Donnerstag, 21. April 2016

Kulturgeschichten 0196

Elisabethianisches

Königin Elisabeth II. wird heute 90 - ist das kulturell bedeutend oder nur eine Anekdote aus einer anderen Zeit mit der Sehnsucht nach Klatsch?

Zum 90. Geburtstag einer Königin schreiben, die wie ein Anachronismus im demokratischen Europa nur noch als Repräsentantin ihre angeborene Rolle wahrnimmt scheint vielen absurd.

Welche Legitimation hat das Handeln einer Köngin?

Warum gibt es überhaupt noch solche in Europa?

Was unterscheidet Elisabeth Windsor von den anderen?

Eine Königin, die meist nur noch repräsentative und beratende Aufgaben in Europa wahrnimmt, das ansonsten von Parlamenten regiert wird, ist durch die Verfassung und die Gesetze ihres Landes legitimiert. Damit gleicht sie dem Bundespräsidenten. Die unbegrenzte Amtsdauer und die Erlangung des Amtes durch Geburt und nicht durch sonstige Qualifikation ist der entscheidende Unterschied.

Darf es in einer Union der Demokraten noch Könige geben, die nie gewählt wurden und deren zufällige Geburt für ein Amt prädestiniert?

Warum eigentlich nicht, denke ich und frage mich, warum die Aufstellung durch eine Partei mehr Legitimation besitzen soll als eine uralte Tradition. Wollten die Engländer kein Köngshaus mehr - und es gab immer wieder Gegner, die danach strebten, die Royals alle zum Teufel zu jagen, doch sie fanden nie eine Mehrheit - könnten sie es demokratisch entscheiden, wie es Teile des Commonwealth taten als eine Art Emanzipationsprozess. Warum bestimmte Bürger ausgewählt werden, in der Bundesversammlung den Bundespräsidenten mit zu wählen und andere nicht dürfen, könnte die gleiche Frage stellen und das Amt und seine Aufgaben sind durchaus vergleichbar mit dem entscheidenden Unterschied, ein Präsident ist hier höchstens zehn Jahre verantwortlich - eine königliche Familie hat immer lebenslänglich.

Ob unter den gewählten Repräsentanten sich immer die Kompetentesten hervortun, scheint nach den Erfahrungen mit den letzten drei Bundespräsidenten und ihrer Wahl zumindest teilweise fraglich. Warum wir den Parteienproporz, der die Wahl entscheidet beim Repräsentanten auch noch brauchen, wäre eine weitere wichtige Frage und ob eine also neutrale Person nicht auch ein Wert an sich sein könnte, bleibt am Ende offen. Taugt die Demokratie mehr zur Identifikation oder schadet es nicht einer parlamentarischen Demokratie auch einen traditionellen Repräsentanten vorzusetzen?

Es gibt noch Monarchien, weil manche Länder sich damit wohl fühlen, keinen Grund sehen die Zustände zu ändern Die betroffenen Länder in Europa wie die Niederlande, Belgien, Spanien, Großbritannien, Norwegen und Schweden, Luxemburg sind darum nicht weniger demokratisch. Im Gegenteil schneiden Europas Monarchien meist besser ab in Fragen der Bestechlichkeit, Offenheit und Rechtssicherheit als viele Republiken. Ob dies daran liegt, dass es in auch Traditionen noch pflegenden Gesellschaften eine höhere Identität mit dem Staat gibt, dem noch eine Familie vorsteht, weiß ich nicht, zumindest spricht auch aus Sicht der neutralen Beobachter wie Transparency oder Amnesty nichts gegen die noch repräsentativen Monarchien in Europa.

Identität jenseits der bloßen Funktionalität könnte dabei ein wichtiger Punkt sein. In einer Gesellschaft, die immer stärker der Normierung und dem Zwang zur Optimierung unterliegt, kann eine konstruktive Identität gerade in Krisenzeiten wichtig sein und mehr wert als die demokratische Legitimation - wie liefe etwa in Deutschland der Einigungsprozess ab, wenn wir einen König oder Kaiser hätten?

Wäre das alte Heilige Römische Reich, wie es auf deutschem Boden bis August 1806 bestand, ein Modell und Vorbild für Europa oder ging es nicht umsonst mit Napoleon unter, weil sich keiner mehr mit ihm identifizierte?

Ob das vom katholischen Habsburg dominierte Reich noch ein Vorbild sein könnte, scheint mehr als fraglich, auch wenn sogar auf dem Balkan die Stimmen lauter werden, die sagen so viel schlechter ging es uns bei Österreich nicht. Hätten die nationalistisch verrückten Serben sich 1914 ihr Attentat gespart, vielleicht ginge Europa heute andere Wege, hätte sich die Kriege in Ex-Jugoslawien alle gespart, aber wäre dafür das katholische Reich je ein Vorbild gewesen oder war es nicht eher das Problem zwischen Orthodoxen und Katholiken?

Dies Problem mit dem Glauben kennen die Briten auch und darum haben sie lange in Nordirland, oder die andere Elisabeth früher auch mit Schottland und ihrer Kusine Maria Stuart, sich um Kopf und Kragen gebracht. Es gibt, seit die dogmatischen Monotheisten die Herrschaft irgendwo übernnahmen, immer ein Machtproblem. Das römische Reich, das sich auch religiös in ost-  und weströmisch spaltete, scheiterte auch daran und schon sind wir beim Kernproblem der Majestät, die sich gern gottgewollt definiert.

Das antike Rom des Lukrez, in dem gebildete Römer für gewöhnlich Atheisten waren und die Religion nur für den Plebs und schlichte Gemüter toleriert wurde, stieg auf den Spuren der Griechen auf, die erfundene Götter spielerisch im sagenhaften benutzten, aber nicht
brauchten. Es erreichte den Höhepunkt seiner Macht und Ausdehnung unter Cäsar und Augustus, als es schon am sterben war, weil die Diktatoren, die lebendige Republik zerstört hatten, die sich nie wieder ganz befreite.

Zumindest waren die ersten beiden Julianer, auch wenn sie göttlich wurden, aus strategischen Gründen in der Rolle der Oberpriester, eher kühle Strategen denn religiöse Fanatiker. Doch zerstörte so in nicht einmal 50 Jahren die Gier nach Macht ein Weltreich und eine Idee vom Staat, wie es die Erben Alexanders des Großen schon 200 Jahre vorher bewiesen, die als Feldherren kamen, Diadochen hießen und deren Reiche mit Roms Aufstieg synchron verschwanden. Auch das römische Reich bestand ja zumindest östlich bis zum Einfall der Türken nach Konstantinopel im 15. Jahrhundert fort und zerfiel westlich nur langsam unter dem Druck der Völkerwanderung rund 1000 Jahre früher.

Aber bevor ich nun noch bis zu Adam und Eva aushole zur Begründung von Monarchie oder Republik, die unendlich kontrovers betrachtet werden könnte, denn natürlich spricht, konsequent gedacht, nichts für eine Monarchie, wäre ihre Einführung ein absurder Vorgang, was aber noch lange nicht heißt, dass ihr Bestand auch absurd sein muss oder nicht gerade der Würdigung verdient, zurück zum Thema, dem 90. Geburtstag einer Königin.

Elisabeth Alexandra Maria Windsor wurde es noch nicht in die Wiege gelegt, Königin zu werden, erst über den Umweg einer Abdankung ihres Onkels kam sie auf den Thron. Dieser hatte, welch Skandal, sich in eine bürgerliche, geschiedene Amerikanerin verliebt und war darum von sich aus gegangen, um der Liebe zu folgen, statt der Pflicht. Die per Kaiserschnitt am 21. April 1926 auf die Welt gebrachte spätere Königin, lebte als kleine Prinzessin in 17 Bruton Street in Mayfair, direkt neben dem Mädchenpensionat in dem meine Großmutter nach dem Abitur noch eine Dame werden sollte, was sie auch formell tief inhalierte, wenn ich auch eher vermute, dass sie dort, wie sie eben war, lieber die Toni Buddenbrook aus Bremen in London gab.

Daher kenne ich seit Kinderzeiten Geschichten von der kleinen Elisabeth und bin sozusagen mit Anekdoten von der späteren Königin ein wenig groß worden, sie war mir eine immer vertraute Gestalt, die auch schon als Kleinkind, meine Großmutter war 15 Jahre älter als Elisabeth, wohl sehr entschieden war und bestätigte, was Winston Churchill über die kleine Elisabeth sage, sie sei eine Persönlichkeit gewesen und strahlte für ein Kind erstaunlich viel Autorität und Nachdenklichkeit aus. All dies war mir sehr sympathisch und die ruhige Art, mit der sie ihr Amt ausübte, gaben der immer Königin langsam eine Aura des Jahrhunderts.

Sie half noch beim Sanitätsdienst und beim Katastrophenschutz im Krieg mit, lernte Autos reparieren und Nothilfe - da kannte sie ihren späteren Ehemann, Prinz Phillip von Griechenland und Dänemark bereits seit sechs Jahren. Sie hatte sich mit 13 in ihn verliebt und hatte sich nie wieder von dem Wunsch, den feschen Kerl zu heiraten, abbringen lassen und sie ist bis heute mit ihrem fünf Jahre älteren Mann zusammen, dessen sehr britischen Humor manche fürchten lernten. Er stammt aus dem Hause Holstein-Glücksburg väterlicherseits und Battenberg, einer pfälzischen Linie, mütterlicherseits, woraus nach dem Krieg das Haus Mountbatten wurde. Ihre Mutter, die über hundert wurde als Queen Mum nebenbei, mochte Philip zunächst nicht, er war eine zu schlechte Partie für eine Königin, dachte sie, zu arm und zu deutsch vor allem, warum sie ihn zunächst den Hunnen nannte, in Anspielung auf Wilhelms II. peinliche Hunnenrede, später ließ sich auch die Schwiegermutter überzeugen und nannte ihn einen perfekten englischen Gentleman.

Fast genau ein Jahr nach der Hochzeit wurde Prinz Charles geboren, der immer noch Prinz von Wales, der womöglich das Amt direkt an seinen Sohn Wiliam weitergibt, der noch aus seiner ersten standegemäßen Ehe mit Lady Diana Spencer stammt, die mittlerweile zeitgleich mit dem Sprößling eines unter anderem Londoner Kaufhausbesitzers verstarb.

Im Februar 1952, während die mit Philip auf einer Afrikareise war, verstarb ihr schon länger kranker Vater. Sie wurde damit automatisch Königin, behielt dabei aber ihren Familiennamen Windsor, auch wenn erwogen worden war, das Haus nach ihrem Mann zu benennen, doch Churchill und ihre Großmutter Queen Mary waren dagegen und so beklagte sich Philip, er sei der einzige Ehemann im Königreich der seinen Namen nicht an seine Kinder weiterreichen darf, unklar ist nur, ob es nicht einer seiner Witze war. Ab 1960 hießen alle Königskinder, die keinen königlichen Titel trugen, Windsor-Mountbatten.

Die Krönung von Elisabeth wurde zum ersten mal live im Fernsehen übertragen und die  junge Königin trug dabei ein Gewand, das mit floralen Emblemen der Länder des Commonwealth bestickt war. Während der Vorbereitung der Hochzeit hatte sie ihre Schwester Margret noch informiert, dass sie mit Peter Townsend einen geschiedenen 16 Jahre älteren Jagdflieger heiraten wollten, doch nach den Gesetzen der anglikanischen Kirche, deren Vorsitzende Elisabeth nun war, durfte es keine Wiederverheiratung Geschiedener geben. Margaret ließ sich überzeugen, noch ein Jahr zu warten und dann hatten sich die Heiratspläne erledigt.

Durch die Fernsehübertragung sprang die Zahl der Geräte in England von wenigen Hunderttausend auf vier Millionen in die Höhe. Weltweit verfolgten 300 Millionen Zuschauer die Zeremonie. Ob meine kleine Großmutter, die irgendwo in Westminster Abbey dabei saß, was für eine Deutsche so kurz nach Kriegsende noch eine Ehre war, viel von ihrem Platz sah, bezweifle ich, sie schilderte es mit ihrer reichen Phantasie dennoch sehr bunt.

Während der sechs Jahrzehnte ihrer langen Herrschaft erlebte Elisabeth die Umgestaltung des British Emire in das Commonwealth of Nations und prägte diesen Übergang zur Freiheit entscheidend mit. Im Verlaufe ihrer Regentschaft unternahm sie 100 Staatsbesuche und über 180 Reisen in Commonwealth Länder. Sie gilt damit als das weitgereisteste Staatsoberhaupt überhaupt, was mich nicht sonderlich beeindruckt, aber auch nicht gegen sie spricht.

In Anspielung auf die berühmte Tilbury Rede von Königin Elisabeth I. sagte David Macmillan über sie, dass sie immer, welche Gefahr auch drohte entschlossen war, es nicht mochte, wie ein Filmstar behandelt zu werden, sie hätte “tatsächlich das Herz und Mark eines Mannes”. Dahingestellt, ob das für eine Frau noch ein Kompliment sein muss, war es zumindest sicher als ein solches gemeint.

Nur zweimal während ihr ganzen Herrschaft eröffnete sie nicht selbst das englische Parlament, 1959 und 1963 als sie mit Edward und Andrew hochschwanger war. Sie begründete während ihrer Rundreisen erstmals die königlichen Rundgänge, weil sie nicht nur Behördenvertreter und Repräsentanten sondern auch die ganz normalen Bürger treffen wollte, mit denen sie dann ins Gespräch kam.

Bei der Lösung Kanadas aus der verfassungsrechtlichen Bindung an Großbritannien zeigte sie sich wohl informierter als die meisten Parlamentarier, wie Premierminister Trudeau beeindruckt gestand, der vorher versucht hatte, sie öffentlich zu verspotten oder hinter ihrem Rücken respektlose Faxen machte und so blieb sie auch nach der Unabhängigkeit Kanadas 1982 als Königin Staatsoberhaupt und er gestand, wie ihn ihre öffentliche Würde verbunden mit privater Weisheit beeindruckt habe und wie sehr sie ihm bei der Verfassungsreform half.

Es gab 1981, wenige Wochen vor der geplanten Hochzeit von Charles und Di während ihrer Teilnahme an der Truppenparade zu Ehren ihres Geburtstages einen Attentatsversuch auf sie. Der 17jährige Schütze hatte zum Glück entgegen seiner vorigen Absicht nur Platzpatronen verwandt. Ein Jahr später schlich sich ein Mann in ihr Schlafzimmer, den sie jedoch geistesgegenwärtig in ein Gespräch verwickeln konnte, bis die Polizei kam und ihn abführte.

Der kanadische Premierminister und andere waren der Überzeugung, Elisabeth sei die treibende Kraft bei der Beendigung des Apartheidregimes in Südafrika gewesen.

Eines der dunkelsten Jahre in der Geschichte der Königin war das Jahr 1992 in der ihre beiden Kinder Anne und Andrew die Scheidung einreichten, sie in Dresden mit Eiern beworfen wurde, was wieder an die sächsische Hochkltur im Pegidaland erinnert, das immer noch nicht die erkannt hat, warum Dresden bombadiert wurde und im November noch ihr geliebtes Windsor Castle bei einem Brand teilweise zerstört wurde. Es war das Jahr ihres 40. Thronjubiläums aber sie bezeichnete es als annus horribilis in einer Thronrede im November.

Die Trennung von Charles und Diana im Jahr darauf steigerten ihre Beliebtheit nicht. Sie sah sich schwerer Kritik ausgesetzt, jedoch weniger in ihrer Person als in der Institution und ihrem familiären Umfeld. Nach Dianas Tod sah sie sich zunächst wieder massiver Kritik ausgesetzt, weil sie ihre Enkel völlig von der Öffentlichkeit in Balmoral abschirmte und die Flagge am Buckingham Palast nicht auf Halmast setzte. Mit einer Ansprache, in der sie Diana würdigte, ihr soziales Engagement lobte und sich als Großmutter schützend vor die Enkel stellte, gewann sie die Sympathien wieder zurück.

Ihr goldenes Thronjubiläum 2002 wurde ein voller Erfolg obwohl im gleichen Jahr ihre Mutter und ihre Schwester verstorben waren. Anläßlich ihres diamantenen Thronjubiläums 2012 fand auf der Themse mit 1000 teilnehmenden Schiffen die größte Flottenparade statt, die es jemals gab. Sie nahm die Parade mit ihrer Familie gemeinsam auf der Tribüne tapfer stehend ab. Während der Eröffnung der olympischen Spiele in London 2012, die sie als Staatsoberhaupt selbst vornahm, bewies sie ihren englischen Humor. So wurde, bevor sie erschien, der Kurzfilm Happy and Glorious gezeigt, in dem sie selbst an der Seite des amtierenden James Bond mitspielt, der sie angeblich als ihr persönlicher Angestellter im Palast abholte und zum Hubschrauber brachte. Aus dem dann ganz real Daniel Craigs Double und ein anderer im Kostüm der Königin über dem Stadion absprangen und mit den Falschirmen in den Katakomben verschwanden, aus denen wenig später die Königin und Prinz Philip auftauchten unter Jubel der anwesenden Briten, die gerade diesen Humor lieben.

Sie ist seit 2015 die am längsten amtierende britische Monarchin und hat damit Queen Victoria überholt. Momentan ist sie auch die älteste noch amtierende Königin und nur der thailändische König Bhumipol amtiert einige Jahre länger, ist aber dafür ein Jahr jünger.

Elisabeth ist Schirmherrin von über 600 Wohltätigkeitsorganisationen. Sie äußert sich jedoch nie öffentlich politisch oder zu ihren privaten Gefühlen. Thatcher sagte einmal, wenn die Königin wählen dürfte, würde sie vermutlich die Sozialdemokraten wählen, die Thatcher eher fern standen. Sie nimmt ihren Krönungseid immer noch sehr ernst und ihre Aufgaben voller Pflichtgefühl wahr. Als Oberhaupt der anglikanischen Kirche setzt sie sich sehr für den interreligiösen Dialog ein. Privat interessiert sie sich vor allem für den Reitsport, wie ihre Pferdezucht und ihre Welsh Corgies.

Angeblich befürwortet sie einen Verbleib Großbritanniens in der EU, wie sie auch gegen die Loslösung Schottlands war, doch würde sie sich dazu nie öffentlich äußern und diese ihre Zurückhaltung im Schweigen macht auch viel ihrer Größe aus, die verbunden mit eiserner Disziplin und einem stillen Kampf für Gerechtigkeit ihre Beliebtheit weltweit auf erstaunliche Höhen führte und gerade in ihrer Zurückhaltung liegt ihre Wirkungsmacht, eine Lektion, die manchem populistischen Politiker unserer Tage gut zu Gesicht stände. Es muss nicht auf jedes Gebrüll reagiert werden und dass sie sich bei wiederholten Treffen ganz ausgezeichnet mit der deutschen Bundeskanzlerin verstand, die selbst die Königin sehr schätzt, war auch den Kritikern beider offensichtlich, was in einer Verbundenheit aus einer gewissen Zurückhaltung mit sachlicher Pflichterfüllung auch liegen könnte, Die Bewunderung der Kanzlerin für Katharina die Große, wird ihre Majestät bemerkt haben und zu schätzen wissen.

Herzliche Glückwünsche also an eine große Königin, die im Rahmen ihrer heute bescheidenen Möglichkeiten viel bewirkte, hoch diszipliniert seit Jahren ihre Pflicht erfüllt und einen ruhigen Felsen inmitten der politischen Hektik darstellt, warum sich mancher fragt, ob Europa solch ein Felsen auf Dauer nicht gut täte.
jens tuengerthal 21.4.2016

Große Liebe

Von großer Liebe schreiben ist
Unsinnig sie leben dagegen
Ein immer Traum nur
Sie finden wollen wohl
Zum scheitern verurteilt
Einzig dabei bleiben
Wo sie sich zeigt
Hilft glücklich zu sein
Was weiß ich schon
Von der Liebe oder vom Leben
Wunder mich nur
Wie glücklich ich bin
Darum bleibe ich dabei
Und warte auf dich
Mehr weiß ich nicht
Als vom WIR mit dir
Zu träumen
jens tuengerthal 21.4.2016

Frauenliebe 048

Unverheiratet und kinderlos

Im vorletzten Kapitel der Geschichte meiner Lieben oder der Suche danach widme ich mich denen, die noch übrig sind, die also weder verheiratet waren, noch Kinder hatten, die ich auch nicht bei Facebook kennenlernte und so wird es am Ende etwas kürzer vermutlich, vielleicht weil ich mich immer in den gleichen Kreisen bewegte, vielleicht auch weil diese Spezies ab einem gewissen Alter immer seltener wird, möglicherweise aber auch, weil alles irgendwann ein Ende finden muss und die ohne andere Gründe weniger mit mir anfangen konnten, aber vielleicht täuschte das auch, wie ich dann im letzten Kapitel von der großen Liebe erzählen möchte, die alles infrage und auf den Kopf stellt, warum manchmal alle Gründe hinfällig werden.

Sie wohnte um die Ecke und wir trafen uns spontan vor dem Café Wohnzimmer, direkt am Platz. Groß und blond mit ich weiß nicht mehr was für einer Frisur, weil ich manchmal Weltmeister im Verdrängen bin, dabei sehr schlank, schnell und viel redend mit leichtem Öko-Touch, typischer Wessi in Prenzlauer Berg und entsprechend auch ein wenig politisch korrekt engagiert, war sie sowohl Naturwissenschaftlerin wie auch eine vielfältig interessierte und gebildete Frau. Es fühlte sich gut an und wir landeten bald ohne große Umwege bei mir im Bett und auch das fühlte sich ganz schön an, nicht die große Euphorie oder Leidenschaft, verliebt wäre zu viel gesagt, aber eine große Übereinstimmung und Sympathie und wir schliefen auch gut nebeneinander, wollten das nahende Osterwochenende zusammen verbringen.

Die nächste Nacht lud sie mich zu sich ein, die Nacht in ihrem etwas breiteren Bett zu verbringen, ich brachte einen Wein mit und wir redeten lang, sehr lang. Sie entschuldigte sich erst, fragte, ob ich es wirklich hören wollte, aber ich sagte natürlich, klar, ich will  alles von dir hören und sie erzählte mir, immer wieder von Tränen unterbrochen, die Geschichte wie sie vermutlich ihr Großvater, der auch ein relativ hoher Nazi gewesen war, schon als Baby missbrauchte, woher sie innere Verletzungen hatte und ein schweres Trauma, das sie lange beziehungsunfähig gemacht hatte - nun aber hätte sie es mit ihrer Psychoanalytikerin entdeckt und wüsste, was mit ihr los sei. Als ich wagte, zu fragen, wie sie von Wissen reden könnte, wenn sie sich ganz natürlich an nichts erinnere, wurde sie, so anhänglich und schwach sie zuvor gewesen war, sehr sauer und abweisend, wie ich es wagen könne dies, was sie unter Hypnose oder in der Analyse erfahren hätte, infrage zu stellen, ob ich ihr etwa  nicht glaube, was das solle?

Bemüht, jeden Streit zu vermeiden, wozu auch, wir lernten uns ja erst kennen und woher sollte ich wissen, wie es für sie war, was sie wusste, erinnerte oder nicht, sie tat mir eher  leid und so stellte ich meine ganz grundsätzlichen Zweifel an der Psychoanalyse zurück, beruhigte sie, nahm sie in den Arm und hörte ihr weiter zu.

Aber eigentlich war es das schon. Sie hatte das herausgefunden, was ihre Familie immer gedeckt und verheimlicht hatte, wie sie vermutete, weil ihr Großvater ein wichtiger, bedeutender Mann dort war, wo sie herkam, irgendwo im Westen. Vorsichtig fragte ich sie nochmal, was es denn für Belege gäbe außer der Hypnose und der Psychoanalyse, aber ich merkte schnell, dass dies kein gutes Thema war - sie war ein Opfer, fühlte sich so, auch wenn es sie beim ersten und zweiten Sex überhaupt nicht gestört hatte, aber das war ja auch nicht so wichtig, ich respektierte ihr Gefühl und wollte ihr gut, eigentlich wollten wir einen zärtlich, sinnlichen Abend miteinander verbringen und so versuchte ich konstruktiv damit umzugehen.

Fragte sie, welche Kraft sie dadurch gewonnen hätte und wie sie es schaffe, dennoch den Sex genießen zu können, in der Hoffnung sie aus ihrem Loch zu holen. Sie war erst sehr trotzig und sagte nur, daran wäre nichts toll, sie hätte nichts davon, es mache sie einfach nur fertig und sie könnte das Schwein umbringen, dass ihr das angetan hat, wäre er nicht längst tot. Blieb dabei und fragte sie, ob die glücklicher wäre, wenn sie ihren Großvater umgebracht hätte - sie zögerte einen Moment und ging dann darauf ein - wohl nicht, stimmt schon, meinte sie, war nur so dahin gesagt, musste halt raus die ganze Wut. Darauf fragte ich sie, ob also unser Gespräch ihr Kraft gäbe und da lächelte sie das erste mal wieder und lehnte sich bei mir an. Über den Bogen, wie sehr ich bewunderte, dass sie dennoch Zärtlichkeiten zulassen und Sex genießen könnne, kamen wir uns wieder näher, küssten uns, ganz vorsichtig und sie mahnte mich dreimal, ich müsse das verstehen, sie könne jetzt nicht einfach und das sei einfach zu hart und ich verstand natürlich, streichelte sie nur ein wenig zärtlich - als dann doch plötzlich bei ihr wieder die große Lust erwachte, war ich ganz vorsichtig, bis sie meinte, sie sei ja nun nicht aus Zucker und wir wechselten in ihr Bett hinüber - sie ließ sich lecken und mehrfach befriedigen, genoss es sichtlich, es war schon gegen 4h nehme ich an, als sie plötzlich meinte, nun sei genug - ich müsse verstehen - verständnisvoll wie immer fragte ich sie, ob ich lieber gehen solle, aber sie wollte nicht allein sein, lieber in meinem Arm schlafen, gerade jetzt - auch wenn sie meine unerwartete mittige Erektion dann doch empörte, ob ich denn kein Verständnis hätte, dass ihr danach nun gar nicht wäre.

Natürlich verstand ich, klemmte meinen steifen Schwanz zwischen die Beine und hoffte, es würde morgen anders werden, im übrigen war ich betrunken genug, einfach schlafen zu wollen, wir hatten während dieses emotional sehr aufreibenden Gesprächs mehrere Flaschen Wein geleert und so wollte ich zumindest nun schafen und das gerne aneinander gekuschelt. Sie zunächst auch, dann nachdem wir so friedlich eingeschlafen waren, wachte sie auf und weckte auch mich, ich solle bitte mehr an den Rand rücken, sie könne jetzt keine Berührung ertragen. Wieder fragte ich sie, ob ich nicht lieber gehen solle, aber das wollte sie  auch nicht und so versuchte ich im Wechsel zwischen ihrem Nähebedürfnis und ihrem totalen Rückzug zu schlafen - während sie wieder zu reden anfing, dass ich der erste sei, dem sie davon erzählte, ihre Therapeutin hätte ja es auch gerade erst mit ihr herausgearbeitet und nun arbeiteten sie ganz langsam an ihrem Trauma, verstünde, warum all ihre Beziehungen in die Brüche gehen mussten.

Dachte für mich, dass diese Therapeutin etwas von ihrem Geschäft versteht und von dauerhafter Kundenbindung, sagte es aber nicht, sondern sagte einfach nichts, wollte ein wenig schlafen. Sie beschimpfte mich noch etwas, weil ich nicht reagierte, als ich dann den Arm zu ihr ausstreckte und zufällig auf ihrem Busen landete, kam das erwartbare Gezeter von typisch Mann immer nur das eine und ob sie denn überhaupt nicht verstünde und ich versuchte ihr zu sagen, dass es dunkel sei, ich nicht sah, wo mein Arm hinfiel und es zärtlich liebevoll gemeint war. Sie knurrte noch ein wenig und schlief dann doch irgendwann ein und begann, vermutlich auch dem Wein geschuldet, zu schnarchen - dachte nur, ich schnarche auch immer, wenn ich auf dem Rücken liege und überlegte, ob ich es nun wagen sollte, sie anzustupsen oder mit den Finger zu schnipsen. Ließ es lieber, mich fürchtend vor dem, was mich dann erwarten könnte, aber auch zu erschöpft zu gehen oder irgendwas anderes zu tun.

Gegen sechs Uhr erwachte sie aus dem schnarchenden Schlaf und ich lag noch gerädert neben ihr - hatte zwischendurch mit den Fingern geschnipst und dann versucht, mich abzulenken, was ähnlich erfolglos war - sie sprang aus dem Bett und riss die Vorhänge auf, hell schien das Licht in ihre im 4. Stock gelegene Wohnung, bis auf ihr Bett, wo ich noch völlig verkatert lag. Auf meine vorsichtige Frage, ob sie nicht die Vorhänge wieder schließen könne, kam nur, dies sei ihre Wohnung, da mache sie, was sie wolle, sie ginge jetzt laufen.

Zog die Vorhänge wieder zu, als sie weg war, schlief noch einen Moment und war eigentlich schon fast entschlossen, den Tag lieber allein zu verbringen, verstand, ein wenig, warum all ihre Beziehungen gescheitert waren. Da kam sie vom Laufen zurück, riss die  Vorhänge wieder auf, fragte, was mir überhaupt einfiele, dass sei schließlich ihre Wohnung und da hatte ich endlich genug, es reichte mir. Packte meinen Rucksack und verabschiedete mich.

Danach gab es noch einige zornige SMS, dass wir doch Ostern zusammen verbringen wollten und was mir einfiele, typisch Mann und ähnliches, bis ich sie blockte, weil ich es nicht mehr ertrug. Drei Tage später hab ich sie wieder frei gegeben und ihr freundlich geschrieben, doch kamen nur seltsame Belanglosigkeiten, warum ich nicht nochmal versuchte, es auf ein Zusammentreffen anzulegen und tatsächlich, obwohl wir nahezu um die Ecke leben, habe ich sie nie wieder gesehen, weiß allerdings nicht, ob das an meiner Blindheit lag oder meiner Fähigkeit mir unangenehmes konsequent auszublenden.

War ja einiges gewohnt, aber das war mir eine Nummer zu hart - wie überhaupt mir bei Finya auffällig viele Frauen mit psychischen, sagen wir es vorsichtig, Abnormitäten, begegnet sind - zum Glück auch genug andere, dies war eine der außergewöhnlichen Frauen und ich fragte mich manchmal, ob dieser latente Männerhass in ihrer Partei normal war, forschte dem aber nicht weiter nach, um keine Vorurteile zu entwickeln.

Bedauerte schon, doch nicht über Ostern zu meinem Onkel gen Mecklenburg gefahren zu sein, wo wir uns immer in der Familie trafen, was ich über Jahre der Mutter meiner Tochter wegen verpasst hatte und was ich ja nun könnte, aber statt mich zu entscheiden, schaute ich nochmal im ewigen Finya-Archiv, was sich fände und siehe da, es ergab sich noch ein Date mit einer vom Bild und der Beschreibung her etwas üppigeren und leidenschaftlichen Opernsängerin.

Es wurde wunderbar, sie war zwar Künstlerin auf der einen Seite, andererseits aber auch eine ganz normale bodenständige Schwäbin, mit einer wunderbar üppigen Figur, nicht so dürre und nervös wie die letzte, dachte ich, wenn ich ehrlich war, einen Moment für mich - verliebte mich nicht, aber genoss es und sie fühlbar auch. Wir kamen nachdem wir uns schon im Café so nah wie möglich gekommen waren, beim ersten mal gar nicht bis in mein Bett, ich befriedigte sie schon das erste mal im Flur auf dem Weg in mein Bett.

Leider war danach ihre hemmungslose Leidenschaft etwas verpufft, sie gestand mir, dass sie eigentlich schon eine halbe Beziehung mit einem anderen Finya-Mann angefangen hätte und darum nicht mit mir schlafen könne - na toll, dachte ich, erst befriedigen lassen und dann Rückzieher machen - aber, ohne dass ich ein Wort dazu sagte, ergänzte sie, inzwischen nackt mit ihrer wunderbar weißen Rubensgestalt in meinen Armen liegend, in breitestem schwäbisch - sie könne mir aber gerne einen blasen, wenn ich wolle. Und wie ich wollte nach der letzten frustrierenden Erfahrung. Es wurde schön und wir sahen uns, nachdem es mit dem anderen wohl doch nichts geworden war, noch einmal, sind längst via Faebook befreundet - eine schöne Erinnerung an eine leidenschaftliche, üppige Frau, die mir Ostern verschönte.

Am Ende der Woche, die mit diesem vielfältig leidenschaftlichen Ostern begann, lernte ich wieder via Finya eine kennen, die mir schon beim ersten Date ganz wunderbar gefiel. Holte sie von der S-Bahn ab und sie kam mir entgegen, mit ihren langen braunen Haaren, die bis fast zum Po reichten und einem bezaubernden Lächeln im Gesicht.

Wir saßen erst einige Stunden in der Aprilsonne vor dem Café Wohnzimmer, kamen uns gesprächsweise näher und ich war dabei mich in diese Juristin aus Westberlin zu verlieben, die seit Jahren für eine Versicherung arbeitete und wir erzählten uns amüsiert von unseren bisherigen Versuchen. Irgendwann gingen wir zu mir, sie anfänglich noch etwas unentschlossen, gab sich beim Küssen dann doch ganz hin.

Streichelte ihren für ihre sonst eher kräftige Figur eher kleinen aber wunderschönen und festen Busen, doch als ich ihre Hose öffnen wollte, schob sie mich erst weg, obwohl sie mich längst auch dort gestreichelt hatte. Schaute ihr fragend in die schönen braunen Augen und merkte, sie war einfach schüchtern. Ließ sie und streichelte sie weiter durch die Hose und ihren schönen Busen, bis auch ihr Atem schneller ging. Unternahm einen zweiten Versuch, dem Zentrum ihrer Lust näher zu kommen und wieder war ihre Hand ganz schnell da, mich wegzuschieben aber ihr Widerstand wurde schwächer. Schaute sie wieder an und fragte, ob es ihr zu schnell geht, sie sich unwohl oder bedrängt fühle.

Nein, das war es nicht, sie fühlte sich sehr wohl, küsste mich leidenschaftlich und ich mochte ihre Küsse, dann endlich gab sie jeden Widerstand auf und ließ mich zumindest ihre Hose öffnen, damit ich sie direkter streicheln konnte und genoss es spürbar. Als ich nach einiger Zeit des Streichelns auch ihre Hose herunterschieben wollte, ansonsten waren wir längst nackt, wurde ihr Widerstand wieder stärker und ich konnte es nicht verstehen, hatte sie sich doch eben noch lustvoll, als ich sie streichelte, in  meinen Armen gewunden, zumindest schien es mir so.

Statt nun lange zu diskutieren, stand ich einfach auf, was sie, die es falsch verstand, spürbar erschreckte, sofort griff sie nach ihrem BH und wollte sich anziehen, bedeckte ihren Busen mit dem anderen Arm. Doch ich wollte mich nur ausziehen, einfach damit anfangen, bevor ich noch lange mit ihr diskutierte und zehn Versuche startete ihre Jeans über den sichtbar großen Po zu schieben.

Als sie erkannte, was ich vorhatte, löste sich etwas der erste Schreck in ihrem Gesicht und sie umarmte mich zärtlich, als ich wieder zu ihr kam, griff direkt nach meinem nun freiliegenden Schwanz, der voller Vorfreude vor ihr stand. Küsste ihren Hals und mich langsam zu ihren Busen hinunter zu der noch halb bedeckten Mitte, hob ihr Becken mit einem Arm an und zog ihr einfach die Hose mit Unterhose herunter und sie wehrte sich kaum, wirkte aber auch nicht sehr glücklich.

Um die Situation zu retten, fragte ich lieber nicht lange sondern küsste ihre nun entblößte wunderschöne Mitte. Ihr bis auf ein schönes dunkelgelocktes Dreieck wohl rasierter Schoß lachte mich an und ich schob meine Zunge zwischen ihre fest geschlossenen Schamlippen und endlich entspannte sie etwas und genoss - küsste ausgiebig ihre längst sehr nasse Mitte und ihren Po und sie gab sich dem, etwas verschämt aber doch lustvoll hin.

Spürte, das es ihr immer noch peinlich war und fragte sie nochmal, ob das jetzt zu stürmisch war, aber sie meinte nur, es sei alles gut, sie hätte es sehr genossen, sie schäme sich nur für ihre Beine und ihren, wie sie es sagte, zu fetten Arsch, der angesichts ihrer sonst eher sehr festen und drallen Figur wirklich erstaunlich weich und ausladend war.

Tröstete sie und sagte, dass sie doch eine wunderbare Figur habe, ich es gerne sehr weiblich möge und sie entschuldigte sich, dass sie das eben von ihrer Mutter geerbt hätte, sie zwar zweimal die Woche ins Fitness-Studio ginge, aber gegen das Bindegewebe und die Veranlagung nichts machen könne. Küsste sie und sagte, dass ich mich in sie und nicht in ihre Oberschenkel verliebt hätte und das ich die aber, weil sie zu ihr gehörten, dann logisch auch lieben würde, dass so etwas doch ganz egal sei und endlich entspannte sie ein wenig und wir schliefen miteinander, was schön wurde, insofern sie alles mitmachte, aber mich doch etwas ratlos zurückließ, weil sie einfach nicht zum Höhepunkt kam und ich ja nach jahrelanger Übung darauf fixiert war, auf Frau zu warten.

Das blieb in den Monaten bis Juni in denen wir zusammen waren leider meist so. Einmal brachte ich sie dazu, zu kommen, als ich sie so lange leckte, bis aller innerer Wiederstand, einfach mal loszulassen, brach und sie sich zuckend entspannte. Hoffte, wir hätten nun nun die Hürde genommen und auch sie war hoffnungsvoll und bereit alles mit mir auszuprobieren. Streichelte sie dabei und sie begann ganz langsam, das erste mal in ihrem Leben, etwas wie Lust beim Sex zu empfinden, wie sie sagte, bisher hätte sie es halt mitgemacht und ein wenig gestöhnt, weil man das eben so mache, was daran so toll wäre, hätte sie sich immer gefragt.

Hatte nun den Ehrgeiz sie auch zum großen Glück zu bringen und wir kamen dem Ziel immer näher, häufiger auch bei ihr, im Westen, nahe dem Schlosspark, in dem wir auch manchmal schön spazierten.

Sie war auch Teetrinkerin, zumindest auch Teetrinkerin - morgens trank sie ihren Kaffee aber sie liebte feinen grünen Tee und bereitete ihn sehr sorgsam zu - ließ das Wasser abkühlen und war überhaupt in ihrem Haushalt sehr bemüht, ihre Gäste zu verwöhnen. Geistig hatten wir nicht so viele Gemeinsamkeiten, ihre Leidenschaft für Musicals, schreckte mich eher ab, aber ich sah viel Potential und vor allem mochte ich ihre ansonsten unkomplizierte, direkte Art, schlief wunderbar in ihrem großen Bett mit ihr, doch bisher hatte sie Scheu meiner Tochter vorgestellt zu werden wollte lieber noch warten, war sie doch selber Trennungskind und hatte darunter lange sehr gelitten.

Dann bekam sie plötzlich einen Genitalherpes. Ging vor Schmerzen halb wahnsinnig noch Nachts in die Notaufnahme und schrieb mir von da bitterböse SMS, weil sie dachte ich hätte sie nach meinem wilden Vorleben infiziert. Voll schlechtem Gewissen ging ich gleich am nächsten Tag wieder zum Arzt, ließ mich untersuchen, mir sicherheitshalber noch eine Salbe verschreiben - aber ich hatte nichts und konnte sie nicht angesteckt haben. Schließlich stellte sich heraus, dass ihre Mutter schon häufiger darunter gelitten hatte und erklärte ihr ihre Frauenärztin, dass es keine Infektion gewesen sein müsse, sondern einfach die ungewohnte Reizung, sie hatte ja schon lange keinen Mann mehr so nah heran gelassen, nach vorherigen schlechten Erfahrungen und Bemerkungen zu ihren Schenkeln, immer vorher abgebrochen.

Wir trafen uns dann noch einmal, etwas schlechtes Gewissen war noch in mir, aber ich hoffte doch auf eine friedliche Versöhnung. Sie entschuldigte sich auf ihre ruhige und schüchterne Art für ihre Vorwürfe, es hätte wohl nicht an mir gelegen, unser Sex hätte nur zum Ausbruch gebracht, was schon lange in ihr schlummerte. Aber, sagte sie mit traurigen Augen, während sie bei mir Arm auf einer Bank im Park vor meiner Haustür saß, sie hätte sich entschlossen, es zu beenden, ihr Körper hätte ihr ein klares Signal gegeben und auch ihre Heilpraktikerin hätte gemeint, sie solle auf die Stimme ihres Körpers hören. Das täte ihr sehr weh, sagte sie mit schon feuchten Augen, sie möge mich ja schon sehr, aber sie müsse auf die Zeichen ihres Körpers hören.

Überlegte, ob ich mich über die Heilpraktikerin und diesen albernen Aberglauben aufregen sollte, der aus einer einfachen physischen Reaktion etwas Großes machte, wollte gerade damit anfangen, als ich sie ansah und merkte, es ist besser so. Fragte mich, ob ich mit ihr je glücklich würde und genießen könnte, wenn sie, die nach zwei Monaten ganz langsam zum ersten mal etwas wie Spaß am Sex entwickelt hatte, nun entschlossen war, dem Sex ganz abzuschwören und lieber enthaltsam leben wollte. Und so drückte ich sie fest, küsste sie noch einmal und sagte nur, wenn du das so fühlst, wird es richtig für dich sein und wir trennten uns in aller Freundschaft und ganz einverständlich.

Einmal schrieb sie mir noch eine Karte zum Geburtstag, was mich sehr rührte, wäre ich da nicht schon in einer anderen Beziehung gewesen, hätte ich mich bestimmt bei ihr gemeldet, so beließ ich es bei einer Nachricht und einem liebevollen Dankeschön. Mochte sie sehr  und hätte sie gerne glücklich gemacht, dass sie untenrum etwas fett war, störte mich nicht wirklich, sie war einfach in Ordnung, liebevoll, zuverlässig, nur ein Mensch ohne Leidenschaft, der dem Sex abschwören konnte, ohne je erfahren zu haben, wie schön das sein kann. Wünsche ihr, dass sie es noch einmal erfährt und einen findet, der sie so liebt und würdigt, dass sie sich ganz gehen lassen kann, ohne Angst, schlecht behandelt zu werden.

Einige Wochen später hatte ich wieder ein Finya Date mit einer großen blonden Architektin, die auch aus dem Westen kam. Unser erstes Date war speziell. Hatte gerade meine Tochter zu meinen Eltern an den Bahnhof in Kassel gebracht und war von da aus wieder zurück nach Berlin gefahren, wo sie mich vor dem Bahnhof in ihrem Auto erwartete. Wir gingen zuerst in ein kleines Café in der Nähe des Bahnhofs, zwischen Kanzleramt, Bahnhof und Feuerwehr gelegen ein etwas seltsamer Ort mit immerhin Blick auf die Spree.

Sie trug den gleichen Vornamen wie ihre Vorgängerin, von der ich gerade schrieb und sie war eine schöne blonde Frau, die angeblich nur ein Jahr älter war als ich, was mir schon im ersten Moment komisch vorkam, doch sie hielt diese Lüge so lange aufrecht, auch unseres Kinderwunsches entsprechend, dass es, als sie es schließlich gestand für sie sehr peinlich wurde und sie fürchtete, ich würde sie nun sofort verlassen, weil sie vier Jahre älter war als ich. Doch störte mich das am allerwenigsten, es war mir egal, ich lachte sie an und fragte nur, warum das für Frauen immer so ein Thema sei und sie war erstaunt dankbar.

Aber zurück zum ersten Date - nach dem ersten Tee nahe dem Bahnhof fuhren wir noch zur Tadshikischen Teestube, die damals noch zwischen DHM und Gorki lag, tranken noch einen Tee, kamen uns etwas näher und waren uns zunehmend sympathisch und ich hoffte auf eine wunderbare Nacht. Brachte sie zum Auto doch sie schloss sofort aus, dass sie mich noch mit zu sich nehmen würde, zumindest küssten wir uns neben ihrem Wagen das erste mal voller Leidenschaft und ich spürte ihren Busen an meine Brust drücken und versuchte vorsichtig, ihn zu berühren. Um nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf der Straße zu erregen, setzten wir uns schließlich in ihr Auto und knutschten weiter und sie ließ mich zumindest an ihren wunderschönen Busen, der relativ groß, von perfekter Form und fest war. Als ich ihn schließlich sogar leidenschaftlich küssen durfte, wobei sie noch zweimal versicherte, sie nähme mich aber nicht mit zu sich heute, kam sie das erste mal dabei.

Hatte ja schon einiges erlebt, aber dass eine Frau nur davon kam, dass ich ihren Busen küsste, war neu und ließ mich noch ein wenig, auf eine heiße Nacht hoffen. Aber sie blieb konsequent, nicht beim ersten Date, fuhr mich auch nicht auf den Berg hinauf, sondern in ihr heimatliches Dorf tief im Westen der großen Stadt und ich setzte mich in die Straßenbahn, um auf den heimatlichen Berg zu fahren.

Es dauerte dann fast eine Woche, bis wir uns das nächste mal sahen, aber wir schrieben uns liebevoll und es fing mit viel Gefühl an. Schließlich durfte ich sie in ihrer schönen, großen 3 Zimmer Wohnung besuchen kommen und irgendwann hatten wir auch so etwas wie Sex, aber es dauerte sehr lange, brauchte viel Vorlauf und war ganz schnell vorbei. Sie kam schon, als ich ihren Schoss nur kurz streichelte und war danach eigentlich müde, wollte keinesfalls mehr angefasst werden, das war bis zum nächsten mal tabu, sie könne höchstens einmal.

Müde war sie ohnehin die meiste Zeit, was an ihrem ADS in der langsamen Variante läge, wie sie mir ausführlich erklärte, sie brauchte viel Schlaf und sie brauchte ihn für sich. Nach dem sie gekommen war, hatte sie mich noch mit der Hand befriedigt, aber dann wollte sie  bitte nicht mehr angefasst werden, ein wenig kuscheln, aber zum Schlafen wollte sie mich lieber auf ihr Sofa verbannen. Als ich daraufhin meinte, dann könne ich auch gleich nach Hause fahren, willigte sie in den Versuch ein, meinte aber gleich, sie sei da schwierig, wisse nicht, ob sie da schlafen könnte.

Ich schlief wunderbar, sie zog irgendwann auf das Sofa aus, als ich erwachte und es bemerkte, wollte ich sie zurückholen und schlief dann selbst auf dem Sofa, damit sie nun zur Ruhe käme. So blieb es 11 Monate lang. Wenn sie bei mir schlief, legte sie sich eine Matratze in den Flur - vor  dem Einschlafen kuscheln, Sex eher sehr selten und ich versuchte sie nicht zu bedrängen, aber es blieb die Ausnahme.

Irgendwann meinte sie, es könnte sein, dass sie  eigentlich asexuell wäre, was natürlich Blödsinn war, sie kam schließlich schon, wenn ich nur ihren Busen küsste, aber vor dem zusammen schlafen hatte sie Angst. Andererseits wünschte sie sich nichts mehr als Kinder, dann wollte sie ganz Mutti sein und ihre Kinder bis mindestens drei Zuhause haben. Als ich sagte, wenn wir Kinder wollten, müssten wir auch zusammen schlafen, war sie einen Moment lang etwas offener dafür - aber eher theoretisch, denn praktisch.

Sie hatte vielfach geerbt und war dadurch eine wohlhabende Frau, hatte mehrere Wohnungen und müsste eigentlich nicht arbeiten, hatte sich, bevor wir uns kennenlernten, überlegt ein Pflegekind zu nehmen, sich in einen Kurs dafür angemeldet und genau ausgerechnet, wie sie dann ohne zu arbeiten die ersten Jahre gut leben könnte. Eigentlich hatte sie genug und müsste sich keine Sorgen machen, dennoch war sie ihrem Wesen nach eher sparsam bis zum Geiz, wie es so häufig ist, das Geld bleibt bei denen kleben, die es zu hüten wissen. Mir war das fremd.

Später erst erfuhr ich, dass ihre Flucht aus dem Bett der Befriedigung auch ihrer Fernsehsucht diente, von der sie durch mich geheilt zu werden hoffte und wir waren zumindest in der Beziehung zusammen auf einen guten Weg, da ich nie fernsehe, nicht mal einen habe, es völlig überflüssig finde und sie sich dafür in meiner Gegenwart schämte.

Sie war eine sehr liebevolle, schmusige und zärtliche Frau, auch ein fröhlicher Mensch, wenn sie nicht von ihrem Bürojob völlig ausgebrannt war und darüber gern klagte. Neben der Fernsehsucht, war Schoppen ihre zweite große Leidenschaft, die sie zum Glück meist mit ihrer Schwester auslebte. Einigemale musste ich auch dran glauben, wenn sie meinte, ich bräuchte etwas neues und sie mir dafür wunderbare Sonderangebote zwischen Tauentzien und Kudamm heraussuchte, wenn sie nicht im Netz nach neuen Angboten fahndete oder Schnäppchen ersteigerte, die meist einen ausgewählt guten Geschmack zeigten.

Kann und möchte nichts schlechtes über diese liebevolle Frau sagen, die auch rührend lieb mit deiner Tochter war, wo sie sich doch selbst so sehr ein Kind wünschte, vermutlich hätte ich mit ihr ein friedliches wunderbares Leben führen können. Leider hielt ich es so nahezu ohne Sex nicht aus und nachdem ich zwei Geliebte in der Dauer unserer Beziehung getroffen hatte und dennoch bei ihr geblieben war, gab ich es nach elf Monaten auf, in denen wir real zweimal zusammen geschlafen hatten, ich wollte eine Partnerin, die auch den Sex mit mir genoss, Lust hatte und nicht immer nur müde war. Aber ich hatte auch darum ein schlechtes Gewissen.

Sie nahm mir diesen Trennungsgrund, einen anderen gab es eigentlich nicht, sehr übel, dadurch hatten wir keinen Kontakt mehr und sie reagierte auf Mails von mir nur sehr formal bis verletzt und beleidigt. Sie kannte keinen erfüllenden Sex. Vor mir hatte sie sieben Jahre keine Beziehung gehabt, nur einmal ein wenig Petting mit einer Finya Bekanntschaft einige Monate vor mir. In ihrer letzten Beziehung mit einem wesentlich älteren Mann, der ihr Vater hätte sein können, war am Ende die letzten Jahre auch nichts mehr gelaufen, wie sie mir erzählte und ich verstand, dass sie nichts vermisste, was sie nicht kannte.

Das Verrückte daran aber war, dass die beiden male, die wir zusammen schliefen, sie völlig aufgedreht war, verliebt fröhlich, lebensfroh, ein ganz anderer Mensch eigentlich und immer, wenn ich sie daran erinnerte, sagte sie, stimmt, du hast recht, wir sollten es häufiger tun, da ging es mir so gut danach, ich war wie aufgedreht.

Bei der Feststellung, dass wir es hätten tun sollen, blieb es leider. Wir taten es dann nicht mehr von Weihnachten bis Mai. Hab sie sehr gern gemocht, denke auch auf eine Art wirklich geliebt, aber ich hielt es irgendwann nicht mehr aus und wieder klingt dieses Schreiben, als wollte ich mich für etwas völlig natürliches entschuldigen. Wäre ich mit ihr zusammen geblieben, hätte entweder ein Wunder geschehen oder ich hätte mir eine Liebhaberin nehmen müssen, um nicht durchzudrehen. Sonst kann ich nur Gutes über diese liebevolle, blonde Frau aus dem Westen Berlins sagen.

Zwei Jahre nach ihr traf ich mal wieder eine kinderlose, unverheiratete Frau. Der Kontakt war über eine Ex von mir vermittelt worden, deren beste Freundin sie war. Wir hatten vorher telefoniert und uns geschrieben und ich war gespannt auf diese Frau von der meine Ex, die mich schon lange und gut kannte, meinte, sie passte zu mir und sie meinte selbiges zu ihr.

Sie hatte, schien es mir, die richtige Vermutung. Die Anziehung war spürbar, vom ersten Moment an, was natürlich auch an der seltsamen Geschichte im Hintergrund lag, zwei beste Freundinnen und eine vermittelt der anderen ihren Ex von vor zwanzig Jahren. Doch es kitzelte. Wir saßen dann lange auf einer Bank im Park vor meiner Tür und irgendwann küssten wir uns und ihre Leidenschaft erwachte. Streichelte sie soweit es auf der Bank vor dem Kiezkind, jenem Mutticafé mit den vielen Kleinkindern hier mitten auf dem Platz, möglich war. Da flüsterte sie, die zuerst meinte, es passe doch nicht, mir ins Ohr, komm, lass uns hoch gehen zu dir - und ich Idiot, als hätte ich nicht Erfahrung genug gehabt, wollte es noch ein wenig herauszögern, fragte sie, ob sie es wirklich wolle und war eigentlich schon dabei, mich zu verlieben, auch wenn mir, was sie mit ihren Aufstellungen nach Hellinger machte, die ich für eine Psycho-Sekte halte, überhaupt nicht gefiel, sie leidenschaftliche Standardtänzerin war, womit ich auch ganz schlechte Erfahrungen bereits hatte, sehr schmerzvolle noch dazu, denke ich an meinen dreißigsten zurück, sie als Heilpraktikerin arbeitete, wovor mir auch grauste - alles war egal, sie gefiel mir, ich war dabei, mein Herz zu öffnen, darum zögerte ich, weil ich sie nicht einfach wie so viele schnell vernaschen wollte, es sollte etwas besonderes sein, sie war schließlich die beste oder eine der besten Freundinnen meiner sehr geschätzten Ex.

Doch wenn eine Frau mit dir ins Bett will und du zögerst, vergiss es lieber, denk nicht weiter darüber nach. So war es auch diesmal, irgendwann, sehr bald danach, wollte sie gehen, lieber doch nicht mehr hoch zu mir, ich brachte sie zu ihrem Wagen und wir verabschiedeten uns auf bald und haben uns nie wieder gesehen oder gehört - geschrieben habe ich ihr noch einige male, aber auch das hat sich irgendwann erledigt - schätze sie und wäre gespannt gewesen, fand sie begehrenswert schön mit ihrer zarten mädchenhaften Figur und schrieb noch einige hingebungsvolle Verse, die echolos verklangen - einige Tage später teilte sie mir mit, es passe nicht.

Es gab noch sechs unverheiratet, kinderlose Frauen in meinem Leben, die Eifersüchtige mit der Modelfigur, die dunkehaarige Psychologin für eine Nacht von Tinder und meine zweite Verlobte über die ich schon ausreichend schrieb und die drei, die mich in meinem Stammcafé ansprachen, das auch eine Bar ist und ein eigenes Kapitel aus anderen Gründen wurde, bis ich als siebte die große Liebe fand in einer unverheiratet, kinderlosen Traumfrau über die ich im letzten Kapitel noch ein wenig schreibe.
jens tuengerthal 20.4.2016

Mittwoch, 20. April 2016

Kulturgeschichten 0195

Demokratiezug

Nimmt die Demokratie unaufhaltsam ihren Lauf, weil sie das bessere Modell der Welt ist?

Haben die Feinde der Demokratie noch eine Chance nachdem sich diese als Prinzip auf globalen Märkten als effektiver erwies?

Wie fing die Demokratie an in die Welt zu ziehen?

Demokratie geht vom mündigen, selbständigen Bürger aus, sie gibt ihm eine Stimme, die abgegeben wird, manche meinen damit auch aufgegeben, andere sehen es im Vergleich als die zumindest bisher höchste Form der Beteiligung an der Macht. Die ökonomisch erfolgreichsten Staaten der Welt sind demokratisch regiert. Alle wichtigen Innovationen und Erfindungen kommen aus demokratischen Systemen. Autoritäre Staaten profilieren sich nur noch im Sport. Bei olympischen Spielen oder ähnlich fadenscheinigen Veranstaltungen zeigen Diktatoren ihre scheinbare Potenz.

China ist es nicht und verzeichnet dennoch enorme Wachstumsraten, gilt als Markt der Zukunft. Ob dies mit dem weiteren Mangel an Demokratie unter der Diktatur der kapitalistisch gewandelten KP möglich ist, scheint nur solange fraglich, wie unsere Firmen dort Geschäfte machen mit dem Argument, wenn wir es nicht tun, werden es die anderen machen und wir gehen leer aus, was sich keiner auf dem Milliardenmarkt leisten kann. Früher ging es zwar auch ohne das Mao-China mit den ungezählt vielen Hinrichtungen bis heute, aber wen interessiert schon, was früher war, wenn es um das Überleben am Markt heute geht.

Ähnlich sieht es mit dem endlich nicht mehr boykottierten Iran aus, der Mullah-Republik, die nach der Sharia steinigen lässt, wie Saudi Arabien natürlich auch, dem Erzfeind derselben, weil die Perser seit Jahrtausenden als Hochkultur auf die nur Wüstenräuber hinabsehen - fraglich nur, warum sie dann beide noch der Sekte des Wüstenräubers Mohammed folgen.

Haben wir noch Werte oder nur noch Geschäftsinteressen und was zählt in der Demokratie?

Ist es der Wille der Mehrheit entscheidend und nicht, was gut oder vernünftig wäre?

Braucht die Demokratie eine aufgeklärte Gesellschaft im Sinne Kants?

Die letzte Frage führt zurück zur Basis der modernen Demokratie, der Idee der Aufklärung wie Kant sie als Antwort auf die Frage, was Aufklärung sei der königlich preußischen Akademie der Wissenschaften beantwortete.

Aufklärung ist danach Befreiung des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist die Unfähigkeit sich seines Verstandes (selbständig) zu bedienen und selbstverschuldet ist diese, wenn sie nicht aus dem Mangel des Verstandes resultiert, sondern aus der Unfähigkeit sich dieses zu bedienen.

Darin steckt alles, was die Demokratie bis heute braucht und betrachten wir es im Lichte von Kants Imperativen, bräuchte es keines weiteren Gesetzes das Zusammenleben zu ordnen. Es geht darum, selber zu denken und Verantwortung dafür zu übernehmen, zu wissen, was ich tue und dies vor mir rechtfertigen können. Vor mir rechtfertigen ist in der Demokratie einer der spannendsten Punkte bis heute, denn dies meint nicht, sich auf Gesetze zu berufen oder schlicht Regeln und Gewohnheiten zu folgen, sondern etwas eben mündig vor dem eigenen Gewissen prüfen und entscheiden, was mir gut und richtig vorkommt und was nicht. Ein Prozess der Zeit braucht und kaum in die sich stets überschlagende und geifernde Mediendemokratie passt, die von Schlagzeilen lebt.

Die Demokratie bräuchte also, was sie immer weniger hat, Zeit, um vernünftig und aufgeklärt zu entscheiden, was wir sittlich und moralisch finden, was wir für gut halten und was gerade nicht. Nur, wenn wir selbst und eben aufgeklärt entschieden, hätte das Urteil einen Wert und könnte als sittlich betrachtet werden - alles andere ist nur funktionaler Gehorsam ohne jeden moralischen Wert, auch wenn das allermeiste heute so geschieht und sich logisch die Frage stellt, wie dringend wir daher nun eine Entschleunigung bräuchten, um noch vernünftige Entscheidungen zu treffen.

Damit ich am Markt funktioniere, folgen ich den schlichten Geschäftsinteressen im mir erlaubten funktionalen Rahmen, zu mehr bin ich beim vorherrschenden Tempo der Gleichzeitigkeit kaum fähig. Das ist derzeit so. Wie ich das ethisch beurteile, ist eine andere Frage. Doch fehlt mir die Zeit, ein ruhiges Werturteil zu fällen, wenn ich im System funktionieren soll. Damit handele ich, wenn ich handele und mich anpasse, meist unaufgeklärt, was mir überhaupt nicht gefällt und warum ich versuche, es nach Möglichkeit anders zu machen, mich gegen den Strom zu stellen.

Diese meine Meinung könnte jedoch völlig egal sein, wenn die Mehrheit mit dem was ist, zufrieden wäre. Was nach bisher unwiderlegter Definition Kants gut und vernünftig wäre, wissen wir, dennoch handelt die Mehrheit meist anders. Zählt dann in der Demokratie mehr was die Masse macht oder ob das, was sie tut, auch gut und vernünftig ist, frage ich mich und fürchte schon diese Frage interessiert wenn überhaupt nur eine ganz kleine Minderheit, weil es der großen Mehrheit zu anstrengend ist, sich solche Fragen zu stellen, weil sie ohnehin in ihren Alltag so eingebunden sind, dass ihnen keine Zeit zum Denken bleibt und sie sich in der wenigen Freizeit lieber leichteren Vergüngungen als dem kritischen Denken über die Notwendigkeit einer Aufklärung und Befreiung zum sittlichen Handeln hingeben.

Sind diejenigen zufrieden, die einfach nur tun, was sie tun müssen und sich angepasst verhalten?

Vermutlich stellt die Frage nur, wer es nicht ist. Die allermeisten Menschen finden es befriedigender sich eine Serie anzuschauen, als für sich zu klären, warum sie überhaupt etwas tun, was gut wäre und wann sie frei sind, etwas zu tun, welche Verantwortung sie als Bürger einer Demokratie haben, wundern sich nur, wenn sie irgendwann unerklärlich in eine psychologische Krise oder eine Sinnkrise fallen und davon krank werden.

Ist damit die Demokratie nur noch ein System zum Schein, in dem die ganz große Mehrheit keine Verantwortung übernimmt und genauso keine haben könnte, sind die Menschen zu blöd für die Demokratie und um sittlich zu handeln?

Vielleicht ist es so, wenn ich den Kant wörtlich nehme, nur wird das System falsch, wenn es  nur eine kleine Minderheit angemessen nutzt?

Angenommen drei von vielleicht hundert oder tausend die diesen Text lesen, fragen sich, was sittlich richtig wäre und stellen fest, wie befreiend es ist, moralisch zu handeln, wäre es damit genug, eine Demokratie und ihre hehren Prinzipien zu rechtfertigen?

Drei Promille wäre zu wenig bei einer Wahl und zu viel zum Fahren. Es ist egal, ob 90% oder nur 0,001% die Demokratie verstanden haben, solange sich nicht 90% Unverständnis und Dummheit in Bewegung setzen, um zu bestimmen, wie der Staat künftig funktioniert und regiert wird.

In Sachsen bewegen sich noch immer zu viele, auch wenn es nur Promille sind, hinter rassistischen Formeln her. Dafür wählte in Sachsen-Anhalt ein Drittel heimlich Ausgrenzung und Rassismus ins Parlament. Was wäre eine angemessene Antwort auf diese faktische Verweigerung der Demokratie und ihrer moralischen Ordnung im politischen Geschrei?

Wenn in einem Land mindestens ⅓ der Bevölkerung nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht, wie soll die Demokratie damit umgehen?

Eigentlich wollte ich über ein ganz anderes demokratisches Ereignis noch schreiben und bin über die Moral und ihre Rechtfertigung in der Demokratie ein wenig abgedriftet, auch wenn der hehre moralische Anspruch und seine faktischen Grenzen ganz gut zum Thema passen, eigentlich sind, um was es geht. Was rechtfertigt die Demokratie und was nicht mehr, hat sie  Grenzen oder braucht sie Grenzen, um darin zu funktionieren?

Wie begann der Lauf zur Demokratie in Deutschland überhaupt?

Am 20. April 1848 wurde der radikaldemokratische Heckerzug von badischen Truppen unter Friedrich von Gagern gestellt und im Gefecht völlig aufgerieben. Gagern gehört zu den wenigen Toten der Schlacht, von dreizehn bis vierzehn ist die Rede, unklar ist bis heute, ob dies mit Absicht geschah. Die Aussagen zu Gagerns Tod widersprachen sich von beiden Seiten, die Revolutionäre behaupteten, die badischen Truppen hätten das Feuer eröffnet und Gagern hätte nur zufällig bei ihrer Erwiderung im Weg gestanden, dagegen beschwören die Soldaten, sie hätten erst geschossen, nach dem die  drei Schüsse auf Gagern ihren General hinterrücks abgegeben worden wären, der noch mit Friedrich Hecker über die Aufgabe hatte verhandeln wollen und sich nicht einigen konnte.

Eine Chance hatten die radikalen Demokraten, die sich auf dem Schwarzwaldgipfel verschanzt hatten nie gegen das zahlenmäßig überlegene Heer aus badischen und hessischen Truppen, das auch deutlich besser ausgerüstet natürlich war mit Büchsen statt Sensen und Dreschflegeln. Der Heckerzug wollte die Ziele der Märzrevolution mit Gewalt erkämpfen und so die Monarchie stürzen und eine Republik einführen, wie wir sie heute haben. Hecker und seine Leute wollten nach Karlsruhe ziehen, um sich dort auch mit Gustav Struve zu vereinigen. Sie waren in Konstanz losgezogen und auf dem Weg über die Berge in die badische Hauptstadt, als sie die Truppen des Deutschen Bundes unter Gagern stoppten. Hecker floh mit Hilfe der Bauern in die Schweiz. Später folgte ihm auch Struve und beide gingen in die USA, wo einige der gescheiterten Revolutionäre von 1848 untekamen.

Das war die Geschichte von Gagern und Hecker über die es noch manch nette Anekdote gäbe, wie auch der Heckerhut als historisch, revolutionäres Andenken in der badischen Provinz überlebte und sich mancher fragte, ob sie nicht klüger dem Rhein gefolgt wären, statt in die Berge zu ziehen.

Spannend daran aber ist bis heute, dass sich Bauern von der Basis aufmachten, um ihr Idee von Demokratie notfalls mit Waffen durchzusetzen. Freidrich Hecker hatte, nachdem er, der in Mannheim Abgeordneter des badischen Parlaments war, sich demokratisch nicht hatte durchsetzen können mit seinen radikalen Forderungen, sich über Frankreich auf den Weg nach Konstanz gemacht, um dort die Republik auszurufen und mit einem Trupp Freischärlern ins großherzogliche Karlsruhe zu ziehen. Inwieweit er Konstanz zur Ausrufung der Republik wählte, um schnellstmöglich im Falle des Scheiterns in die Schweiz zu kommen, ist unklar. Mit 60 Mann losgezogen, hatten sich unterwegs einige angeschlossen und andere noch mit seinem Zug vereinigt, standen in der Schlacht knapp 1200, von denen 1190 überlebten.

Hecker ist geflohen Gegenstand vieler Spottlieder geworden. Einerseits hat seine einseitige Radikalisierung gegen die Mehrheit der Parlamente, denen er angehörte eben auch zum Scheitern der Revolution von 1848 mitgeführt, weil sie die Gewalt des Adels und des Deutschen Bundes gegen die Radikaldemokraten rechtfertigte, der auch bürgerlichen Revolution viel von ihrem Kredit genommen hat. Andererseits ist, was er forderte uns heute selbstverständlich, scheint er keineswegs mehr radikal, die Mitglieder des Parlaments eher zu naiv in ihrer Hoffnung auf eine Kooperation mit dem Adel, der sich insbesondere von Seiten Preußens und Österreichs gegen die Krone mit dem Sudelgeruch der Revolution stellte, wie es Friedrich Wilhelm IV. auf das Angebot der Paulskirche hin formulierte.

Der Tod Gagerns im Gefecht auf der Scheideck war eine unnötige Eskalation, wie sie auch immer zustande kam, angesichts der militärischen Lage, in der eine Kapitulation mit freiem Abzug klüger gewesen wäre. Der Bruder des Generals war übrigens der berühmtere Präsident des Paulskirchenparlaments. Bis zuletzt hatte sich Gagern um eine Verhandlungslösung bemüht und wie er auch immer zu Tode kam, durch Schüsse in Reaktion oder durch einen ungeplanten Angriff, es hatte einen getroffen, der die Schlacht verhindern wollte, die unnötig war, weil es nichts mehr zu gewinnen gab, der radikale Demokrat nur trotzig ein fast Selbstmordkommando wählte, das er aber sehr gut überstand mit der Flucht in die Schweiz und nach Amerika, warum die Frage nach seiner moralischen Rechtfertigung nicht unberechtigt ist.

Die moralische Rechtfertigung demokratischen Handelns ist vielleicht die wichtigste Frage und im Ergebnis bedeutender als alternativlose bloße Funktionalität.

Inwieweit findet  eine Bundeskanzlerin im Stress ihrer Arbeit noch Zeit, sich über die sittliche und moralische Rechtfertigung ihres Handelns Gedanken zu machen?

Erstaunlich ist es, wie die deutsche Bundeskanzlerin gegen alle Angriffe zu einer einmal verkündeten moralischen Haltung stand und das “Wir schaffen das!” zu einem konstruktivistischen Credo machte, wie es von ihr keiner erwartet hätte, die sonst eher fast undemokratisch behauptet hatte, alternativlosen Zwängen zu folgen.

Hier sehen wir ein Beispiel für sittliches und moralisches Handeln in einer Demokratie und die Folgen, wenn Populisten beginnen, eine solche Entscheidung mit dem Mittel der Angst zu unterminieren. Wer moralisch entscheidet, macht sich angreifbar und so werden seine Gegner immer wieder Ziele suchen, egal ob dies vernünftig begründbar ist oder nicht. Die sonst kleine Gruppe der Rechtsradikalen, die als eher Aussätzige und verachtete Minderheit galt im Land, hat sich über Pegida und den AfD eine Normalität geschafft, mit der viele Bürger bereits denken, es sei in Ordnung diese zu wählen, um der von ihren beschworenen Angst Abhilfe zu leisten.

Der Fall Böhmermann wird seltsam genug nun von links und rechts als ein Fanal inszeniert, in dem Merkel sich angeblich gegen den Rechtsstaat entschied und moralisch über ein schlechtes, rassistisches Gedicht urteilte. Dass sie im Gegenteil, sich des Urteils enthielt und dies dem Rechtsstaat und den zuständigen Richtern überließ, da es unabhängig von ihrer Entscheidung ohnehin zum Verfahren nach § 185 StGB gekommen wäre, zeugt mehr von moralischem Bewusstsein als von dessen Mangel, vor allem belegt es Respekt vor der Gewaltenteilung.

Eine Strafvorschrift, die noch auf die Majestätsbeleidigung zurückgeht, abzuschaffen, ist moralisch richtig und geboten. Dennoch ein Verfahren zu  Ende zu bringen und hier der deutschen Rechtsprechung zu vertrauen, zeugt von mehr moralischer Urteilsfähigkeit, als in einer ohnehin aufgeheizten Stimmung als Regierungschefin eine fragwürdige populistische Entscheidung gegen einen ebenso fragwürdigen Partner zu treffen, den deutsche Gerichte nun zur Genüge vorführen werden, was gut so ist und besser als eine politische Polarisierung für ein eigentlich rassistisches Gedicht, an dem es politisch nichts zu verteidigen gibt, was nur ein eher pubertär peinlicher Text ist und so zeigt der Souverän die meiste Souveränität, wenn er nicht darüber entscheidet, sondern dies den zuständigen Stellen überlässt.

Moralisch ist ein Handeln, wenn es den Anforderungen des kategorischen Imperativs und einer aufgeklärten Entscheidung entspricht. Gegen Merkel könnte hier sprechen, dass ihre Entscheidung auch von persönlichem Interesse geprägt war, mit dem sie ihren Asylkompromiss verteidigen wollte.

Dies wäre dann der Fall, wenn eine Handlung unmoralisch wird, wenn sich persönliches und politisches Interesse decken.

Für einen solchen Grundsatz spricht sehr wenig, im Gegenteil fordern wir von Politikern, dass sie ihrem persönlichen Gewissen entsprechend handeln und sich Wollen und Handeln decken. Daran gemessen, handelte die Kanzlerin moralisch.

Aber hat sie auch die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit genug bei ihrer Entscheidung gewürdigt oder diese für eine Asyllösung geopfert?

Stellt ein fremdes Staatsoberhaupt einen Antrag nach § 103 StGB obliegt der Bundesregierung nach § 104a die Ermächtigung dazu, diese zuzulassen oder nicht. Was immer ich von Sultan Erdogan halte, meine Meinung ist dabei so egal wie Merkels persönliche Sicht auf den anatolisch, cholerischen Chauvinisten - es geht darum, ob sie sich anmaßt, eine materielle Entscheidung in der Sache zu fällen, wie es anmaßend die SPD von ihr forderte, oder sie bescheiden diese Sachkommpetenz den Gerichten zubilligt, was sie tat. Es war aus Merkels Sicht keine Entscheidung in der Sache von ihr gefordert sondern nur rein formell, ob die Voraussetzungen vorliegen. Dies war der Fall und also lässt sie die Gerichte entscheiden und wie sie selbst richtig feststellte, ist mit dieser Enthaltung ihrerseits eben keine Entscheidung in der Sache verbunden. Im Gegenteil, wer die deutsche Rechtsprechung dazu kennt, wird wissen, wie weit die Meinungsfreiheit grundsätzlich ausgelegt wird auch vom Bundesverfassungsgericht, etwa im Soldaten sind Mörder Urteil.

Sollte ein deutsches Gericht die rassistischen und erniedrigenden Formulierungen für strafwürdig tatsächlich halten, was unwahrscheinlich schon ist, bliebe die Berufung auf den Kontext, in dem sie fielen, um zu sagen, so geht es nicht. Aber selbst wenn es zu einer Verurteilung käme, weil die Formulierungen wirklich unsäglich und kränkend waren, es nichts gibt, wohinter ich mich in diesem Gedicht stellen möchte, so blöd ich den türkischen Präsidenten in seinem pathologischen Verfolgungswahn längst finde, drohte maximal eine geringfügige Geldstrafe, die wohl der Sender nach letzten Aussagen übernehmen würde.

Viel Lärm um nichts also?

Vermutlich, es ist die gerade übliche hysterische Hetze, die ruhiges Regieren fast unmöglich macht und wenig mit den sachlichen Gründen dahinter zu tun hat. Es ist gut, diese Entscheidung in Ruhe den Gerichten zu überlassen und wenn der türkische Präsident sich damit bis vor das Bundesverfassungsgericht lächerlich machen möchte, soll  er das tun. Das wird Jahre dauern, ob er dann noch im Amt ist oder die Kooperation mit ihm des Krieges in Syrien wegen noch gebraucht wird, zeigt sich dann. Merkel hat sich immer gegen den Weg der Erdogan-Türkei nach Europa ausgesprochen, aus einem fast Bauchgefühl, das sich als richtig heraustellte und ist dafür massiv von Multikulti-Anhängern angegriffen worden.

Es wäre gut, wenn die Türkei nach Europa käme und sich den strengen laizistischen und humanistischen Prinzipien Europas unterwerfen müsste, der Rückschritt unter Erdogan, der Atatürks Erbe mit Füßen tritt, ein Ende fände. Aber das müssen die Tüken selbst in Wahlen entscheiden und solange sie wir sie brauchen, verkehren wir freundlich mit den Islamisten, ansonsten lassen wir sie sich nach Arabien wenden. Es passte nicht nach Europa.

Die Demokratie nimmt unaufhaltsam ihren Lauf, sie wird sich durchsetzen als das bessere Modell. Doch gibt es auf diesem Weg immer wieder Rückschritte. Diese kosten Zeit und Nerven und es gilt dann den bestmöglichen Kommpromiss zu wählen. Weiß nicht, wie viele Menschen in der Demokratie aufgeklärt sind und moralisch verantwortlich handeln, ihr Wahlrecht wirklich mündig wahrnehmen. Aber zum Glück muss ich nicht darüber entscheiden, billigen wir es der Natur nach jedem zu, sich aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien.

Ob Erdogan bis zu seinem Tod mit seinem falschen Weg erfolgreich sein wird, weil die Türken es nicht merken, noch nicht so weit sind, nicht anders wollen oder überlistet wurden vom islamistischen Chauvi, ist bei der Frage, ob die Demokratie langfristig richtig ist und erfolgreich sein wird als das klügere System, völlig irrelevant. Es sollte in Jahrhunderten gedacht werden und manche Gegenden der Welt sind eben noch mehr  dem Aberglauben verfallen als andere, sehen wir es gelassen und folgen wir unseren Prinzipien, aufgeklärt und frei, irgendwann merken die anderen es selbst. Anders funktioniert Aufklärung nie, wie Kant es schon schrieb und so mögen alle ihren Weg gehen und versuchen davon möglichst auf Dauer zu profitieren, dann kommt der Rest von alleine. Was interessiert es die deutsche Eiche in 300 Jahren ob sich eine türkische Wildsau jetzt hysterisch an ihr reibt?

Der Demokratie sich ganz stellen und sie leben, heißt auch ihr vertrauen und so gleicht das Verhältnis der Bürger zum Staat ein wenig der Liebe.
jens tuengerthal 20.4.2016

Liebeswogen

Mitten auf dem Atlantik fährst du
Hohe Wellen treiben die Wega
An Westafrikas Küste entlang
Hoffe es rollt nicht so sehr
Dass du nach Gibraltar erstmal
Deine Kabine aufräumen musst
Tag und Nacht haltet ihr Kurs
Die Natur macht was sie will
So wie unserer beider Natur
Machte was sie wollte
Als wir uns das erste mal sahen
Wir sind ihr einfach gefolgt
Und es war gut so damals
Frisch verliebt bei ruhiger See
Nun schon manchen Sturm
Miteinander überstanden
Korrigieren wir einfach den Kurs
Wenn die Natur uns wieder lässt
Auf das wir zueinander finden
Räumen in ruhigem Gewässer
Wieder unsere Kabine auf
Machen es uns schön
Trinken einen Tee zusammen
Vielleicht ist Liebe wie das Meer
Dann und wann schaukelt es
Doch wie halten Kurs
jens tuengerthal 20.4.2016

Dienstag, 19. April 2016

Kulturgeschichten 0194

Verschwörungstod

Wer ist an allem schuld?

Warum sterben am Ende alle?

Wie könnte es anders sein?

Gibt es höhere Mächte?

Verschwörungstheorien versuchen ein Ereignis oder einen Zustand durch das zielgerichtete, konspirative Wirken von Personen zu einem meist illegalen Zweck zu erklären. Die Theoretiker der Verschwörung behandeln dabei gerne Dementis als Beweis für ihre Ideen, die oft auf unbelegbaren Ideen und Phantasien fußen. Besonders gerne leugnen sie die Grundregeln der Plausibilitätsprüfung, um nicht auf Widersprüche in ihrem geschlossenen System zu stoßen.

Verschwörungstheorien sind Produkte überschießender Phantasie gepaart mit Angst, die sich möglichst einfache Antworten sucht, um nicht aus dem unschlüssigen System herauszufallen. Sie zeugen eher von einem pathologischen Zustand der Beteiligten als der Suche nach Lösungen. Besonders viele davon finden sich immer wieder im politischen Umfeld. Sei es die geheimen Kräfte, welche die Supermächte bestimmen oder die jüdisch freimaurerischen Zeichen auf den Dollarscheinen oder die geheimen Zeichen am Himmel, die uns eine chemische Vergiftung im eigentlich Unischtbaren sichtbar machen.

Was Menschen davon haben, sich so etwas auszudenken, habe ich noch nie verstanden, sehen wir davon ab, dass die Leichtgläubigkeit vieler Menschen bis heute ein gutes Geschäft ist und so ist die Gruppe der Dan Brown Leser vermutlich ästhetisch wie logisch weniger anspruchsvoll hinsichtlich dessen, was sie sich vormachen lassen und doch halten sich manche von ihnen im Wahn für besonders hellsichtig, was den pathologischen Zustand bestätigen könnte, wollten wir diesem unerquicklichen Thema weiter nachforschen.

Diejenigen, die ein Staatsoberhaupt beseitigen wollen, nennen sich auch meist Verschwörer, gelingt es, sind sie Revolutionäre oder schlicht neue Herrscher, wenn nicht, werden die zu Verschwörern und gern zum Gespött, auch wenn die Geschichte hier manchen Eindruck umschreibt.

Die Pegiden halten sich in ihrem Hass auf Merkel, die ihr nationales Bild durcheinanderwirft, und ihrem primitiven Islamhass für die Retter des Abendlandes vor dem ansonsten drohenden Untergang. Inwieweit sie Teil einer Verschwörung sind oder sich von russischen Medien nur mangels intellektuellen Widerstand so leicht führen lassen, ist noch nicht endgültig klar. Betrachten wir die echten Verschwörungen der Geschichte, wurden sie  meist von einer intellektuellen Elite gebildet, wovon bei den Pegiden sichtbar nicht die Rede sein kann, sie wünschten den Umbruch, um eine aus ihrer Sicht destruktive Entwicklung aufzuhalten. Die Zielsetzung einer Verschwörung kann reaktionär oder progressiv sein, so war auch der Hitler-Ludendorff Putsch eine klare Verschwörung, auch wenn sie scheiterte und die  Beteiligten nur in den Knast brachte. Auf der weniger stringent organisierten linken Seite fällt es schwerer klare Ziele einer Verschwörung auszumachen. Auch die Attenäter um den 20. Juli 1944 hatten zwar eine Verschwörung gebildet, die einen gut organisierten Umsturz plante, der leider am Überleben Hitlers scheiterte, nur links wäre dieser Kreis von Offizieren und vielen Adeligen kaum zu nennen. Auch die Weiße Rose, deren Mitglieder am 19. April 1943 von Freisler zum Tode verurteilt wurden waren kein linker Kreis von Verschwörern,  im Gegenteil ehemals sogar Anhänger der Nationalsozialisten gewesen. Der linksradikale und oft etwas chaotische Haufen der Antifa plant zwar manches, was verschwörerisch klingt, gewalttätig und staatsfeindlich ist, doch kommen die Theorien zur Verschwörung auch dieser Gruppe meist nur von rechter Seite, die deren Bezahlung durch den Staat behaupten, was so albern ist, dass es müßig sogar ist, dies zu widerlegen. Es fragt sich nur, was diejenigen noch denken, die solchen Theorien anhängen.

Wo zwischen rechts und links heute die Pisonische Verschwörung gegen Kaiser Nero einzuordnen ist, bleibt fraglich. Es waren weniger aufrechte Bürger und Republikaner, die noch die Republik vor dem Tyrannen retten wollten, als römischer Adel und Senatoren, die sich gegen die Mißachtung der Sitten durch den Princeps wehren wollten und ihn durch einen anderen zu ersetzen, beabsichtigten. Am 19. April 69 nahm sich nach der Aufdeckung der nach ihm benannten Verschwörung Gaius Calpurnius Piso das Leben, der von den Verschwörern als Nachfolger Neros ausersehen worden war. In der Folge wurden daneben auch noch Seneca, Marcus Lucanus und Titus Petronius als angebliche Mitverschwörer zum Selbstmord gezwungen.

Nach der Ermordung seiner Mutter Agrippina, die ihn immer noch zur Disziplin rief, war Nero gänzlich seinen künstlerischen Neigungen gefolgt, dichtete, komponierte, schauspielerte, vernachlässigte die Staatsgeschäfte in Rom und widmete sich lieber Wagenrennen oder der Malerei in seiner Lieblingsstadt Neapel. Er entsprach damit nicht dem kernigen, militärischen Ideal eines römischen Princeps und das wollte der Senat nicht länger hinnehmen und den Primus schlicht beseitigen.

Die Ermordung war für die neronischen Festspiele im Jahr 65 geplant, da sie mit einer weiteren Verhöhnung der alten Traditionen rechneten. Piso stammte aus der alten republikanischen Aristokratie, war unter Claudius Suffektkonsul gewesen, also eine Art nachgewählter Konsul, stand, aber sonst nicht zu Neros Umfeld zählte, zwar auch als Künstler dilletierte aber bescheidener dies als Nero tat. Die Senatoren beschlossen Nero in seiner neapolitanischen Villa zu töten, wogegen sich Piso aussprach, der es lieber in Rom wollte, um dabei zu sein und nicht seine große Chance zu verpassen, zumal es auch Konkurrenz für ihn gab in der Gestalt des Silanus eines entfernten Veerwandten des Augustus, also julianisches Geschlecht, der noch dazu mehr dem Ideal des Senats in seiner strikten, fast militärischen Lebensführung entsprach.

Ablaufen sollte es ähnlich wie bei Cäsar. Der stärkste der Senatoren sollte vor Nero bittend auf die Knie fallen, um seine Füße festzuhalten und die anderen sich auf ihn stürzen, während Piso mit Claudia Antonia, der Tochter des Claudius, auf Rufus warten, der ihn ins Lager der Prätorianer bringen wollte, die ihn zum neuen Princeps ausrufen würden.

Die Verschwörung flog jedoch auf, weil sich ein Senator zuhause verdächtig verhielt, geschätzte Sklaven freiließ, sein Testament erneuerte und noch sein Messer schleifen ließ. Der Sklave besprach dies mit seiner Frau, die ihn anstiftete, sein Wissen teuer bei Hofe zu verkaufen. Der verhaftete Verdächtige und der mit ihm verdächtigte Verschwörer, widerstanden der Folter nicht, es genügte der Anblick der Folterinstrumente bei den Senatoren, ihnen die Zungen zu lösen. Ob das schon spätrömische Dekadenz ist, sei dahingestellt.

Bei der Zerschlagung der Verschwörung tat sich der Mitverschwörer Rufus besonders hervor auf den bisher noch kein Verdacht gefallen war. Auf den Lehrer des Nero, Seneca, fiel nur durch einen Briefwechsel ein Verdacht, den er nicht ausräumen konnte. Ihm wurde die Nachricht des Todesurteils überbracht und er nahm sie stoisch hin und verbrachte die letzten Stunden seines Lebens in philosophischer Konversation und nahm sich anschließend selbst das Leben.

Insgesamt kostete die gescheiterte Verschwörung 19 Leben statt des einen und zwang 13 ins Exil. Auch in den folgenden Jahren wurden noch einige, die Nero widersprachen oder sich gegen ihn stellten, schnell hingerichtet und verurteilt - angesichts der Wilkür dieser Akte war die verkehrte Reihenfolge beabsichtigt.

Ob der Suizid des Stoikers Seneca der größte Verlust der Verschwörung war, sei dahingestellt, ob die Stoa, die sich gern von Epikurs Lusprinzip abgrenzt. ohne es recht zu begreifen, dazu taugt, eine menschliche Antwort zu finden, wäre eine andere Frage. Ihr anhand der Sprüche des Senca zu folgen, der als einer der reichsten Römer, die Tugend hochhielt, aber selbst den Genuß gerade auch mit sehr jungen Mädchen ausgiebig lebte, wie ihn Rufus angeklagt hatte, könnte interessant sein und wer sich dadurch aufgefordert sieht, Seneca zu lesen, könnte manches interessante entdecken, was ein sehr reicher Philosoph nach seiner Karriere als Hauslehrer tat, um sein Leben im größten Wohlstand zu rechtfertigen, der kaum seinen Tugenden entsprach. Er schlief auf einem harten Bett, wenn er nicht die Nächte mit Damen verbrachte, die bei seinen ausschweifenden Festen immer jünger wurden.

Er verurteilte Gier und Geiz und war doch einer der rücksichtslosesten Gläubiger, der Schuldner quälte. Die hehren Grundsätze, dier er vertrat hatten wenig mit der Person zu tun, die er war. Sein Erfolg bei der Erziehung des Cholerikers Nero, der Bruder und Stiefmutter umbrachte, ist relativ bescheiden, im Gegenteil - Nero, der von einem Stoiker erzogen wurde, der die Tugend hochhielt, tat, was die Stoiker den Epikuräern vorwerfen, lebte nach dem Lustprinzip, nur tat er dies, ohne Befriedigung und in steter Steigerung, war eine völlige  Fehlbesetzung nach dem Stiefvater Claudius, den Seneca schon als sehr schwach beschrieb, während heutige Historiker ihn für vorbildlich und gut halten, gerade im Gegensatz zu seinem Stiefsohn. Was aus ihm geworden wäre, hätte ihm ein epikuräischer Erzieher nicht die Tugend beständig sondern die Lust als Ideal gegeben und diese bescheiden vorgelebt, ist heute müßig und nur des Blickes auf den Menschen nach der je Philosophie wegen interessant.

Wie beurteile ich nun die Pisonische Verschwörung, nach der viele Senatoren zu Mördern am Tyrannen geworden wären, um bestimmter moralischer Grundsätze der früher Republik wegen. Der Tyrannenmord, der einem Plan folgt und einen Umsturz zum Ziel hat, kann moralisch gerechtfertigt sein, wenn durch den Tod des einen, die Leben vieler gerettet werden, eine dauerhafte Katastrophe verhindert wird. Ausnahmsweise kann ein solcher Eingriff auch erlaubt sein, um einen Tyrannen zu stürzen und die Republik als höheren Wert wiederherzustellen. Allein der moralischen Beurteilung oder Verurteilung des Handelns einer Person kann nie eine moralische Rechtfertigung sein, einen anderen zu töten.

Handelte also der Sklave der verriet verwerflicher oder die Senatoren, die sich verschworen?

Ein höheres Ziel, als den den einen zu beseitigen, der nicht ihren Grundsätzen entspricht, ist nicht zu erkennen. Auch wenn es nie einen tauglichen Grund aus heutiger Sicht geben kann, einen Menschen zu töten, der Mord nicht durch das Opfer legitimiert werden darf,  ist dies eine Frage, über die vom Widerstand gegen Hitler intensiv diskutiert wurde und die der Diplomat und Landwirt Moltke anders beantwortete als die Offiziere, Stauffenberg, Tresckow oder Rönne, auch wenn ihre Herkunft und Sozialisation durchaus vergleichbar war.

Was verrät es über Menschen, die den politischen Mord aus machtästhetischen Gründen rechtfertigen?

Wer sind diese Pegiden, die Kanzlerin Merkel hängen wollen, weil sie nur so das Abendland meinen, retten zu  können?

Unterscheiden sich diejenigen, die den Untergang beschwören, von denen, die zum Mord aufrufen?

Wann werden die Anhänger von Verschwörungstheorien zu Verschwörern?

Wie muss sich ein Staat vor denen schützen, die ihn mit Gewalt verändern wollen?

Wer bedroht Freiheit und Rechsstaat in Deutschland und Europa stärker, rechte Populisten oder islamistische Terroristen?

Was ist gegen die Dummheit zu tun als Aufklärung?

Zwei andere Revolutionen fanden an diesem 19. April noch statt, die vielleicht noch bedeutender waren in der historischen Wirkung.

Am 19. April 1529 protestiere 6 Fürsten und 14 Reichsstände auf dem Reichstag zu Speyer als Vertreter der noch protestantischen Minderheit gegen die Verhängung der Reichsacht gegen Martin Luther sowie die Ächtung seiner Schriften und seiner Lehre, was als Protestation zu Speyer in die Geschichte einging. Dieser Widerstand gegen den Trick mit dem Karl V. den Katholizismus wieder einführen wollte, gilt mittlerweile als die Geburtsstunde des Protestantismus. Aus dem Widerstand gegen einen Katholizismus, der andere Überzeugungen als Sekten verdammen wollte, wie sie es damals mit den Hussiten getan hatten, wuchs ein starker Protestantismus vor allem im Osten und Norden Deutschlands. Aus dieser Entwicklung folgte logisch rund hundert Jahre später der 30jährige Krieg, auch wenn dabei noch andere Dinge als Auslöser mitspielten, war doch die konfessionelle Frage mitentscheidend. Der Protest der Protestanten hat Deutschland und damit Europa für die nächsten Jahrhunderte geprägt. Die Herrschaft des Hauses Habsburg aus Wien, Brüssel, Antwerpen oder Madrid, war nicht mehr unstrittig. Achtzig Jahre kämpften die Niederlande, dagegen ist der Krieg in Afghanistan noch vergleichsweise jung.

Die zweite Revolution am 19. April drehte sich um Religion und die Herrschaft über den Glauben, es war ein Kampf für die Freiheit des eigenen Glaubens aber zugleich auch einer, in dem Fürsten ihre Macht und Autonomie beweisen wollten, indem sie den Reformator Luther, dem sie folgten, verteidigten. Damit waren sie nicht mehr von Rom abhängig und seinen engen Verbündeten auf dem Kaiserthron. Das System des Heiligen Römischen Reiches war infrage gestellt worden. Schon länger stritten sie im Reich darum, bei diesem Protest bewiesen die Fürsten ihre Macht und Freiheit im Bündnis mit den Glaubensbrüdern und verbaten es sich, als Ketzer verurteilt zu werden.

Ist die Reformation eine Befreiung gewesen oder nur eine Machtverschiebung?

Im Sinne von Luthers Freiheit eines Christenmenschen war es sicher eine Befreiung von römischer Übermacht und ein Stück geistige Autonomie, weil zwischen dem Gläubigen und seinem Gott keiner mehr stehen musste. Der Anspruch Roms, war im Streit über den Ablass, das also erkaufte Seelenheil, mit dem der Petersdom finanziert wurde, infrage gestellt worden und damit die alte Struktur der Macht. So gesehen war es eine Befreiung, auch für die Fürsten, die hier protestierten und die Städte, die  ihre Kirchenvorstände selbst wählten.

Doch änderte die Reformation zunächst nichts an den Strukturen der Gesellschaft, die noch von den mittelalterlichen Ständen geprägt war. Es blieben die Hierarchien und die Pflicht zum Gehorsam, die Luther auch vehement für die Fürsten verteidigte, die für ihn protestiert hatten. So rechtfertigte der Reformator, der weniger Revolutionär war, die brutalste Gewalt gegen die aufständischen Bauern, die nur Menschenrechte und Freiheit verteidigen wollten. An den bestehenden Herrschaftsstrukturen wollte er nichts ändern, einzig den Glauben ein wenig auf seine Wurzeln aus seiner Sicht zurückführen.

Dafür befreite er auch die Gläubigen und pflanzte einen Geist der Freiheit in die Menschen ein, der ihm aber dann wiederum so gefährlich schien, dass er lieber die alten Strukturen wieder heiligte, statt die Freiheit des Christenmenschen konsequent zu Ende zu denken. Damit war der Reformator zugleich konterrevolutionär, als einige seinen Gedanken zu Ende dachten, ließ er sie verfolgen und rechtfertigte jede Gewalt, damit die Ordnung erhalten bliebe.

So bekamen die Protestanten ein kleines Stück geistige Freiheit vor ihrem erdachten Gott zugestanden, eine die eigentlich revolutionär war, die aber darum lieber ordentlich eingegrenzt wurde, damit der, der sich mit dem Papst als Revoluzzer anlegte, es sich nicht noch mit den Fürsten versaute, die noch zu  ihm hielten.

Den Gedanken der Freiheit, den er formulierte, konsequent gedacht, taten die Bauern nur, was Luther vordachte und so wurde Luther vielleicht zu einem Beispiel für den deutschen Umgang mit der Freiheit und der Revolution. Es gibt niemand zwischen Gott und dir, lernt der Protestant, so gesehen bist du im Glauben frei, im Leben aber gilt die alte Ordnung und auch wenn das nicht konsequent war, hielt es Luther doch im Bannkreis der Mächtigen und den Protestantismus damit an der Macht, zumindest in Teilen des alten Reiches.

War die Verabredung der Fürsten und Städte eine Verschwörung gegen Rom?

Ist es wichtig, was für den einen oder anderen Aberglauben spricht?

Könnte die Freiheit, die so eingeschränkt gewährt wurde, nicht von der wirklichen Freiheit abgelenkt haben?

Könnte der fürstliche Protest nicht ein Symbol für den deutschen Freiheitskampf sein?

Warum standen die Bauern gegen 10% Steuern auf und wir finden bis zu 50% normal?

Ist die Frage nach der Freiheit so im Glauben erstickt worden mit Hoffnung auf ein besseres Jenseits?

Eine weitere fürstliche Revolution geschah am 19. April 1713, als Karl VI. in der Pragmatischen Sanktion bestimmte, dass beim Fehlen männlicher Nachkommen im Haus Habsburg auch weibliche Nachkommen in den habsburgischen Erblanden erbberechtigt werden. Dieses Gesetz, das Maria Theresia die Regierung ermöglichte, hatte sich der Kaiser teuer erkauft. Er stellte damit zugleich die Unteilbarkeit der habsburgischen Erblande fest und ermöglichte, die in seinem Fall nötige nachrangige weibliche Erbfolge, was einen Bruch mit dem alten salischen Erbrecht darstellte und zu viel Unruhe im Reich führte.

Es wurde übrigens nicht für Maria Theresia erlassen, die erst vier Jahre nach diesem Gesetz geboren wurde. Eigentlich veröffentlichte die Pragmatische Sanktion nur, was die Habsburger insgeheim schon jahrelang auch für die spanische Erbfolge vertraglich geregelt hatten, um die Unteilbarkeit zu gewährleisten. Nach dem Spanischen Erbfolgekrieg hatte sich dies Thema weitgehend erledigt und so wurde mit dem Gesetz nur veröffentlicht, was zuvor schon lange hausintern praktiziert wurde und wogegen sie im spanischen Erbfolgekrieg noch gegen Frankreich gekämpft hatten, um die Einheit der Erblande im Haus Habsburg zu gewährleisten.

Aus Sorge, die Töchter seines Bruders Josef, beziehungsweise noch mehr deren Ehemänner, die Kurfürsten von Bayern und Sachsen, könnten nach seinem Tod Ansprüche geltend machen, bemühte er sich um Anerkennung der Regelung auch durch die anderen europäischen Mächte. Diese erreichte er zwar mit viel Geld, jedoch bestritten die beiden Kurfürsten nach seinem Tod das Erbrecht von Maria Theresia und machten zugunsten ihrer Frauen Ansprüche auf die habsburgischen Erblande geltend.

Friedrich II., dessen Vater, der Soldatenkönig, noch die pragmatische Sanktion anerkannte hatte, forderte nun im Gegenzug für die Anerkennung die Abtretung Schlesiens, was er bekanntlich bald besetzte in der richtigen Einschätzung, Österreich könne sich eigentlich keinen Krieg leisten, auch wenn seine juristische Begründung dafür mehr als fragwürdig war, siegte nach vielen Jahren Krieg doch im Frieden von Hubertusburg doch noch Preußen als Besetzer, wenn auch zu einem hohen Preis und lange um das Risiko seiner völligen Vernichtung.

Für die österreichische Monarchie gilt die pragmatische Sanktion quasi als Gründungsurkunde der habsburgischen Monarchie, in der erstmals die Zusammengehörigkeit der Erblande festgestellt wurde, damit hatte sie, solange später kuk noch bestand eine quasi verfassungsrechtliche Bedeutung.

Was nach pragmatischer Gleichberechtigung klingt, war eigentlich nur ein fortgesetzter Monopolismus des Hauses Habsburg, das damit seine Ansprüche auf die von ihm einfach so regierten Länder geltend machte. Die Habsburger, nach Maria Theresia Haus Habsburg-Lothringen als pragmatische Bindestrichexistenz in der Vorwegnahme unserer heutigen Leutheuser-Schnarrenbergers und ähnlicher Formen der Emanzipation, behaupteten sich damit in einer Rolle im Reich, das nach seiner Auflösung einfach als österreichisches Kaiserreich weiterexistierte, bis auch dieses mit den bekannt katastrophalen Folgen zerfiel, die bis heute nicht bewältigt sind, wie wir im ehemaligen Jugoslawien sehen und dem Bedürfnis nach Abgrenzung in Ungarn.

Drei fürstliche Revolutionen und Verschwörungen, die Europa unterschiedlich prägten und veränderten. Die römische Revolution in der Pisonischen Verschwörung blieb am wirkungslosesten, sehen wir davon ab, dass Kaiser Nero sie nutzte, seine Macht zu stabilisieren und auch weiter alle Gegner schnell auszuschalten und es der Welt mit Seneca einen sehr pragmatischen Philosophen raubte. Die Protestation von Speyer hatte als Gründung des Protestantismus die weiteste Wirkung, die bis heute fortlebt und spannenderweise hat die evangelische Kirche bei der einzigen deutschen Revolution die langfristig erfolgreich war, der von 1989 in der DDR, eine nicht unbedeutende Rolle als Hort und Verstärker gespielt. Die Revolution von 1918 war zwar auch eine zeitlang erfolgreich, doch haben wir inzwischen in Neufünfland länger demokratische Verhältnisse als sie nach 1918 überhaupt herrschten, auch weil sich viele Deutsche zu schnell nach Ordnung und einem starken Führer sehnten, dem sie gehorchen konnten.

Dies Bedürfnis ist in Teilen Ostdeutschlands und insbesondere unter den Pegiden, die vielfach Putin verehren noch wesentlich höher als im Westen, wo sie schon 66 Jahre gute Erfahrung mit der Demokratie sammeln konnten, obwohl sie die einzig  wirksame und friedliche Revolution dort anstießen, die der Westen nur übergestülpt und geschenkt bekam und so ist vermutlich auch der Osten noch in sich gespalten zwischen denen, die für die Freiheit kämpften und jenen, die mehr Angst um Wohlstand und Sicherheit haben. Vielleicht wirkt sich hier nur das beschränkt revolutionäre Wesen aus, das mit der Protestation von Speyer geprägt wurde. Zwar sehen sich die Pegiden als Retter des Abendlandes an, somit in Tradition der Kreuzritter, doch wünschen sie eigentlich nichts als die beschränkte Gesellschaft der DDR in der es nahezu keine Ausländer gab und die internationale Solidarität bloß eine Formel der Partei war. Eine Gesellschaft, die es nicht mehr gibt und der Versuch des AfD mit seinem grundgesetzwidrigen, rassistischen Programm, das eine Religionsgemeinschaft, unabhängig vom Verhalten ihrer Mitglieder diskriminierend bekämpft, die Illusion zu wecken, so etwas könne künstlich durch Schließung der Grenzen wiederhergestellt werden, offenbart sein Scheitern schon mit der Verkündung - Ewiggestrige versuchen eine Illusion zu wecken, die sie nicht realisieren können, statt aktiv Impulse der Integration und Assimilation zu setzen, polarisieren sie und schaffen damit die Parallelgesellschaft, die sie vorgeben bekämpfen zu wollen. Dies im Wissen, dass nur die weitere Polarisierung und Radikalisierung ihre Existenz sichert, auch auf die Gefahr das Grundgesetz und seine Werte zu verraten, die Demokratie durch Lügen zu gefährden.

Pegida und ihr Dunstkreis, in dem auch der AfD blüht, zeugen von einem Missverständnis der Demokratie, wie wir es überall in Europa kennen und sehen, dem sich diese nun anschließen wollen und es kann sich die Bundesrepublik fragen, was sie nach 1989 falsch gemacht hat, so viele Bürger nicht zu intergrieren, die ihren Wertekanon nicht mittragen. Revolutionen, wenn sie Erfolg haben sollen, werden von oben getragen - zwar finanziert der russische Fürst die Feinde der Demokratie in Europa derzeit aus Trotz gegen den Boykott gegen ihn nach seiner absehbaren Landbesetzung, aber das sind nur kleine Spielchen wie die Fliegeraktionen der Amerikaner und Russen im jeweiligen Grenzgebiet. Wer der Lügenpresse-Propaganda den Hahn zudrehen will, kann dies geduldig tun, bis Russland sich diesen Propaganda Unsinn nicht mehr leisten kann, weil Öl zu billig bleibt und das Reich Pleite ist oder schnell indem er mit Putin über eine Lösung verhandelt, die integriert und Demokratie weiter ausbaut.

Es wird keine Revolution diesbezüglich von unten geben, die Spaziergänger sind gut gesteuerte Opfer russischer Propaganda, wem dies zu lästig wird, der sollte Prioritäten setzen. Wenn in Sachsen-Anhalt 30% Populisten wählen, stellt sich die Frage, wo unsere Schmerzgrenze erreicht ist. Wollen wir einen amerikanischen Kalten Krieg gegen Russland lieber führen als den inneren Frieden hier wahren?

Mit dem Einzug des AfD in Landtage werden plötzlich viele rechtsradikale Netzwerke staatlich finanziert, die bisher nur durch ausgiebige Spitzeltätigkeit einiger überleben konnten. Schnell wird eine Propaganda im Land normal, die nicht zum Wertekonsens des Grundgesetzes passt. Die  Kriegserklärung dieser verlogenen Kreuzritter gegen den Islam ist ein weiterer Schritt der Eskalation der konservativen Revolutionäre. Es wird bald wieder Schilder an Gemüseläden geben, kauf nicht beim Moslem oder Deutschland Moslemfrei. Das hatten wir schon mal und es ist nicht zu erwarten, dass die Bevölkerung nach 25 Jahren Privatfernsehen klüger geworden wäre.

Einer der Schlüssel zum inneren Frieden liegt in Moskau, der andere in Washington und dazwischen kann Europa sich nur hübsch machen, um attraktiv zu bleiben, als Wertegemeinschaft, in die Moskau möchte, dann werden wir schnell postrevolutionären Frieden finden, können die geistigen Brandstifter angemessen bestrafen und die immer noch nicht integrierten Ossis demokratisch integrieren. Auch eine Linke, die stärker ist als andere demokratische Parteien, spricht mehr für wütenden Traditionalismus als Kulturrevolution, wie die nur mühsam getarnten Stalinisten Wagenknecht-Lafontaine uns zeigen, nur schaden die dem Ruf des Wirtschafstandortes als kleine Opposition weniger.
jens tuengerthal 19.4.2016

Traumzeit

In deine Träume im Hafen
Von Santa Cruz auf Teneriffa
Schreibe ich mich voller Lust
Sehnsüchtig im leeren Bett
Zu dir und Bär und Schwein
Möchte deine Haut an meiner
Überall tief und innig fühlen
Tiefer noch in dich dringen
Mittig stehend bei dir liegen
Von deiner feuchten Lust umgeben
Die Hände auf deinen Brüsten
Deinen Herzschlag spüren
Durch die zarten Hügel
Bis wir selig erfüllt einfach
Zweifach weiter träumen
Ob Träume nun mehr oder
Weniger wichtig uns sind
Ist nichts schöner als mich
Nun in dich zu träumen
Und was sonst zählt
Als das Glück zu lieben
In geteilten Träumen zu leben
jens tuengerthal 19.4.2016

Kulturgeschichten 0193

Hohenzollernaufstieg

Preußen ist mit dem II. Weltkrieg untergegangen, aber was war es bis dahin und was können wir aus der Geschichte dieses Landes für die Zukunft Deutschlands lernen?

Merkel wird auch die Preußin genannt, trifft es das oder ist sie mehr Berlinerin als Märkerin oder gar Hanseatin?

Könige kommen und gehen nur womit fängt eine Linie an, die später Geschichte schrieb, vom Burggrafen es zu immerhin drei Kaisern brachten?

Zählt Familie mehr als die Person oder kam es immer auf die einzelnen dabei an?

Am 18. April 1417 erhielt Friedrich VI. bis dato Burggraf von Nürnberg vom Kaiser als Dank für treue Dienste das Kurfürstentum Brandenburg als Lehen und wird als Friedrich I. von Brandenburg Begründer der brandenburgischen Linie des ursprünglich schwäbischen Geschlechts der Hohenzollern.

Zum ersten mal trat Friedrich in den Dienst von König Sigismund von Ungarn anlässlich des Kreuzzugs gegen die Türken, zu dem Papst Bonifatius IX. aufgerufen hatte. Der Kreuzzug ging völlig schief und er wie sein Bruder Johannes retteten sich gerade noch an das andere Ufer der Donau. Johann rettete bei dieser Gelegenheit seinen königlichen Schwager aus dem Geschlecht der Luxemburger vor der Gefangennahme. Wieder zurück teilte er mit seinem Bruder den Besitz des mittlerweile gestorbenen Vaters, Johann erhielt Kulmbach, Friedrich Ansbach. Wenig später versuchte er im Streit zwischen Kurfürst Ruprecht von der Pfalz und Wenzel König von Böhmen zu vermitteln, schlug sich jedoch auf Ruprechts Seite, der immerhin mit seiner Schwester verheiratet war.

Eine Fehde mit der Belagerung von Rothenburg ob der Tauber, die erfolglos verlief, da er mit seinen 8000 Rittern, die gut gesicherte Stadt weder stürmen, noch die auch gut versorgte Stadt aushungern konnte, führte Friedrich an den Rand des Konkurses. Zumal als der mittlerweile König Ruprecht die Reichsacht gegen Rothenburg wieder aufhob und alle Parteien ihre Kosten selber tragen sollten. Er hatte sich für den gescheiterten Feldzug übernommen und war zahlungsunfähig, überlegte schon seinen Besitz zu verkaufen und zum Bruder nach Bayreuth zu ziehen, heute würde er wohl persönlichen Konkurs und Hartz IV beantragen, da kam ein Bote von König Sigismund, der Friedrich als Kriegsmann in seine Dienste nahm und dafür sehr ordentlich zahlte.

Als König Rupprecht starb, gab es im Reich drei Luxemburger die als Nachfolger kandidierten, Wenzel von Böhmen, Jost von Mähren und Sigismund von Ungarn. Bei der ersten Wahl, zu der zahlreiche Wahlberechtigte Kurfürsten aus Protest nicht erschienen waren, setzte sich Sigismund, vertreten durch Friedrich in umstrittener Wahl im September 1410 mit drei Stimmmen als König durch, bei der Nachwahl im Oktober kam Jost auf vier Stimmen und wurde damit König, der jedoch bereits im Januar unter unklaren Umständen wieder verstarb. Bei der nächsten Wahl konnte Sigismund die Mark und seine Kurstimme zurückverlangen und setzte sich damit durch. Zum Dank für seine treuen Dienste mache er Friedrich zum Hauptverwalter der Marken. Durch geschickte Bündnisse mit den Herzögen von Braunschweig und Lüneburg, sowie dem Bischof von Magdeburg und Truppen aus seinen fränkischen Stammlanden gelang es Friedrich bis 1414 unter Verwendung moderner Belagerungswaffen alle wichtigen Burgen des rebellischen märkischen Adels zu erobern. Mit den Quitzows führte er jedoch noch jahrelang weiter einen Raub- und Plünderungskampf in den Marken.

Am 30. April 1415 schließlich verlieh ihm Sigismund auf dem Konzil von Konstanz die erbliche Würde eines Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg. Ein halbes Jahr späteter schon huldigten ihm dann die Stände als neuem Markgrafen und Kurfürsten auf dem Landtag in Berlin. Dann dauerte noch bis zum 18. April 1517 bis ihm Sigismund immer noch auf dem Konzil zu Konstanz förmlich mit der Kurmark belieh und ihm die Reichswürde eines Erzkämmerers antrug. Als der König nach dem Konzil eine Auslandsreise nach Spanien und England antrat, ernannte er Friedrich entgegen der Regelungen der Goldenen Bulle, in der festgeschrieben war, wer für was im Reich zuständig war, zum Reichsverweser. Dass die anderen Kurfürsten dies hinnahmen, zeugte für das besondere Vertrauensverhältnis des Königs zu Friedrich, der auch als Kandidat für die Nachfolge hoch gehandelt wurde. Auch Sigsmund überlegte Friedrich zum König zu machen, nachdem ihn der Papst zum Kaiser gesalbt hatte.

Dann jedoch kam es zum Zerwürfnis mit Sigismund. Es begann damit, das Sigismund seinen Sohn in Krakau, der damaligen polnischen Königsresidenz mit der Alleinerbin und Tochter des polnischen Königs verlobte. Friedrich wollte Polen als Verbündeten gewinnen, um vom Deutschen Orden die Neumark zurückzuerhalten, die dieser besetzt hielt. Sigismund war davon zunächst sehr angetan, weil er hoffte die Polen als Verbündete im Kampf gegen die Hussiten zu gewinnen, deren Chef ja gerade in Konstanz verbrannt worden war. Während Friedrich früher Sigismunds engster Berater war, kam mit der Hochzeit von der Tochter des Königs mit Albrecht von Österreich ein neuer Mann an den Hof. So wurde Friedrich unterstellt, den Feldzug, der wieder nichts geworden war, nur halbherzig geführt zu haben, den Polen wurde sogar unterstellt gemeinsam mit den Litauern sich mit den Hussiten verbündet zu haben. Im Binger Kurverein, einem Zusammenschluss der Kurfürsten von 1421 war Friedrich dann die treibende Kraft. Dies untergrub nach Sigismunds Ansicht seine königliche Autorität, warum der impulsive Monarch sich gegen Friedrich wandte, auch wenn der weiter treu seine Dienste im Reich leistete, wusste wessen Gnade er seinen Titel verdankte.

Ständige Fehden mit Mecklenburg, Pommern, in Bayern untereinander an denen er auf Seiten Landshuts beteiligt war, wie die ewigen Kämpfe gegen die Hussiten führten ihn wieder an den Rand seiner finanziellen und psychischen Leistungskraft. Während seiner dadurch bedingten Abwesenheit vertrat ihn seine Frau Elisabeth, was für die Zeit besonders war und für das vertrauensvolle Verhältnis der beiden sprach. Die Mark wurde schon früh von einer Frau regiert. Das letzte mal war er 1425 in der Mark und überließ danach seinem Sohn Johann dem Alchemisten die Amtsgeschäfte. Er residierte also nur wenige Jahre in der Mark selbst, konnte jedoch in dieser Zeit den Landfrieden wieder herstellen. Aber erst sein Urenkel Joachim I. (Nestor) konnte dem Raubfehdewesen wirksam Einhalt gebieten.

Friedrich organisierte ab 1427 nochmals einen Reichskrieg gegen die Hussiten aber vermittelte auch danach 1433 für den Kompromiss mit den Hussiten den Prager Kompaktaten. Bereits 1427 hatte er mit Zustimmung Sigismunds seine Reichsburg in Nürnberg an die Reichsstadt verkauft, um einen erneuten finanziellen Engpass zu überwinden. Die 120.000 Gulden für die teilweise Ruine schienen viel, beinhalteten jedoch auch Steuerreinnahmen und Wälder. Mit dem Geld scheinen es die in Berlin regierenden schon damals nicht so sehr gehabt zu haben und manchmal verkaufen sie ihr Erbe, um irgendwie zu überleben.

Sein diplomatischer Erfolg beim Konzil von Basel, der zum Kompromiss mit den Hussiten führte, die offenbar militärisch nicht zu besiegen waren, hatte zur wieder Versöhnung mit dem dann Kaiser Sigismund beigetragen, wenn es auch nie wieder ein Vertrauensverhältnis wurde wie zuvor, warum die Österreicher dem Luxemburger-Ungarn als Erben folgten und mit kleinen Unterbrechungen bis zum Ende blieben.

Friedrich und seine Elisabeth hatten 10 Kinder von denen immerhin 9 das Erwachsenenalter erreichten, was damals ungewöhnlich viel war. Der von ihm zunächst als Erbe in den Marken und für das Amt des Kurfürsten eingesetzte Johann der Alchemist, erwies sich in der Praxis als ungeeignet, warum der Vater noch kurz vor seinem Tod das eigentlich geltende Erstgeburtecht außer Kraft setzte und den jüngeren Sohn Friedrich dort einsetzte, während sich Johann mit seinem Bruder den fränkischen Besitz teilen sollte, was auch familienintern friedlicher geregelt wurde als heutige Hohenzollern teilweise ihre Erbstreitigkeiten ohne jede noch Regierungsmacht gerichtlich ausfochten. Der Sohn bekam den Spitznamen Eisenzahn, während Friedrich einfach Friedrich I. von Brandenburg blieb.

Bis zu Wilhelm II. regierte das Haus Hohenzollen, zuletzt unter dem Namen Preußen, was ja erst viel später nach Auflösung des Deutschen Ordens an die Kurfürsten fiel, erst die fränkische Linie und als die ohne Erben war, von den Brandenburgern übernommen wurde von denen sich dann der Friedrich wiederum I. zum König in Preußen wählen ließ, nachdem sein Vorfahre durch den Einfluss der Österreicher am Hofe von Sigismund doch nicht Deutscher König geworden war. Dafür wurden sie, dann allerdings ohne Österreich ab 1871 zu Kaisern des zweiten Deutschen Reiches damals unter Preußens Führung, das durch den genialen Friedrich II. und seinen Krieg gegen Maria-Theresia, der Preußen Schlesien brachte, zur stärksten Macht in Deutschland und bald zur Großmacht in Europa wurde, zeitweise sogar sich als koloniale Weltmacht mit allerdings eher bescheidenen Erfolgen versuchte. Ob die Kaiserkrönung in Versailles, die Bismarck inszeniert und Moltke erkämpft hatte, Preußens Untergang war, das dann im Reich aufging, wäre der Frage wert - Wilhelm I. schien es so und noch kurz vor der Krönung hätte er sich am liebsten nach Preußen zurückgezogen, um das er mehr fürchtete als er sich auf das geeinte Reich freute, dem er noch bis 1888 vorstand.

Könige von Preußen waren die Hohenzollern erst nach der ersten polnischen Teilung unter Friedrich II. geworden, da es dann erst die Landverbindung zum früheren Deutschordensland Ostpreußen gab, in dem sich der erste Friedrich nach langer Bestechung nur zum König krönen durfte und darum hießen sie lange nur Könige in Preußen, da es im Reich nur einen König gab der Friedrich I. damals nicht wurde, weil die darauf die Fusion von Luxemburg und Österreich ewig hielt bis zum Untergang unter Napoleon. Aus dem dann Preußen in den Befreiungskriegen unerwartet stark aufstieg und sich mit dem Ruhgebiet viel späteren Reichtum und Erfolg einhandelte.

Heute ist Preußen nur noch kulturelle Erinnerung, außer in der Bundeliga, wo es bei Dortmund und Mönchengladbach mit dem lateinischen Namen für Preußen, die Borussia, gleich doppelt meist relativ weit oben präsent ist und die ewige Konkurrenz der Preußen mit den Bayern, die schon Friedrich mit ausfechten musste, blieb so bis heute präsent, auch wenn Friedrich mit dem später Preußen noch nichts zu tun hatte außer den ständigen Streit mit den Deutschordensrittern um Land.

Gerade wird Preußen wieder mitten in Berlin aus dem Dornröschenschlaf geweckt, wenn auf der Museumsinsel, die Preußens reiches kulturelles Erbe beherbergt, mit dem Humboldt-Forum das alte Hohenzollern Schloss zu neuer besserer Nutzung in nur alter Form wieder ersteht, einen Blick auf die Kulturen der Welt werfen lässt und dabei vom ehemaligen Direktor des großartigen British Museum Neil Mac Gregor als Gründungsdirektor einen international renomierten Star der Museumswelt und Autor geführt werden wird.

Die Renaissance dessen, was an Preußen wertvoll und bewahrenswert ist, wozu nicht der Militarismus zählt, kam aus Großbritannien. Durch das Buch Preußen des in Cambridge lehrenden Australiers Sir Christopher Clark wurde ein neuer Blick auf die Geschichte des in Verruf geratenen Königreichs geworfen, der so detailreich wie liebevoll den Horizont für das bewahrenswerte der Geschichte öffnet und warum es auch einer Demokratie gut tun kann, sich auf ihre preußischen Wurzeln zu besinnen.

Vielleicht steht die in Hamburg geborene aber in der Mark aufgewachsene Kanzlerin Merkel in vielem für das, was Preußen im guten Sinne ausmacht und während heute das halbe Land über eine vermutlich weise Entscheidung lästert und die andere Hälfte sie aus latentem Fremdenhass zumindest im Osten schon lange verflucht, hat sich selten eine Herrscherpersönlichkeit in Europa als so unbestechlich und auch persönlich bescheiden gezeigt wie sie, im besten Sinne dessen, was lange auch als preußisch galt und so sollten manche vielleicht vor einer schnellen Verurteilung der Kanzlerin, die nach der Kurfürstin Elisabeth in Vertretung ihres Mannes Friedrich I. eine der ersten Frauen ist, die in Berlin überhaupt verantwortlich regieren, sich Zeit nehmen das Wirken jener zu beurteilen, die sich die große Askanierin auf dem Thron Russlands zum Vorbild nahm. Eine echte Aufklärerin als Vorbild, die nachhaltig reformierte, lässt mehr erhoffen als ihre Vorgänger selbstbezüglich meist leisteten und deren “Wir schaffen das” ein Bild eines besseren Deutschland in die Welt sandte, als es vielen ihrer Vorgänger je gelang.

Habe Merkel viel kritisiert und bin mit manchen der Ziele ihrer Politik nicht einverstanden, halte die zunehmende Liberalisierung in manchem für zweifelhaft, doch ihren Mut mit ihrer Person sich gegen allen Widerstand vor Menschen in Not zu stellen, auch nachdem es schwierig wurde, zeugt von einer hohen persönlichen Integrität und wie sie selber sagt, macht es für sie ihr Land auch aus, in Notsituationen ein freundliches Gesicht zu zeigen und so wie sie an dem Plan Neil Mac Gregor nach Berlin zu holen, aktiv beteiligt war, steht sie auch mit ihrer Sparsamkeit in Europa, die sogr den Soldatenkönig wie einen Verschwender aussehen lässt, für ein neues Bild des alten Preußen, das menschlicher und weniger imperial ist, als es lange galt und weist damit auf preußische Tugenden hin, die sich auch im Widerstand gegen Hitler im Kreisauer Kreis zeigten auf dem Gut der Nachfahren des Feldmarschall Moltke, der als großer Schweiger in Berlin bekannt war, und die wir höher schätzen sollten als den lauten Rassismus der neuen nationalen Bewegung.

Preußen gibt es nicht mehr, das Kurfürstentum Brandenburg auch nicht, das gleichnamige Bundesland spielt nicht die erste Geige im Orchester der Länder aber eine Kanzlerin, die den guten Teil preußischer Tugenden erinnert und das kulturelle Erbe Preußens stärkt und unterstützt, tut dem Land besser als manche Sektierer oder Profilneurotiker, auch wenn ich sie als Bundeskanzlerin bei erster Gelegenheit wieder kritisieren werde.
jens tuengerthal 18.4.2016