Sonntag, 29. Januar 2017

Erostory 005

Sontagslust

Es war einer dieser Sonntage aus dem Bilderbuch der Gläubigen - die Sonne schien, kaum einer rührte sich, außer zu früh am Morgen die Kirchenglocken, als die Clubgänger sich gerade hingelegt hatten, sonst war einfach nichts los und alle konnten sich mit sich beschäftigen. Die Gläubigen beteten, Familien gingen spazieren, die Streber lasen und bereiteten die Woche vor, Typen wie ich, die noch müde von der Nacht davor waren, wachten langsam auf und überlegten, ob sie ihre Morgenlatte lieber onanierend würdigen sollten oder es klüger war, die Kräfte zu sparen für wer weiß, was noch kommt.

Aber es war Sonntag, da kam nichts und passierte nichts, die polnischen Arbeiter gähnten sich rauchend im Hof an und die Nachbarin im Ersten schloss mehrmals geräuschvoll ihr Fenster, um sich über den Gestank zu beschweren. Vermutlich hatte sie zu wenig Sex, dachte ich, wollte aber auch nichts daran ändern. Sie war irgendwas zwischen 50 und 80 und gehörte zu denen, die schon mit Mitte vierzig keine Frauen mehr waren, wie die lange verheirateten Männer, die mehr als Träger denn als Hengste noch dienen dürfen. Nun wollte sie wieder zuschlagen, aber ich lächelte ihr zu und winkte mit einem Handkuss zwei Etagen herunter und um die Ecke quasi.

Sie lächelte zurück, winkte und schloss das Fenster ganz leise und ich fragte mich, wie lange das wohl anhalten würde. Irgendwann würde ich mich vermutlich nackt ans Fenster stellen müssen zum winken, damit sie noch eine Woche durchhielt. Ging mich ja nichts an, dachte ich, nervt nur manchmal und wenn sie sich aufregt, stirbt sie schneller und die Wohnung geht vielleicht an hübsche Erasmus-Studentinnen aus irgendwo. Aber so was durfte ja keiner denken und erst recht nicht sagen.

Jetzt war zumindest Ruhe und ich konnte meinen Tee trinken - was, wenn ich das Haus heute einfach nicht verlasse, die Welt draußen alleine Sonntag spielen lasse und hier für mich bleibe, bis eine kommt oder keine, was meist passiert, wenn du nichts dafür tust und ich lese anstatt.

Wollte ich etwas tun und wen wollte ich überhaupt, fragte ich mich beim Blick in den winterblauen Himmel, der durch die ungeputzten Scheiben immer etwas verraucht aussah. Ist eben viel Sand in der Stadt. Märkische Streusandbüchse hieß es mal, früher als es noch einen Kurfürsten gab und die Mark hier und Preußen da war. Heute gibt es nichts mehr davon. Nur noch Fußballvereine, die so heißen und Mark spielt mit Kevin Nintendo, damit sie sich ihre neuen Jeans in der Sandkiste nicht schmutzig machen.

Ging meine Nachbarinnen in Gedanken durch und fragte mich, ob manchmal das Gute wirklich nahe liegt. Ob sie auch noch lagen oder schon lange standen, so wie ich nur in der Mitte. Die im ersten mit den kräftigen Hüften zur blonden Mähne mit genug oben, gefiel mir schon lange - sie war meist allein...

Was für ein Unsinn, dachte ich, als ob meine Nachbarinnen hier nur sitzen und darauf warten, dass ich sie auf meine Morgenlatte rufe. Im Hinterhaus gab es noch die Musikerinnen, Symphoniker oder Philharmonie, wo spielten die noch, fragte ich mich - im Sommer hörte ich sie manchmal über das Fenster zum Hof üben. Dann gab es noch die Pfarrerin, die ganzen Muttis, manche auch süß aber die waren jetzt mit ihren Vatis und den Kindern spazieren, schlechte Zeit irgendwie, Sonntag eben.

Also doch onanieren, dachte ich und überlegte schon, was ich mir dazu ansehen wollte, als es klingelte. Es war dieses kurze Klingeln, nicht so lang von unten, sondern kurz, direkt vor der Tür und ich fragte mich, wer da wohl was wollen könnte. Sprang aus dem Bett und zur Tür, da stand sie, völlig unbekannt, bildschön und lächelte die Tür an.

‘Bestimmt Wachturm und möchte mich bekehren, dachte ich, passt ja zu diesem Sonntag. Nun gut, dann sollte sie ihren Spaß haben, dachte ich und schloss die Tür auf.

“Hallo, ‘tschuldigung, bin neu hier und wollt fragen, ob sie vielleicht…” - kein Wachturm schoss es mir durch den Kopf, der ich mich schon auf eine lustige Diskussion eingestellt hatte, unrasiert, im Schlafanzug mit völlig wilden Haare und wenig an - “...etwas Salz für mich haben.”
“Das Sonntagsei ohne, geht ja  gar nicht”, lachte ich sie an, erfreut über meinen Witz.
“Genau, aber daran hab ich gestern nicht mehr gedacht.”
“Hast du ein Gefäß?”, war eine naheliegende Frage, doch sie schaute mich etwas verwirrt an und stotterte nur “wozu das?”

War die wirklich so schüchtern wie sie hübsch war, fragte ich mich oder warum senkte die immer so verschämt den Blick wie eine Bibelschülerin aus dem ländlichen Georgia. Da sah ich an mir herunter und merkte, warum sie so genau schaute -  der noch eben zur Selbstbefriedigung bereite James hatte sich vorwitzig durch die schnell angezogene Boxer stibitzt und schaute sich die Welt an, besonders die hübsche Nachbarin, war ja auch ein schöner Anblick.
“Ok, verstehe,  ist halt Sonntag…”
“Macht doch nichts, ist doch alles schick so”, sagte sie, als plauderten wir noch über Salzgefäße und nicht meinen vorwitzigen Schwanz, den ich schleunigst wieder verschwinden ließ.

Nein, schüchtern war sie offensichtlich nicht, sondern hatte einen guten Humor schien mir. Überlegte, ob ich noch etwas dazu sagen sollte oder lieber nicht. Es war ein schöner doppelbödiger Anknüpfungspunkt und auch von daher war ich neugierig, wie es nun weiterging.

Bat sie also herein, damit ich ihr das Salz irgendwo reinfüllen konnte, am besten etwas, dass sie bald zurückbringen musste, um ein Wiedersehen angezogen zu schaffen. Da zog sie einen kleinen silbernen Salzstreuer aus der Tasche -  sie hatte wirklich Stil.

“Da rein?”
“Ja,  sorry, ich war eben abgelenkt …”
“Schon ok, freut mich, wenn er so schöne Frauen noch ablenken kann …”

Sie lachte laut und herzlich und ich reichte ihr mein Salz, natürlich das feine aus dem Himalaya - wenn schon denn schon. Die hatte ja auch sichtbar Klasse und Stil.

“Mach mal, denke du hast da mehr Fingerspitzengefühl als ich …”
“Hoffentlich zumindest dabei”, erwiderte sie so schnell, dass ich einen Moment brauchte den doppelten Sinn zu bemerken, der eigentlich sogar dreifach zu hören war, wenn ich wollte.
“Wüsste nicht, wo nicht, wäre aber neugierig zu erfahren, wo überall noch…”
“Im Hier und Jetzt?”, schoss sie lachend zurück - sie war richtig gut, schon damit war der Tag gerettet.
“Da wir noch keine Vergangenheit miteinander haben, kann es ja nur um Gegenwart und Zukunft gehen, vermute ich, aber, was weiß ich schon, was Frauen denken…”
“Temporär denken wir vielleicht weniger und schauen erstmal nur.”
“Und was wäre dann ausgleichende Gerechtigkeit?”
“Schauen wir mal, würde der Bayer wohl sagen”, sagte sie und lachte laut auf.

Sollte ich sie nun packen und in den Arm nehmen und küssen - nachdem sie schon meinen Schwanz genau betrachtet hatte, waren wir ja irgendwie vertraut, fand ich. Andererseits, wenn sie nicht wollte, oder mich zu schnell fand, versaute ich mir unnötig das Klima im Haus, wer weiß, wie oft wir uns künftig begegneten - besser war wohl, ich schwieg dazu. Manchmal reizte nichts die Frauen mehr als langes Schweigen.

“Hat es dir die Worte verschlagen?”, fragte sie sehr charmant und lächelte wieder so, dass ich ihr vermutlich auch verzeihen würde, wenn sie mich einen impotenten Sack genannt hätte und ich schaute sie selig an.
“Was soll ich reden? Eine schöne Frau betrachten, ist manchmal genug Glück  im Leben…”
“Danke für die Blumen und das Salz - bis bald hoffentlich”, läutete sie die Verabschiedung ein.

Wollte sie nun wirklich gehen, ihr Ei essen oder wollte sie noch aufgehalten werden, spielte nur damit, mich zu provozieren, wie Frauen ja immer spielen, wenn sie es nicht gerade mal ernst meinen, aber dann spielen sie auch, damit es keiner merkt oder sie dadurch merken, wie ernst es uns überhaupt ist.  Habe mal versucht diese verschiedenen hypothetischen Gedankenwelten der Frauen, jenes was wäre wenn und ob, graphisch nachzuvollziehen, aber ich habe es aufgegeben, es war am Ende nur noch ein einziges etwas chaotisches Gekrakel verschiedener relevanter Beziehungsgeflechte, die alle irgendwie kreisförmig zusammenhingen. Es überstieg mein bescheiden männlich lineares Denken, was zumindest in Fragen von Lust und Liebe eher linear und zielorientiert ist. Da ran, rein, raus, halten oder weg, könnte ich Mann reduzieren, während für Frau seine Ex und seine Exex und deren Kinder oder der Ex der Ex der mit ihrem Ex wiederum und überhaupt eine wichtige Rolle spielen. Kurz gesagt, ich hatte keine Ahnung, was sie wollte, als sie sich verabschiedete.

Darum und weil es mit meinem schlichten Verstand viel zu lange gedauert hätte, all dies nachzuvollziehen, brachte ich sie zur Tür und hätte sie doch lieber an mich gezogen, um sie erstmal zu küssen und dann auszuziehen, auch mal zu schauen eben. Aber ich war ja ein kultivierter Mann, der nur seiner Nachbarin ein wenig von seinem Himalaya Salz lieh und ich hatte keine Bedürfnisse und sie war ja Nachbarin also ein Wesen ohne Geschlecht, wie jene, die so gern die Fenster knallt zwischen 50 und 80.

An der Tür nahm ich mir dann doch ein Herz und umarmte sie, wenigstens ein Bussi zum Abschied, dachte ich und wir fuhrwerkten etwas impulsiv in entgegen gesetzte Richtung mit unseren Köpfen herum, wer behauptet so etwas geschehe je ohne Absicht, hat, glaub ich, noch nie eine Frau geküsst, um schließlich doch mit den Lippen aufeinander zu landen.

Ein Kuss ist ein Kuss, sonst nichts, heißt noch gar nichts. Wenn der Kuss länger als eine Minute dauert, heißt es schon mehr und wenn Frau meine Hände die auf ihr hin und herwandern, um tiefer zu gelangen, nicht zurückweist, muss das hinterher auch nichts gehießen haben,  ich wollte es ja so. Aber wenn sie im gleichen Moment an dem ich endlich über Umwege ihre Mitte erreiche, auch zugreift mit Entschlossenheit, dann scheint alles ok zu sein und geht seinen Weg, dachte ich immer.

So ist das theoretisch - praktisch kochten ihre Eier noch und als sie meinte, die seien bestimmt längst hart, musste ich lachen und schaute sie dabei an, mit dem prustenden Lachen beider, das zugegeben etwas pubertär war, flog der Moment einer sinnlichen Stimmung wieder davon. Und so ging sie nach ihren Eiern schauen und ich ließ meine baumeln und stieg unter die Dusche, neugierig, ob sie wohl gleich wiederkäme.
jens tuengerthal 29.1.2017

EroStory 004

Dreierchance

Vielleicht sollte ich doch nicht immer so viel Tee trinken, dachte ich, gerade hatte ich begonnen zu schreiben, als es mich schon wieder in die hinteren Räume trieb. War wieder in meiner Lieblingsbar um die Ecke und hatte mit Glück sogar meinen Lieblingsplatz ergattert, der Weg war also nicht weit. Musste nur durch den Vorhang in meinem Rücken und dann gleich die erste links, beruhigte ich mich, um nicht zu genervt über meine Primanerblase zu sein.

War halt so, kannte ich ja schon bald 30 Jahre, seit meinem Unfall, musste ich halt manchmal flitzen, auch so gesehen war der Platz eigentlich ideal, wenn ich ihn auch eher als eine Art tiefer gelegten Hochsitz schätzte, von dem aus ich beobachten konnte, wer dort wie hin ging und auch die entspannten Gesichter auf dem Rückweg anlächeln konnte. Es war ein etwas abgelegener Platz aber irgendwie auch ideal für mich als Flaneur, der am liebsten nur daneben sitzt und beobachtet.

Andere Menschen gingen in eine Bar, um andere kennenzulernen und wenn möglich nicht alleine wieder zu gehen, sondern auch den Rest der Nacht horizontal oder noch irgendwo zappelnd zu teilen. Konnte auch nett sein, bestimmt, aber in Summa war die Zahl der meist belanglosen Gespräche doch so langweilig, dass ich lieber als echter Flaneur nur noch Beobachter blieb und von den üblichen Begattungsriten der Großstädter in der Nacht eher Abstand hielt, um sie zu beobachten und zu beschreiben.

Wer nur beobachtet, macht sich immer verdächtig im Kreis derer, die kennenlernen wollen und dafür den üblichen Austausch von Belanglosigkeiten in Kauf nahmen, weil sie nicht gleich fragen konnten, was sie eigentlich wollten. Franz Hessel beschrieb das in seinem Flaneur in der Großstadt schon treffender, als ich es je könnte, jedenfalls sei er allen Leserinnen zum Nachempfinden des Gefühls des nur Beobachters empfohlen, denn so ging es mir immer wieder, wenn ich den Ort mal wechselte und in dem Café noch nicht so bekannt war, auch wenn ich zugegeben, in den Cafés um meinen Platz nirgendwo mehr völlig unbekannt war.

Hier am etwas Abseits gelegenen Platz vor dem Vorhang, der jenseits des sonstigen Geschehens an der Bar lag, die ich aber im Blick hatte, war ich geradezu ideal aufgehoben. Die meisten kamen irgendwann mal vorbei, um die dort Örtlichkeiten zu konsultieren und so war ich dabei und hielt doch Abstand, konnte die Bar beobachten und sah, was geschah, ohne teilnehmen zu müssen, sondern konnte manchmal sogar horchen, immer jedoch Zuschauer sein, wie sie sich annäherten oder verpassten und dann mehr oder weniger enttäuscht getrennte Wege gingen. Manche packte schon hier solche Leidenschaft, dass sie auch über das Küssen hinaus anfingen, sich zu erfühlen. Dies ging so weit, wie es der Anstand, der in dieser Stadt weite Grenzen hat, noch erlaubte und manchmal auch darüber hinaus, bis sie selbst merkten, es wäre eher Zeit zu gehen.

Kenne dies auch noch aus der Zeit, als ich selbst suchte und nicht nur beobachtete und es fiel nicht immer leicht, das Benehmen eines Gentleman mit der Lust in Einklang zu bringen, doch galt ja noch immer, ein solcher darf alles, solange er es mit Stil und Achtung gegenüber der Dame tut und wenn ich auch nicht dazu neige, mich zu loben, lieber bescheiden bin, gerade was das angeht, kann ich zumindest sagen, mich immer um viel Stil dabei und vor allem die Achtung der Damen, die ich gerade verehrte, bemüht zu haben, mögen diese entscheiden, ob es gelang. Und es konnte so sehr weit gegangen werden, je nach Kleidung der Beteiligten auch relativ unauffällig noch. Der Griff unter den Rock musste nicht jedem auffallen, wenn sich beide innig genug dabei umarmten. Dies konnte wohl auch die eine oder andere am vielleicht unpassenden Ort schon zum höchsten Glück bringen, vermute ich, jedenfalls lächelten manche so selig, als sei dem so und dies war eher kein Ort an dem sich die Konsumenten beglückender Rauschgifte sonst trafen.

Diese Erinnerungen, gingen mir durch den Kopf, der ich gerade an meinem Lieblingsplatz angekommen, mich nun getrieben fühlte, schnell nach nebenan zu verschwinden, um meinen Schwanz über eines der dortigen Becken zu halten. Hatte also, weil ich ja gerade erst kam, noch niemanden kommen sehen, noch keinen Überblick über die Gäste, es war ja auch noch sehr früh, gegen halb zehn, schätzte ich. Jetzt schnell zu verschwinden, war wohl das beste, dann wäre mein Riesling da, wenn ich erleichtert wiederkomme.

Was für eine unsinnig lange Vorrede, dafür, dass ich nur mal pissen gehen wollte, denke ich und erhob mich sofort, ging durch den Vorhang und öffnete die Tür. Dies Klo war eigentlich ein mittelgroßer Raum, der durch eingezogene dünne Wände dreigeteilt worden war. Vorne am Ein- oder Ausgang das Waschbecken, was bei viel Betrieb, manchmal zu kleinen Staus im nur etwa einen Meter breiten ersten Räumchen mit Waschbecken und Spiegel führte, dahinter ein offener Raum, quasi der Durchgang zur Toilettenkabine in dem aber drei Pissoirs hängen, warum er eher der am meisten frequentierte ist und weiter wollte ich, als ich aufstand eigentlich auch nicht gehen. Doch kaum wollte ich mich an das vor der Klotür gelegene durch Duchamps zur Kunst gewordene Ding stellen, um meinem Rinnsal freien Lauf zu lassen, wie es Henry Miller so wunderbar beschreiben konnte, wenn er an den Pariser öffentlichen Orten stand, die den höher gelegenen Nachbarn guten Einblick boten und ihm dafür den Blick in manchmal schöne Augen gab, da spürte ich noch ein anderes Bedürfnis und beschloss, wenn ich schon aufgestanden und hier war, konnte ich genauso auch eins weiter gehen und selbiges gleich miterledigen, um dann in jeder Hinsicht erleichtert, die nächste Geschichte in Ruhe zu schreiben.

Ließ also die Pissoirs ungenutzt dort hängen und öffnete die Tür zur letzten, etwa 1,5m breiten Kabine am Ende, die sichtbar unverschlossen war, was mich erst auf die Idee gebracht hatte, wenn es schon offen und frei ist, womit später nicht unbedingt mehr zu rechnen war, wenn es sich füllte - ach ich eiere hier ewig rum, für eine Sache, die real keine Minute dauerte und tue so als sei ich Proust oder Joyce und dürfte den auf erotisches hoffenden Lesern hier mit Nichtigkeiten die Zeit stehlen, suchte gar die verlorene Zeit. Doch, ganz ehrlich, bin ich davon überzeugt, dass keiner Zeit stehlen kann, wir sie nur gewinnen können, wenn wir sie verschwenden, was ich hiermit tat und auch den verehrten Leserinnen die Chance bot, denn gleich geht es ohne weitere Umwege zur Sache, sozusage ganz ohne Vorspiel, was ja eher nicht mein Fall war.

Die Kabine war offen aber nicht leer, wie ich überrascht feststellte, die eine der sonst Kellnerinnen mit der sehr üppigen Figur, dem wallenden langen schwarzen Haar und der weitflächigen Körperbemalung stand nach vorne gebeugt, die Hände auf dem geschlossenen Klodeckel, streckte sie mir ihr sehr rundes und ziemlich entblößtes wunderschönes Hinterteil entgegen, von dem ich jedoch nur wenig sah, weil hinter ihr ein anderer Landsmann stand, dessen Hose in den Kniekehlen hing und der sie offensichtlich gerade penetrierte, wie es medizinisch korrekt wohl heißt und ich war noch um Korrektheit bemüht, schließlich war ich ja hier der Eindringling.

“Entschuldigt bitte, ich wusste nicht…”, begann ich stotternd und wollte schnell wieder verschwinden, wenn der Anblick auch nicht ohne Reiz war, ihre wirklich großen Brüste, hingen oben aus ihrem verrutschten Ausschnitt und zum ersten mal in all den Jahren, die ich nun hierher kam, konnte ich diesen auch eingepackt schon mehr als prächtigen Busen nun entblößt sehen und er war wunderbar.

Natürlich hing er ein wenig, er war eben echt und Natur, folgte den newtonschen Gesetzen der Schwerkraft, aber tat dies mit so viel junger Kraft und Fülle, dass es jeden Liebhaber weiblicher Schönheit begeistern musste. Mochte sie ja gern und wir begrüßten uns sonst immer mit Küsschen, wie alte Freunde, wenn wir uns sahen - schien mir aber gerade nicht so angebracht, oder sollte ich mich vor ihn zu ihr aufs Klo beugen - absurde Idee, aber ich war eben etwas perplex, nicht, dass ich so etwas noch nicht gesehen oder selbst gemacht hätte, aber doch nicht hier und nicht jetzt, dachte ich.

Als ich gerade die Tür wieder dezent schließen wollte und überlegte, ob ich es wagen könnte, mal den Ort für Damen nebenan zu konsultieren, rief sie mir schon von unten zu, als wäre es das normalste auf der Welt, mit ihrem südlichen Dialekt und der starken Stimme der angehenden Sängerin, “komm rein, mach doch mit…”

Täte ich es, wäre ich nicht mehr Flaneur, kein Beobachter des hiesigen Geschehens sondern Teilnehmer und das wollte ich ja nun eigentlich nicht - andererseits, genügte der Anblick ihres weißen großen, straffen Hintern vollauf, mich jeden anderen Gedanken verwerfen zu lassen und ich zögerte einen Moment, fragte mich, ob es ihm wohl auch recht wäre, doch auch er, wie eben die Menschen aus diesem so gastfreundlichen Land im Süden Europas so sind, lud mich herzlich ein, doch mitzumachen.

Weiß nicht, ob sie alle so gern ihre Freunde zum Sex einladen, wenn sie zufällig vorbeikommen, aber zumindest ist doch aus der Geschichte bekannt, dass dieses Volk schon ein sehr entspanntes Verhältnis zur Sexualität hatte, als in den Urwäldern Germaniens noch nach Kultur gesucht werden musste. Dann meint er es vermutlich so, dachte ich und war drauf und dran, zur Tat zu schreiten, um die wunderbare Gelegenheit zu nutzen, da erwachten wieder die Skrupel und außerdem musste ich ja und was würde das peinlich, wenn mir mitten dabei dann, um es medizinisch wieder mit Abstand zu sagen, die Winde abgingen. Würde also die gute Gelegenheit wohl ungenutzt verstreichen lassen, um nicht in größeren Peinlichkeiten dabei zu landen, dachte ich, etwas bedauernd.

Doch dann schaute sie mich bittend an und ich ahnte, wie eine Absage sie nun enttäuschen würde - also musste ich einen diplomatischen Ausweg finden, der ihr gerecht wurde, die mehr als reizvoll war, wenn auch vielleicht etwas zu sehr und alles etwas viel gerade, aber mir doch zumindest einen Moment des Rückzugs ließe.

“Zu gerne würde ich…” sagte ich, “aber ich muss wirklich ziemlich nötig, gehe kurz nach nebenan und dann, ok?”

Das war für sie ok, die im übrigen nun wieder mit Stöhnen beschäftigt war, weil er seine rhytmischen Stöße fortsetzte, die ich nun nicht weiter betrachten wollte, um zunächst die anderen Bedürfnisse zu erledigen.

Fragte mich nur, ob ich als Mann nun auf den Ort für Damen gehen sollte, sich das für einen Gentleman gehörte oder völlig ausgeschlossen war und wie erkläre ich es einer möglicherweise dort anwesenden Dame, grübelte ich. Nun, am besten würde ich dann wahrheitsgemäß antworten, weil unsere Kabine gerade von einem Herren und einer Dame besetzt waren. Vielleicht hatte ich ja Glück und es passierte nichts und ich hatte zumindest einige Minuten Zeit, darüber nachzudenken, ob ich einen Dreier mit ihr und ihm wollte.

Klar hatte ich Lust und wie ich wollte, aber erinnerte ich mich an das letzte mal mit den drei Frauen und da war ich Mitte zwanzig und ziemlich fit noch, fand ich es eigentlich nur geil aber nicht schön, es fehlte dem Sex dabei alle Zärtlichkeit, es wurde eher sportlich ein Wettberwerb der Befriedigung in dem einer den anderen überbot. Gut, hier war es eine Frau mit zwei Männern, wenn ich dazu kam, aber zärtlich wäre das auch nicht, sondern eine schnelle Nummer auf dem Klo eben. Andererseits, würde ich mit ihr sonst sicherlich eher nie ins Bett gehen, sie war mehr als zwanzig Jahre jünger als ich, nicht wirklich mein Typ und darum schadete es auch nicht. Noch etwas unentschlossen verschwand ich das erste mal in meinem Leben auf der Damentoillette, um dem wirklich dringenden Bedürfnis nachzugeben.

Während ich so dort saß und sinierte, große Erleichterung überall verspürte, hörte ich jemand kommen und fürchtete schlimmstes - gleich würde ich irgendeiner Frau erklären müssen, was ich hier machte und dabei versuchen, möglichst locker und selbstverständlich zu sagen, dass nebenan gerade ein Mann und eine Frau beschäftigt wären und ich also  ausweichen musste. Im Grunde war das ja gerecht, dachte ich einen Moment, wenn eine Frau es bei den Herren treibt, konnte ich es auch bei den Damen tun und dennoch hoffte ich, ungeschoren davon zu kommen.

Doch es ging die vordere Tür und ich fragte mich, ob nun der nächste eingeladen würde. Aber es war der Stimme nach der Barkeeper, der in der mir fremden südlichen Sprache irgendetwas rief,  was ich nicht verstand. Nun, ich war ja hier fertig und konnte wieder weg, die Hände würde ich mir nebenan lieber waschen, nicht unnötig an diesem Ort verweilen, der mich nur zu Ausreden nötigte, die ich nicht mochte.

So kam ich wieder in den Nebenraum, noch nicht entschlossen, was ich nun sagen sollte, wenn sie die Einladung erneuerten, denn abgeneigt war ich ja auch nicht ganz. Da kamen sie mir unerwartet einigermaßen wieder angezogen entgegen. Nun begrüßte sie mich mit den üblichen Bissous auf beide Wangen und flüsterte, ob ich H, den Barkeeper gehört hätte und ich sagte, wahrheitsgemäß ja, aber nicht verstanden natürlich, konnte ihre Sprache ja nicht - der Chef ist gekommen, lachte sie mir ins Ohr, ach darum der schnelle Aufbruch, nun, dann hatten sich ja alle Fragen erledigt, dachte ich, wusch mir die Hände und schrieb darüber, statt es zu erleben, wie es sich für einen Flaneur gehört.
jens tuengerthal 28.1.2017

Samstag, 28. Januar 2017

Erostory 003

Supermarktcrash

Eigentlich gehe ich gern einkaufen, schlendere durch die Regale, stehe in Ruhe an der Kasse an und beobachte die anderen dort, besonders die Frauen vor oder hinter mir. Der Röntgenblick meiner Phantasie zieht sie dort schon mal aus, vermisst sie und überlegt, was sie wohl drunter tragen, wie und wo sie rasiert sind, wenn ich Lebensmittel einkaufe, stelle ich mir gerne auch vor, wie sie schmecken, die Frauen vor mir, nicht die Lebensmittel, die kenne ich ja meist, weil ich eigentlich fast immer das gleiche kaufe. Manchmal frage ich mich, was die Frauen wohl so denken, wenn sie gestresst an der Kasse stehen und wovon sie wohl träumen.

Viele Frauen träumen davon, ihren Märchenprinzen im Supermarkt kennenzulernen, habe ich oft gehört und lange gehofft mal einer dort zu begegnen, die genau das in mir erkennt. Habe viele Frauen getroffen in den letzten Jahren, denen es eigentlich peinlich war, sich in diesem Online-Portal kennengelernt zu haben und die alle davon sprachen, wie schön es wäre, sich einfach im Supermarkt  kennenzulernen und ob wir das nicht lieber sagen wollen.

Im Supermarkt sind sie aber meist hektisch und gestresst, erledigen, was die Superfrau heute alles nebenbei macht und planen schon das Essen mit dem neuen Online-Date in Gedanken, wenn es denn nett wird und sie das erste mal für ihn kochen - aber dann ist es wieder nur so ein veganer Technikfreak, der nie die Augen von seinem Telefon lassen kann und sie kochen wieder nur für sich, obwohl sie ja eigentlich gerne - und ja, da sollte ich einhaken, ich koche auch gerne und gut, bin kein Veganer, will es auch nie werden, weil ich nicht glaube, dass Pflanzen weniger Gefühl als Tiere haben und wir eben immer töten, um zu leben, aber nein, das wird ja schon wieder zu politisch, vergess ich lieber wieder - aber sinnlich zusammen kochen und vielleicht mit den Einkaufswagen zusammenstoßen, denke ich, der selten nur noch einen Wagen nimmt sondern seinen Fahrradkorb am Arm trägt und so viel kaufe ich ja nicht ein, für mich alleine.

Zusammen einkaufen wäre bestimmt auch schön, denke ich. Viele mögen das nicht und haben keine Freude daran, während ich glücklich wäre, solange es noch nicht Alltag wurde und die Erwartungen mir Lesezeit raubten. Naja, ich schränke also schon wieder etwas ein und möchte doch so gern verträumt in die Gesichter der Schönen schauen, die hier im Supermarkt gerade an mir vorbeischieben.

Da fällt mir ein, ich sollte mir doch lieber einen Wagen holen, es macht so gelassen beim Einkaufen und wie soll ich mit einer mit dem Wagen zusammenstoßen, wenn ich keinen habe, sondern nur mit meinem schnell gefüllten Korb durch die Regale eile - nein, die Romantik muss auch eine Chance bekommen, eine echte und nicht nur eine geträumte, denke ich und vielleicht ist ja heute mein Tag.

Gehe zuerst durch die Obst und Gemüse Abteilung, in der die Waren wie auf einem Markt nett angerichtet präsentiert werden, nehme einen Apfel in die Hand und beginne, da es natürlich keine Marktfrauen im Supermarkt gibt, mit ihm zu verhandeln, nicke dem Apfel in meiner Hand freundlich zu. Frage nach, ach wirklich?, und die Kinder oder 1,99,- soso, Danke - gebe vermutlich gerade ein lächerliches Bild ab, denke ich, lege den Apfel lieber wieder zurück ins Regal und schaue mich um welche mich nun zufällig als ihren Märchenprinz entdecken könnte, nachdem wir vor dem Orangenberg zusammenstießen.

Die dort drüben, mit dem geflochtenen Zopf gefällt mir. Edler Öko-Schick, geschmackvoll und vermutlich belesen, denke ich und scanne sie schon mal vor dem inneren Auge, was sie wohl für Wäsche trägt - ist sie eher der Baumwollschlüpfertyp in naturbelassenem Hellbraun oder trägt sie sportliche Strings, weil ihr wichtiger ist, dass es schnell geht und funktioniert, vielleichet am Ende gar Designerwäsche, natürlich vom Öko-Label, weil die erfolgreiche Managerin natürlich ganz bewusst einkauft, träume ich vor mich hin und frage mich, was sie wohl gerade liest und wie so ein verträumter, etwas lebensferner Dichter zu so einer passte.

Auf ihrem schönen Hintern, zeichnete sich keine Unterwäsche ab, was für French Knickers oder String spricht, dachte ich - so wie sie die Haare trug, war die nie und nimmer nackt rasiert, dachte ich erfreut, schaute auf ihre Augenbrauen, die manchmal einen Hinweis auf die Schambehaarung geben, in Farbe oder Buschigkeit, aber auch völlig täuschen können, warum ich wieder davon absah - manchmal liebe ich auch kleine Überraschungen, so lange ich nicht plötzlich mit einer Nacktschnecke im Arm erwache, die mir ihr Arschgeweih entgegenstreckt und von ihrem nächsten Tatoo schwärmt. Bin wohl doch ziemlich langweilig konventionell und beschränkt, dachte ich, bald muss ich schon in der Frauen Union fischen gehen, weil bei den Grünen zu viele Veganer sind, schüttelte es mich und ich grinste zufrieden vor mich hin und wartete, was wohl als nächstes passierte.

Ziemlich zielbewusst ging sie vor, prüfte die Dinge kurz in der Hand, wählte, legte ab und ging weiter - kein hin und her, sie weiß, was sie will und wen, überlege ich und frage mich, wie ich das Gespräch beginne, wenn wir gleich zusammenstoßen würden, was mir unvermeidlich schien, wenn sie zwischen dem Gemüsestand und den Stapeln von Tütensuppen, die vor der ersten Reihe mit Kühlregalen an einem Stand beworben werden, hindurch will, um entweder zur Kasse zu kommen oder im hinteren Bereich, etwa an der Fleischtheke, denke es und schon läuft mir lustvoll das Wasser im Mund zusammen, weitere Einkäufe zu tätigen.

Aber so wie die aussah, kaufte sie bestimmt nur Bio-Fleisch aus regionaler Produktion, war ich mir sicher oder gar eine ethische Veganerin, die mich bekehren wollte, dachte ich mit Grauen und fragte mich, ob die erste Wahl wirklich gut war - überhaupt sollte es nicht alles zufällig geschehen? War so eine inszenierte Carambolage nicht völlig unecht?

Aber wenn sie es war und ich sie nun verpasste, weil ich so lange überlegte, hielt ich mich zur Eile an und drängte zur Entscheidung - sie war es einfach, so elegant und geschmackvoll, ein besonderer Schatz, egal ob Veganerin oder nicht, die wollte ich haben, riet es mir aus der Tiefe meiner Hoden zum zügigen Zugriff, weil aber keiner mich so gut kennt, wie ich, gelang es mir, diesen hormonellen Vorstoß wieder mit ausreichend intellektuellen Zweifeln zum Schweigen zu bringen - stellte mir die ewigen Diskussionen vor, ob die Teewurst sein müsse, warum die Salami so stinke im Kühlschrank und überhaupt  wäre roher Schinken doch total ungesund. Dass sie, so gesund, wie sie war, bestimmt Nichtraucherin war, fand ich ja einerseits gut, wenn es im Bett so gut wurde, wie sie elegant war, wofür natürlich noch nichts sprach als meine Phantasie, könnte ich ja endlich aufhören, andererseits fand ich auch die Vorstellung nervig so eine kerngesunde Hippe an meiner Seite zu haben, die mich bei jeder Zigarette vorwurfsvoll ansah oder erstmal nicht mehr küsste.

Nun gab es genug Hinderungsgründe, die gegen diese offensichtlich kluge und elegante Frau sprachen, war vielleicht eine Nummer zu groß und vor allem, war alles jetzt so gewollt - ich stand zwischen den Tütensuppen und den Energy-Drinks, vor dem ersten Wurstregal, um sie abzupassen, von der ich mir die Rettung des heutigen Tages erhoffte und sie kam nicht.

Dann sah ich die Quelle der Verzögerung - die Schöne war Mutti und schleppte noch drei  Kinder mit durch den Markt -  ok, war gelaufen, die Zweifel hatten gewonnen, ich mag ja Muttis, aber ich mache sie lieber ohne ihre Kinder an, dann gibt es meist noch einen Papi  dazu und so perfekt und geordnet wie die Dame aussah, brauchte ich mir da keine weiteren Hoffnungen mehr machen, gab ich resigniert auf. Na, sei doch froh, munterte ich mich auf, willste noch gleich drei Kinder dazu und eine Alte bei der alles immer picobello sein muss?

Wollte ich nicht, aber die war trotzdem einfach toll, grummelten die frustrierten unteren Regionen noch ein wenig triebhaft - aber, was solls, egal wie toll, was nützt mir eine tolle Schwärmerei aus der offensichtlich nichts werden kann. Fand mich nun damit ab, dass der erste Versuch, der sowieso viel zu gewollt war, also scheiterte noch bevor wir zusammenstoßen konnten und dachte schon, na wenn nicht heute, dann eben ein anderes mal und den ollen Spruch andere Mütter haben auch schöne Töchter, der aber angesichts der sonstigen Auswahl gerade nach hinten losging.

Andererseits war sie auffallend gelassen und ruhig mit den Kindern, ließ sie machen und schaute nur, wo sie blieben - war sie  am Ende antiautoritär, mit so ganz verwöhnten Gören - wäre auch anstrengend, schien aber nicht so, die Kinder hörten erstaunlich gut, sie erhob nicht mal die Stimme und lachte viel mit ihnen - sie war wirklich ziemlich cool für eine dreifache Mutter, denn dass die Geschwister waren, sah ich sofort und ähnlich waren sie ihr auch.

So eine triffst du nur einmal, sie ist ein Unikat, grummelte es in mir, die passt zu dir, verdient viel Geld und du brauchst dir keine Sorgen mehr machen und unterhältst als Dichter und überhaupt ihre vielen Gäste, kümmerst dich nebenbei um die Kinder, schreibst in Ruhe die besten Bücher und lässt es dir endlich gut gehen. Greif zu, schreit es von unten, lass sie nicht entwischen, doch die Vernunft im Bündnis mit der Trägheit war stärker - welcher vernünftige Mann fängt etwas im Supermarkt mit einer gestressten Mutti mit 3 Kindern an, dachte ich, keiner natürlich, darum bleiben sie so lange bei ihren langweiligen Typen und haben so viel Zeit sich zurecht zu machen. Der Einkauf der Öko-Designer-Mode ist  bestimmt auch so eine Ersatzhandlung für fehlenden Sex, ach, soll sie doch machen, geht mich ja nichts an, rief ich mich zur Ordnung und zur Toleranz auf - als ich mir dann aber vorstellte, wie sie nach dem Geigenunterricht der Tochter noch schnell für die Kinder kocht, um dann erst zum Pilates und dann zum Yoga zu gehen, wie die Muttis es hier eben so machen, wollte ich nur noch weglaufen. Nur gestresst wirkte sie eigentlich überhaupt nicht.

Wäre vermutlich auch weggelaufen, hätte ich nicht diesen bescheuerten Wagen - nun war ich eingesperrt und konnte entweder nur rückwärts wieder Richtung Wurstregal abtauchen, was gefährlich schien, da ich dann scharf um die Kurve müsste und Gefahr lief, den Stapel Dosen mit diesem blöden roten Bullen darauf umzuwerfen. Eine Peinlichkeit, die ich mir gern ersparen wollte und so musste ich eben warten, bis die Mutti sich mit ihren drei Bälgern durch die Gemüseabteilung hindurch und an mir vorbei gequält hätte, um ungesehen meinem zurückgezogenen Vorsatz wieder zu entkommen.

Stellte mich darauf ein noch einen Moment zu warten und zählte erst die Dosen auf dem Stapel neben mir, um dann pi mal Daumen zu schätzen, wieviele es wohl waren, las schließlich die Liste der Inhaltsstoffe der neuen Tütensuppe, die mich zu verführen begann. Klang ja wirklich lecker, dachte ich, vielleicht sollte ich mal probieren und alles Bio, war mir zwar egal, konnte aber ja nicht schaden - aß zwar nie Tütensuppe aber mit was sonst sollte ich mich nun beschäftigen, bis die gefährliche Traumfrau endlich vorüberglitt. Die Fachverkäuferin vom Suppenmarketing sah auch ganz nett aus eigentlich, also lieber schnell umdisponieren.

Sie würde gleiten wie eine Elfe dachte ich, elegant wie sie war und geriet schon wieder ins Schwärmen - Elfe mit  Einkaufswagen und drei ganz frei erzogenen Kindern, die selbst entscheiden, ob sie sich nun entschuldigen möchten, schoss es mir durch den Kopf und ich schien wieder von der Vernunft gerettet, denn wenn ich ehrlich war, die Frau wollte ich und wenn ich könnte, wie ich wollte, also unter anderen Umständen und überhaupt - naja, aber ist eben so wie es ist und darum muss jetzt nicht weiter lamentiert werden und gleich war sie ja weg, um ihrem super korrekten Gatten die Designer-Loft-Wohnung schön zu machen.

Da plötzlich passierte es. Hatte mit allem gerechnet, aber damit nun gar nicht. Sie bog mit ihrem mit Obst und Gemüse gesund gefüllten Wagen ab Richtung Wurstregal, dorthin wo erst das Junk-Zeugs kommt - es war eigentlich nur eine Art Abkürzung an der ich da stand, wie ein geheimer Weg für Kenner, abseits der sonstigen Routenführung in diesem Supermarkt.

Und da knallte es auch schon. Sie schaute nach ihren Kindern, die um den Dosenstapel  herumliefen und ich war völlig verwirrt, weil nun alles anders kam, als ich dachte und so hatte ich mir das doch nicht gedacht.

Unsere Wagen, die sich noch im letzten Moment ausweichen wollten, stießen mit großer Wucht zusammen und verhakten sich. Gerade hatte ich sie in Gedanken aufgegeben, da hing ich auch schon an ihr und kam nicht mehr los, dachte ich für Sekundenbruchteile.

Wir sahen uns an und genau das, muss dieser Superknall sein, von dem alle immer träumen, dachte ich und bekam weiche Knie vor Glück, dass noch keinen Grund hatte. Ihr schien es genauso zu gehen - oder war sie mit dem vierten Schwanger überlegte ich - jedenfalls schwankte sie leicht und stütze sich am Wagen ab. Völlig losgelöst, wie Major Tom einst sang, wollte ich ihr zu Hilfe eilen, ließ meinen Wagen, der mit ihrem verkeilt war in dem engen Gang einen Moment los, um sie aufzufangen, falls sie nun fiele.

Dass tat sie tatsächlich, weil ich Idiot den Wagen losgelassen hatte und daraufhin ihrer den meinigen in den Dosenstapel schob, der sofort zusammenbrach und die Blechungeheuer voller Zuckerenergie durch die Reihen rollen ließ. Wollte zu ihr, die mit dem Mund auf den Griff des Wagens geschlagen war, um sie als Ritter aufzufangen, wie es schöner nicht sein könnte und der Blick, den wir uns Sekunden vor unserem Zusammenstoß zuwarfen, gab wohl Grund zu schönsten Hoffnungen.

Leider rollten die Dosen dazwischen, unter meine Füße und während ich gerade als Retter an ihre Seite hechten wollte unter Einsatz meines Lebens, kostete es mich die letzte Standkraft, ich bekam eine Dose unter die Füße, glitt aus, landete mit dem Hintern im Rest vom Dosenstapel und riß vorne den Fertigsuppenstand vor der entstetzt schauenden Verkäuferin um - es gab eben nirgendwo mehr echten Halt im Leben, dachte ich mit einem Anflug von Selbstironie, während sich der nach Bockshornklee stinkende Inhalt des brodelnden Topfes, der vom Stand fiel, über meinen Schoss ergoss.

Nun sah zumindest keiner mehr, wenn ich mir in die Hose machte, dachte ich vor Grauen über diesen Gewürzgestank in meinem Schritt und fragte mich, ob meine Hose dann wohl auf dem Kilometer bis zu mir nach Hause gefrieren würde und ich mit Bio-Curry-Eis bei mir ankäme. Was für eine Katastrophe, ich treffe die Traumfrau, sie fällt im wahsten Sinne des Wortes auf die Fresse und ich zerstöre bei dem Versuch, sie zu retten, den halben Supermarkt. Und das ohne Haftpflicht dachte ich ein wenig schuldbewusst.

In dem Moment, in dem ich gerade über die mögliche Steifigkeit in meiner feuchten Suppenhose sinierte, rollte mir noch der Einkaufswagen mit der Mutti daran über die Finger und quetschte diese so, dass ich aller vermeintlichen Tapferkeit als hier Superheld zum Trotz aufschrie. Zum Glück blutete es auch ordentlich und sah gefährlicher aus, als es sich anfühlte. Sie blieb schließlich im weitgehend verwüsteten Dosenstapel stecken, blutete ein wenig an der Lippe und würde vermutlich einen blauen Fleck am Kinn bekommen, aber das schien sie nicht weiter zu stören.

Voll schlechtem Gewissen kniete sie sich sofort über die Hand - sie sei Ärztin, ob sie mal sehen dürfte, was nötig wäre - bereitwillig reichte ich ihr die Hand, sie begann sie professionell zu untersuchen und ich sagte, mit ein wenig zusammengebissenen Zähnen, sei alles nicht so schlimm. Da zeigte sie mehr Größe als ich erwartet hätte - sie übernahm die volle Verantwortung für den Unfall, rechtfertigte sich nicht, sondern entschuldigte sich, fragte die Verkäuferin, ob sie den Schaden übernehmen solle, sie hätte nicht aufgepasst und fragte dies auch mich.

Eine Frau, die sich für etwas entschuldigte, für das keiner, was konnte, eigentlich, was durch meine träge Blödheit zustande kam, mich nicht dafür anbrüllte oder beleidigt sondern einfach besorgt war - es schien noch Wunder in dieser Welt zu geben, von denen ich bisher nichts geahnt hatte. Was war das Leben schön, auch mit Curry-Hosse nass und blutender Hand, ich konnte noch nicht glauben, dass dies gerade mir passierte, der eher das Gegenteil zur genüge kannte.

Nun war ich in der wunderbaren Position mich nicht verteidigen oder kämpfen zu müssen, sondern konnte ihr ganz großzügig und wie gerne alles vergeben. Meinte, sei ja nicht schlimm, die Hose käme in die Wäsche und dann sei alles gut.  Aber sie ließ nicht locker, sie wollte die Finger ordentlich reinigen und die Wunde verarzten. Ich solle mit zu ihr kommen, mit der Hose könnte ich ja nicht Rad fahren, die würde ja steif frieren.

Bei diesen Worten sahen wir uns an, dachten beide das gleiche, mussten plötzlich furchtbar lachen und ich dachte nur noch, entweder ich renne jetzt ganz schnell hier weg oder ich bin in einem halben Jahr verheiratet. Es war einer dieser Blicke, die du nie  wieder im Leben vergisst, es schien alles klar, sie hatte noch als Ärztin meine Hand genommen und hielt  sie  nun als Frau und eigentlich wollte ich sie küssen, müsste ich nicht so furchtbar lachen.

Bin nicht weggerannt und habe mich nicht geirrt. Sie hat meine Sachen gleich gewaschen und dann konnte ich ja nicht weg. Nun sitze ich hier, schaue aus dem Fenster, gerade ist sie einkaufen, auf dem Rückweg aus der Klinik, sie ist Chefärztin und eine große Nummer in der Forschung und die Kinder waren von ihrer Schwester, sie war irgendwie noch nicht dazu gekommen bisher, Beruf und Forschung hatten immer Vorrang. Männer hatten sie nie interessiert. Bevor es jetzt kitschig wird, hör ich lieber auf und erzähle wie ich mit der stinkenden Hose in Wirklichkeit nach Hause  lief und mir alle Katzen und Hunde meines Kiezes hinterher liefen. Manchmal ist doch schade, denke ich, dass ich nicht an Märchen glaube, hätte doch so gut gepasst. Vielleicht wird ja doch noch mal ein Wunder geschehen.
jens tuengerthal 28.1.2017

EroStory 002

Wäscheglück

Sie trug schöne Wäsche und wie sie diese trug, wollte sie auch, dass es jeder, der sie genauer ansah, wie ich gerade eben, bemerkte, sie legte also Wert auf das unten drunter und es war ihr nicht egal, wie sie wirkte, was an dem Lächeln mit dem sie meinen Blick  erwiderte, sichtbar wurde.

Fragte mich, ob sie wohl auch Strümpfe trug und sah an ihr herunter. Kräftige Schenkel kamen aus dem über ihren breiten Hüften eng anliegenden Rock. Eine Walküre mit ihrer wilden roten Mähne und dem ausdrucksstarken Lachen und der eher betonten als verborgenen Oberweite in der sichtbar schönen Wäsche. Sie hatte viel Leidenschaft und wusste, was sie will, dachte ich und war vorsichtig begeistert. Frauen die auch körperlich mit mir auf Augenhöhe standen, traf ich auch nicht jeden Tag.

Manche Frauen tragen schöne Wäsche, weil sie diese lieben, sich darin schön und reizvoll finden und das eigene Empfinden trägt ja viel mehr zur realen Schönheit bei, als irgendein goldener Schnitt, lieben wir doch die Abweichungen oft mehr als das Ideal. Auch wenn Frauen dazu neigen, sich selbst viel kritischer zu sehen als Männer, wo noch jeder angespeckte Postbeamte, sich beim Blick in den Spiegel wie Adonis fühlt, während Frau  auch noch die kleinste pickelige Abweichung vom erträumten Ideal an sich erkennt und entweder sofort zu beseitigen trachtet oder gekonnt zumindest übermalt, schafft Mann es solches zu ignorieren, bei ihr wie bei sich, was viele Frauen, ahnten sie es, vielleicht wesentlich entspannter und damit schöner machte.

Einige Frauen tragen solche Wäsche auch weniger für sich, denn als Mittel zum Zweck der Verführung, den sie verfolgen oder zumindest ein wenig mit beabsichtigen. Betrachteten wir den Akt der Verführung eher juristisch und mit Abstand, fragte sich mit welchem Vorsatz diese Frauen handeln, die zur Verführung einladen wollen, in dem sie sich so schön geschmückt präsentieren und dabei viel männliche Blicke auf ihre primären Reize locken wollen. Ist es, was der Jurist eine invitatio ad offerendum nennt, eine Einladung zum Angebot, wie die Waren im Supermarkt, bei denen der Kunde sein Angebot abgibt, wenn er die Waren aufs Band legt?

Oder ist es viel verborgener und indirekter, wie noch fast jede Frau mir gegenüber mit voller Überzeugung betonte, lassen wir mal offen, wie überzeugend sie dabei waren, wollen sie nie wirklich was, außer sich schön fühlen und haben vielleicht manchmal nichts dagegen, wenn sich zufällig was daraus ergibt?

Diese Fragen schossen mir durch den Kopf, während ich mich an dem wunderbaren Lächeln der Walküre mir gegenüber erfreute. Sollte ich sie einfach fragen, um den Dialog mit der Unbekannten zu eröffnen, überlegte ich für Sekundenbruchteile, verwarf es aber wieder, denn wäre ein so direkter Angriff eines Gentleman würdig?

Natürlich kann ein Gentleman alles, solange er es mit Würde tut - nie jedoch wird er eine Dame in seiner Gegenwart in eine peinliche Situation bringen oder verunsichern, dachte ich mir und beschloss von der Frage erstmal abzusehen. Interessierte mich diese Dame überhaupt, dahingestellt, ob sie wirklich eine war, so nah kannten wir uns ja noch nicht, war eher die Frage, die mich umtrieb, war ich doch hier, um erotische Geschichten zu schreiben, nicht sie zu erleben, denn sie schien mir einem Kennenlernen nicht abgeneigt zu sein und alles jetzt schon sichtbare, ließ vieles darüber hinaus erträumen.

Ach komm, vergiss die Geschichte, redete ich mir zu, eine echte Frau ist hundertmal schöner als alle nur Literatur und würde ich mich in ihrer Gegenwart noch aufs Schreiben konzentrieren können, fragte ich mich nun ganz ernsthaft und verwarf alle Vorsätze, mich nicht schon wieder vom eigentlichen ablenken zu lassen.

Doch wie, wenn ich nicht nach der Absicht ihrer Wäsche fragen durfte, sollte ich ein Gespräch beginnen - wie immer, mit einem Spruch, der ein Kompliment für sie auch war oder mit einer stummen Verneigung und der Andeutung eines Handkusses, den eine Dame sofort verstünde und entsprechend erwiderte.

Letzteres schien mir am passendsten und schlug gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, dann wüsste ich zumindest, wen ich vor mir hatte und ob weiteres Engagement der Mühe wert wäre. So setzte ich zu einer etwas raumgreifenden aber realtiv formvollendeten Verbeugung grinsend an und griff nach ihrer Hand, die Geste andeutend und nannte meinen Namen.

Sie erwiderte ebenso formvollendet nur mit dem englischen Vornamen und weckte damit meine Neugier noch mehr - ob sie wohl Schauspielerin war oder doch eher von Familie und war, was wir hier spielten für sie eigentlich echt und normal, nur an dem Ort vielleicht etwas ungewöhnlich. Es versprach also irgendwie spannend zu werden dachte ich. Egal ob Schauspielerin oder von Familie, sie hatte Stil und Geschmack, Humor noch dazu, es könnte ein interessanter Abend werden.

Immer noch jagte der Gedanke an ihre Unterwäsche scheinbar durch mein Gedächtnis, denn statt der vorigen Geste und Form entsprechend, begann ich das Gespräch auf ihr lautes Lachen hin nicht, wie ich es doch vorhatte mit einem schönen und neugierigen Kompliment, sondern sagte einfach, was ich doch auf keinen wollte, was ich gerade im Stillen vor mich hindachte.

“Tragen Frauen so etwas immer mit Absicht oder nur um ihrer selbst willen?”

Sie lachte mich weiter an, war aber sichtbar überrascht über die Frage und ich war völlig durcheinander, weil mein Mund zwar redete, was ich gerade dachte, aber doch eigentlich auf keinen Fall wollte und wäre es nicht so angenehm halbdunkel auch an der Bar gewesen, sie hätte wohl gesehen, wie ich errötete.

Sollte ich mich nun entschuldigen, weil ich Dinge sagte, die ich gar nicht sagen wollte, überlegte ich noch, egal wie idiotisch ich damit da stünde, wäre alles besser als eine Dame und das konnte sie dem Anschein nach zumindest sein, öffentlich zu beschämen. Legte mir gerade die Worte zurecht, diesen Ausrutscher als ein Versehen eines von so viel gegenwärtiger Schönheit wohl berauschten Narren zu entschuldigen mit einem augenzwinkernden Lachen - aber sie war schneller als ich.

“Sowohl als auch”, erwiderte sie, “schön, wenn es wirkt, aber natürlich hat eine Dame nie eine Absicht und darf von nichts überrascht werden.”

“Bei den Pfadfindern hieß das AZB, allzeit bereit”, fiel mir zugegeben relativ einfallslos dazu ein.

Die Klippe war umschifft und beide hatten das Gesicht bewahrt. Wie gut, dachte ich und freute mich auf das was nun kommen würde. Hoffentlich verließ mich mein Verstand nicht wieder im entscheidenden Moment und gedachte das Thema ihrer Wäsche nun tunlichst zu vermeiden, wusste ich doch nicht, wen ich da vor mir hatte. Während der großen Festivals kam auch einiges an Hochkarätern in die Stadt, auch wenn mir ihr Gesicht nicht bekannt vorkam bisher.

Während ich noch überlegte, wie ich zwischen höflichem Flirt und netter Plauderei höflich und korrekt lavieren sollte, war sie schon wieder schneller als ich und machte mich wieder sprachlos, als sie fragte, was sich Mann denn dabei denke, wenn er denn sehe.

“Mann dachte genau das, war er gerade unbeabsichtigt zu schnell sagte.”
“Was mir nun nicht verrät, ob Mann darin eine Absicht vermutet.”
“Nichts läge mir ferner, als einer Dame solche Absichten je zu unterstellen …”

Puh, dachte ich, endlich gehorchte der Mund wieder dem Verstand und den Geboten der Höflichkeit mehr als dem zugegeben wohl natürlich geweckten Trieb. Dies war sicheres Terrain dachte ich und freute mich schon auf die nächsten Komplimente, die ich ihr mit erhöhter Anrede machen wollte. Doch wieder, war sie schneller als ich noch denken konnte.

“Dann war die Frage entweder rhetorisch, eine Frechheit oder ein Trick des Unterbewusstseins, was eher dessen Absichten offenbarte …”, griff sie meinen Fehler auf und weidete sich zwinkernd und lachend daran.

Sie war wirklich klug und schnell, freute ich mich lachend über ihr Paroli, mit dem sie mit ihrem Florett mir elegant den Gürtel durchschnitt und schon stand ich fast ohne Hose vor ihr - aber, ich hatte es ja verdient nach meiner Dummheit.

Das Stichwort Unterbewusstsein rettete mich und ich griff es sofort auf.

“Glaube zwar nicht an ein Unterbewusstsein, weil es meinem Begriff von Freiheit widerspricht, aber ich muss zugeben, ich weiß nicht, was mich ritt, in Gegenwart einer Dame ungewollt zu sagen, was ein Gentleman nicht mal denken würde.”
“Zöge er nicht alle Möglichkeiten in Betracht und wäre er nicht für jeden möglichen Wunsch gewappnet, wäre er kein Gentleman”, schlug sich mit einem Augenaufschlag blitzschnell mit einer so geübten Eleganz, dass gegen Familie nur ihr rasend schneller Intellekt sprach, waren doch die wirklich großen Geistern nach jahrelanger Inzucht zu seltenen Ausnahmen geworden.

An ihrem Lächeln sah ich, dass ihr unser kleiner Kampf ebenso viel Freude machte wie mir und noch keineswegs sicher war, wie es ausgehen würde, ob sie mich mit Stil abblitzen ließ, weil ich mich zu blöd anstellte und zu langsam war, zu durchsichtig meine Absichten verfolgte oder wir beide mit unseren Gedanken längst in der Horizontalen waren und jeder nur noch darauf wartete, dass der andere den ersten Schritt dahin täte und ich wusste, wenn wäre das nun meine Aufgabe. Aber noch zögerte ich, wusste nicht, ob ich sie wollte oder lieber nicht, ich mich bei einer Dame von diesem Format nur blamieren konnte, sie mich als unter Niveau nur nett belächelte innerlich.

“Ob ich den hohen Ansprüchen eines Gentleman noch so sehr genügen kann, wie Ihre königliche Hoheit eine Dame sind, weiß ich nicht, zumindest wüsste ich nie einen schöneren Grund dafür, es zu versuchen”, erwiderte ich endlich mit dem gebührenden Stil und lieber drei Nummern größer als nochmal von ihr vorgeführt zu werden.
“Oh, ich bin erkannt, dabei bin ich doch ganz privat hier…”

Schon wieder hatte sie so schnell reagiert, dass ich nicht wusste, ob sie mich nun weiter hoch nahm oder einfach ihrer Natur folgte und ich tatsächlich einer mir noch unbekannten Prinzessin gegenüberstand. Zugegeben, war ich noch nie ein großer Leser der Regenbogenpresse und kenne die gekrönten oder ungekrönten Häupter der großen Familien entweder persönlich oder gar nicht. Wie ich vor einigen Jahren bei einem Fest meiner damaligen Verlobten in Paris mich ewig mit einem Windsor Prinzen unterhielt, ohne es zu merken und erst danach von ihr aufgeklärt wurde, wer da so nett mit mir plauderte. Aber das war vielleicht auch gut so, dachte mir nichts dabei und plauderte gänzlich ungezwungen, wie gerade auch, weil ich tatsächlich keine Ahnung hatte, wen ich da vor mir hatte.

“Ach ich weiß von nichts, täusche nur Ahnung vor”, stapelte ich tief, auch um Zeit zu gewinnen und ging die großen Familien, musste aber zugeben, dass ich keine Ahnung hatte - dass sie so gut deutsch sprach, musste nichts heißen, wie ich wusste. Auf diesem Niveau, wenn sie nicht gescherzt hatten, durchlaufen sie die besten Schulen, sprechen mehrere Sprachen, weil Konversation ihr Geschäft und ihre alte Kunst ist. Die roten Haare ließen Windsor vermuten, aber ich gab es auf, ich hatte keine Ahnung,

Dachte an den Leoparden von Lampedusa, der diese Eleganz und diesen Stil der das Sizilien der Revolutionszeit und der Einigungskriege unter Garibaldi so unnachahmlich schön beschrieb, eben von Innen kommend, mit dem Blick für die Kleinigkeiten, die es dabei ausmachen. So wie es auch seine königliche Hoheit Prinz Asfa Wossen-Asferate in seinem Werk Manieren tat, in dem der äthiopische Prinz, der schon Corpsstudent zu Tübingen war, den Deutschen so schön den eleganten Spiegel vorhielt, 200 Jahre nach dem großen Aufklärer Knigge, dem weithin unterschätzten Freiherrn, der nur an diesem Buch gemessen wurde, dabei wirkte er als Großmeister der Illuminaten so viel weiter für die radikale Aufklärung im Reich und damit gegen die Macht der Kirche.

Hatte mich wohl mal wieder etwas verloren, denn schon wieder erwischte sie mich bei einer Unaufmerksamkeit, brauchte ich zu lange, hatte ihre Erwiderung wohl überhört, denn sie fragte amüsiert, “Und wohin wanderten die Gedanken des Schreiberlings gerade, wenn ich fragen darf?”

Bevor ich mich wieder vergaloppierte oder in eleganten Ausreden verlor, versuchte ich es lieber mit absoluter Aufrichtigkeit, die ich nur mit einem kleinen Kompliment verzierte, als ich sagte, “Dachte an Lampedusa und den Leoparden, seine Beschreibung der alten Eleganz, von dem kam ich auf Wossen-Asferate und war gerade bis zu Knigge und den Illuminaten angekommen …”
“Als ich störte, dass tut mir aber leid, sind ja wichtige Gedanken, schreibt er gerade etwas dazu?”
Sie war umwerfend, schnell, intelligent und stand immer noch lachend mit wogendem Busen vor mir, von dem ich kaum mehr zu träumen wagte, schien mir eine Nummer zu groß, aber nun durfte ich mich nicht wieder in meinen Gedanken verlieren und erwiderte, “Ach, nichts von Bedeutung Hoheit, die Gedanken waren nur durch Ihrer Hoheit Eleganz angeregt…”
“Redeten wir nicht gerade noch von meiner Wäsche? Und nun verlieren wir uns zu Knigge und den italienischen Vettern, dann weiß ich ja nun um ihre Wirkung genug”, schloss sie gespielt schmollend und lachte dabei so sehr, dass ich mir nicht sicher war, wie weit wir spielten oder ob sie sich nur über mich lustig machte.

Was nun, sie machte es wieder zum Thema, es wäre wohl unhöflich, dass völlig zu ignorieren, “Wie an meinem Stottern nur zu deutlich bemerkbar, verfehlt diese ihre Wirkung auf meinen Verstand nicht und ich gebe nur noch dummes Zeug von mir”,  erwiderte ich in jedem Sinne wahrheitsgemäß, was sie mit einem gnädigen Lächeln honorierte.

“Und was fange ich mit einem verwirrten, wenn auch zugegeben angenehm gebildeten Gentleman nun mit meiner schönen Wäsche an?”
“Oh, da fiele mir einiges ein”, ewiderte ich für meinen bisher nur bedingt zurechnungsfähigen Zustand, der immer stärker hormonell gesteuert schien, noch relativ schnell, doch war sie wieder schneller und verdutzte mich mit ihrer blitzschnellen Frage.
“Ja? Was denn?”
Dass lernten auch Prinzessinnen nicht auf der großen Bühne, diese Frau war nicht nur elegant und spielte die große Dame perfekt, sie war auch rasend schnell und wahnsinnig intelligent oder ziemlich frech.
“Wir könnten ja mit Tanzen anfangen, um sie zur Geltung zu bringen”, zog ich mich noch irgendwie aus der Affäre.

Sie nahm die ihr im alten Stil angebotene Hand und ließ sich von mir so zur Tanzfläche führen. Nichts ist leichter, als sich beim Tanzen näher zu kommen, zumindest, wenn einer ein halbwegs begnadeter Tänzer ist. Bin leider weder musikalisch, noch tanze ich gut, warum ich fehlendes Gefühl dafür durch um so stärkere Drehungen meiner Partnerin, die ich noch möglichst leidenschaftlich in meine Arme drehte, zu tarnen versuchte. Doch misslang auch dieser Versuch, sich aus der Affäre zu ziehen mal wieder und sie merkte es.
“Ist ja schön in deinem Arm, aber dafür müssen wir nicht so tun, als ob wir tanzen, oder?”
“War wohl zu schüchtern diesem Wunsch Hoheit gegenüber direkter Ausdruck zu  geben”, spielte ich unser Spiel weiter.
“Vergiss mal die Hoheit, darum bin ich nicht Inkognito hier”, ließ sie wieder alles offen und forderte mich zugleich heraus.
“Na dann”, umarmte ich sie lachend und schon lagen wir uns im leidenschaftlichen Kuss in den Armen, der mich doch überraschte aber mich zumindest auf vertrautes Terrain brachte. Sie drückte ihren schönen vollen Körper an mich und meine Hand rutschte vorsichtig über ihre Rückseite und drückte wohl am richtigen Ort zu, denn mit einem Ruck presste sie ihr Becken gegen meinen Oberschenkel, als wollte sie darauf zum Höhepunkt nun reiten.

Es waren nicht mehr so viele Leute da, wir fielen also auf in unserer Leidenschaft und ich fragte sie, um alle Peinlichkeit zu vermeiden, ob wir nicht zu mir gehen wollten, wäre um die Ecke.
“Au ja”, erwiderte sie mit der Leidenschaft nach der sie schon auf den ersten Blick aussah und ich freute mich auf eine heiße Nacht, als ein Mann in Uniform die Bar betrat und suchend um sich schaute.
“Oh verzeih mir”, schaute sie mich etwas überrascht und enttäuscht an, “da ist mein Fahrer, ich muss wohl …”
Was sollte ich nun tun, fragte ich mich völlig verzweifelt und alles in mir schrie, nein, nicht das jetzt, dachte ich, sie nimmt mich auf den Arm, war mir aber nicht sicher, was ich davon halten sollte. Sie war elegant und geschult genug, dass mir alles möglich schien. Beschloss unser Spiel  fortzusetzen und verneigte mich zum Abschied wie zur Begrüßung, nahm ihre Hand und küsste sie.
“Habe die Ehre königliche Hoheit, auf bald hoffentlich…”
“Ja, auf bald, hoffentlich”, erwiderte sie und nickte dem Fahrer zu, der ihr in den Mantel half und die Tür aufhielt.

Sah sie noch in eine dieser großen englischen Limousinen steigen und so verschwand sie  in der Nacht und ich fragte mich, wen ich da wohl geküsst hatte, musste ich doch mal durch die Regenbogenpresse schauen oder sie vielleicht wiedersehen - ach besser, ich wusste nichts, sonst stellte ich mich nur noch dümmer an.
jens tuengerthal 27.1.2017

Freitag, 27. Januar 2017

EroStory 001

Barlust

Eigentlich wollte ich arbeiten und nur in Ruhe einen Tee dazu trinken in der Bar um die  Ecke. Sie saß angeregt im Gespräch mit einem netten jungen Mann auf dem Sofa nebenan und trug ein schwarzweiß geringeltes kurzes Kleid. Dem Wetter entsprechend dazu eine dicke schwarze Strumpfhose und eine passende dunkle Strickjacke, auf die ihr langes brünettes Haar offen fiel. Über der Strumpfhose trug sie noch dicke wollene Strümpfe, die auf der unteren Hälfte ihrer Oberschenkel endeten und so wie Strümpf, die ich so mag, aussahen.

Sie redeten über alles mögliche, hörte nicht wirklich zu, wollte ja arbeiten und mich nicht ablenken lassen. Schaute nur lächelnd hinüber und überlegte, ob es ein erstes Date war oder eher zwei Kollegen, die zusammen ausgingen. So wie sie sich von ihren Berufen erzählten, sprach mehr für ein erstes Date, andererseits redeten sie beide so gar nicht schüchtern und engagiert zur Sache, dass es kaum noch nach einem Kennenlernen klang. Fand sie hübsch und in ihrem Engagement, wenn sie sprach schon attraktiv, aber was sollte mich ein fremdes Date interessieren, ich wollte ja arbeiten und so schaute ich wieder weg und auf meinen Bildschirm.

Da verschränkte sie die Arme und nickte nur noch zu dem, was er etwas monoton referierte. Lachte in mich hinein und dachte nur, wäre er erfahren, ließ er sie reden, dann blühte sie auf. Gerade machte sie die Schotten dicht hinter ihren verschränkten Armen und ließ sich berieseln, als sich unsere Blicke trafen. Sie blieben einen Moment länger aneinander hängen als der sonst nur flüchtige Blick, wie er in der Bar üblich war, mal schauen aber nicht hinschauen und nicht zu genau, die schummrige Beleuchtung tat das ihre dafür, sehr viel im Halbdunkel verschwinden zu lassen.

Dachte über Lukrez nach und wie er Epikur zitiert, in Teilen abwandelt und weiter dichtet, was den Tod betraf, der ihn nichts anging. War also eigentlich abwesend und in einer anderen geistigen Welt, als unsere Augen länger als geplant ineinander hängenblieben. Kurz bevor er irritiert stockte, wandten wir den Blick wieder voneinander ab und sie warf irgendwas ein. Sie sprachen wieder wie vorher, er schien etwas gemerkt zu haben und ließ sie einen Moment etwas mehr erzählen und sie wurde wieder mit Händen und Armen engagiert, wie sie es vorher schon war, nur strich sie häufiger ihr Haar zurück als zuvor und begann mit der einen Hand ihren Ring zu drehen.

Lange hat er nicht mit dem Zuhören durchgehalten, da referierte er wieder und im Augenwinkel sah ich, dass sie verstohlene kurze Blicke zu mir warf und mit ihren Händen spielte. Kurz nur warf ich ihr einen Blick zu. Da war es wieder. Doch wir waren vorsichtiger, bevor er es merkte, wand ich den Blick wieder ab, sah, wie sie nun noch häufiger die verstohlenen Blicke zu mir warf und ich lächelte vor mich hin und überlegte, wie es wohl weitergehen würde.

Konzentrierte mich wieder auf die philosophisch spannende Frage, warum uns der Tod nichts anging und das Nichts, dass dann ist, nichts ausmacht, weil Nichts eben nichts macht. War es wirklich so einfach, fragte ich mich, war all unsere Betroffenheit angesichts des Todes nur gut dressiert, nicht Teil unserer Natur. Vermissten wir doch die Toten, wenn sie uns nah waren und war das nicht ganz natürlich, überlegte ich und fand doch den Gedanken attraktiver, ihnen die Freiheit des Nichts zu gönnen, sich für sie zu freuen, statt über unser verletztes Ego verlassen worden zu sein, zu jammern. Es passte zu meinem Begriff von Freiheit. Wer liebt will doch gönnen und nicht besitzen und festhalten, zumindest dem Ideal nach, auch wenn ich wusste, dass die Realität uns oft genug das Gegenteil lehrt.

Da stand sie auf - einen Moment überlegte ich, ob sie wohl gehen wollte, aber sie griff nicht nach ihrer Jacke, musste wohl nur und dazu wiederum musste sie direkt an mir vorbei. War gespannt, was nun passierte und sah, wie es in ihrem Kopf rotierte und sie überlegte, was sie nur tun könnte, damit wir uns irgendwie näher kämen. Sie trug relativ flache Stiefel, das weibliche Stolpern würde also kaum passen, dachte ich und täuschte mich. Sie knickte neben mir um und strauchelte.

Ein zarter Hauch von ihrem Duft wehte mich in diesem Moment an und ich reichte ihr die Hand, die sie dankbar annahm, um das Gleichgewicht wiederzufinden. Fast wäre sie auf meinem Schoß gelandet, sie hatte es wirklich gut inszeniert, dachte ich und lächelte innerlich. Allerdings wiederum eine Spur zu auffällig -  auch ihr Begleiter war aufmerksam geworden und wollte ihr zu Hilfe eilen.

Bevor noch passierte, was sie auf keinen Fall wollte, wimmelte sie ihn ab und sagte, es sei  alles in Ordnung, dann bedankte sie sich mit etwas längerem Blick bei mir, der aber wieder bewusst unauffällig war, damit er bloß nichts bemerkte und ich fragte mich, offen für alles, was immer nun geschehen sollte, was sie wohl weiter geplant hätte.

Da kniff sie mich schmerzhaft in die Hand, Mit den Nägeln voller Kraft, in der sich die geballte Lust, die neben dem netten jungen Mann einzuschlafen drohte, zeigte. Zuckte kurz zusammen, schon lag mir das, hej was soll das, auf den Lippen, konnte ich denn ahnen, warum sie nun ihren Retter kniff, als mir eine Eingebung riet, es runter zu schlucken und ihr schweigend zu zu nicken.

Wusste immer noch nicht, was sie wollte. Sie stellte sich wieder,  befühlte kurz ihren Knöchel, kniete sich dazu so neben mich, dass ich mir schon Mühe geben musste, nicht unter ihren Rock zu schauen und, zugegeben, strengte ich mich dabei nicht sehr an. Sah aber im Halbdunkel nichts als das blickdichte Schwarz ihrer Strümpfe, aber die Geste gefiel mir und ließ mich statt über Lukrez und den Tod lieber über die natürliche Lust nachdenken.

Sie verschwand durch den Vorhang hinter meinem Rücken. Kenne die Bar schon lange und ziemlich gut. Auf diesem, meinem Stammplatz saß ich schon sehr oft. Konnte hören, welche Tür sich öffnete, ob es die erste für Herren oder die zweite für Damen war und ohne zu wissen, was nun geschehen sollte, ob sie einfach tun würde, was sie vorhatte, hörte ich, wie sie die Herrentür öffnete - fragte mich, ob sie sich geirrt hatte, was sie aber gleich merken würde, wenn sie  die dort Pissoirs sah, ganz schnell wieder herauskäme.

Sie kam nicht und auch nicht langsam. Ihr netter junger Begleiter war mit seinem Telefon beschäftigt, schien sie nicht zu vermissen. Da kam mir ein Hauch einer Idee, was sie vielleicht wollen könnte und ich machte mich auf den Weg, ihr zu folgen. Versteckte meinen Rechner im Rucksack und ging durch den dichten Vorhang nach nebenan. Sah sie nicht, die Tür zur Kabine der Herrentoilette war geschlossen. Na vielleicht hatte ich mich ja getäuscht dachte ich und stellte mich über das vor der Tür aufgehängte Pissoir, dann musste sie über meinen Schwanz stolpern, wenn sie unerwartet herauskam.

Kaum stand ich so in aller Seligkeit bereit und ließ es fließen, als sich die Tür öffnete und sie tatsächlich erst nach unten und dann in meine Augen sah. Was sie sah hatte sie scheinbar nicht abgeschreckt. Die Situation war nur etwas ungünstig gerade, denn noch floss ja unten aus mir, was vorher an Tee oben reingelaufen war. Was sie aber scheinbar nicht störte, ihr Kopf näherte sich meinen und sie hauchte, mein Retter, wie schön.

Diese Frau war nicht nur sehr süß und geschmackvoll angezogen, sie hatte auch Stil und Witz und wusste sichtbar, was sie wollte. Das gefiel mir gut. Als sich unsere Lippen näherten und meine freie Hand über ihren Rücken zu ihrem Po glitt, hatte sich das mit dem Wasserlassen erledigt.

Obwohl ich ja sehr gerne und häufig pinkle, was bei den vielen Litern Tee jeden Tag auch nicht weiter verwundern muss, finde ich das Gefühl etwas aus meinem Schwanz fließen zu lassen auch immer wieder in vieler Hinsicht wunderbar, bedauerte ich nicht, dass sich meine Mitte nun aufrichtete, sie zu begrüßen, auch wenn das vielleicht etwas stürmisch und voreilig war, entsprach es doch der schon so lange fühlbaren Spannung.

Mochte ihren Geschmack und ihren Duft, ihre Lippen auf meinen. Wir hatten beide sehr volle Lippen und so schmiegte sich eins ans andere, während unsere Zungen vorsichtig miteinander spielten. Nebenbei glitt meine freie Hand unter ihren Rock und ihre Hand wanderte auch zielbewusst nach unten und zu gerne, gäbe ich ihn ihr nun in die Hand, um mit der dann freien Hand ihre schönen vorderen Rundungen zu berühren. Was halt so im Stehen auf dem Klo möglich war.

Sie antwortete meiner Hand auf ihrem Hinterteil mit einem kräftigen gut trainierten Anspannen der Muskeln, das mich ahnen ließ, was schönes mich da erwarten würde. Unser Kuss halb umarmt noch voller Leidenschaft versprach viel für das, was kommen sollte. Mag es, wenn Frauen beim Küssen so schön mit der Zunge spielen, sich halb entziehen, zart beißen und nicht einfach nur den Mund aufmachen und sich gegenseitig den Lappen ins feuchte Loch stecken, sondern um jeden Millimeter dort voller spürbarer Lust ringen und dabei spielerisch leicht großes Theater spielen. Das konnte sie und wir fanden uns dabei gut zusammen.

Langsam wagte ich vom Rest der Nacht zu träumen, wenn ich diesen wunderbar festen Po küssen würde und meine Zunge tief in sie tauchen würde, an den Rest wagte noch kaum zu denken. Es ist wirklich selten beim ersten Kuss schon alles so richtig und so gut, dachte ich und vergaß für die Sekunden, die es dauerte Ort und Zeit. Diesmal stimmte einfach alles. Konnte sie gut riechen und schmecken, fand sie in allem perfekt und traumhaft, vor allem ihre eine Hand, die mich nicht im Arm hielt, sondern sich längst ihrem Ziel genähert hatte.

Wie gut dachte ich, dann dürfte ich wohl auch und suchte den Weg unter ihre Strumpfhose, die relativ hoch saß und fühlte darunter nur einen Hauch von nichts, zwischen den festen Backen ihres trainierten Pos. Es schien wie aus einem schlechten Film, dachte ich und fragte mich, ob eine so spürbar trainierte Frau mit meiner Unsportlichkeit leben könnte aber eigentlich war das ja gerade völlig egal, wir wollten uns und es fühlte sich gut an. Sie war parallel zu meiner mittigen Härte offen und nass. Überlegte, ob ich mit ihr nun schnell in der Kabine verschwinden sollte.

Bevor jemand kam, dachte ich wohl unbewusst, als hätte ich es geahnt. Wir schracken beide zusammen und sie sprang so schnell zurück in die Kabine, dass ich nicht mehr hinterher kam, was immer sie sich dabei dachte und so stand ich mit dem für diesen Zweck zu großen Schwanz in der Hand und etwas Lippenstift auf dem Mund vor dem Pissoir, als sich die Tür öffnete. Es war der Barkeeper, er kam gar nicht rein, rief nur, wir schließen jetzt und ich fragte mich, wie lange wir wohl geknutscht hatten.

Das war es dann wohl, dachte ich, als sich wieder die Tür öffnete, geh vor meinte sie, mein Bruder soll nichts merken und ich wusste, dass sie log, aber das war nun auch egal. Der angebliche Bruder spielte noch an seinem Telefon herum, als vermisste er niemanden und wären es tatsächlich nur wenige Minuten gewesen, was mir wie eine Ewigkeit schien.

Packte meine Sachen zusammen und machte so langsam wie nur möglich, damit sie noch mal an mir vorbei müsste, dass konnte doch jetzt nicht einfach enden. Sie ließ sich viel Zeit, sah mich nur kurz an und sagte zu dem netten jungen Mann, dann müssen wir nun wohl. Der schrak vom Telefon auf und sagte, ja, genau, hab schon gezahlt, fahre dich eben nach Hause.

Also hatte ich umsonst getrödelt, um so schneller zahlte ich nun, gab ein viel  zu  großes Trinkgeld und dachte nur, wenn der nur wüsste wofür und lachte in mich hinein. Als ich raus kam, sah ich nur noch ihre Rücklichter im Nebel verschwinden.
jens tuengerthal 27.1.2017

Donnerstag, 26. Januar 2017

EroStory 000

Vom erotischen Erzählen - statt eines Vorspiels

Wann wird eine Geschichten sinnlich und zieht uns auch körperlich in ihren Bann?

Ist es die Story selbst, was zwischen den Protagonisten geschieht, als würden wir es nicht als Leser kennen und die mechanischen Abläufe längst erahnen, oder doch eher das wie, als das was?

Wäre eine detaillierte Abhandlung über den Analverkehrt etwa oder Schamlippenformen, eher was für ein Medizinbuch als der erotischen Stimmung zuträglich?

Henry Miller hat in seinem Opus Pistorum sehr detailliert über Sex geschrieben und alles nur vorstellbare beschrieben, sich dabei angeblich mit seiner Freundin Anaeis Nin, königlich amüsiert und herausgekommen ist etwas, was das Bundesverfassungsgericht erst irgendwann in den 90ern von der Zensur als Pornografie freigab und Kunst nannte.

Ist es nun künstlerisch wertvolle Pornografie oder pornografische Kunst, fragt sich der Laie und staunt der Fachmann. Insofern sehr explizit über jede nur mögliche Stellung und ihre Folgen geschrieben wird, ist es wohl, was eine christlich prüde Gesellschaft als Porno bannt vom Inhalt her und doch ist Millers Stimme in jeder Zeile zu hören, sein ironischer Ton, mit dem er von den Abenteuern seines Johnny Thursday erzählt, die kleinen intellektuellen Anspielungen und anderes bewirken eine ganz eigene Stimmung, auch wenn das Buch kaum am Stück zu lesen ist außer breit grinsend, im Wissen um die finanzielle Lage der meisten Dichter zu allen Zeiten. So gesehen ist es ein Stück Hurerei vielleicht auch, weil er seine feine Feder verkaufte, doch schreibt jeder vernünftige Autor nur unter Vertrag, was meine Unvernunft an dieser Stelle belegen könnte, jedenfalls eine Schrift nicht mehr zur Hurerei macht als die meisten Kunstwerke am Markt heute.

Es gibt dazu lange Begründungen und Diskussionen von Juristen, die wesentlich langweiliger sind als das Buch selbst, dem ich jedoch eher keine erotische Stimmung zusprechen würde, weil es nur um Varianten des einen geht und das wird in jeder nur denkbaren Art beschrieben. Sex halt und das ohne jede besondere Erotik, es sei denn wir nähmen Millers Ton als eine Erotik an und  für sich. Hat etwas für sich und wer Miller kennt, erkennt auch seinen etwas schnoddrigen Ton, der dennoch hochintellektuell ist, indem er mit der Sprache der Lust, diese verneinend spielt, da er sie nur noch zu einem Vollzugsakt macht, der in Varianten erledigt wird.

Erotik aber ist auch eine Stimmung, die kreiert wird und damit Lust schafft, dass sie den Weg zur Lust und ihrer Befriedigung mehr beschreibt als den eigentlichen Akt, während die Pornografie sich auf eine vielleicht auch mal künstlerische Darstellung des reinen Aktes konzentriert. Porno soll geil sein, aufgeilen, wenn es die Zuschauer mögen und Lust auf den Akt machen. Erotik ist das drumherum und der Akt an sich, ist dabei weniger wichtig, als der Weg dorthin, die Spannung, die dabei entsteht, Hormone freisetzt und uns wild macht.

Wer schon alles mal ausprobiert hat, wird irgendwann feststellen, dass Ficken an sich, ist weniger spannend, als der Weg dorthin und dabei herrscht eben eine lustvolle Stimmung oder nicht. Dies en Detail zu beschreiben ist relativ langweilig, auch wenn es verschiedene Stellungsvarianten des rein und raus gibt, finden es Menschen überhaupt nur so toll, weil es zur Befriedigung führen kann und der Kick kurz davor uns so selig daran denken lässt.

Es soll Männer geben, die in wenigen Minuten kommen und dann ist für sie alles erledigt - diese Fälle erregten bei mir schon immer Mitleid - mach es gern stundenlang und zögere den Moment davor gerne lange hinaus, um ihn am Ende möglichst gleichzeitig so spät wie möglich zu genießen. Früher war es ohne Befriedigung kein Sex und ohne zusammen zu kommen, schien mir dieser eher langweilig. Sehe ich inzwischen anders und finde es weniger wichtig, etwas dabei zu erledigen, als den Augenblick der Hingabe und der Lust zu genießen.

Wenn ich es mir selbst mache und etwa einen Porno dazu schaue, erledige ich das relativ zügig, aber auch dabei verzögere ich inzwischen gern, weil das Spiel darum die Sache erst aufregend macht, denn der mechanische Vorgang an sich, ist keine besondere geistige Herausforderung, sehen wir mal von dem steten Versuch ab, sich auf Frau einzustellen, was mal mehr oder weniger gut gelingt und für einen Mann, der gar nicht vermutet, er könnte Frauen überhaupt je logisch verstehen, ein geradezu artistischer Blindflug ist. Nicht das Kommen und erledigen ist die Kunst beim Sex für mich, sondern die Spannung kurz davor möglichst lange aufrecht zu halten. Eine Frau ist ja keine Akte und der Höhepunkt kein Termingeschäft, das zu erledigen wäre, sondern ein Vorgang, der entweder an sich unbeschreiblich schön ist oder eher entbehrlich, warum ich mit den Frauen, die Sex erledigten und ihre Pflicht taten, nie glücklich wurde. Die sollten sich die Minuten-Männer zulegen, dann ist es schnell vorbei.

Aber ich schweife ab, es geht ja darum, was Erotik ist und sie beim Schreiben aufkommen lässt, wie sich diese Stimmung davor kreieren lässt, die den Vollzug nicht mal braucht, denn die hohe Kunst ist es, wahnsinnig zu reizen und dann fallenzulassen, um die eigene Lust wach zu halten. Wer lang von erschöpfter Befriedigung liest, wird sich bald langweilen und am liebsten vielleicht noch, wenn es gut war, Arm in Arm einschlafen, wie es dem körperlichen Gefühl danach entspricht, warum der Fehler vieler, die gern erotisch schreiben wollen, ist, dass sie den Akt voller Lust und mit jedem Detail bis zum Ende beschreiben, ohne an das noch nicht und die Spannung zu denken, die eine erotische Stimmung braucht.

Eine Freundin von mir erzählte, als sie mit einem ihrer früheren Lover telefonierte, den sie noch nicht lange kannte und er fragte, was sie denn machen sollten, an diesem Wochenende, habe sie geantwortet, na ficken natürlich, worauf er sich völlig geschockt gab, dahingestellt, ob das daran lag, dass er meinte ein Stoiker zu sein oder an seiner eher prüden Erziehung sonst. Jedenfalls war damit die erotische Stimmung im Eimer, er gab sich geschockt und meinte, dabei verginge ihm alle Lust und irgendwie dachte ich, dass ich ihn verstehen könnte, denn sagte es eine Frau so zu mir, fände ich das auch völlig spannungslos und unerotisch, der Sex wäre nur noch der erwartete Vollzugsakt dann, eine eher sportliche denn erotische Leistung.

Die Betreffende ist Berlinerin und die mögen es ja gern sehr direkt, dennoch fiele mir wenig ein, was ich ernüchternder fände als diesen Satz. Wollen wir nicht Frau zumindest zum Schein noch irgendwie erringen und Widerstand überwinden? Möchte Frau nicht erobert werden und spüren, wie er alles für sie tun würde?

Dahin zu kommen und die Spannung auf dem Weg dorthin ist, was wir Erotik nennen und um so größer die Umwege, desto heißer das Ziel. Was willig vor mir liegt, wenn ich nicht schon will und mich nicht zuvor raffiniert verführt hat, ist langweilig für meinen Instinkt. Dies gilt auch in dauerhaften Beziehungen, nur gelten da etwas andere Regeln, mit denen wir es dennoch für eine längere oder beschränktere Zeit miteinander erotisch finden können, obwohl wir nicht mehr erobern müssen und kein Hindernis im Weg steht.

Wie Frau das schafft, weiß ich nur aus Erzählungen, mir gelingt es durch die Versöhnung nach Konflikten und das Gefühl der Liebe. So kann viel Streit auch ein Zeichen für eine hohe sexuelle Spannung sein und damit gutes bedeuten. Auch wenn das selten tatsächlich so ist, da erstaunlich viele Frauen die Neigung haben ihre Partner und eigentlich damit auch sich mit sexuellem Entzug zu bestrafen. Was sie davon haben, ist mir bis heute ein Rätsel, dennoch halten manche solche Sanktionen erstaunlich lange durch und schieben sie dann konsequent dem Partner zu, der sich nicht wie gewünscht verhielte. Täte er es aber, in der Art eines Schoßhündchens und gehorchhte, verlöre er auch jede sexuelle Attraktion für diese Frauen, warum diese Aktion nur zu einer unendlichen Geschichte des Misserfolges für beide werden kann, die dennoch zu den am häufigsten praktizierten Methoden des Machtkampfes gehört.

Völlig idiotisch im Ergebnis, da beide geladen und unbefriedigt, ändert sich nichts und egal wie es ausgeht, führt es nicht zum gewünschten Ergebnis, denn wenn Mann sich so ein gewünschtes Verhalten abpressen lässt, führt dies nur dazu, dass er spätestens damit endgültig jede sexuelle Attraktion verliert. Warum so viele Frauen dennoch zu diesem Mittel  mit “keine Lust” oder “ich hab Migräne” oder “verhalt dich erst mal anders” greifen und damit sich und den Partner bestrafen, ist mir ein Rätsel, spätestens, wenn es dazu kommt, sollte Mann gehen, da nichts verbindendes mehr da ist und es keine Lösung aus diesem Dilemma gibt, als sich zu trennen und ich spreche hier ausnahmsweise aus jahrelanger leidvoller Erfahrung.

Frauen die mir Vorwürfe machen, wenn es um die Lust geht oder damit erpressen wollen, müssen schon sehr gute Gründe bieten, damit ich dabei länger bliebe, als die Tür zum zuschlagen braucht. Entweder es macht beiden Spaß und sie genießen es zusammen, oder sie können es besser gleich lassen, weil das Ergebnis schlicht entbehrlich nur noch ist. Wer es aber tut, obwohl der Sex schön ist, schädigt sich selbst, wo er erpressen oder verhandeln will, erreicht, auch wenn die Erpressung erfolgreich sein sollte, nie was gewünscht, da der nachgiebige und wachsweiche Mann eben wie ein zu weicher Schwanz beim Sex langweilig ist, nicht mehr reizt. Sobald also einer, es soll ja auch Männer geben, die so idiotisch zicken, damit anfängt und es ist Zeit zu gehen. Wer dies entschlossen beginnt, kann manchmal noch etwas retten, wenn der andere zur Besinnung kommt, ansonsten, sollte jeder froh sein, dass hinter sich zu haben, denn Sex ist keine Handelsware und Leidenschaft wird nicht durch Erpressung erworben, so wenig wie sexuelle Attraktivität durch Nachgiebigkeit gesteigert wird.

Es braucht in der Beziehung zwischen den Geschlechtern, damit Erotik entstehen kann, die Lust für mich bedingt, Spannung und Reiz. Dies erfordert von beiden Seiten gewisse schauspielerische Talente und darum rasieren sich Menschen an manchen Orten zumindest teilweise, tragen schöne Wäsche, parfümieren und deodorieren, spielen und zieren sich oder verführen raffiniert, wenn sie etwas erreichen wollen. Alles andere und damit alles, was den meisten nach mehreren Jahren und gerade auch mit Kindern noch bleibt, ist was Miller beschreibt, nur Sex und der wird dann eben erledigt, mehr oder weniger begeistert und bei so etwas denke ich immer, ich könnte auch ein gutes Buch lesen nebenbei oder irgendwann anstatt und finde es nur noch viel Lärm um Nichts.

Um die Erotik aber geht es mir in den folgenden Geschichten. Jene Spannung, die aus Hoffnung und Unsicherheit entsteht und die mehr das davor als das danach und das dabei  beschreibt. Gut sind sie, wenn sie reizen und eine Spannung erzeugen, die nicht erlöst wird, in dem der Autor die schlichte Fickmechanik beschreibt sondern die Spannung schweben lässt.

Sehen viele anders, machen die meisten anders, auch große Autoren darunter und ich habe es noch nie verstanden, weil es zwar schön, ist Befriedigung und Erlösung beim Sex zu finden aber das Lesen soll Lust bereiten und nicht nehmen, damit wir andernorts alles tun, sie zu befriedigen und so erregt auch ausgefallene Wege mal einschlagen, statt sich am Wochenende zum Ficken zu verabreden und sich Pornos reinziehen, wie andere es tun, die nur so tun als hätten sie dabei Lust.

Darum seien die verehrten Leserinnen hier gleich vorgewarnt, ich werde sie nicht bis zum Ende befriedigen, zumindest in diesen Geschichten und alles andere wäre utopisch und daher vorläufig völlig uninteressant. Für die Leser gilt natürlich das gleiche, aber mir fällt auf, dass Männer meist immer weniger erwarten und eher nachplappern was Frau gerne an sich schön gefunden wissen will, um damit auf der sicheren Seite zu sein und die Zahl der Fallstricke bis zur Horizontalen zu verringern. Werde nur ein wenig Stimmungszauber machen, der in Luftlöcher entlässt in denen jeder selbst seiner hoffentlich geweckten  Lust folgen soll. Das wäre für mich Erotik, die Mechanik ist dann Porno und der Rest ist gerade uninteressant nebenbei, lassen wir uns verführen ….
jens tuengerthal 26.1.2016

Mittwoch, 25. Januar 2017

Geschlechterwirklichkeit

Wie wirklich sind die Geschlechter und wie verständigen wir uns jenseits unserer Natur?

Immer wieder nach dem Ende eines Beziehungsversuches frage ich mich, wie weit konnten wir uns verständigen, redeten wir miteinander oder wähnten wir nur übereinander in den unserem Geschlecht entsprechenden Schemen, denen wir uns mal mehr, mal weniger bewusst sind. Habe dazu keine einfache und passende Antwort und suche sie gerade  schreibend, weil ich denke, es wäre wichtig zur Verständigung und auf der Suche nach dem Glück.

Bin nicht immer ehrlich, weil ich manches für irrelevant halte, meine eigene Wahrnehmung der Wirklichkeit habe, in der bestimmte Fragen gar keine Rolle mehr spielen. Manchmal auch, weil ich es für klüger halte, zu schweigen oder gar nicht weiß, was ich noch sagen soll und denke, es sei jetzt auch gut so. Vielleicht geht es manchen auch anders und sie können jetzt ganz ehrlich bekennen, immer ehrlich und offen gewesen zu sein, dahingestellt, ob das an ihrem mangelhaften Kurzzeitgedächtnis oder ihrem überragenden Charakter liegt. Im Verhältnis von Mann und Frau zumindest kann ich aus meiner geringen Erfahrung sagen, es gibt zahlreiche mehr oder weniger notwendige Lügen, gerade was Äußerlichkeiten betrifft und wenn Frau nun das Gegenteil behauptet, lügt sie.

Egal, was die Frauen über meine Schlechtigkeit denken oder ob sie dies für Ausdruck langjähriger Erfahrung halten, würde ich ganz offen sagen, dass ich nicht immer offen sage, was ich denke, weil ich die Folgen ahne. Dennoch kommt es immer wieder zu geradezu kriegerischen Eskalationen unter den Liebenden, ohne dass ich glaubte, mehr Ehrlichkeit würde daran etwas ändern, im Gegenteil.

Dann fallen vom einen Worte, die der andere nicht verzeihen kann oder die doch zumindest zutiefst verletzten. Dies führt zu einer Eskalation, die sich gern verbal überschlägt und um so intensiver das Gefühl, desto heißblütiger die Wut und Enttäuschung und ihr manchmal völlig unvernünftiger Ausdruck. Gleichzeitig ist die Verletzung noch tiefer und wird länger nachgetragen, je näher sich zwei eigentlich fühlen, die statt die trennende Grenze zu überwinden, sich gegenseitig beschuldigen und in den schmerzhaften Schemen verharren, obwohl sie insgeheim davon träumen, sich zu umarmen. Die Enttäuschung der ungenannten eigentlichen Hoffnung verdoppelt Schmerz und Wut, lässt weiter eskalieren und reißt sodann alle moralischen Grenzen immer mehr ein, ohne dass der andere verstünde warum, weil beide ihre eigentlichen Gefühle auch aus taktischen Gründen nicht wirklich aussprechen.

Es mag auch Fälle geben, in denen es anders läuft, aber dies ist das typische Schema  einer Eskalation zwischen Liebenden. Ob dies bei gleichem Geschlecht genauso läuft, kann ich nicht sicher beurteilen, die Indizien aus Erzählungen sprechen jedoch sehr dafür und die Rollen sind ja auch meist beliebig austauschbar, je nachdem wer den Funken an die Lunte legte. Weiß auch nicht, ob dies ausdrücklich an Geschlechter gebunden ist oder es für schwule und lesbische Paare oder andere Konstellationen der bunten Möglichkeiten der Kombination menschlicher Geschlechter in ihrer Vielfalt etwas anderes gelten muss. Erzählt wurde mir immer wieder, es sei genauso und es würde eben jeder eine geschlechtsspezifische Rolle übernehmen. Möchte Menschen ungern so reduzieren oder ihnen etwas vorschreiben aber vielleicht liegt die Übernahme der natürlichen geschlechtlichen Polarität auch in unserer Natur, egal welches Geschlecht wir sexuell bevorzugen. Im übrigen finde ich Genderfragen gerade völlig unwichtig, weil es um meine Gefühle geht und wer es anders sieht, soll eben darüber schreiben, vielleicht interessiert sich ja noch jemand ernsthaft für Genderfragen. Glaube, viele wären glücklicher, wenn sie einfach wären, was sie sind, statt sich noch sprachlich von den Dienern des Guten beglücken lassen zu müssen, um das zufällige Geschlecht auch korrekt zu behandeln, wie sich viele aufgewühlte Wissenschaftler nun in Genderstudien bemühen, die ich auch weiter so weit es möglich ist, ignorieren werde als bloße Modeerscheinung einer kurzen Epoche fern der Natur.

Interessant ist wie schnell die Eskalation, je nach Intensität des Gefühls, geradezu exponentiell eskaliert und alles überschreitet, was uns vernünftig noch vorstellbar schien. Die Tragik meiner letzten Trennung und das um sie laufende Drama, was besonders von gegenseitigem Unverständnis und völliger Ignoranz der vielleicht guten Absichten des anderen geprägt war, spricht da Bände für viele Fälle, warum ich hier ein wenig darüber plaudere, um dann vom Konkreten Beispiel im Nachdenken wieder zu einer allgemeinen Lösung zu kommen, die vielleicht jenseits der Zufälligkeiten gerade einer Beziehung weiter bringen kann, bei der Lösung künftiger Konflikte, falls ich denn eine finde, woran zu zweifeln es gute Gründe auch gibt, denn, was weiß ich schon?

Probleme interessieren mich nicht. Die Beschäftigung mit ihnen ist problematisch meist und führt zu viel Verdruss und noch mehr Problemen. Dieser grundsätzlich konstruktivistische Ansatz, brachte mich dazu viele grundlegende Probleme zu ignorieren und durch Zärtlichkeiten oder Sex anstatt zu verdrängen, weil die Zeit auch die meisten Probleme vernünftiger löst, als es unsere Vernunft schafft.

Spannender finde ich Lösungen und den Weg zu ihnen. Wenn ich aber nur das Problem verdränge, ohne an einer langfristigen Lösung zu arbeiten, die es besser macht, erhöhe ich damit, wie mir alle Erfahrung und vor allem die letzte bestätigt, die aktuelle Explosionsgefahr dramatisch.

Wie alle Paare haben wir uns natürlich auch jeder für sich und auf seine Art um Lösungen bemüht, besonders sie nahm alle möglichen Maßnahmen und Konsequenzen in Angriff, um einen von ihr als unbefriedigend empfundenen Beziehungszustand zu ändern. Mir ging es auch so, aber ich fand anderes unbefriedigender als den Zustand der Beziehung und nahm weniger in Angriff, noch beschloss ich vorab Konsequenzen der Eskalation, die zu gegenseitigen Entzug führten.

Möchte nicht bezweifeln, dass wir uns beide liebten, von der Größe unserer Liebe überzeugt waren, ein Leben zusammen wagen wollten, den Traum von dem wir zueinander sprachen, ernst meinten und uns dieses Ziel irgendwie heilig war, was immer auch jeder darunter wiederum verstand. Zwar wäre es denkbar, dass sie mir oder ich ihr irgendwas um irgendwelcher niederer Absichten wegen vorspielte, doch halte ich diese Hypothese für überflüssig - wozu sollte jemand große Liebe vorspielen, wenn sie nicht so empfunden wird und was hätte jemand in dieser Konstellation davon, dem anderen etwas vorzumachen? Es gab für keinen von uns einen Gewinn als die gegenseitige Liebe zu erwarten und die können wir eben genießen oder nicht, da ist alles Spiel müßig und entbehrlich. Es fühlte sich echt an, also war es echt und alles andere hilft auf der Suche nach den Gründen der Eskalation und den natürlichen Schemen dabei nicht weiter, weil es nur eine destruktive Unterstellung wäre, die jede weitere Frage entbehrlich machte.

Wir haben uns also geliebt und hatte eine kurze Phase in der wir sehr glücklich waren und dachten, wir wären völlig beieinander angekommen, Leben war nicht schöner in der Liebe für mich mehr denkbar, es schien alles gut zu sein.

Dann kam meine Tochter dazwischen, die meine Liebe, ohne Angabe von weiteren Gründen, intuitiv nicht mochte und voll ihrer Intuition vertraute, gegen die ich mich wehrte, auch wenn ich so wenig sachliche Argumente dagegen hatte, wie es ihr an solchen sachlichen gegen meine große Liebe mangelte.

Die Tochter wiederum wandte sich an meine Eltern, um zu verhindern, dass ich meine große Liebe Weihnachten mitbrächte. Damit war meine Mutter, die ihrer Enkelin dies versprach schon voreingenommen und der Traum von der großen Liebe lag eigentlich schon in Scherben vor uns und wir hatten nur noch die Wahl zwischen Romeo und Julia Drama und vernünftiger Trennung, scheint es, logisch mit Abstand nun. Aber sind die Dinge wirklich so alternativlos?

Wollte beides nicht und lavierte dazwischen, erzwang einen späteren Besuch bei meinen Eltern mit aller möglichen Gewalt, wie der Drohung der Absage, erreichte dadurch den erwartungsgemäß kühlen Empfang obwohl wir beide voller Liebe ein Theaterstück für meine Eltern schrieben und aufführten, was ein erstes Kind unserer Liebe war.

Eigentlich war das Kind schon Weihnachten in den Brunnen gefallen und ich gestand es mir nur nicht ein, weil andererseits das Glück und die gefühlte Liebe so groß waren, ich dachte, sie wäre es einfach, besser könne es nicht passen und ich sie nie im Leben verlieren wollte. Sie fühlte diesen Bruch auch und wollte ihn problematisieren, ich wollte ihn lieber verdrängen und relativieren. Was da richtig gewesen wäre, gehen die Meinungen auseinander, auch zwischen den Geschlechtern, kann aber dahinstehen, weil es ja nur ein Beispiel der Eskalation ist, die weiterging und zum Krieg führte, der immer auch Gefühle von Hass und ungeregelter Wut, die zu allem bereit ist, in einem erzeugt.

Warum sollte ich einen Franzosen töten wollen, wieso meine lieben Nachbarn, deren Land ich so liebe, und durch das ich so viele Kilometer gefahren bin, denke ich und suche heute eher nach Gründen unsere Nähe und Verwandtschaft in Europa zu belegen, als Unterschiede zu betonen, die mir unwichtig erscheinen. Dagegen zog mein Urgroßvater noch mit Liedern voller Hass 1914 gegen die Franzosen in den Krieg, denen Deutschland 1870 unter Bismarck einen erniedrigenden Frieden in Versailles aufgezwungen hatte, was diese 1918, nachdem der 1. Weltkrieg endete und mein Urgroßvater schon viele Jahre tot auf den Feldern vor Verdun vergammelt war, mit einem ebenso erniedrigenden Frieden von Versailles beantworteten und so blieb bei vielen Deutschen und Franzosen der Hass aufeinander wach.

Nicht so bei meinem Großvater dagegen, der, obwohl der eigene Vater im ersten Kriegsjahr  schon durch französische Kugeln oder sonstige kriegerische Mörderei getötet wurde, sich ein Auslandsjahr im Paris der 20er als Zigarettenjunge auf der Messe in Leipzig verdiente und Paris geliebt hat. Die Franzosen, besonders die Französinnen, die sein Vater natürlich im Feld nicht so nah kennenlernte bis er starb, die Künstler, die Pariser Bohéme, der freie Geist, der nach der Zeit in der Kadettenanstalt, die ihn auch lebenslang prägte, einen anderen Menschen aus ihm machte. Statt Rache entschied er sich für Liebe und Offenheit und so viel es an ihm zu kritisieren vielleicht gab, seinem manchmal autoritären Kasernenhofton, den ich ihm nie ganz glaubte, dafür habe ich ihn immer bewundert, da hatte er Größe gezeigt, als Kriegswaise zum Erbfeind, um das Land und die Leute lieben zu lernen. Diese Haltung zueinander und zum Leben ist mir wichtig, die eine Liebe zu  Frankreich über den zufälligen Tod seines Vaters stellt, zeigt ein Abstraktionsvermögen und eine Größe, die heute vielen Menschen in Deutschland fehlt, besonders in Ostdeutschland leider, wo sich andere 1989 so groß und demokratisch zeigten.

So wie mein Großvater es gegenüber dem Erbfeind machte, möchte ich es auch lieber gegenüber allen Feinden machen, verzeihen, hinfahren und die Hand reichen und ein klein wenig war es mir Jahre nach dem Tod des Vaters meines Vaters noch vergönnt ein wenig an der geistigen Brücke zwischen Deutschland und Frankreich zu bauen, wenn das auch heute eher normal ist und keiner weiteren Erwähnung bedarf, war meine tiefe Liebe zu Straßburg so auch familiär begründet und die Nähe zu den Projekten, die ich dort begleiten durfte, größer als es der Sache entsprach. Frankreich wurde so für mich auch ganz persönlich zu einem Land voller Freunde und Brüder und glücklich fuhr ich mit meiner damaligen Verlobten nach dem 1. Staatsexamen 5500km durch das Land und besuchte sie mehrfach in Paris, als sie dort für die UNESCO arbeitete.

Auch wenn ich Paris heute eher hektisch und meist unfreundlich finde, vor allem im Vergleich zu Berlin, das sich nicht mal zu fein ist, sich jedes Jahr wieder mit seinem vermeintlichen Flughafen öffentlich zum Gespött zu machen, verstehe ich auch die Liebe meines Großvaters nun besser und seinen Wunsch nach Versöhnung, die auch mir bei allen Konflikten meiner Natur nach näher liegt als die Eskalation.

Dennoch suche ich manchen Konflikt, lasse ihn auch bewusst eskalieren, weil es auch eine Frage der Ehre und der Macht ist, zu einer ungünstigen Konstellation mir zu führen scheint, wenn nicht. So auch mit der großen Liebe nachdem wir die Monate, die sie auf See und damit fern von mir verbrachte, mühsam überstanden hatten. Sie, die es gewohnt war, sich allein durchzusetzen, in einem Männerberuf tapfer ihre Frau stand, auch wenn sie aus erster Berufung eigentlich Schauspielerin war und blieb, hielt wacker dagegen und immer häufiger knallte es zu meist völlig überflüssigen Fragen, weil wir das eigentliche Thema, die Weihnachten verlorene Liebe nicht thematisierten und keine Zeit füreinander und miteinander fanden, nicht würdigen konnten, welch Glück es schon allein im Leben ist, die Nächte zu teilen.

Es lebten beide unzufrieden mit dem Gefühl eines Vorwurfs, auch wenn wir ständig das Gegenteil betonten, waren wir uns nicht mehr nah, spürten einander nicht und das tat weh. Jeder fühlte sich in etwas anderem hintergangen und fand dies unverzeihlich. War mir nicht sicher, was es war und was nicht stimmte. Einerseits traute ich auch dem Instinkt meiner Tochter, sie ist ja mein Kind und betrachte ich, was sie aus Wut später tat, hatte die Tochter vielleicht völlig recht mit ihrer Einschätzung, doch halte ich das nur für eine halbe und ungenaue Wahrheit, die dem Vokabular des Krieges gegeneinander entspricht und nicht der eigentlich gefühlten Liebe.

Monate nach unserer Trennung, die nie ausgesprochen wurde und dann doch faktisch war, sahen wir uns wieder und sie kam mich zu unserem Einjährigen erstmals wieder besuchen und wenige Tage später wieder zum 4. Advent. Wir kamen und waren uns sehr nah. Das Gefühl war bei mir wieder da, doch ich wusste, dass ich Zeit brauchte, es auf einen vernünftigen Weg zu bringen, meine Tochter vielleicht zu überzeugen, in der Familie vorsichtig für sie zu werben - dachte eher in Jahren und hatte keine Eile, es fühlt sich gut an. Dann zog sie sich plötzlich, als hätte ich sie mit der Verzögerung und der Bitte um Zeit persönlich angegriffen, beleidigt und tief verletzt zurück, wie ich heute denke. Aber wir konnten uns auch darüber nie mehr verständigen.

Wusste nicht genau, ob wir lieber Freunde bleiben sollten oder es wirklich für immer mehr war, wir die tiefen Gräben, die uns trennten je überwinden könnten und so balancierte ich am Rand des Grabens etwas unentschieden, denn natürlich war die große Liebe nicht einfach weg, begehrte und liebte ich diese Frau vom ersten Augenblick an immer, egal wie bescheuert sie sich benahm und wie wenig wir uns in immer mehr nur noch zu verstehen schienen, was vermutlich hauptsächlich am unterschiedlichen Empfinden für Zeit lag aber vielleicht auch an den Rollen, denen wir nicht wie erwartet entsprachen. Doch liebe ich ganz klar auch meine Tochter, ist sie mir sehr, sehr wichtig und wollte ich keinen Konflikt irgendwo riskieren.

Sie zog sich daraufhin wieder radikal zurück mit aus meiner Sicht groben Worten, die ich nicht verstand, beschimpfte mich wüst, als ich nur vorsichtig nach einem ihr geliehenen Buch fragte und ich war wie vor den Kopf gestoßen und war es andererseits auch nicht, denn wo es gefühlvolle Reaktionen gibt, da ist viel Gefühl und mit dem schienen wir beide, auf unterschiedliche Art zu ringen. Es war wieder, auch wenn wir eine wunderbar zarte Nacht voller Zuneigung verbracht hatten, der Hass da zwischen uns und das Misstrauen.

Will mich nicht weiter fragen, ob ich ihr Grund dafür gab, es verständlich ist, für solche Gefühle darf es keinen Grund geben, fraglich nur, woran es lag, dass wir trotz des beiderseits empfundenen Glücks der friedlichen Verständigung, es wieder so eskalieren ließen emotional, statt uns vernünftig und vorsichtig am kleinen Glück in aller Ruhe zu freuen.

Sind wir unfähig, uns zu verständigen, weil wir feste Vorstellungen über den anderen haben, die jede Kommunikation belasten und Verständigung unmöglich machen. Wenn dem so ist, geht es dann noch um Liebe oder ist es nur ein Spiel um Macht um Rache, bei der jeder seine Enttäuschung, dem anderen zuschreibt und so jede Verständigung unmöglich macht?

Was will wirklich, wer sich so begegnet, statt liebevoll, entspannt und hoffnungsfroh das mögliche lieber genießt, als über das gerade Unmögliche sich zu grämen und an dem zu leiden, was nicht ist?

Ist ein solches Verhalten nicht dem Wesen nach absurd, frage ich mich und schreibe darüber als Mann, der von einem tief emotionalen Erlebnis mit einer Frau schreibt, die er für die wunderbarste hielt und das größte Glück seines Lebens, die ihm die Schönste der Welt zu sein schien und mit der ich alt werden wollte. Könnte ich sie noch so sehen oder erwartete ich um meiner Ehre willen nun eine Entschuldigung von ihr, für ihr bescheuertes und erniedrigendes Verhalten mir gegenüber, hat sie damit für immer verspielt, weil mir alle  Vernunft sagt, die spinnt doch einfach?

Die Liebe kann alles, sage ich heute und denke an meinen Großvater, der unbedingt nach Paris wollte, in die Stadt, aus der die Befehle an die Soldaten kamen, die seinen Vater töteten. Sie kann alles überwinden und alles verstehen, wenn sie will und da ist, wenn nicht, will sie nicht und ist sie egal, weil sie sich längst in Luft aufgelöst hat, die ohnehin ihr eigentliches Element als Illusion wohl ist.

Weiß weder, was natürlich ist, noch was gut wäre und die Vernunft rät das eine wie das andere, warum ich sie lieber nicht mehr frage. Betrachte es gelassen und denke, die Dinge werden kommen, wie sie sind und dann werde ich es wissen, weil ich fühle, was ist. Jede Liebe und jeder Abschied brauchen ihre Zeit. Dies war für mich eine ganz große Liebe und so will ich sie auch würdigen, egal wie bescheuert sie sich auch benommen hat und ob der Grad der Blödheit solcher Rache nur ein guter Index für das Maß der Liebe ihrerseits sein könnte - vermutlich denkt sie in vielem über mich ähnlich und vielleicht auch in manchem nicht ohne Grund. So würdige ich, was war, voll zärtlicher Liebe in der Erinnerung, um frei sein zu können, für was immer sein soll, wovon ich nichts weiß oder verstehe.

Habe inzwischen das Gefühl, dass ich meine große Liebe schon seit den Ereignissen um Weihnachten und meine Tochter nicht mehr richtig spürte, wir nur noch große Liebe fast neun Monate spielten, bis es explodierte, weil wir uns nicht verständigen konnten. Als geistig eher unsensibles Wesen, traue ich da meiner Schwanzspitze mehr Feingefühl zu als meinem hormonell stark beeinträchtigten Verstand. In Dingen der Liebe ist die Natur meist sehr zuverlässig und wir können uns dabei weniger vorspielen, als wir uns gern glauben machen, wenn es im Bett nicht stimmt, ist dies darum meist eher ein Indikator für sonstige Unstimmigkeiten, auch wenn die Sache an sich schon schlimm genug ist und auch keine weiteren Gründe haben muss als eine natürliche Abneigung und dann geht es halt nicht.

Nur konnten wir uns über dieses Thema je vernünftig verständigen, solange wir zusammen waren und emotional eng verbunden? Kann ein Mann einer Frau sagen, ich spüre dich nicht beim Sex, du bist nicht wirklich da, so wird das nichts? Habe es versucht und konnte mich nicht verständlich machen, wie sie es nicht schaffte, mir klar zu machen, warum sie nicht mehr da war, nur mechanisch mit mir schlief aber nicht spürbar war für mich, es mir unecht schien.

Liegt das auch an den Rollen, die wir beim Sex einnehmen, ob wir wollen oder nicht, weil es in unserer Natur liegt?

Wie viele Frauen sagten schon zu mir, sei doch mal geduldig, lass mal Frau von sich aus kommen, will nicht soviel, dann passiert es schon von alleine. Liegt meiner Natur nicht wirklich, so wie es vielleicht ihrer nicht lag, unser Problem so lösen zu wollen, dass wir beide damit  glücklich werden konnten. Dann war es ein Problem unserer Naturen, die inkompatibel waren auch in den Schemen, in denen wir rollenspezifisch reagierten und uns dabei aber eher provozierten und nervten, als noch wirklich reizten.

Sie meinte sie sei ganz natürlich und darum nicht weiblich, hätte keinen Busen, wäre keine typische Frau - ich aber stehe auf richtige Frauen, egal wieviel Busen sie haben, die aber auch ihre Rolle als Frau lieben, zumindest manchmal. In anderen Bereichen war es dann wieder genau umgekehrt und sie verhielt sich da mädchenhaft schüchtern, wo ich mir etwas mehr Engagement und Lust gewünscht hätte. Trage gerne ein wenig Bart, sie hasst Bärte und steht  auf nackte knabenhafte Männer, ist selbst, wenn es nach ihr geht, völlig nackt rasiert immer. Zwei Ideale, die eigentlich inkompatibel sind, begegneten sich, verloren sich aneinander und fanden sich dann darin nicht wieder, wäre der einfache Schluss, aber ich wäre nicht ich, wenn ich es mir so einfach machte.

Die Liebe kann alles, jede Grenze überwinden, alle Zeiten vergessen lassen, den schlimmsten Schmerz stillen, größtest Glück schenken, ein Leben lang zufrieden machen, Hass in Liebe und unglückliche Situationen in die schönste Zeit des Lebens verwandeln -  so enthalte ich mich am Ende jeden Urteils, was es ist oder sein könnte, war viel zu sehr zumindest in dieser Liebe verschlungen, ein abschließendes Urteil zu finden und im übrigen gilt auch in der Liebe natürlich, was Montaigne vom Leben sagte, was weiß ich schon? Sollte es so sein, wird sie es tun, wenn nicht, verschwindet alles mit der Zeit und relativiert sich, doch finde ich es wichtig, große Gefühle auch mit großen Worten zu würdigen, sind sie doch, was immer bleibt, sicher gewesen und also aller Liebe wert und so zu würdigen, was war, was auch immer ist oder sein könnte, macht glücklicher und um mehr geht es ja nie. Nichts weiß ich von dem, was Frauen nun denken, noch weniger verstehe ich diese oder die  Liebe je, doch lasse ich der Liebe den Raum, glücklich zu machen, wie sie es will.
jens tuengerthal 25.1.2016