Sonntag, 5. März 2017

Berlinleben 011

Im Adlon

Das erste mal ist immer aufregend, auch wenn es eigentlich nichts besonderes war, nur ein Pressetermin von George Soros, der sein Buch vorstellte und ein wenig vor der Hauptstadtpresse dazu referieren wollte.

Ein superreicher Investor ungarischer Abstammung, der in den USA zum Milliardär wurde und mit seinen Wetten gegen das englische Pfund mal eben eine Milliarde verdiente, die nur ein kleiner Teil seines Vermögens ist. Er unterstützt Bürgerbewegungen in Osteuropa mit seinem geschätzten Privatvermögen von 24,3 Milliarden US-Dollar. Seine Theorie der Reflexivität, die er in seinem Buch Alchemie der Finanzen genau beschreibt, stellt auf die Diskrepanz zwischen wahrgenommener und tatsächlicher Realität ab, bezieht sich auf seinen Lehrer den Philosophen Karl Popper und führt zu einem transparenten und erfolgreichen Engagement an den Finanzmärkten der Welt. Es ist das Gegenteil von Alchemie und Aberglauben. Sein Erfolg machte ihn zum Gegenstand wildester Verschwörungstheorien, in die immer auch der antisemitische Geist von der jüdischen Weltherrschaft hineinspielt und die noch stets den Wahn der Autoren eher offenbarten als Soros den kühlen Spekulanten eines illegalen Verhaltens zu überführen.

Soros setzte sich mit seinem Engagement seit den 70er Jahren massiv für eine offene Gesellschaft ein, ermöglichte schwarzen Studenten in Kapstadt das Studium mit Stipendien und unterstützte die Central European University mit Milliarden, um den Geist der offenen Gesellschaft im Sinne Poppers zu fördern. Beim Umbruch im ehemaligen Ostblock spielte er 1989/90 eine wichtige Rolle durch finanzielle und geistige Unterstützung der Freiheitsbewegungen. Sacharow warf ihm vor, die Republik Jugoslawien in eigenem Interesse durch Unterstützung der B92 Bewegung destabilisiert zu haben. Dagegen warf das Forbes Magazin ihm vor, den Machterhalt von Altkommunisten zu fördern. In die US-Politik griff er ein, um die Wiederwahl von Bush zu verhindern, dem er den falschen Irak Krieg vorwarf und den er für untragbar hielt. Er finanziert über die Soros Foundation auch Nichtregierungsorganisationen wie etwa Reporter ohne Grenzen.

Soros hielt die völlige Deregulierung der Märkte Anfang des Jahrtausends für falsch. Sie beruhe auf einer marktfundamentalistischen Ideologie aus der Ära Thatcher und Reagan, die nicht mehr in die Zeit passe und auf dem gleichen Denkfehler beruhe wie der Marxismus, da Märkte kein natürliches Gleichgewicht anstrebten. Seit 2009 investiert Soros massiv in erneuerbare Energien und fördert durch seine Stiftung ein Forschungsnetzwerk zur Klimapolitik. Wie Bill Gates und Warren Buffett versprach er einen Teil seines Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden. Der ungarische Präsident Orban warf Soros 2015 vor maßgeblich für die europäische Flüchtlingskrise verantwortlich zu sein. Ähnliche Vorwürfe erhob auch unter Berufung auf gehackte Mails die Jerusalem Post, weitere Belege dazu gibt es nicht. Russland wehrt sich massiv gegen den Einfluss der Stiftungen von Soros für eine offene Gesellschaft und klagt diese bis heute immer wieder an. Er war wohl massiv finanziell am Umsturz durch den Euromaidan in Kiew beteiligt, was er erst abstritt und später dann doch zugab, wie immer dies demokratisch zu bewerten ist, gefiel es den Russen überhaupt nicht.

Zuletzt unterstützte er den Wahlkampf von Hillary Clinton gegen Trump, den er einen Blender und Möchtegern-Diktator nannte, wofür aus heutiger Sicht immer mehr spricht, zeigte sich jedoch überzeugt, dass die starke amerikanische Demokratie ihn in die Schranken weisen werde.

Dies alles spielte 2001, als ich ihn mit J zusammen treffen sollte, noch keine Rolle. Er war als Mäzen der Demokraten in Osteuropa bekannt und galt als großer Förderer der Freiheit. J war der Filmproduzent und Autor, den ich beim Griechen am Kollwitzplatz kennengelernt hatte. Er war sehr an jüdischen Themen interessiert und immer wieder auch in diesem Bereich engagiert. Seine Idee war, einen Dokumentarfilm über den Menschen und Macher Soros zu drehen.

Arbeitete seit kurzem mit J zusammen und schrieb ein Konzeptpapier für den Film, der mir auch sehr reizvoll schien. Vom Film hatte ich keine Ahnung, aber J schätzte ich und warum nicht als Journalist auch mal in diesen Bereich hineinschnuppern, menschlich schätzten J und ich uns, auch wenn er für meine Liebe zu A weniger Verständnis hatte, die beiden waren schon am ersten Abend, an dem ich sie kennenlernte, etwas aneinandergeraten - aber er wollte ja mit mir und nicht mit ihr arbeiten und da Soros im Adlon residierte, fand auch die Buchvorstellung dort statt und wir bekamen neben der zahlreich anwesenden Presse einen Interviewtermin bei dem großen Investor und Mäzen der Demokratie.

Hatte immer ein gutes Bild von Soros gehabt, dass er sein Geld mit Spekulationen verdiente, fand ich nicht weiter anrüchig, es gab Märkte, Geld und anderes wurde gehandelt und also war nichts dagegen zu sagen, wenn einer seine Chancen dort nutzte, insbesondere nicht, wenn er sich zugleich auch sozial noch so engagierte. Dass der 1930 geborene inzwischen mit einer 45 Jahre jüngeren Frau verheiratet war, belächelte ich, machte es eben umgekehrt wie ich, meine ist 10 Jahre älter und bei ihm war es ja auch schon die dritte oder vierte Ehe. War gespannt auf diesen Mann, der auch schon so erfolgreich gegen Pfund und DM spekuliert hatte, auch wenn ihm das viel Hass einbrachte, weil er so über die Börse zumindest indirekt auch politischen Einfluss nahm.

Der Termin war also an sich schon spannend genug. Die Krone setzte ihm auf, dass er im Adlon stattfand. Dieser von vielen Mythen und Sagen umwobene Ort, der schon im Kaiserreich der Spielplatz und Präsentationsplatz der Reichen und Einflussreichen gewesen war, lag direkt am Pariser Platz. Im Krieg zerbombt, war es für Kempinski wiedererrichtet worden und zählt zu den großen Luxushotels in Deutschland. Mochte solche mondänen Häuser schon immer, kannte ein wenig das Parkhotel zu Bremen, die Traube im Schwarzwald und den Frankfurter Hof, zumindest von Familienfesten und aus Erzählungen meiner Mutter und meiner Großeltern. Sie atmen eine besondere Atmosphäre bis heute und das Thomas Mann wie der Feldmarschall Moltke dort gern zu Gast waren, gab ihnen noch mehr persönliche Nähe für mich. Auch Harry Graf Kessler speiste gerne dort und erwähnt in seinen Tagebüchern immer wieder das Adlon auch als Ort der Begegnung wie des Genusses.

Das Grundstück hatte der Geschäftsmann und Hotelier Lorenz Adlon 1905 gekauft und damit den Geburtsort eines der künftig besten Hotels Deutschlands gefunden. Auch der Kaiser war von der Idee eines Luxushotels begeistert und 1907 berichtete die Vossische Zeitung wie der Kaiser und die Kaiserin mit den Prinzen und Prinzessinnen den Hotelneubau besichtigten und Herrn Adlon ihre Anerkennung in der ehrendsten Weise ausgesprochen hätten.

Das Hotel passte sich vollkommen an den Platz an, nahm die klaren Linien des Brandenburger Tors auf und bildete mit dem Palais Arnim die Südostecke des schon damals Pariser Platzes. Er wollte dem Schloss keine Konkurrenz machen, dass durch die geschmacklosen Ergänzungen Wilhelms II. nur zum noch geschmackloseren Berliner Dom daneben passte, wie es Franz Hessel so treffend in seinen Flaneurgeschichten schrieb, sondern bildete von Anfang an einen Bau eigener Art, der mit klassizistischen Linien von Tor und Umgebung wie einigen Elementen des Jugendstil spielte. Lorenz Adlon war ein Ästhet.

Das Adlon wurde schon sehr bald zum Mythos in Berlin. Familien des Hochadels verkauften ihre Winterpalais um in den Suiten des Hotel Adlon zu residieren. Auch Kaiser Wilhelm II floh aus den zugigen Räumen des Schlosses gern in die gut geheizten Räume des Hotels, das auch zum inoffiziellen Gästehaus des Auswärtigen Amtes bald wurde. Europas Könige und Kaiser waren dort so zu Gast wie der Zar von Russland, indische Maharadschas, Edison, Ford, Rockefeller, Rathenau und Briand kamen regelmäßig. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Revolution änderte sich die Gästeliste. Die Hofgesellschaft war untergegangen, an ihre Stelle traten reiche Amerikaner. Charlie Chaplin kam dann dort unter wie Josephine Baker  und auch Marlene Dietrich, das Berliner Mädchen, schwärmte von der Atmosphäre des Hotels, in der alle Sprachen wild durcheinander schwirrten. Inzwischen galt das Adlon längst als Sehenswürdigkeit an sich, der Baedeker lobte insbesondere das sehr gute Weinrestaurant dort.

Während der NS-Zeit änderte sich die Rolle des Hotels, die Zahl der amerikanischen Besucher nahm ab, zwar residierte das Auswärtige Amt eine zeitlang in einem Seitenflügel und die Olympischen Spiele von 1936 brachten nochmal einen Aufschwung aber die große Zeit war in der Diktatur erstmal vorbei. Die nationalsozialistische Führung feierte ihre Feste und Empfänge lieber im Kaiserhof in der Wilhelmstraße und nicht am Pariser Platz wie von Louis Adlon gehofft, der das Hotel inzwischen mit seiner Frau Hedda führte. Vermutlich war den dumpf deutschtümelnden Nazis die Atmosphäre dort zu international und frei. Erst nach 1943 als der Kaiserhof den Bomben zum Opfer fiel, wurde das Adlon wieder stärker auch von der politischen Führung besucht. Es stand bis zum 2. Mai 1945, also bis Kriegsende noch unversehrt am Pariser Platz und wurde nur zeitweise als Lazarett genutzt. Erst in den Tagen danach brannte das von feiernden Rotarmisten besetzte Hotel aus ungeklärter Ursache ab. Wer die Folgen des Wodkakonsums kennt, wird sich vorstellen können, wo diese ungeklärten Umstände lagen. Die im Film dazu erzählte Geschichte vom versteckten SS-Mann ist auch sehr nett und trägt die Legenden weiter.

Der damalige Besitzer Louis Adlon wurde von Rotarmisten am 25. April 1945 in seinem Wohnhaus auf dem Gut bei Potsdam festgenommen und verstarb nach unklarer Odyssee am 7. Mai 1945 an Herzschwäche auf einer Straße in Falkensee. Seine Frau Hedda Adlon lebte noch bis 1967.

Berühmt für seine Küche schuf das Adlon zahlreiche Gerichte neu, zu denen etwa das Seezungenfilet Adlon oder das Kalbssteak Adlon gehörte. Mit Ende des Krieges endet die Geschichte des alten Adlon.

Nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung wurde von 1995 bis 1997 ein Neubau an der Stelle des alten Gebäudekomplexes errichtet. Genau diesen nun vier Jahre eingeweihten Komplex wollten wir besuchen, um Soros zu lauschen und ihn für unsere Idee zu begeistern. Der Neubau rekonstruierte nicht einfach den alten Gebäudekomplex, sondern war ein historisierender Entwurf, der sich an den Vorgänger anlehnte. Er nutzt die Gebäude des ehemaligen Adlon wie des vorhergehenden Kempinski auf dem benachbarten Grundstück, wobei ein Teil der Fläche an die quasi integrierte britische Botschaft abgegeben wurde. Das heutige Adlon hat bei nahezu gleicher Höhe eine Etage mehr, da es auch das Dachgeschoss für Zimmer nutzt. Im August 1997 wurde das Kempinski-Adlon noch von Roman Herzog eröffnet, wird inzwischen von amerikanischer und britischer Botschaft eingerahmt und hat die Akademie der Künste als schöne Nachbarin am Pariser Platz.

Von der Akademie und dem Land erwarben sie noch ein weiteres angrenzendes Grundstück zur Behrenstraße, in dem das Adlon Palais errichtet wurde mit Konferenzräumen, einem weiteren Ballsaal, Spa, Restaurants und einem Club. Das Adlon umschließt die britische Botschaft nun an drei Seiten auf einer Fläche von 8000 Quadratmetern bewirtschaftet es über alle Etagen eine Gebäudefläche von 58.700 Quadratmetern, ist also, wie wir es auch drehen, ziemlich groß, bedeutend und zentral gelegen. Neulich noch trafen sich Obama und Merkel da zum Abendessen und viele bekannte Gesichter residieren dort, gern von Touristen oder Berlinern um den Eingang herum bestaunt.

Weil im heutigen Rechtssystem möglichst kein Unternehmer oder Direktor mehr persönlich verantwortlich ist, wurden auch das Hotel Adlon eine GmbH, die wiederum eine hundertprozentige Tochter der Kempinski AG ist. Über die Finanzierung des Baus, dessen Millionenkosten hauptsächlich durch Anleger der Dresdner Bank aufgebracht wurde, ist lange gestritten worden, aufgrund enttäuschter Erwartungen, da der Fond die erwarteten Ausschüttungen nicht erbrachte und die frustrierten Anleger sich dann in der Schutzgemeinschaft der Adlon-Anleger zusammen taten und klagten.

Damit sind wir schon wieder über die Hotelgeschichte zu der des Abends gekommen, auch wenn diese Prozesse erst lange nach dem Interview begannen, steht Soros doch für erfolgreiches Investment in Fonds und gegen Währungen, mit dem er auch spekulativ seine Milliarden gewonnen hat. Die Art wie mit Geld jongliert wurde und was dabei alles verschachert worden ist, kann Grund zur Empörung vielleicht geben - ob sich mit moralischer Empörung am Handel mit Geld und Devisen etwas ändert, scheint dagegen mehr als fraglich.

Die Spekulation auf Lebensmittel oder andere Grundbedürfnisse der Menschen empört viele engagierte Menschen, die es andererseits völlig normal finden bei ihrem Händler auf dem Markt, um den Preis zu feilschen. Hörte neulich einen typischen Linken, der sich über die Unmoral der Banken empörte und die Verbrecher in Nadelstreifen und zugleich auf dem Flohmarkt, über den er gerade mit Freunden spazierte, hart um Bücher und Bilder mit den armen Händlern handelte, ihnen höchstens 1/10 des Geforderten bot und meist unter der Hälfte mit moralischem Druck handelseinig wurde, sich diebisch über seine guten Deals freute. So erscheint manches völlig normal, wenn es uns nahe liegt, die Summen kleiner sind, wird aber für ein Verbrechen gehalten, wenn die Summen und Gewinne größer werden.

Bin mir in meinem moralischen Urteil zu diesen Fragen nicht sicher, auch wenn ich früher schnell die Sprüche der Linken gegen die Deutsche Bank nachplapperte. Halte eine gesteuerte Wirtschaft für gefährlicher als den ungezügelten Kapitalismus, den Sozialismus für eine üble Diktatur und denke dennoch, dass Eigentum auch sozial verpflichtet und wir von einer schlichten Konfrontation zwischen bösen Banken und guten Armen keinen gesellschaftlichen Gewinn haben, dafür besser gezielt überlegen sollten, wo der Staat sinnvollerweise steuernd eingreift, um die Freiheit zu erhalten und gleichzeitig der Bildung von Monopolen vorzubeugen. Reichtum ist eine Last und ob Umverteilung nicht nur eine billige Neiddebatte auf Niveau des Vereins der Populisten genannt Linke bringt, sollte wohl überlegt werden. Andererseits muss die Frage, welcher Gewinn noch sozial vermittelbar ist, auch künftig diskutiert werden.

Wenn der Linke auf dem Flohmarkt, den Händler um 50% drückt, findet er das völlig normal, auch um mehr zu ringen, hat er kein schlechtes Gewissen. Kann auf Flohmärkten erfolgreich handeln, wenn es dringend und nötig ist, aber lieber sage ich einen Preis und dann werden wir uns einig oder nicht. Moralisch fühle ich mich unwohl, wenn ich den Preis zu sehr drücke, jemanden etwas für weniger abluchse als es, wie ich weiß, wert ist und das obwohl ich den Handel mit Aktien und ihren Derivaten nicht unmoralisch und die Diskussion darüber eher albern finde.

Wer Prozesse als Staat regeln will, kann dies durch Verbote oder Steuern. Etwas zu verbieten, braucht es gute Gründe in einer freien Gesellschaft, denke ich, auch wenn Linke gern alles verbieten, was ihnen moralisch nicht gefällt, umgekehrt aber staatliche Autorität gern infrage stellen. Steuern sind ein gutes Mittel, sofern sie nicht den Markt völlig verändern. Auf einem einheitlichen Binnenmarkt kann nicht einfach einer, ohne Folgen die Steuern erhöhen und auf dem grenzenlosen Handel der Banken im Internet wären solche Maßnahmen ohnehin relativ wirkungslos - dann werden eben bestimmte Gewinne erstmal aus diesem oder jenem Eiland steuerfrei geparkt, bis sie in Ruhe in die Heimat verschoben werden können.

Nationale moralische Regelungen im Banksektor sind relativer Humbug, wenn sie dazu führen, dass dann eben Gewinne und Verantwortung ausgelagert werden. Es braucht für künftige Staaten kluge und flexible Lösungen, die einerseits den Banken die Möglichkeit lassen Geld zu beschaffen, wo dies benötigt wird und dass dort, wo es sich eben am besten verdienen lässt. Das Geschäft mit Fonds und spekulativen Anleihen hat sich von der ökonomischen Realität weitgehend gelöst und ist ein eigener Markt geworden, auf dem mehr Geld verdient wird als mit nahezu jedem Handelsgut. Daraus entstanden dann auch irreal hohe Marktwerte von Unternehmen wie Google oder Apple, die beide allein einen höheren Marktwert haben als alle deutschen DAX Unternehmen in Summa. Dies für Dinge, die eigentlich keiner lebensnotwendig braucht, die überflüssiger Luxus in einer vituellen Welt sind und dennoch macht kaum einer der lauten Ankläger der Banken Apple einen Vorwurf, die Arbeitsplätze in Billiglohnländer auslagern und mit einer 400-500% Gewinnspanne Telefone oder Computer verkaufen.

Als wir Soros trafen, dümpelte Apple noch mühsam von Bill Gates gerade wieder gerettet herum, baute zu teure, wenn auch sehr gute, Rechner für Designer und Freaks. Schauen wir uns den Wert der beiden Unternehmen Google und Apple seit diesem Treffen an, sehen wir, wie irreal manche Entwicklung inzwischen auch auf dem doch relativ realen Technik Markt erscheint. Sollte Trump tatsächlich die verrückt hohen Gewinne dieser Unternehmen verringern, indem er sie verpflichtet, im Land zu produzieren und heimische Arbeiter zu beschäftigen, wäre dies eine für die USA positive Entwicklung, jenseits aller moralischen Bewertung dieses peinlichen neureichen Präsidenten ansonsten.

Als Soros im Juni 2001 sein Buch im Adlon vorstelle, gab es noch kein 9/11 Trauma der Amerikaner, keinen Krieg in Afghanistan, den er später befürwortete und keinen im Irak, gegen den sich der reiche Investor entschieden wandte und warum er Wahlkampf gegen Bush jr machte, den er nicht nur für unfähig sondern in dieser Frage auch für gefährlich hielt und wie Recht er hatte, sehen wir heute in der Region, in der dank des amerikanischen Krieges eine Gruppe wie der IS zum Staat werden konnte, auch wenn wir noch so tun, als sei dem nicht so.

Im Gespräch war der kluge mehrsprachige Mann ganz offen für die Filmidee, die ich zu gerne weiterverfolgt hätte, auch um etwas gegen die dummen linken und rechten Vorurteile  zu tun, die den reichen Juden moralisch abstempelten, ohne zu sehen, was er tatsächlich mit seinem Geld tat und wieviel er für die Demokratie in Europa und die Freiheit der Menschen bewegte, wie sehr der sehr berechenbare Mann auch ein Wohltäter war. Wir mochten uns und ich wäre gespannt gewesen, was aus dieser Kooperation auf Dauer geworden wäre, mit einem vorurteilsfreien Bild, jenseits der politischen Konventionen, dass einen Menschen zeigte, der logisch und philosophisch konsequent dachte, moralisch reflektierte handelte als die meisten seiner Kritiker von links, rechts und aus Moskau in ihrem Leben je.

Es wurde ein nettes Plaudern in diesem wunderbaren Hotel, er war angetan, wir sollten uns bei seiner Akademie melden, meine ich dunkel zu erinnern, dann warteten die nächsten Interviewpartner und Termine auf den gefragten Investor. Leider blieb es bei der schönen Idee, auch wenn ich nicht weiß warum und gerade jetzt wieder denke, wie dringend nötig ein solcher Film wäre um mit vielen Vorurteilen aufzuräumen, einen Menschen zu zeigen und sein klares Denken, was, wenn ich ihn richtig verstanden habe, für ihn der Schlüssel zu seinem Erfolg war. Vielleicht hat J sie noch weiter verfolgt oder greift sie wieder auf, wir verloren uns irgendwann wieder ein wenig aus den Augen, ich weiß es nicht, gut täte der hochaktuelle Film unserer Zeit immer noch im Kampf gegen Vorurteile.

Nach dem Adlon verplauderten wir uns noch einen Moment mit einigen Staatssekretären und Abgeordneten in einem schönen Weinrestaurant in der näheren Umgebung, in dem ich danach leider nur noch einmal Essen war. Die Idee einen Film über Soros zu machen, um mit Vorurteilen aufzuräumen, statt sie zu bedienen, gefällt mir immer besser - auch wenn ich eigentlich nie Filme sehe, bewegte Bilder nicht sonderlich mag, sie für überschätzt halte, finde sie verblöden eher, als dass sie zum Denken anregen, aber vielleicht könnte in diesem Fall ja eine der seltenen Ausnahmen gelingen, zumindest scheint mir das Thema im postfaktischen Zeitalter wichtiger denn je, um aufzuklären und die rechten und linken Antisemiten so zu offenbaren, wie die Netzwerke hinter vielen Vorurteilen, gegen die einer wie Soros an diesem Abend im Adlon wie in seinem Leben ankämpft.
jens tuengerthal 5.3.2017

Samstag, 4. März 2017

Berlinleben 010

Nun war ich Vater, aus dem Tagebuch eines Berliners ist damit schon das größte und schönste Erlebnis eigentlich erzählt. Mehr geht nicht. Da wer klug ist, aufhört, wenn es am schönsten ist, wäre dies nun eine gute Gelegenheit diese eitle Nabelschau zu beenden. Leider bin ich weder klug noch weise, täte nur gern so und beende darum die Chronologie und das Tagebuch hiermit, erzähle nur noch immer mal kleine Anekdoten, was sonst noch alles passierte, versprochen.

Diese werden nun zufällig kommen, losgelöst vom Ablauf eines Tagebuchs, dass ich nur selten real schrieb. Kleine Geschichten sind auch meist besser verdaulich als solch dramatische Ereignisse wie Schwangerschaft und Geburt, die mich gestern so aufwühlten, dass ich gleich noch in der Nacht unbefriedigt über Orgasmen schreiben musste, um Ruhe zu finden bei einem bekannten Thema.

Was mir einfällt, hängt an der Stimmung und am Wetter - heute bei frühlingshaftem Sonnenschein, kommen mir ganz andere Erinnerungen als an grau verregneten Tagen, mal geht es um die Stadt, dann mehr um die Menschen in ihr, manche halten sich für Promis, was immer das auch sein soll, andere sind nur stille Beobachter wie ich, der gestern die drei Damen an der Bar, die so sichtbar das Gespräch mit ihm suchten, voller Bedauern freundlich anlächelte, weil er nichts suchte und nur mal schauen wollte, wie es Franz Hessel tat, der mit Walter Benjamin natürlich unerreichtes Vorbild bleibt. Sie waren so schick und plapperten ununterbrochen nett, wenn sie nicht gerade auf ihren Telefonen herumwischten, die sie in noch schöneren Hüllen trugen, die den Glanz ihres echten Modeschmucks harmonisch wiederspiegelten. Ihr Lächeln war so smart wie ihre Telefone und wie diese immer mit aller Welt verbunden sind, blieb es völlig unverbindlich.

Dann wieder plaudere ich selbst, wie gestern in selbiger Bar nur einige Meter von den Damen entfernt, mit Ali dem kurdischen Freund, der lautstark mit dem Bier in der Hand erzählte, dass er all die Erdogan Anhänger zurück in die Türkei schicken würde, dass die hier nichts verloren hätten mit ihren Kopftüchern und ihrem mittelalterlichen Aberglauben, er, der früher noch nett über den nun Präsidenten sprach, mit dem er einst als Ingenieur die Bewässerung von Istanbul neu plante, der aber den Verstand verloren hätte und dessen Frau endlich mal, nach seiner Meinung, gut gefickt werden müsste, um diesen impotenten Ziegenficker von Ehemann zu vergessen. Lache mit ihm über seinen Zorn und weiß doch wie bitter die Wut auch ist, weil er die Geschichten aus den kurdischen Dörfern näher kennt als viele ahnen und frage nur, ob Hass und Vertreibung je weiterführen - er jedenfalls will nächstes mal Merkel wählen, was er auch jedem erzählt, der nicht danach fragte.

Begegnungen und Orte bei denen sich Bewohner und Gelegenheiten mit dem je besonderen der Situation mischen. Es wird damit natürlich zusammenhangloser und spontaner - wer eine schlichte Chonologie des Lebens des Autors daraus ablesen will, wird es noch schwerer haben als vorher, doch könnte das auch täuschen, denn wer weiß schon, wie wirklich die Wirklichkeit ist, die ich beschreibe?

So stifte ich durch wilde Sprünge durch die Zeiten, in die ich dann und wann noch historische Gedanken mische, falls mir zufällig etwas dazu einfällt, sicher Verwirrungen in den Geistern aller ordentlich und linear denkenden Leser und gebe doch vielleicht damit ein getreueres Abbild von mir und dem, was ich sah - mehr erzählt ohnehin keiner, ob er es nun Epos, Verse, Sage, Märchen, Kurzgeschichte, Roman, Theaterstück oder Tagebuch nennt, immer spiegeln wir nur Bruchstücke unserer Erinnerung, liefern eine wesensmäßig notwendige Prosa des Unvollständigen, auch wenn wir uns immer wieder anderes anmaßen.

Beherrsche nicht mal die Anmaßung gut genug, es mit ihr auch nur zu versuchen,  sage, wie es mir scheint, erzähle, was war, zumindest für mich und freue mich an den kleinen Höhepunkten zwischendurch eher als über das viele Nichts und die große  Leere, die 16 Jahre in einer Großstadt vermutlich mehr ausmachen, als uns oft bewusst ist. Nichts von allem, was ich erzähle, war wirklich so, habe ich doch lange genug schon gelernt, zu fragen, wie wirklich diese angebliche Wirklichkeit ist und frage weiter, immer wenn es darauf ankommt mit Montaigne, was weiß ich schon?

Es dauerte bis 2010, als ich wieder in eine eigene Wohnung für mich zog, dass ich den nächtlichen Teil des Berliner Lebens für mich entdeckte, wie es ist, bis Morgens hier im Café zu sitzen, in die Dämmerung zu tanzen. Anderes lernte ich schon früher kennen, bei manchmal zufälligen Gelegenheiten. Am aufregendsten waren meist die Ereignisse, um die ich mich am wenigsten bemüht hatte. So ist manches paradox in dieser Stadt, in die so viele streben, um etwas zu erleben, auch aus der weiten Ödnis Brandenburgs, in die umgekehrt immer mehr Berliner ziehen, um ihre Ruhe zu haben, zumindest manchmal.

Bis dahin lebte ich mit der Mutter meiner Tochter in einer Paarbeziehung, die mit zunehmender Dauer eine abnehmende Frequenz sexueller Akte hatte, wie das wohl immer so ist - von daher sind aufregende Berichte zu dem Thema, außer dem, was ich schon schrieb, bis dahin weniger zu erwarten, sehen wir von Ausnahmen ab - wir hatten ja auch schon den bestmöglichen status quo erreicht, was sollte da noch kommen?

Nichts ist langweiliger als Personen, die sich überschätzen und da ich nun das für mich aufregendste im Leben chronologisch erzählte, kann ich danach frei zwischen allem surfen, was mir gerade einfällt - halte mich weder für besonders bedeutend noch so interessant, dass ich mich an die zufällige Reihenfolge meines Lebens halten müsste - ist halt eines von Millionen hier und spannend wird es erst, wo es mit anderen Leben kollidiert oder sich mit der Stadt an besonderen Orten konfrontiert.

Manches erlebte ich, anderes träumte ich eher, oft kam mir die verrückte Wirklichkeit auch traumhaft vor und manchmal verschwimmen die Grenzen beliebig. Sie tun das mal auffälliger, mal nur ganz dezent - am Ende mach ich mir die Wirklichkeit auch in Berlin genau wie sie mir gefällt und was mehr sollte ich noch wollen?

Die gelangweilten Leserinnen können beruhigt sein, das Tagebuch endet an dieser Stelle, die gespannten Leser seien ohne Sorge, es geht natürlich immer weiter, nur eben so, wie es mir gerade einfällt, was meinem sprunghaften Wesen als Autist in der Menge sehr liegt. So wenig ich wirklich weiß, was ich bin, ob teils autistisch, völlig sprunghaft, romantisch, vernunftbesessen, materialistisch, verrückt, ganz normal, eher durchschnittlich, lieb, böse, Denker, Spinner, Künstler, Versager, guter Liebhaber, impotent oder ein geiler Hengst was unter vielem anderen vor allem Frauen über mich sagten, so wenig lasse ich mich nun noch binden und werde einfach schreiben, was mir gerade einfällt von den Spaziergängen eines Flaneurs in Berlin, der weder weiß, was er will, noch wer er ist, aber ausgiebig genießen zumindest konnte und mit Liebe um sich schaut, auf das was ist.
jens tuengerthal 4.3.2017

Freitag, 3. März 2017

Gipfelteilung

Wo Mann und Frau sich lustvoll finden
Suchen sie bald zueinander die Nähe
Sich nur ums Ausziehen noch winden
Dass keiner den anderen verschmähe

Wenn endlich sie dann doch ankommen
Zu dir oder zu mir auch entschieden ist
Zieren sich manchmal noch die Frommen
Was zarte Lust ganz schnell wieder frisst

Wer all dies lustvoll weiter überwindet
Sich bald alle Kleider vom Leib reißt
Damit endlich zum Zentrum doch findet
Was bei uns Geschlechtsverkehr heißt

Manche nehmen das dann einfach hin
Suchen Befriedigung lieber nur für sich
Für die ist Beischlaf selten ein Gewinn
Warum sie’s je tun frag ich dann mich

Ist doch der Gipfel noch immer aller Lust
Zusammen den Orgasmus dabei haben
Masturbieren bringt auch geteilt nur Frust
Ist gutes Timing die schönste aller Gaben

Wer sich vorne dabei nicht spüren kann
Soll von hinten es entspannt versuchen
Was zählt ist sich zu fühlen genau dann
Bevor sie ohne sich fürs Leben buchen

Manche denken es geht bei dem Spiel
Nur um Rein und Raus bis zum spritzen
Doch ist echte Lust dem Kenner so viel
Mehr als Vögeln nach alten Herrenwitzen

Du kannst als Mann mit Gefühl lernen wie
Frau sich innen anfühlt bevor sie kann
Ihr Schoß dann zieht dich ruckartig in sie
Heftig zuckend weißt du jetzt bist du dran

Dies miteinander ist erst echter Sex
Alles andere danach nur noch Vorspiel
Erlebte es selig schon mit mancher Ex
Das Liebesspiel hat eben auch ein Ziel

Nicht immer kommt es beiden gleich
Zusammen zur selben Zeit doch wo
Zwei es teilen sind sie wirklich reich
Wer es hat genieße es immer froh

Bei manchen macht es die Natur allein
Andere müssen neue Wege suchen
Wer es nicht kennt findet’s oft gemein
Beginnt dann die Lust zu verfluchen

Dabei geht es nur um’s große Glück
Das ungeteilt fast wertlos scheint
Wer es mal anfing kennt kein zurück
Auf dem Weg zum Gipfel den er meint

Manche hab ich dabei schon verloren
Die einst mit großer Hoffnung begonnen
Waren im Bett dann völlig unausgegoren
Dann haben beide nichts dabei gewonnen

Kenne nun auch viele die es nicht kennen
In Zärtlichkeiten nur Erfüllung noch fanden
Dies Vorspiel dennoch Sex auch nennen
Nie zu höchster Lust konnten so gelangen

Wüsste ich nur um den großen Zauber
Der ihnen Wege zum Glück noch zeigt
Und wären sie  auch nicht ganz sauber
So wäre ich sie zu gehen nie abgeneigt

Vielleicht sollten sich die so Halben nur
Zusammen finden wie wir Ganzen immer
Wären beide glücklich auch noch stur
Nur wissen wir es vorher doch nimmer

So geht beim Sex probieren über studieren
Wenn es mit Liebe doch unbefriedigt ist
Probiert es halt noch mal auf allen vieren
Von vorn von hinten mit manch kluger List

Es sollten jene die es schon kennen
Denen zeigen die noch nicht wissen
Was guten Sex wir lieber nennen
Damit sie merken was sie vermissen

Wo eine meint sie wüsst längst alles
Ist jede Suche immer zwecklos wohl
Doch ist im Falle des sexuellen Falles
Moral am Ende meist eher hohl

Wer noch Hoffnung hat soll lieben
Manchmal gibt es noch Geduld
Doch wo von Sehnsucht getrieben
Geht es am Ende nur um Schuld

Der Sex soll einfach uns befriedigen
Im geteilten Glück zeigt er sich ganz
Alles andere ist nur zum erledigen
Eine sucht noch die andre kanns

Wer’s hat der soll es halten denn
Mehr findet sich mit keiner mehr
Es ist das Schönste wie ich es kenn
Warum ich keine andre mehr begehr
jens tuengerthal 3.3.2017

Berlinleben 009

März - November 2001

Geschwängert

Das erstmal wichtigste am Schwanger werden ist das Schwängern. Wenn der Samen nicht zum Ei kommt, passiert nichts und beide verenden mit ihrem halben Chromosomensatz meist in irgendwelchen Abflüssen, was im übrigen mit den meisten noch nicht mal halben Menschen so geschieht nach dem Sex.

Wie das war, nämlich wunderbar, genau gleichzeitig gekommen und tatsächlich von Mann so gefühlt, die wir ja sonst eher in dem Ruf stehen, dabei nicht viel mehr mitzubekommen als Rein-Raus-Rein, habe ich schon beschrieben. Sex ist immer irgendwie nett, aber groß und toll, wirklich erinnerungswert wird er erst, wenn du auch zusammen kommst, was alle bestätigen werden, die es kennen und die übrigen für völlig überschätzt halten, warum sich hier jede Diskussion erübrigt - die keine Ahnung haben, sollen einfach mit denen haben, was sie schon Sex nennen, und die Genießer sollen den richtigen Sex miteinander genießen, der nicht nur Vorspiel mit Erledigung ist. Alles andere ist müßig und verlorene Liebesmüh.

Unsere später Tochter wurde genau so gezeugt, wie wir es beide mochten, konnten und genossen und es war perfekt. Einige Wochen später bestätigte das Pinkelpapier genannt B-Test die bisher nur irrationale Ahnung des ungeplanten Vaters.

Ungeplant nicht, weil wir es nicht wollten, im Gegenteil, wir waren offen dafür, aber rechneten nicht mehr damit, weil die großen Wahrsager der Gegenwart, die Gynäkologen ihr schon vor zehn Jahren prophezeit hatten, daraus würde wohl nichts mehr, wenn sie es nicht sofort täte, auch wenn sie bereits wusste, dass sie schon schwanger werden konnte, sogar praktisch und über den Rest decken wir den dezenten Mantel des Schweigens, weil ich davon auch nur aus Erzählungen weiß.

Gerechnet hatten wir nicht wirklich mehr damit, sie zumindest nicht, verhütet haben wir aber auch nie, es darauf ankommen lassen und dann kam es auch genau so, wie es eben so kommt, wenn es einem so zusammen kam, wie uns da. Was sich schon wieder anhört als redete ich wirr und ohne Kenntnis der Natur, da es dazu nur auf die Kontraktion des nervus pudendus ankommt und seines Gegenstückes, nicht auf die zufällige Reifung der Eizelle und der Moment der Reife der Eizelle im Zyklus der Frau ist nicht immer der Zeitpunkt, an dem die Lust auch am größten ist. Bei uns passte aber gerade zufällig alles, noch dazu war Wochenende, A also nicht irgendwo in Deutschland zum Arbeiten unterwegs.

Ob das männliche Sperma auch einer Art Zyklus unterliegt und es mal mehr  Triebkraft zur Zelle hat, dann wieder weniger, weiß ich nicht so genau, von verschiedener Konsistenz ist es zumindest im Laufe des Monats, genau wie der Scheidenschleim der Frau, an dem der Genießer schon schmecken oder fühlen kann, an welchen Tagen sie fruchtbar ist.

Vertrauen auf die Natur und ihre genaue Kenntnis ist sicher das beste und natürlichste Verhütungsmittel, wären wir dabei immer noch vernünftig und bedacht, da wir das aber selten sind, würde ich unerfahren Menschen vernünftigerweise zu anderen Methoden raten, sage nur heute, alles Mist, die Pille versaut das Körpergefühl der Frauen, Kondome das der Männer, auch wenn sie in vielen Fällen lebensnotwendig längst sind, frage ich mich inzwischen eher, ob weniger und richtig nicht mehr lohnt. Sich darauf einlassen den Körper des anderen gut genug zu kennen, um zu fühlen oder zu schmecken, an welchem Zeitpunkt im Zyklus der andere gerade ist, halte ich dennoch für lohnender als den meisten schnellen Sex von dem selten viel bleibt.

Sich ganz nah sein, heißt eben auch, sich ganz aufeinander einlassen, sich verstehen wollen und nicht nur Schwanz rein, ruckel-ruckel, fertig. Der ruckel-ruckel-Sex mal eben interessiert mich schon lange nicht mehr und macht mich eher impotent. Will spüren, wie die Vagina der Frau vor Lust kontrahiert, mich nach innen zieht und damit meine Erektion auslöst, was, wenn vorne nichts passiert, auch hinten noch leichter gehen kann, sofern beide unnatürliche Hemmungen diesbezüglich ablegen. Im übrigen ist anal ohnehin das beste Verhütungsmittel nach der Natur für diejenigen, die sich aufeinander einlassen und nur dann lohnt sich Sex wirklich, den Rest kann sich jeder auch selbst schneller machen mit weniger Enttäuschung am Ende.

Wir waren uns jedenfalls ganz nah, es passierte und die Pinkelpapierprobe bestätigte, was die Frauenärztin noch wiederholte aber wir waren schon vorher wild entschlossen, unser Kind zu wollen, wenn es denn kommen solle. A war sich da, trotz ihres Alters ganz sicher, es würde alles gut gehen, ließ sich zwar, wie ich auch, immer wieder von Ärzten und ihrem Bedürfnis alles zu untersuchen, nervös machen gelegentlich und so nahmen wir alles wahr, was gut und denkbar war, worüber ich heute milde lächeln würde. Sie war private Chef-Patientin auch in der Charité, die noch mehr auffuhr, was gerade machbar war - vom dreidimensionalen Ultraschall bis zur Fruchtwasserprobe, für etwaige genetische Schäden, was ja bei fortgeschrittenem Alter der Mutter nicht ausgeschlossen werden konnte.

War eine innerlich aufregende Zeit und ich nahm, auch wenn als Mann natürlich nicht schwanger, an allem sehr teil, ließ auch meinen Bauch dank viel gutem Essen und noch mehr Keksen und Schokolade im Bett mitwachsen und wir debattierten die ethischen und moralischen Fragen, die sich nun stellten sehr tief, einerseits philosophisch und andererseits auch psychologisch. Hier fanden wir uns in ganz vielem sehr gut zusammen. A vertraute zwar im Kern noch ihrer weiblichen Intuition, dass alles gut sei und gut ginge, zu der ich als ohne eine solche lebender Mann nicht viel sagen konnte, doch stellte sie sich wie mir auch vor solchen Untersuchungen die Frage und was machen wir, wenn der Befund negativ ist?

Berlins Charité ist der beste Ort zur Rettung von Frühgeburten, hier retten sie Kinder, die andernorts noch im Abfluss möglicherweise gelandet wären. Zugleich und auf der gleichen Etage ist es aber auch eines der renomiertesten Zentren in Europa für Spätabtreibungen, die bis einen Tag vor der Geburt stattfinden können, sofern ein Arzt die Gefährdung der Mutter glaubhaft indiziert.

Möchte als Mann nicht darüber urteilen müssen, ob eine Frau sich der immer Lebensgefährdung einer Schwangerschaft aussetzt. Es muss ihre Entscheidung und ihre Freiheit sein, finde ich, weil ich die Freiheit der Frau hier für wichtiger halte als die des ungeborenen Lebens. Aber das ist eine bloß willkürliche Setzung, die keinen sachlichen Grund hat als ein Empfinden für Freiheit.

Sofern ich nämlich sage, auch das ungeborene Leben sei Leben, müsste ich auch dieses absolut schützen und wäre jede Tötung strafbar. Wenn ich nun betrachte, dass Kinder schon ab dem 6. Monat oder früher fast gerettet werden können, die Profis sprechen da von Schwangerschaftswochen, ein solcher bin ich nicht, so will ich nicht erscheinen, sondern bleibe bei den mir gewohnten 9 Monaten, auch wenn ich währenddessen natürlich auch nur von der xx. KW sprach, fragt sich, warum das Frühgeborene im Brutkasten ein anderes Wesen sein soll, dessen Tötung ein Mord meist wäre, da vollkommen hilf- und wehrlos, als jenes, das noch zufällig bis zum richtigen Termin an der Nabelschnur hängt und bei der richtigen Diagnose bis zu einen Tag vor der Geburt abgetrieben werden darf.

Es ist nicht logisch zu begründen und auch über diese Frage diskutierten wir zwischen Bergen von Schokolade, Keksen und sauren Gurken sehr viel. Was sagt das Gewissen dazu  und wie könnte solches allgemein und verantwortlich geregelt werden. Es gibt da nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, weil der Gesetzgeber keinen vernünftigen Kompromiß fand, eine relativ soziale Fristenlösung, nach der unser Staat die Abtreibung zulässt, sofern sich die Frau vorher ergebnisoffen zum Wohle des Kindes hat beraten lassen.

Halte diese Lösung für das bestmögliche, was momentan ein Gesetzgeber dazu regeln kann und für einen sehr menschlichen Kompromiss, von der typischen Weisheit des obersten deutschen Gerichtes getragen, eine Art salomonisches Urteil der Gegenwart. Dies ist die soziologische Betrachtung.

Juristisch halte ich es für totalen Mist, unausgegoren und inkonsequent. Wenn es Leben ist, muss es wie jedes Leben geschützt werden, dies nicht zu tun, ist systematisch nicht begründbar, immer nur ein schlechter Kompromiss, der nicht ins System passt und den Wert der Strafe für andere Tötungen relativiert, das Unwerturteil über die Tötung an sich aufhebt im Sinne der strafrechtlichen Systematik.

Philosophisch sehe ich es auch im historischen Kontext der Emanzipationsbewegung der 70er, in der besonders mit der Kampagne mein Bauch gehört mir, mit der sich damals noch die heute Bild Kommentatorin Alice Schwarzer sehr verdient machte. Die leidenden unter einer juristischen Konsequenz und Logik, wie sie der Vatikan lange vertrat und teilweise immer noch vertritt, waren immer die Frauen und da besonders die armen Frauen. So kann etwas logisch richtig sein und dennoch zu falschen Ergebnissen führen, so paradox dies dem Gläubigen des Rechtsstaates scheint.

Der Bereich ist nach meiner tiefsten Überzeugung auch heute als Vater einer schon ganz großen Tochter nicht regelbar. Wir müssen die Freiheit der Frau anerkennen und auch wenn ich gleichzeitig das Leben der Ungeborenen schützenswert finde, es ist Leben und es einfach töten, nicht richtig sein kann. Es gibt einige solche Fälle, bei denen die Juristen sagen, es kollidierten Rechtsgüter, die zu einem nicht lösbaren Konflikt führen. Beispiel ist immer, darf ein Mensch einen Zug umleiten, auch wenn er damit riskiert, einen Menschen zu töten, aber andererseits mehr Menschen mit dem Tod weniger retten könnte. Wir stellten uns diese Frage nach dem 11. September 2001 in den USA verstärkt auch bei uns, ob etwa ein Verkehrsflugzeug, dass als Bombe auf ein AKW eingesetzt werden soll oder könnte, abgeschossen werden darf, auch wenn damit das Leben der Insassen nicht nur gefährdet, sondern diese hingerichtet würden, was bei uns völlig verboten ist.

So etwas ist rechtlich nicht regelbar, da Leben nicht gegen Leben aufgewogen werden kann. Die Entscheidung ist eine Gewissensentscheidung, letztlich auch der Piloten in den Abfangjägern, die im schlimmsten Fall gezwungen sein könnte die eigene Familie abzuschießen, da sie wiederum nur ein Werkzeug ihrer Befehlshaber dann wären. Aber so wenig in einem solchen Extremfall die Verweigerung des Befehls strafbar wohl wäre, letztlich könnte keiner der Entscheider, der töten ließ, um zu retten, belangt werden.

Wenn ich die Freiheit der Frau anerkenne, die mit einem Kind lebenslängliche Verantwortung und das zu häufig noch allein übernimmt, muss ich ihr denklogisch auch die Freiheit lassen, über ihre Lebensgefährdung, egal wie bloß hypothetisch diese auch ist, selbst und allein entscheiden zu können. Von daher würde ich sagen, bildet die Frauen so gut wie möglich aus, klärt Jungen und Mädchen vernünftig auf, um ungewollte Schwangerschaften möglichst zu vermeiden, aber wenn es so ist und Frau aus ihrer Sicht meint, es geht nicht, steht es keinem zu, sie dazu zu zwingen.

Auch diese meine Entscheidung dazu wäre nicht systemlogischer als die des Bundesverfassungsgerichts, nur etwas konsequenter als dieser im Ergebnis irgendwie taugliche Kompromiss zwischen verlogenen Christen und bedrängten Frauen, der bis heute Fristenlösung heißt und zu dem sich nun noch die Pille danach gesellte.

Manche halten diese schon für Abtreibung, weil ihr katholischer Aberglaube jede Schwangerschaft als gottgewollt sieht. Dies ist natürlich keine Begründung, weil eben nur alberner Aberglaube aber noch eine gesellschaftlich relativ starke Position. Juristisch ist da wieder nicht viel zu wollen - wenn Leben mit der Befruchtung der Eizelle geschieht, ist die rezeptfreie Pille eine Tötung und müsste logisch strafbar sein. Es wird dann aber schnell lächerlich, will der Staat dann auch das männliche Onanieren bestrafen, was zumindest potentielle halbe Kinder sterben lässt? Was ist mit den Frauen, die keine ihrer Eizellen je befruchten lassen?

Aber, um diesen kurzen Ausflug über ein Thema, das während der Schwangerschaft bei uns eine große Rolle spielte, wieder zu beenden - es zeigt sich in diesem Bereich, dass der Staat einfach nicht alles regeln kann und sollte. Gut und schön wäre es, wenn Menschen mehr Chancen bekämen, die Kinder zu kriegen, die sie wollen und mit ihnen glücklich ohne Armut zu leben. Gute Kitas und mehr Gleichberechtigung auch im Job gehören zu solchen Lösungen für die Zukunft und die CDU hat, erstaunlicherweise, dabei unter Merkel und von der Leyen mehr angestoßen als die verkrustete SPD, deren Frauenkreise sich immer noch zum Eierwärmer stricken treffen, sich nur über Chauvis aufregen aber faktisch wenig ändern oder bewegen.

Ob es sinnvoll und gut ist, viele Kinder in die Welt zu setzen oder wir eher eine Schrumpfung der Bevölkerung brauchen, weil Raum und Ressourcen begrenzt sind, würde jetzt eine ewige Diskussion eröffnen, zumindest den Raum und meine Ressourcen hier sprengen. Auch darüber haben A und ich in diesen neun gemeinsamen Monaten diskutiert, wie eigentlich über alles, was uns einfiel, ohne zu einem Ergebnis zu kommen.

Gut ist, wenn sich gebildete Menschen, die es sich leisten können, vermehren und ihre Bildung voller sozialer Verantwortung an die Kinder weitergeben. Bei anderen fragt sich vielleicht, ob der soziale Wert ihrer vielen Kinder für die Gemeinschaft wirklich den durch sie verursachten faktischen Schaden je übertrifft. Doch wer wollte dies bewerten, hier Richter sein dürfen über Leben und Tod oder erwünschte oder unerwünschte Schwangerschaft?

Denke, dies steht keinem Gesetzgeber der Welt zu und sollten Paare möglichst frei und geschützt miteinander entscheiden dürfen. Frauen dabei mehr Schutz und Freiheit zu geben, ist das beste, was der Staat tun kann, wenn er das ungeborene Leben auch schützen will. Verbote führen, wie bei der Prostitution nur die falschen Opfer in einen unhygienischen und gefährlichen Untergrund, sind also immer falsch und ändern nichts.

Wir wollten und genossen die Zeit, wenn auch mit einigem auf und ab, auch durch den zwischendurch Versuch der Mènage á Trois bedingt. Als ich im Sommer auf der Hochzeit eines meiner besten Freunde war, äußerte er völliges Unverständnis für meine Situation, meinte Kinder bräuchten Klarheit und so etwas tauge nichts. Machte ihn dennoch zum Paten unserer Tochter später, als wir uns entschieden hatten und alles klar war, die letzten 12 Wochen vor der Geburt.

Wie es dazu kam, passt zu der gerade Abschweifung mit der Abtreibung, denn eigentlich tat ich nichts dafür, im Gegenteil, ich ließ es laufen, relativ offen für alles und versuchte nichts, während die andere A versuchte, meine A mit nicht ganz netten Methoden mir gegenüber zu gewinnen, was letztlich meine Position stärkte, weil A einen hohen Gerechtigkeitssinn hat, wie sie sagte. Ob dies tatsächlich der einzige Grund war oder die Natur in Gestalt der Hormone noch mitwirkte, weiß ich nicht zu beurteilen, wer wäre ich, zu meinen, ich verstünde eine Frau oder wagte zu bezweifeln, was sie meint, vor allem, wenn es um Gefühle für mich geht?

Durch nichts tun und abwarten eine Entscheidung herbeiführen lag mir und es dauerte, bis ich wirklich die Genialität der Kanzlerin in dieser Beziehung erkannte - damals war ja auch noch Gert Schröder Kanzler, der Chauvi, der sich gern als Macher gab aus der immer nur alibiemanzipierten SPD, den ich aber schätzte.

Ähnlich sollte es auch beim Nachnamen meiner Tochter werden, die meinen trägt und nicht den vorher ehelichen der A. Hätte ich mit den besten Argumenten darum gekämpft, nie hätte ich irgendwas dabei erreicht, sie hätte auf ihren bestanden und sich, da wir nicht verheiratet waren, das hatte sie ja schon hinter sich, wie sie gerne scherzte, damit leicht durchsetzen können. Ließ sie, war da und so liebevoll wie möglich und so kam es, wie es kam, ohne zu sagen, ich hätte etwas dafür getan, als nichts zu tun.

Vielleicht wäre mir vieles im Leben leichter gefallen, hätte ich dies Prinzip wirklich verinnerlicht, denn wie oft, auch noch danach, wollte ich Dinge erzwingen und erreichte nichts als Kämpfe ohne Ende, wie sie irgendwann auch zu unserer Trennung führten, die eigentlich überflüssig war, da wir uns geistig so gut verstanden, wie zumindest da noch theoretisch im Bett und praktisch auch die seltenen male, die es am Ende noch vorkam, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Ihr Bauch wuchs und ich verwöhnte sie, so sehr ich konnte. Es war eine wunderschöne Zeit, die wir ausgiebig bis zum letzten Tag genossen, an dem wir noch sehr feines Entrecotes gekocht hatten und sie irgendwann in der Nacht auf die Idee kam noch Wäsche zu waschen - gepackt hatte sie nichts, sie war ohnehin ständig auf Reisen gewesen, hasste packen inzwischen und wusste, dafür reichte die letzte Minute, die dann nicht mehr blieb, als sie plötzlich, nach meinen Berechnungen vier Wochen zu früh, nach denen der Ärzte, die ihren Standard annahmen, aber keine Ahnung hatten, vor allem natürlich nicht dabei waren, nur drei, bemerkte, dass ihre Fruchtblase geplatzt war.

War aufgeregter als sie und bemühte mich dennoch so professionell ruhig zu bleiben, wie es meine jahrelange Erfahrung im Krankenhaus gebot. Rief als erstes meinen Vater an, was wir nun tun sollten, der erfahrener und vorsichtiger Arzt, der er ist, natürlich zum Liegendtransport riet, um nichts zu riskieren. A fand das übertrieben, sie hatte ja noch keine Wehen, fand alles nicht so schlimm, wies mich an, was ich packen sollte und irgendwann riefen wir ein Taxi und landeten mit diesem kurz vor Mitternacht in der Notfallambulanz der Charité, die sich direkt unter der Geburtsstation befand.

Es war Sonntagabend und dennoch viel Andrang und so dauerte es etwas bis wir rein kamen und sie A Bett zuwiesen. Die Ärzte kontrollierten alles, beklebten den Bauch mit den üblichen Insignien der Gebärenden der Moderne - vom Wehenschreiber bis zu den Elektroden, die den Herzschlag des Kindes und was sich sonst noch so kontrollieren ließ  maßen. Noch immer war A erstaunlich cool, worüber die Ärzte sehr staunten, weil der Wehenschreiber voll ausschlug, aber sie meinte nur, verglichen mit dem, was sie an Regelschmerzen kannte, wäre das noch harmlos.

Die Station war modern und zugleich sehr menschlich eingerichtet, hatte Zimmer mit riesigen Badewannen zum Gebären, was bei uns nicht geplant war - eigentlich sollte es ein Kaiserschnitt werden mit Rückenmarksnarkose - alles vorher geplant und gut überlegt gehabt und ich fand ihre Entscheidung auch sehr weise, gerade in Anbetracht ihres Knicks oder der Verengung im Scheidenkanal, die ich beim Sex so liebte, schien ein schneller Schnitt doch angemessen und wäre in der Folge auch nicht so dramatisch.

Doch dann kam, ich meine sogar am späten Sonntag noch, ihr behandelnder und sehr erfahrender Chefarzt herein und plädierte für eine natürliche Geburt, da doch alles schön sei und der Weg der Natur doch für alle immer am besten wäre, ich wagte nicht zu widersprechen und auch A fügte sich mit den Worten, wenn es die Natur will, dann soll es so sein.

Dann ging es ans Warten. Wir warteten und warten. Stunden über Stunden. Der Wehenschreiber schlug zwischendurch schubweise immer stärker aus aber A biß höchstens die Zähne zusammen und blieb doch noch völlig gelassen. Wir warteten weiter aber unsere Tochter machte trotz der geplatzten Fruchtblase keine Anstalten in der Nacht auf die Welt zu kommen.

Dies Warten war eine wunderschöne aber auch sehr aufregende Zeit. Hatte zu lange im Krankenhaus gearbeitet, um nicht ständig auch an mögliche Zwischenfälle besorgt zu denken und war doch immer bemüht A zu beruhigen, die mir aber im Ganzen weniger aufgeregt schien, als ich es war. Holte noch ein wenig Frühstück beim Bäcker nebenan, ansonsten wurden wir beide in der Klinik versorgt und es passierte nichts - zwischendurch wollten wir noch einige Stunden schlafen, aber wenn ich mich richtig erinnere, war das auch ein eher vergebenes Bemühen.

Es wurde Vormittag, der Chefarzt kam nochmal vorbei und meinte ganz gelassen, die ließe sich aber gut Zeit, er müsse jetzt nochmal ins Virchow zur Vorlesung wäre aber bestimmt rechtzeitig zurück. Es wären aber ja immer genug Ärzte da und es vertrat ihn ausgerechnet der Kollege und spätere Stationsarzt, den A eigentlich nicht ausstehen konnte und von dem sie auf keinen Fall behandelt werden wollte vorher.

Plötzlich begann die Aufregung als eine der Hebammen eine Auffälligkeit bei der Messung der Herzfrequenz feststellte. Sofort waren mehrere Ärzte zur Stelle und der junge Stationsarzt, eben genau jener, entschied in Abstimmung mit den Kollegen, sie müssten das Kind jetzt sofort in einer Not-Sektio holen, weil der Herzschlag zwischendurch aussetzte. Argumentierte noch, dass doch nur der Aufkleber verrutscht sein könnte - aber sie ließen da nicht groß mit sich verhandeln. Ärzte eben. Es bestand das Risiko eines Notfalls, dann musste das Kind sofort geholt werden und durfte nicht auf den Chef gewartet werden.

Wollte natürlich dabei sein und sie brauchten fast Gewalt, mich daran zu hindern - bei Not-Sektio war die Anwesenheit der Väter unerwünscht - die Hebamme wollte es mir ganz ruhig erklären, der Bauch würde aufgerissen, dann hätten die Väter den Impuls ihrer Frau zu helfen, das ginge nicht, es sei eben ein Notfall. Erklärte ihnen bei wie vielen OPs ich als Springer dabei war, dass es mir nichts ausmachte, ich das kannte. Es half nichts, ich wurde ausgesperrt und tigerte die längsten zehn Minuten meines Lebens auf dem Krankenhausflur herum, kurz davor cholerisch zu werden oder sonst auszurasten, wusste nichts, mit mir anzufangen und wäre ich gläubig, hätte ich vermutlich sogar gebetet - so hoffte ich nur, es würde alles gut gehen und war doch voller Angst, dass doch was passiert war, unsere Tochter sich vielleicht mit der Nabelschnur erwürgt hatte.

Es schossen gleichzeitig schönste und schrecklichste Gedanken durch meinen Kopf, ich war wie in Trance, während A kaum im Saal die Maske aufs Gesicht bekam und wegdämmerte, gerade noch spürte wie die Ärzte oder eine Hebamme ihr blitzschnell die wunderbaren roten Schamhaare abrasierten, die ja später zum Glück wieder nachwuchsen. Konnte nichts tun und wäre am liebsten in den OP gestürzt, um dabei zu sein, mein Kind zu sehen, es zu retten, dabei zu sein und musste nun nur abwarten und nicht verrückt werden. Vermutlich hatten sie Recht und es war vernünftig so. Hätte nur am Kopf stehen dürfen, damit ich nicht sehe, wie die Chirurgen den Bauch aufreißen. Es gäbe da Reflexe bei jedem Mann, sie würden dann eingreifen, egal wie erfahren sie seien - was für ein Blödsinn dachte ich, der genug offene Menschen gesehen hatte und musste mich doch gegen die Übermacht in Weiß fügen, wollte auch nicht ungerecht gegen die Hebamme sein, die nichts dafür konnte.

Auch A meinte, bevor sie im Saal verschwand, es sei ok so. Fügte mich, stand dort allein zwischen lauter klinischen Apparaturen, die an schlimmstes denken ließen und war so von meinen Hormonen aufgeputscht, dass ich kaum zu einem klaren Gedanken fähig war. Tigerte, grübelte, konnte nicht denken, war völlig übermüdet und erschöpft, dachte ich drehe gleich durch und dann auch noch der Arzt, den sie auf keinen Fall wollte, das durfte doch nicht wahr sein, was würde er mit ihr tun, würde er sich rächen, dass die Privatpatientin ihn abgelehnt hatte einst.

Dann kam die Hebamme strahlend aus dem Kreißsaal, unsere Tochter auf dem Arm, die sie mir sofort in die Arme legte, es war keine Viertelstunde vergangen - unser Kind war da und gesund, ich war Papi geworden und fühlte mich von einer Sekunde auf die andere wie ein König. Hielt das süßeste Baby der Welt, die noch ganz klein war, sie gehörte wirklich zu den winzigen Babys und hätten die Ärzte, die immer alles besser wissen, meinem Wissen mehr getraut als ihrer nur Norm, hätte die Süße wohl in den Brutkasten gemusst, doch überstand sie es auch so und hat heute ihre Mutter längst überholt.

Hielt mein Kind im Arm und warm durchfloss mich die große Liebe, was für ein wunderbarer  Moment, so etwas erleben zu dürfen, Vater zu sein, nun für ein Kind zu leben. Natürlich war das alles völlig normal, erlebten tausende Väter das am gleichen Tag, viele sogar noch im gleichen Haus, aber dies war mein Kind, ich war Vater und es war alles in Ordnung, die Lütte lag friedlich in meinem Arm, ich hielt sie vorsichtiger als jedes Porzellanpüppchen und war von einem Moment zum anderen vom aufgeregetesten und empörtesten zum glücklichsten Menschen der Welt geworden. Es war mir plötzlich egal, ob ich dabei war oder nicht, es hatte geklappt, alles war gut.

Fragte die Hebamme nur noch, was mit A ist - sie beruhigte mich, alles in Ordnung, reine Routine, kein Problem, sie müssten sie jetzt nur in Ruhe und ordentlich wieder zunähen und würden sie dann zum Aufwachen in diesen Raum schieben, ich sollte in Ruhe mit dem Kind warten, lächelte und verschwand zum nächsten Kind, kümmerte sich um andere Mütter und Väter, die das noch vor sich hatten. Nun konnte kommen, was wollte, ich lebte in der besten aller Welten, das Leben war wunderbar, ich war Vater und gerade der glücklichste Mensch Welt - was war dieser 19. November 2001 für ein wunderschöner Tag.

Später wurde A in den Saal geschoben, in dem ich mit unserem Kind auf dem Arm wartete. Es dauerte noch etwas, bis sie zu sich kam, dann lächelte auch sie, ich hielt ihr unser Kind hin und es gibt, glaube ich, wenige Momente im Leben, an denen Menschen so glücklich sein können, wie wenn sie unerwartet schnell nach großen Ängsten ein ungeplantes Wunschkind im Arm halten dürfen. War voller Liebe, wollte die ganze Welt umarmen, jubeln und schrein, hätte am liebsten getanzt oder andere verrückte Dinge getan - nun musste ich mich erstmal um A kümmern und dann begann unsere Tochter das erste mal zu quäken.

Na dann stillen sie doch mal, meinte die Hebamme ganz locker, hatte gleich wieder Bedenken, der Narkose wegen, ob das nicht gefährlich für das Kind wäre. Aber die Hebamme winkte ab und Antje stillte erstmals unser Kind an ihrem süßen kleinen Busen, der allerdings seit dem 5. Februar, als ich ihn zum ersten mal sehen durfte, etwas größer geworden war, sie hatte sogar BHs tragen können, was mir, der diese so sehr zu öffnen liebt gut gefallen hatte.

Irgendwann, ich weiß nicht wieviele Stunden oder Minuten später landeten wir dann auf der Station, endlich einen Moment alleine im Zimmer, mit dem schönsten Baby der Welt, das im Zimmer schon war, nicht in den Brutkasten musste, gut getrunken hatte und wollte am liebsten der ganzen Welt mein Glück mitteilen, doch 2001 waren Mobiltelefone im Krankenhaus noch völlig verboten und so geduldete ich mich und wir genossen, erschöpft und übermüdet die ersten Stunden des Daseins als Eltern.

Dann hatte eine Schwester ein Einsehen und schlug mir vor, doch nach Hause zu gehen, meine Frau müsse doch jetzt ausruhen, ich sei bestimmt auch müde und morgen sei doch auch noch ein Tag, es sei doch jetzt alles gut. Wehrte mich nicht zu sehr gegen diese Ansage, lief los, bei noch schönstem Wetter und ging zuerst zu einer Juwelierin in der Linienstraße bei der ich für A zur Geburt ein Paar Ohrringe mit ihren liebsten Steinen machen lassen wollte, was diese auch, meine übernächtigte Freude registrierend sofort zu erledigen versprach.

Lief den Weg von Mitte zum Kollwitzplatz zu Fuß, wir waren ja mit dem Taxi gekommen und hatte die ganze Zeit das Gefühl, ich müsste die ganze Welt umarmen, teilte mich allen mit, die ich traf, so auch dem Nachbar K, der über uns in seinem etwas chaotischen aber genial ausgebauten Dachgeschoss als ewiger Architekturstudent und leichter Messi sein gelassenes Leben oft auf der schönsten Dachterrasse der Stadt voller Pflanzen lebte. Mit ihm und den Nachbarn über uns, die aus Bayern zu Besuch waren, begossen wir dann die Geburt standesgemäß mit einem Sekt.

Nun war ich Vater, A würde noch eine Woche in der Klinik verbringen und ich natürlich so viel Zeit wie nur möglich mit ihr und unserer Tochter, die ich einige Tage später noch mit ihren drei Namen und meinem Nachnamen, wie A es nun wollte, auf dem Standesamt in Mitte anmeldete, damit alles seine gute preußische Ordnung hatte, wir waren Eltern, etwas mehr als neun Monate nachdem wir uns kennengelernt hatten und es war gut so.
jens tuengerthal 3.3.2017

Donnerstag, 2. März 2017

Berlinleben 008

Winter bis Frühling 2001

Liebesglück

Sie war sich sicher gewesen - ziemlich schnell oder sofort und ich fand es gut so. Sie war die spannendste und beeindruckendste Frau, die ich bis dahin kennengelernt hatte, ich lernte täglich neues von ihr und musste nur schauen, wo ich dazwischen noch blieb - aber in frischer Liebe, war das kein Thema, häufiger Sex glich eventuelle Zweifel aus.

Die ersten Wochen mit A spielten wir beide noch ein doppeltes Spiel, sie, weil sie ihre Freundin A nicht enttäuschen wollte, die eine Party geplant hatte, ich, weil ich nicht alle Karten aus der Hand geben wollte, auch wenn ich mit meinem Freund J eigentlich schon alles besprochen hatte, ihm freie Bahn bei der holden Bäckerin gab, die ihn noch im folgenden sehr für ihre Zwecke zu nutzen wusste, um ihn dann, nach getaner Arbeit ihres Umzugs und der Sanierung ihrer Wohnung schnöde wieder zu verlassen, wie ich es vorher bei ihr ohne all dies getan hatte. Darum sahen wir uns am folgenden Wochenende nicht, als A bei A zu Besuch war - sie sah mich wohl über den Markt schlendern aber ich, der eigentlich nur da war, sie insgeheim vielleicht zu sehen, von Neugier getrieben, übersah sie natürlich blind, wie ich es von Natur aus bin.

Es mag typisch Deutsch sein, Menschen anzustarren, ihnen beim Gespräch genau in die Augen zu sehen, den Blick zu suchen, was manche, gerade Amerikaner sehr verwirren kann, die lieber nur Nettigkeiten im Gespräch sagen und die Lüge fällt deutlich schwerer, wenn du jemandem tief in die Augen siehst. Ob darum das Volk Goethes wahrheitsliebender wäre als seine Nachbarn, würde ich nicht beeiden, auch wenn das gerade kursierende Wort Lügenpresse den gegenteiligen Eindruck machen könnte - da dies nur Ausdruck der immer noch Anfälligkeit für Propaganda ist und das Unverständnis für das Funktionieren der Demokratie in weiten Teilen Ostdeutschlands zeigt, nichts mit mehr oder weniger wahren Aussagen zu tun hat. Doch zeigt es, dass der Vorwurf der Lüge hier immer noch Menschen bewegen kann, die sonst vermutlich meinen, sie würden selbständig denken, nicht nur russisch geleitete Propaganda nachbeten. Auch ich starre gelegentlich, doch weniger um deutscher Gewohnheit zu huldigen, als meiner Blindheit zu gehorchen - wo ich nicht starre, gleitet vieles einfach an mir vorbei und ich bin ein Meister darin, Dinge zu übersehen.

Solches kann gefährlich sein, etwa im Straßenverkehr - kurz nach unserem Anfang im Februar etwa erwischte ich mit dem Kopf eine Straßenbahn in der Prenzlauer Allee, weil ich sie übersah oder den Abstand falsch einschätzte, so genau erinnere ich mich nicht mehr nur, dass die Frau mir im Weg stand und die Bahn kein Thema war, und landete mit dem Rettungswagen im Krankenhaus, wo der blutig offene Kopf wieder genäht und verklebt wurde - danach verbrachte ich den Abend im Sessel und freute mich, diesmal relativ folgenlos meine eben Blindheit überlebt zu haben, nachdem ich mit 16 noch dafür totgefahren, mühsam reanimiert wurde, um ein halbes Jahr in Krankenhaus und Reha zu verbringen.

A gab sich am Telefon besorgt und sah dazu später bei gemeinsamen Autofahrten aus guten Gründen noch manchen Ablass, was ich natürlich ganz entschieden abstritt und was einer der ersten eigentlich völlig überflüssigen Gründe von Reibereien zwischen uns war, wie ich es heute sehe, da ich akzeptiert habe, relativ blind zu sein, also kein räumliches Sehen zu haben.

Das doppelte Spiel klappte bei mir nicht ganz bis zum geplanten Termin, als mich die Bäckerin irgendwann ungeplant anrief, machte ich klaren Tisch und ging sozusagen vertrauensvoll in Vorleistung, was mir auch leichter als A fiel - war ich doch noch nicht über zwei Jahre zuvor in großer inniger Liebe verbunden gewesen, hatte ich nur eine von zweien genommen, die ich überhaupt erst höchstens einen Monat kannte und dennoch war diese Gerechtigkeit zumindest theoretisch und mehr noch emotional ein Thema zwischen uns, weil wir es uns manchmal gern unnötig kompliziert machten.

Würde heute sagen, es lag auch viel an meinem mangelnden Ego, der ich gerade aus meinem ersten richtigen Job gemobbt worden war, das Studium nicht geschafft hatte und mit meinem ersten Start-Up auch an der Finanzierung irgendwann scheiterte, als mich der letzte Job dann nach Berlin trieb. Sie dagegen, seit Jahren in einer Männerwelt beruflich erfolgreich, von vielen Männern verehrt, war jahrelang mit einem Millionär verheiratet, kannte die Welt, hatte einflussreiche Freunde - da kam sich der Mann in mir schon ziemlich klein vor, dazu musste sie gar nicht viel tun und es brauchte schon viel Phantasie und verdammt guten Sex, weiter an sich zu glauben irgendwie - von dieser Frau begehrt und geliebt zu werden, die Diplomaten und Manager nicht gewollt hatte, wäre zwar im Prinzip Grund genug gewesen, nicht an sich zu zweifeln, doch funktioniert das mit dem männlichen Ego leider noch nicht wie ein Perpetuum Mobile, was sich an sich selbst auflädt

Gerade erst dreißig geworden, fehlte mir noch völlig die Gelassenheit der vierzig, die dich genießen lässt, was ist, ohne mehr sein zu wollen oder lächerliche Spielchen zu brauchen, mit denen sich manche Männer und Frauen so gern bewähren. Wollte auch etwas sein oder werden, auch wenn ich eigentlich mit dem, was war ganz zufrieden sein könnte und mehr ist aus mir auch in den letzten 16 Jahren dann nicht geworden, im Gegenteil, habe sogar alle politischen Ämter oder Mitgliedschaften, aufgegeben, weil ich nichts sein wollte, als ich bin und denke nur noch darüber nach und schreibe auf, was ich damals schon bei Montaigne gelesen hatte, ich aber noch nicht wirklich zu würdigen wusste, lebe eher wie er zurückgezogen in meinem Bücherturm und finde es das größte Glück.

Wollte noch wer sein und in meiner Familie etwas gelten, wenn ich schon keinen Doktor machte, nie akademische Würden trug, sollte es doch der Literaturnobelpreis mindestens sein und ein großes Werk für die Nachwelt, dass auch bisher nur in Bruchstücken wenn virtuell existiert und doch bin ich, bedürfnislos in ganz vielem, so glücklich wie ich nie war. Fahre nicht in Urlaub und will es auch gar nicht, freue mich an einer feinen Tasse Tee und einem guten Buch mehr als an einem Geländewagen vor der Tür, brauche immer weniger und genieße, was ist, immer mehr. Kann es größeres Glück geben?

Sie fand diesen ganzen Mist unwichtig, hatte lang genug mit diesen innerlich impotenten Managern zu tun gehabt, die ihre soziale und tatsächliche Impotenz durch Kälte und Reichtum zu kaschieren versuchen. Wir hatten in manchem schon gemeinsame Ideen, ich entwickelte Konzepte für sie und denke heute, hätten uns nicht so viele Dummheiten des Alltags von Mann und Frau so idiotisch ausgebremst, wir hätten richtig gut zusammen sein können, weil wir in vielem ganz ähnlich ticken und ich mit meiner heutigen von Epikur und Lukrez geprägten Sicht eines konstruktiven Materialismus, dem was wir damals suchten, noch näher bin.

Wir merkten es nicht, machten Fehler, fingen die Mann und Frau Spiele an, ließen es lieber mit der Kooperation, damit der berufliche Bereich nicht von privatem Zwist belastet würde und ließen damit in meinen Augen heute vielleicht unsere größte und schönste Chance fahren, sehen wir von dem Glück unserer Tochter mal ab, denn vom Wesen her war unsere Verbindung so produktiv und geistig rege, wie ich es noch nie erlebte, nur bewegten wir uns zu oft in den Mauern und engen Grenzen sozialer Erwartung, erst mehr ich, später auch sie, weil Mann und Frau sich ja auch dialektisch immer gut ergänzen, besonders, wenn viel Gefühl im Spiel ist.

Es ist, was war, nicht wiederholbar und darum ist es müßig über ein was wäre wenn, nachzudenken. Gut aber tut, an dem, was war das Gute und Schöne zu erkennen, um zu lernen in Zukunft Chancen vorsichtiger und besser zu nutzen, statt leichtfertig und eitel Spielchen zu spielen - was sich von außen betrachtet immer leichter sagt, als es tatsächlich beteiligt in einer irgendwann Mènage á Trois am Ende gelassen zu realisieren. Vielleicht verlöre ich weniger Lieben, wenn ich künftig mehr oder nur noch auf das Schöne achtete und genösse, statt mich bewähren zu wollen, denke ich einerseits und weiß doch andererseits, dass Frau auch ihrer Natur nach den Kämpfer in mir sehen will, auch wenn mich diese Rolle eigentlich langweilt und ich nicht mehr vor habe beim Quartett der Chauvis den ersten Platz noch zu belegen.

So bedingt wohl im Verhältnis der Geschlechter manches das andere, auch wenn es dann völlig verkehrt läuft - sie zog sich aus ihrer anfänglichen völligen Freiheit beim Sex zurück, damit ich käme, sie erobern müsste und es nicht meiner Potenz schadete, ich spielte mehr den Chauvi als es meinem Geist und meiner Natur entsprach, um als Mann gewürdigt zu werden, der lange eben auch Hausmann wurde und damit nicht so gelassen umgehen konnte, wie es würdig gewesen wäre.

Bevor die Revierkämpfe begannen, von hier wird im Sitzen gepinkelt, was einfach nur vernünftig und normal ist, damals zum Zugeständnis wurde, das Kompensation im Handel erforderte, bis zu den grundlegenden Fragen des Seins und der Stellung beim Sex wie den jeweiligen sozialen und natürlichen Rollen dabei. Sie war eine selbstbewusste, emanzipierte und rothaarige Frau, die wusste, was sie wollte, was ging und was überhaupt nicht ging. War mir da nicht so sicher, focht manche Kämpfe nur aus Trotz, weil ja nicht nur eine sagen kann, wie es richtig ist, doch begann dies erst richtig, als ich es mit zwei Frauen zu tun hatte, was erst im späten Frühling fast Sommer geschah.

In der Phase erster Verliebtheit, nachdem wir sie endlich offen leben konnten, sie es ihrer Freundin am Abend des Geburtstages gestanden hatte, diese es eigentlich bemerkt hatte, gingen wir die liebe Verwandtschaft besuchen. Und da uns die Liebe zu Norddeutschland und zum Meer verband, fuhren wir an die Ostsee - zuerst zu meinem Patenonkel nahe Wismar, wo sie großen Eindruck machte, sich mit beiden sehr gut verstand, dass sich sogar für sie ein Job daraus entwickelte, der sogar die manchmal schwierige Zuneigung meines Onkels überlebte. Dort hatten wir im Dachzimmer, in dem wir noch viele Nächte später verbringen sollten, wunderbaren Sex - wobei wir dafür noch im wunderbaren dort Marktkauf schwarze Handtücher erwarben, um in der Regel gerade keine Spuren zu hinterlassen. Sie zeigte mir ihre große Erfahrung auch mit dem Mund und ich genoss es ganz, wie sie dabei auch und wir fühlten uns sehr wohl, so nahe dem Meer als Mann und Frau.

Danach besuchten wir ihren liebsten Bruder in Kiel, durften in dessen Bett schlafen, während er sich freiwillig in eine Kammer auf eine Liege zurückzog. Gingen auch zu ihrer über achtzigjährigen Mutter ins wunderschön zentral gelegene Altersheim und mit dieser in A’s Lieblingsrestaurant in der nahen Fußgängerzone essen. Lange Spaziergänge am Meer und wunderschöne Fahrten nach Ostholstein, auf die hessischen Güter, zu den Trakehnern und über die sanften Hügeln mit immer wieder Blick aufs Meer, taten ein übriges, glücklich in Norddeutschland zu sein. Was brauchte es noch mehr?

Die Idee dorthin zu ziehen, verfolgten wir mehrfach, wenn auch nie bis zum Ende, trotz einiger Besichtigungen und großer Leidenschaft dabei. Ob wir in der Einsamkeit glücklicher geworden wären, wie sich unsere Tochter dort gefühlt hätte, was wohl überhaupt nun wäre - ich weiß es nicht und freue mich, dass ich nun darüber schreiben und es gelassen betrachten kann - den Norden liebe ich noch immer, ob ich zum Leben auf dem Land noch tauge, weiß ich nicht - aber manches geschieht auch einfach, ohne es lange vorher zu planen.

A zeigte mir viel von Berlin, dass ich noch nicht kannte, da ich nahezu nichts kannte, eigentlich alles - wir fuhren ins KaDeWe, gingen in die alten Cafés und sie zeigte mir manche zauberhafte Orte, die ihr noch ein früherer Liebhaber gezeigt hatte, den sie kennenlernte als sie mit 17 auf Klasssenfahrt in B war und so bekam ich eine besondere Sicht der Stadt eben auch gefiltert durch die Augen eines ihrer früheren Männer, was natürlich Konkurrenz in mir weckte, mit der ich so gelassen hätte umgehen können, wenn ich bedacht hätte, dass sie mich wollte und bei mir blieb, ich davon nur profitierte, doch sind Logik, Männlichkeit und Gefühl drei Dinge, die sich schlecht manchmal vereinbaren lassen, wenn Frau eine große Rolle spielt. Logik und Männlichkeit verstehen sich prima, Männlichkeit und Gefühl auch, sogar Logik und Gefühl können epikureisch gedacht wunderbar harmonieren, nur als Dreiklang mit Frau dazu, wird es gerne mal etwas dissonant, glaube ich und lächle über manche Geschichte.

Zu behaupten, ich verhielte mich grundsätzlich anders, wäre illusorisch, bedenke ich etwa das Konkurrenzproblem, was ich mit ihrer Nichte hatte, die mir vom Alter näher war als ich ihrer Tante, also nur fünf Jahre jünger als ich war und vom Alter und Typ schon in mein sonst Beuteschema gepasst hätte, wäre sie nicht etwas sehr umfangreich gewesen, aber auch das mochte ich ja eigentlich. Über diese A regte ich mich bei ihrem ersten Besuch furchtbar auf, benahm mich unmöglich, focht Dinge aus, um die es nie ging und riskierte den ersten großen Streit gerade als wir zusammenzogen, was ich ja unbedingt wollte, weil es mir so logisch, effektiv und praktisch erschien. Später verstand ich mich gut mit der Nichte, die mittlerweile auch mehrfache Mutter wurde und ein ganz wunderbarer, typisch norddeutscher Mensch eben ist.

Lächle darüber, frage mich, wozu die ganze Aufregung, das Leben ist kurz genug, es geht nur darum, es so sehr wie möglich zu genießen - damals war es mir noch geradezu panisch wichtig, mich auch zu bewähren und mein Revier zu verteidigen und ich habe fast das Gefühl, dass solches Verhalten kaum durch den Verstand steuerbar ist, so bescheuert es eigentlich immer war. Aber würde ich mich also je anders verhalten?

Ist solch triebhaftes, fast tierisches, jedenfalls sehr unvernünftiges Tun je steuerbar, können wir es überwinden oder gehört die emotionale Aufregung zu unserer Natur, wie zu meiner die Erektion, sobald ich ihre roten Schamhaare sah, was meine Denkfähigkeit auch stark verminderte?

Etwas in uns stieß heftig gegeneinander und ein anderes zog sich wahnsinnig an und denke ich an die Nacht, in der wir unsere Tochter zeugten, auf die Sekunde gleichzeitig voller Glück kamen, ich spürte, was nun geschehen war und überraschenderweise mit meiner Intuition Recht behielt, weiß ich genau, dies war der Gipfel sexueller Harmonie - auch wenn ich heute sagen würde, es war nur der Anfang und wir könnten viel weiter gehen, um ganz zu genießen, bleibt doch das tiefe Gefühl, genau das war einer der schönsten Momente meines Lebens und es hat diesem wunderbaren Kind, glaube ich, nicht geschadet mit Liebe und Lust gezeugt worden zu sein.

Dies geschah im März, bevor die Nichte kam und nachdem wir im Norden waren, da wir danach ja logisch neun Monate keine schwarzen Handtücher mehr brauchten. Als der Test es betätigte, hörten wir beide sofort mit dem Rauchen auf und hatten keinerlei Problem damit -  es war gut so, fühlte sich richtig an, schien ganz natürlich, als würde auch der männliche Körper plötzlich durch neue Hormone gesteuert, wenn Frau schwanger wird.

Sie arbeitete noch relativ viel bis in den Herbst, als dann der Bauch zu groß wurde und wir genossen die gemeinsame Zeit - machten im Mai Urlaub auf Usedom, bei dem sich die Begeisterung ob des ersten Quartiers, einem Geheimtipp von Ossis, direkt an der Eisenbahn in Grenzen hielt, wogegen das zweite direkt an der Strandpromenade mit Sauna uns eine wunderbare Zeit auch unter Nackten bescherte.

Später kam, nach einigem emotionalen Chaos auch bei ihr, A, die vorher Partnerin meiner A, wieder zu Besuch und es begann eine Mènage á Trois, die nie wirklich eine war, sondern nur bedeutete, dass meine A uns beide liebte, wenn ihre alte A aus dem Westen zu  Besuch war mit ihr das Bett teilte und ich diesen Platz sonst einnahm und ihre A und ich sie beide liebten. Fand ihre A auch attraktiv, sie war eine spannende Frau mit einer wunderbar mädchenhaften Stimme, viel Stil und leider der Neigung ihre eigentlich wunderbare Weiblichkeit ein wenig zu unterdrücken und andererseits mit dieser verführerischen Stimme auch damit zu spielen.

Heute noch höre ich die Stimme der leider längst verstorbenen A und frage mich, wie es wohl gewesen wäre, hätten wir wie im Vorbild von Tucholskys Schloss Gripsholm tatsächlich gewagt und gelebt, was nur eine emotionale Idee blieb. Beide dann nahezu parallel schwanger gewesen wären - ihre A war noch ein halbes Jahr jünger als ich, blond, vollbusig, wenn auch sehr diszipliniert zu schlank für ihren Typ Frau, in dem sie sich aber, denke ich, nie ganz wohl fühlte, hat mich auch sehr gereizt. Die Vorstellung beide zusammen zu haben, fand ich schon verlockend, auch wenn ich das ja von meinen Modells aus Frankreich kannte und wusste, wie emüdend solches auf die Dauer sein kann, war es doch hier ganz anders, weil eine enge emotionale Bindung bestand.

Häufig fuhren wir mit A, die immer sehr schicke offene BMWs fuhr, zu Dritt über Land aber da sind wir schon fast im Sommer und hier erzähle ich ja noch vom Frühling. Zwei beruflich erfolgreiche Frauen, in deren Beziehung ich armer Schlucker eingedrungen war - die manche Nächte wieder das Bett voller Lust oder zumindest Zärtlichkeit teilten, während die eine von mir schwanger war und ich mich fragte, was aus mir und uns würde. Keine ganz einfache Konstellation, die mich emotional häufiger überforderte.

Der erotischste Moment in dieser Dreierkonstellation kam erst im späten Sommer und soll dann auch im Zusammenhang erzählt werden, war jedoch auch nur ein kleines Missverständnis, was große Erwartungen gleich bremsen soll und so schwankten wir nun zu dritt dem Sommer entgegen - wussten nicht, was wurde, der Bauch wuchs und die Gefühle um diesen mit. Weiß nicht, ob Männer und Frauen zusammenpassen oder lieber nicht und ob es besser wird, wenn beide bei ihrem Geschlecht bleiben. Meine Erfahrungen mit dem eigenen Geschlecht beschränken sich auf eine Knutscherei mit meinem besten Freund, der schon wusste, dass er schwul war, während ich mir danach sicher war, es eher nicht zu sein.

Wünsche ich mir jede einsame Nacht eine Frau in den Arm und kenne nichts schöneres als angekuschelt einzuschlafen und doch gibt es mehr wache Momente, in denen ich die Einsamkeit weniger bedaure als es genieße, kompromisslos sein zu dürfen, wie ich eben bin. Traue ich den Erzählungen von A und anderen Frauen wie auch den Berichten meiner schwulen Freunde, werden die Rollen in den Beziehungen einfach fortgesetzt, einer ist Frau, einer Mann - ob nun unter Männern oder unter Frauen und so kann ich zu der Frage, ob sie zusammenpassen nichts endgültiges sagen, außer dass ich es mir jede Nacht wünsche und jeden Tag zugleich denke, dass ich es nie ändern sollte, nur weiter ab und an mal eine Nacht genieße, aber bloß nichts zu nah an mich mehr heran lasse, weil die Schmerzen infolge unerträglicher als jede Einsamkeit sein können.

A war nie eine romantische Kuschlerin, sondern eher nüchtern und ich schlief deutlich besser als ich endlich alleine schlief, was aber erst viele Jahre später geschah. Sie kuschelte lieber nur mit ihrer Wärmflasche während ich mich doch als die beste Wärmflasche der Welt sah, die Zurückweisung als persönliche Kränkung empfand, und so gab es neben der großen sexuellen Harmonie und der aufregenden geistigen Spannung auch Punkte an denen wir überhaupt nicht zusammen passten. Da war ich wohl ihrer Freundin A näher, theoretisch, praktisch schlief diese nie in meinem Arm und wäre vermutlich über die Idee sehr verwundert gewesen, fand mich ohnehin schon sehr haptisch, was ohne jeden Widerspruch teilweise stimmte.

Alle drei waren wir verschieden und uns in manchem sehr ähnlich und nah - hätten uns vermutlich in einer ganz freien Konstellation zu Dritt perfekt ergänzen können, wenn wir es denn je gewagt hätten - im Frühjahr aber begann nur die vorsichtie Annäherung und ich wechselte die Rolle zwischen Platzhirsch und drittes Rad am Wagen in innerer Unsicherheit - wusste, wenn ich gegen sie kämpfe, verliere ich alles und also auch unser Kind, kämpfte ich um sie, lief ich Gefahr zu verlieren und mich dabei lächerlich zu machen, trat in eine Konkurrenz in der ich gefühlt keine Chance hatte, denn was war ich schon, kämpfte ich nicht, konnte ich sie verlieren oder gewinnen, gab es aus der Hand, aber hatte einzig die Chance, was auch passiert bis zum Ende dabei zu bleiben.

Auch wenn ich solche taktischen Erwägungen möglicherweise noch anstellte, tat ich dies nur im Hinterkopf, wenn überhaupt. Der Reiz ein Teil dieser Liebe zu werden, beide zu haben, wog hormonell ohnehin stärker als alle Vernunft. Zum Glück wog auch die sexuelle Anziehung von meiner A und mir, die wirklich überdurchschnittlich besonders war, schwer genug, diese Zeit zu überdauern, die wohl für keinen der Teilnehmer so einfach und locker war, wie sich die Mènage á Trois so liest und viel weniger sinnlich als emotional zehrend für alle.

Lernte mit A und den beiden A Berlin neu sehen, die Stadt erst kennen und wie schön ein gutes Leben sein kann, was ich alles in meiner Studentenzeit noch nicht kennengelernt hatte. Die beiden, vor allem meine A waren echte Genießerinnen, es gab kistenweise Cremant oder Champagner, feinstes Fleisch aus dem KaDeWe und beste Bio-Katoffeln vom Markt am Kollwitzplatz, Gewürze dazu aus Kiel vom Markt, ein Feinschmeckergenuss mit stundenlangem Kochen, ewigem Essen, wunderbaren Weinen und Geschichten aus aller Welt, in der ich noch meine Rolle suchte, statt einfach glücklich mit dem zu sein, was ist, wollte ich mich noch beweisen, etwas besonderes werden und ähnlicher Unsinn mehr. Doch was außer glücklich sollte Mann mit zwei wunderbaren Frauen sein?
jens tuengerthal 2.3.2017

Mittwoch, 1. März 2017

Berlinleben 007

Anfang Februar 2001

Es war der 60. Geburtstag meiner Eltern, an dem ich nach nur wenigen Wochen meine blonde Bäckerin wiedersah, ihre zauberhafte Tochter kennenlernte und mich auch damit in meiner Entscheidung völlig bestätigt sah. Leider nicht aus Sicht meiner Eltern, die das alles etwas schnell und viel fanden, die neue Schwiegertochter noch nicht bei ihrer Geburtstagsparty dabei haben wollten, mich vor den Kopf stießen, der ich schon wieder alleine kommen sollte, was nicht zum letzten mal geschah, aber das ist ein zu weites Feld, es hier auszubreiten.

Fand das empörend, wohnte ich doch die Tage auch bei meiner Bäckerin und ihrer Tochter, wollte sie gleich in die Familie aufnehmen lassen, aber so locker waren sie nicht und das brauche Zeit, meinten sie - nichts braucht Zeit, wenn es passt, passt es und ist gut so. Sie, die sich auch darauf gefreut hatte, meine ganze Familie kennenzulernen, reagierte erstaunlich gelassen - heute mit etwas mehr Erfahrung würde ich sagen, taktisch klug, während ich mich empörte, bot sie mir dafür an, mich zur Feier zu fahren und wieder abzuholen, ohne dass sie einer bemerken würde. Bewunderte diese bescheidene Größe in  meiner wehrlosen Frustration, der ich mir diese Ausgrenzung nicht bieten lassen wollte.

Es lief dann wie von ihr geplant und ich schenkte meinen Eltern Casanovas Werke und hielt eine viel belachte Rede über die Liebe, die Lust und das Glück der Familie, in der ich natürlich eine kleine Anmerkung zur Situation versteckte, die aber dann durch viele Lacher freudig aufgenommen wurde.

Auf dieser Basis stieß sie am nächsten Tag mit ihrer ganz zauberhaft dazu angezogenen Tochter zum Familienfrühstück dazu, füllte den Raum mit ihrem lauten Lachen, tat ein wenig intellektuell, ohne sich dabei zu sehr zu blamieren, weil keiner nachfragte und ich auch lieber nur lächelte, machte eine gute Figur im Familienkreis und gewann Sympathien. So versuchte sie, wenn auch nachhaltig betrachtet relativ erfolglos, ihren Platz zu sichern. Mir lag solch taktisches Denken völlig fern in emotionalen Dingen, freute mich, dass sie mich nicht blamierte und die Tochter sich sehr wohl zu fühlen schien, während die Onkel ihre Späße mit ihr machten, harmlos liebevoll.

Nachdem sie meine Familie gut überstanden hatte, darauf auch stolz war, aber tat als sei alles ganz normal, besuchten wir am Abend mit meinem alten Freund J zusammen Freunde von ihr, die im gleichen Ort in fußnähe wohnten. Es wurde eher sehr kleinbürgerlich und ich fremdelte ein wenig, während sich J und die Bäckerin mit dem älteren Freund schenkelklopfend amüsierten. Das gehörte auch dazu, musste erledigt werden, für guten Sex konnte ich auch mal einige langweilige Stunden absitzen, dachte ich, war halt nicht meine Welt.

Sie meinte anschließend nur, “du warst so still, hast du dich nicht wohlgefühlt mein Schatz? - sie sind ein wenig einfach aber ganz liebe Leute” und nahm mir damit jede Kritik und alle weiteren Gedanken vorweg, ich nickte nur noch - war doch alles prima mein Schatz, säuselte ich, während ich mich an ihrem BH zu schaffen machte, um zum schöneren Teil der Nacht überzugehen - fragte noch, ob sie nicht schlafen müsse, da sie doch morgen um 5h in der Bäckerei stehe, aber Schlaf interessierte sie gerade nur als Beischlaf und das andere könne sie noch genug, wenn ich morgen wieder weg sei.

Sie war voller Energie und Liebe, auch ihrer Tochter gegenüber, die uns nochmal störte, ganz offen und ehrlich, sagte sie dieser, als sie fragte, was wir noch machten, wir würden noch ein wenig schmusen am letzten Abend und dann schlief das Mädchen ein, nachdem sie sich auch von mir noch einen Gutenachtkuss gewünscht hatte und ich fühlte mich großartig in dieser Papa Rolle.

Die Nacht wurde wild und schön, als sähen wir uns nie wieder, was dann tatsächlich so war, aber in diesem Moment noch keiner ahnte - im Gegenteil, ich mochte die Tochter, wollte ihr geistige Welten öffnen und mit der Mutter die ganze  Lust genießen, die ihr üppiger Körper mir bot. Hatte noch nie eine Frau gehabt, die gleichzeitig so viel Lust hatte und so natürlich damit umging - ich konnte immer wieder und wenn ich schlapp machte, half sie mit ihren auch vollen Lippen zärtlich nach, es schien mir alles perfekt so, wären da nicht die gewissen Zweifel an ihrer geistigen Tiefe gewesen. Die flachen Witze, über die sie sich bei ihren Freunden so laut amüsierte, Äußerungen die auch mal entglitten und ihr tatsächliches Niveau offenbarten, die mir peinlich wären und waren, dort nur für munteres Lachen sorgten.

Vielleicht war ich zu spießig, womit begründete ich diese intellektuelle Arroganz, mit einem Abitur vor vielen Jahren? Sie hatte einen Beruf, stand im Leben, verdiente genug Geld für sich und ihre Tochter, wollte für mich noch gleich mit sorgen, war zufrieden mit allem und hatte immer Lust. Es gab keine Diskussionen,  ob ich sie als Frau genug würdigte oder der Griff an ihren Hintern, sexistisch sei - sie trug Strings, weil sie die mochte und ich es schön fand, sie gerne als Frau sexy war. Am Morgen schlich sie sich aus dem Schlafzimmer weg und verschwand in der Bäckerei - später verabschiedete sich noch die Tochter ganz süß von mir und wir machten Pläne welche Museen wir zusammen besuchen wollten.

Schlief noch entspannt ein Stündchen, als unerwartet meine Süße wieder auftauchte - sie hatte  sich noch zwei Stunden frei genommen, brachte frische Brötchen für die Fahrt und hatte gehofft ich sei noch da - wir taten es nochmal und gaben uns einander voller Lust und sie verabschiedete mich ganz romantisch winkend als ich mich auf den Weg in den wilden Osten machte.

Was für ein Schatz, da ist doch egal, wie intellektuell diese Frau ist, sie kriegt das Leben gut hin, sorgt für alles, liebt mich über alles und hat immer Lust ohne Fragen und Diskussion, vor allem ohne ständige Gegenwehr, ist dabei aber nicht aufdringlich, sondern behandelt mich als Denker, wie sie es nannte mit großem Respekt - was konnte sich Mann mehr wünschen, dachte ich tief befriedigt, während ich den langen Weg gen Berlin fuhr.

Natürlich, wie ich es so liebte, an Weimar und Erfurt vorbei und am liebsten hätte ich kurz Station gemacht dort am Frauenplan, nachdem mein Plan mit den Frauen so gut aufgegangen war. Über Goethes Christiane hat das adelige Weimar auch ständig gelästert, wegen ihrer einfachen Herkunft, der wilden Ehe am Anfang und des sogar unehelichen Kindes, auch wenn der Geheimrat es gleich anerkannt hatte. Dachte ich an Goethe und Christiane, war ich plötzlich wieder mit meiner Bäckerin sehr zufrieden. War mir sicher, dass meine Eltern nie so guten Sex hatten, wie ich mit ihr und denke ich an meine adelige Ex-Verlobte, die meine Familie so sehr schätzte, war ich beim Sex immer unbefriedigt gewesen, gab es nicht diese natürliche Lust sondern immer eine etwas verschämte Verklemmtheit, auch wenn sie alles irgendwie mitmachte, ist ohne Leidenschaft der Sex überflüssig und nur eine Form der Beschäftigungstherapie und ich liebte doch die Leidenschaft - wie Goethe und Christiane auch.

Im Gegensatz zum warmen Südwesten war Berlin verschneit und eisig, die neu gefrorenen Eisplatten türmten sich vor den teilweise gefegten Straßen und so war es ein Hindernisspiel mit viel Schwung in einen Parkplatz zu kommen, was mir dank fehlenden räumllichen Sehens und geringer Aufmerksamkeit nur mäßig gelang. Hatte nicht mal bemerkt, dass ich beim ersten Versuch sogar zwei Autos angestoßen hatte und war, ohne mir weitere Gedanken zu machen, genervt weiter gefahren, um endlich einen Parkplatz zu finden nach 7h auf der Autobahn.

Bei der zweiten Runde durch meine Straße gestikulierten einige Menschen wild, als ich vorbeifuhr - verstand es nicht, ahnte nichts böses, ließ das Fenster herunter und fragte, was los sei. Da klärte sich die Aufregung auf. Hatte zwei sehr polierte Autos beim ersten Versuch über das Eis zu rutschen mit meinem riesigen Audi irgendwo touchiert, ohne es zu bemerken - sie  hatten schon die Polizei wegen Fahrerflucht gerufen, erklärten sie und mir wurde ganz flau vor Schreck. Entschuldigte mich vielfach, gab mich sehr umgänglich und irgendwann hatte sich das mit der Polizei wieder erledigt, die wohl doch keiner gerufen hatte. Es war nahezu nichts zu sehen, dennoch gab ich ihnen meine Adresse und meine Versicherung, diskutierte nicht lange, wollte nur ankommen, erklärte meine Müdigkeit von der langen Fahrt - plötzlich wurden die empörten Schreihälse ganz umgänglich, einer meinte, er müsse jetzt weg, ich könne seinen Parkplatz haben, direkt vor der Tür und so endete eine aufregende Ankunft durch gute Nerven doch noch überraschend friedlich und harmonisch.

Schleppte meinen Koffer in die 1. Etage, ließ ihn unausgepackt stehen und machte mich auf zu meinem Griechen, wo ich am Tisch des Wirts für die besonderen Gäste lautstark von meiner chaotischen Ankunft und meinem vielfältig lustvollen Wochenende erzählte, als mich eine etwas ältere Dame, wie es mir schien, an ihren Tisch bat. Sie tat dies ziemlich locker mit den Worten, wenn du schon so laut redest, dass jeder alles hören muss, kannst du dich auch zu mir setzen und mit mir reden.

Überrascht stimmte ich zu.  Sie war auf den ersten Blick gar nicht mein Typ. Kurze burschikos geschnittene Haare, ein schwarzer Rolli mit grünem Muster und eine lange dünne Kim dazu in der Hand, die Schachtel im 70er Design vor sich auf dem Tisch. Fand die 70er schrecklich und erkannte noch nicht, wie gut diese stilvolle Zigarette gerade zu dieser Frau passte. Noch überraschender entwickelte sich das Gespräch dann - sie war eine Norddeutsche, zugleich gebildete Frau von Welt und wir spielten uns die Bälle zu und fanden uns intellektuell und auch sonst ziemlich spannend, ohne dass ich es bewusst merkte, war ja noch tief befriedigt vom morgendlichen und nächtlichen Sex, dachte erstmal an nichts. Eigentlich war sie ja gar nicht mein Typ, dachte ich nüchtern noch als ob es so etwas wie Typen in der Liebe gäbe.

Das mit der Nüchternheit änderte sich im Laufe der Zeit immer mehr - sie hatte auch einen guten Zug und ich musste schon fast vorsichtig sein, nicht unterm Tisch zu landen beim letzten Ouzo den C uns ausgab. Brachte sie noch, die um die Ecke des Griechen wohnte, zu ihrem Hauseingang. Weiter nicht heute, sagte sie, ein anderes mal gerne aber heute nicht und ich war einverstanden, so sexuell befriedigt wie ich noch war, betrunken und vom dauernden Rauchen berauscht, erwartete ich nichts von mir und hatte keinerlei Absichten - sie war ja auch eigentlich gar nicht mein Typ, nur mochte ich sie sehr, würde sie perfekt in die Familie passen, war sie eine wohl spannende Frau - vieles geisterte vermutlich in diesem Moment in meinem Kopf herum, als wir uns mit dem ersten leidenschaftlichen Kuss vor ihrer Haustür verabschieden wollten und wie konnte sie gut küssen.

War 650km Auto gefahren, hätte beinahe Fahrerflucht begangen, war betrunken und berauscht, hatte die Nächte davor immer mehrfach gevögelt, so oft wir halt konnten, vorletzte Nacht auf dem Fest meiner Eltern schon zu viel getrunken, wenig geschlafen - ich war einfach fertig und mir kippte der Kreislauf weg, was sie mir, glaube ich, bis heute nicht glaubt. Wollte mich nur kurz in ihren Hausflur setzen, bevor ich heimging, nichts sonst, sie lachte nur, hob mich mit einer Hand auf, die sie mir reichte, der ich auf dem Boden saß und um den sich alles drehte.

Dann komm halt mit, ich lass dich doch jetzt nicht hier im Flur liegen, lachte sie und meinte, wie sie später noch oft versicherte, es wäre nur ein guter Trick von mir gewesen - doch würde ich heute noch jeden Eid schwören, völlig vorsatzlos gewesen zu sein, als ich mich dort hinsetzte, weil ich einfach nicht mehr stehen konnte, mir schwindlig war.

Mit dem Aufzug fuhren wir zu ihrer Wohnung im 4. Stock hinauf. Bis auf den etwas sehr engen Eingang, ein Traum von einer großzügigen Wohnung mit riesigen Zimmern und einer traumhaften Küche mit langem Tresen im Berliner Zimmer, also dem zum Hinterhof mit schrägem Fenster hinter der das Schlafzimmer lag, von dem ich noch nichts ahnte.

Wir küssten uns an ihrem Kirschholz Esstisch, der in der Berliner Ecke stand, ich zog ihr nebenbei den Pulli aus und küsste ihren mädchenhaft zarten wunderschönen Busen, dessen Festigkeit und Form jeden Größeren immer um Längen schlug. Dachte immer, ich stände auf große Brüste, weil meine Mutter einen so kleinen hatte aber bei A merkte ich, wie früher schon bei P, eigentlich liebte ich die kleinen festen, zumindest machte es mich genauso an.

Fast euphorisch wuchs meine Lust als ich ihr schließlich noch die Hose öffnen durfte und entdeckte, sie hatte nicht gelogen, sie war wirklich eine rothaarige und hatte leuchtend rote, wunderschöne Schamhaare, gut frisiert aber doch sichtbar und gelockt genug meine Erregung in ungekannte Ausmaße zu steigern.

Zweimal in meinem Leben hatte ich in den ersten dreißig Jahren nun rote Schamhaare live vor mir gesehen, die eine war meine Freundin B aus dem Sommer in England 1985 und über das Kraulen und Küssen dieser auch dort roten Locken ging es damals nicht hinaus und das andere mal 1992 bei der Tochter des Chefarztkollegen meines Vaters C - doch war es bei der Begeisterung und einigen Küssen auf diesen schönen Busch geblieben und noch nichts wusste ich von der Lust und Leidenschaft der Rothaarigen dabei.

Sie hatte Lust und genoss es geleckt zu werden, wollte dann aber bald meinen Schwanz spüren, fand das Vorspiel eher unwichtig, kam direkt zur Sache und wir landeten in dem sehr geschmackvoll eingerichteten Schlafzimmer und auch wenn ich vor einer halben Stunde noch auf dem Boden lag mit geschwächtem Kreislauf dank zuviel von allem, stand James nun wie eine eins, was sicher auch an den roten Schamhaaren lag und dem Traum endlich ihnen ganz nah zu kommen.

Es ging noch mehrfach in dieser Nacht, sie konnte immer wieder, genoß ihre Lust und war wild und frei, es war einfach traumhaft. A hatte einen Knick im Bereich des Scheideneingangs, der es dort besonders eng erscheinen ließ und es war mit ihr so spürbar, wie ich es davor und danach nie wieder vorne bei einer Frau erleben sollte. Es passte diese ihre Krümmung scheinbar perfekt zu meiner Krümmung, denn mein Schwanz hat, ich bin eben ein echter Linkshänder, einen leichten Zug in diese Richtung.

Doch so sehr ich mich auch bemühte, in dieser Nacht kam ich noch nicht - dennoch war ich nicht frustriert, sondern genoss ihre Lust, die Wildheit der Rothaarigen, die sich hingibt und zugleich nimmt, was sie braucht, die stark und selbstbewusst ist und zugleich als Frau richtig genommen werden wollte, keine Grenzen kannte.

Den ersten Höhepunkt mit ihr, schenkte sie mir am nächsten Tag in meinem Bett, als sie mich mit ihrem großen Saab nach Hause gefahren hatte. Sie war eine in meinen Augen wohlhabende, gebildete, erfahrene, leidenschaftliche und einfach in jeder Hinsicht tolle Frau, der absolute Volltreffer schien es mir, auch wenn ich mich nie in sie verliebt hätte, weil sie doch so gar nicht mein Typ war, bis ich sie nackt sah und sie begehrte wie keine zuvor.

Sie war damals noch sehr sehr schlank, zu verhungert und zu wenig weiblich für meinen sonst eher barocken Geschmack und dennoch zog sie mich an, fühlte ich mich vom ersten Moment an wohl und gut mit ihr, war alles natürlich und richtig. Natürlich machten mich die roten Schamhaare sehr an und mehr als es vieles andere täte, aber deutlich mehr gefiel mir ihre intellektuelle Art, ihre gute bürgerliche Position, wie gut sie in meine Familie passte, als Akademikerin und Frau von Welt, die mit ihrem Exmann wirklich die Welt gesehen hatte, in einigen der teuersten und schönsten Hotels der Welt war. Sehr reizvoll war nebenbei auch, dass sie gerade mit einer Frau zusammen war, einer nach ihrer Aussage schönen Blondine, was ich bestätigen konnte aber dazu später.

Es passte und fühlte sich perfekt an. Interessante Gespräche, tolle Küche und grenzenlose Lust aufeinander - eine gebildete Frau, die spannende Menschen kannte, voll im Leben stand, keinen Dialekt sprach und obwohl sie zehn Jahre älter war, sich bei mir Angekommen fühlte und sagte, wie sie es beim Sex wollte, genießen konnte. Die würde ich gerne meiner Mutter vorführen, dachte ich und war gespannt auf alles von ihr, tauchte in eine neue Welt ein, die aus einer anderen Generation kam. Sie, die ja zehn Jahre älter als ich war, war zugleich die jüngste von fünf Geschwistern, deren älteste Schwester, nahe an meinen Eltern geboren war. Sie hatte Nichten, die älter waren als ich und ihre Brüder würden wohl bald Großväter.

Eigentlich wäre es perfekt gewesen, auch ihre natürliche Lust, die sie mir zeigte und mit der sie immer wieder konnte, die mich so anmachte - irgendwann kam ich in einem unserer langen Gespräche im Bett oder am Küchentisch - wir redeten immer viel, auch die nächsten zehn Jahre nur leider nicht über das, was unsere Beziehung hätte retten können - auf die dumme Idee, dass meine Impotenz in der ersten Nacht auch dialektisch bedingt gewesen sein könnte, ihre selbständige Lust mich überfordert hätte und ich darum nicht konnte, weil ich anderes gewohnt war, nicht mehr in meiner Rolle als Mann war.

Welch Dummheit so etwas nur zu denken, wie beschränkt konnte mein Horizont nur sein, es war ja auch nur ein dialektischer Gedanke aber er war eine riesige Dummheit mit Folgen, denn ab da, ließ sie sich immer zum Sex bitten, musste überredet und verführt werden und zeigte nicht mehr ihre natürliche Lust, mit der sie am Anfang immer wollte und mehrfach hintereinander ungehemmt konnte. A wäre die beste Liebhaberin gewesen, die ich haben könnte, besser wurde nach ihr nie wieder, höchstens, wenn es sehr gut war, vergleichbar noch und ich Idiot hemme sie durch eine unbedachte Äußerung mit wohl traumatischer Wirkung, die sich durch unser ganzes Sexleben die nächsten Jahre durchzog. Wir kamen nie wieder zu dieser ungehemmten Lust des Anfangs, auch wenn ich mit ihr fast jedesmal genau zusammen kam, es einfach sexuell perfekt passte - durch eine dumme Bemerkung habe ich, leichtsinnig aus meiner Sicht heute, das große freie Glück verspielt und später wurde darum wohl auch der Sex zum Mittel der Erpressung und Erziehung in einer nicht immer einfachen Beziehung, die doch so vollkommen eigentlich passte.

Wir hatten alles, was Mann und Frau zusammen haben können und es hätte perfekt sein können, sage ich heute 16 Jahre später und ich denke einer der Schlüssel warum dies nicht gelang, lag auch in dieser leichtfertigen Bemerkung meinerseits vom Anfang. Natürlich gab es auch noch tausend andere Gründe, die es immer wieder schwierig machten - andererseits haben wir zusammen noch im höchsten Glück der Euphorie genau gleichzeitig kommend die beste Tochter der Welt gezeugt, was mich immer noch davon überzeugt, so verkehrt kann diese Frau nicht gewesen sein, sie war immer aller Liebe sicher wert. Es gibt keine von all den mehr als hundert nach ihr, von der ich so klar sagen würde, sie hätte ich gerne nochmal, weil wir vielleicht eine Chance zum schönsten Genuss noch zu früh verpassten, ich noch zu jung war, die Gnade dieser Frau wirklich würdigen zu können.

Es wurde nicht mehr besser, höchstens genauso gut und also hatte ich mit ihr den Gipfel des Glücks beim Sex erreicht und wir hätten gut zusammenbleiben und ich mir die Mühsal weiterer Suche mit all den Fehltritten und Frustrationen ersparen können. Weiß heute, guter Sex ist nicht normal und auch zusammen kommen ist nicht die Regel sondern die seltene Ausnahme und eine Gnade, der verglichen sonstige kleine Unterschiede wenig wiegen. So ändern sich mit der Zeit die Gewichtungen und eine Frau zu haben, bei der es körperlich und geistig eigentlich so perfekt passte, auch wenn sie Thomas Mann, vermutlich durch schulische Frustration geprägt, nicht ausstehen konnte, meinen großen Liebling - war es auch in den folgenden Jahren immer geistig spannend mit ihr und sehe ich von der Hässlichkeit des Endes ab, betrachte dafür lieber unsere wunderbare Tochter, sage ich heute noch, ich bereue nichts, gerne wieder, es hat sich gelohnt, zum Griechen zu gehen, auch wenn sie griechische Küche nicht ausstehen konnte und ich bin glücklich so liebevoll und mit großer Hochachtung und Lust nach 16 Jahren zehn wichtige Jahre meines Lebens als in vieler Hinsicht richtig und glücklich bilanzieren dürfen.

Davon wird noch manches zu erzählen sein, hier ging es nur um die erste Nacht, die Faszination der echten Rothaarigen und ein natürliches Glück, das ein noch unerfahrener Mann, sie war vielleicht die 40. erst bei mir damals, leichtfertig verspielte und heute dankbar zu schätzen weiß, trotz allem und obwohl sie mich beinahe in den Knast gebracht hätte. Es ist schön, Jahre danach zu sagen, ich  bereue nichts von dem, was am 5. Februar 2001 begann und sie ist eine wunderbare Frau, die mich in Berlin erst ankommen ließ.
jens tuengerthal 1.3.2017