Wie Angst davor
Fragt sich nur wer da
Wohl intelligenter ist
Was künstlich da bleibt
jens tuengerthal 26.7.2017
Verhältnismäßig
Welcher Abstand verhältnismäßig scheint und von wo aus wir am genauesten sehen.
Wie die Dinge uns scheinen, hängt häufig davon ab, von wo aus wir sie betrachten. Je näher wir kommen, desto bedeutender werden die Details, bis sie uns im Eifer des Gefechts zu ersticken drohen, weil uns der Überblick fehlt.
So sah sich mancher Krieger im Kampf umzingelt und stellte dann überraschend fest, wie schnell der scheinbar übermächtige Feind flüchtete, weil er sich dem gefährlich verzweifelten Kampf dessen, der nichts mehr zu verlieren hatte, nicht stellen wollte und darum lieber seine eigentlich bessere Stellung aufgab und die längst verloren geglaubte Schlacht wurde unverhofft gewonnen, weil die Energie im verzweifelten letzten Gefecht, den nach eigener Überzeugung eigentlich übermächtigen Gegner so erschreckte.
Dies gelang Friedrich dem Großen in mehreren längst verloren geglaubten Schlachten, als sogar der Atheist nur noch betete, Zieten mögen aus dem Busch kommen, was er dann auch tatsächlich tat aber auch der Kampfesmut der Verzweifelten, die nichts mehr zu verlieren hatten, schürte oft noch den unübertroffenen Mut der Verzweiflung, der Situationen wendete, in denen keiner mehr vernünftigerweise hoffen durfte.
Es gibt auch Fälle in denen es anders ging, etwa beim Kampf der Roten Armee um Berlin, in dem sich die letzten Nazis noch mit der Parole wehrten, lieber fürs Vaterland sterben, als ehrlos zu verlieren und so Gefechte verlängerten, nachdem an allen Fronten der Zusammenbruch längst offensichtlich war. Sie taten es allerdings erfolglos, gaben aber auch erst nach dem Freitod Hitlers auf, der das Land und seine Armee auf sich eingeschworen hatte, damit danach die Überlebenden noch versuchten, irgendwie ihre Haut zu retten.
Im Vietnamkrieg unterlagen die technisch und numerisch weit überlegenen USA nach jahrelangem verlustreichen Kampf im Busch, in dem logisch der Überblick fehlte, und flohen, weil der Blutzoll zu hoch und der Widerstand zuhause es unmöglich machte, noch mehr zu riskieren. Trotz Entlaubung der Wälder waren sie in Vietnam nachhaltig so wenig erfolgreich, wie bei dem Versuch in Afghanistan die Taliban endgültig zu besiegen und eine Friedensordnung zu errichten, wie die Russen vor ihnen, weil der Ort zwar geostrategisch höchst wichtig ist, für die großen Handelsrouten in Asien aber sich im Kleinen in unübersichtliche Berge verliert, ein Krieg dort nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand zu gewinnen und selbst wenn, eine Friedensordnung für das ganze Land sich nicht automatisch einstellt.
Schaue ich auf Berlin als ganzes, scheint es mir ein recht übersichtliches Bundesland von der Fläche her, betrachte ich dagegen die lokalpolitischen Probleme vor Ort, verliere ich schnell den Blick für den Zusammenhang, werden die vielen Probleme unlösbar. Ewige Wartezeiten auf den Ämtern, die heiratswillige teilweise schon vor den Standesämtern campieren lassen, um noch einen Termin zu bekommen und Bürger stundenlang durch die Stadt zu tingeln, zwingen, um in irgendeinem Bezirk zufällig einen Termin zugewiesen zu bekommen und so scheint die alte Planwirtschaft im neuen Gewand des vorgeblich effektiven Management, wieder aufzutauchen und die Schlangen in Zeiten der DDR waren nichts gegen das, was sich Flüchtlinge in der überforderten Stadt lange antun mussten und was jeden Bürger zur Verzweiflung treiben kann. Böswillig schiene es mir, dem Chaos Absicht zu unterstellen, auch bloße Unfähigkeit griffe zu weit, wahrscheinlicher ist es, dass der Teufel im Detail steckt und in der Fülle der Überblick verloren geht.
Im Detail betrachtet, sind sicher all die preußischen Beamten sehr fleißig und korrekt, kann da nichts anderes berichten, auch wenn seltene Ausnahmen gerne skandalisiert werden. Mit Blick auf den Zusammenhang jedoch führt die Konkurrenz der Bezirke untereinander und die zentrale Planwirtschaft des Senats zu Zuständen, die in der unendlichen Geschichte des neuen Flughafens nur zu deutlich sichtbar werden. Es wird alles auf ein Projekt gesetzt, bei dem viele kleine Fehler im Detail und die Vermischung von politischer und ökonomischer Zuständigkeit zu einem Chaos führen, dass sich typisch für diese Stadt, von Skandal zu Skandal hangelt, bei dem jeden einzelnen Beteiligten kaum ein Vorwurf mehr gemacht werden kann, aber der noch nicht vollendete Bau schon vor seiner ungewissen irgendwann Fertigstellung sicher zu klein sein wird bald und dennoch soll plangemäß der andere Flughafen geschlossen werden und werden die Investitionen für das dann freie Gelände fortgesetzt, als habe die Realität nichts mit der Fertigstellung des Plans mehr zu tun. Im Detail verliert sich der Blick für den Zusammenhang und diesen wiederum erkennt keiner mehr, der pflichtgemäß am Detail arbeitet, was seine Arbeit wiederum oft im Ergebnis völlig unsinnig macht, ohne daraus einem einen Vorwurf machen zu können. Der Virus Deantwortung hat den Moloch Berlin voll in der Hand und ein Ausweg ist schwer zu erkennen, es herrscht die sozialdemokratisierte Betroffenheit der verbeamteten Großstadt, die für immer von Alimente lebt.
Deutschland gehört zu den reichsten Ländern, die Zahlen der Wirtschaft sind hervorragend, die privaten Vermögen wachsen wie die Zahl der Kinder, die in Armut aufwachsen und die Perspektivlosigkeit, der in Armut lebenden Menschen, aus dieser Situation wieder heraus zu finden. Je nachdem welchem Detail wir unsere Aufmerksamkeit mehr widmen, wird die Bewertung unterschiedlich sein. Wer einer Umverteilung das Wort redet, gefährdet damit auch den Zusammenhalt überhaupt und hebt die Freiheit als Prinzip zugunsten des Neids aus, aber das ist ein anderes Thema, zeigt nur, wie sehr der Blickwinkel allein die Bewertung verändern kann.
Verglichen mit arabischen Ländern ist die Situation der Frauen in Deutschland hervorragend und die Gleichberechtigung im Grundgesetz gesichert. Das Land wird seit Jahren von einer Frau regiert, die es auch versteht Frauen zu fördern und dies erfolgreicher tut, als alle linken Regierungen zuvor, auch wenn sie sich nie den Feminismus auf die Fahne schrieb. Blicken wir dagegen nach Skandinavien oder Frankreich ist die Situation berufstätiger Frauen immer noch deutlich schlechter, die Zahl der Frauen in Führungspositionen erschreckend gering, blockiert teilweise noch eine alte Lobby den Aufstieg der Frauen, bis auf wenige Alibi-Damen.
Ist die Situation hier nun im Detail schlimm oder eher relativ gut?
Die zunehmende Ausländerfeindlichkeit im Land erschreckt und der Aufstieg des den latenten Rassismus nutzenden AfD gerade im Osten ist ein deutliches Zeichen. Der eklatante Anstieg von Gewalttaten gegenüber Flüchtlingen könnte bedrohlich für den inneren Frieden wirken. Viele Extremisten auf der linken oder rechten Seite warnen vor einem drohenden Bürgerkrieg oder phantasieren über den Untergang des Abendlandes, wie es Sprengler schon zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts mit gleichnamigem Buch tat.
Andererseits ist die Integration der massiven unkontrollierten Zuwanderung, die einigen wie ein Horrorszenario erschien, bisher relativ gut gelaufen und bis auf Berlin haben die Länder relativ schnell die gewohnte Ordnung wiederhergestellt, lässt sich die Kanzlerin mit ihrem Legende gewordenen “Wir schaffen das” nicht aus der Ruhe bringen und sich dann mit einem gelassenen “Sie kennen mich” wohl mit großer Mehrheit wiederwählen, besetzt erfolgreich alle Felder der Mitte, so dass der SPD Kandidat in geradezu lächerlicher Verzweiflung von einem Extrem ins andere fällt, ohne dadurch besonder ernst genommen zu werden und auch die Extremisten an den Rändern verlaufen sich mit der Zeit immer mehr, so sehr ihr Verhalten auch im Einzelfall skandalös wirkt.
Eine Politik jenseits der Polaritäten, die auf Verständnis und Verständigung setzt, durch Dialog erfolgreicher ist als mit eher schlichtem Basta, wird für ihre Erfolge und ihre Zuverlässigkeit von der Mehrheit geschätzt und daran wird sich so schnell vermutlich nichts ändern. So scheint eine deutliche Mehrheit, trotz eines guten Drittels von Menschen, die tatsächlich für Populismus anfällig ist, den Blick für das große Ganze eher zu haben, als sich von polarisierenden Details zu extremen Entscheidungen verführen zu lassen.
Zuverlässigkeit und Kontinuität scheinen in Deutschland erfolgreicher als die polarisierenden Extremisten, die in Ländern wie den USA, Polen, Ungarn oder der Türkei die Regierung stellen, auch wenn die Weltlage für all diese Länder gleich unruhig ist. Die einen setzen auf das Extrem, während die anderen eher an die Kraft der Ruhe glauben und auf Bewährtes setzen, um eine kritische Weltlage zu bewältigen.
Haben darum eher die Wähler der polarisierenden Positionen eine weitere Sicht auf die Welt, weil sie in ihren Überzeugungen auch jede Verschwörungstheorie berücksichtigen oder die Wähler der Mitte, die sich von nichts aus der Ruhe bringen lassen?
Schauen wir von weiter oben, verschwimmen viele Probleme und werden nichtig und klein - würden wir von bestimmten Sternen im Universum aus, die millionen Lichtjahre entfernt sind, die wir aber jeden Abend, so es die Wolken zulassen, noch wie Nachbarn betrachten, unsere Welt betrachten, sähen wir jetzt dort Dinosaurier, die unsere Erde bevölkerten und auf Menschen müssten wir noch lange warten und dabei ist das Licht, was dies Bild wirft, schon das schnellste überhaupt, wird darüber hinaus nach der immer noch gültigen Relativitätstheorie alle Materie zu Energie, ist kein schnelleres Ding an sich denkbar. Sehen wir an dieser Stelle mal vom Welle-Teilchen-Dualismus des Lichts ab und der Quantenrelativität, die schon zu verstehen meinen bescheidenen Verstand überschritt, geschweige denn verständlich darüber zu schreiben.
Ohne wirklich zu verstehen, worüber ich hier gerade nachdenke, drängt sich mir doch die Frage auf, ob für das kleinste, also die subatomare Ebene, das gleiche gilt wie für das ganze Universum und sich, was wir als Schwarze Löcher oder Weiße Riesen dort sehen, genauso verhalten könnte und eine vielleicht nur unserem beschränkten linearen Horizont entsprechende Betrachtung wählten, die höher beschleunigte Welten oder Formen von Energie nicht wahrnehmen kann,obwohl sich das Kleine vielleicht wie das Große verhält.
Auch unser Blick ins Universum ist von unserem Horizont und den Schranken unseres Denkens geprägt - könnten wir, was die Raum-Zeit-Schranke überwindet, je mit unseren Mitteln der Wahrnehmung erkennen?
Weiß es nicht, verstehe ja nicht mal die Grundlagen unserer Betrachtung so weit, wie sie die moderne Physik gerade führt, was die Astrophysik über Werden und Vergehen des Universums denkt, sondern taste mich nur vorsichtig mit meinem Medium der Worte an das eher fremde der Physik heran, ohne es erklären zu können. Doch scheint mir eine Relativierung der Betrachtungsweise aus dem Wechsel des geistigen Horizonts immer vernünftiger als der Glaube an felsenfeste Überzeugungen.
Die Naturwissenschaft beschreibt die Welt, so wie wir sie erkennen und berechnen können und nach allem, was wir bisher vom Universum wahrnehmen können, spricht vieles dafür, dass sich dieses, wenn auch chaotisch der Natur nach, den uns erkennbaren logischen Regeln folgend verhält.
Weiß nicht, ob es eine Weltformel geben kann, die am besten auch noch die Entstehung des Universums nach dem gleichen Prinzip erklärt - vielleicht finden irgendwann geniale Physiker wie ein Hawkins diesen großen Zusammenhang und können ihn auf eine Formel bringen, vielleicht klingt diese am Ende so einfach auf den ersten Blick wie Einsteins Relativitätstheorie im schlichten E=mc². Möglich scheint es mir, dass der Mensch klug genug ist, sich die Dinge zu erklären und in einen logischen Zusammenhang zu bringen, der dann allgemeingültig ist,
Doch auch eine solche Weltformel würde nur unter den Bedingungen unseres Denkens entstehen können, sofern das Gehirn der Forscher mit genug Sauerstoff versorgt wird oder die Künstliche Intelligenz, die solche Ideen mit höchster Perfektion weiter rechnete, reichte nie über die Möglichkeiten meines Denkens hinaus. Also meines noch beschränkteren, der ich weder Physiker noch Astronom bin, geschweige denn deren Wissenschaft ganz begreifen kann, wohl sicherlich, der ich nur mühsam meine Mutmaßungen über diese Fragen anstelle und mit Worten um Dinge jongliere, die ich kaum mehr selbst berechnen könnte, aber doch auch unter den Genies ihrer Wissenschaft befände es sich in deren Schranken und System, würde durch viele Kleinigkeiten ihres Systems behindert und beengt, um formal korrekt zu sein.
Dies soll keinesfalls ein Plädoyer für die Scharlatanerie und Esoterik sein oder einer Offenheit für die horizontale Beschränkung des Aberglaubens das Wort reden, nichts liegt mir ferner. Gerne aber sähe ich es, wenn wir bei allem bedächten, auch was uns gänzlich sicher scheint, ist dies immer nur in den Schranken des menschlichen Geistes - auch wenn dieser sich vielleicht in Zahlen noch präziser auszudrücken versteht als in Worten, bleibt die Wahrheit ihrem Wesen nach die Erfindung eines Lügners, weil wir zwar Aussagen im Rahmen unserer Schranken verifizieren können, was wir dann Wissenschaft nennen, es uns aber unmöglich bleibt, alles zu erkennen, zu berücksichtigen, uns infrage zu stellen und den Blick zu heben, gerade wenn wir von etwas überzeugt sind. Wer sich anmaßt, es gäbe eine Wahrheit und Menschen hätten die Möglichkeit diese zu erkennen, hat ergo entweder einen zu beschränkten Horizont den Umfang seines Irrsinns zu erkennen, was es sicher bei nahezu allen Religionen trifft oder ist bewusst ignorant.
Darüber nun nachzudenken, wie weit dieses seltsame Wort, dessen Annahme nur von Intoleranz zeugt aber nie von Verständnis der Welt oder kritischem Denken, es in unsere alltägliche Gegenwart geschafft hat, macht stutzig. Beim Eid vor Gericht muss geschworen werden, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen und das Gegenteil wäre strafbar. Dabei kann dies keiner erfüllen, weil kein Mensch die Wahrheit also die objektive Sicht über seinen eigenen Horizont hinaus kennt. So erscheint die aktuelle Eidesformel so absurd wie die frühere Methode der Wahrheitsfindung durch Folter oder Gottesurteil. Wir beschwören unter Strafandrohung ein unmögliches Verhalten, machen die Institution des Gerichts damit eigentlich lächerlich, relativieren vorab den Meineid, zu dem uns schon die Eidesformel zwingt. Absurd aber tägliche Realität vor deutschen Gerichten.
Sokrates maßte sich sein, ich weiß, dass ich nichts weiß, an - sehr menschlich und nehmen wir unsere Erkenntnis als alles, was wir können logisch - würde für mich lieber noch weniger weit gehen und Michel de Montaigne auch zur Weite oder Nähe des Blicks fragen, was weiß ich schon?
Vielleicht könnte aus dieser grundsätzlichen Infragestellung von allem, mehr Erkenntnis dessen wachsen, was uns glücklich macht, in dem uns gegebenen bescheidenen Rahmen. Mehr werden wir nie als glücklich, scheint mir, mit dem wenigen, was ich wissen kann und ich kann dies zumindest aus voller Überzeugung und in Übereinstimmung mit meinem Gefühl sagen und strebe nach nichts anderem mehr, als glücklich zu sein und so frage ich mich am Ende dieser Betrachtungen über Weite oder Ferne des Blicks, ob eine Weltformel, wenn sie denn alles umfassen soll, sich nicht in erster Linie dem Glück widmen müsste, was logisch so individuell ist, wie jeder von uns, warum das Vorhaben schon absurd scheint und auch die biochemischen Krücken der Glückshormone führen hier nicht wirklich weiter.
Am Ende möchte ich Montaignes geniale Frage der glücklichen Bescheidenheit noch um einen Punkt ergänzen: Was weiß ich schon und was zählt, als was mich glücklich macht. Es scheint mir die ausgiebige Beschäftigung allein mit dieser Frage langfristig die größte Chance zu bieten, glücklich zu sein und auf was kommt es sonst an, denn was weiß ich am Ende schon? Wenn ich den Abstand zu den Dingen finde, der mich glücklich macht, wird es wohl gut so sein.
jens tuengerthal 25.7.2017
Wie die Dinge uns scheinen, hängt häufig davon ab, von wo aus wir sie betrachten. Je näher wir kommen, desto bedeutender werden die Details, bis sie uns im Eifer des Gefechts zu ersticken drohen, weil uns der Überblick fehlt.
So sah sich mancher Krieger im Kampf umzingelt und stellte dann überraschend fest, wie schnell der scheinbar übermächtige Feind flüchtete, weil er sich dem gefährlich verzweifelten Kampf dessen, der nichts mehr zu verlieren hatte, nicht stellen wollte und darum lieber seine eigentlich bessere Stellung aufgab und die längst verloren geglaubte Schlacht wurde unverhofft gewonnen, weil die Energie im verzweifelten letzten Gefecht, den nach eigener Überzeugung eigentlich übermächtigen Gegner so erschreckte.
Dies gelang Friedrich dem Großen in mehreren längst verloren geglaubten Schlachten, als sogar der Atheist nur noch betete, Zieten mögen aus dem Busch kommen, was er dann auch tatsächlich tat aber auch der Kampfesmut der Verzweifelten, die nichts mehr zu verlieren hatten, schürte oft noch den unübertroffenen Mut der Verzweiflung, der Situationen wendete, in denen keiner mehr vernünftigerweise hoffen durfte.
Es gibt auch Fälle in denen es anders ging, etwa beim Kampf der Roten Armee um Berlin, in dem sich die letzten Nazis noch mit der Parole wehrten, lieber fürs Vaterland sterben, als ehrlos zu verlieren und so Gefechte verlängerten, nachdem an allen Fronten der Zusammenbruch längst offensichtlich war. Sie taten es allerdings erfolglos, gaben aber auch erst nach dem Freitod Hitlers auf, der das Land und seine Armee auf sich eingeschworen hatte, damit danach die Überlebenden noch versuchten, irgendwie ihre Haut zu retten.
Im Vietnamkrieg unterlagen die technisch und numerisch weit überlegenen USA nach jahrelangem verlustreichen Kampf im Busch, in dem logisch der Überblick fehlte, und flohen, weil der Blutzoll zu hoch und der Widerstand zuhause es unmöglich machte, noch mehr zu riskieren. Trotz Entlaubung der Wälder waren sie in Vietnam nachhaltig so wenig erfolgreich, wie bei dem Versuch in Afghanistan die Taliban endgültig zu besiegen und eine Friedensordnung zu errichten, wie die Russen vor ihnen, weil der Ort zwar geostrategisch höchst wichtig ist, für die großen Handelsrouten in Asien aber sich im Kleinen in unübersichtliche Berge verliert, ein Krieg dort nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand zu gewinnen und selbst wenn, eine Friedensordnung für das ganze Land sich nicht automatisch einstellt.
Schaue ich auf Berlin als ganzes, scheint es mir ein recht übersichtliches Bundesland von der Fläche her, betrachte ich dagegen die lokalpolitischen Probleme vor Ort, verliere ich schnell den Blick für den Zusammenhang, werden die vielen Probleme unlösbar. Ewige Wartezeiten auf den Ämtern, die heiratswillige teilweise schon vor den Standesämtern campieren lassen, um noch einen Termin zu bekommen und Bürger stundenlang durch die Stadt zu tingeln, zwingen, um in irgendeinem Bezirk zufällig einen Termin zugewiesen zu bekommen und so scheint die alte Planwirtschaft im neuen Gewand des vorgeblich effektiven Management, wieder aufzutauchen und die Schlangen in Zeiten der DDR waren nichts gegen das, was sich Flüchtlinge in der überforderten Stadt lange antun mussten und was jeden Bürger zur Verzweiflung treiben kann. Böswillig schiene es mir, dem Chaos Absicht zu unterstellen, auch bloße Unfähigkeit griffe zu weit, wahrscheinlicher ist es, dass der Teufel im Detail steckt und in der Fülle der Überblick verloren geht.
Im Detail betrachtet, sind sicher all die preußischen Beamten sehr fleißig und korrekt, kann da nichts anderes berichten, auch wenn seltene Ausnahmen gerne skandalisiert werden. Mit Blick auf den Zusammenhang jedoch führt die Konkurrenz der Bezirke untereinander und die zentrale Planwirtschaft des Senats zu Zuständen, die in der unendlichen Geschichte des neuen Flughafens nur zu deutlich sichtbar werden. Es wird alles auf ein Projekt gesetzt, bei dem viele kleine Fehler im Detail und die Vermischung von politischer und ökonomischer Zuständigkeit zu einem Chaos führen, dass sich typisch für diese Stadt, von Skandal zu Skandal hangelt, bei dem jeden einzelnen Beteiligten kaum ein Vorwurf mehr gemacht werden kann, aber der noch nicht vollendete Bau schon vor seiner ungewissen irgendwann Fertigstellung sicher zu klein sein wird bald und dennoch soll plangemäß der andere Flughafen geschlossen werden und werden die Investitionen für das dann freie Gelände fortgesetzt, als habe die Realität nichts mit der Fertigstellung des Plans mehr zu tun. Im Detail verliert sich der Blick für den Zusammenhang und diesen wiederum erkennt keiner mehr, der pflichtgemäß am Detail arbeitet, was seine Arbeit wiederum oft im Ergebnis völlig unsinnig macht, ohne daraus einem einen Vorwurf machen zu können. Der Virus Deantwortung hat den Moloch Berlin voll in der Hand und ein Ausweg ist schwer zu erkennen, es herrscht die sozialdemokratisierte Betroffenheit der verbeamteten Großstadt, die für immer von Alimente lebt.
Deutschland gehört zu den reichsten Ländern, die Zahlen der Wirtschaft sind hervorragend, die privaten Vermögen wachsen wie die Zahl der Kinder, die in Armut aufwachsen und die Perspektivlosigkeit, der in Armut lebenden Menschen, aus dieser Situation wieder heraus zu finden. Je nachdem welchem Detail wir unsere Aufmerksamkeit mehr widmen, wird die Bewertung unterschiedlich sein. Wer einer Umverteilung das Wort redet, gefährdet damit auch den Zusammenhalt überhaupt und hebt die Freiheit als Prinzip zugunsten des Neids aus, aber das ist ein anderes Thema, zeigt nur, wie sehr der Blickwinkel allein die Bewertung verändern kann.
Verglichen mit arabischen Ländern ist die Situation der Frauen in Deutschland hervorragend und die Gleichberechtigung im Grundgesetz gesichert. Das Land wird seit Jahren von einer Frau regiert, die es auch versteht Frauen zu fördern und dies erfolgreicher tut, als alle linken Regierungen zuvor, auch wenn sie sich nie den Feminismus auf die Fahne schrieb. Blicken wir dagegen nach Skandinavien oder Frankreich ist die Situation berufstätiger Frauen immer noch deutlich schlechter, die Zahl der Frauen in Führungspositionen erschreckend gering, blockiert teilweise noch eine alte Lobby den Aufstieg der Frauen, bis auf wenige Alibi-Damen.
Ist die Situation hier nun im Detail schlimm oder eher relativ gut?
Die zunehmende Ausländerfeindlichkeit im Land erschreckt und der Aufstieg des den latenten Rassismus nutzenden AfD gerade im Osten ist ein deutliches Zeichen. Der eklatante Anstieg von Gewalttaten gegenüber Flüchtlingen könnte bedrohlich für den inneren Frieden wirken. Viele Extremisten auf der linken oder rechten Seite warnen vor einem drohenden Bürgerkrieg oder phantasieren über den Untergang des Abendlandes, wie es Sprengler schon zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts mit gleichnamigem Buch tat.
Andererseits ist die Integration der massiven unkontrollierten Zuwanderung, die einigen wie ein Horrorszenario erschien, bisher relativ gut gelaufen und bis auf Berlin haben die Länder relativ schnell die gewohnte Ordnung wiederhergestellt, lässt sich die Kanzlerin mit ihrem Legende gewordenen “Wir schaffen das” nicht aus der Ruhe bringen und sich dann mit einem gelassenen “Sie kennen mich” wohl mit großer Mehrheit wiederwählen, besetzt erfolgreich alle Felder der Mitte, so dass der SPD Kandidat in geradezu lächerlicher Verzweiflung von einem Extrem ins andere fällt, ohne dadurch besonder ernst genommen zu werden und auch die Extremisten an den Rändern verlaufen sich mit der Zeit immer mehr, so sehr ihr Verhalten auch im Einzelfall skandalös wirkt.
Eine Politik jenseits der Polaritäten, die auf Verständnis und Verständigung setzt, durch Dialog erfolgreicher ist als mit eher schlichtem Basta, wird für ihre Erfolge und ihre Zuverlässigkeit von der Mehrheit geschätzt und daran wird sich so schnell vermutlich nichts ändern. So scheint eine deutliche Mehrheit, trotz eines guten Drittels von Menschen, die tatsächlich für Populismus anfällig ist, den Blick für das große Ganze eher zu haben, als sich von polarisierenden Details zu extremen Entscheidungen verführen zu lassen.
Zuverlässigkeit und Kontinuität scheinen in Deutschland erfolgreicher als die polarisierenden Extremisten, die in Ländern wie den USA, Polen, Ungarn oder der Türkei die Regierung stellen, auch wenn die Weltlage für all diese Länder gleich unruhig ist. Die einen setzen auf das Extrem, während die anderen eher an die Kraft der Ruhe glauben und auf Bewährtes setzen, um eine kritische Weltlage zu bewältigen.
Haben darum eher die Wähler der polarisierenden Positionen eine weitere Sicht auf die Welt, weil sie in ihren Überzeugungen auch jede Verschwörungstheorie berücksichtigen oder die Wähler der Mitte, die sich von nichts aus der Ruhe bringen lassen?
Schauen wir von weiter oben, verschwimmen viele Probleme und werden nichtig und klein - würden wir von bestimmten Sternen im Universum aus, die millionen Lichtjahre entfernt sind, die wir aber jeden Abend, so es die Wolken zulassen, noch wie Nachbarn betrachten, unsere Welt betrachten, sähen wir jetzt dort Dinosaurier, die unsere Erde bevölkerten und auf Menschen müssten wir noch lange warten und dabei ist das Licht, was dies Bild wirft, schon das schnellste überhaupt, wird darüber hinaus nach der immer noch gültigen Relativitätstheorie alle Materie zu Energie, ist kein schnelleres Ding an sich denkbar. Sehen wir an dieser Stelle mal vom Welle-Teilchen-Dualismus des Lichts ab und der Quantenrelativität, die schon zu verstehen meinen bescheidenen Verstand überschritt, geschweige denn verständlich darüber zu schreiben.
Ohne wirklich zu verstehen, worüber ich hier gerade nachdenke, drängt sich mir doch die Frage auf, ob für das kleinste, also die subatomare Ebene, das gleiche gilt wie für das ganze Universum und sich, was wir als Schwarze Löcher oder Weiße Riesen dort sehen, genauso verhalten könnte und eine vielleicht nur unserem beschränkten linearen Horizont entsprechende Betrachtung wählten, die höher beschleunigte Welten oder Formen von Energie nicht wahrnehmen kann,obwohl sich das Kleine vielleicht wie das Große verhält.
Auch unser Blick ins Universum ist von unserem Horizont und den Schranken unseres Denkens geprägt - könnten wir, was die Raum-Zeit-Schranke überwindet, je mit unseren Mitteln der Wahrnehmung erkennen?
Weiß es nicht, verstehe ja nicht mal die Grundlagen unserer Betrachtung so weit, wie sie die moderne Physik gerade führt, was die Astrophysik über Werden und Vergehen des Universums denkt, sondern taste mich nur vorsichtig mit meinem Medium der Worte an das eher fremde der Physik heran, ohne es erklären zu können. Doch scheint mir eine Relativierung der Betrachtungsweise aus dem Wechsel des geistigen Horizonts immer vernünftiger als der Glaube an felsenfeste Überzeugungen.
Die Naturwissenschaft beschreibt die Welt, so wie wir sie erkennen und berechnen können und nach allem, was wir bisher vom Universum wahrnehmen können, spricht vieles dafür, dass sich dieses, wenn auch chaotisch der Natur nach, den uns erkennbaren logischen Regeln folgend verhält.
Weiß nicht, ob es eine Weltformel geben kann, die am besten auch noch die Entstehung des Universums nach dem gleichen Prinzip erklärt - vielleicht finden irgendwann geniale Physiker wie ein Hawkins diesen großen Zusammenhang und können ihn auf eine Formel bringen, vielleicht klingt diese am Ende so einfach auf den ersten Blick wie Einsteins Relativitätstheorie im schlichten E=mc². Möglich scheint es mir, dass der Mensch klug genug ist, sich die Dinge zu erklären und in einen logischen Zusammenhang zu bringen, der dann allgemeingültig ist,
Doch auch eine solche Weltformel würde nur unter den Bedingungen unseres Denkens entstehen können, sofern das Gehirn der Forscher mit genug Sauerstoff versorgt wird oder die Künstliche Intelligenz, die solche Ideen mit höchster Perfektion weiter rechnete, reichte nie über die Möglichkeiten meines Denkens hinaus. Also meines noch beschränkteren, der ich weder Physiker noch Astronom bin, geschweige denn deren Wissenschaft ganz begreifen kann, wohl sicherlich, der ich nur mühsam meine Mutmaßungen über diese Fragen anstelle und mit Worten um Dinge jongliere, die ich kaum mehr selbst berechnen könnte, aber doch auch unter den Genies ihrer Wissenschaft befände es sich in deren Schranken und System, würde durch viele Kleinigkeiten ihres Systems behindert und beengt, um formal korrekt zu sein.
Dies soll keinesfalls ein Plädoyer für die Scharlatanerie und Esoterik sein oder einer Offenheit für die horizontale Beschränkung des Aberglaubens das Wort reden, nichts liegt mir ferner. Gerne aber sähe ich es, wenn wir bei allem bedächten, auch was uns gänzlich sicher scheint, ist dies immer nur in den Schranken des menschlichen Geistes - auch wenn dieser sich vielleicht in Zahlen noch präziser auszudrücken versteht als in Worten, bleibt die Wahrheit ihrem Wesen nach die Erfindung eines Lügners, weil wir zwar Aussagen im Rahmen unserer Schranken verifizieren können, was wir dann Wissenschaft nennen, es uns aber unmöglich bleibt, alles zu erkennen, zu berücksichtigen, uns infrage zu stellen und den Blick zu heben, gerade wenn wir von etwas überzeugt sind. Wer sich anmaßt, es gäbe eine Wahrheit und Menschen hätten die Möglichkeit diese zu erkennen, hat ergo entweder einen zu beschränkten Horizont den Umfang seines Irrsinns zu erkennen, was es sicher bei nahezu allen Religionen trifft oder ist bewusst ignorant.
Darüber nun nachzudenken, wie weit dieses seltsame Wort, dessen Annahme nur von Intoleranz zeugt aber nie von Verständnis der Welt oder kritischem Denken, es in unsere alltägliche Gegenwart geschafft hat, macht stutzig. Beim Eid vor Gericht muss geschworen werden, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen und das Gegenteil wäre strafbar. Dabei kann dies keiner erfüllen, weil kein Mensch die Wahrheit also die objektive Sicht über seinen eigenen Horizont hinaus kennt. So erscheint die aktuelle Eidesformel so absurd wie die frühere Methode der Wahrheitsfindung durch Folter oder Gottesurteil. Wir beschwören unter Strafandrohung ein unmögliches Verhalten, machen die Institution des Gerichts damit eigentlich lächerlich, relativieren vorab den Meineid, zu dem uns schon die Eidesformel zwingt. Absurd aber tägliche Realität vor deutschen Gerichten.
Sokrates maßte sich sein, ich weiß, dass ich nichts weiß, an - sehr menschlich und nehmen wir unsere Erkenntnis als alles, was wir können logisch - würde für mich lieber noch weniger weit gehen und Michel de Montaigne auch zur Weite oder Nähe des Blicks fragen, was weiß ich schon?
Vielleicht könnte aus dieser grundsätzlichen Infragestellung von allem, mehr Erkenntnis dessen wachsen, was uns glücklich macht, in dem uns gegebenen bescheidenen Rahmen. Mehr werden wir nie als glücklich, scheint mir, mit dem wenigen, was ich wissen kann und ich kann dies zumindest aus voller Überzeugung und in Übereinstimmung mit meinem Gefühl sagen und strebe nach nichts anderem mehr, als glücklich zu sein und so frage ich mich am Ende dieser Betrachtungen über Weite oder Ferne des Blicks, ob eine Weltformel, wenn sie denn alles umfassen soll, sich nicht in erster Linie dem Glück widmen müsste, was logisch so individuell ist, wie jeder von uns, warum das Vorhaben schon absurd scheint und auch die biochemischen Krücken der Glückshormone führen hier nicht wirklich weiter.
Am Ende möchte ich Montaignes geniale Frage der glücklichen Bescheidenheit noch um einen Punkt ergänzen: Was weiß ich schon und was zählt, als was mich glücklich macht. Es scheint mir die ausgiebige Beschäftigung allein mit dieser Frage langfristig die größte Chance zu bieten, glücklich zu sein und auf was kommt es sonst an, denn was weiß ich am Ende schon? Wenn ich den Abstand zu den Dingen finde, der mich glücklich macht, wird es wohl gut so sein.
jens tuengerthal 25.7.2017
Dienstag, 25. Juli 2017
Problemrelation
Sterne leuchten uns
Obwohl sie längst erloschen
Bevor wir waren
Entfernung scheint uns
Unendlich verglichen mit
Unserem Tempo
Der Blick nach oben
Relativiert so manches
Nüchtern betrachtet
jens tuengerthal 25.7.2017
Obwohl sie längst erloschen
Bevor wir waren
Entfernung scheint uns
Unendlich verglichen mit
Unserem Tempo
Der Blick nach oben
Relativiert so manches
Nüchtern betrachtet
jens tuengerthal 25.7.2017
Astroeinfluss
Mond bewegt Meere
Ebbe und Flut ein Echo
Lernt heut jedes Kind
Naiv wäre wohl
Wer glaubte die Sterne
Beeinflussten nicht
Dumm nur alle die
Meinen sie könnten lesen
Was Chaos beherrscht
jens tuengerthal 25.3.2017
Ebbe und Flut ein Echo
Lernt heut jedes Kind
Naiv wäre wohl
Wer glaubte die Sterne
Beeinflussten nicht
Dumm nur alle die
Meinen sie könnten lesen
Was Chaos beherrscht
jens tuengerthal 25.3.2017
Astroisches
Was ist unendlich
Außer dem Weltraum um uns
Menschliche Dummheit
Astronomie gibt
Dem Universum Namen
Ist die Wissenschaft
Astrologie sucht
Im Universum Gründe
Nennt es nur Logik
Logie suchen nur
Scharlatane heute noch
Fern aller Logik
Nomie ist ernsthaft
Namen zeigen was Wert hat
Tut zumindest so
jens tuengerthal 25.7.2017
Außer dem Weltraum um uns
Menschliche Dummheit
Astronomie gibt
Dem Universum Namen
Ist die Wissenschaft
Astrologie sucht
Im Universum Gründe
Nennt es nur Logik
Logie suchen nur
Scharlatane heute noch
Fern aller Logik
Nomie ist ernsthaft
Namen zeigen was Wert hat
Tut zumindest so
jens tuengerthal 25.7.2017
Montag, 24. Juli 2017
Vernunftliebe
Liebe die Vernunft
Was logisch ein Gefühl ist
Bleibt unvernünftig
jens tuengerthal 24.7.2017
Was logisch ein Gefühl ist
Bleibt unvernünftig
jens tuengerthal 24.7.2017
Liebesvernunft
Vernünftig lieben
Klingt eher unvernünftig
Nüchtern betrachtet
jens tuengerthal 24.7.2017
Klingt eher unvernünftig
Nüchtern betrachtet
jens tuengerthal 24.7.2017
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