Eine Liebesgeschichte
Es war einmal eine mutige Prinzessin die suchte so lange nach der großen Liebe, dass alle ihre Schwestern und die Leute bei Hof schon unkten, sie werde noch eine alte Jungfer werden, wenn sie alle Prinzen ablehne, die sogar aus dem Morgenland kamen, wohin die mutige Prinzessin einst mit dem Schiff fuhr, um sich die Welt anzusehen.
Bis nach China, um Afrika rundherum in Amerika und der Karibik war sie schon gewesen, als liefe sie vor etwas weg und war doch immer auf der Suche nach ihrem Prinzen, mit dem sie all ihre Liebe teilen wollte, denn ihr Herz war groß und bis dahin hatte sie ihre Liebe immer nur mit ihrem Bären geteilt, der sie auf ihren Reisen um die Welt begleitete.
Die Prinzessin hatte eine schwere Kindheit, ihr Vater, der König war auch zur See gefahren, um die Welt zu sehen, bis er die Königin heiratete, die ihn an Land festband und als er dann trocken lag, weg schickte, weil ein Seemann auf dem Trockenen einfach zu langweilig ist.
Das Reich der Königin, die nahe dem Meer wohnte, verkleinerte sich nach der Trennung vom König ein wenig. Aber es kamen bald immer neue Männer, weil der Königin so langweilig ohne war, von denen manche auch gern mit der Prinzessin und ihrer Schwester spielen wollten, die nicht wussten, wie ihnen geschah. So zogen sie den Spuren der Liebe der Königin folgend durch das Reich im Norden immer nahe dem Meer.
Ungeliebt und verlassen fühlte sich die Prinzessin und sie weinte in der Nacht große Kullertränen und besprach sich mit dem Bären, was sie nur tun könnten, um frei zu sein und glücklich. Immer noch hatte sie den großen Traum von der Liebe, die alles wäre und der sie alles bliebe. Sie wusste nicht, wie es gehen sollte, hatte es ja nie gesehen und doch ahnte sie, es musste etwas mehr geben, als die anderen so machten, die nur zusammenlebten.
Die Prinzessin lief dann von der Königin weg, die immer nur an ihre Männer dachte und nie an die Prinzessinnen, die doch ein Teil von ihr waren. Sommer für Sommer lebte sie auf der kleinen Insel und arbeitete hart als wäre sie ein Bauernmädchen und keine Prinzessin. Es fassten sie auch Männer manchmal an, weil sie gerade bei ihnen lag, die jede Nacht in einem anderen Bett schlief, aber es berührte sie nicht und sie ließ sie machen, wenn sie dafür frei sein konnte.
Immer wieder im Morgenland und tief im Westen machten Prinzen und Cowboys der mutigen Prinzessin Heiratsanträge, aber sie ließ sie immer nur ein wenig heran, schlief vielleicht mit ihnen, aber in ihr Herz durfte keiner, dass sollte keusch und rein für ihren Prinzen bleiben, der irgendwann käme, dessen war sie sich ganz sicher. Sie wusste wie die Lust funktionierte und was die meisten Männer dabei wollten, machte es mit, wenn es nötig war, ansonsten war es ihr völlig egal, solange sie nur frei blieb.
So reiste sie viele Jahre um die Welt, stand auf Bühnen und den Brettern, die manchen die Welt bedeuten, tat alles, um nur frei zu sein und zeigte keinem, dass sie eigentlich eine Prinzessin war, denn ihr Prinz würde sie erkennen, ihre Hoheit erspüren und das geträumte Glück fände kein Ende mehr. Sie wäre alles für ihn, dachte sie, konnte kochen und Schiffe fahren wie Kutschen oder Wohnmobile. Nichts gab es, was sie nicht konnte, wenn sie es wollte und sie tat immer, was sie wollte auf der Suche nach Freiheit.
Manche Jahre konnte sie nur auf die kleine Insel neben dem Königreich im Norden und manchmal in zwei benachbarte Reiche im Süden fahren, weil die alten Könige des Ostens, die griesgrämig und böse waren, eine große Mauer um ihr Reich gebaut hatten, damit ihre Bürger, die sie wie Sklaven hielten und zu des Staates Sicherheit noch überwachten, nicht wegliefen.
So war ihr Drang, die Welt zu erobern riesig, als irgendwann die Mauern fielen, weil keine Mauer ewig hält und sie lernte die Welt kennen und suchte doch immer weiter noch die wahre große Liebe, um endlich anzukommen und da zu sein.
Es gab zur der Zeit, als die Prinzessin und der Zauberer sich trafen, ein verzaubertes Reich der Worte, dass die Menschen ohne Zeit und Ort miteinander verband, als säßen sie in einem verzauberten Garten zusammen. In diesem Reich gab es auch Bilder und es diente der Suche der Einsamen, dabei war die Prinzessin ja nicht einsam, sie hatte ihren Bären, einen uralten Freund und die Welt war ihr Zuhause. Doch dachte sie, wenn ich nicht auch dort bin, wie soll mein Prinz mich dann finden und so ging sie, wieder ohne zu suchen, auch dort hin und ließ die Dinge geschehen, die dort eben geschahen, von Zeit zu Zeit.
Das Reich der Worte war eine eigene Macht, die neben den Königreichen stand und in dem jeder sagen konnte, was ihm gerade einfiel, solange es nichts öffentlich mit Sex zu tun hatte. Und weil selten ein Reich alleine kommt, standen auch bei den Worten manche Reiche nebeneinander und manche verfielen gänzlich den Worten und vergaßen das Leben und die Liebe darüber.
Er hatte ihr Bild gesehen und auch wenn Bilder nur Bilder sind, war da etwas, dass ihn neugierig machte und schon im ersten Brief, den sie sich im Reich der Worte schrieben, spürte er, wie nah sie sich anfühlte. Ob dies wohl der Traum von Frau sein konnte, die alle drei Arten der Liebe in eine schenkte und bei der seine Suche endlich endete.
Wenig war er durch die Welt gestreift, als Kind hatte er noch einige Länder gesehen, dafür reiste er in der Liebe, hatte viele Herzen berührt, noch mehr Schösse geküsst und Brüste gestreichelt. Fast so viele, wie es Länder auf dieser Welt zu sehen gibt und er wusste, es gab nichts neues mehr, zu entdecken, er wollte nur noch ankommen und seine Liebe leben, da sein und das Glück teilen.
Sie wussten es sofort, ohne lange Worte zu wechseln, war ihnen klar, dass sie zusammengehörten. Der Zauberer und die Prinzessin hatten sich weder berührt, noch gerochen und doch waren sie sich schon sicher, bevor sie sich überhaupt ins Antlitz sehen konnten, weil sie zwischen den Zeilen spürten, der andere suchte wie ich die große Liebe und wollte ankommen.
Und als sie sich schließlich trafen, die Prinzessin kam mal wieder von einer kleinen Reise zurück, da sahen sie sich an, fielen sich in die Arme, küssten sich voller Leidenschaft und tranken erstmal einige Kannen Tee miteinander, um zu plaudern, bevor sie sich der Leidenschaft hingaben, die sie auch drängte, aber weniger als es das Gefühl tat, nach dem alles so richtig schien und wie geträumt.
So lebten die Prinzessin und der Zauberer, der nur ganz verborgen ein Prinz auch war, glückliche Tage in dessen Bücherturm, lasen sich vor, wenn sie sich nicht liebten oder Tee tranken. Doch dann kam die Tochter des Zauberers, die noch von einer seiner alten Lieben stammte, als er noch in Schößen um die Welt reiste, während viele lieber in den Flieger stiegen, und sah ihr Platz war von der Prinzessin besetzt und sie fühlte sich schlecht dabei. Sie mochte sie nicht und wusste nicht warum,
Ein böser Zauber lag zwischen der glücklichen Prinzessin und der unglücklichen Tochter, die sich vor der Prinzessin fürchtete. Zauber aber sollten die Spezialität der Zauberer sein, will es uns scheinen, so erzählen es doch die alten Sagen alle. Was wäre das aber für ein langweiliges Märchen, in dem zwei sich nur begegneten und alles wäre gut und die Welt liebte sie dafür.
Eine der schönsten Liebesgeschichten der Welt, jene von Romeo und Julia, die einst Shakespeare uns erzählte, endete tragisch tödlich im Missverständnis und auch wenn das erstmal nur Theater war und auch kein Märchen, schien sie der Prinzessin und dem Zauberer plötzlich näher am Leben als der Liebestraum, den sie zusammen zu träumen begonnen hatten.
Die große Familie des Zauberers, der eher ein Minnesänger im fortgeschrittenen Alter noch war, lehnte die Liebe zuerst mal ab und forderte Zeit. Sie sollten sich gedulden, ihre Liebe beweisen, bevor sie gewürdigt würden. Wer aber mit ganzem Herzen liebt und seinem Liebsten eine Welt schenken möchte, der will nicht warten, sondern lieber gestern als morgen heiraten und so versprachen sie sich einander, ohne ihre Angehörigen um Rat gefragt zu haben, wie es doch Sitte wohl war.
Große Versprechen verbunden mit großer Enttäuschung wurden zur immer schwereren Last auf einer jungen Liebe, die sich ihr Reich noch erobern musste. Die Prinzessin und der Zauberer verstanden sich in Kleinigkeiten des Alltags nicht mehr, fühlten sich ungewollt, wenn es das Gegenteil war und flohen wieder in vorige Welten, statt neue zu bauen - nur wie die vorigen sie nie berührt hatten, bis sie sich zufällig zwischen den Welten in jener der Worte trafen, waren sie sich nun auch immer ferner, obwohl sie doch eigentlich sicher waren, beieinander angekommen zu sein.
Sie spürten es beide, doch der Zauberer, der lieber wegschaute, wenn ihm etwas nicht gefiel, ignorierte ihre Mahnungen, die darauf hoffte, die verlorene Liebe wiederzufinden. Er wollte sich lieber mit dem Glück statt mit der verlorenen Liebe beschäftigen. Sie wollte suchen, was sie verloren wähnte und so redete er sich die Welt schön, während sie sich auf die Probleme konzentrierte, beide sahen wenig schönes mehr voneinander und liebten irgendwie immer mehr aneinander vorbei, was sie aber nicht glauben wollten, da Liebe doch wie Energie nicht einfach verloren ginge, gerade wenn es die große Liebe ist und das dachten sie doch beide eigentlich, ohne zu wissen, was große Liebe genau wäre.
Die Liebe zur Tochter und die Liebe zur Familie im übrigen kollidierten mit der absoluten Liebe zu der Frau, mit der er sein Leben verbringen wollte. Auch die Liebe zu Freunden kam später in ihrem Schatten noch in Schwankungen, die ihm nicht gefielen, der er gern mit allen in Harmonie und Frieden lebte, um geistig weiter zu reisen. Sein bisheriges Leben, in dem er von Schoss zur Schoss nur reiste, neue Herzen eher berührte als fremde Länder, sollte er nicht mehr weiterführen mit der großen Liebe, weil wenn sich zwei fanden, sie doch alles miteinander hätten und ihr das selbstverständlich schien, der die körperliche Liebe nie wichtig war, weil sie diese nur mitmachte, während sie sich mit der ihr möglichen Anteilnahme eben hingab, wenn nötig.
Da die Prinzessin wunderschön war, es normal so schien, weil es üblich war, versprach er ihr die Treue, von der er gar nicht aus Erfahrung so genau wusste, was sie war. Sie dafür, die Ruhelose, würde bald wieder in die Welt ziehen müssen, ob sie nun wollte oder nicht und ihn im geteilten Paradies, dass ihr nicht die Ferne und die Sehnsucht nach ihr ersetzen konnte, alleine lassen. Damit würde sich im Leben der Prinzessin nichts ändern, außer, dass sie eine Liebe zuhause sehnsüchtig erwartete und ihr heiße Verse an Bord sandte, während dem Zauberer aus der Welt der Worte, der die Frauen liebte, nur noch die Worthülsen der Minne blieben, die nicht mehr an jeder ein Ziel haben durfte.
Als die Prinzessin wieder von langer Fahrt durch Meer und große Stürme vom Wetter gegerbt nach Hause zurückkehrte, liebten sie sich wieder, auch wenn sie sich aus der Ferne schon verlassen hatten, weil sie ihre Welt und den verlorenen Zauber der Liebe nicht wiederfanden. Sie liebten sich, schliefen bei und miteinander und berührten sich doch seltsam gar nicht, blieben sich fern und die unausgesprochene Verzweiflung über das Nichts wuchs immer weiter. Sie wollte etwas unternehmen, um sich dort wiederzufinden, während er lieber, zur Ruhe kommen wollte, um sich dabei wieder zu finden und so gingen sie mit unterschiedlichem Tempo und auf verschiedene Art ihre Wege in je entgegengesetzte Richtung auf der Suche nach dem Glück, das sie teilen wollten.
Irgendwann verloren sie sich dabei völlig aus den Augen, jeder auf seinem Weg unterwegs, voller Angst, sich zu verlieren und mit mehr Furcht, sich etwas zu vergeben, als den anderen zu verlieren, spielten sie jenes Spiel, was Männer und Frauen schon spielen, seit es die Welt gibt, wenn auch vielleicht mit etwas verkehrten Rollen, saß er doch lieber bebüchert zuhause, während sie die Wälder und Wiesen durchstreifte.
Einmal sahen sie sich noch für einen Moment und es war wieder wie in ihrem Traum. Der Zauberer brauchte nur Zeit und die Reisende hatte wohl keine und sie verpassten sich wieder, es blieb nur der Traum von der großen Liebe, die sie schon meinten, gefunden zu haben und suchte nach ihrem Ort. Wieder gingen sie in entgegengesetzten Richtungen auseinander und verloren sich aus den Augen, hatten nichts als die Erinnerung an den ersten Moment, der sie beide so verzauberte.
Die Erde aber ist keine Scheibe und so bestand zumindest die Chance, dass sie sich eines Tages wiedersähen, wenn sie auf ihrem Weg durch die Welt und in ihrer unterschiedlichen Art zu reisen, die Augen offenhielten.
So wanderten sie jeder für sich einmal um die Welt auf der Suche nach dem großen Glück. Der Zauberer indem er blieb, wo er war und die Prinzessin wieder in großen Abenteuern über alle Ozeane und nur ganz tief in sich trugen beide noch den Schatz ihrer Erinnerung mit sich. Sie kämpfte gegen Stürme und hohe Wogen, ging beinahe in ihnen unter, rettete sich noch gerade und blieb neugierig auf die Welt, sah neue Orte und viele Menschen, nur ihre Sehnsucht, die einmal erfüllt schien, konnte sie nie vergessen. Der Zauberer reiste durch die Welt der Worte und spürte in den alten Schulen der Philosophie dem grenzenlosen Geist nach, um das Sein zu verstehen. Auch er vergaß die Liebe nicht, die er so gefühlt hatte wie noch nie, auch wenn sie diese nicht leben konnten. Beide sehnten sich und wussten nicht wohin und nach wem.
Eines Tages, als die Prinzessin wieder für kurze Zeit in ihrem Heimathafen lag, trafen sie, ohne es geplant zu haben, auf der Straße zusammen und wussten wieder, was sie die ganze Zeit vermisst hatten. Sie sahen sich an und vergaßen alles, was war und verstanden plötzlich, dass sie nicht in die Ferne schweifen mussten, um das große Glück zu finden, was längst in ihnen lag. Der Zauberer baute seiner Prinzessin ein Schloss aus Worten ausgestattet mit dem unendlichen Reichtum seiner Phantasie und die so bodenständige Prinzessin, nahm die Worte, kaufte Steine dafür, baute das Schloss und machte es ihnen ganz wirklich nun gemütlich zwischen Meer und Heimathafen. Wäre die Liebe einfach ein Märchen, würden sie nun heiraten und glücklich bis ans Ende ihrer Tage leben und wenn sie nicht gestorben sind, lieben sie sich noch immer.
Weil die Liebe aber im Schatten der Wirklichkeit kein Märchen sondern ein Traum ist, den wir einfach wagen müssen, halten sich die Paare dieser Welt immer noch an Realitäten auf, um in ihrem Schatten den Alltag zu meistern. Sie zweifeln an der Wirklichkeit ihrer Träume, in denen sie doch eigentlich längst glücklich waren, um den Zweifeln und der Vernunft mehr Platz einzuräumen, als sie ihrem Gefühl nach haben sollte.
Die Liebe ist nach dem Sex die zweite Wurzel all unserer Kultur, wenn Menschen ihre Träume leben wollen und dafür manchmal märchenhaft alle Hindernisse überwinden, um einfach glücklich zu sein. Kann es mehr Glück im Leben geben, als Arm in Arm, um die gegenseitige Liebe wissend, einzuschlafen?
Was Menschen alles taten, ihre Liebsten zu beglücken, der verlorenen Liebe nachzuweinen oder sich ihren großen Traum ganz real auszumalen, füllt die Museen und Bibliotheken dieser Welt, schuf einige der schönsten Gebäude und Gärten, wie etwa jenes Taj Mahal in Indien, dass der trauernde Großmogul als Mausoleum für seine gestorbene große Liebe einst baute oder Goethes Sesenheimer Lieder, deren tödliche Steigerung noch im Werther gar und die vom Winde verwehten Blätter der Südstaatenliebe im Bürgerkrieg, die so viel über Amerika und seine Träume immer verriet und doch Menschen um die ganze Welt in seinen Bann zog, wie das Hohrlied auch oder das Lied vom traurigen Sonntag, dem noch so viele in den Tod folgten, mit dem Traum von der großen Liebe immer in Erinnerung.
Nichts inspirierte Menschen zu solch großen Leistungen wie die Liebe, mit der sie etwas taten oder verfolgten. So war die Liebe und das Ringen um sie in allen Kulturen eine der wichtigsten Triebkräfte, auch wenn sie sich im Aberglauben an den erfundenen Gott ausdrückte, brachte sie Menschen zu nie geglaubten Höchstleistungen in Kunst und Architektur, was dem Glauben bis heute ein sehr reale Präsenz gibt. Wer wäre der Dichter, der als sei es ganz natürlich immer an die Liebe glaubte, dieser mehr oder weniger Realität zu geben als dem Aberglauben der anderen - wie wir es auch nennen, ist dieses völlig unkörperliche Gefühl der Grund, der Menschheit bis heute beflügelt.
Ist der Traum von Liebe, der sich wie ein Märchen liest, darum weniger real als der Sex, den ich als Urgrund aller Kultur im ersten Teil märchenhaft erzählte?
Wer je geliebt hat und Glück wie Schmerz in seiner ganzen Größe fühlte, weiß wie real diese Welt ist, die alle Grenzen überwindet. Dennoch hat die Liebe keinen festen Ort in unserer Natur - sie kommt auch aus dem Gehirn, das die Reaktionen zusammenfügt und das Bild entstehen lässt, das in unserem Bewusstsein schwebt und uns meinen lässt, wir liebten, doch zugleich spüren wir den Herzschmerz genau da, wissen wie die Hormone uns dabei auch fern des Hirns manchmal mehr steuern. Ist dieses in manchem unerklärliche Gefühl, das seine Gründe in einer Summe von Dingen findet, die wir nie alle einzeln bewusst erfassen können - von der Ähnlichkeit über die Sehnsucht wieder zum Gegenteil in der Dialektik - nun erst wirklich, wenn wir uns seiner bewusst sind und wie real ist es überhaupt je, frage ich mich. Ist der Tod an gebrochenem Herzen, der längst ein medizinischer Terminus wurde, Ausdruck der Macht einer Illusion, die nur geistig ist oder ist ihre Körperlichkeit nicht offensichtlich?
Eine wohl rhetorische Frage, ich geb es zu, wenn das Herz, weil gebrochen, stehen bleibt oder die Sehnsucht uns zum Wahnsinn treibt, sind das klar körperliche Auswirkungen, warum vielleicht die Trennung unsinnig sein könnte, die wir uns im Echo der Religion angewöhnten. All dies ist Teil unserer Natur und wird von allen Teilen mit befeuert.
Wenn ich morgens voller Lust neben meiner Liebsten aufwache, wirken vielleicht noch die unbewussten Träume sich in meiner ganz realen Errektion aus. Wie der Morgentau, den ich ihr, während sie noch halb träumt, aus ihrer Mitte schlecke, nicht die Reaktion auf meine Zärtlichkeit ist, sondern noch aus dem vielleicht Märchenreich ihrer Träume stammt, wo immer sie dort war. Oder ist er nur die natürliche Reaktion auf die gefühlte Nähe, die gar kein Bewusstsein mehr braucht, um Lust zu werden, frage ich mich und also auch keinen konkreten Traum sondern einfach da ist, weil zwei miteinander und aufeinander reagieren.
Die Sexualität, die ich bewusst im ersten Kapitel abhandelte, weil sie mir der natürliche Ursprung zu sein scheint, spielt gerne mit der Liebe zusammen, doch bedingen sie sich weder, noch hängen sie außer in moralisch dialektischer Beschränkung irgend zusammen. Außer vielleicht, dass es kombiniert das allerschönste uns scheinen kann, ohne zu wissen, wie real dieses Gefühl ist, schafft es doch eine sehr präsente Wirklichkeit. Darum kann sie in der Kulturgeschichte der Liebe als ein Märchen nicht ignoriert werden, wenn auch ihre genaue Beziehung so wenig klar definierbar ist, wie alle Gründe der Liebe es sind. Wo es passt und die Natur sich von alleine findet, ist sie einfach Teil des geteilten Glücks, wenn nicht, was häufiger geschieht als es bei so etwas völlig natürlichem möglich scheint, wie ich inzwischen lernen konnte, braucht es manchmal Umwege, um zur geteilten Natur zu finden, die dann zum höchsten Glück wird.
Wo die Liebe ist, kann sie stärker als alles sein, jede Grenze und alle Hindernisse überwinden, um sich zu finden. Sie verleiht nicht nur Flügel, ganz real in allem, was wir von ihr beflügelt tun und geistig, indem sie uns eine neue Haltung angewöhnt, sondern sondern verwandelt auch die Welt für alle Beteiligten, die in ihrem Schatten erst die Schönheit dessen, was immer da ist, wahrnehmen können. Gleichzeitig raubt sie dialektisch im Falle ihres Verlustes oder des Kampfes um sie alle Kräfte und färbt die Welt in tristes Grau, das keine Schönheit und Freude mehr kennt. Es ist die gleiche Welt, die den Verliebten so zauberhaft im gleichen Moment scheint und doch hat sie für die Lieblosen eine ganz andere Realität durch ihre Haltung zu ihr.
Ob es irgendwo schön ist, scheint uns eine Realität zu sein, doch entscheidet dabei die Haltung zum Ort viel mehr als es die je Wirklichkeit könnte, weil Wirklichkeit scheinbar auch nur eine Illusion derer ist, die sie erleben. Wissen wir je, was wirklich ist oder haben wir wie Platons Höhlenbewohner immer nur ein Schattenbild der Wirklichkeit, die eben dem entspricht, was wir wahrnehmen und sehen wollen. Den Liebenden ist die Welt wunderbar, jede Stunde gemeinsam ein Geschenk, denen die an ihr leiden, scheint es umgekehrt und das wirkt sich auf ihre je Leben ganz real auch physisch aus.
Die Liebe als Quelle und Kraft der Kultur ist wohl einer der wichtigsten Faktoren unserer Geschichte bis heute. Manche gehen in den Tod aus Liebe zu Gott oder dem Vaterland, andere um der Liebe willen, für die sie keine Hoffnung mehr sehen, nachdem sie einmal fühlten, wie groß das Leben sein kann. Einzene verlieren jede Hoffnung ohne je dem Glück nah gewesen zu sein, was manche als Ankommen bezeichnen. Doch sollte, wer je das Glück hatte, sich so zu fühlen und die Welt im Schatten dieses Traums zu sehen, dies nie vergessen, denn vielleicht leben wir nur, um dies Glück genießen zu können, wo immer es sich wieder zeigt und manchmal finden sich Träume auch wieder, wenn wir merken, worauf es ankommt. Mehr als glücklich können wir auf der Suche nicht werden.
jens tuengerthal 3.2.2017
Freitag, 3. Februar 2017
Donnerstag, 2. Februar 2017
KMG 001
Kulturursprung
Es war einmal ein dem Affen sehr ähnliches Wesen, ziemlich behaart und manchmal wild, das lebte es ungestört in paradiesischer Natur und ernährte sich von dem, was um es wuchs. Eines Tages, als dies Wesen, noch ohne Wissen um sein Geschlecht, auf einem seiner Spaziergänge den Elefantenbüffel seine Kuh besteigen sah, den Löwen um die Löwin schleichen hörte, den Ruf der Vogelsänger vernahm, die um das schönste Weibchen sangen, erhofften im Frühling, der vielleicht im Paradies auch immer war, erhört zu werden, fragte es sich, was treiben die alle wohl und was wollen sie nur voneinander.
Viel Zeit zum Grübeln blieb aber nicht, musste doch noch wer kräftig sammeln oder jagen, um etwas gegen den Hunger zu tun. Satt sein war schön, fühlte sich gut an und dann mit vollem Bauch in der Sonne liegen und sinieren war vernünftiger, als hier mitten im Paradies dumm rum zu stehen.
Vernunft und Überlegung lag diesem Wesen. Vielleicht konnte er für zwei Tage sammeln und jagen, dann konnte er einen Tag träumen und rumliegen, einfach nichts tun, wie es dieser Mensch so liebte. Manchmal juckte es in der Mitte, dann wurde gekratzt oder in den See gesprungen, beides konnte helfen, war also vernünftig. Dies Wesen lebte, um glücklich zu sein. Bis er ein ihm ähnliches unbehaarteres Wesen sah, was ihn so bezauberte, dass alle Vernunft aussetzte.
Vorsicht war in der Wildnis des Paradieses wohl angebracht, nicht alle Tiere waren immer wohlgesonnen und wer wusste schon, was das nun wieder war. Nacktschnecken konnten gefährlich sein, hatte es schon bemerkt. Doch zog es die beiden unwiderstehlich zueinander hin, um sich näher zu besehen. Noch wussten sie nicht, was sie miteinander sollten.
Es würde aber bald dunkel und Adam hatte noch nicht genug zu essen und so war er plötzlich hin und hergerissen, was er nun zuerst wollen sollte. Auch Eva dachte an den Hunger und wie lange sich die Tiere manchmal umeinander bemühten, wie schön die Vögel sangen, bevor etwas geschah. Wenn er also wollte, würde er mehr tun müssen als nur zu schauen. Sie verzog sich und hoffte er würde sie suchen.
Adam aber verlor, als er sie nicht mehr sah, erstmal sein Interesse, er hatte ja immer noch Hunger und wusste nicht genau, was er damit sollte. So ging er jagen und sammeln, aß und legte sich satt in seine Höhle, um zu schlafen. Da aber tauchte sie plötzlich wieder in seinen Gedanken auf und er sehnte sich nach ihr. Auch wenn er ja alles hatte, er satt und zufrieden war, fühlte er sich plötzlich einsam.
Einmal von diesem immer größer werdenden Gefühl ergriffen, stand er auf und wollte sie suchen. Aber es war dunkel und das Feuer hatte er noch nicht für sich entdeckt. Sie in dunkler Nacht suchen, war gefährlich und er würde sie nicht finden, dachte er. Doch war er nun wach und konnte nicht schlafen, musste immer an sie denken, die jetzt irgendwo anders lag. Um die Gedanken zu verbannen aß er noch mehr, bis ihm schlecht wurde und er darüber irgendwann unruhig einschlief.
Auch Eva lag in ihrer Höhle, auf Gras und Fellen aber, um es weicher zu haben und sehnte sich. Sie wusste schon wonach und war also weiter als er, nur war es jetzt Nacht und wenn er sie erobern wollte, musste er noch mehr tun, als nur aus der Ferne mal schauen. Sie würde morgen wieder an den Ort gehen, an dem sie ihn gesehen hatte und dann der Natur ihren Lauf lassen. Die Tiere zeigten ja, wie es ging.
So gingen beide am nächsten Tag zur gleichen Stelle, bemerkten sich und begannen das ewige Spiel wie üblich ganz langsam. Sie sah ihn zuerst, ging ein wenig aus der Deckung, um gesehen zu werden. Er entdeckte sie und stürmte auf sie zu, aber kaum kam er durch das hohe Gras zu dem Baum, an dem sie sich gezeigt hatte, war sie schon wieder verschwunden. Beobachtete den ahnungslosen Verehrer aus der Entfernung und fragte sich, wie lang er wohl brauchen würde, sie zu finden.
Erfahrener auch Jäger der er war, sah er nach dem ersten Moment der Verwirrung auf den Boden, entdeckte ihre Spuren und folgte ihnen, bis diese nahe einem Baum, auf dem sie saß, endeten. Nahe gelegen hätte jetzt in den Baum zu schauen, doch Adam fragte sich erstmal, ob er die Spur vielleicht verloren hatte, ging ein Stück zurück und hörte es dann hinter sich knacken,drehte sich blitzschnell um, sah aber Eva, die sich vom Baum schwang nur noch gerade wieder im Busch verschwinden.
Sie näherten sich vorsichtig, die etwas nacktere versteckte sich und ließ den anderen suchen, bis sie schließlich fanden und kurz berührten. Der kräftigere Adam erinnerte sich, wie er es zuvor bei den Tieren beobachtet hatte und wollte sie von hinten bespringen, doch Eva war klug und entzog sich ihm immer wieder, bis er sie irgendwann packte, auf den Rücken legt und erstmal beschnüffelte und betastete.
Eine feine Beute dachte sich Adam und spürte wie sein Blut schon bei der Betrachtung in Wallung geriet. Ihre Brust war schmaler als seine aber größer und ging nach vorne heraus. Er berührte sie vorsichtig und Eva ließ es nach anfänglichem Widerstand geschehen. Während sich Adam noch fragte, ob er diese Eva nun schlachten und grillen sollte, wenn er sie nicht ummdrehen konnte, wie es die Tiere taten, wuchs sein Glied und ließ ihn alle Planungen vergessen.
Auch Eva wurde immer neugieriger und befühlte das haarige Ungeheuer mit den schönen Augen. Als sie das dritte Bein sah, das diesem Wesen in der Mitte wuchs aber keinen Fuß hatte, fragte es sich, ob es ein Arm ohne Finger sein könnte und irgendwas in ihr drängte sie dies Ding anzufassen, so griff sie nach Adams Glied und er ließ es geschehen, ohne zu wissen, was er damit sollte, außer es, wie er es bei den Tieren beobachtet hatte in sie zu stecken. Das schien, denen gefallen zu haben.
So legte er sich auf Eva und überlegte angestrengt, wie er sie nun, wo er auf ihr lag, umdrehen konnte. Aber auch Eva hatte die Tiere beobachtet und spürte, ohne zu wissen warum, das Bedürfnis, dieses Bein oder den Arm, was immer es nun war, dies Ding ohne Zehen und Finger, in sich zu haben. Solange er auf mir liegt, kann ich mich nicht umdrehen, wenn er aber runtergeht, muss ich weglaufen und mich wieder verstecken, um nicht besiegt zu werden. Wenn es so nicht ging, musste es also anders gehen, dachte Eva und folgte ihrem Gefühl, als sie die Beine spreizte.
Als Eva nun so breitbeinig unter ihm lag, wurde Adam klar, dass er sie vielleicht gar nicht umdrehen musste, wenn er auch so dahin kam, wohin es ihn so drängte, ohne zu wissen warum, es hatte ihn ja keiner aufgeklärt, da er der erste war und nur gesehen hatte, was die Tiere taten. Er hob vorsichtig ein wenig seinen Bauch, um zu fühlen, was da wäre und ob es da irgendwo einen Weg gab, sein Ding reinzustecken, wie er es so oft beobachtet hatte.
Als er unter ihrem Busch in der Mitte, wo sie auch so behaart war wie er, plötzlich zwei Lippen spürte, die sich seinen Fingern öffneten und ihn in einen feuchten Schlund eintauchen ließen, zog er erschreckt die Hand zurück. Was war das nur, warum war es so feucht da und hatte sie einen Mund oben wie unten, würde sie ihn am Ende beißen.
Neugierig steckte er seine Finger in den Mund um zu schmecken, ob er es kannte und siehe es war gut. Eva kannte sich schon besser als Adam und wusste, wie gut es tat, sich dort anzufassen und so nahm sie denn seine Hand und führte sie vorsichtig wieder dort hin, wo es sich gut und richtig anfühlte und Adam entdeckte, welche Lust es ihm bereitete, Eva dort anzufassen.
Ganz vom neuen Spiel fasziniert, ließ Adam auch ihren anderen Arm los, um sich besser abzustützen, damit er Eva ungehindert anfassen konnte. Die beiden ersten Menschen erkundeten sich und während sie noch kurz überlegte, wieder wegzulaufen, als er seinen Arm von ihrem nahm, ihr ein wenig Freiheit zurückgab, war er völlig von dieser feuchten Höhle hinter den Lippen fasziniert und er wolle sie sehen, um zu verstehen, was es war.
Doch Eva rannte nicht weg sondern fasste lieber nach seinem Arm oder Bein, was immer es war, dass da plötzlich so steif in der Gegend rumstand und zog es zu ihrer Mitte. Irgendwann fanden sie so den Weg ineinander und auch wenn es erst weh tat, wurde es dann in den Bewegungen, die wohl in ihrer Natur lagen immer schöner miteinander. Ein Wohlgefühl breitete sich in ihnen aus, als seien sie für nichts anderes je Mensch geworden.
Nun taten sie es wie die Tiere nur andersherum und sahen sich dabei an, als sich plötzlich ihre Lippen dabei berührten und sie fühlten, es war gut so. Sie trieben es weiter bis zum Ende und dann sanken sie erschöpft nebeneinander hin.
Das neue Spiel hatte auch Eva so gut gefallen, dass sie nicht wollte, es wäre schon vorbei. Doch Adam vom ersten Akt der Menschheit erschöpft schlief ein und lag schnarchend mit seinem erschlafften Glied auf dem Rücken. Sie könnte nun weglaufen, dachte sie, aber irgendwas sagte ihr, das Spiel war noch nicht zu Ende und so setzte sie sich auf ihn, wenn er schon nicht aufstehen wollte, um sich sein Ding wieder zwischen ihre Lippen zu stecken.
Da dies aber nun so schlaff war, gelang es ihr nicht und die auch mit Verstand begabte Bewohnerin des Paradieses überlegte, was sie tun könnte, es wieder wachsen und stehen zu lassen, um sich auf ihm zu vergnügen. Und sie erinnerte sich, wie schön die Küsse auf ihre Lippen hier wie dort waren und beschloss, es zu versuchen, vielleicht half es ja.
Wie glücklich war Eva, als sie spürte, wie es wieder wuchs und ihren Mund bald ganz füllte. Adam noch halb im Schlaf, wusste nicht, wie ihm geschah, doch schien es gut so und er ließ sie gewähren. Als sie aber meinte, es sei nun groß genug, nahm sie das Ding, setzte sich darauf und fühlte großes Glück, zu dem sie mit ihrer Mitte auf ihm zu tanzen begann. Erst vorsichtig, dann immer wilder, bis der endlich erwachte Adam ihre Bewegungen spürte und sie endlich zusammen zum schönsten Glück fanden, dass sie bisher kannten.
Adam schlief danach gleich wieder ein vom doppelten Akt nun all seiner Manneskraft beraubt, während Eva überlegte, wie es denn nun weitergehen sollte. Bald würde es dunkel werden und sie hatten noch nichts zu Essen gesammelt oder gejagt. Wollten sie nicht hungern, mussten sie dringend etwas tun - zum Schlafen war in der Nacht, wenn es dunkel war und sich keine Beeren und Kräuter oder guten Blätter mehr fanden, noch genug Zeit, dachte sie und weckte den unwilligen Adam.
Nach einigem Widerstand erhob er sich. Sie hatte ja Recht, wenn sie nicht bald etwas zu Essen suchten, würde es eine hungrige Nacht. Irgendwie verständigten sich die beiden, um jeder auf seine Art, nach Nahrung zu suchen. Die vorausschauende Eva lockte ihn nahe zu ihrer Höhle und als es dann Dunkel wurde, war das heutige zu dir oder zu mir schnell geklärt. Das gepolsterte Bett gefiel ihm besser als seine Höhle und so verbrachten sie ihre erste Nacht miteinander, nicht mehr einsam sondern gemeinsam und es schien ihnen, als hätten sie nun das größte Glück der Menschheit gefunden, bräuchte es nichts sonst mehr.
Zuerst gingen sie zusammen auf die Jagd und sammelten, was sich fand, teilten ihre Vorräte und machten sich ihre Höhle schön. Dann wuchs etwas in ihr, sie wurde immer runder und die Jagd und das Bücken fielen ihr immer schwerer. Durch die Beobachtung der Tiere, ahnten sie, was geschehen war und ihnen bevorstand. Adam fügte sich und zog alleine los, während sie so viel sammelte, wie sie noch konnte, ihre Höhle noch gemütlicher machte, einen Windschutz bastelte und das Bett für zwei noch dicker mit Zweigen polsterte.
Manchmal noch, als Eva dann mit dem Baby in der Höhle lag, dachte Adam daran, wie paradiesisch das Leben früher war, als er einfach in den Tag hineinlebte, nicht weiter nachdenken musste, als satt zu werden für einen oder zwei Tage, um dann den nächsten Tag nur in der Sonne zu liegen, sehnte er sich nach seiner alten Freiheit und dem Leben für sich. Dann schlief er mal wieder eine Nacht in seiner Höhle, bis ihm einfiel, dass Eva und das Kind ja Hunger hatten und er nicht mehr allein war. Schlimmer war aber, dass er einsam nicht mehr so gut schlief, ihm fehlte ihre Nähe und das schöne weiche Bett, dass er sich nie gebaut hätte.
So lebten denn Adam und Eva mit ihren Kindern im Paradies, machten es sich immer schöner und wenn sie nicht genug voneinander hatten, dann probieren sie es heute noch.
Hier endet das Märchen vom Anfang aller Kulturgeschichte und so begegneten sich die beiden Wesen, die spätere Generationen Adam und Eva nannten, erkannten sich, wie schon biblisch einst Sex umschrieben wurde, und merkten es war alles gut so. Mehr brauchte es nicht zum Glück als Sex nach Lust und Laune, genug zu Essen und keine Geldsorgen. Es war in ihrem Paradies immer warm und es ward für alles gesorgt, ob aus der Natur, die eben wachsen ließ oder von Gott, den der Mensch erst erfand, möge
jeder nun für sich entscheiden, je nachdem ob er lieber glaubt oder vernünftig ist.
In dem Märchenbuch Bibel griff dann Eva nach der Erkenntnis und nahm den Apfel, den ihr die kluge Schlange reichte vom verbotenen Baum und auch wenn unklar ist, warum im Paradies irgendwas verboten gewesen sein soll, wird deutlich, weibliche Neugier ist der Anfang aller Erkenntnis und wäre damit der Ursprung jeder Kultur in der biblischen Interpretation. Nebenbei sind Verbote der andere Zweck der Religion, die damit den Reiz des Verbotenen erst schaffen und erhöhen. Hätte Adam nicht besser friedlich fressend und schlafend weiter gelebt, statt sich viele Fragen zu stellen, fragt sich der heutige Betrachter der Scheidungszahlen jenseits aller Märchen oder ist es der weibliche Instinkt der schon biblisch historisch dem trägeren männlichen Wesen überlegen ist und zu neuen Ufern lieber aufbricht?
Im Paradies der Bibel stellten sich solche Fragen nicht, da waren sie glücklich, wie sie waren, ohne sich als Mann und Frau zu erkennen und den Gebrauch ihrer Geschlechter zu verstehen, soll uns die Sage erzählen, die viel über die verrät, die sie verkünden und wenig darüber, wie es war oder steckt doch am Ende in jeder Sage ein wahrer Kern, fragt sich der Märchenerzähler auf der Suche nach seinen Wurzeln.
Wer von den beiden war welcher, wer erkannte den anderen zuerst, um aufeinander auf die Jagd zu gehen, wann sahen sie sich als eine Art und wie merkten sie, dass es liebend miteinander noch viel schöner als im Paradies schon sein kann, gehört zum großen Glück nicht das Bewusstsein dessen?
Weiß es nicht, es gibt nur von den Kulturen geprägte Sagen, die den Weg in der Natur in allem zeigen sollen, was immer an ihnen wahr ist oder irgend wirklich je war. Die Tiere hatten beide Wesen bei der Jagd aufeinander beobachtet. Gesehen wie glücklich der Akt sie teilweise machte, sich die Weibchen dort erst zierten und jagen ließen, bis sie sich stöhnend hingaben, wenn es nicht umgekehrt war und die Männer selbiges spielten. Das Spiel schien immer dazu zu gehören.
Folgten sie ihrer Natur dabei und wie war diese wohl beim ersten mal wirklich - nahm sich Eva den Adam oder bestieg er sie, wie es die Tiere taten, die sie sahen - gab es diesen paradiesischen Anfang in der Evolution je, wie fing es mit der Kultur an, warum verhält sich Mensch manchmal kultiviert und dann wieder nicht?
Tritt der Mensch ins Leben ein
Ist er meistens noch recht klein
Doch er wächst ja bald heran
Zu einer Jungfrau oder Mann
So hieß es in einem der Lieder, das ich schon als Kind aus der Studentenverbindung meiner Eltern kannte. Beide waren sie im ATB, dem akademischen Turnerbund, der auf Turnvater Jahn zurückgeht, den ich weniger lobenswert fand, was aber in meiner Familie beiderseits lange Tradition hatte, also einen Wert an sich verkörperte, immerhin nahmen sie als erste Männer und Frauen gleichberechtigt auf, was zur obigen paradiesischen Frage passt. Es geht dann im Refrain, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, weiter, dass dieser Eintritt vom Rudern und vom Segeln, das noch mit dem Fische fangen variiert wird, auf hoher See kommt.
Die Doppelbödigkeit des Liedes verstand ich erst viel später und sang es als eine Art Lied zur menschlichen Evolution bis dahin, fand es komisch und freute mich, dass auch die Erwachsenen so darüber lachten, auch wenn sie es aus anderen Gründen taten, denn eigentlich ging es in diesem Lied nur um Sex und entsprechend wurde sich bewegt, gelacht und gewitzelt.
Der Ursprung der Welt, l’Origine du monde im französischen Original, heißt ein Gemälde von Gustave Courbet aus dem Jahre 1866. Das einst skandalträchtige Bild hängt heute völlig unaufgeregt im Musée d’Orsay in Paris, ob es das auch in New York noch täte, ist eine andere Frage und bei Facebook sollte es auch lieber keiner veröffentlichen, denn es zeigt den direkten Blick auf die unbekleidete weibliche Mitte. Die behaarte weibliche Vulva, auch das wäre in den Vereinigten moralischen Emiraten von Amerika Grund genug zur Aufregung, bildet das Zentrum des Bildes, bei dem nur noch ein wenig Schenkel und der Ansatz der Brüste zu sehen ist. Die naturalistisch dargestellte weibliche Haut wird noch durch das seidenartige Tuch unterstrichen, dass alles übrige der Frau außer Geschlecht und Brüsten verhüllt.
Gemalt wurde das Bild für den türkischen Diplomaten Hali-Serif Pasa, der auch als Khalil Bey bekannt wurde und nebenbei noch das wirklich erotische Gemälde ‘Das türkische Bad’ von Ingres besaß. Unklar ist, ob die Abgebildete die Geliebte des türkischen Paschas war oder doch ein anderes bekanntes Aktmodell, das Courbet mehrfach in seinen Bildern auftauchen ließ. Das Bild wurde jedoch von Khalil Bey verborgen gehalten und nicht in seinem Salon gezeigt. Wegen späterer Geldsorgen, die es ja im ursprünglichen Paradies, von dem es handelt, nicht gab, musste es dann versteigert werden.
Zunächst erwarb es ein französischer Antiquitätenhändler, bei dem es Edmonde de Goncourt zu sehen bekam und davon in seinem Tagebuch berichtete. Später kaufte es der ungarische Baron Havtany und brachte es nach Budapest, wo es bis zum 2. Weltkrieg blieb. Von da aus gelangte es auf der Flucht des jüdischen Adeligen über Umwege wieder nach Paris. Dort kaufte es der mit einer Schauspielerin verheiratete Psychoanalytiker Lacan, der es in seinem Landhaus, hinter einem Schiebebild verborgen, aufhängte und so tauchte es erst nach dessen Tod 1981 wieder in der Öffentlichkeit auf und hängt seitdem im Musee d’Orsay, von wo es einmal auch 1988 nach New York ans dortige Metropolitan verliehen wurde und einen mittelgroßen Skandal auslöste.
Ist der weibliche Schoß der Ursprung der Welt?
Viel spricht dafür und denken wir an die Märchen aus dem Paradies vom Anfang der Welt, bleibt diese Frage unbeantwortet, weil dort der erfundene Gott vor der Zeugung steh. Bei den Germanen gab es dazu noch große Sagen um die Erdmutter und ihre Kinder, die aus Lehm formten, was wir wurden. Egal welche Geschichte zur Entstehung der Welt wir auch betrachten, kommen wir um die Sexualität zur Fortpflanzung nicht herum - sie ist der Anfang und alle Schöße dieser Welt in ihrer unendlichen Gestaltung und Vielfalt der Formen, könnten aus dem einen geboren sein, denn alles hat doch einen Anfang irgendwo.
Den Anfang der Kultur in die Suche nach Lust und ihrer Befriedigung zu legen, klingt märchenhaft und soll genau das auch sein. Erzählen vom großen Märchen der menschlichen Kultur, die sich in unendlich vielen Geschichten um die Welt erzählen lässt, die keine Menschen bevölkerten, hätten ihre Eltern nicht Sex gehabt. Wie sich daraus unterschiedliche Kulturen entwickelten, deren Umgang mit der Sexualität uns teilweise heute absurd erscheint, wird auch Thema der folgenden Märchen sein.
Wir sind, weil welche vor uns Sex hatten und die Menschen suchten immer nach neuen Wegen, diesen mehr zu genießen und wieder zu bekommen, weil es so schön war. Ob sich Adam und Eva oder wie immer wir die Urmenschen nennen, so begegneten, weiß ich nicht, schildere nur nach meinem Empfinden, wie ich es mir vorstelle, wie es alle Geschichtenerzähler immer tun.
Für die Idee, dass alle Kultur von der Frau ausging und Mann sich dem beugte oder, um ihr zu gefallen, es weiter entwickelte, spricht schon die natürliche Konstruktion der Sexualorgane. Der weibliche Höhepunkt funktioniert anders als der männliche und auch die Erregung ihrer Lust verlangt mehr Feingefühl dabei. Das Spiel umeinander ist so alt wie die Menschheit und scheint in unserer Natur zu liegen - in ihm verbindet sich der ursprüngliche Trieb mit dem Streben nach Höherem. Sex, wenn er gut ist, lässt uns viehisch manchmal werden, wenn wir getrieben von der Lust, der Natur folgen und stöhnen, als hätten wir keine Sprache.
In der Spannung zwischen hoher kultureller Anforderung, die Begeisterung beim anderen auslöst und dem nur tierischen Bedürfnis unserer Natur nach Befriedigung und Glück liegt unser Sein. Warum träumt ein Mann wie ich von der kultivierten Frau einerseits, mit der ich große Gefühle und die Liebe zur Kultur teile und möchte andererseits auch die wilde Hure, die beim Sex vor Lust schreit, keine Grenzen kennt und sie mir doch setzt.
Die ich haben kann, die breitbeinig vor mir liegt, sich mir schenkt und die ich nicht erobern muss, reizt mich nicht mehr. Natürlich kann die Liebe den schnellen Reiz überwinden aber die Natur reagiert relativ simpel und schematisch. Seit es Menschen gibt, hat sich an unserem genetischen Code und der Konstruktion unserer Gehirns nicht viel verändert. Warum Steinzeitmenschen weniger tiefe Gefühle gekannt haben sollen als die Menschen seit der Romantik, war mir schon immer rätselhaft. Nur weil die einen es als Mode laut ausleben und die anderen, sich andere Wege dafür suchen, ändert es doch nichts an der Natur.
Ist die innere Dialektik zwischen Hure und Heiliger, die so viele Männer suchen, während Frau den verständnisvollen Freund und den wilden Kerl je nach Stimmung will, jene zwischen Kultur und Natur oder sind wir erst in ihrer Aufhebung ganz Mensch, weil erst beides vereint, uns ganz glücklich macht?
Lege ich den Ursprung der Kultur in die differenziertere weibliche Sexualität, wird damit deutlich, warum es der Umwege zum Glück braucht. Eva wird ihren Adam auch dabei angelernt haben, es so zu tun, wie es ihr gefällt und wenn Adam einmal erfuhr, wie schön das Glück erstmal geteilt ist, wird er alles dafür tun, es wieder zu erreichen.
Nur liegt dies in der Natur oder könnten wir die Geschlechter dabei beliebig verkehren, sind die Rollen nur sozial geprägt, weil wir Mustern folgen?
Heutige Gendertheorie vertritt schon lange die Ansicht, es gäbe kein natürliches Geschlecht sondern all dies sei Produkt der Erziehung, die uns in Rollen presse, um gegen die diskriminierenden Konventionen der Gesellschaft zu kämpfen. Damit wurde viel Gutes im Sinne der Emanzipation erreicht und manch schlechtes im Sinne der Natur. Manche Menschen wurden damit glücklicher, weil es ihnen leichter gemacht wurde, ihren Zwischenraum zu finden, der nicht konventioneller Sexualisierung entsprach. Eine relativ große Gruppe fühlt sich davon aber verwirrt und findet sich darin nicht wieder, weil sie ihrer Natur nach gerne anders lebten.
Es ist sehr vernünftig, sich nicht nur an überkommene Formen zu halten. Auch in der Sexualität und Liebe kann es sehr gut tun, die eigenen Muster zu hinterfragen. Doch wenn ein theoretisches Modell, dass für eine bestimmte Gruppe passt, es anderen erschwert, ihrer Natur nach zu leben, kann es nicht einfach allgemeingültig sein. Ob es Menschen glücklicher macht, mehr über die Rollen des Geschlechts zu diskutieren, scheint mir fraglich. Sie ihrer Natur nach zu leben und daraus eine Kultur zu machen, kommt mir menschlicher vor und bringt die Menschen mehr zusammen, denn es gibt Teile, die stärker nach der Natur ihres Geschlechts leben und damit glücklich sind und welche, denen das nicht entspricht, die sich andere Wege suchen müssen.
Statt einer Generalisierung der Theorie über das Geschlecht, das nur Produkt gesellschaftlicher Konventionen sei, wäre eine stärkere Individualisierung wünschenswert, in der jeder seine Rolle für sich definieren kann. Nicht dieses oder jenes allein entscheidet, was wen glücklich macht, sondern eher eine Mischung aller Umstände. Warum es zwar gut war, die Konventionen im Denken mit dieser Theorie aufzubrechen, aber Glück immer die für jeden einzelnen richtige Mischung von Natur und Kultur sein sollte, die weniger finden, wenn sie meinen dafür generalisierten Mustern folgen zu müssen.
Um die obige Frage noch irgendwie zu beantworten, es liegt alles in unserer Natur, wenn uns Konventionen hindern dieser entsprechend zu handeln, sollten wir lieber die Konvention infrage stellen, als nach einer neuen zu suchen, die Natur zugunsten von bloßer Konvention negiert. Sexualität und Neigung sind Natur, warum wer diese infragestellt, den Menschen seiner natürlichen Basis beraubt und ihn zu einem unisex verwirrten Wesen macht, das sich im Alltag immer schlechter zurechtfindet.
Weit über 200 Jahre dauerte es, seit der ersten Theorie dazu, bis die Forschung begriff, was es mit dem weiblichen nervus pudendus auf sich hat und warum manche Frauen dabei etwas empfinden und andere nie. Die Geliebte Ludwigs XV., die dazu Feldforschung aus einem natürlichen Bedürfnis heraus betrieb und damit auf etwas hinwies, was lange als Unsinn abgetan wurde, sich aber immer mehr als richtig erwies, könnte uns zeigen wie wichtig es ist, seiner Natur dabei mehr zu folgen als allen Konventionen. Naturforschung im Sinne der Sexualität heißt dabei, auszuprobieren, was glückliche macht, denn es gibt immer einen natürlichen Weg, nur die Eingänge sind unterschiedlich.
Sexualität ist der Anfang der Kulturgeschichte. Sie machte uns zu denen, die mehr wollten und auch die Religion als dialektisches Spannungselement folgte erst auf das Bedürfnis, die Lust aufrechzuerhalten. Was tun wir nicht alles, um zu diesem Glück zu gelangen. Bieten alle Kräfte auf, um zu überzeugen, verschönern uns und quälen uns. Die Wege dahin spornten uns zu kulturellen Höchstleistungen an. Die Liebe dabei und damit zu genießen, ist schön und hat ihren eigenen Anteil an der Kultur gefunden - ob sie zusammengehören, nicht notwendig wohl ihrer Natur nach, oder sich erst im Kontext findet, ist eine weitere Frage der Kulturgeschichte und führt zum nächsten Märchen über die Kultur der Liebe.
jens tuengerthal 2.2.2017
Es war einmal ein dem Affen sehr ähnliches Wesen, ziemlich behaart und manchmal wild, das lebte es ungestört in paradiesischer Natur und ernährte sich von dem, was um es wuchs. Eines Tages, als dies Wesen, noch ohne Wissen um sein Geschlecht, auf einem seiner Spaziergänge den Elefantenbüffel seine Kuh besteigen sah, den Löwen um die Löwin schleichen hörte, den Ruf der Vogelsänger vernahm, die um das schönste Weibchen sangen, erhofften im Frühling, der vielleicht im Paradies auch immer war, erhört zu werden, fragte es sich, was treiben die alle wohl und was wollen sie nur voneinander.
Viel Zeit zum Grübeln blieb aber nicht, musste doch noch wer kräftig sammeln oder jagen, um etwas gegen den Hunger zu tun. Satt sein war schön, fühlte sich gut an und dann mit vollem Bauch in der Sonne liegen und sinieren war vernünftiger, als hier mitten im Paradies dumm rum zu stehen.
Vernunft und Überlegung lag diesem Wesen. Vielleicht konnte er für zwei Tage sammeln und jagen, dann konnte er einen Tag träumen und rumliegen, einfach nichts tun, wie es dieser Mensch so liebte. Manchmal juckte es in der Mitte, dann wurde gekratzt oder in den See gesprungen, beides konnte helfen, war also vernünftig. Dies Wesen lebte, um glücklich zu sein. Bis er ein ihm ähnliches unbehaarteres Wesen sah, was ihn so bezauberte, dass alle Vernunft aussetzte.
Vorsicht war in der Wildnis des Paradieses wohl angebracht, nicht alle Tiere waren immer wohlgesonnen und wer wusste schon, was das nun wieder war. Nacktschnecken konnten gefährlich sein, hatte es schon bemerkt. Doch zog es die beiden unwiderstehlich zueinander hin, um sich näher zu besehen. Noch wussten sie nicht, was sie miteinander sollten.
Es würde aber bald dunkel und Adam hatte noch nicht genug zu essen und so war er plötzlich hin und hergerissen, was er nun zuerst wollen sollte. Auch Eva dachte an den Hunger und wie lange sich die Tiere manchmal umeinander bemühten, wie schön die Vögel sangen, bevor etwas geschah. Wenn er also wollte, würde er mehr tun müssen als nur zu schauen. Sie verzog sich und hoffte er würde sie suchen.
Adam aber verlor, als er sie nicht mehr sah, erstmal sein Interesse, er hatte ja immer noch Hunger und wusste nicht genau, was er damit sollte. So ging er jagen und sammeln, aß und legte sich satt in seine Höhle, um zu schlafen. Da aber tauchte sie plötzlich wieder in seinen Gedanken auf und er sehnte sich nach ihr. Auch wenn er ja alles hatte, er satt und zufrieden war, fühlte er sich plötzlich einsam.
Einmal von diesem immer größer werdenden Gefühl ergriffen, stand er auf und wollte sie suchen. Aber es war dunkel und das Feuer hatte er noch nicht für sich entdeckt. Sie in dunkler Nacht suchen, war gefährlich und er würde sie nicht finden, dachte er. Doch war er nun wach und konnte nicht schlafen, musste immer an sie denken, die jetzt irgendwo anders lag. Um die Gedanken zu verbannen aß er noch mehr, bis ihm schlecht wurde und er darüber irgendwann unruhig einschlief.
Auch Eva lag in ihrer Höhle, auf Gras und Fellen aber, um es weicher zu haben und sehnte sich. Sie wusste schon wonach und war also weiter als er, nur war es jetzt Nacht und wenn er sie erobern wollte, musste er noch mehr tun, als nur aus der Ferne mal schauen. Sie würde morgen wieder an den Ort gehen, an dem sie ihn gesehen hatte und dann der Natur ihren Lauf lassen. Die Tiere zeigten ja, wie es ging.
So gingen beide am nächsten Tag zur gleichen Stelle, bemerkten sich und begannen das ewige Spiel wie üblich ganz langsam. Sie sah ihn zuerst, ging ein wenig aus der Deckung, um gesehen zu werden. Er entdeckte sie und stürmte auf sie zu, aber kaum kam er durch das hohe Gras zu dem Baum, an dem sie sich gezeigt hatte, war sie schon wieder verschwunden. Beobachtete den ahnungslosen Verehrer aus der Entfernung und fragte sich, wie lang er wohl brauchen würde, sie zu finden.
Erfahrener auch Jäger der er war, sah er nach dem ersten Moment der Verwirrung auf den Boden, entdeckte ihre Spuren und folgte ihnen, bis diese nahe einem Baum, auf dem sie saß, endeten. Nahe gelegen hätte jetzt in den Baum zu schauen, doch Adam fragte sich erstmal, ob er die Spur vielleicht verloren hatte, ging ein Stück zurück und hörte es dann hinter sich knacken,drehte sich blitzschnell um, sah aber Eva, die sich vom Baum schwang nur noch gerade wieder im Busch verschwinden.
Sie näherten sich vorsichtig, die etwas nacktere versteckte sich und ließ den anderen suchen, bis sie schließlich fanden und kurz berührten. Der kräftigere Adam erinnerte sich, wie er es zuvor bei den Tieren beobachtet hatte und wollte sie von hinten bespringen, doch Eva war klug und entzog sich ihm immer wieder, bis er sie irgendwann packte, auf den Rücken legt und erstmal beschnüffelte und betastete.
Eine feine Beute dachte sich Adam und spürte wie sein Blut schon bei der Betrachtung in Wallung geriet. Ihre Brust war schmaler als seine aber größer und ging nach vorne heraus. Er berührte sie vorsichtig und Eva ließ es nach anfänglichem Widerstand geschehen. Während sich Adam noch fragte, ob er diese Eva nun schlachten und grillen sollte, wenn er sie nicht ummdrehen konnte, wie es die Tiere taten, wuchs sein Glied und ließ ihn alle Planungen vergessen.
Auch Eva wurde immer neugieriger und befühlte das haarige Ungeheuer mit den schönen Augen. Als sie das dritte Bein sah, das diesem Wesen in der Mitte wuchs aber keinen Fuß hatte, fragte es sich, ob es ein Arm ohne Finger sein könnte und irgendwas in ihr drängte sie dies Ding anzufassen, so griff sie nach Adams Glied und er ließ es geschehen, ohne zu wissen, was er damit sollte, außer es, wie er es bei den Tieren beobachtet hatte in sie zu stecken. Das schien, denen gefallen zu haben.
So legte er sich auf Eva und überlegte angestrengt, wie er sie nun, wo er auf ihr lag, umdrehen konnte. Aber auch Eva hatte die Tiere beobachtet und spürte, ohne zu wissen warum, das Bedürfnis, dieses Bein oder den Arm, was immer es nun war, dies Ding ohne Zehen und Finger, in sich zu haben. Solange er auf mir liegt, kann ich mich nicht umdrehen, wenn er aber runtergeht, muss ich weglaufen und mich wieder verstecken, um nicht besiegt zu werden. Wenn es so nicht ging, musste es also anders gehen, dachte Eva und folgte ihrem Gefühl, als sie die Beine spreizte.
Als Eva nun so breitbeinig unter ihm lag, wurde Adam klar, dass er sie vielleicht gar nicht umdrehen musste, wenn er auch so dahin kam, wohin es ihn so drängte, ohne zu wissen warum, es hatte ihn ja keiner aufgeklärt, da er der erste war und nur gesehen hatte, was die Tiere taten. Er hob vorsichtig ein wenig seinen Bauch, um zu fühlen, was da wäre und ob es da irgendwo einen Weg gab, sein Ding reinzustecken, wie er es so oft beobachtet hatte.
Als er unter ihrem Busch in der Mitte, wo sie auch so behaart war wie er, plötzlich zwei Lippen spürte, die sich seinen Fingern öffneten und ihn in einen feuchten Schlund eintauchen ließen, zog er erschreckt die Hand zurück. Was war das nur, warum war es so feucht da und hatte sie einen Mund oben wie unten, würde sie ihn am Ende beißen.
Neugierig steckte er seine Finger in den Mund um zu schmecken, ob er es kannte und siehe es war gut. Eva kannte sich schon besser als Adam und wusste, wie gut es tat, sich dort anzufassen und so nahm sie denn seine Hand und führte sie vorsichtig wieder dort hin, wo es sich gut und richtig anfühlte und Adam entdeckte, welche Lust es ihm bereitete, Eva dort anzufassen.
Ganz vom neuen Spiel fasziniert, ließ Adam auch ihren anderen Arm los, um sich besser abzustützen, damit er Eva ungehindert anfassen konnte. Die beiden ersten Menschen erkundeten sich und während sie noch kurz überlegte, wieder wegzulaufen, als er seinen Arm von ihrem nahm, ihr ein wenig Freiheit zurückgab, war er völlig von dieser feuchten Höhle hinter den Lippen fasziniert und er wolle sie sehen, um zu verstehen, was es war.
Doch Eva rannte nicht weg sondern fasste lieber nach seinem Arm oder Bein, was immer es war, dass da plötzlich so steif in der Gegend rumstand und zog es zu ihrer Mitte. Irgendwann fanden sie so den Weg ineinander und auch wenn es erst weh tat, wurde es dann in den Bewegungen, die wohl in ihrer Natur lagen immer schöner miteinander. Ein Wohlgefühl breitete sich in ihnen aus, als seien sie für nichts anderes je Mensch geworden.
Nun taten sie es wie die Tiere nur andersherum und sahen sich dabei an, als sich plötzlich ihre Lippen dabei berührten und sie fühlten, es war gut so. Sie trieben es weiter bis zum Ende und dann sanken sie erschöpft nebeneinander hin.
Das neue Spiel hatte auch Eva so gut gefallen, dass sie nicht wollte, es wäre schon vorbei. Doch Adam vom ersten Akt der Menschheit erschöpft schlief ein und lag schnarchend mit seinem erschlafften Glied auf dem Rücken. Sie könnte nun weglaufen, dachte sie, aber irgendwas sagte ihr, das Spiel war noch nicht zu Ende und so setzte sie sich auf ihn, wenn er schon nicht aufstehen wollte, um sich sein Ding wieder zwischen ihre Lippen zu stecken.
Da dies aber nun so schlaff war, gelang es ihr nicht und die auch mit Verstand begabte Bewohnerin des Paradieses überlegte, was sie tun könnte, es wieder wachsen und stehen zu lassen, um sich auf ihm zu vergnügen. Und sie erinnerte sich, wie schön die Küsse auf ihre Lippen hier wie dort waren und beschloss, es zu versuchen, vielleicht half es ja.
Wie glücklich war Eva, als sie spürte, wie es wieder wuchs und ihren Mund bald ganz füllte. Adam noch halb im Schlaf, wusste nicht, wie ihm geschah, doch schien es gut so und er ließ sie gewähren. Als sie aber meinte, es sei nun groß genug, nahm sie das Ding, setzte sich darauf und fühlte großes Glück, zu dem sie mit ihrer Mitte auf ihm zu tanzen begann. Erst vorsichtig, dann immer wilder, bis der endlich erwachte Adam ihre Bewegungen spürte und sie endlich zusammen zum schönsten Glück fanden, dass sie bisher kannten.
Adam schlief danach gleich wieder ein vom doppelten Akt nun all seiner Manneskraft beraubt, während Eva überlegte, wie es denn nun weitergehen sollte. Bald würde es dunkel werden und sie hatten noch nichts zu Essen gesammelt oder gejagt. Wollten sie nicht hungern, mussten sie dringend etwas tun - zum Schlafen war in der Nacht, wenn es dunkel war und sich keine Beeren und Kräuter oder guten Blätter mehr fanden, noch genug Zeit, dachte sie und weckte den unwilligen Adam.
Nach einigem Widerstand erhob er sich. Sie hatte ja Recht, wenn sie nicht bald etwas zu Essen suchten, würde es eine hungrige Nacht. Irgendwie verständigten sich die beiden, um jeder auf seine Art, nach Nahrung zu suchen. Die vorausschauende Eva lockte ihn nahe zu ihrer Höhle und als es dann Dunkel wurde, war das heutige zu dir oder zu mir schnell geklärt. Das gepolsterte Bett gefiel ihm besser als seine Höhle und so verbrachten sie ihre erste Nacht miteinander, nicht mehr einsam sondern gemeinsam und es schien ihnen, als hätten sie nun das größte Glück der Menschheit gefunden, bräuchte es nichts sonst mehr.
Zuerst gingen sie zusammen auf die Jagd und sammelten, was sich fand, teilten ihre Vorräte und machten sich ihre Höhle schön. Dann wuchs etwas in ihr, sie wurde immer runder und die Jagd und das Bücken fielen ihr immer schwerer. Durch die Beobachtung der Tiere, ahnten sie, was geschehen war und ihnen bevorstand. Adam fügte sich und zog alleine los, während sie so viel sammelte, wie sie noch konnte, ihre Höhle noch gemütlicher machte, einen Windschutz bastelte und das Bett für zwei noch dicker mit Zweigen polsterte.
Manchmal noch, als Eva dann mit dem Baby in der Höhle lag, dachte Adam daran, wie paradiesisch das Leben früher war, als er einfach in den Tag hineinlebte, nicht weiter nachdenken musste, als satt zu werden für einen oder zwei Tage, um dann den nächsten Tag nur in der Sonne zu liegen, sehnte er sich nach seiner alten Freiheit und dem Leben für sich. Dann schlief er mal wieder eine Nacht in seiner Höhle, bis ihm einfiel, dass Eva und das Kind ja Hunger hatten und er nicht mehr allein war. Schlimmer war aber, dass er einsam nicht mehr so gut schlief, ihm fehlte ihre Nähe und das schöne weiche Bett, dass er sich nie gebaut hätte.
So lebten denn Adam und Eva mit ihren Kindern im Paradies, machten es sich immer schöner und wenn sie nicht genug voneinander hatten, dann probieren sie es heute noch.
Hier endet das Märchen vom Anfang aller Kulturgeschichte und so begegneten sich die beiden Wesen, die spätere Generationen Adam und Eva nannten, erkannten sich, wie schon biblisch einst Sex umschrieben wurde, und merkten es war alles gut so. Mehr brauchte es nicht zum Glück als Sex nach Lust und Laune, genug zu Essen und keine Geldsorgen. Es war in ihrem Paradies immer warm und es ward für alles gesorgt, ob aus der Natur, die eben wachsen ließ oder von Gott, den der Mensch erst erfand, möge
jeder nun für sich entscheiden, je nachdem ob er lieber glaubt oder vernünftig ist.
In dem Märchenbuch Bibel griff dann Eva nach der Erkenntnis und nahm den Apfel, den ihr die kluge Schlange reichte vom verbotenen Baum und auch wenn unklar ist, warum im Paradies irgendwas verboten gewesen sein soll, wird deutlich, weibliche Neugier ist der Anfang aller Erkenntnis und wäre damit der Ursprung jeder Kultur in der biblischen Interpretation. Nebenbei sind Verbote der andere Zweck der Religion, die damit den Reiz des Verbotenen erst schaffen und erhöhen. Hätte Adam nicht besser friedlich fressend und schlafend weiter gelebt, statt sich viele Fragen zu stellen, fragt sich der heutige Betrachter der Scheidungszahlen jenseits aller Märchen oder ist es der weibliche Instinkt der schon biblisch historisch dem trägeren männlichen Wesen überlegen ist und zu neuen Ufern lieber aufbricht?
Im Paradies der Bibel stellten sich solche Fragen nicht, da waren sie glücklich, wie sie waren, ohne sich als Mann und Frau zu erkennen und den Gebrauch ihrer Geschlechter zu verstehen, soll uns die Sage erzählen, die viel über die verrät, die sie verkünden und wenig darüber, wie es war oder steckt doch am Ende in jeder Sage ein wahrer Kern, fragt sich der Märchenerzähler auf der Suche nach seinen Wurzeln.
Wer von den beiden war welcher, wer erkannte den anderen zuerst, um aufeinander auf die Jagd zu gehen, wann sahen sie sich als eine Art und wie merkten sie, dass es liebend miteinander noch viel schöner als im Paradies schon sein kann, gehört zum großen Glück nicht das Bewusstsein dessen?
Weiß es nicht, es gibt nur von den Kulturen geprägte Sagen, die den Weg in der Natur in allem zeigen sollen, was immer an ihnen wahr ist oder irgend wirklich je war. Die Tiere hatten beide Wesen bei der Jagd aufeinander beobachtet. Gesehen wie glücklich der Akt sie teilweise machte, sich die Weibchen dort erst zierten und jagen ließen, bis sie sich stöhnend hingaben, wenn es nicht umgekehrt war und die Männer selbiges spielten. Das Spiel schien immer dazu zu gehören.
Folgten sie ihrer Natur dabei und wie war diese wohl beim ersten mal wirklich - nahm sich Eva den Adam oder bestieg er sie, wie es die Tiere taten, die sie sahen - gab es diesen paradiesischen Anfang in der Evolution je, wie fing es mit der Kultur an, warum verhält sich Mensch manchmal kultiviert und dann wieder nicht?
Tritt der Mensch ins Leben ein
Ist er meistens noch recht klein
Doch er wächst ja bald heran
Zu einer Jungfrau oder Mann
So hieß es in einem der Lieder, das ich schon als Kind aus der Studentenverbindung meiner Eltern kannte. Beide waren sie im ATB, dem akademischen Turnerbund, der auf Turnvater Jahn zurückgeht, den ich weniger lobenswert fand, was aber in meiner Familie beiderseits lange Tradition hatte, also einen Wert an sich verkörperte, immerhin nahmen sie als erste Männer und Frauen gleichberechtigt auf, was zur obigen paradiesischen Frage passt. Es geht dann im Refrain, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, weiter, dass dieser Eintritt vom Rudern und vom Segeln, das noch mit dem Fische fangen variiert wird, auf hoher See kommt.
Die Doppelbödigkeit des Liedes verstand ich erst viel später und sang es als eine Art Lied zur menschlichen Evolution bis dahin, fand es komisch und freute mich, dass auch die Erwachsenen so darüber lachten, auch wenn sie es aus anderen Gründen taten, denn eigentlich ging es in diesem Lied nur um Sex und entsprechend wurde sich bewegt, gelacht und gewitzelt.
Der Ursprung der Welt, l’Origine du monde im französischen Original, heißt ein Gemälde von Gustave Courbet aus dem Jahre 1866. Das einst skandalträchtige Bild hängt heute völlig unaufgeregt im Musée d’Orsay in Paris, ob es das auch in New York noch täte, ist eine andere Frage und bei Facebook sollte es auch lieber keiner veröffentlichen, denn es zeigt den direkten Blick auf die unbekleidete weibliche Mitte. Die behaarte weibliche Vulva, auch das wäre in den Vereinigten moralischen Emiraten von Amerika Grund genug zur Aufregung, bildet das Zentrum des Bildes, bei dem nur noch ein wenig Schenkel und der Ansatz der Brüste zu sehen ist. Die naturalistisch dargestellte weibliche Haut wird noch durch das seidenartige Tuch unterstrichen, dass alles übrige der Frau außer Geschlecht und Brüsten verhüllt.
Gemalt wurde das Bild für den türkischen Diplomaten Hali-Serif Pasa, der auch als Khalil Bey bekannt wurde und nebenbei noch das wirklich erotische Gemälde ‘Das türkische Bad’ von Ingres besaß. Unklar ist, ob die Abgebildete die Geliebte des türkischen Paschas war oder doch ein anderes bekanntes Aktmodell, das Courbet mehrfach in seinen Bildern auftauchen ließ. Das Bild wurde jedoch von Khalil Bey verborgen gehalten und nicht in seinem Salon gezeigt. Wegen späterer Geldsorgen, die es ja im ursprünglichen Paradies, von dem es handelt, nicht gab, musste es dann versteigert werden.
Zunächst erwarb es ein französischer Antiquitätenhändler, bei dem es Edmonde de Goncourt zu sehen bekam und davon in seinem Tagebuch berichtete. Später kaufte es der ungarische Baron Havtany und brachte es nach Budapest, wo es bis zum 2. Weltkrieg blieb. Von da aus gelangte es auf der Flucht des jüdischen Adeligen über Umwege wieder nach Paris. Dort kaufte es der mit einer Schauspielerin verheiratete Psychoanalytiker Lacan, der es in seinem Landhaus, hinter einem Schiebebild verborgen, aufhängte und so tauchte es erst nach dessen Tod 1981 wieder in der Öffentlichkeit auf und hängt seitdem im Musee d’Orsay, von wo es einmal auch 1988 nach New York ans dortige Metropolitan verliehen wurde und einen mittelgroßen Skandal auslöste.
Ist der weibliche Schoß der Ursprung der Welt?
Viel spricht dafür und denken wir an die Märchen aus dem Paradies vom Anfang der Welt, bleibt diese Frage unbeantwortet, weil dort der erfundene Gott vor der Zeugung steh. Bei den Germanen gab es dazu noch große Sagen um die Erdmutter und ihre Kinder, die aus Lehm formten, was wir wurden. Egal welche Geschichte zur Entstehung der Welt wir auch betrachten, kommen wir um die Sexualität zur Fortpflanzung nicht herum - sie ist der Anfang und alle Schöße dieser Welt in ihrer unendlichen Gestaltung und Vielfalt der Formen, könnten aus dem einen geboren sein, denn alles hat doch einen Anfang irgendwo.
Den Anfang der Kultur in die Suche nach Lust und ihrer Befriedigung zu legen, klingt märchenhaft und soll genau das auch sein. Erzählen vom großen Märchen der menschlichen Kultur, die sich in unendlich vielen Geschichten um die Welt erzählen lässt, die keine Menschen bevölkerten, hätten ihre Eltern nicht Sex gehabt. Wie sich daraus unterschiedliche Kulturen entwickelten, deren Umgang mit der Sexualität uns teilweise heute absurd erscheint, wird auch Thema der folgenden Märchen sein.
Wir sind, weil welche vor uns Sex hatten und die Menschen suchten immer nach neuen Wegen, diesen mehr zu genießen und wieder zu bekommen, weil es so schön war. Ob sich Adam und Eva oder wie immer wir die Urmenschen nennen, so begegneten, weiß ich nicht, schildere nur nach meinem Empfinden, wie ich es mir vorstelle, wie es alle Geschichtenerzähler immer tun.
Für die Idee, dass alle Kultur von der Frau ausging und Mann sich dem beugte oder, um ihr zu gefallen, es weiter entwickelte, spricht schon die natürliche Konstruktion der Sexualorgane. Der weibliche Höhepunkt funktioniert anders als der männliche und auch die Erregung ihrer Lust verlangt mehr Feingefühl dabei. Das Spiel umeinander ist so alt wie die Menschheit und scheint in unserer Natur zu liegen - in ihm verbindet sich der ursprüngliche Trieb mit dem Streben nach Höherem. Sex, wenn er gut ist, lässt uns viehisch manchmal werden, wenn wir getrieben von der Lust, der Natur folgen und stöhnen, als hätten wir keine Sprache.
In der Spannung zwischen hoher kultureller Anforderung, die Begeisterung beim anderen auslöst und dem nur tierischen Bedürfnis unserer Natur nach Befriedigung und Glück liegt unser Sein. Warum träumt ein Mann wie ich von der kultivierten Frau einerseits, mit der ich große Gefühle und die Liebe zur Kultur teile und möchte andererseits auch die wilde Hure, die beim Sex vor Lust schreit, keine Grenzen kennt und sie mir doch setzt.
Die ich haben kann, die breitbeinig vor mir liegt, sich mir schenkt und die ich nicht erobern muss, reizt mich nicht mehr. Natürlich kann die Liebe den schnellen Reiz überwinden aber die Natur reagiert relativ simpel und schematisch. Seit es Menschen gibt, hat sich an unserem genetischen Code und der Konstruktion unserer Gehirns nicht viel verändert. Warum Steinzeitmenschen weniger tiefe Gefühle gekannt haben sollen als die Menschen seit der Romantik, war mir schon immer rätselhaft. Nur weil die einen es als Mode laut ausleben und die anderen, sich andere Wege dafür suchen, ändert es doch nichts an der Natur.
Ist die innere Dialektik zwischen Hure und Heiliger, die so viele Männer suchen, während Frau den verständnisvollen Freund und den wilden Kerl je nach Stimmung will, jene zwischen Kultur und Natur oder sind wir erst in ihrer Aufhebung ganz Mensch, weil erst beides vereint, uns ganz glücklich macht?
Lege ich den Ursprung der Kultur in die differenziertere weibliche Sexualität, wird damit deutlich, warum es der Umwege zum Glück braucht. Eva wird ihren Adam auch dabei angelernt haben, es so zu tun, wie es ihr gefällt und wenn Adam einmal erfuhr, wie schön das Glück erstmal geteilt ist, wird er alles dafür tun, es wieder zu erreichen.
Nur liegt dies in der Natur oder könnten wir die Geschlechter dabei beliebig verkehren, sind die Rollen nur sozial geprägt, weil wir Mustern folgen?
Heutige Gendertheorie vertritt schon lange die Ansicht, es gäbe kein natürliches Geschlecht sondern all dies sei Produkt der Erziehung, die uns in Rollen presse, um gegen die diskriminierenden Konventionen der Gesellschaft zu kämpfen. Damit wurde viel Gutes im Sinne der Emanzipation erreicht und manch schlechtes im Sinne der Natur. Manche Menschen wurden damit glücklicher, weil es ihnen leichter gemacht wurde, ihren Zwischenraum zu finden, der nicht konventioneller Sexualisierung entsprach. Eine relativ große Gruppe fühlt sich davon aber verwirrt und findet sich darin nicht wieder, weil sie ihrer Natur nach gerne anders lebten.
Es ist sehr vernünftig, sich nicht nur an überkommene Formen zu halten. Auch in der Sexualität und Liebe kann es sehr gut tun, die eigenen Muster zu hinterfragen. Doch wenn ein theoretisches Modell, dass für eine bestimmte Gruppe passt, es anderen erschwert, ihrer Natur nach zu leben, kann es nicht einfach allgemeingültig sein. Ob es Menschen glücklicher macht, mehr über die Rollen des Geschlechts zu diskutieren, scheint mir fraglich. Sie ihrer Natur nach zu leben und daraus eine Kultur zu machen, kommt mir menschlicher vor und bringt die Menschen mehr zusammen, denn es gibt Teile, die stärker nach der Natur ihres Geschlechts leben und damit glücklich sind und welche, denen das nicht entspricht, die sich andere Wege suchen müssen.
Statt einer Generalisierung der Theorie über das Geschlecht, das nur Produkt gesellschaftlicher Konventionen sei, wäre eine stärkere Individualisierung wünschenswert, in der jeder seine Rolle für sich definieren kann. Nicht dieses oder jenes allein entscheidet, was wen glücklich macht, sondern eher eine Mischung aller Umstände. Warum es zwar gut war, die Konventionen im Denken mit dieser Theorie aufzubrechen, aber Glück immer die für jeden einzelnen richtige Mischung von Natur und Kultur sein sollte, die weniger finden, wenn sie meinen dafür generalisierten Mustern folgen zu müssen.
Um die obige Frage noch irgendwie zu beantworten, es liegt alles in unserer Natur, wenn uns Konventionen hindern dieser entsprechend zu handeln, sollten wir lieber die Konvention infrage stellen, als nach einer neuen zu suchen, die Natur zugunsten von bloßer Konvention negiert. Sexualität und Neigung sind Natur, warum wer diese infragestellt, den Menschen seiner natürlichen Basis beraubt und ihn zu einem unisex verwirrten Wesen macht, das sich im Alltag immer schlechter zurechtfindet.
Weit über 200 Jahre dauerte es, seit der ersten Theorie dazu, bis die Forschung begriff, was es mit dem weiblichen nervus pudendus auf sich hat und warum manche Frauen dabei etwas empfinden und andere nie. Die Geliebte Ludwigs XV., die dazu Feldforschung aus einem natürlichen Bedürfnis heraus betrieb und damit auf etwas hinwies, was lange als Unsinn abgetan wurde, sich aber immer mehr als richtig erwies, könnte uns zeigen wie wichtig es ist, seiner Natur dabei mehr zu folgen als allen Konventionen. Naturforschung im Sinne der Sexualität heißt dabei, auszuprobieren, was glückliche macht, denn es gibt immer einen natürlichen Weg, nur die Eingänge sind unterschiedlich.
Sexualität ist der Anfang der Kulturgeschichte. Sie machte uns zu denen, die mehr wollten und auch die Religion als dialektisches Spannungselement folgte erst auf das Bedürfnis, die Lust aufrechzuerhalten. Was tun wir nicht alles, um zu diesem Glück zu gelangen. Bieten alle Kräfte auf, um zu überzeugen, verschönern uns und quälen uns. Die Wege dahin spornten uns zu kulturellen Höchstleistungen an. Die Liebe dabei und damit zu genießen, ist schön und hat ihren eigenen Anteil an der Kultur gefunden - ob sie zusammengehören, nicht notwendig wohl ihrer Natur nach, oder sich erst im Kontext findet, ist eine weitere Frage der Kulturgeschichte und führt zum nächsten Märchen über die Kultur der Liebe.
jens tuengerthal 2.2.2017
Mittwoch, 1. Februar 2017
Kulturmärchengeschichte KMG 000
Die Kulturmärchengeschichte
Versuch einer Einleitung
Es war einmal beginnen Märchen, mit es war einmal, beginne auch ich, um zu erzählen, wie Kultur wurde, was sie ist. Wird dies nun ein Märchen oder ein neues Geschichtsbuch?
Wie erzähle ich heute Kulturgeschichte, fragte ich mich, wo fange ich an, wann hört es auf und geht es eher um Fakten oder um Anekdoten, zählt nur die Wahrheit und was kann ich noch dazu sagen, nach all den potenten Vorgängern von Herodot über Burckhardt bis Friedell.
Fakten kann jeder nachschlagen oder besser googeln, Wiki gibt umfassend Auskunft über das was war und viele längst tragen dieses unerschöpfliche Register des Wissens auf ihrem Telefon ständig bei sich.
Braucht es da noch eine neue Betrachtung der Kulturgeschichte, wenn wir auch die alten Geschichten jederzeit in der Kurzfassung nachschlagen können, schnell sehen, wo die Alten irrten, was von ihnen blieb?
Wohl kaum, dachte ich und wollte schon aufgeben, bevor ich begonnen hatte - doch wohin kommt der Autor, der sich nur nach Trends und dem Wunsch der Leser richtet?
Selten über die erste Seite hinaus, die er jeden Tag neu schreiben könnte, um sie den immer neuesten Moden anzupassen, was in den sozialen Netzwerken gerade mit mehr Gefühl als Wissen diskutiert wird, viele Klicks und einige Leser vielleicht zu finden. Ein müßiges gehetztes Vorhaben, was zwar in eine temporeiche Zeit passte, aber kein Ende fände, nicht bleibendes schuf. Nur hektisch und nervös für mich klingt.
Noch jede Zeit sagte über die aktuelle, es sei alles so hektisch geworden, es gäbe keine Ruhe mehr und die guten alten Sachen gingen verloren. Aus den guten alten Sachen wurde schon ein erfolgreiches Geschäft gemacht, bei dem die Leute teuer kaufen, was sie vorher bei den Großeltern noch auf den Sperrmüll brachten und dann geht wieder das Klagen los und die Rufe nach der guten alten Zeit.
Glaube nicht, dass eine solche Haltung je zur Zufriedenheit beitragen kann. Im Gegenteil werden Menschen, die über ihre Zeit klagen, um der guten Vergangenheit nachzujammern, immer unzufrieden sein mit ihrer unerfüllten Sehnsucht. Dennoch wünscht sich so mancher laut die alten Zeiten zurück und tut manches, um das Gefühl zu haben, wieder so zu leben.
Das fängt bei der Outdoor-Erfahrung an und endet noch nicht auf Mittelaltermärkten oder beim sehnsüchtigen Erzählen von Omis alten Rezepten. Manche gehen ins Museum, um ein Gefühl dafür zu bekommen oder lesen möglichst gut recherchierte historische Romane, damit sie ein Gefühl für die Zeit bekommen, in der sie gerne statt jetzt mal wären.
Auf Nachfrage hin meist nur für einen Ausflug oder wenn sie diese oder jene Errungenschaft mitnehmen oder dort neu erfinden könnten. Von der Waschmaschine zum Telefon und wer kann sich noch vorstellen dauerhaft ohne Internet zu leben, auf Neuigkeiten vom Hörensagen angewiesen zu sein, sein Essen nur zu jagen und am Lagerfeuer zuzubereiten?
Die große Fraktion der Grillfreunde wird jetzt jubelnd schreien wir, allerdings fragt sich, wie viele davon übrig blieben, wenn sie ihr Grillgut nicht mehr in der Kühltruhe fänden sondern nur mit Glück in der Natur bei egal welchem Wetter, die Gewürze für die Saucen erst via Kamel über die Seidenstraße kämen, wenn die Händler nicht von Mongolenhorden vorher aufgehalten wurden, was die Dinge, die noch bei uns ankamen, teurer machte als vergleichbar modernste Smartphones, ein Privileg nur der Superreichen waren, während sie statt mit Kultur jeden Tag ausreichend mit der Essensbeschaffung beschäftigt wären.
So hätte jeder seine Kleinigkeit, die er gern mitnähme und die ihm bei einer Zeitreise unentbehrlich wäre, ansonsten aber bleibt der Wunsch nach den alten Zeiten und ich spürte ihn selbst genug, ob ich nun mit dem Kanu tagelang in der Wildnis war, alte Märkte besuchte oder über eingeborene Völker las. Ging nur mit einer Zeltbahn und sonst möglichst wenig auch im Winter in die Wildnis, trug alles, was ich zu brauchen meinte bei mir und fühlte mich dann innig der Natur verbunden, meinte meinen Wurzeln nachzuspüren, wenn ich auf selbigen im Wald lag, auf einem Bett aus Reisig, vom Lagerfeuerrauch hustend, halb verkohlte Sachen mit großem Appetit dank vieler frischer Luft verschlang.
War ich da erst Mensch, wie Goethe es über die österlich zum Volksfest jubelnde Menge meinte oder wurde ich wieder zum unkultivierten Barbaren auf Zeit?
Vielleicht ist diese Form des Zeitreisens eine, die unserer Natur entspricht, zumindest meiner eine zeitlang entsprach, auch wenn ich mich heute frage, warum ich ein piekendes Nadelbett meinem trockenen und warmen noch vorziehen sollte, was mich menschlicher macht, wenn ich statt bei Bachs Cello Sonaten im Sessel lesend, zwischen Bibbern und Schwitzen am Lagerfeuer in feuchter Natur hustend hocke. Kultivierter scheint es mir, durch ein Museum zu gehen, nach Laune einen Band aus meiner Bibliothek zu nehmen und über die Welt lieber zu lesen, als sie auf den Spuren der Abenteurer zu durchstreifen. Aber vielleicht bin ich auch nicht mehr genug Steinzeitmensch.
Zurück zur Natur und zu den eigenen Wurzeln ist immer wieder in Mode, schon Rousseau hat aufgrund seiner Inkontinenz gerne davon gesponnen, doch was sind diese Wurzeln überhaupt und womit fing es an?
Über den Anfang der Kultur wissen wir wenig, auch wenn immer mehr archäologische Spuren das Bild der Vergangenheit, die alles andere als romantisch meist war, heute genauer zeichnen als noch vor hundert Jahren.
Wer kann sagen, was Steinzeit Adam und Eva dachten und fühlten, als sie merkten, dies Essen macht Lust auf mehr, jenes schmeckt so gebraten besser und zufällig das Kraut passte perfekt zum herben Geschmack der erlegten Wildsau?
Doch weiß ich darum, was der Ötzi dachte, als er in sein eisiges Grab fiel?
Habe ich den Hauch einer Ahnung, was Steinzeitmenschen glücklich machte und wo sie tiefe Befriedigung fanden?
Weiß ich, ob derjenige, der die Venus von Willendorf einst aus Stein schlug, an die erfundenen Götter dachte, etwas heiliges aus dem Stein schlagen wollte oder seine nackte Geliebte vor sich sah, einfach geil war und an nichts höheres dachte, sondern nur Sex im Kopf hatte?
Weiß ich, ob die alten Griechen mit den Anekdoten, die Homer schön in Versen ausschmückte, eher eine historische Erzählung verbanden, was sie ja in Teilen fraglos sind oder kleine zeitaktuelle politische Spitzen in der Art des Kabaret, die nur aus taktischen Gründen in eine sagenhafte historische Erzählung aus den trojanischen Kriegen gepackt wurde, sie eher Kabarett auch waren als Märchen oder war es eher die antike Form des Newstickers?
Waren Verse nur gut, weil sie eingängiger waren als schlichte Prosa, sich besser gemerkt und weitererzählt werden konnte?
Habe keine Antwort auf all diese Fragen, es gibt dazu wechselnde Thesen, die wenn aktuell meist als unumstößlich gelten, aber eigentlich mutmaße ich im Kern der Sache nur. Was macht uns als Menschen dabei aus, frage ich mich und habe das Gefühl, dass wir über den entscheidenden Punkt immer noch nichts wissen und es nie erfahren können, weil mit den Menschen ihr Gedächtnis stirbt, all ihre Gedanken endgültig verloren sind.
Kultur beginnt da, wo der Mensch über sein Sein nachdenkt und es sich schöner machen will, um zu genießen, was ist, auch wenn der Genuß durch manch zwanghaften Aberglauben immer wieder eingeschränkt wird, als brächte erst die Entsagung das Glück an sich zurück.
Wovon wir nichts wissen, sollten wir schweigen, lehren uns die Philosophen und spekulieren schon damit munter weiter.
Kann es eine glaubwürdige Kulturgeschichte geben oder immer nur aktualisierte Spekulationen, die heute eben am besten als Ticker neue vermeintliche Fakten liefert?
Vor Gericht gibt es die noch aus religiösen Wurzeln stammende Eidesformel, nichts als die Wahrheit zu sagen. Habe mich auch schon in dieser Situation gefragt, was ich darauf antworten soll. Kenne die Wahrheit nicht, nur Ausschnitte dessen, was mir als Wirklichkeit erscheint, wie nah dies auch immer der Wahrheit ist. Der Richter meinte, als ich genau das erwiderte, ich solle halt wahrhaft sagen, was wirklich gewesen wäre. Wäre es kein Richter gewesen, hätte ich noch erwidert, dazu kann ich nur sagen, was ich meine, denn wie wirklich ist schon die Wirklichkeit, die immer nur als ein Schatten meiner Erinnerung mir erscheint, die wiederum von all meinen Meinungen getrübt ist und so kann ich auch unter Eid nicht mehr als Propaganda für meinen beschränkten Horizont machen.
Wer das für die Wahrheit hält, hat einen erstaunlich beschränkten Begriff davon. Könnte mir viel mehr vorstellen, als ich zu wissen meine und warum ist gerade der glaubwürdiger, der sich für wissend hält?
Ist nicht der Zweifler, der darum weiß, wie wenig er wissen kann, immer glaubwürdiger, weil sein Denken uns reflektierter erscheint?
Der Satz des Sokrates, der sogar behauptete, er weiß, dass er nichts weiß, gilt in unserer Kultur als weise. Dennoch schwören täglich Menschen vor Gericht nichts als die Wahrheit zu sagen, von denen die meisten nicht unbedingt weiser als Sokrates sein werden. Halte schon diese Aussage eigentlich für zu weitgehend, denn ich weiß nicht, dass ich nichts weiß, woher sollte ich sicheres Wissen haben, was ist und was nicht, das über meinen Horizont hinaus geht?
Weiß also nicht mal, ob ich nichts weiß oder vielleicht die Welt wirklich ist, wie sie mir scheint, weil ich alles sehe, wie es ist und richtig erkenne, auch wenn das zugegeben ziemlich unwahrscheinlich ist, angesichts meiner Faulheit und meines beschränkten Horizontes. So scheint mir zu Anfang die Frage des Michel de Montaigne angemessener - was weiß ich schon?
Worauf ich nur ehrlich antworten kann, ich weiß es nicht, meine nur, was mir gerade so scheint und morgen völlig anders sein kann. Wenn ich die Geschichte erzähle, wie ich meine, wie sie war, könnte dies Morgen durch neue Entdeckungen oder mit weiterem Horizont als meinem, der ich die Welt kaum kenne, noch begreife, schon völlig anders im selben Moment aussehen.
So geschehen ist alle Geschichtsschreibung eigentlich nichts als ein Kommentar in einer Zeitung, wie eine Glosse, die als Meinung des Kommentators gilt, auch wenn sie gerne so tut, als würde sie die Wahrheit erzählen. Es gibt die Meinung wieder, die gerade in einer Kultur herrscht, wie die Dinge aus deren Sicht gewesen sein sollen. So etwas hat keinen Anspruch auf Wahrheit und schon die Wirklichkeit zu schildern wäre unangemessen, was wir schon daran merken können, wenn wir bedenken wie unterschiedlich selbst Zeugen, die dabei waren, in ihren Aussagen ein und dieselbe Wirklichkeit wahrnahmen.
Ob daraus zu folgern wäre, dass Richter, die meinen ein Urteil fällen zu können, immer anmaßend sind oder nur einen ungenauen Sprachgebrauch haben und eigentlich nur einem kulturellen Ritus der Befriedung dienen, in dem es weniger um Wahrheit als um Rechtsfrieden geht, wäre auch kulturhistorisch spannend und wird sicher ein Thema sein, führte hier jedoch zu weit. Denke, sie denken häufig, sie tun ersteres, meinen nach bestem Wissen und Gewissen, die Wahrheit zu suchen, um ein gerechtes Urteil zu fällen, was auf Fakten beruht und tun doch eigentlich nichts, als einen rituellen Akt zu vollziehen, der dem Rechtsfrieden dient, weil keiner wissen kann, was wirklich war und nichtmal jene, die dabei waren, sich dessen einheitlich sicher sind.
Eine Geschichte schreiben zu wollen, so wie sie war, wäre also anmaßend, was meiner Eitelkeit vielleicht nicht fern läge, mich aber nur unzufrieden und ständiger Kritik anfällig machte. Epikur folgend, dass es im Leben nur darum geht, so glücklich wie möglich zu sein, möchte ich die drohende Unzufriedenheit, die vermeintlich wahrhafter Geschichtsschreibung logisch folgte, lieber vermeiden und erzähle nur, was ich meine und mir dabei denke.
Könnte es genauso gut ein Märchen nennen und als solches erzählen, fiel mir während der gedanklichen Vorarbeit ein. Viele Menschen lieben Märchen. Konnte sie früher eher nicht ausstehen, genau wie ich Phantasy gähnend langweilig fand, auch den Herrn der Ringe auf der Hälfte abbrach, weil es mich anödete. Habe es durch eine Liebe, die sie vorgelesen haben wollte, lieben lernen, weil sie diese so liebte und so glücklich in Märchenwelten war und wenn du liebst das Glück des anderen deines werden kann.
Es geht mir nicht darum, ob alle Märchen einen Kern an Wahrheit enthalten, oder wie die Sammlung der Gebrüder Grimm psychoanalytisch zu deuten wäre, auch von dieser postreligiösen Sekte halte ich mich lieber fern. Was weiß ich schon, steht über all dem, denn mehr als Märchenerzähler weiß ich eigentlich auch nicht. Sogar wenn ich versuche, die mir bekannten Fakten nur aufzuzählen, was gähnend langweilig wäre, gäbe, wenn überhaupt, nur einen Ausschnitt, dessen was meine Zeit zu wissen meint in den engen Schranken ihres an Fakten orientierten Horizontes.
Wenn ich schon Meinung mache und eigentlich nur einen Kommentar zu meiner Sicht der Geschichte schreibe, wie es so viele Autoren schon besser vor mir taten, fragt sich, warum ich es nicht auch so sage und erzähle, als Märchen aus unserer Zeit über andere Zeiten. Mehr wird es nicht, mehr kann es nie sein und doch, wenn es als solches lesbar ist, könnte es länger bleiben als manche Faktensammlung, versuche ich schon wieder an die Unsterblichkeit der Dichter zu denken - eines Herodot oder Homer und vieler mehr.
Überlegte darum zunächst es gleich einem Epos in Versen zu erzählen, was mir als Dichter wohl läge, aber dafür als Denker ein wenig unangenehm wäre, scheint mir doch das große Wort schon zu unbescheiden, für mein kleines Vorhaben, ein wenig Geschichte als Märchen zu erzählen. Benutze nur den Stil der Volksmärchen, um zu zeigen, auch wenn ich erzähle, was wir zu wissen meinen, bleibt es doch nur Meinung und könnte genauso Märchen sein. Vielleicht ist die Wahl des Märchens auch eine Art Liebeserklärung an die Herzensgröße aller, die Märchen lieben, statt nur auf die Wirklichkeit und Fakten zu pochen.
Was wir aus Liebe tun oder zumindest mit, scheint uns ein wenig märchenhaft schon von allein. An Gefühl scheint genug vorhanden, mehr als an Wissen, das nur auf einige kleine Inseln zurückgreift, und so erzähle ich das Märchen von der Kultur und wie sie wurde, was sie ist, weil einmal was war, von dem ich nichts wissen kann.
Weiß nicht, ob dies der Gipfel des möglichen sein könnte, hoffe es nicht, es ist halt, was ich gerade versuchen kann. Voltaire war sich noch in seiner Geschichtsschreibung sicher, dass es eine ständig fortschreitende kulturelle Entwicklung des Menschen gäbe und stand damit im Geist der Aufklärung, als deren heraushagender Geist er gilt und sehe ich von seiner Persönlichkeit ab, die auch intrigant und gierig war, spricht wenig dagegen, ihm dies zu gönnen. Er sah ein stetes Streben nach dem Höheren als menschlich an. Schiller war aufklärerischen Geistes aber immer auch Literat, der Geschichte erzählte. Mit Herder, der ja teils noch Aufklärer war und andernteils der Romantik zugehörig, kam der Volksgeist in die Kulturgeschichte und so sah er jedes auch unbewusste Schaffen als dem zugehörig. Dann kamen die Geschichtsphilosophen wie Toynbee und Oswald Sprengler, dessen Untergang des Abendlandes heute wieder für Furore sorgt, weil er einfache Antworten mit vermeintlichen Fakten gibt, auf gerade modisch postfaktiche Weise Geschichte erzählt. Ein Golo Mann machte Geschichtsschreibung auch zur literarischen Kultur, was vor ihm schon Burckhard meisterhaft plaudernd tat, wie es sein Onkel Heinrich in seinem Henry IV. so wunderbar romanhaft machte nur war Golo eben etwas professoraler und faktensicherer.
Alle die vielen Großen vor mir, vor denen ich mich ehrfurchtsvoll verneige, wollten Geschichte schreiben und taten es erfolgreich, gingen als Historiker in die Geschichte ein. Da reihe ich mich nicht ein sondern halte ein wenig Abstand. Bin kein Historiker, was weiß ich schon überhaupt, will nur über Geschichte plaudern und diese als Märchen erzählen, um sich an solche zu erinnern und im Plaudern über die Gefühle der Menschen, die sie erlebten, nachzudenken. Was daraus wird, weiß ich natürlich auch nicht, folge nur meiner Natur und einem tiefen Gefühl, tue also das beste, was ich kann, ohne zu wissen warum. Wem solches interessant erscheint, der möge es lesen, alle anderen halten sich besser an Fakten, davon verstehe ich nur zu wenig.
jens tuengerthal 1.2.2017
Versuch einer Einleitung
Es war einmal beginnen Märchen, mit es war einmal, beginne auch ich, um zu erzählen, wie Kultur wurde, was sie ist. Wird dies nun ein Märchen oder ein neues Geschichtsbuch?
Wie erzähle ich heute Kulturgeschichte, fragte ich mich, wo fange ich an, wann hört es auf und geht es eher um Fakten oder um Anekdoten, zählt nur die Wahrheit und was kann ich noch dazu sagen, nach all den potenten Vorgängern von Herodot über Burckhardt bis Friedell.
Fakten kann jeder nachschlagen oder besser googeln, Wiki gibt umfassend Auskunft über das was war und viele längst tragen dieses unerschöpfliche Register des Wissens auf ihrem Telefon ständig bei sich.
Braucht es da noch eine neue Betrachtung der Kulturgeschichte, wenn wir auch die alten Geschichten jederzeit in der Kurzfassung nachschlagen können, schnell sehen, wo die Alten irrten, was von ihnen blieb?
Wohl kaum, dachte ich und wollte schon aufgeben, bevor ich begonnen hatte - doch wohin kommt der Autor, der sich nur nach Trends und dem Wunsch der Leser richtet?
Selten über die erste Seite hinaus, die er jeden Tag neu schreiben könnte, um sie den immer neuesten Moden anzupassen, was in den sozialen Netzwerken gerade mit mehr Gefühl als Wissen diskutiert wird, viele Klicks und einige Leser vielleicht zu finden. Ein müßiges gehetztes Vorhaben, was zwar in eine temporeiche Zeit passte, aber kein Ende fände, nicht bleibendes schuf. Nur hektisch und nervös für mich klingt.
Noch jede Zeit sagte über die aktuelle, es sei alles so hektisch geworden, es gäbe keine Ruhe mehr und die guten alten Sachen gingen verloren. Aus den guten alten Sachen wurde schon ein erfolgreiches Geschäft gemacht, bei dem die Leute teuer kaufen, was sie vorher bei den Großeltern noch auf den Sperrmüll brachten und dann geht wieder das Klagen los und die Rufe nach der guten alten Zeit.
Glaube nicht, dass eine solche Haltung je zur Zufriedenheit beitragen kann. Im Gegenteil werden Menschen, die über ihre Zeit klagen, um der guten Vergangenheit nachzujammern, immer unzufrieden sein mit ihrer unerfüllten Sehnsucht. Dennoch wünscht sich so mancher laut die alten Zeiten zurück und tut manches, um das Gefühl zu haben, wieder so zu leben.
Das fängt bei der Outdoor-Erfahrung an und endet noch nicht auf Mittelaltermärkten oder beim sehnsüchtigen Erzählen von Omis alten Rezepten. Manche gehen ins Museum, um ein Gefühl dafür zu bekommen oder lesen möglichst gut recherchierte historische Romane, damit sie ein Gefühl für die Zeit bekommen, in der sie gerne statt jetzt mal wären.
Auf Nachfrage hin meist nur für einen Ausflug oder wenn sie diese oder jene Errungenschaft mitnehmen oder dort neu erfinden könnten. Von der Waschmaschine zum Telefon und wer kann sich noch vorstellen dauerhaft ohne Internet zu leben, auf Neuigkeiten vom Hörensagen angewiesen zu sein, sein Essen nur zu jagen und am Lagerfeuer zuzubereiten?
Die große Fraktion der Grillfreunde wird jetzt jubelnd schreien wir, allerdings fragt sich, wie viele davon übrig blieben, wenn sie ihr Grillgut nicht mehr in der Kühltruhe fänden sondern nur mit Glück in der Natur bei egal welchem Wetter, die Gewürze für die Saucen erst via Kamel über die Seidenstraße kämen, wenn die Händler nicht von Mongolenhorden vorher aufgehalten wurden, was die Dinge, die noch bei uns ankamen, teurer machte als vergleichbar modernste Smartphones, ein Privileg nur der Superreichen waren, während sie statt mit Kultur jeden Tag ausreichend mit der Essensbeschaffung beschäftigt wären.
So hätte jeder seine Kleinigkeit, die er gern mitnähme und die ihm bei einer Zeitreise unentbehrlich wäre, ansonsten aber bleibt der Wunsch nach den alten Zeiten und ich spürte ihn selbst genug, ob ich nun mit dem Kanu tagelang in der Wildnis war, alte Märkte besuchte oder über eingeborene Völker las. Ging nur mit einer Zeltbahn und sonst möglichst wenig auch im Winter in die Wildnis, trug alles, was ich zu brauchen meinte bei mir und fühlte mich dann innig der Natur verbunden, meinte meinen Wurzeln nachzuspüren, wenn ich auf selbigen im Wald lag, auf einem Bett aus Reisig, vom Lagerfeuerrauch hustend, halb verkohlte Sachen mit großem Appetit dank vieler frischer Luft verschlang.
War ich da erst Mensch, wie Goethe es über die österlich zum Volksfest jubelnde Menge meinte oder wurde ich wieder zum unkultivierten Barbaren auf Zeit?
Vielleicht ist diese Form des Zeitreisens eine, die unserer Natur entspricht, zumindest meiner eine zeitlang entsprach, auch wenn ich mich heute frage, warum ich ein piekendes Nadelbett meinem trockenen und warmen noch vorziehen sollte, was mich menschlicher macht, wenn ich statt bei Bachs Cello Sonaten im Sessel lesend, zwischen Bibbern und Schwitzen am Lagerfeuer in feuchter Natur hustend hocke. Kultivierter scheint es mir, durch ein Museum zu gehen, nach Laune einen Band aus meiner Bibliothek zu nehmen und über die Welt lieber zu lesen, als sie auf den Spuren der Abenteurer zu durchstreifen. Aber vielleicht bin ich auch nicht mehr genug Steinzeitmensch.
Zurück zur Natur und zu den eigenen Wurzeln ist immer wieder in Mode, schon Rousseau hat aufgrund seiner Inkontinenz gerne davon gesponnen, doch was sind diese Wurzeln überhaupt und womit fing es an?
Über den Anfang der Kultur wissen wir wenig, auch wenn immer mehr archäologische Spuren das Bild der Vergangenheit, die alles andere als romantisch meist war, heute genauer zeichnen als noch vor hundert Jahren.
Wer kann sagen, was Steinzeit Adam und Eva dachten und fühlten, als sie merkten, dies Essen macht Lust auf mehr, jenes schmeckt so gebraten besser und zufällig das Kraut passte perfekt zum herben Geschmack der erlegten Wildsau?
Doch weiß ich darum, was der Ötzi dachte, als er in sein eisiges Grab fiel?
Habe ich den Hauch einer Ahnung, was Steinzeitmenschen glücklich machte und wo sie tiefe Befriedigung fanden?
Weiß ich, ob derjenige, der die Venus von Willendorf einst aus Stein schlug, an die erfundenen Götter dachte, etwas heiliges aus dem Stein schlagen wollte oder seine nackte Geliebte vor sich sah, einfach geil war und an nichts höheres dachte, sondern nur Sex im Kopf hatte?
Weiß ich, ob die alten Griechen mit den Anekdoten, die Homer schön in Versen ausschmückte, eher eine historische Erzählung verbanden, was sie ja in Teilen fraglos sind oder kleine zeitaktuelle politische Spitzen in der Art des Kabaret, die nur aus taktischen Gründen in eine sagenhafte historische Erzählung aus den trojanischen Kriegen gepackt wurde, sie eher Kabarett auch waren als Märchen oder war es eher die antike Form des Newstickers?
Waren Verse nur gut, weil sie eingängiger waren als schlichte Prosa, sich besser gemerkt und weitererzählt werden konnte?
Habe keine Antwort auf all diese Fragen, es gibt dazu wechselnde Thesen, die wenn aktuell meist als unumstößlich gelten, aber eigentlich mutmaße ich im Kern der Sache nur. Was macht uns als Menschen dabei aus, frage ich mich und habe das Gefühl, dass wir über den entscheidenden Punkt immer noch nichts wissen und es nie erfahren können, weil mit den Menschen ihr Gedächtnis stirbt, all ihre Gedanken endgültig verloren sind.
Kultur beginnt da, wo der Mensch über sein Sein nachdenkt und es sich schöner machen will, um zu genießen, was ist, auch wenn der Genuß durch manch zwanghaften Aberglauben immer wieder eingeschränkt wird, als brächte erst die Entsagung das Glück an sich zurück.
Wovon wir nichts wissen, sollten wir schweigen, lehren uns die Philosophen und spekulieren schon damit munter weiter.
Kann es eine glaubwürdige Kulturgeschichte geben oder immer nur aktualisierte Spekulationen, die heute eben am besten als Ticker neue vermeintliche Fakten liefert?
Vor Gericht gibt es die noch aus religiösen Wurzeln stammende Eidesformel, nichts als die Wahrheit zu sagen. Habe mich auch schon in dieser Situation gefragt, was ich darauf antworten soll. Kenne die Wahrheit nicht, nur Ausschnitte dessen, was mir als Wirklichkeit erscheint, wie nah dies auch immer der Wahrheit ist. Der Richter meinte, als ich genau das erwiderte, ich solle halt wahrhaft sagen, was wirklich gewesen wäre. Wäre es kein Richter gewesen, hätte ich noch erwidert, dazu kann ich nur sagen, was ich meine, denn wie wirklich ist schon die Wirklichkeit, die immer nur als ein Schatten meiner Erinnerung mir erscheint, die wiederum von all meinen Meinungen getrübt ist und so kann ich auch unter Eid nicht mehr als Propaganda für meinen beschränkten Horizont machen.
Wer das für die Wahrheit hält, hat einen erstaunlich beschränkten Begriff davon. Könnte mir viel mehr vorstellen, als ich zu wissen meine und warum ist gerade der glaubwürdiger, der sich für wissend hält?
Ist nicht der Zweifler, der darum weiß, wie wenig er wissen kann, immer glaubwürdiger, weil sein Denken uns reflektierter erscheint?
Der Satz des Sokrates, der sogar behauptete, er weiß, dass er nichts weiß, gilt in unserer Kultur als weise. Dennoch schwören täglich Menschen vor Gericht nichts als die Wahrheit zu sagen, von denen die meisten nicht unbedingt weiser als Sokrates sein werden. Halte schon diese Aussage eigentlich für zu weitgehend, denn ich weiß nicht, dass ich nichts weiß, woher sollte ich sicheres Wissen haben, was ist und was nicht, das über meinen Horizont hinaus geht?
Weiß also nicht mal, ob ich nichts weiß oder vielleicht die Welt wirklich ist, wie sie mir scheint, weil ich alles sehe, wie es ist und richtig erkenne, auch wenn das zugegeben ziemlich unwahrscheinlich ist, angesichts meiner Faulheit und meines beschränkten Horizontes. So scheint mir zu Anfang die Frage des Michel de Montaigne angemessener - was weiß ich schon?
Worauf ich nur ehrlich antworten kann, ich weiß es nicht, meine nur, was mir gerade so scheint und morgen völlig anders sein kann. Wenn ich die Geschichte erzähle, wie ich meine, wie sie war, könnte dies Morgen durch neue Entdeckungen oder mit weiterem Horizont als meinem, der ich die Welt kaum kenne, noch begreife, schon völlig anders im selben Moment aussehen.
So geschehen ist alle Geschichtsschreibung eigentlich nichts als ein Kommentar in einer Zeitung, wie eine Glosse, die als Meinung des Kommentators gilt, auch wenn sie gerne so tut, als würde sie die Wahrheit erzählen. Es gibt die Meinung wieder, die gerade in einer Kultur herrscht, wie die Dinge aus deren Sicht gewesen sein sollen. So etwas hat keinen Anspruch auf Wahrheit und schon die Wirklichkeit zu schildern wäre unangemessen, was wir schon daran merken können, wenn wir bedenken wie unterschiedlich selbst Zeugen, die dabei waren, in ihren Aussagen ein und dieselbe Wirklichkeit wahrnahmen.
Ob daraus zu folgern wäre, dass Richter, die meinen ein Urteil fällen zu können, immer anmaßend sind oder nur einen ungenauen Sprachgebrauch haben und eigentlich nur einem kulturellen Ritus der Befriedung dienen, in dem es weniger um Wahrheit als um Rechtsfrieden geht, wäre auch kulturhistorisch spannend und wird sicher ein Thema sein, führte hier jedoch zu weit. Denke, sie denken häufig, sie tun ersteres, meinen nach bestem Wissen und Gewissen, die Wahrheit zu suchen, um ein gerechtes Urteil zu fällen, was auf Fakten beruht und tun doch eigentlich nichts, als einen rituellen Akt zu vollziehen, der dem Rechtsfrieden dient, weil keiner wissen kann, was wirklich war und nichtmal jene, die dabei waren, sich dessen einheitlich sicher sind.
Eine Geschichte schreiben zu wollen, so wie sie war, wäre also anmaßend, was meiner Eitelkeit vielleicht nicht fern läge, mich aber nur unzufrieden und ständiger Kritik anfällig machte. Epikur folgend, dass es im Leben nur darum geht, so glücklich wie möglich zu sein, möchte ich die drohende Unzufriedenheit, die vermeintlich wahrhafter Geschichtsschreibung logisch folgte, lieber vermeiden und erzähle nur, was ich meine und mir dabei denke.
Könnte es genauso gut ein Märchen nennen und als solches erzählen, fiel mir während der gedanklichen Vorarbeit ein. Viele Menschen lieben Märchen. Konnte sie früher eher nicht ausstehen, genau wie ich Phantasy gähnend langweilig fand, auch den Herrn der Ringe auf der Hälfte abbrach, weil es mich anödete. Habe es durch eine Liebe, die sie vorgelesen haben wollte, lieben lernen, weil sie diese so liebte und so glücklich in Märchenwelten war und wenn du liebst das Glück des anderen deines werden kann.
Es geht mir nicht darum, ob alle Märchen einen Kern an Wahrheit enthalten, oder wie die Sammlung der Gebrüder Grimm psychoanalytisch zu deuten wäre, auch von dieser postreligiösen Sekte halte ich mich lieber fern. Was weiß ich schon, steht über all dem, denn mehr als Märchenerzähler weiß ich eigentlich auch nicht. Sogar wenn ich versuche, die mir bekannten Fakten nur aufzuzählen, was gähnend langweilig wäre, gäbe, wenn überhaupt, nur einen Ausschnitt, dessen was meine Zeit zu wissen meint in den engen Schranken ihres an Fakten orientierten Horizontes.
Wenn ich schon Meinung mache und eigentlich nur einen Kommentar zu meiner Sicht der Geschichte schreibe, wie es so viele Autoren schon besser vor mir taten, fragt sich, warum ich es nicht auch so sage und erzähle, als Märchen aus unserer Zeit über andere Zeiten. Mehr wird es nicht, mehr kann es nie sein und doch, wenn es als solches lesbar ist, könnte es länger bleiben als manche Faktensammlung, versuche ich schon wieder an die Unsterblichkeit der Dichter zu denken - eines Herodot oder Homer und vieler mehr.
Überlegte darum zunächst es gleich einem Epos in Versen zu erzählen, was mir als Dichter wohl läge, aber dafür als Denker ein wenig unangenehm wäre, scheint mir doch das große Wort schon zu unbescheiden, für mein kleines Vorhaben, ein wenig Geschichte als Märchen zu erzählen. Benutze nur den Stil der Volksmärchen, um zu zeigen, auch wenn ich erzähle, was wir zu wissen meinen, bleibt es doch nur Meinung und könnte genauso Märchen sein. Vielleicht ist die Wahl des Märchens auch eine Art Liebeserklärung an die Herzensgröße aller, die Märchen lieben, statt nur auf die Wirklichkeit und Fakten zu pochen.
Was wir aus Liebe tun oder zumindest mit, scheint uns ein wenig märchenhaft schon von allein. An Gefühl scheint genug vorhanden, mehr als an Wissen, das nur auf einige kleine Inseln zurückgreift, und so erzähle ich das Märchen von der Kultur und wie sie wurde, was sie ist, weil einmal was war, von dem ich nichts wissen kann.
Weiß nicht, ob dies der Gipfel des möglichen sein könnte, hoffe es nicht, es ist halt, was ich gerade versuchen kann. Voltaire war sich noch in seiner Geschichtsschreibung sicher, dass es eine ständig fortschreitende kulturelle Entwicklung des Menschen gäbe und stand damit im Geist der Aufklärung, als deren heraushagender Geist er gilt und sehe ich von seiner Persönlichkeit ab, die auch intrigant und gierig war, spricht wenig dagegen, ihm dies zu gönnen. Er sah ein stetes Streben nach dem Höheren als menschlich an. Schiller war aufklärerischen Geistes aber immer auch Literat, der Geschichte erzählte. Mit Herder, der ja teils noch Aufklärer war und andernteils der Romantik zugehörig, kam der Volksgeist in die Kulturgeschichte und so sah er jedes auch unbewusste Schaffen als dem zugehörig. Dann kamen die Geschichtsphilosophen wie Toynbee und Oswald Sprengler, dessen Untergang des Abendlandes heute wieder für Furore sorgt, weil er einfache Antworten mit vermeintlichen Fakten gibt, auf gerade modisch postfaktiche Weise Geschichte erzählt. Ein Golo Mann machte Geschichtsschreibung auch zur literarischen Kultur, was vor ihm schon Burckhard meisterhaft plaudernd tat, wie es sein Onkel Heinrich in seinem Henry IV. so wunderbar romanhaft machte nur war Golo eben etwas professoraler und faktensicherer.
Alle die vielen Großen vor mir, vor denen ich mich ehrfurchtsvoll verneige, wollten Geschichte schreiben und taten es erfolgreich, gingen als Historiker in die Geschichte ein. Da reihe ich mich nicht ein sondern halte ein wenig Abstand. Bin kein Historiker, was weiß ich schon überhaupt, will nur über Geschichte plaudern und diese als Märchen erzählen, um sich an solche zu erinnern und im Plaudern über die Gefühle der Menschen, die sie erlebten, nachzudenken. Was daraus wird, weiß ich natürlich auch nicht, folge nur meiner Natur und einem tiefen Gefühl, tue also das beste, was ich kann, ohne zu wissen warum. Wem solches interessant erscheint, der möge es lesen, alle anderen halten sich besser an Fakten, davon verstehe ich nur zu wenig.
jens tuengerthal 1.2.2017
Dienstag, 31. Januar 2017
Übergangskrise
Seit der Wahl des neuen amerikanischen Präsidenten herrscht in der bürgerlichen Mitte Krisenstimmung und die Angst greift um sich, was wohl werden wird, wenn dieser Kerl wahr macht, was er ankündigte.
Dies tut es in den USA, wo sie langsam merken, was es heißt, einem neureichen Aufsteiger ins höchste Amt zu wählen und welche Gefahren es birgt, wenn so einer plötzlich für die Gemeinschaft entscheidet, der vorher nur große Show machte und relativ erfolgreicher Bauunternehmer war. Einer der keine Ahnung vom Gemeinwesen hat und was es ausmacht, dessen Werte verspottet, wenn er verkündet, nur ein Buch gelesen zu haben, in seinem Leben und der dafür den Jubel der breiten Masse bekam, die ungebildet und darin verharrend chancenlos, das Gefühl hat, da käme einer von ihnen an die Macht, der es den da oben mal richtig zeigt.
Wie ein Multimilliardär es schaffte, mit dummen sexistischen Sprüchen die Massen auf seine Seite zu ziehen und dafür eine engagierte Demokratin mit Hilfe seines russischen Gönners alt aussehen ließ, ist eine Offenbarung unserer Zeit, in der Medien Wahlen mitentscheiden und soziale Netzwerke mehr Politik machen, als viele ahnen, jene Netze, die Obama trugen und in den Himmel hoben, waren auch Trumps Echoraum und sind es bis heute.
Dort war Clinton nicht präsent, während sie aber von da aus angeschwärzt wurde und für keine Schlagzeilen sorgen konnte, sie trendete kaum, während Trumps Sprüche immer wieder zwar aufregten aber die Bewegung der Masse nutzte, verstand wo sie stehen und wie er sie abholen kann - die ungebildete, unzufriedene Mehrheit, die sich meckernd im Netz äußert und heute dieser, morgen jener Verschwörungstheorie hinterherläuft. Dieser Volkskörper hat keine feste Meinung oder Überzeugung, so wenig wie AfD Anhänger, sondern ist trotzig und hat mindestens einmal im Leben schon gedacht, dass sie es denen da oben doch gern mal zeigen würde.
Ist Trump, sind Erdogan und Putin die Zukunft der Demokratie, weil die Masse durch ständigen Fernseh- und noch mehr Internetkonsum so verblödet ist, dass nur noch Sprüche überzeugen, der Auftritt wichtiger ist als das Ergebnis?
Die Gefahr scheint vielen immer größer und stellt die Frage, ob die Demokratie reif ist für das Zeitalter sozialer Netzwerke, in denen der kleine Mann gern mit allen denkbaren Verschwörungen Meinung macht, statt sich an die zuständigen Organe des Staates noch zu halten. Dort boomen und trenden die Sprüchemacher, mit den einfachen Antworten und genau dort hat eine Mutti Merkel es mit ihrer nüchtern sachlichen Art, die stets das alternativlos notwendige tut, schwerer noch, als auf der politischen Bühne, wo sie inzwischen als gelassene Königin ruhig, in ihren Netzwerken gesichert, ihr Reich regiert.
Die Tücken des Wahlrechts und die dabei möglichen gezielten Eingriffe der Russen haben den Wahlsieg desjenigen möglich gemacht, der Millionen Stimmen weniger hatte und auch wenn es damit in Deutschland besser aussieht, wir auf unsere Geschichte hoffen können, die manche abhält, die rechten Schreihälse zu wählen - es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch hier ein RTL II tauglicher Kandidat mit goldenem Schlafzimmer wie Trump auftaucht und viele, die sich verstanden fühlen, mitzieht.
So fragt sich eine bürgerliche Klasse, die seit Jahrzehnten die Intelligenz und damit die Führung der Staaten dieser Welt und ihrer Behörden und Unternehmen stellt, was wird aus unseren Werten, wenn so einer seinen Stil durchsetzt. Das kollektive Spießertum als endzeitliche Apokalypse regiert die Welt auf Soap-Niveau und statt Bibliotheken gibt es neue Multiplexkinos für Serienfreaks.
Italien hatte seinen Berlusconi und ist ihn nur mühsam nach vielen Anläufen trotz klar krimineller Verwicklungen diesen dubiosen Medienunternehmer wieder los geworden und krankt heute noch an den Folgen dieser Herrschaft - dass nun ein Mitglied der Berlusconi Partei das Europäische Parlament führt, zeigt, es kann auch hier ganz schnell kippen und was Österreich mit seinem Burka und möchtegern Kopftuchverbot gerade veranstaltet, spottet auch aller europäischen Freiheit Hohn und es ist nur zu hoffen, dass diese Albernheiten nur zur Ausbremsung der dortigen Populisten dienen sollen, denn vernünftige Gründe gibt es dafür ebensowenig wie für das Dekret Trumps, das für immer mehr Probleme sorgt.
Eine seltsame Situation ist entstanden - ein traditionell eher wertkonservatives bürgerliches Lager, sieht sich im Widerstand gegen einen Unternehmerpräsidenten, diesen Aufsteiger ohne Bildung, auch wenn er in manchem dem amerikanischen Ideal entspricht, ist er einfach eine Nummer zu viel und zu peinlich.
Noch halten viele Getreue zu ihm, die hoffen, er wird sich schon die Hörner abstoßen, doch ist ein solcher Weg beim US-Präsidenten nicht vorgesehen, dem zieht keiner Grenzen als Senat und Repräsentantenhaus und wenn es arg kommt ein Impeachment, wofür Trump erst seine Partei kollektiv gegen sich aufbringen müsste, was er, bis auf schon jetzt hörbare Einzelstimmen, durch divide et impere zu verhindern wissen wird. Seine cholerische Reaktion auf jegliche Kritik wurde auch wieder sichtbar, daran wird sich wenig ändern, solange der Apparat ihm folgen muss.
Die einzige Chance, ihn im Amt zu halten, wenn er seine Wahlversprechen für die breite Mehrheit der Mitte nicht einhält, wird ein Krieg sein, der von allem ablenkt. Die ersten Weichen stellt der etwas trumpelige Präsident ja schon in China, fürchten ängstliche Europäer.
Sie vergessen eines. Trump ist zwar misstrauisch, ungebildet und plappert viel dummes Zeug, aber er wäre nicht der erfolgreiche Unternehmer, der er ist, wenn er nicht fähig, wäre, sich auf neue Situationen schnell und flexibel einzustellen, nicht führen könnte, der tumbe Idiot wäre, als den ihn die kulturellen Schwergewichte der Medien derzeit gerne darstellen. Ein Unternehmer beginnt keinen Krieg ohne ganz offensichtliche Gewinnaussichten, weil Kosten und Risiko dabei nie kalkulierbar sind.
Zwar könnte ein kriegerischer Konflikt wohl dafür sorgen, dass die Wirtschaft kurzzeitig boomt und viele junge Männer von der Straße verschwinden, es friedlicher und ruhiger wird, auch weil viele einfach tot sind, aber es war unternehmerisch nie lohnend und ein unnötig hohes Risiko, dass er nicht mehr kalkulieren könnte, gerade für seine ausländischen Investitionen. Vermutlich macht er nur viel Wind.
Die ruhige Reaktion Merkels nun, scheint angemessen und vernünftig - ihre erste Reaktion, in der die deutsche Kanzlerin den neuen POTUS mahnte, sich gut zu benehmen in Sachen Verträge und Menschenrechte, war hoffentlich nur eine Retourkutsche für seine Ausfälligkeiten im Wahlkampf.
Es verschieben sich erstaunlich viele unumstößliche Grenzen gerade, warum manches für ein Zeitalter des Umbruchs spricht, was auch der verbreiteten Unsicherheit gut entspräche. Nur was folgt auf die gerade rechtsstaatliche Demokratie, wohin geht es?
Der typisch unternehmerische Freihandel mit seinen internationalen Abkommen wird von Trump abgelehnt, ist nun die versammelte Linke darum für den rechten Frauenfeind?
Das Idol vieler radikaler Linker und Pegiden, der russische Präsident Putin, soll, geht es nach Trump, sein Freund werden und hat gute Aussichten, wie sein Freundschaftsdienst bei der Wahl zeigte. Er spielt mit der Angst sehr vieler, die lange ignoriert wurde und der sich im demokratischen Sektor in Deutschland nur noch die CSU annimmt und wovon der Afd tönt.
Die könnte auch nichts ändern, so wenig wie Trump eine sinnvolle Mauer bauen kann und die Mexikaner diese bezahlen werden. Die politische Weltlage ist komplex und die Akteure handeln langsam und vorsichtig. Die USA hatten an der Konfrontation mit Russland ein massives ökonomisches Interesse. Die Rüstungsindustrie und ihre vielen wichtigen Arbeitsplätze braucht einen Krieg ohne Opfer aber mit viel großer Geste und teuren Waffen. Die NATO-Präsenz im Baltikum steht dafür.
Wer dies wichtige Ziel der Rüstungsindustrie unterminiert und gar Frieden mit Putin sucht, braucht dringend einen anderen Konflikt, um ungestört aufzurüsten. Der wird wohl mit China gesucht und Europa wird aus dem amerikanischen Interesse stärker herausfallen. Ob der Kontinent davon mehr profitiert oder verliert, ist noch ungewiss. Die Populisten in Polen und Ungarn werden einen eisigen Wind aus allen Richtungen spüren und brauchen darum neue Perspektiven - die Angst aus der Konfrontation genügt nicht länger, vor allem dann nicht, wenn Deutschland sich besser mit Russland vertragen sollte - dahingestellt, ob das unter Merkel und Putin noch möglich ist.
Putin sucht nicht die Freundschaft und Anerkennung eines Trump, er will wieder als Freund nach Europa kommen, als Partner und Gönner, der seinem großen Land einige übrig gebliebene Privilegien der Supermacht UDSSR erhält. Dazu muss er nicht das Baltikum erobern, doch eine EU-Aufnahme der Ukraine, wird nur mit Russland gemeinsam möglich sein, deren Gasschulden und die zu lange enge Verquickung machen dies erforderlich und alle wissen das eigentlich, auch wenn sie gerade anders reden.
Wo sich die USA im Streit gen China und Asien wenden, noch ein wenig Mexiko provozieren will, kann Russland Syrien lösen und Europa als Partner einbinden, von dem die USA sich kurzsichtig schnell zurückziehen. Viele intelligente, junge Amerikaner und Ausländer, die vor allem in Kalifornien für viel Geld gute Arbeit leisten, werden sich stärker nach Europa konzentrieren, was die Basis des Wohlstands verschieben wird, wenn Europa schnell genug und steuerlich flexibel reagiert.
Europa hielte sich klugerweise in der Syrienkrise völlig raus, es ist nicht unser Konflikt - wir müssen weder den IS besiegen noch plötzlich Assad aus dem Amt vertreiben, was viele Konflikte auf einmal vernünftig löste und ohne Angst vor Islamisten verlören die Rechten ganz schnell jede Zustimmung, sehen wir von den ewig Gestrigen ab.
Es ist tragisch, was in Afrika teilweise und auch in Syrien und dem Irak passiert, auch Afghanistan ist in einem katastrophalen Zustand, doch ginge es allen besser, wenn Europa nicht mehr meinte, dort entscheidende Kraft sein zu müssen und die einen auf Kosten der anderen besiegen wollte, was immer nur die Ärmsten träfe und die Staaten weiter radikalisierte. Unser Hauptinteresse dort, ist es legitime Kunden für unsere großen militärischen Exporte zu finden, die gerade Verbündeten an deutsche Waffen und Technik zu gewöhnen, um diese bald exportieren zu können. Darum war wohl die kurzzeitige militärische Präsenz nach dem 11. September 2001 nötig. Mehr ist es nicht.
Der Erfolg in Afghanistan und im Irak wie Syrien zeigt, Frieden finden die Völker nur miteinander - Europa brauchte auch von der Reformation bis weit nach dem Westfälischen Frieden allein im religiösen Bereich und bekriegte sich dennoch munter über politische Nichtigkeiten weiter. Die Bundeswehr hat bestimmt im Rahmen des ihr möglichen gute Arbeit meist geleistet, nur viel konnte sie nicht tun, zu ändern war ohnehin nichts. Sie hat nur relativ gutes Marketing für deutsche Waffenschmieden gemacht, mehr nicht.
Manche hofften die imaginäre Front im Osten würde ein solcher wunderbarer kalter Kriegsschauplatz für den europäischen Rüstungsmarkt, der ohne Tote auskommt und dafür bestens modernste Technik präsentieren könnte. Doch gäbe es auch mit geringer amerikanischer Unterstützung keine echte Chance gegen die Massen der russischen Armee und das wissen alle Beteiligten und macht Putin mit seinen Muskelspielen auch zu gern deutlich, womit diese Drohgebärde der NATO außer dem Marketing für die eigene Industrie nur der Festigung der Position des russischen Präsidenten dient, so paradox es noch klingt.
Ähnlich stärkt Trumps Einreiseverbot nicht etwa die Demokratie und hilft gegen Terror, sondern stärkt die Führung der Terrorgruppen, die genau das prophezeiten, schafft damit eine fortgesetzt unsichere Weltlage, die es den Populisten leichter macht mit der Angst zu spielen. Dieser tödliche Kreislauf, der mit Aufrufen zum Krieg bis zur völligen Vernichtung geführt werden sollen, ist in Europa lang bekannt und sein Ende war fürchterlich, Deutschland kann ein Lied davon singen im Chor mit Hiroshima und Nagasaki vielleicht.
Darum wird jeder mit Vernunft nun dringend auf Deeskalation setzen, was dem großen Kind Trump, der sich weiter ungezogen benimmt, viel Spielraum gibt und mancher fragt sich schon, was wohl sein Sudetenland noch wird und warum Europa es nicht geschafft hat, seine imperial weltweit starke Position noch bis weit nach dem letzten Weltkrieg konstruktiv zu nutzen, um zu gestalten.
Für die Zukunft und den Umbruch stellt sich die Frage, wer ihn führt und wie wir handlungsfähig und attraktiv zugleich bleiben. Dies bedeutet kurzfristig eine massive Erhöhung der Ausgaben für Rüstung, statt weiterer Schuldentilgung, um die Position der europäischen Mitte zu stärken. Langfristig muss es um eine Schlüsselposition nach Osten gehen, die den Beitritt Russlands als Partner zur EU klärt und möglicherweise ein neues Verteidigungsbündnis etabliert, je nachdem, wie lange Trump in den USA erfolgreich sein kann.
Um die Stabilität zu gewährleisten, zeigt die EU mit ihrer von Wahlen unabhängigen Kommission vielleicht ein Musterbeispiel künftiger indirekter Demokratie, die Ausreißer wie einen Trump am sichersten verhindert. Fraglich ist, wie und wo sich die Mitte etabliert und wie sie sich mit den Eliten vernetzt, um Kontinuität zu gewährleisten. Es geht dabei auch um die typisch bürgerlichen Ideale, deren Untergang Thomas Mann schon so wortreich wie ironisch in den Buddenbrooks beklagte und in deren Kreisen, ein Typ wie Trump nur Nase rümpfend belächelt würde, egal was er bewirkt oder nicht.
Google und Apple sind ein Teil der Basis dieser neuen Eliten, sie haben Milliarden im steuerfreien Raum derzeit deponiert - sie nach Europa zu locken, wäre für alle Seiten lohnend, was nach den Wahlen im September, wenn auch der vorher gewählte französische Präsident inthronisiert wurde, verhandelt wird. Besser wäre es die Unsicherheit nun zu nutzen, die in den USA herrscht und mit einer starken Kommission ökonomisch zuverlässig durchzuregieren, egal was die Bürger zufällig mal wählen, wenn sie wie die französischen Linken etwa und die britischen Torries dafür stimmten diesmal nicht von der Mitte und der Mehrheit mit Geld gewählt zu werden, braucht es für dauerhaften Erfolg mehr Kontinuität als einen wahlweisen Wechsel.
Die Kommission in der Hand einer führenden deutschen Politikerin mit einem starken Franzosen an ihrer Seite, wäre nun wichtiger als ein geduldeter Luxemburger, um Kontinuität zu gewährleisten. Dann könnte sich die CDU hier neu aufstellen unter von der Leyen oder der Ministerpräsidentin des Saarlandes und es würde dem Risikofaktor Populismus kein Raum gelassen - was vielleicht weniger demokratisch auf den ersten Blick wirkte aber Europa und seinen Bewohnern besser täte, als die Trump-Kur den USA wohl tun wird. Wo die Entscheidungen stärker von einer übernationalen Kommission getroffen würden, die Europa als dann quasi Nation regierte, griffen die lächerlichen Forderungen der Populisten nicht mehr und ihre Bedeutung würde verloren gehen, weil sie nichts bewirkten, die Stimmen völlig verschwendet wären.
Es braucht eine Bewegung, die Europa stark macht und neu öffnet, um Russland als Partner ins Boot zu holen, dahingestellt, ob Merkel dies als oberste EU Beamtin könnte, doch wäre sie als solche keine Gegnerin mehr, sondern ein Vollzugsorgan und ein überflüssiger Kampf endete. Wer die auch bürgerlichen Stimmen, die Angst vor Veränderung haben, nur überhört im Land, macht Populisten unnötig stark. So die wichtigen Entscheidungen in Europa getroffen werden, hat sich manches Geschrei erledigt - Verantwortung wird delegiert und die zuständigen werden eingesetzt und nicht gewählt, um die Mehrheit der bürgerlichen Mitte gegen alle Radikalen dauerhaft zu gewährleisten.
Demokratie ist nur so gut, wie sie praktisch funktioniert - im Zeitalter des Internet, braucht es neue Wege, um die von den ganz großen Mehrheit gewünschte Stabilität auf Basis der Menschenrechte zu garantieren. Vielleicht kann langfristige bessere Bildung wieder mehr Partizipation auf allen Ebenen gestatten, auch wenn sich der teils sehr unterschiedliche Umgang mit der Meinungsmaschine Internet normalisiert hat und nicht mehr zwischen Neuland und Heiligenanbetung schwankt. Mit Putin im Osten und Trump im Westen, Erdogan und Assad im Süden als Nachbarn braucht es einen neuen vernünftigen Aufbruch Europas, der stabiler ist als kurzfristige Volksmeinungen manchmal zu schnell bewegter Massen.
Trauen wir den europäischen rechtsstaatlichen Institutionen, trauen wir unseren Beamten und Richtern, die regelkonform arbeiten. sich kontrollieren und lassen wir das Element der stärkeren Partizipation solange ruhen, bis wieder Frieden herrscht und eine vernünftige Ordnung geschaffen wurde, in der gebildete und gut ausgebildete Menschen natürlich mitentscheiden sollen. Es gibt, gerade wichtigeres zu tun, als Wahlkämpfe und große Versprechen zum Stimmungsumschwung.
Spannend dazu, wie sich in Frankreich das früher bürgerliche und das sozialistische Lager selbst für die Mehrheit vermutlich so unmöglich machen, dass der Kandidat der Mitte es noch leichter haben wird. Auch so kann Politik gestalten, um radikale Umbrüche zu vermeiden und zu gestalten. Eine beamtische europäische Regierung hätte es da noch leichter bei der Gestaltung und die nationalen Regierungswechsel wären ohne große Auswirkung künftig für den Kurs des Kontinents, den so eine große Koalition quasi allein regierte.
Nicht basisdemokratisch, aber so werden auch erfolgreiche Unternehmen nicht geführt, da nicht jede Entscheidung der Führung gleich populär sein wird. Eine leichte Stärkung des EP und eine eher beratende Funktion des Ministerrates machte viele Diskussionen überflüssig und hier könnte Merkel die Netzwerkerin und Organisatorin noch einmal für fünf oder besser sieben Jahre ihre Größe zeigen und Europa beamtisch alternativlos stabilisieren, statt hier mit Populisten zu diskutieren, die bedeutungslos würden.
Es steht ein neues Zeitalter an - wir wissen noch nicht, was es alles bringt und wie es für die Menschen wird - entscheidend wird sein, wo Stabilität und Zuverlässigkeit regieren und wie wir die sichersten Bündnisse flexibel und dauerhaft aufbauen. Die Demokratie muss im Zeitalter des Internet neu verortet werden, um die für Stabilität nötige Sicherheit zu bieten. Auch da ist Europa eine große Chance für uns. Wer die Mitte stabil halten will, darf auch die Ränder nicht vergessen und die Kunst wird es sein Kontinuität und Dauer unabhängig von Wahlen zu garantieren, wofür hier die EU stehen könnte, die zur gemeinsamen Währung nun die gemeinsame Sozialpolitik braucht, damit die Menschen endlich auch die breite längst Wohltätigkeit Europas spüren, da die Kommission als unabhängige Institution nicht mehr mit den nationalen Regierungen konkurrieren müsste.
So wären Frieden und Sicherheit in Europa und mit Russland dabei bis weit nach Asien hinein zuverlässig garantiert. Es wäre zunächst etwas postdemokratisch in Teilen, um den reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Ob Großbritannien dann neuer Bundesstaat der USA wird oder sich spaltet, ist relativ egal, dann bleibt England eben Brückenkopf mit Steuervorteilen, der von Europa umrahmt würde. Was zählt, ist Sicherheit kontinuierlich zu gewährleisten unter dem hohen rechtsstaatlichen Standards in Europa. Alles andere ergäbe sich langfristig.
Wenn einzelne, wie es ein Hitler tat, der demokratisch gewählt wurde, mit furchtbaren Folgen, die Demokratie durch Populismus gefährden können, was in Krisenzeiten immer mal passieren kann, braucht es eine Sicherheit für Kontinuität in Europa, für die eine solche Kommission stünde, denn nicht immer werden Abstimmungen das beste Mittel sein das auf viel Unbildung und Angst basierende postdemokratische Zeitalter zu beenden - da ist der Rechtsstaat zuverlässiger, der sich selbst kontrolliert.
jens tuengerthal 31.1.2017
Dies tut es in den USA, wo sie langsam merken, was es heißt, einem neureichen Aufsteiger ins höchste Amt zu wählen und welche Gefahren es birgt, wenn so einer plötzlich für die Gemeinschaft entscheidet, der vorher nur große Show machte und relativ erfolgreicher Bauunternehmer war. Einer der keine Ahnung vom Gemeinwesen hat und was es ausmacht, dessen Werte verspottet, wenn er verkündet, nur ein Buch gelesen zu haben, in seinem Leben und der dafür den Jubel der breiten Masse bekam, die ungebildet und darin verharrend chancenlos, das Gefühl hat, da käme einer von ihnen an die Macht, der es den da oben mal richtig zeigt.
Wie ein Multimilliardär es schaffte, mit dummen sexistischen Sprüchen die Massen auf seine Seite zu ziehen und dafür eine engagierte Demokratin mit Hilfe seines russischen Gönners alt aussehen ließ, ist eine Offenbarung unserer Zeit, in der Medien Wahlen mitentscheiden und soziale Netzwerke mehr Politik machen, als viele ahnen, jene Netze, die Obama trugen und in den Himmel hoben, waren auch Trumps Echoraum und sind es bis heute.
Dort war Clinton nicht präsent, während sie aber von da aus angeschwärzt wurde und für keine Schlagzeilen sorgen konnte, sie trendete kaum, während Trumps Sprüche immer wieder zwar aufregten aber die Bewegung der Masse nutzte, verstand wo sie stehen und wie er sie abholen kann - die ungebildete, unzufriedene Mehrheit, die sich meckernd im Netz äußert und heute dieser, morgen jener Verschwörungstheorie hinterherläuft. Dieser Volkskörper hat keine feste Meinung oder Überzeugung, so wenig wie AfD Anhänger, sondern ist trotzig und hat mindestens einmal im Leben schon gedacht, dass sie es denen da oben doch gern mal zeigen würde.
Ist Trump, sind Erdogan und Putin die Zukunft der Demokratie, weil die Masse durch ständigen Fernseh- und noch mehr Internetkonsum so verblödet ist, dass nur noch Sprüche überzeugen, der Auftritt wichtiger ist als das Ergebnis?
Die Gefahr scheint vielen immer größer und stellt die Frage, ob die Demokratie reif ist für das Zeitalter sozialer Netzwerke, in denen der kleine Mann gern mit allen denkbaren Verschwörungen Meinung macht, statt sich an die zuständigen Organe des Staates noch zu halten. Dort boomen und trenden die Sprüchemacher, mit den einfachen Antworten und genau dort hat eine Mutti Merkel es mit ihrer nüchtern sachlichen Art, die stets das alternativlos notwendige tut, schwerer noch, als auf der politischen Bühne, wo sie inzwischen als gelassene Königin ruhig, in ihren Netzwerken gesichert, ihr Reich regiert.
Die Tücken des Wahlrechts und die dabei möglichen gezielten Eingriffe der Russen haben den Wahlsieg desjenigen möglich gemacht, der Millionen Stimmen weniger hatte und auch wenn es damit in Deutschland besser aussieht, wir auf unsere Geschichte hoffen können, die manche abhält, die rechten Schreihälse zu wählen - es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch hier ein RTL II tauglicher Kandidat mit goldenem Schlafzimmer wie Trump auftaucht und viele, die sich verstanden fühlen, mitzieht.
So fragt sich eine bürgerliche Klasse, die seit Jahrzehnten die Intelligenz und damit die Führung der Staaten dieser Welt und ihrer Behörden und Unternehmen stellt, was wird aus unseren Werten, wenn so einer seinen Stil durchsetzt. Das kollektive Spießertum als endzeitliche Apokalypse regiert die Welt auf Soap-Niveau und statt Bibliotheken gibt es neue Multiplexkinos für Serienfreaks.
Italien hatte seinen Berlusconi und ist ihn nur mühsam nach vielen Anläufen trotz klar krimineller Verwicklungen diesen dubiosen Medienunternehmer wieder los geworden und krankt heute noch an den Folgen dieser Herrschaft - dass nun ein Mitglied der Berlusconi Partei das Europäische Parlament führt, zeigt, es kann auch hier ganz schnell kippen und was Österreich mit seinem Burka und möchtegern Kopftuchverbot gerade veranstaltet, spottet auch aller europäischen Freiheit Hohn und es ist nur zu hoffen, dass diese Albernheiten nur zur Ausbremsung der dortigen Populisten dienen sollen, denn vernünftige Gründe gibt es dafür ebensowenig wie für das Dekret Trumps, das für immer mehr Probleme sorgt.
Eine seltsame Situation ist entstanden - ein traditionell eher wertkonservatives bürgerliches Lager, sieht sich im Widerstand gegen einen Unternehmerpräsidenten, diesen Aufsteiger ohne Bildung, auch wenn er in manchem dem amerikanischen Ideal entspricht, ist er einfach eine Nummer zu viel und zu peinlich.
Noch halten viele Getreue zu ihm, die hoffen, er wird sich schon die Hörner abstoßen, doch ist ein solcher Weg beim US-Präsidenten nicht vorgesehen, dem zieht keiner Grenzen als Senat und Repräsentantenhaus und wenn es arg kommt ein Impeachment, wofür Trump erst seine Partei kollektiv gegen sich aufbringen müsste, was er, bis auf schon jetzt hörbare Einzelstimmen, durch divide et impere zu verhindern wissen wird. Seine cholerische Reaktion auf jegliche Kritik wurde auch wieder sichtbar, daran wird sich wenig ändern, solange der Apparat ihm folgen muss.
Die einzige Chance, ihn im Amt zu halten, wenn er seine Wahlversprechen für die breite Mehrheit der Mitte nicht einhält, wird ein Krieg sein, der von allem ablenkt. Die ersten Weichen stellt der etwas trumpelige Präsident ja schon in China, fürchten ängstliche Europäer.
Sie vergessen eines. Trump ist zwar misstrauisch, ungebildet und plappert viel dummes Zeug, aber er wäre nicht der erfolgreiche Unternehmer, der er ist, wenn er nicht fähig, wäre, sich auf neue Situationen schnell und flexibel einzustellen, nicht führen könnte, der tumbe Idiot wäre, als den ihn die kulturellen Schwergewichte der Medien derzeit gerne darstellen. Ein Unternehmer beginnt keinen Krieg ohne ganz offensichtliche Gewinnaussichten, weil Kosten und Risiko dabei nie kalkulierbar sind.
Zwar könnte ein kriegerischer Konflikt wohl dafür sorgen, dass die Wirtschaft kurzzeitig boomt und viele junge Männer von der Straße verschwinden, es friedlicher und ruhiger wird, auch weil viele einfach tot sind, aber es war unternehmerisch nie lohnend und ein unnötig hohes Risiko, dass er nicht mehr kalkulieren könnte, gerade für seine ausländischen Investitionen. Vermutlich macht er nur viel Wind.
Die ruhige Reaktion Merkels nun, scheint angemessen und vernünftig - ihre erste Reaktion, in der die deutsche Kanzlerin den neuen POTUS mahnte, sich gut zu benehmen in Sachen Verträge und Menschenrechte, war hoffentlich nur eine Retourkutsche für seine Ausfälligkeiten im Wahlkampf.
Es verschieben sich erstaunlich viele unumstößliche Grenzen gerade, warum manches für ein Zeitalter des Umbruchs spricht, was auch der verbreiteten Unsicherheit gut entspräche. Nur was folgt auf die gerade rechtsstaatliche Demokratie, wohin geht es?
Der typisch unternehmerische Freihandel mit seinen internationalen Abkommen wird von Trump abgelehnt, ist nun die versammelte Linke darum für den rechten Frauenfeind?
Das Idol vieler radikaler Linker und Pegiden, der russische Präsident Putin, soll, geht es nach Trump, sein Freund werden und hat gute Aussichten, wie sein Freundschaftsdienst bei der Wahl zeigte. Er spielt mit der Angst sehr vieler, die lange ignoriert wurde und der sich im demokratischen Sektor in Deutschland nur noch die CSU annimmt und wovon der Afd tönt.
Die könnte auch nichts ändern, so wenig wie Trump eine sinnvolle Mauer bauen kann und die Mexikaner diese bezahlen werden. Die politische Weltlage ist komplex und die Akteure handeln langsam und vorsichtig. Die USA hatten an der Konfrontation mit Russland ein massives ökonomisches Interesse. Die Rüstungsindustrie und ihre vielen wichtigen Arbeitsplätze braucht einen Krieg ohne Opfer aber mit viel großer Geste und teuren Waffen. Die NATO-Präsenz im Baltikum steht dafür.
Wer dies wichtige Ziel der Rüstungsindustrie unterminiert und gar Frieden mit Putin sucht, braucht dringend einen anderen Konflikt, um ungestört aufzurüsten. Der wird wohl mit China gesucht und Europa wird aus dem amerikanischen Interesse stärker herausfallen. Ob der Kontinent davon mehr profitiert oder verliert, ist noch ungewiss. Die Populisten in Polen und Ungarn werden einen eisigen Wind aus allen Richtungen spüren und brauchen darum neue Perspektiven - die Angst aus der Konfrontation genügt nicht länger, vor allem dann nicht, wenn Deutschland sich besser mit Russland vertragen sollte - dahingestellt, ob das unter Merkel und Putin noch möglich ist.
Putin sucht nicht die Freundschaft und Anerkennung eines Trump, er will wieder als Freund nach Europa kommen, als Partner und Gönner, der seinem großen Land einige übrig gebliebene Privilegien der Supermacht UDSSR erhält. Dazu muss er nicht das Baltikum erobern, doch eine EU-Aufnahme der Ukraine, wird nur mit Russland gemeinsam möglich sein, deren Gasschulden und die zu lange enge Verquickung machen dies erforderlich und alle wissen das eigentlich, auch wenn sie gerade anders reden.
Wo sich die USA im Streit gen China und Asien wenden, noch ein wenig Mexiko provozieren will, kann Russland Syrien lösen und Europa als Partner einbinden, von dem die USA sich kurzsichtig schnell zurückziehen. Viele intelligente, junge Amerikaner und Ausländer, die vor allem in Kalifornien für viel Geld gute Arbeit leisten, werden sich stärker nach Europa konzentrieren, was die Basis des Wohlstands verschieben wird, wenn Europa schnell genug und steuerlich flexibel reagiert.
Europa hielte sich klugerweise in der Syrienkrise völlig raus, es ist nicht unser Konflikt - wir müssen weder den IS besiegen noch plötzlich Assad aus dem Amt vertreiben, was viele Konflikte auf einmal vernünftig löste und ohne Angst vor Islamisten verlören die Rechten ganz schnell jede Zustimmung, sehen wir von den ewig Gestrigen ab.
Es ist tragisch, was in Afrika teilweise und auch in Syrien und dem Irak passiert, auch Afghanistan ist in einem katastrophalen Zustand, doch ginge es allen besser, wenn Europa nicht mehr meinte, dort entscheidende Kraft sein zu müssen und die einen auf Kosten der anderen besiegen wollte, was immer nur die Ärmsten träfe und die Staaten weiter radikalisierte. Unser Hauptinteresse dort, ist es legitime Kunden für unsere großen militärischen Exporte zu finden, die gerade Verbündeten an deutsche Waffen und Technik zu gewöhnen, um diese bald exportieren zu können. Darum war wohl die kurzzeitige militärische Präsenz nach dem 11. September 2001 nötig. Mehr ist es nicht.
Der Erfolg in Afghanistan und im Irak wie Syrien zeigt, Frieden finden die Völker nur miteinander - Europa brauchte auch von der Reformation bis weit nach dem Westfälischen Frieden allein im religiösen Bereich und bekriegte sich dennoch munter über politische Nichtigkeiten weiter. Die Bundeswehr hat bestimmt im Rahmen des ihr möglichen gute Arbeit meist geleistet, nur viel konnte sie nicht tun, zu ändern war ohnehin nichts. Sie hat nur relativ gutes Marketing für deutsche Waffenschmieden gemacht, mehr nicht.
Manche hofften die imaginäre Front im Osten würde ein solcher wunderbarer kalter Kriegsschauplatz für den europäischen Rüstungsmarkt, der ohne Tote auskommt und dafür bestens modernste Technik präsentieren könnte. Doch gäbe es auch mit geringer amerikanischer Unterstützung keine echte Chance gegen die Massen der russischen Armee und das wissen alle Beteiligten und macht Putin mit seinen Muskelspielen auch zu gern deutlich, womit diese Drohgebärde der NATO außer dem Marketing für die eigene Industrie nur der Festigung der Position des russischen Präsidenten dient, so paradox es noch klingt.
Ähnlich stärkt Trumps Einreiseverbot nicht etwa die Demokratie und hilft gegen Terror, sondern stärkt die Führung der Terrorgruppen, die genau das prophezeiten, schafft damit eine fortgesetzt unsichere Weltlage, die es den Populisten leichter macht mit der Angst zu spielen. Dieser tödliche Kreislauf, der mit Aufrufen zum Krieg bis zur völligen Vernichtung geführt werden sollen, ist in Europa lang bekannt und sein Ende war fürchterlich, Deutschland kann ein Lied davon singen im Chor mit Hiroshima und Nagasaki vielleicht.
Darum wird jeder mit Vernunft nun dringend auf Deeskalation setzen, was dem großen Kind Trump, der sich weiter ungezogen benimmt, viel Spielraum gibt und mancher fragt sich schon, was wohl sein Sudetenland noch wird und warum Europa es nicht geschafft hat, seine imperial weltweit starke Position noch bis weit nach dem letzten Weltkrieg konstruktiv zu nutzen, um zu gestalten.
Für die Zukunft und den Umbruch stellt sich die Frage, wer ihn führt und wie wir handlungsfähig und attraktiv zugleich bleiben. Dies bedeutet kurzfristig eine massive Erhöhung der Ausgaben für Rüstung, statt weiterer Schuldentilgung, um die Position der europäischen Mitte zu stärken. Langfristig muss es um eine Schlüsselposition nach Osten gehen, die den Beitritt Russlands als Partner zur EU klärt und möglicherweise ein neues Verteidigungsbündnis etabliert, je nachdem, wie lange Trump in den USA erfolgreich sein kann.
Um die Stabilität zu gewährleisten, zeigt die EU mit ihrer von Wahlen unabhängigen Kommission vielleicht ein Musterbeispiel künftiger indirekter Demokratie, die Ausreißer wie einen Trump am sichersten verhindert. Fraglich ist, wie und wo sich die Mitte etabliert und wie sie sich mit den Eliten vernetzt, um Kontinuität zu gewährleisten. Es geht dabei auch um die typisch bürgerlichen Ideale, deren Untergang Thomas Mann schon so wortreich wie ironisch in den Buddenbrooks beklagte und in deren Kreisen, ein Typ wie Trump nur Nase rümpfend belächelt würde, egal was er bewirkt oder nicht.
Google und Apple sind ein Teil der Basis dieser neuen Eliten, sie haben Milliarden im steuerfreien Raum derzeit deponiert - sie nach Europa zu locken, wäre für alle Seiten lohnend, was nach den Wahlen im September, wenn auch der vorher gewählte französische Präsident inthronisiert wurde, verhandelt wird. Besser wäre es die Unsicherheit nun zu nutzen, die in den USA herrscht und mit einer starken Kommission ökonomisch zuverlässig durchzuregieren, egal was die Bürger zufällig mal wählen, wenn sie wie die französischen Linken etwa und die britischen Torries dafür stimmten diesmal nicht von der Mitte und der Mehrheit mit Geld gewählt zu werden, braucht es für dauerhaften Erfolg mehr Kontinuität als einen wahlweisen Wechsel.
Die Kommission in der Hand einer führenden deutschen Politikerin mit einem starken Franzosen an ihrer Seite, wäre nun wichtiger als ein geduldeter Luxemburger, um Kontinuität zu gewährleisten. Dann könnte sich die CDU hier neu aufstellen unter von der Leyen oder der Ministerpräsidentin des Saarlandes und es würde dem Risikofaktor Populismus kein Raum gelassen - was vielleicht weniger demokratisch auf den ersten Blick wirkte aber Europa und seinen Bewohnern besser täte, als die Trump-Kur den USA wohl tun wird. Wo die Entscheidungen stärker von einer übernationalen Kommission getroffen würden, die Europa als dann quasi Nation regierte, griffen die lächerlichen Forderungen der Populisten nicht mehr und ihre Bedeutung würde verloren gehen, weil sie nichts bewirkten, die Stimmen völlig verschwendet wären.
Es braucht eine Bewegung, die Europa stark macht und neu öffnet, um Russland als Partner ins Boot zu holen, dahingestellt, ob Merkel dies als oberste EU Beamtin könnte, doch wäre sie als solche keine Gegnerin mehr, sondern ein Vollzugsorgan und ein überflüssiger Kampf endete. Wer die auch bürgerlichen Stimmen, die Angst vor Veränderung haben, nur überhört im Land, macht Populisten unnötig stark. So die wichtigen Entscheidungen in Europa getroffen werden, hat sich manches Geschrei erledigt - Verantwortung wird delegiert und die zuständigen werden eingesetzt und nicht gewählt, um die Mehrheit der bürgerlichen Mitte gegen alle Radikalen dauerhaft zu gewährleisten.
Demokratie ist nur so gut, wie sie praktisch funktioniert - im Zeitalter des Internet, braucht es neue Wege, um die von den ganz großen Mehrheit gewünschte Stabilität auf Basis der Menschenrechte zu garantieren. Vielleicht kann langfristige bessere Bildung wieder mehr Partizipation auf allen Ebenen gestatten, auch wenn sich der teils sehr unterschiedliche Umgang mit der Meinungsmaschine Internet normalisiert hat und nicht mehr zwischen Neuland und Heiligenanbetung schwankt. Mit Putin im Osten und Trump im Westen, Erdogan und Assad im Süden als Nachbarn braucht es einen neuen vernünftigen Aufbruch Europas, der stabiler ist als kurzfristige Volksmeinungen manchmal zu schnell bewegter Massen.
Trauen wir den europäischen rechtsstaatlichen Institutionen, trauen wir unseren Beamten und Richtern, die regelkonform arbeiten. sich kontrollieren und lassen wir das Element der stärkeren Partizipation solange ruhen, bis wieder Frieden herrscht und eine vernünftige Ordnung geschaffen wurde, in der gebildete und gut ausgebildete Menschen natürlich mitentscheiden sollen. Es gibt, gerade wichtigeres zu tun, als Wahlkämpfe und große Versprechen zum Stimmungsumschwung.
Spannend dazu, wie sich in Frankreich das früher bürgerliche und das sozialistische Lager selbst für die Mehrheit vermutlich so unmöglich machen, dass der Kandidat der Mitte es noch leichter haben wird. Auch so kann Politik gestalten, um radikale Umbrüche zu vermeiden und zu gestalten. Eine beamtische europäische Regierung hätte es da noch leichter bei der Gestaltung und die nationalen Regierungswechsel wären ohne große Auswirkung künftig für den Kurs des Kontinents, den so eine große Koalition quasi allein regierte.
Nicht basisdemokratisch, aber so werden auch erfolgreiche Unternehmen nicht geführt, da nicht jede Entscheidung der Führung gleich populär sein wird. Eine leichte Stärkung des EP und eine eher beratende Funktion des Ministerrates machte viele Diskussionen überflüssig und hier könnte Merkel die Netzwerkerin und Organisatorin noch einmal für fünf oder besser sieben Jahre ihre Größe zeigen und Europa beamtisch alternativlos stabilisieren, statt hier mit Populisten zu diskutieren, die bedeutungslos würden.
Es steht ein neues Zeitalter an - wir wissen noch nicht, was es alles bringt und wie es für die Menschen wird - entscheidend wird sein, wo Stabilität und Zuverlässigkeit regieren und wie wir die sichersten Bündnisse flexibel und dauerhaft aufbauen. Die Demokratie muss im Zeitalter des Internet neu verortet werden, um die für Stabilität nötige Sicherheit zu bieten. Auch da ist Europa eine große Chance für uns. Wer die Mitte stabil halten will, darf auch die Ränder nicht vergessen und die Kunst wird es sein Kontinuität und Dauer unabhängig von Wahlen zu garantieren, wofür hier die EU stehen könnte, die zur gemeinsamen Währung nun die gemeinsame Sozialpolitik braucht, damit die Menschen endlich auch die breite längst Wohltätigkeit Europas spüren, da die Kommission als unabhängige Institution nicht mehr mit den nationalen Regierungen konkurrieren müsste.
So wären Frieden und Sicherheit in Europa und mit Russland dabei bis weit nach Asien hinein zuverlässig garantiert. Es wäre zunächst etwas postdemokratisch in Teilen, um den reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Ob Großbritannien dann neuer Bundesstaat der USA wird oder sich spaltet, ist relativ egal, dann bleibt England eben Brückenkopf mit Steuervorteilen, der von Europa umrahmt würde. Was zählt, ist Sicherheit kontinuierlich zu gewährleisten unter dem hohen rechtsstaatlichen Standards in Europa. Alles andere ergäbe sich langfristig.
Wenn einzelne, wie es ein Hitler tat, der demokratisch gewählt wurde, mit furchtbaren Folgen, die Demokratie durch Populismus gefährden können, was in Krisenzeiten immer mal passieren kann, braucht es eine Sicherheit für Kontinuität in Europa, für die eine solche Kommission stünde, denn nicht immer werden Abstimmungen das beste Mittel sein das auf viel Unbildung und Angst basierende postdemokratische Zeitalter zu beenden - da ist der Rechtsstaat zuverlässiger, der sich selbst kontrolliert.
jens tuengerthal 31.1.2017
Montag, 30. Januar 2017
EroStory 006
Museumslust
Habe riesige Lust ins Museum zu gehen, dachte ich schon beim Aufwachen. Sollte ich nun schauen, wo welche Ausstellung lief und wusste doch, es war eigentlich völlig egal wohin, solange ich an irgendwelchen Objekten vorbei flanieren und die Menschen dort beobachten konnte.
Museen sind eigentlich die erotischsten Orte der Welt. Zum Glück weiß es noch kaum einer und wir Wissenden, werden uns hüten, es weiterzuerzählen, sollen sie doch alle denken, wir gingen nur zum Bilder oder Sachen anschauen dort hin, dann bleiben wir Liebhaber mehr unter uns mit unserer geheimen Lust. Es ist dabei fast egal, was sie ausstellen, und wenig Bezug zum Thema Erotik schadet nicht, im Gegenteil.
Die Spannung zwischen Betrachter und Objekt, verrückt unseren Blickwinkel ein wenig und wir beobachten sogleich auch andere als seien sie zufällig anwesende Kunstobjekte der aktuellen Ausstellung. Nichts ist für den Flaneur schöner, als ungestört zu beobachten, weil wir zur Anschauung ja genau ins Museum gehen und so findet dieser dort seine sinnliche Bestimmung.
Berlin hat schon allein auf der Museumsinsel eine herrliche Pracht an Sammlungen - nehmen wir noch das Kulturforum, die Neue Nationalgalerie, die romantischen Stüler Bauten in Charlottenburg und den Hamburger Bahnhof dazu, ist die Jahreskarte der hiesigen Staatlichen Museen für den Flaneur der Eintritt ins Paradies.
Manche Museen eignen sich noch mehr als andere diese Anschauungslust zu befriedigen. Die Alte Nationalgalerie scheint es von den Objekten her, mit ihren Monets, Renoirs und Cezannes, den Liebermann Schätzen und vielem mehr - doch ist das Bode Museum mit seinen verwinkelten Räumen und Galerien, noch paradiesiescher, für den, der seine Lust nicht nur aus der Ansicht heraus befriedigen kann.
Das Neue Museum bot auch viele Räume und im ägyptischen Bereich immer eine spannungsgeladene Erotik, dort ließ sich natürlich gut küssen, versteckt hinter hier und dort stehenden Steinungetümen - darum für Dates, hervorragend sicher geeignet, aber darum ging es mir ja heute nicht. Ich hatte einfach Lust auf Museum, wollte meine alten Freunde dort besuchen, womit ich mehr die je Kunstwerke meine als deren wechselnde Wärter, ein wenig flanieren und mich daran freuen, nichts sonst.
Neues Museum war ich auch lange nicht oder doch lieber die Alte Nationalgalerie, ich schwankte ein wenig und da absichtslos nur als Betrachter kommend, kam es auf die Verstecke im Bode diesmal nicht an, auch das Café mit Blick über die Spree, so verlockend es von außen schien, blieb dem Flaneur fremder als die kleinen Ecken in der Buchhandlung unter der Alten Nationalgalerie, die auch den hervorragenden Tee hatten.
Hatte ich genug vom einen Haus, lag das andere daneben und ich musste nicht erst wieder die Insel umrunden - die Entscheidung war also gefallen. Radelte den Berg hinunter am Hackeschen Markt vorbei zur Museumsinsel und als ich dort von hinten kommend ankam, fiel die Entscheidung aus dem Bauch, es zog mich zu den Impressionisten, in den Traum voller Licht.
Dachte an Schadows, Ruhendes Mädchen, wie sie so in Marmor geschlagen, wie hingegosssen am Wendepunkt lag und das stete Bedürfnis über ihre kühlen androgynen Formen zu streicheln, was den Kitzel unberührt, an ihr vorbeizugehen, noch deutlich erhöhte. Während dieser kalte, weiße Stein durch die aus ihm geschlagene Form ganz heiße Gefühle weckte, wie Rodin es uns auch bei verschiedenen Figuren so meisterhaft vorführte, beginnt in mir der Kampf zwischen der Sehnsucht dies Werk zu berühren und der Lust des nur Beobachters. Der Flaneur bleibt meist allein, um es zu sein. Was war ich wirklich und was wollte ich am Ende bleiben?
Sah sie sofort, als ich den großen Raum mit den Impressionisten betrat. Sie trug Rock und Stiefel zu Bluse und kurzem Tweed Blazer - sehr geschmackvoll und perfekt abgestimmt in den Farben zu ihren braunen, langen Haaren, die sie vermutlich Brünett nennen würde, aber auf diese Feinheiten kam es mir jetzt nicht an. Eine ausnehmend schöne Frau, wie sie dort zwischen der Figur von Rodin und den Bildern von Monet stand, lief mir schon fast das Herz über und allein dieser Anblick, hätte jeden Weg gelohnt.
Sie verweilte lange vor jedem Bild, betrachtete sie ganz genau - Kunsthistorikerin vermutlich, dachte ich - aber keine Studentin mehr, ging eher auf die vierzig zu, das Alter in dem Frauen erst wirklich schön werden und die Eierschalen des mädchenhaften Glanzes durch gereifte Schönheit ersetzt werden, du merkst, was du hast und was bleibt. Auch wenn keine Dame älter als 30 je wurde, was nun natürlich für den Gentleman eine gefährliche Fallgrube darstellt, bekenne ich mich dazu besonders die jenseits der 40 zu lieben, die wissen, was sie wollen und genießen können.
Sie gehörte dazu, passte in mein Beuteschema, auch wenn ich ja eigentlich nur lustvoll flanieren und beobachten wollte und so blieb ich vor der Rodin-Figur stehen, an der vorbei ich sie ganz genau beobachten konnte, ohne gleich aufzufallen. Freute mich an ihren weichen, schönen Bewegungen, die sehr rund wirkten, im Sinne von harmonisch, was sie tat, war abgerundet, dachte ich. Sie war nicht dick, kein Gedanke, nur auch nicht verhungert, schon weiblich, so genau richtig einfach, dachte ich und groß dabei, sie stünde fast auf Augenhöhe.
Als sie ihr für mich langes braunes Haar nahm und sich beim Betrachten der Bilder, ohne den Blick von diesen abzuwenden, einen hoch angesetzten französischen Zopf blind flocht, zerfloss ich schon fast vor hingebungsvoller Verehrung zu dieser vermutlich Traumfrau mit den edlen Reiterstiefeln, die ein wenig aussah wie die zehn Jahre ältere Schwester von Prinzessin Kate Windsor, der bezaubernden jungen Gattin von Prinz William.
Hach, was hatte ich für ein Glück, dachte ich, kaum im ersten Raum, darf ich eine solche schöne und stilvolle Dame beobachten, nirgendwo schwerhörige Schwäbinnen im Trainingsanzug, die ihren Audioguide so laut gestellt haben, dass sie noch das Bodemuseum an der Inselspitze mit beschallen könnten, keine Schulklasse sondern nur einige wenige Besucher, die beschäftigt schienen und gerade wir zwei allein in diesem riesigen Raum - vermutete ich mal, aber sicher war ich nicht, wollte jetzt aber auch nicht hektisch den Kopf nach hinten drehen. Es schien mir ein so glücklicher Zufall und ich genoss, was ich wähnte, ohne wissen zu wollen. Sie traf meinen Geschmack so sehr, dass ich nur noch überlegte wo und wie ich sie ansprechen sollte, denn ob stand eigentlich nicht mehr zur Diskussion.
War ich ganz ehrlich zu mir, dachte ich eigentlich, die ist es einfach, die will ich und sonst keine. Es war zu perfekt, dieser englisch angehauchte Stil, nun noch mit geflochtenem Zopf, kaum geschminkt, natürlich schön und vor Bildern flanierend, fehlte nur noch, dass sie auch Tee trank und wir später zusammen in dem winzigen Café unter dem Museum zwischen den Bücherstapeln zusammen einen Tee in einer Nische tränken - warme Schauer erhoffter Vorfreude durchliefen mich, während ich eher nur noch sie beobachtete, als noch dem Rodin vor mir die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.
Das war unvorsichtig, geradezu leichtsinnig war ich dabei mich in diese Frau zu vergucken und vergaß die Kunst wie die Pflicht des Flaneurs immer nur nebenbei zu beobachten, um nicht zu belästigen. Beobachter sind wir Flaneure in der Welt der Museen auch, darum beschenken sie uns so reich mit ihrer Lust. Wer beobachten will, darf nicht auffallen, sich nicht in den Vordergrund spielen, nicht in die Geschichte eingreifen.
Prompt drehte sie sich, feinfühlig wie solche Frauen nunmal sind, was wäre sie auch für ein Idealbild von Frau, wenn sie meine Blicke nicht spürte, denke ich noch, als wir uns beide anschauen. Erwischt fühlte ich mich und seltsam, schien sie das gleiche zu denken, auch wenn sie doch nichts tat, als sich diese Monets anschauen. Mist, dachte ich, war unaufmerksam, hätte sie lieber in dem kleinen Nebenraum angesprochen, wäre irgendwie geheimnisvoller gewesen.
Wir schauten uns beide einige Momente zu lang an, als wären wir Kunst hier und nun ging es darum, wer als erstes seine Fassung wiederfand und die Führung übernahm - soweit funktionierte mein Verstand noch, nur ob er noch etwa vernünftiges hervorbringen würde, schien mehr als fraglich.
“Kennen wir uns?”, fragte sie nicht unfreundlich aber doch ein wenig erstaunt und kam mir damit zuvor.
“Ja, äh, also nein, glaube ich, also zumindest bis jetzt…”, stotterte ich etwas verwirrt los, kein eleganter Einstieg, aber gerade noch die Kurve gekriegt.
“Wunderbare Kunst hier, so viel Wärme im Januar”
“War auch ganz vertieft in diese außergewöhnliche Schönheit”, versuchte ich zum Kompliment anzusetzen.
“Ja, der Rodin ist stark, so viel Ausdruck, unglaublich.”
“Der auch, ja …”, strahlte ich sie an und war gespannt, ob sie reagieren würde.
“Bin das erste mal hier und völlig beeindruckt. Wohne noch nicht so lange in Berlin”, lenkte sie höflich ab, doch ihr Lächeln zeigte, sie hatte mich gehört.
“Es ist eines der schönsten Museen - aber die Nachbarn sind auch großartig, bin gerne und regelmäßig hier.”
“Dann kann ich bestimmt noch was lernen …”, ließ sie ihren Satz offen enden - wir waren die Anrede noch umgangen - schätzte uns etwa ein Alter, vielleicht war sie auch etwas älter, bei Frauen war das ja manchmal schwer einzuschätzen.
“Lerne auch bei jedem Blick auf die Bilder, auch wenn sie schon wie alte Freunde sind und ich sie immer wieder besuche.”
“Ob wir wohl, so ein wenig …”, sie schaute fragend und ich wusste, was sie meinte, ohne dass sie den Satz vollenden musste.
“Wir können gerne ein wenig zusammen flanieren - was könnte schöner sein als in so schöner Begleitung, Kunst anzusehen - aber ich weiß nicht viel darüber”, brachte ich ihren Satz zuende und verneigte mich vor ihr lieber tiefstapelnd, bevor ich mich vor einer Kunsthistorikerin blamierte.
“Das wäre ja schön, ach, ich auch nicht, schaue nur mit Lust und Liebe auf die Bilder.”
“Na dann”, vollendete ich die Verbeugung und deutete einen Handkuss auf die mir formvollendet gereichte Hand an und reichte ihr meinen Arm, den sie tatsächlich annahm.
“Darf ich mich vorstellen”, begann ich und nannte meinen Vornamen, um die Klippe, die wir schon die ganze Zeit mehr oder weniger elegant umschifften, hinter uns zu lassen.
Fühlte mich gerade wie der glücklichste Mann der Welt - war im Museum, nur zum flanieren, ohne jede Absicht, begegnete der älteren Schwester von Prinzessin Kate in weniger verhungert, hatte diesen Traum am Arm und fand den Tag einfach perfekt.
“Welches ist deine liebstes Bild hier?”
“Weiß ich gar nicht, sie sind so verschieden und doch jedes für sich so unglaublich schön, wäre die Frau an meinem Arm nicht noch schöner, fiele die Wahl wohl schwer”, wich ich erstmal elegant aus.
“Ok, danke, und von denen an der Wand?. ließ sie nicht locker.
“Die Monets, sind wundervoll in ihrer Zartheit, aber der Renoir, wie er ihr Feuer gibt oder der Sisley dort, ich könnte es wirklich nicht einfach so sagen - habe keinen Liebling, die Liebermänner nebenan”, und ich wies mit dem freien Arm in die Richtung des Raumes, in dem die deutschen Impressionisten hingen, “wie ich überhaupt die deutschen Impressionisten auch sehr mag”.
“Dann lass uns gleich mal dahin gehen…”, sprang sie auf die Anregung sofort an.
“In Ruhe, wir haben ja Zeit, würde die Runde von der anderen Seite machen - erst die Romantiker und das Biedermaier und als Krönung auf dieser Etage dann Liebermann - was meinst du?
“Lasse mich gerne führen …”, lachte sie und schmiegte sich ein wenig an meinen Arm - sie mochte Nähe und Berührungen, wie ich - das passte gut.
In Ruhe schauten wir uns noch die französischen Expressionisten an, bogen dann ab und machten die Runde, entlang der kitschig romantischen Bilder, bis an der Spitze Schadows Ruhendes Mädchen auftauchte und ich spürte ihr Entzücken - auch diese Leidenschaft teilten wir also.
“Jedesmal, wenn ich an dieser wunderbaren Plastik vorbeigehe, muss ich mich mühsam beherrschen, sie nicht zu streicheln.”
“Ja! Genau das dachte ich auch gerade.”
“Auch wenn es nur glatter Marmor wäre und keine warme weiche Haut”, setzte ich an und streichelte dabei ein wenig über ihre Hand, die an meinem Arm hing. Wenn ich jetzt noch schreibe, dass wir uns dabei tief in die Augen sahen, wird es einfach zuviel, denke ich noch, aber dummerweise, kümmert sich das Leben nicht immer um solche Fragen von Stil und gutem Geschmack.
Wir küssten uns über der Ruhenden und es war ein Traum. Sie duftete ganz klassisch, Chanel No.5 oder so etwas, vanillig mit einem Hauch Bergamotte, ganz dezent und unaufdringlich. Dachte ich müsste schreien vor Glück und wusste gar nicht, wie ich das verdiente, fragte mich, was wohl als nächstes käme oder ob ich nur träumte.
“Kennst du das kleine Café hier unten?”
“Nein, leider nicht, magst du es mir später zeigen?”, hach, sie konnte es einfach, mit einem Augenaufschlag, schaffte sie es, dass ich mich großartig und wie ein König fühlte - wie gerne wollte ich dieser Frau alles zeigen und alles mit ihr erleben, welch Traum, sinnierte ich und wuchs langsam über mich hinaus. Beim nächsten Kuss bei dem neuen Liebermann mit den Waisenkindern, wagte ich ein wenig über ihre Rundungen zu streicheln, sie ließ es gern geschehen und erwiderte es mit Leidenschaft - käme noch beim Schreiben ins Stottern, wollte ich beschreiben, wie großartig, es sich anfühlte, wie toll ich mich fühlte, wie schön das Leben war.
Klar ich kannte sie noch nicht, wusste nichts über sie - sie sprach zumindest Hochdeutsch, mit leicht nordischem Einschlag, war kunstinteressiert, wusste vermutlich mehr als ich, was keine Kunst war aber konnte bewundern und den anderen, sich großartig fühlen lassen - was mehr konnte ich mir je erträumen, eine Frau, die gern ins Museum geht, sich sehr geschmackvoll kleidet, locker und liebevoll ist, dabei klassisch gebildet und mit perfekten Umgangsformen, wie es mir schien, der immer nur so tat und sich vermutlich häufiger blamierte - fragte mich, was sie wohl machte, wenn sie nicht im Museum war.
“Und was machst du, wenn du nicht gerade deine Freunde im Museum besuchst oder wildfremde Frauen verführst”, lachte sie mich an, als könnte sie meine Gedanken lesen und brachte mich endgültig aus der Fassung.
“Schreiben. Ich schreibe und flaniere durchs Leben. Blogger, Journalist, Autor, naja, wie so viele hier - und du?”
“Ach, ganz langweilig - so ein bisschen Lobbyarbeit für Verbände - muss darum leider häufiger ins Ausland und bin viel unterwegs. Heute Nacht nach China, so Business-Kram halt, keine Kunst leider.”
“Du wärst gern Künstlerin?”
“Wenn ich irgendwas so gut könnte, klar. Lieber was für die Ewigkeit schaffen als so langweilige internationale Verträge aushandeln.”
“Du bist Juristin?”
“Ja, hat sich nichts besseres gefunden und ohne große Begabung, hab ich halt mal Jura studiert”, erzählte sie bescheiden lachend, als wäre es nichts.
“Hab ich auch mal, in Heidelberg damals, naja, lange her.”
“Also auch Jurist?”
“Bloß nicht, ich schreibe nur, zu mehr hat es nie gereicht”, lachte ich sie an.
“Als könnte es je mehr geben, die besten deutschen Dichter…”
“Waren alles Juristen, hab ich mir auch immer im Studium gesagt.”
“Wobei mir ja Goethe näher ist als Kafka”, landete sie den nächsten Volltreffer.
“Noch so eine Übereinstimmung und ich mache dir gleich einen Heiratsantrag du schönste aller Lobbyistinnen. Ich liebe Weimar.”
“Dann sollten wir da mal hinfahren, wenn ich aus China zurück bin - kenne es kaum, nur mal Goethehaus, Kunsthalle und Theater, hatte nur wenig Zeit, war neben einer Konferenz meines Unternehmens.”
“Du arbeitest viel.”
“Leider, als Unternehmerin, nimmt dir keiner was ab und ich frag mich immer wozu, am Ende zählt doch mehr jede Minute, die du genossen hast.”
“Schon wieder ein Volltreffer, genau wie Epikur es lehrte und Lukrez es so schön beschrieb.”
“Genau, das de rerum - kennst du zufällig die Wende, wie die Rennaissance begann?”
“Mein Lieblingsbuch, klar kenne ich das.”
Bevor ich die verehrte Leserin nun weiter mit der Summe unserer Übereinstimmungen langweile, konnte auch nicht glauben, dass es so etwas wirklich gab, träumte wohl eher, halte ich lieber inne und erzähle, wie es mit der großen Leidenschaft zu der perfekten Frau dann weiter ging und endete.
Es stimmte zu viel, passte zu gut, es war einfach zu perfekt romantisch, als dass es wirklich sein könnte - aber vorher tranken wir noch einen Tee und da es voll war im Café, nahm sie einfach auf meinem Schoß Platz und ich streichelte sie ein wenig unauffällig unter ihrem Rock, was sie spürbar sehr genoss. Sie trug wenig und das war sehr feine Seide vermute ich, gesehen hab ich es ja nie. Alles war gut und das Leben schöner, als ich es zu träumen wagte - dann kam ihre Assistentin ins Café, sie stand sofort von meinem Schoss auf, bevor sie uns sehen konnte, verabschiedete sich schnell und sehr höflich, stellte mir die junge Assistentin vor, die nur sagen wollte, dass der Wagen warte - eine flüchtige Umarmung und weg war sie.
Sie hatte mir ihre Karte geben wollen aber in der Aufregung und Hektik, hatten wir das ganz vergessen, die junge Dame war ganz aufgeregt gewesen, sie hatte sie schon überall gesucht und der Flieger ging ja in einer Stunde mit dem Minister. Vielleicht sollte ich sie googlen, dachte ich, der Vorname war nicht alltäglich, das Gesicht auch nicht - aber irgendwie war es jetzt auch gut so, es war zu perfekt, wäre kitschig geworden, wenn es so etwas tatsächlich gibt, dann werden wir uns wiedersehen, dachte ich, trank meinen Tee und freute mich über den Besuch im Museum und meine Freiheit. Habe nichts davon gehört, dass die Maschine abgestürzt wäre, sonst aber auch nichts mehr, manchmal ist das Leben wie ein schneller schöner Besuch im Museum, sonst nichts. Der Flaneur bleibt Beobachter.
jens tuengerthal 30.1.2017
Habe riesige Lust ins Museum zu gehen, dachte ich schon beim Aufwachen. Sollte ich nun schauen, wo welche Ausstellung lief und wusste doch, es war eigentlich völlig egal wohin, solange ich an irgendwelchen Objekten vorbei flanieren und die Menschen dort beobachten konnte.
Museen sind eigentlich die erotischsten Orte der Welt. Zum Glück weiß es noch kaum einer und wir Wissenden, werden uns hüten, es weiterzuerzählen, sollen sie doch alle denken, wir gingen nur zum Bilder oder Sachen anschauen dort hin, dann bleiben wir Liebhaber mehr unter uns mit unserer geheimen Lust. Es ist dabei fast egal, was sie ausstellen, und wenig Bezug zum Thema Erotik schadet nicht, im Gegenteil.
Die Spannung zwischen Betrachter und Objekt, verrückt unseren Blickwinkel ein wenig und wir beobachten sogleich auch andere als seien sie zufällig anwesende Kunstobjekte der aktuellen Ausstellung. Nichts ist für den Flaneur schöner, als ungestört zu beobachten, weil wir zur Anschauung ja genau ins Museum gehen und so findet dieser dort seine sinnliche Bestimmung.
Berlin hat schon allein auf der Museumsinsel eine herrliche Pracht an Sammlungen - nehmen wir noch das Kulturforum, die Neue Nationalgalerie, die romantischen Stüler Bauten in Charlottenburg und den Hamburger Bahnhof dazu, ist die Jahreskarte der hiesigen Staatlichen Museen für den Flaneur der Eintritt ins Paradies.
Manche Museen eignen sich noch mehr als andere diese Anschauungslust zu befriedigen. Die Alte Nationalgalerie scheint es von den Objekten her, mit ihren Monets, Renoirs und Cezannes, den Liebermann Schätzen und vielem mehr - doch ist das Bode Museum mit seinen verwinkelten Räumen und Galerien, noch paradiesiescher, für den, der seine Lust nicht nur aus der Ansicht heraus befriedigen kann.
Das Neue Museum bot auch viele Räume und im ägyptischen Bereich immer eine spannungsgeladene Erotik, dort ließ sich natürlich gut küssen, versteckt hinter hier und dort stehenden Steinungetümen - darum für Dates, hervorragend sicher geeignet, aber darum ging es mir ja heute nicht. Ich hatte einfach Lust auf Museum, wollte meine alten Freunde dort besuchen, womit ich mehr die je Kunstwerke meine als deren wechselnde Wärter, ein wenig flanieren und mich daran freuen, nichts sonst.
Neues Museum war ich auch lange nicht oder doch lieber die Alte Nationalgalerie, ich schwankte ein wenig und da absichtslos nur als Betrachter kommend, kam es auf die Verstecke im Bode diesmal nicht an, auch das Café mit Blick über die Spree, so verlockend es von außen schien, blieb dem Flaneur fremder als die kleinen Ecken in der Buchhandlung unter der Alten Nationalgalerie, die auch den hervorragenden Tee hatten.
Hatte ich genug vom einen Haus, lag das andere daneben und ich musste nicht erst wieder die Insel umrunden - die Entscheidung war also gefallen. Radelte den Berg hinunter am Hackeschen Markt vorbei zur Museumsinsel und als ich dort von hinten kommend ankam, fiel die Entscheidung aus dem Bauch, es zog mich zu den Impressionisten, in den Traum voller Licht.
Dachte an Schadows, Ruhendes Mädchen, wie sie so in Marmor geschlagen, wie hingegosssen am Wendepunkt lag und das stete Bedürfnis über ihre kühlen androgynen Formen zu streicheln, was den Kitzel unberührt, an ihr vorbeizugehen, noch deutlich erhöhte. Während dieser kalte, weiße Stein durch die aus ihm geschlagene Form ganz heiße Gefühle weckte, wie Rodin es uns auch bei verschiedenen Figuren so meisterhaft vorführte, beginnt in mir der Kampf zwischen der Sehnsucht dies Werk zu berühren und der Lust des nur Beobachters. Der Flaneur bleibt meist allein, um es zu sein. Was war ich wirklich und was wollte ich am Ende bleiben?
Sah sie sofort, als ich den großen Raum mit den Impressionisten betrat. Sie trug Rock und Stiefel zu Bluse und kurzem Tweed Blazer - sehr geschmackvoll und perfekt abgestimmt in den Farben zu ihren braunen, langen Haaren, die sie vermutlich Brünett nennen würde, aber auf diese Feinheiten kam es mir jetzt nicht an. Eine ausnehmend schöne Frau, wie sie dort zwischen der Figur von Rodin und den Bildern von Monet stand, lief mir schon fast das Herz über und allein dieser Anblick, hätte jeden Weg gelohnt.
Sie verweilte lange vor jedem Bild, betrachtete sie ganz genau - Kunsthistorikerin vermutlich, dachte ich - aber keine Studentin mehr, ging eher auf die vierzig zu, das Alter in dem Frauen erst wirklich schön werden und die Eierschalen des mädchenhaften Glanzes durch gereifte Schönheit ersetzt werden, du merkst, was du hast und was bleibt. Auch wenn keine Dame älter als 30 je wurde, was nun natürlich für den Gentleman eine gefährliche Fallgrube darstellt, bekenne ich mich dazu besonders die jenseits der 40 zu lieben, die wissen, was sie wollen und genießen können.
Sie gehörte dazu, passte in mein Beuteschema, auch wenn ich ja eigentlich nur lustvoll flanieren und beobachten wollte und so blieb ich vor der Rodin-Figur stehen, an der vorbei ich sie ganz genau beobachten konnte, ohne gleich aufzufallen. Freute mich an ihren weichen, schönen Bewegungen, die sehr rund wirkten, im Sinne von harmonisch, was sie tat, war abgerundet, dachte ich. Sie war nicht dick, kein Gedanke, nur auch nicht verhungert, schon weiblich, so genau richtig einfach, dachte ich und groß dabei, sie stünde fast auf Augenhöhe.
Als sie ihr für mich langes braunes Haar nahm und sich beim Betrachten der Bilder, ohne den Blick von diesen abzuwenden, einen hoch angesetzten französischen Zopf blind flocht, zerfloss ich schon fast vor hingebungsvoller Verehrung zu dieser vermutlich Traumfrau mit den edlen Reiterstiefeln, die ein wenig aussah wie die zehn Jahre ältere Schwester von Prinzessin Kate Windsor, der bezaubernden jungen Gattin von Prinz William.
Hach, was hatte ich für ein Glück, dachte ich, kaum im ersten Raum, darf ich eine solche schöne und stilvolle Dame beobachten, nirgendwo schwerhörige Schwäbinnen im Trainingsanzug, die ihren Audioguide so laut gestellt haben, dass sie noch das Bodemuseum an der Inselspitze mit beschallen könnten, keine Schulklasse sondern nur einige wenige Besucher, die beschäftigt schienen und gerade wir zwei allein in diesem riesigen Raum - vermutete ich mal, aber sicher war ich nicht, wollte jetzt aber auch nicht hektisch den Kopf nach hinten drehen. Es schien mir ein so glücklicher Zufall und ich genoss, was ich wähnte, ohne wissen zu wollen. Sie traf meinen Geschmack so sehr, dass ich nur noch überlegte wo und wie ich sie ansprechen sollte, denn ob stand eigentlich nicht mehr zur Diskussion.
War ich ganz ehrlich zu mir, dachte ich eigentlich, die ist es einfach, die will ich und sonst keine. Es war zu perfekt, dieser englisch angehauchte Stil, nun noch mit geflochtenem Zopf, kaum geschminkt, natürlich schön und vor Bildern flanierend, fehlte nur noch, dass sie auch Tee trank und wir später zusammen in dem winzigen Café unter dem Museum zwischen den Bücherstapeln zusammen einen Tee in einer Nische tränken - warme Schauer erhoffter Vorfreude durchliefen mich, während ich eher nur noch sie beobachtete, als noch dem Rodin vor mir die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.
Das war unvorsichtig, geradezu leichtsinnig war ich dabei mich in diese Frau zu vergucken und vergaß die Kunst wie die Pflicht des Flaneurs immer nur nebenbei zu beobachten, um nicht zu belästigen. Beobachter sind wir Flaneure in der Welt der Museen auch, darum beschenken sie uns so reich mit ihrer Lust. Wer beobachten will, darf nicht auffallen, sich nicht in den Vordergrund spielen, nicht in die Geschichte eingreifen.
Prompt drehte sie sich, feinfühlig wie solche Frauen nunmal sind, was wäre sie auch für ein Idealbild von Frau, wenn sie meine Blicke nicht spürte, denke ich noch, als wir uns beide anschauen. Erwischt fühlte ich mich und seltsam, schien sie das gleiche zu denken, auch wenn sie doch nichts tat, als sich diese Monets anschauen. Mist, dachte ich, war unaufmerksam, hätte sie lieber in dem kleinen Nebenraum angesprochen, wäre irgendwie geheimnisvoller gewesen.
Wir schauten uns beide einige Momente zu lang an, als wären wir Kunst hier und nun ging es darum, wer als erstes seine Fassung wiederfand und die Führung übernahm - soweit funktionierte mein Verstand noch, nur ob er noch etwa vernünftiges hervorbringen würde, schien mehr als fraglich.
“Kennen wir uns?”, fragte sie nicht unfreundlich aber doch ein wenig erstaunt und kam mir damit zuvor.
“Ja, äh, also nein, glaube ich, also zumindest bis jetzt…”, stotterte ich etwas verwirrt los, kein eleganter Einstieg, aber gerade noch die Kurve gekriegt.
“Wunderbare Kunst hier, so viel Wärme im Januar”
“War auch ganz vertieft in diese außergewöhnliche Schönheit”, versuchte ich zum Kompliment anzusetzen.
“Ja, der Rodin ist stark, so viel Ausdruck, unglaublich.”
“Der auch, ja …”, strahlte ich sie an und war gespannt, ob sie reagieren würde.
“Bin das erste mal hier und völlig beeindruckt. Wohne noch nicht so lange in Berlin”, lenkte sie höflich ab, doch ihr Lächeln zeigte, sie hatte mich gehört.
“Es ist eines der schönsten Museen - aber die Nachbarn sind auch großartig, bin gerne und regelmäßig hier.”
“Dann kann ich bestimmt noch was lernen …”, ließ sie ihren Satz offen enden - wir waren die Anrede noch umgangen - schätzte uns etwa ein Alter, vielleicht war sie auch etwas älter, bei Frauen war das ja manchmal schwer einzuschätzen.
“Lerne auch bei jedem Blick auf die Bilder, auch wenn sie schon wie alte Freunde sind und ich sie immer wieder besuche.”
“Ob wir wohl, so ein wenig …”, sie schaute fragend und ich wusste, was sie meinte, ohne dass sie den Satz vollenden musste.
“Wir können gerne ein wenig zusammen flanieren - was könnte schöner sein als in so schöner Begleitung, Kunst anzusehen - aber ich weiß nicht viel darüber”, brachte ich ihren Satz zuende und verneigte mich vor ihr lieber tiefstapelnd, bevor ich mich vor einer Kunsthistorikerin blamierte.
“Das wäre ja schön, ach, ich auch nicht, schaue nur mit Lust und Liebe auf die Bilder.”
“Na dann”, vollendete ich die Verbeugung und deutete einen Handkuss auf die mir formvollendet gereichte Hand an und reichte ihr meinen Arm, den sie tatsächlich annahm.
“Darf ich mich vorstellen”, begann ich und nannte meinen Vornamen, um die Klippe, die wir schon die ganze Zeit mehr oder weniger elegant umschifften, hinter uns zu lassen.
Fühlte mich gerade wie der glücklichste Mann der Welt - war im Museum, nur zum flanieren, ohne jede Absicht, begegnete der älteren Schwester von Prinzessin Kate in weniger verhungert, hatte diesen Traum am Arm und fand den Tag einfach perfekt.
“Welches ist deine liebstes Bild hier?”
“Weiß ich gar nicht, sie sind so verschieden und doch jedes für sich so unglaublich schön, wäre die Frau an meinem Arm nicht noch schöner, fiele die Wahl wohl schwer”, wich ich erstmal elegant aus.
“Ok, danke, und von denen an der Wand?. ließ sie nicht locker.
“Die Monets, sind wundervoll in ihrer Zartheit, aber der Renoir, wie er ihr Feuer gibt oder der Sisley dort, ich könnte es wirklich nicht einfach so sagen - habe keinen Liebling, die Liebermänner nebenan”, und ich wies mit dem freien Arm in die Richtung des Raumes, in dem die deutschen Impressionisten hingen, “wie ich überhaupt die deutschen Impressionisten auch sehr mag”.
“Dann lass uns gleich mal dahin gehen…”, sprang sie auf die Anregung sofort an.
“In Ruhe, wir haben ja Zeit, würde die Runde von der anderen Seite machen - erst die Romantiker und das Biedermaier und als Krönung auf dieser Etage dann Liebermann - was meinst du?
“Lasse mich gerne führen …”, lachte sie und schmiegte sich ein wenig an meinen Arm - sie mochte Nähe und Berührungen, wie ich - das passte gut.
In Ruhe schauten wir uns noch die französischen Expressionisten an, bogen dann ab und machten die Runde, entlang der kitschig romantischen Bilder, bis an der Spitze Schadows Ruhendes Mädchen auftauchte und ich spürte ihr Entzücken - auch diese Leidenschaft teilten wir also.
“Jedesmal, wenn ich an dieser wunderbaren Plastik vorbeigehe, muss ich mich mühsam beherrschen, sie nicht zu streicheln.”
“Ja! Genau das dachte ich auch gerade.”
“Auch wenn es nur glatter Marmor wäre und keine warme weiche Haut”, setzte ich an und streichelte dabei ein wenig über ihre Hand, die an meinem Arm hing. Wenn ich jetzt noch schreibe, dass wir uns dabei tief in die Augen sahen, wird es einfach zuviel, denke ich noch, aber dummerweise, kümmert sich das Leben nicht immer um solche Fragen von Stil und gutem Geschmack.
Wir küssten uns über der Ruhenden und es war ein Traum. Sie duftete ganz klassisch, Chanel No.5 oder so etwas, vanillig mit einem Hauch Bergamotte, ganz dezent und unaufdringlich. Dachte ich müsste schreien vor Glück und wusste gar nicht, wie ich das verdiente, fragte mich, was wohl als nächstes käme oder ob ich nur träumte.
“Kennst du das kleine Café hier unten?”
“Nein, leider nicht, magst du es mir später zeigen?”, hach, sie konnte es einfach, mit einem Augenaufschlag, schaffte sie es, dass ich mich großartig und wie ein König fühlte - wie gerne wollte ich dieser Frau alles zeigen und alles mit ihr erleben, welch Traum, sinnierte ich und wuchs langsam über mich hinaus. Beim nächsten Kuss bei dem neuen Liebermann mit den Waisenkindern, wagte ich ein wenig über ihre Rundungen zu streicheln, sie ließ es gern geschehen und erwiderte es mit Leidenschaft - käme noch beim Schreiben ins Stottern, wollte ich beschreiben, wie großartig, es sich anfühlte, wie toll ich mich fühlte, wie schön das Leben war.
Klar ich kannte sie noch nicht, wusste nichts über sie - sie sprach zumindest Hochdeutsch, mit leicht nordischem Einschlag, war kunstinteressiert, wusste vermutlich mehr als ich, was keine Kunst war aber konnte bewundern und den anderen, sich großartig fühlen lassen - was mehr konnte ich mir je erträumen, eine Frau, die gern ins Museum geht, sich sehr geschmackvoll kleidet, locker und liebevoll ist, dabei klassisch gebildet und mit perfekten Umgangsformen, wie es mir schien, der immer nur so tat und sich vermutlich häufiger blamierte - fragte mich, was sie wohl machte, wenn sie nicht im Museum war.
“Und was machst du, wenn du nicht gerade deine Freunde im Museum besuchst oder wildfremde Frauen verführst”, lachte sie mich an, als könnte sie meine Gedanken lesen und brachte mich endgültig aus der Fassung.
“Schreiben. Ich schreibe und flaniere durchs Leben. Blogger, Journalist, Autor, naja, wie so viele hier - und du?”
“Ach, ganz langweilig - so ein bisschen Lobbyarbeit für Verbände - muss darum leider häufiger ins Ausland und bin viel unterwegs. Heute Nacht nach China, so Business-Kram halt, keine Kunst leider.”
“Du wärst gern Künstlerin?”
“Wenn ich irgendwas so gut könnte, klar. Lieber was für die Ewigkeit schaffen als so langweilige internationale Verträge aushandeln.”
“Du bist Juristin?”
“Ja, hat sich nichts besseres gefunden und ohne große Begabung, hab ich halt mal Jura studiert”, erzählte sie bescheiden lachend, als wäre es nichts.
“Hab ich auch mal, in Heidelberg damals, naja, lange her.”
“Also auch Jurist?”
“Bloß nicht, ich schreibe nur, zu mehr hat es nie gereicht”, lachte ich sie an.
“Als könnte es je mehr geben, die besten deutschen Dichter…”
“Waren alles Juristen, hab ich mir auch immer im Studium gesagt.”
“Wobei mir ja Goethe näher ist als Kafka”, landete sie den nächsten Volltreffer.
“Noch so eine Übereinstimmung und ich mache dir gleich einen Heiratsantrag du schönste aller Lobbyistinnen. Ich liebe Weimar.”
“Dann sollten wir da mal hinfahren, wenn ich aus China zurück bin - kenne es kaum, nur mal Goethehaus, Kunsthalle und Theater, hatte nur wenig Zeit, war neben einer Konferenz meines Unternehmens.”
“Du arbeitest viel.”
“Leider, als Unternehmerin, nimmt dir keiner was ab und ich frag mich immer wozu, am Ende zählt doch mehr jede Minute, die du genossen hast.”
“Schon wieder ein Volltreffer, genau wie Epikur es lehrte und Lukrez es so schön beschrieb.”
“Genau, das de rerum - kennst du zufällig die Wende, wie die Rennaissance begann?”
“Mein Lieblingsbuch, klar kenne ich das.”
Bevor ich die verehrte Leserin nun weiter mit der Summe unserer Übereinstimmungen langweile, konnte auch nicht glauben, dass es so etwas wirklich gab, träumte wohl eher, halte ich lieber inne und erzähle, wie es mit der großen Leidenschaft zu der perfekten Frau dann weiter ging und endete.
Es stimmte zu viel, passte zu gut, es war einfach zu perfekt romantisch, als dass es wirklich sein könnte - aber vorher tranken wir noch einen Tee und da es voll war im Café, nahm sie einfach auf meinem Schoß Platz und ich streichelte sie ein wenig unauffällig unter ihrem Rock, was sie spürbar sehr genoss. Sie trug wenig und das war sehr feine Seide vermute ich, gesehen hab ich es ja nie. Alles war gut und das Leben schöner, als ich es zu träumen wagte - dann kam ihre Assistentin ins Café, sie stand sofort von meinem Schoss auf, bevor sie uns sehen konnte, verabschiedete sich schnell und sehr höflich, stellte mir die junge Assistentin vor, die nur sagen wollte, dass der Wagen warte - eine flüchtige Umarmung und weg war sie.
Sie hatte mir ihre Karte geben wollen aber in der Aufregung und Hektik, hatten wir das ganz vergessen, die junge Dame war ganz aufgeregt gewesen, sie hatte sie schon überall gesucht und der Flieger ging ja in einer Stunde mit dem Minister. Vielleicht sollte ich sie googlen, dachte ich, der Vorname war nicht alltäglich, das Gesicht auch nicht - aber irgendwie war es jetzt auch gut so, es war zu perfekt, wäre kitschig geworden, wenn es so etwas tatsächlich gibt, dann werden wir uns wiedersehen, dachte ich, trank meinen Tee und freute mich über den Besuch im Museum und meine Freiheit. Habe nichts davon gehört, dass die Maschine abgestürzt wäre, sonst aber auch nichts mehr, manchmal ist das Leben wie ein schneller schöner Besuch im Museum, sonst nichts. Der Flaneur bleibt Beobachter.
jens tuengerthal 30.1.2017
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