Samstag, 2. April 2016
Kulturgeschichten 0177
Am 2. April 1453 erreichten die ersten Truppen des osmanischen Heeres von Mehmed II. Konstantinopel und beginnen die Belagerung, die bis zum 29. Mai dauern wird. Das osmanische Reich eroberte damit Europa an seinen Wurzeln und bedrohte es im Kern und diese Bedrohung sollte sich noch 300 Jahre fortsetzen, sie kamen bis vor Wien und es dauerte bis ins 20. Jahrhundert, sie wieder vom europäischen Kontinent zu vertreiben, den sie bis heute mit geprägt haben.
Wo steht die Türkei heute, gehört sie zu Asien oder Europa?
Die Türkei ist unter Sultan Erdogan, der eigentlich nur ein gewählter Präsident ist, dabei sich von einem aufgeklärt laizistischen Staat, wie iihn Atatütk gründete, zurück in ein islamisch geprägtes Land in osmanischer Tradition zu verwandeln, als das es einst Europa bedrohte und das nun täglich zeigt, wie fern ihm europäische Werte sind. Der Prozess begann schleichend mit der Zulassung des Kopftuchs und der Umbesetzung der Führungsstellen im Militär und zeigt sich immer mehr im Kampf gegen die Kurden wie die Pressefreiheit. Auch die vermutete Nähe zu den Islamisten des IS, die offiziell geleugnet wird, zeugt für diese Entwicklung und sollte dem Westen, der über die NATO mit der Türkei auch militärisch verbunden ist, mehr Aufmerksamkeit wert sein, als der inszenierte Konflikt mit dem russischen Oligarchen Putin, der auch kein lupenreiner Demokrat ist aber doch lange die Annäherung suchte.
Erdogan provoziert und sucht Abgrenzung. Es ist schwer vorstellbar, dass die Berater des Präsidenten so naiv sind, dass sie die Provokation einer Einbestellung des deutschen Botschafters für geboten und angemessen halten. Sie wissen genau, dass die Pressefreiheit in westlichen Medien auch kritische Berichterstattung schützt, die Regierung nicht eingreifen wird oder kann, nur weil sich ein türkischer Pascha sich provoziert fühlt.
Warum also diese alberne Provokation, die Erdogan nur lächerlich macht?
Ist es Zeichen der Erschütterung seiner Macht, weil seine Mitarbeiter ihn öffentlich lächerlich machen, das entsprechende Video erst in der Türkei bekannt machte, oder ist der Sultan schon so weit entfernt von der Realität, dass er seine persönlichen Wutanfälle für angemessen und normal hält?
Der Umgang mit Pressevertretern durch die Leibwächter des Sultans auf seiner jüngsten Amerikareise zeigt die gleiche Tendenz. Entweder der türkische Präsident ist größenwahnsinnig geworden und denkt, er könne sich alles erlauben oder der in seinem Aufstieg intelligente und agile Taktiker provoziert, um sich in der Türkei als starker Mann zu präsentieren, der sich nichts bieten lässt, was im orientalischen Denken eine positive Wirkung haben soll. Es gibt viele Türkinnen, die zu mir sagten, die Türkei sei eben so, die Strukturen und die Macht der Familie könne nicht verändert werden.
Ist das der Hinweis auf den Traum von der Wiederherstellung des osmanischen Reichs, als die Türkei noch eine Weltmacht war, die von Konstantinopel aus die Welt mit bestimmte?
Vergleichbar dem Agieren des russischen Präsidenten in sowjetischer Tradition, könnte Erdogan meinen, die osmanische Tradition gebe ihm Größe und eine Perspektive für die Zukunft. Auch wenn alle Logik zeigt, wer sich nach hinten wendet, kommt selten weiter nach vorne, sichert es dem autokratischen Präsidenten, der sich nicht nur über Regelungen des Naturschutzes und die türkische Verfassung hinwegsetzt, dennoch die Zustimmung in einem Land, das ländlich noch immer traditionell autoritär geprägt ist im Sinne eines chauvinistischen Islam, wie ihn auch der Erdogan vertritt, die Zustimmung der Bevölkerung, die sich im neuen patriotischen Wahn wieder von den Kurden verfolgt und bedroht sieht.
Der Krieg gegen die PKK, auf den wesentlich mehr Kraft verwendet wird als auf den Kampf gegen den IS, lenkt die Bevölkerung ab und schart auch sonst vernünftig und kritisch denkende Türken wieder hinter den Präsidenten, weil sich alle in Erinnerung der langen Auseinandersetzung bedroht fühlen, ohne kritisch zu fragen, woher diese Bedrohung stammt. Auch wenn die PKK kein Knabenchor ist, der stets den Frieden sucht, ist doch deutlich, von wem die Provokation ausging und wie Erdogan eine Bedrohung inszeniert hat, die seine Macht bedrohte, etwa durch den immer stärker werdenden Vertreter der moderaten kurdischen Partei. Der Umgang mit diesem, wie mit seinen sonstigen politischen Gegnern zeigt woher der Wind weht.
Die kurdischen Truppen waren die erfolgreichsten Kämpfer gegen den IS, bis Ankara anfing kurdische Dörfer zu bombadieren, um vorgeblich gegen IS Terroristen vorzugehen. Dies sind weitere Provokationen, die austesten, wie weit der Sultan gehen kann, ohne dass ihn die westlichen Partner stoppen. Die Abhängigkeit von der Türkei beim großen Handel mit Flüchtlingen, die Ankara bisher ohne Hindernis weiter ziehen ließ, macht eine vernünftige Position dabei nicht leichter. Wie können wir in einen totalitären Staat Flüchtlinge zurückschicken, nur weil es europäische Innenpolitik leichter macht, den Populisten den Wind aus den Segeln nimmt?
Wie groß ist die Bedrohung Europas durch eine osmanische Türkei oder sollte Ankara als Partner eingebunden werden, um es zu disziplinieren?
Stellt sich Erdogan hier klar in die osmanische Tradition oder pokert er nur wie alle Europäer es vorher untereinander taten um Kosten wie auf dem Basar?
Ein Blick auf die Eroberung Konstantinopels durch das osmanische Heer könnte hier weiterhelfen. Mit der Eroberung Konstantinopels durch Sultan Mehmed II. 1453 ging das byzantinische Reich unter. Mehmed stand mit einem Heer von 80.000 Mann vor der Stadt, die er belagerte, während Kaiser Konstantin XI. etwa 7000 Mann zur Verteidigung zur Verfügung hatte.
Zum Zeitpunkt der Eroberung bestand Byzanz nur noch aus der Hauptstadt Konstaninopel, deren näheren Umland sowie einigen kleineren griechischen Inseln. Die Stadt selbst war von einer Größe von bis zu 500.000 Einwohnern bis ins 13. Jahrhundert bereits auf nur noch 40.000 Einwohner geschrumpft. Die Republik Venedig besaß größere Flächen im ehemals byzantinischen römischen Reich als dieses selbst noch sein eigen nannte. Die Kornkammer der Byzantiner, Anatolien, war längst an die Osmanen verloren wie auch große Teile Griechenlands, der Wurzel europäischer Kultur.
Das osmanische Reich war erst 1299 gegründet worden und hatte seit dem ungeheuer expandiert. Nach auch Niederlagen und dem osmanischen Interregnum setzte sich Mehmed I. durch, der die Expansion weitertrieb und dessen Sohn Murrad II. erstmals Konstantinopel belagerte aber noch dabei scheiterte. Erst sein Sohn Mehmed II. nahm dies Vorhaben wieder in Angriff, nachdem sein Vater die letzten Jahre sehr friedlich mit den Byzantinern gelebt hatte. Doch Konstantinopel war in vieler Hinsicht zu wichtig für die Osmanen, dass sie auf Dauer auf die Eroberung verzichten konnten. Zum einen war es als Endpunkt der Seidenstraße und als Tor zum Schwarzen Meer ein wichtiger Handels- und Umschlagpunkt, zum anderen war die christliche Dominanz auf dem Meer sehr lästig für die Osmanen, die immer wieder Probleme hatten Truppen vom europäischen in den asiatischen Teil zu transportieren und umgekehrt, selten erfolgreich gegen europäische Seemächte war.
Kurz nach seiner Thronbesteigung unternahm Mehmed II. den ersten Schritt zur Belagerung, indem er an der engsten Stelle des Bosporus eine Festung bauen ließ. Die Rumeli Hisari oder europäische Festung genannte Burg war strategisch gut positioniert, um den gesamten Schiffsverkehr am Eingang zum Schwarzen Meer zu kontrollieren. Schon gegen den Bau gab es Aufstände der Bevölkerung von Konstantinopel und Kaiser Konstantin versuchte noch Sultan Mehmed zu bestechen, um ihn zur Einstellung der Bauarbeiten zu überreden. Als dann aber zwei Gesandte des Kaisers vom Sultan geköpft wurden, konnte es keine Zweifel mehr an den Absichten des jungen Herrschers geben.
Nach Fertigstellung der Festung legte Mehmed fest, dass alle Schiffen die passieren wollten, eine Gebühr zu entrichten hätten oder versenkt würden. Als sich drei venezianische Schiffe weigerten zu zahlen, wurden sie beschossen und eines von ihnen vesenkt, während die anderen beiden entkamen. Die aufgegriffene Mannschaft wurde vom Sultan geköpft, der Kapitän dagegen gepfählt.
Konstantin, dem mit Fertigstellung der Festung und spätestens seit Hinrichtung seiner Gesandten klar war, was ihm bevorstand, schrieb alle christlichen Herrscher um Hilfe an. Kaiser Friedrich III. hatte jedoch keine finanziellen Mittel, um zu helfen, England und Frankreich hatten gerade erst den hundertjährigen Krieg beenden, konnten nicht mehr, König Alfons von Aragon hätte wohl gekonnt, kümmerte sich aber lieber um seine italienischen Besitzungen, Ungarn hatte innenpolitische Schwierigkeiten, Serbien war osmanischer Vasall und wollte daran auch nichts ändern, Georgien und Trapezunt hatten an den eigenen Grenzen genug Druck, konnten auch nicht helfen. Es war aussichtslos. Noch hoffte Konstantin auf Genua, Venedig und den Papst. Venedig einigte sich nach langem Streit mit dem Papst über die Schulden seines Vorgängers mit diesem, der zum Preis der Kirchenunion helfen wollte, die Konstantin notgedrungen zusagte, über die Entsendung einer Flottille, die aber erst drei Wochen nach dem endgültigen Fall Konnstantinopels überhaupt in See stach. Genua bot nur Hilfsgüter, wollte sich aber nicht am Kampf beteiligen sondern lieber bei einer diplomatischen Lösung helfen, so dass der genervte Papst Nikolaus schließlich eine eigene Galeere anmietete.
Genua hatte jedoch seinen Bürgern erlaubt auf eigene Kosten Konstantinopel bei der Verteidigung zu helfen, woraufhin etwa 700 bewaffnete Helfer aus Genua, Rhodos und Chios in die Stadt zogen. Gleichzeitig verließen 700 Italiener auf 7 Galeeren die bedrohte Stadt. Einzelne vornehme venezianische und genueser Familien schickten noch Söhne mit teils selbst ausgestatteten Truppen zur Verteidigung. Es blieben sehr wenige - so standen nach einer ersten Zählung 4900 Griechen und 2000 Ausländer zur Verteidigung der Stadt bereit, worauf alle Matrosen, die in der Stadt weilten, zwangsverpflichtet wurden und alles verfügbare Gold eingeschmolzen wurde, um weitere Truppen zu verpflichten, was die Zahlen auf 6000 zu 3000 steigen ließ, in Summa 9000. Was nicht mal ⅛ der osmanischen Truppen war, zu denen noch ein vielfaches an Hilfstruppen hinzu zu zählen ist, die Gräben bauten und sonstige Versorgung sicherten.
Als Mehmed nach seinen Truppen und kleinen Scharmützeln im Vorfeld zur gut vorbereiteten Belagerung am 2. April 1453 vor Konstantinopel eintraf, waren nahezu alle 80.000 Mann eingetroffen. Konstantinopel war mit 21km Stadtmauern wahrscheinlich die am besten gesicherte Stadt der damaligen Welt. Jedoch reichten die maximal 10.000 Verteidiger nicht mal aus, um das Mauerwerk ausreichend zu bemannen. Gegen die Kanonen wurden mit Stroh gefüllte Stoffsäcke über die Mauern gehängt, die Gräben zwischen den Mauern wurden geflutet und die Kanonen in Stellung gebracht, was jedoch zu wenig führte, da es nicht ausreichend Salpeter gab, sie zu nutzen und die Kanonen beim Abschuss das Mauerwerk so sehr erschütterten, dass die Gefährdung größer war als der Verteidigunszweck.
Angesichts der zahlenmäßigen Unterlegenheit lag die einzige Hoffnung der Byzantiner nun darin, dass sich irgendeine Macht zur Hilfe aufmachen würde, wenn sie nur lange und tapfer genug verteidigten. Aufgrund der geschrumpften Bevölkerungszahl gab es in der Stadt genug Freiflächen für Ackerbau und ähnliches, die Vorratskammern waren gut gefüllt worden, sie konnten es wohl eine zeitlang aushalten, dachten sie. Je nach Quelle umfasste die osmanische Armee zwischen 50.000 und 400.000 Mann, den türksichen Quellen zufolge waren es 80.000, was am wahrscheinlichsten noch klingt. Mehmed wollte den Hauptangriff entlang der Theodisianischen Landmauer führen, um eine langfristige, verlustreiche Belagerung zu vermeiden, sollten die Kanonen die Mauer zerstören. Der Beschuss führte bald zum Einsturz erster Mauerteile, die von den Verteidigern über Nacht notürftig repariert wurden. Doch die Osmanen ließen sich mit dem ersten Angriff noch Zeit.
Am 18. April kam es nach tagelangem Beschuss zum ersten kleinen Sturmangriff, gegen den sich die Stadt aber noch verteidigen konnte, da er sich auf einen schmalen Streifen nur konzentrierte. Die Verluste der Osmanen lagen bei etwa 300 Mann, die Verteidiger hatten nur Verletzte. Die folgende Seeschlacht endete ähnlich hoffnungsvoll für die belagerten Christen, dabei starben über 100 Osmanen und etwa 23 christliche Seeleute, aber das Schiff erreichte die Stadt mit Waffen und Nahrung. Mehmed II. reagierte wie Sultan Erdogan mit einem cholerischen Wutanfall, wollte seinen Komandanten sofort enthaupten lassen und ließ sich nur langsam beruhigen, sich mit dessen Absetzung, Enteignung und Verbannung zu begnügen. Beim nächsten Versuch gelang dann unter wieder großen Verlusten die Eroberung des Goldenen Horns über das Mehmed eine Pontonbrücke anlegen ließ. Nach einigem Hokuspokus und Geschichten um Vorhersagen und herunterfallenden Ikonen bei Prozessionen stieg die Panik in der Bevölkerung immer mehr. Aber auch im osmanischen Lager sank die Stimmung, auch wenn Vorhersagen gutes bekundeten, wuchsen die Zweifel, da, desto länger die Belagerung dauerte, die Wahrscheinlichkeit wuchs, dass christliche Heere den Belagerten zu Hilfe kämen.
Mehmed entschloss sich daher am 29. Mai eine Entscheidung mit einem Großangriff zu erzwingen. Dieser begann auf der vollständigen Länge der Landmauer in der Nacht um 1.30h und eine Gruppe Soldaten löste die andere ab, den Druck aufrecht zu halten. Gleichzeitig griff die Flotte die Mauern vom Goldenen Horn aus an. Bei Sonnenuntergang brach die Verteidigung endgültig zusammen und den Janitscharen gelang der Durchbruch. Aus Kreisen der Byzantiner hieß es dann, die Stadt sei verloren, weil die Angreifer durch die Kerkoporta kamen, wie es die Volkssage für den Untergang der Stadt verkündete. Diese These aus dem sagenhaften Bereich des Aberglaubens kann jedoch historisch nicht verifiziert werden. Es ist vieles unklar geblieben. Bereits am 30.5. morgens um 8.30h sollen die osmanischen Truppen bereits die ganze Stadt eingenommen haben. Darauf lösten sich die Truppen der Verteidiger schnell auf und die Stadt wurde von den osmanischen Truppen geplündert, wobei es zu vielen blutigen Übergriffen gegen Einwohner kam. Mehmed soll seinem Historiker zufolge angesichts der Gewalt der Plünderung beim Anblick der Schönheit der Stadt zu Tränen gerührt gewesen sein.
Konstantin soll beim Kampf an der Theodosischen Mauer gefallen sein, genaueres dazu ist nicht bekannt. Am Tag nach dem Sieg verkündete Mehmed allen byzantinischen Adeligen, dass diejenigen, die sich bei ihm melden würden, in ihren Besitz wieder eingesetzt würden. Alle, die so naiv waren dem muselmanischen Heerführer zu glauben, wurden sodann mit ihrer ganzen Familie geköpft. Den übrigen wurde angeboten, sie könnten zum Islam konvertieren oder seien des Todes. Keiner, soweit bekannt, nahm das Angebot an.
Mit der Eroberung Konstantinopels konnte das osmanische Reich seine Herrschaft and der Schnittstelle Europas noch weiter ausbauen und für die folgenden Expansionen eine sichere Basis schaffen. Mehmed verlegte seine Hauptstadt in das wunderschöne Konstantinopel und nannte es Istanbul. Die Hagia Sophia, in die sich viele Christen geflüchtet hatten, die dort niedergemetzelt wurden, war künftig eine Moschee und ist heute ein Museum. Für die italienischen Händler, die vorher den Bosporus kontrollierten, war die Eroberung ein schmerzhafter und teurer Einschnitt, der den Handel am Schwarzen Meer und mit der Levante stark beeinträchtigte.
Viele griechische Gelehrte flohen mit ihren Schriften nach Italien wodurch mit dem parallel entdeckten Buchdruck ein schwunghafter Handel mit antiken Schriften begann, die sehr nachgefragt wurden, von dort den Geist der Renaissance in Europa beflügelten und den Humanismus erstarken ließen. Unter dem Eindruck der Schilderung der blutigen Einnahme Kosnstantinopels, bei der die Grausamkeiten in Europa noch stark ausgeschmückt wurden, schrieb Nikolaus von Kues sein Werk De pace fidei - Über den Glaubensfrieden - indem er sich für eine Verständigung der Religionen einsetzt. Zugleich mehrten sich unter den weniger gebildeten die Stimmen, die den Fall Konstantinopels als eine Strafe Gottes ansahen, den die Griechen durch ihren Abfall von der katholischen Kirche und ihre Beibehaltung des orthodoxen Glaubens über sich gebracht hätten. Gegen diese Strafe Gottes solle nun mit einem rechtgläubigen Leben vorgegangen werden. Papst Nikolaus und sein Berater Piccolomini wollten die Christenheit zu Kreuzzügen gegen die Türken gewinnen und riefen zu drei Türkenreichstagen in Regensburg, Frankfurt und Wien. Auch Philipp der Gute schwor als König von Fraankreich beim Fasanenfest seine Ritter zum Zug gegen die Türken ein. Doch blieben all diese Aufforderungen und Bekenntnisse letztlich erfolglos bis auf eine siegreiche Belagerung Belgrads. Die Figur des Türken fand als Topos nun Eingang in die abendländische Kultur und blieb ihr über Jahrhunderte und verschiedenen Varianten erhalten.
Ostrom oder Konstantinopel fiel an die Türken, weil sich Europa nicht einig war. Zu sehr mit sich beschäftigt, kümmerte es sich lieber um eigene Probleme, statt den Untergang der griechischen Kultur zu verhindern, die sie nur indirekt über die Flüchtlinge in ihrer Kultur wieder adaptierte, die dadurch einen großen Entwicklungsschritt vom Mittelalter zur Neuzeit machte. Die Veränderung und der Untergang eines Teils der eigenen Kultur beeinflusste die Kunst stärker als die Politik und im Ergebnis änderte Europa seine Politik nicht, wehrte zwar mehrfach mühsam die Türken vor Wien ab, fand aber erst im 19. Jahrhundert eine Antwort für Griechenland als Königreich. Eine eigene Kultur ging verloren und hat nur in einigen griechischen Klöstern wie den orthodox geprägten Staaten Europas überlebt. Die Solidarität in Europa ist immer noch schwächer ausgeprägt als der lokale Egoismus und so sind die kleinen nationalen Helden Mittäter beim Selbstmord Europas.
Kann aus dieser Eroberung etwas für den künftigen Umgang mit Sultan Erdogan und den neuen Osmanen gelernt werden oder ist Geschichte nicht übertragbar?
Europa hat sich durch Populisten lange erpressen lassen und damit Erdogan zuviel Macht gegeben, die er nutzte Europa zu erpressen. Sein augenblickliches Benehmen erinnert sehr stark an das mancher Paschas, doch fragt sich dabei eher, ob er die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat oder tatsächlich für die Auferstehung des osmanischen Reiches kämpft und damit an den Patriotismus seiner Landsleute apelliert, austestet, wie weit er gehen kann, bevor ihm Grenzen gezogen werden. Hätte Europa zu Konstantinopel gehalten und den Fall der Stadt verhindert, einig die Türken zurück geschlagen, wäre ihm wohl mancher der folgenden Türkenkriege und die jahrhundertelange Besetzung von Teilen Europas erspart geblieben.
Auch wenn “hätte” und “wenn” in historischen Betrachtungen müßig sind, kann doch aus der Geschichte gelernt werden, dass Europa, wo es sich nicht einig ist, um so schneller angreifbar wird und gegen die Dynamik junger Reiche keine angemessene Reaktion finden kann. Schon das Inseldasein von Byzanz war eine Folge von dessen Schwächung auch durch die Kreuzzüge gegen Ostrom im 13. Jahrhundert. Religiöse Zwistigkeiten über den Vorrang der einen oder anderen christlichen Sekte haben einen Kulturraum untergehen lassen, weil der lokale Egoismus größer als der Zusammenhalt angesichts einer Bedrohung war.
Erdogan überschreitet sämtliche Grenzen, die einen Dialog mit Europa möglich machen. Die Türkei dieses Osmanen hat in Europa nichts verloren, auch wenn sie sich nun Sonderkonditionen für die nicht mehr Weitersendung von Flüchtlingen erpresst hat. Darf Europa ihn gewähren lassen oder müssen wir ihm dringend Grenzen ziehen, damit der lächerliche Popanz dieses Paschas Grenzen findet?
Die Angst ist selten ein guter Ratgeber. Ein Kompromiss mit der Türkei, der die Flüchtlingssituation auch in Griechenland entspannt, das wahrlich noch andere Sorgen derzeit hat, ist nötig gewesen, um zu entspannen. Doch wird es in der nun Phase der Entspannung, in der sich auch der Zulauf zu den rechtsextremen Parteien, die keine Perspektive haben, wieder reduzieren wird, nötig sein, langfristige gemeinsame und gerechte Lösungen zu finden. Die fast rassistische Verweigerung der Verantwortung einiger europäischer Länder ist dabei genauso wenig tragbar wie die weitere Erpressung durch Erdogan und sein Sultanat. Es wird in Europa keine Lösung geben, wenn wir uns nicht einigen und gemeinsame Wege suchen. Dabei kann weder Deutschland alleine die Verantwortung tragen, noch seinen Weg allen anderen aufdrängen, sondern muss kritisch und rational nach einer Perspektive suchen.
Wo Europa einig ist, stellt der wildgewordene Sultan auch in seinen Wutanfällen keine Bedrohung mehr da. Es können ihm Grenzen gewiesen werden, soweit uns sein Verhalten etwas angeht, im übrigen ist es in der Hand der Türken, wen sie sich zum Staatsoberhaupt küren und wohin sie sich wenden. Europa könnte seinen alten Kulturraum wieder aufnehmen und gut integrieren, sofern ein demokratisch verfasster Staat ohne Anklänge einer mittelalterlich religiösen Sekte, die europäische Grundrechte missachtet, als Partner kommt. Europa ist notwendig laizistisch als Staatengemeinschaft, um zu funktionieren. Das sie eine Erfolgsgemeinschaft sind, ist ein gutes Zeichen. Es ist die Türkei als alter Teil Europas, in dem Troja stand und die Hauptstadt des früher Ostrom lag immer willkommen, sofern sie sich an Europa anpasst und seine Spielregeln beachtet. Sofern sie, wie gerade von Sultan Erdogan, osmanisch regiert wird, hat sie dort nichts verloren. Europa muss sich nur einig sein, dann kann es mit seinen 720 Millionen Einwohnern und seinem enormen Reichtum leicht einige Millionen Syrer für eine gewisse Zeit mit Gewinn integrieren und eine Türkei an ihren Kurs anpassen, unter ihre rechtlichen Regeln zwingen. Dieser Export des guten Lebens und der europäischen Werte in den islamisch asiatischen Kulturraum ist sehr gut und unbedingt zu befürworten. Wir können sie alle integrieren und mit ihnen nach unseren Idealen von Freiheit und Toleranz leben. Wir müssen sie nur konsequent vertreten und uns einig sein, dann erledigen sich Erogan und seine schlechte Manieren von alleine. Das osmanische Reich war siegreich, weil Europa sich nicht einigen konnte, noch füreinander einstand, etwas wichtigeres kann Geschichte nicht lehren
jens tuengerthal 2.4.2016
Samstagssonne
Sonne scheint in den Hof
Erstmals wieder ins Zimmer
Wind bewegt leicht die Vorhänge
Das Leben wird zärtlich geweckt
Aus dem grauen Winterschlaf
Stimmen sind zu hören
Es ist noch frischer Frühling
Unser erster ohne einander
Wirkt die Welt verkleidet
Ob die Sehnsucht nun
Blüten tanzen lässt
Frage ich mich
Sehe rieche höre
Den Frühling
Und fühle nichts
Als die Sehnsucht
Es zu teilen
Endlich mit dir
jens tuengerthal 2.4.2016
Leseträume
Träume nun lesend davon
Dir wieder vorzulesen
Während wir Tee trinken
Oder schon im Bett liegen
Du an mich gekuschelt
Erlöst nach der Lust
Selig verschlungen
Lieben wir uns lesend
So innig wie vögelnd
Und sind uns noch näher
Fast als beim Sex zuvor
In dem sich Körper fanden
Während alles beieinander ist
Wenn dein Busen sich
Zart gerundet an mich drückt
Deine Scham mich tiefer kitzelt
Die Worte der Bücher
Vorgelesen zwischen uns
Schweben sind wir ganz
Im lustvollen Leseglück
Noch einsam geträumt
Aus dem Himmel über Berlin
Auf das wogende Meer
jens tuengerthal 2.4.2016
Füreinander
Füreinander da sein
Nicht um etwas
Zu erreichen
Sondern weil wir
Einander innig spüren
Aus unserer Natur
Es einfach ist
Was es ist
Ist mehr als ich je
Zu träumen wagte
Noch im Ich gefangen
Habe ich mich verloren
Um uns zu finden dafür
Mit dem nun wir
Nicht mehr allein
Habe ich nun alles
Mit dir als wir in uns
jens tuengerthal 2.4.2016
Leck mich
Er kann mich im Arsche lecken
Lässt Goethe den Götz sagen
Leck mir den Arsch fein schön sauber
Soll Mozart als Kanon komponiert
Einst haben auch wenn er das wohl
Nicht selbst war liebte er es doch
Auch mit seiner Schwester schon
Wie uns die Briefe heute bezeugen
Und ach wie gern leckte ich dich nun
Auch da voller Lust und innig
Um dir von hinten wie von vorn
Ganz nah zu sein Liebste
Die du mir den schönsten Arsch hast
Den ich zu lecken nun träume
Während du von Wellen gewogt
Übers Meer getrieben liest wie
Nah du mir bist am Ein- und Ausgang
Überwindet die Lust alle Scheu
Spüren wir einander im Traum
Überall nah versunken geleckt
Mit heißer Zunge gezaubert
jens tuengerthal 2.4.2016
Freitag, 1. April 2016
Kulturgeschichten 0176
Es ist leider kein Aprilscherz, auch wenn es sich in vielem so anhört. Am 1. April 1956 wurde die Organisation Gehlen unter der Leitung ihres Gründers und Namensgebers Reinhard Gehlen als Bundesnachrichtendienst (BND) in den Dienst der Bundesrepublik Deutschland übernommen, nachdem sie zuvor noch der amerikanischen Besatzungsmacht als Instrument des nun Kalten Krieges gedient hatte, eine Unterorganisation der CIA war.
Wer war diese seltsame, geheime Organisation Gehlen?
Es handelte sich um einen 1946 von den US-Behörden in der amerikanischen Besatzungszone aus deutschem Personal gegründeter Nachrichtendienst.
Warum, bevor wir weiter über Gehlen und sein Kommando berichten, vorab zu klären ist, was überhaupt ein Nachrichtendienst ist, auch wenn diese nun in aller Munde sind, eine nüchterne Betrachtung doch hilfreich sein kann. Definitionsgemäß ist er eine als Behörde geformte Organisation, die über die außen- oder innenpolitische Lage Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewinnt. Solche sind alle Mittel der heimlichen Informationsbeschaffung durch Geheimdienste, was als Generalklausel im deutschen Recht auch nicht präziser definiert wird, um die Mittel der Informationsbeschaffung nicht einzuschränken. Also staatliches Handeln ohne präzisen gesetzlichen Rahmen, das beliebig in Grundrechte eingreifen darf, soweit es geboten scheint - wem das geboten scheint und wer dem Grenzen setzt, ist ähnlich unpräzise definiert und in vielem geheim wie die Aufsicht über diese seltsamen Behörden - aber vor der Kritik zur Geschichte jener Organisation die heute 60 wird und deren Abschaffung dringender geboten scheint als die Feier dieses Jubiläums.
Die Vorgängerorganisation Gehlen bestand aus den Angehörigen der 12. Abeilung des Generalstabs des Heeres der gerade untergegangenen Reichswehr, der Abteilung Fremde Heere Ost. Nach der Gründung hatte sie ihren Sitz zunächst in Camp King in Oberursel im Taunus bei Frankfurt am Main. Ab 6. Dezember 1947 hatte sie ihren Sitz in der ehemaligen Reichssiedlung Rudolf Heß in Pullach bei München, die bis heute Sitz des BND ist, da die andere Dauerbaustelle in Berlin noch immer keine Vollendung meldet. Das Datum des Umzuges verschaffte dem Geheimdienstsitz auch den Namen Camp Nikolaus. Ende der 1940er Jahre hatte die Organisation Gehlen bereits über 4000 Mitarbeiter. Es gab ja genug verdiente Nazis, die anderweitig gerade schwer zu vermitteln waren.
Reinhard Gehlen war Generalmajor gewesen, der sich kurz vor Ende des Krieges den Amerikanern ergab und in ihre Dienste trat. Gehlens Abteilung Fremde Heere Ost hatte als Aufklärungsabteilung einen sehr guten Ruf genossen und galt als systematisch, exakt und detailversessen und damit als zuverlässiger als andere NS-Geheimdienste. Gehlen konnte auch deshalb so viele seiner ehemaligen Mitarbeiter für den neuen Dienst gewinnen, weil sie dafür mit einer neuen Identiität versehen wurden, was manchem NS-Täter gut passte. Eingestellt wurden vor allem viele ehemalige von SS, SD, Gestapo und Abwehr sowie Offiziere der Wehrmacht. Eine Untersuchung von 1970 ergab, dass noch zu diesem Zeitpunkt bis zu 30% der BND Mitarbeiter in einer der genannten Organisationen des NS-Staates waren. Die USA tolerierten mit Beginn des Kalten Krieges diese hohe Quote an ehemaligen Nazis, weil sie ihnen Informationen und Aufklärung über die Sowjetunion und ihre Armee geben konnten. Die Aufklärer der Reichswehr freuten sich still über den gut bezahlten neuen Job im Nachkriegsdeutschland voller Armut und Mangel.
Zu den bekanntesten Nazi-Tätern unter den bald Mitarbeitern des BND gehören Klaus Barbie, der Gestapo-Chef von Lyon, der als Schlächter von Lyon in die Geschichte einging und der bereits von den Amerikanern getarnt und angeheuert worden war, obwohl die Franzosen ihn mit Haftbefehl suchten und der sich erst später nach Kolumbien absetzte, was der BND dann fortsetzte, Alois Brunner, einer der wichtigsten Mitarbeiter Eichmanns bei der Endlösung der Judenfrage, Wilhelm Krichbaum, der Leiter der Geheimen Feldpolizei, Franz Rademacher, der Leiter des Judenreferats im Auswärtigen Amt, Walter Rauff, der Erfinder der mobilen Gaskammer und andere Verbrecher mehr, die durch ihre Verwendung beim BND lange einem Prozess entgingen, denen der Kalte Krieg ein gutes Auskommen sicherte und eine neue Identität bescherte.
Die Amerikaner betrieben den neuen Geheimdienst zunächst als eine Art Außenstelle der US-Armee, die erst in Pullach der CIA unterstellt wurde. Der erste wichtige Auftrag der Organisation war die Funkaufklärung während der russischen Berlin-Blockade und der nachfolgenden Luftbrücke.
Am 1. April 1956 wurde die Organisation Gehlen parallel zur Gründung der Bundeswehr in den Dienst der Bundesrepublik übernommen. Dies geschah ohne jede gesetzliche Grundlage auf Basis geheimer Vereinbarungen im Bundeskanzleramt. Bis 1990 gab es kein Gesetz, das die Tätigkeit des BND regelte, begrenzte oder die Aufgabe präzisierte. Erst mit dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts und den daraus folgenden Festlegungen zur informationellen Selbstbestimmung, das als Grundrecht postuliert wurde, wovon heute nur noch wenig zu spüren ist, wurde ein irgendwie gesetzlicher Rahmen geschaffen.
Als Gehlen eine Annäherung der Bundesrepublik unter einer möglichen SPD-Regierung an die Sowjetunion fürchtete, hatte er bereits Pläne für eine Schattenregierung und einen Staatsstreich in der Schublade, die mit der amerikanischen Militärführung abgesprochen waren. Wahlverhalten der Bundebürger und noch stärkere Westbindung durch Adenauer machten diese Pläne dann obsolet. Spannend ist dennoch zu sehen, wie sich eine Organisation auch über einen möglichen Wählerwillen nach Vereinigung oder Ostbindung hinwegsetzte und im amerikanischen Sinne die Ordnung im geheimen gesichert hätte.
Bereits von Bestehen der Organisation Gehlen an hatte der KGB mit Heinz Felfe einen Maulwurf dort platzieren können, der erst 1961 aufflog und den der KGB im Wege der Erpressung zu Felfes Verwicklung in NS-Verbrechen leicht gewinnen konnte. Woran sich wieder zeigt, im Geheimen gedeiht der Unrat geschützt am besten.
Der heutige BND ist eine Bundeoberbehörde und unterliegt formell der Aufsicht durch das Kanzleramt. Daneben gibt es ein parlamentarisches Kontrollgremium, das seine Tätigkeit kontrollieren soll, aber keinerlei inhaltliche Kontrolle hat, da die Arbeit ja geheim ist. Aufgabe des BND ist die Auslandsaufklärung und nebenbei damit die Telefon- und Netzüberwachung, was die Pullacher ehemaligen Gehlen Mitarbeiter heute zur deutschen NSA macht.
Was manche nicht wissen oder nicht beachten, seit Jahren wird in Deutschland vor jedem mobilen Telefonat die 0049 geschaltet, womit es ein Auslandstelefonat ist, das dem Aufklärungsbereich des BND unterliegt, der all diese Gespräche gesetzlich legitimiert ohne zusätzliche richterliche Anweisung mitschneiden darf, womit der BND heute nebenbei das vollständige mobile Telefonnetz in Deutschland auch überwachen lässt und der grundrechtlich garantierte Schutz des gesprochenen Wortes durch eine simple Zahlenkombinationn ganz legal ausgehebelt wurde. Für diese vertrauenvolle Tätigkeit der totalen Überwachung, die sich auch auf das Internet und seine Knotenpunkte bezieht und natürlich weiter eng mit der CIA zusammenarbeitetet, stellt der Bund dem BND dieses Jahr 723,8 Millionen Euro zur Verfügung.
Zumindest polizeiliche Exekutivbefugnisse hat der BND nach § 2 des BND Gesetzes keine, ansonsten darf er zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik sind, alle Informationen sammeln, die dabei helfen und dazu zählen auch personenbezogene Daten. Seine Erkenntnisse gibt der BND an die Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages weiter. Dabei erstellt der BND nach eigenen Angaben rund 300 Berichte im Monat und beantwortet etwa 800 Anfragen zu Krisengebieten oder konkreten Sachverhalten.
Auch mit Diensten anderer Länder arbeitet der BND seit Jahren erfolgreich zusammen. Nachdem durch Snowdens Angaben bekannt wurde, wieviele Daten der BND an die NSA transferiert, wozu auch die Mobilnummern verdächtiger Islamisten gehören, kann heute mit Sicherheit gesagt werden, dass der BND an der Hinrichtung Verdächtiger durch Drohnen des US-Militärs aktiv beteiligt ist und damit rechtlich Mittäter dieser Tötungsdelikte ist. Gäbe es einen Ankläger, der diese Tätigkeit jenseits aller Gesetze rechtlich prüfen lassen würde, wären solche Tötungsdelikte strafbar. Laut BND Gesetz hat der deutsche Geheimdienst, anders als die CIA, keine solchen Exekutivbefugnisse zur Durchführung von geheimen Kommandoaktionen, zu denen auch die gezielte Tötung mittels Drohnen gehört. Doch wo der Ankläger fehlt und die Aufgabe gehörig unbestimmt bleibt, agiert dieser Staat im Staat weiter, ohne dass es einen Aufschrei der Betroffenen gibt, die sich lieber über Beschränkungen im Freizeitpark oder Tempolimits erregen, statt zu begreifen, wie wenig die Tätigkeit und Organisation des BND mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wie sehr sich im Laufe der Jahre und in der Informationsgesellschaft noch mehr, ein Staat im Staat gebildet hat, der dringend der Begrenzung bedürfte, die keiner wagt, womöglich auch aus Sorge, der Dienst könnte, über diese Entscheider zu viel wissen.
Helmut Kohl sagte über den teuer finanzierten Dienst nach Ende seiner Dienstzeit, sein Nutzen wäre nahezu null gewesen, sie hätten überhaupt nichts gewusst, wie sich bei allen Anschlägen und sonstigen Fragen heute immer wieder zeigt, regte Kohl sich darüber auf, dass der uneffektiv und miserabel geführte Dienst ihm die Zeit mit Nichtigkeiten gestohlen hätte. Von den gut bezahlten Mitarbeitern in der DDR waren über 90% auch bei der Stasi als Mitarbeiter geführt und also als Doppelagenten tätig und damit letztlich überflüssig wie vermutlich 99,99% aller geheimdienstlicher Tätigkeit, die nur viel kostet und nichts als Überwachung bringt, die nicht ihre Aufgabe eigentlich ist.
Angeblich war der BND auch über den bevorstehenden Mauerbau 1961 in Berlin informiert, tat jedoch nichts, was dieses Wissen für irgendwen nutzbar gemacht hätte. Den Fall der Mauer, den Zusammenbruch der UDSSR und des gesamten Ostblock hat er nicht vorausgesehen. Das wurde ihm, leider ohne weitere Konsequenzen, auch zum Vorwurf gemacht und deutlich die Unfähigkeit des auch nach dem NSA Skandal mit immer mehr Geld und Macht ausgestatteten Geheimdienst, der zum bloßen Machtinstrument der Kontrolle der einheimischen Bevölkerung wurde und illegale Geschäfte wie den Steuerdeal mit Schweizer Banken einfädelte, der angesichts der totalen Kontrolle über die Telekommunikation und das Netz eher voll Schrecken in die Zukunft denken lässt.
So gesehen kann der Staat zwar einen Teil der Ausgaben wieder realisieren, indem er Steuerflüchtlingen auf die Spur kommt, aber das ein Auslandsgeheimdienst allein diese Aufgabe effektiv erfüllt und dafür die totale Kontrolle hat, ist rechtsstaatlich so fragwürdig wie es die Frage stellt, welche Legitimation dieser Dienst als Finanzamtshelfer haben kann und ob das nicht schlimmer noch als bei der Stasi ist.
Der BND wird heute 60. Höchste Zeit ihn kritisch zu betrachten und endlich abzuschaffen. Wir brauchen keinen Geheimdienst mehr, seine Ausgaben sind nicht als Helfershelfer des Finanzamtes zu rechtfertigen und die Überwachung der vollständigen mobilen Kommunikation verstößt weiterhin gegen Grundrechte. Diese Macht und Kontrolle darf in einer Demokratie keiner haben. Schaffen wir den peinlichen Dienst endlich ab und verwenden wir seine Mitarbeiter künftig lieber zur Straßenreinigung und im Umweltschutz oder zur Verstärkung einer rechtsstaatlich arbeitenden Polizei, deren Handeln gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Es ist Zeit, gegen den Terror der Geheimen aufzustehen.
jens tuengethal 1.4.2016
In dir
Bin in Gedanken versunken schon
Ganz in dir meine Liebste die du
Mir fern so nah bist als wäre Liebe
Einfach ortlos spürbar wenn ich
Träume wie ich hinter dir liege
Mich an dich schmiege innig
Sich meine Mitte schon beim
Nur Gedanken steil aufstellt
Um in dich zu dringen in mehr
Als nur Gedanken fühle ich dich
Um meine zuckende Schwanzspitze
Von Innen nach Außen ganz um
Wieder ineinander beides in einem
Miteinander zu sein ob das wohl
Liebe ist frage ich nicht mehr
jens tuengerthal 1.4.2016
Donnerstag, 31. März 2016
Kulturgeschichten 0175
Pegiden und andere Rechtsradikale in Europa fürchten mit der Zuwanderung von Muslimen den Untergang des Abendlandes, den sie voller Angst beschwören, statt die Werte dessen zu vermitteln, um was sie fürchten, die ihnen aber meist nicht einmal bekannt sind. Fraglich erscheint eher, ob die befürchtete Intoleranz nicht eher ein Teil der abendländischen Geschichte ist, das sich gern als humanistisch, christliche Bastion gegen den bösen Islam präsentiert.
Der Islam ist schon lange Teil Europas und war es mit dem osmanischen Reich auf dem Balkan de facto bis ins 20. Jahrhundert hinein, ist es in den Köpfen der Gläubigen bis heute geblieben. Im lange maurischen Spanien lebten Muslime, Christen und Juden nebeneinander, zwar mit Vorteilen für die Muslime, was normal für die gerade herrschende Religion ist, aber mit relativ großer Toleranz in der Koexistenz, verglichen mit der zeitgleichen christlichen Intoleranz. Jedenfalls bis die Reconquista begann.
Gerne berufen sich die Rechtsradikalen und ihre Vordenker, die besser Hassprediger hießen, weil sie weniger denken als nur dumpfe Ängste zu beschwören, auf Karl Martell, den Großvater Karl des Großen, der einst in sagenhafter Zeit die Mauren in Südfrankreich zurückgeschlagen haben soll und damit Europa vor der weiteren maurischen Invasion bewahrte.
Doch so unklar ist, was wirklich damals passierte, ob der Hausmeier nicht einfach Glück hatte, die Mauren ohnehin nur eine kleine Expedition gestartet haben, sich sein Sieg eher den anwesenden Friesen verdankte, statt christlichem Mut nur feige Taktik gewann, ein überstürzter Aufbruch viele unklare Gründe haben konnte, diente die beschworene Angst eher immer der heimischen Propaganda als tatsächlicher Politik, denn im Handel und steten Austausch mit den Mauren standen die benachbarten Herrscher alle, was vielleicht auch die größere Toleranz und Offenheit derer von Navara noch erklärt, die mit Henry IV. auf den Thron gelangten, während die streng katholischen Anjous wie das Haus Lothringen Frankreich in verheerendere Glaubenskriege stürzten, lebten die Religionen im maurischen Spanien bis zur Reconquista relativ friedlich miteinander.
Die Verteidiger des Abendlandes in Spanien aber wurden vom Geist der Intoleranz getrieben, der die Reconquista zur Taufe mit dem Schwert machte und alle anderen tötete oder vertrieb. Einer der traurigen Gipfel dieser christlichen Intoleranz ist das am 31. März von Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon unterzeichnete Alhambra-Edikt, nach dem alle im Land befindlichen Juden zum Christentum konvertieren oder das Land verlassen mussten. Sie gaben den Juden eine Frist bis zum 31. Juli, bis zu dem sie entweder konvertieren oder Spanien verlassen haben mussten.
Mit dem Edikt wurde eine Bevölkerungsgruppe vertrieben, die teils seit Jahrhunderten auf der iberischen Halbinsel ansässig war. Die unter massiven Druck zum Christentum bekehrten Conversos, die im Volk auch verächtlich Marranen genannt wurden, galten der Inquisition als verdächtig insgeheim noch dem Judentum anzuhängen. Deren gute christliche Gesinnung wurde ständig von den Inquisitoren überprüft und wer sich der Häresie verdächtig machte und dafür im Inquisitionsverfahren der Häresie überführt worden war, wurde häufig zum Feuertod verurteilt und bei den sogenannten Autodafés öffentlich verbrannt. Dabei urteilte die Inquisition nur über konvertierte Christen, nicht über Juden. Dahinter stand das rassistische Konzept der Limpieza de sangre, spanisch für die Reinheit des Blutes, mit dem sich die Altchristen von den Neuchristen oder Conversos abgrenzten, die muslimische oder jüdische Vorfahren hatten. Stets von der Inquisition verfolgt, standen sie im Verdacht des Judaisierens und höhere kirchliche oder staatliche Ämter waren ihnen so verschlossen, wie sie in angesehenen Institutionen nicht zugelassen wurden.
Schon 1460 hatte Alonso de Espina, ein Franziskanermönch, der Beichtvater Heinrichs IV. war, in seiner Schrift Festung des Glaubens alle Coversos unter Generalverdacht gestellt, weil der Übertritt zum Christentum nicht echt sein könne und Glaube nur auf biologischem Wege vererbt würde. Darum war Hauptanliegen der Inquisition, die auf Drängen des Beichtvaters von Isabella von Kastilien eingeführt wurde, zu überprüfen, ob die Zwangstaufen zu einer echten Bekehrung geführt hatten. Welch grauenvolle Prüfung der Gesinnung aus gut christlicher Überzeugung. Der Aberglaube nur Blutreinheit garantiere den echten Glauben setzte sich im 16. Jahrhundert immer mehr durch und bestimmte so den Zugang zu allen wichtigen Institutionen und Ämtern. Dazu wurde ein genealogischer Nachweis altchristlicher Abstammung als Voraussetzung verlangt, auch etwa von den Ammen am Königshof und wer diesen nicht erbringen konnte, galt als unrein oder befleckt, wurde damit stigmatisiert. Eine rassistische Lehre im Aberglauben, die an die Nürnberger Gesetze der rassistischen Nazi Herrschaft erinnern, wenn auch deutliche Parallelen zu erkennen sind.
Die rassistische Lehre wurde aber praktisch häufig durch Bestechung umgangen und seltener konsequent durchgeführt, zumal es auch adelige Familien gab, die von Conversos abstammten. Die strengen Statuten erfuhren jedoch auch Kritik, so von Papst Nikolaus V., der sie für ungültig erklärte und dies mit dem Römerbrief des Paulus begründete, wonach es vor Gott kein Ansehen der Person gäbe und auch Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, in dessen Reihen einige Conversos waren, stellte sich den Statuten entgegen und König Philipp II. versuchte sie sogar Ende der 1580er abzuschwächen, um seine Conversos, die als Berater am Hof tätig waren, zu schützen. Dennoch bestand die Lehre von der Blutreinheit fort und wurde auch auf die spanischen Kolonien übertragen, nach der auch die Indios als befleckt galten und entsprechend behandelt wurden bis zu ihrer Ausrottung. Noch im 19. Jahrhundert bemerkte Alexander von Humboldt, dass es in Spanien eine Art Adelstitel sei, nicht von Mauren oder Juden abzustammen und in den Kolonien die Hautfarbe bestimme, welchen sozialen Rang einer einnehmen könne. Das Konzept der Blutreinheit wurde so zur dauernden Diskriminierung aller Menschen mit afrikanischer Abstammung genutzt. Dabei galt in den Kolonien jedoch, dass der Nachweis der Blutreinheit auch käuflich war und so die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Klasse erworben werden konnte. Was an Görings Worte, wer Jude ist, bestimme ich ein wenig erinnert.
Erstmals abgeschafft wurde das Gebot der Blutreinheit 1811, dann jedoch durch den nachfolgenden König wieder strenger gehandhabt und erst 1865 endgültig abgeschafft. Die Statuten zur Blutreinheit gelten als erstes rassistisches Gesetz, das die Diskriminierung nicht nur an der Religionszugehörgkeit festmachte, sondern an die rassische Abstammung anknüpfte. Dennoch lässt sich eine direkte Parallele zu den teils ähnlichen Nürnberger Gesetzen historisch nicht nachweisen, zumindest war der Wahnsinn vom gleichen Geist getragen.
Das Alhambra-Edikt wurde erst 1968 anlässlich der Einweihung einer Synagoge in Madrid für unwirksam erklärt. Doch dauerte es noch bis zum 1. April 1992 bis König Juan Carlos I. es unwiderruflich außer Kraft setzte und im selben Jahr erst verabschiedete das spanische Parlament ein Kooperationsabkommen, mit dem das Verhältnis des spanischen Staates zu den jüdischen Gemeinden geregelt wurde. Dabei hatten Juden schon seit der Antike und weit vorchristlicher Zeit in Spanien gelebt, doch war es schon vor dem Einfall der Mauren zu zahlreichen Zwangstaufen und Vertreibungen gekommen. Insofern hatte die jüdische Bevölkerung die muslimischen Eroberer zunächst begrüßt und sogar einen geschützten Sonderstatus erhalten, der zur Blüte von Handel und Wissenschaft in den jüdischen Enklaven führte. Ab Mitte des 12. Jahrhunderts endete mit der Herrschaft der Almohaden die muslimische Toleranz und es kam zu Zwangsbekehrungen und Vertreibungen, warum viele Juden zunächst in den christlichen Norden nach Kastilien oder Aragon flohen.
Der im Januar 1492 errungene Sieg über die Mauren und der Untergang ihrer letzten Bastion der Alhambra war Ergebnis eines zehnjährigen kostspieligen Krieges. Finanziert wurde dieser Krieg maßgeblich durch die beiden jüdischen Magnaten und Berater von Ferdinand und Isabella, Isaak Abravanel und Abraham Senior. Obwohl die beiden intervenierten galt das Edikt auch für die beiden Finanziers des Krieges. Abravanel weigerte sich zu konvertieren und verließ Spanien, während Senior kapitulierte und sich mit 81 taufen ließ.
In der Begründung des Edikts unterschied sich Kastilien von Aragon insofern, dass Aragon ehrlicherweise wirtschaftlich moralische Gründe anführte, wonach christliche Güter von Wucherzinsen aufgefressen wurden, woran das letztlich machtpolitisch primitive Vorgehen deutlich wird. Das Königshaus wollte sich von seinen Schulden befreien und verkleidete es in ein religiöses Mäntelchen.
Wieviele Juden Spanien tatsächlich verließen, ist strittig, da keine exakten Zahlen vorliegen, so wenig wie zur exakten Zahl der Konvertiten, da es keine Quellen dazu gibt. Nach Schätzungen waren es zwischen 120.000 und 300.000 sephardische Juden, die Spanien verließen, was bei einer Bevölkerungszahl von damals etwa 850.000 schon deutlich über 30% der Bevölkerung läge. Viele ließen sich zunächst in Portugal nieder, was ihnen aber auch nur vorübergehend bis 1497 Schutz gewährte.
Der größere Teil jedoch zerstreute sich nach Nordafrika, in die Levante, wo ihnen der osmanische Sultan Zuflucht gewährte, und fand in Griechenland vor allem in Saloniki eine neue Heimat. Einige gelangten auch nach Italien, wo die Aufnahme unterschiedlich war. Während in Sizilien und Sardinien, die zu Spanien gehörten, das Edikt genauso galt, nahmen die Medici sie, als Mailand auch an Spanien fiel, mit offenen Armen auf und gewährten ihnen in Livorno volle Gleichberechtigung mit allen Nationen, sie durften Waffen tragen, erhielten volle Religionsfreiheit, durften Geschäfte eröffnen und Handel betreiben. Dies war so attraktiv, dass die jüdische Bevölkerung Livornos von 140 auf über 3000 anwuchs. Venedig tolerierte die Juden und erweiterte ihr Ghetto zur Aufnahme der Sepharden. Die Renaissance Päpste unterstellten die Juden dem Schutz der Kirche, warum sich zahlreiche in Rom und Ancona ansiedelten. Kleine Gruppen von Sepharden gelangten auch nach Amsterdam und Hamburg.
Der Markt in Spanien wurde infolge der kurzfristigen Ausweisung mit Gütern und Immobilien überschwemmt und die Preise verfielen. Andererseits fehlten plötzlich ganze Sektoren des Wirtschaftslebens, die vorher von Sepharden betrieben worden waren. Es fehlten die Steuereintreiber und Kapital zur Finanzierung von Militär und Wirtschaft wie eines luxuriösen Lebensstils, ganze Branchen verfielen dadurch. In den Städten fehlten plötzlich die sephardischen Ärzte und Handwerker, die Diplomatie war ohne die Sprachkenntnisse und vielfältigen Kontakte der Sepharden in ganz Europa nahezu aufgeschmissen. Dem spanischen Staat blieb eine weitgehend reinrassige Oberschicht, die nicht arbeiten durfte, um Zugang zu Orden zu finden und eine arme ungebildete Schicht von Bauern und Besitzlosen. Durch die Vertreibung der Sepharden brach die dynamische Mittelschicht völlig weg. Diese ökonomische Katastrophe konnte nur durch den Import von Unmengen Gold aus den Kolonien ausgeglichen werden, der aber jede seriöse ökonomische Basis fehlte, die nur auf Ausbeutung ging, keine Perspektive hatte.
Neben der Ökonomie litten auch Kultur und Wissenschaft unter dem Aderlass, der wenig zurückließ und die besten Köpfe vertrieb. Die jüdische Mystik der Kabbalah wurde durch die Vertreibung aus Spanien, wo sie nur einigen internen Zirkeln bekannt war in ganz Europa verbreitet und in unserer Zeit sogar zur spirituellen Mode, der manche Madonna anhängt. Um die geistige Haltung der Konvertiten zu kontrollieren, baute die Inquisition ein Heer von Spitzeln auf, was zu totaler Kontrolle und verbreiteter Angst und Lähmung führte, wie in allen totalitären Staaten, es herrschte mehr Misstrauen als Vertrauen und jede Innovation wurde durch diesen rassistischen Katholizismus ausgebremst. Spanien hatte sich damit selbst entleibt und seinen Reichtum nachhaltig zerstört. Überlebt hat es nur durch den Reichtum der Kolonien und es fragt sich, warum Rom nicht mit ähnlicher Härte gegen die Spanier vorging wie gegen manche deutsche Kaiser aus weit geringeren Anlässen, warum der Vatikan von seiner Mitschuld auch nicht freizusprechen ist.
Verstehe nicht, warum ein Volk so lange einer solch totalitären Gesinnung im Aberglauben hinterherlief. Ob es die Angst war, nochmal von den Mauren überfallen zu werden, die den Gesinnungsterror tolerieren ließ?
Das Haus Habsburg, das auch zu lange im Heiligen Römischen Reich regierte, ist spätestens seit Karl V. mit dieser bigotten Tradition der Scheinheiligkeit aus rassistischen Motiven aufs engste verknüpft, eigentlich schon seit der Hochzeit seines Vaters mit Johanna der Wahnsinnigen. Was sie auf dem Balkan hinterließen, wird Europa noch viele Jahre beschäftigen. Für Spanien gaben sie die Verantwortung zwangsweise ab, nachdem zu lange Inzucht jede Entwicklung lähmte. Auch die Bourbonen brauchten bis in unsere Zeit, sich vom Rassismus der Vorgänger zumindest formal zu distanzieren. Was die Inquisition in Spanien und den Kolonien anrichtete, hat eine Kultur gelähmt und viele zerstört und auch wenn es mangels industrieller Präzision und Zuverlässigkeit nicht so effektiv vernichtete wie Deutschland es unter Hitler tat, starben doch im Verhältnis genug und die Vertreibung von ⅓ der Bevölkerung hat aus der iberischen Halbinsel über lange Zeit einen Sozialfall gemacht. Ein fehlender Mittelstand, eine in Unfreiheit beschränkte Bevölkerung, die einer autoritären Sekte hörig gemacht wurde, welche sich nicht davor scheute, öffentlich zu töten, um dies als Kult zu zelebrieren, haben echte kulturelle Entwicklung und geistige Innovation lange verhindert.
Im spanischen Bürgerkrieg flammte ein wenig der Hoffnung auf, Spanien hätte den totalitären Staat überwunden und sich von seinen üblen Wurzeln getrennt. Ferdinand und Isabella, die Großeltern des für Europa so wichtigen Karl V., haben mit dem Alhambra Edikt der Intoleranz einen Staat gegeben, der bis heute mit den Folgen zu kämpfen hat. Die Kolonialisierung Amerikas und die Vernichtung der dortigen Kulturen zeugt auch bis heute vom Geist der Intoleranz, der keinen Frieden findet und noch immer wirken die alten rassistischen Eliten in den ehemaligen Kolonien weiter.
Ob die kurzzeitige Kolonialisierung des FC Bayern unter spanischem Zepter mit gravierenden Folgen ohne positives Ergebnis außer dem für diese Kicker gewöhnlichen auch für die fortbestehende spanische Intoleranz zeugt, die nichts neben sich gelten lässt und die nur erfolgreich in starren Sytemen wie dem spanischen Hofzeremoniell ist, mag dahinstehen, zumal der fragliche Pep Guardiola sich lieber nicht als Spanier sieht, sie ist jedenfalls weniger Zeichen von Innovation und Freude als von langweilig ewiger Zuspielerei ohne die wilde Lust, die es beim Fußball auch braucht. So gesehen erstarrte die Leidenschaft der Bayern im spanischen Hofzeremoniell und es ist wohl gut, davon endlich Abstand zu finden, um der Leidenschaft ihren natürlichen Raum zu geben, warum vielleicht wirklich ein Jürgen Klopp besser nach München passt als der formale eben doch spanische Perfektionist Pep, auch wenn er sich gern als baskischer Seperatist präsentiert. Der Geist der Inquisition, von Kontrolle und Misstrauen greift tiefer ins Wesen als es auf den ersten Blick möglich schien und wirkt so länger, als je geahnt.
Die Reconquista und ihr krönender Abschluss das Alhambra-Edikt im Rahmen der geltenden Statuten zur Blutreinheit ist kein Vorbild für Europa und seine Befreiung vom Islam, wie es manche AfD nahe Leitartikler der FAZ uns nahelegen wollten, die dümmlich historisch verfehlt von der Verteidigung Europas tönten, sie ist eine üble rassistische Bewegung gewesen, für die sich Spanien und Europa ähnlich schämen sollte wie für den Holocaust. Die Inquisition war eine Gestapo und Stasi vergleichbare totalitäre Organisation, die bis in das Denken der Menschen greifen wollte und dabei vor Mord im Namen Gottes nicht zurückschreckte.
Ist dies das Abendland, das es vor muslimischen Flüchtlingen, die hier Schutz suchen, zu verteidigen gilt?
Die Nürnberger-Gesetze Spaniens verdienen so genannt zu werden, nur dauerte der Gesinnungsterror in Spanien nicht nur 12 Jahre wie in Deutschland sondern 500 Jahre bis zur endlich Aufhebung, doch noch ohne den nötigen radikalen Bruch mit einer beschämenden Vergangenheit, auf die es keinen Grund gibt stolz zu sein.
Zumindest das hatte der größte Teil der Westdeutschen bis 1990 verstanden gehabt, in der DDR war ja dank des formalen Antifaschismus, niemand verantwortlich und die untergegangene totalitäre Diktatur der Spießer beruft sich gerne noch in ihrer Nachfolgeorganisation, die immer noch parlamentarisch ist, auf diese Tradition als Entschuldigung für alles und Rechtfertigung dafür den Staat Israel zumindest verbal anzugreifen. Bis zur Einheit hätte ich gesagt, wir können den Spaniern zeigen, wie sie sich ihrer Geschichte selbstkritisch stellen, denn Grund stolz zu sein auf diese 500 Jahre haben sie so wenig wie wir auf deren 12. Heute, wo Populisten ohne Ziel und Verstand mit rassistischer Angst wieder zu viele Stimmmen ergaunern können, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Mit dem totalitär aufgewachsenen Teil der Deutschen haben wir auch die Sehnsucht nach einfachen Antworten wieder gewonnen, die noch nicht in der Demokratie ankamen.
Können Völker diese Neigung zum Totalitären je überwinden?
Was kann kritisches Denken wecken, dass die Formeln der Propaganda durchschaut?
Wie schnell ertönt nach den nächsten Attentaten der Islamisten wieder den Ruf nach dem starken Staat, der sich auch totalitär zu Wehr setzt?
War nicht bekannt, dass alle bisher bekannten islamistischen Attentäter vorher polizeibekannt waren?
Von allen 16 islamistischen Attentätern sind 14 Täter vorher bekannt und überwacht gewesen, die meisten sind tot, die übrigen lebten in einem Millieu, das geheimdienstlich ohne Wirkung bewacht wird, wie wir es von den Diensten, diesen teuren Versagern, kennen. Eine relativ überschaubare islamistische Szene könnte, so der Wille dazu vorhanden wäre, leicht polizeilich überwacht werden. Wer Attentate verhindern möchte, statt die Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen, muss hier zugreifen und konsequent ermitteln und handeln.
Wir leben wieder in einer Welt der Überwachung und des Misstrauens wieder. Schlimmer und weiter noch als die Stasi überwachen BND und andere Dienste uns alle längst. Das Netzt wird gefiltert, alle mobilen Telefonate werden via 0049 Vorwahl als Auslandstelefonate deklariert und dürfen damit ganz legal mitgeschnitten werden von unserem Auslandsgeheimmdienst.
Hat die Überwachung und das Misstrauen gegen alle Bürger auch nur eine Tat verhindert?
Wurde durch Vorratsdatenspeicherung irgendein Islamist überführt?
Spanien hat uns wie der Nationalsozialismus und die DDR gezeigt, totalitäre Diktaturen lassen die Menschen in ihnen verblöden. Keines der Systeme hat mit der Überwachung sein Ziel erreicht. Spanien hat sich über 500 Jahre damit geschadet. Deutschland ging nach 12 Jahren unter, zerbrach und wurde mancher seiner Teile beraubt beim großen Landtausch. Die DDR ging unter, weil die UDSSR sie fallen gelassen hat, weil sie zu keiner Innovation mehr fähig war, weil, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Wer zu früh kommt hat zwar auch nur den halben Spaß, aber darum geht es hier ja nicht.
Ein toalitär verwaltetes Volk, das sich von Propaganda verführen lässt und lieber mehr Überwachung hätte für eine Sicherheit, die es nie geben kann, ist bereits zu verblödet, sich selbst zu befreien, fürchte ich fast. Nur was bleibt uns dann noch als Alternative?
Aufklärung und Freiheit sind der Schlüssel zur Verantwortung, nehmen wir ihn endlich wieder so in die Hand, wie es einem Kant würdig wäre. Befreiung aus selbstverschuldeter Unmündigkeit heißt, erkennen, wann wir entmündigt werden, wo die staatliche Kontrolle ins totalitäre kippt, dies scheint mir dringender als je - nie waren wir so gut überwacht, nie kümmerten wir uns so wenig darum, was uns an Freiheit bleibt aus Angst.
Das Abendland, welches Spanien autoritär rassisitisch gegen den Islam verteidigte ist der Erhaltung nicht wert. Es ist ein stumpfsinniges, selbstbezügliches System und es ist dabei egal, wie dumm ich den Islam finde, wir fremd mir jeder Aberglaube ist. Der Rechtsstaat hat und braucht keine Götter. Er hat Normen und ordnet das Zusammenleben. Jeder Hokuspokus ist ihm fremd. Das Abendland der Aufklärung, der Renaissance und der Menschenrechte, wäre es wert gegen diese mittelalterliche Sekte verteidigt zu werden nur nie mit den Methoden der Reconquista sondern allein in Freiheit oder nie.
jens tuengerthal 31.3.16
Kulturgeschichten 0174
In der Ukraine wie in Syrien beobachten wir gerade Flucht und Vertreibung und der türkische Sultan hat es geschickt verstanden, den Strom der Flüchtlinge nach Europa vor allem nach Deutschland weiter zu leiten, um sich dessen wieder Ende teuer bezahlen zu lassen, sagen nüchterne Betrachter von außen.
Anders klingen die Berichte derer, die mit Syrern sprachen und über ihre Hoffnung auf Rettung nach dem Bürgerkrieg, ihre Sehnsucht nach Frieden und ihre große Dankbarkeit. Die hoffen hier eine neue Heimat zu finden, mithelfen wollen Deutschland erfolgreich zu machen und daran fleißig teilnehmen wollen.
In der Ukraine kümmerte sich Rußlands Präsident Putin mit sehr handfesten militärischen Argumenten um seine Landsleute dort nachdem die rußlandfreundliche eine oligarchische Regierung durche eine amerikafreundliche und finanzierte Gruppe durch den inszenierten Volksaufstand am Maidan vertrieben wurde.
Hier unterscheiden sich die Berichte beider Seiten über das, was tatsächlich im Krieg geschah, wer kämpfte und ob es ein Bürgerkrieg war oder ein kolonialer Kampf eher, bei dem sich Russland und die USA mehr gegenüberstanden als die Ukrainer, die dort aufeinander einschlugen blind vor Nationalismus in einer lächerlichen Angelegenheit, getrieben von der jeweils Angst vor Vernichtung, zum einen durch Julia Timoschenko, die dies sogar wörtlich ankündigte, zum anderen durch den Kreml, der mehr oder weniger verdeckt seine Elitetruppen dort agieren ließ, die Krim bereits annektiert hatte.
In Syrien wehren sich verschiedene Revolutionstruppen gemeinsam mit dem IS, mit dem keiner etwas gemeinsam mehr haben möchte, gegen Assad, der mit Russland gegen den IS und die Revolutionstruppen uneiniger Provinienz kämpft. Wohin wendet sich das syrische Volk, wenn es Frieden will, genug hat von Krieg und Besetzung und nicht in Lagern oder im rettenden Norden längst lebt?
Wann steht ein Volk auf und wehrt sich, was löst dies aus?
Am 30. März 1282 brach in Palermo zu Beginn der Vesper am zweiten Osterfeiertag der Aufstand gegen die Herrschaft von Karl I. von Anjou aus. Die sogenannte sizilianische Vesper führt in den folgenden Tagen zum Tod aller 8000 Franzosen auf der Insel und zur Vertreibung aller übrigen. Als König wird infolge Peter III. von Aragon eingesetzt, der sich mit der Zeit auch auf dem ländlichen Teil Siziliens um Neapel durchsetzt, das damit spanisch regiert wird.
Wie kam es zu diesem Volksaufstand?
Die Franzosen waren bei den stolzen Sizilianern verhasste Besatzer nach den sehr geschätzten Staufern, die als Erben der Normannen galten, die anerkannt waren, weil sie als mutige Krieger siegten. Die südliche Insel war schon immer eigen. Hier trafen Griechen auf Römer und Afrikaner, Muselmanen lebten neben Christen und unter den Staufern in einem Geist relativer Toleranz zusammen. Dem Papst hatte schon das Erbe Siziliens durch Konrad nicht gepasst gehabt, den Vater Friedrich II., der die Tochter des Normannenkönigs Roger geheiratet hatte, weil sich der Vatikan plötzlich in seinen Besitzungen und seiner weltlichen Herrschaft, die nur durch eine gefälschte Urkunde und viele Lügen garantiert war, durch die Herrschaft der deutschen Kaiser umfasst sah und fürchtete von diesen im Falle eines Streits einfach besetzt zu werden.
So hatte der Papst die Pläne des Bruders des französischen Königs, eben jenem Karl, unterstützt gehabt König von Sizilien statt Konradin des Erben von Friedrich II. zu werden, den dieser eingesetzt hatte. Dazu gab es Streit und doch hatte sich Karl auch mit militärischer Kraft durchgesetzt und später sogar den anderen Sohn Friedrichs II. Maximilian verdrängt und geschlagen, der für Konradin den italienischen Besitz als Vizekönig verwalten sollte. Doch beliebt war der Franzose und seine Ritter, die sich auf das päpstliche Lehen beriefen, nicht bei der Bevölkerung. Im Gegenteil, ein neues Steuersystem, eine scheinbar effektive Verwaltung und das herrscherliche Gebaren der französischen Ritter und Truppen auf der Insel machte sie unbeliebt.
Als ein französischer Offizier die Frau eines Sizilianers auf dem Platz vor der Kirche in Palermo anmachte, wo die Menge auf die Vesper wartete, brach schnell ein Streit aus und der Franzose hatte ein sizilianisches Messer schneller im Rücken als er laufen konnte und diejenigen, die ihm helfen wollten, wurden gleich mit umgebracht. 8000 tote Franzosen in wenigen Tagen, zeugen von der angestauten Wut der stolzen Sizilianer, die ihren Kaiser Friedrich II. geliebt hatten und die Schwaben lieber wollten, als die päpstlichen Franzosen.
War es wirklich nur Volkes Wut oder viel mehr gelenkt?
Lassen wir uns nicht täuschen, es war dies nicht einfach ein zufälliger Volksaufstand, in dem sich sizilianischer Männerstolz entlud, auch wenn es, dem, der die Insel und ihre Bewohner kennt, oder Thomasi de Lampedusas großartigen Leoparden las nicht wundern würde, wenn es so wäre, war dies ein von langer Hand aus Byzanz und Spanien inszenierter Aufstand, bei dem es um viel mehr ging als nur die Krone Siziliens.
Karl von Anjou hatte große Pläne im Mittelmeer, wollte als König von Jerusalem auch Konstantinopel erobern, die Kirche unter katholischem Banner einen, das Haus Anjou zum Herrscher über den ganzen Mittelmeerraum machen, in dem er schon einige selbst hatte von Tunis bis ins Heilige Land. Dies geschah noch in Übereinstimmung mit dem Papst, zumindest mit dem gerade Papst Martin, dessen Nachfolger sahen es schon wieder kritischer und nachdem Peter III. von Aragon auch die Flotte Karls versenken ließ, konnte dieser seinen Nachfolger in Sizilien nicht mehr daran hindern, das Königreich Neapel zu erobern und damit König beider Sizilien zu werden. Der als künftiger römischer Kaiser angetretene Karl war gescheitert und fiel schließlich im Kampf. Sizilien blieb spanisch bis 1703, als es infolge der Regelungen nach dem spanischen Erbfolgekrieg, der das Haus Bourbon auf den spanischen Thron brachte, wo es heute noch sitzt als letzte Herrschaft der Franzosen, sehen wir von schwedischer Verwandtschaft ab, als das Haus Anjou bereits lange in männlicher Linie ausgestorben war und auch in England nicht mehr herrschte.
Der vermeintliche Volksaufstand stolzer sizilianischer Männer, die ihr Frauen gegen die Anmache der Franzosen verteidigten, war nur das vorgeschobene Mittel eines von langer Hand aus Spanien und Byzanz organisierten und finanzierten Aufstands, der das gewünschte Ergebnis hatte, den Franzosen abzusetzen und dessen Pläne im Mittelmeer zu vereiteln.
Was sizilianische Vesper noch heute heißt, war also vermutlich eher ein gesteuertes Gemetzel konkurrierender Herrscher, bei dem nur die Gelegenheit genutzt wurde. Mangels bekannter Pläne dieser geheimen Aktion von Peter III. und seinem Kollegen in Byzanz, kann nicht genau rekonstruiert werden, ob der Aufstand nach der angeblichen Belästigung durch den Franzosen in Palermo, wie geplant verlief oder doch zu früh ausbrach, echter Volkszorn nur genutzt und kanalisiert wurde. Jedenfalls lief es so geordnet und geplant ab, dass die Spanier zumindest geschickt die Situation zu nutzen wussten, die Provokationen über Monate vorab sofortige Wirkung zeigten.
Betrachten wir, dass nach dem spanischen Erbfolgekrieg Habsburg Sizilien erbte, zeigte sich eine fortgesetzte Kontinuität mit den Erben der Schwaben, die als Staufer dort den Normannen gefolgt waren, denn Peter von Aragon war mit Konstanze der Tochter Manfreds von Sizilien verheiratet, den sein Vater Friedich II. noch auf dem Sterbebett legitimiert und anerkannt hatte. Die spanische Krone war später aus der Vereinigung der Häuser Aragon und Kastilien entstanden, unter Ferdinand und Isabella, deren Tochter Johanna, die angeblich Wahnsinige, dann Philipp den Schönen heiratete, den Sohn von Kaiser Maiximilian I., dem letzten Ritter, womit sich der Kreis von den Staufern zum Haus Habsburg schließt, das dann erst im Risorgimento vertrieben wurden, auch wenn sich sogar damit in Sizilien nicht viel änderte. Wie es bei Lampedusa der alte Leopard von seinem jungen Neffen Tancredi hören muss, der bei den Revolutionären mitwirkt, die sich wieder auf die 600 Jahre frühere Sizilianische Vesper zu Unrecht beriefen, die nur einen Fremdherrscher durch einen anderen von außen gesteurt ersetzte: “Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, muss sich alles verändern.” Manche sagen. so verhielte es sich in Sizilien bis heute und es fragt sich nur, wer wen heute für was umbringen würde. In der berühmten Verfilmung Viscontis spielt übrigens Burt Lancaster den alten Leoparden während der ganz junge und schlanke Alain Delon den revolutionären Neffen gibt in diesem wunderbaren Sittenbild Siziliens, das die sizilianische Vesper erst verständlich macht bis heute.
Jenseits von Sizilien und der dortigen inszenierten Revolution, die nur fernen Beobachtern noch wie ein Ausbruch des Volkszorns stolzer Sizilianer erscheint, sehen wir die inszenierte Revolution auf dem Maidan, die von der CIA gesteuert und finanziert wurde, während Russland die Gegenseite unterstützte und über den Gashahn noch die Macht im Lande hatte, auch ohne die Krim. Bei beiden Aufständen ging es um Macht und viel Geld, die Weltherrschaftspläne eines Karl von Anjou sind denen mancher amerikanischer Präsidenten nicht unähnlich und auch die feuchten Träume des kleinen KGB Manns Putin, der groß wurde, von russischer Größe wachsen auf dem selben Mist, der nichts mit den vorgegebenen Gründen der je Aufstände zu tun hat. Es geht um viel Geld bei der Gasrechnung, enttäuschte Freundschaften und letztlich Macht über einen Raum, in dem die agierenden nur Schauspieler sind, die sich eben totschießen oder abstechen, wenn es der Sache dient.
Vieles hat sich in den letzten 800 Jahren nicht geändert beim Kampf um Macht und Vorherrschaft. Die Demokratie, die als Herrschaft der Parteien, die der Familien abgelöst hat, ändert nur vorgeblich etwas, an den Strukturen in denen Herrschaft wirkt und agiert. Ein wenig änderte sich durch die Teilhabe von Frauen an der Herrschaft, doch sollten wir auch dies nicht überbewerten, denn sogar solch legendäre Königinnen wie Elisabeth I. oder Victoria bewegten nicht wirklich etwas, was die Bedingungen von Macht und Herrschaft betraf, sondern machten wie Merkel auch nahezu das gleiche wie die Männer vor ihnen, was auch für eine Hillary in den USA gelten wird.
Der Blick auf die sizilianische Vesper zeigt wie Gerüchte wirken können und sich die geschicktesten Spieler der Macht hinter Volksaufständen verstecken, von denen sie sich an die Macht tragen lassen, als seien sie irgend Erlöser. Wie es Tancredi Falconieri zum Leoparden sagte, “Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, muss sich alles verändern.”
Hoffen wir, dass während dieses Prozesses der Veränderung in Osteuropa und im arabischen Frühling nicht mehr so viele Menschen sterben müssen, damit alles bleibt, wie es ist im Schatten der scheinbaren Veränderungen. So fragt sich, ob der überzeugte Reaktionär Davila, den Martin Mosebach so kongenial in der Anderen Bibliothek übersetzte, nicht manchmal weiser ist mit seinen Aphorismen als manche heutige Revolutionäre, die meinen die Welt und ihren Lauf erkannt zu haben.
Weiß es nicht, wie ich überhaupt sehr wenig weiß, ehrlich gesagt, doch scheint mir beim Blick in die Geschichte manche Konstellation und Methode eher für Kontinuität als für Überraschungen zu sprechen, warum wir uns in Europa langsam ernsthaft fagen sollten, was wir alles neu machen müssen, damit alles bleibt, wie es ist, denn wer sollte schon etwas ändern wollen in der eigentlich bisher besten aller Welten?
jens tuengerthal 30.3.16
Dienstag, 29. März 2016
Kulturgeschichten 0173
Nibelungenherzig
Treue und Zuverlässigkeit sind wichtige Faktoren in der Bündnispolitik, auch wenn diese nach gusto immer wieder ausgelegt wurde, die Erbfeindschaft zur Erbfreundschaft wurde, während treueste Partner zu bösesten Gegnern plötzlich werden, gilt doch, eine Regierung kann nur solange erfolgreich sein, wie sie die für ihre Macht Verantwortlichen davon überzeugen, dass sie sich selbst treu und zuverlässig ist.
Solange diese nur sich selbst oder einem sie einsetzenden Monarchen verantwortlich war, konnte sich da noch erfolgreicher belogen werden, als in einer offenen Demokratie mit freien Medien als vierter Gewalt. Staaten, die Medien kontrollieren wollen und totalitäre Macht ausüben, scheitern meist schnell spätestens an der Eitelkeit und Dummheit ihrer Machthaber. Schade ist es nur um die, die es auf dem Weg erwischt.
Ein lächerlicher Sultan vom Bosporus, der meint sich wie ein türkischer Großonkel aufspielen zu dürfen, mit seinen vorgestrigen Vorstellungen von Demokratie und seinem mittelalterlichen vom islamischen Aberglauben geprägten Frauenbild, macht sich mit seiner Einbestellung der Botschafter nur lächerlich. Er hat es nicht verstanden und wird über kurz oder lang über die sich selbst gestellten Fallen der Untreue wohl stolpern, sobald ihm die hysterische Kontrolle entgleitet, er nicht mehr als Flüchtlingsauffangbecken noch ein wenig gebraucht wird. Noch jubeln ihm konservative Türken zu, die nicht verstanden haben, dass die Zeiten sich änderten und denken das neue Chauvitum aus Ankara sei ein Erfolgskurs, doch macht sie das auf Dauer nur noch lächerlicher und auch 5000 seit dem Sommer getötete Kurden weisen nur auf die fehlende Kultur dieses geistig provinziellen Anatolen hin. Die Türkei beweist jeden Tag aufs neue, dass sie nicht nach Europa gehört, der erdogansche Islam mittelalterlich blieb und nicht integrierbar ist, was gut so ist und zumindest die Verhältnisse klärt, auch wenn wir ihn gerade ein wenig bezahlen, um nicht die rechten Populisten in Europa weiter zu stärken, die sonst Putin mit russischem Öl finanziert.
Wer sich aufspielt, weil er sich mächtig und gebraucht fühlt, ohne die Spielregeln der Demokratie verstanden zu haben, wird vor ihren Toren verhungern, wenn es um seine Existenz geht. Ankara drängt nach Europa und fordert Treueeide der NATO im Kampf gegen die Kurden und doch bekommt der nach Bedeutung so gierige, seinem Wesen nach nur noch lächerliche, türkische Pascha, wenn es irgend geht, eine Abfuhr nach der anderen, weil sich keiner, wenn er es vermeiden kann, mit diesem hässlichen Schmuddelkind zeigen will. Obama empfängt ihn nicht, Merkels Kurs zur Türkei ist bekannt und daran werde auch kruzfristige Zugeständnisse zur Krisenbewältigung nichts ändern.
Ankara hat keine treuen Freunde in der NATO und nicht in der EU, nur skeptische Beobachter, die es sich selbst lächerlich machen lassen, um unnötiger diplomatischer Verwicklung zu entgehen. Es hat auch keine Freunde in der arabischen Welt, hat Israel vergrault, die Kurden sich zu ewigen Feinden gemacht wie die Versöhnung mit den Armeniern immer wieder verhindert. Dies kleine Turkvolk ist isoliert mit vorgestrigen Anschauungen nicht zukunftsfähig, hat auch noch Streit mit dem russischen Potentaten angefangen und kann mit keinem Zuspruch mehr rechnen, vielmehr fragen sich eher alle, wann er endlich fällt, der lächerliche Sultan.
Wenn Treue ewig sein soll sprechen wir gern von der Nibelungentreue, oft ohne zu wissen, was es damit auf sich hat. Am 29. März 1909 verlas der deutsche Reichskanzler Bernhard von Bülow eine Rede vor dem Reichstag, in der sich das Deutsche Reich demonstrativ hinter die umstrittene Annexion von Bosnien-Herzegovina durch Österreich stellt. Damit wird zunächst die bosnische Annexionskrise außenpolitisch beigelegt, jedoch verärgerte die Rede Rußland und England sehr, die diese Aneignung nicht anerkennen wollten, während Bülow zum ersten mal den Begriff Nibelungentreue gebraucht.
Bis zur formellen Annexion hatte Bosnien-Herzegovina noch zum osmanischen Reich gehört, dessen Macht aber schon seit 1683 immer mehr schwand, entscheidend durch die militärischen Siege von Prinz Eugen. Später folgten darauf die Unabhängigkeitsbestrebungen der europäischen Völker. Das längst unbedeutend gewordene und dem Untergang geweihte osmanische Reich konnte überhaupt nur nochh eine gewisse Zeit Besitz in Europa behaupten, weil sich Österreich und Rußland uneinig waren, wem der osmanische Besitz zufallen sollte. Dabei spielte auch die Politik der übrigen europäischen Mächte eine Rolle, die unbedingt eine Ausdehnung des russischen Einflusses in Richtung Daradanellen und Bosporus verhindern wollte. Dieser war nach dem Sieg im Russisch-Osmanischen Krieg enorm gewachsen, warum die übrigen europäischen Mächte zum Mißfallen Rußlands die osmanischen Gebiete neu aufteilten. So blieb Bosnien-Herzegovina nach dem Berliner Kongress zwar osmanisch wurde aber österreichisch verwaltet und unterstand dem kuk-Finanzministerium.
Bereits im September 1908 hatten der russische und der österreichische Außenminister vereinbart, dass Österreich Bosnien und die Herzegovina erhalten sollte, während Russland dafür im Gegenzug mit einer Unterstützung Österreichs für die exklusiven Durchfahrtsrechte am Bosporus und an den Dardanellen rechnen konnte. 1908 war das richtige Jahr für die Annektierung da auch der dreißigjährige Verwaltungsvertrag mit dem osmanischen Reich von 1878 in diesem Jahr auslief. Die Schwäche des osmanischen Reichs durch die Revolution der Jungtürken nutzten auch Kreta, Rumänien und Griechenland. Als die Jungtürken auch bosnische Abgeordnete ins neue Parlament entsenden lassen wollten, obwohl es seit 30 Jahren von Österreich verwaltet wurde und dieses viel in den Aufbau dort investiert hatte, schritt der Kaiser ein und annektierte per Federstrich. Dabei gab es Pläne auch noch Serbien zu erobern und alle Slawen unter der Krone Österreichs zu einen, das dann zu einer Art monarchischem Jugoslawien geworden wäre und dem Balkan vielleicht viel erspart hätte wie Europa einen 1. Weltkrieg, der mit dem Mord an Thronfolger Franz-Ferdinand in Sarajevo seinen Ausgang nahm.
Beinahe wäres es über diese Annexion schon zum erst 6 Jahre später ausbrechenden Krieg gekommen, da in Russland sich die Panslawisten wehrten und diese sich betrogen fühlten, da Großbritannien die Einhaltung des mit Österreich geschlossenen Vertrages zu den Seerechten verhinderte, was jedem absehbar gewesen wäre, der britische Politik des Gleichgewichts kannte. Die Osmanen reagierten mit dem Boykott österreichischer Waren, der viele Händler der Region schwer schädigte. Den Krieg verhinderte nur die Schwächung Rußlands durch den vorher Krieg mit Japan und die nicht bedingungslose Solidarität Frankreichs. Dagegen hatte Bülows Rede von der Nibelungentreue diese Gefahr eher erhöht.
Österreich-Ungarn hatte der mit der Annektierung zunächst nur Ärger und ständig neue Probleme, die schwer zu lösen waren. Zunächst wurde darüber gestritten, ob es eher zu Ungarn oder zu Österreich gehören sollte und sich schließlich darauf geeinigt, es gemeinsam zu verwalten. Es kam auch zu Aufständen in anderen Teilen des Reiches, plötzlich forderten auch die Kroaten einen Teil und wollte kuk in einen neuen slawisch geprägten Dreiklang verwandeln, wovor es Wien logisch gruselte. Das Risiko und die Folgen waren sicher höher als der Gewinn, was auch das Attentat von Sarajewo 6 Jahre später betätigte. So war innenpolitisch durch die Annexion mehr Unfriede entstanden und der pathologische Nationalismus auf dem Balkan noch verstärkt worden, der dort schon vorher nahezu alle Vernunft leicht ersetzte.
Eine Lösung fand sich schließlich auf dem Verhandlungswege indem Österreich 50 Millionen an das osmanische Jungtürkenreich zahlte und sich für die Aufhebung der Handelssperren gegen diese einsetzte. Die Annexionskrise konnte so gerade noch friedlich beigelegt werden, ein Balkankrieg wurde noch verhindert, der 1912 ausbrach und mit dem 1914 auch der 1. Weltkrieg seinen Anfang nahm. Die Situation dort war explosiv und es galt, sich vorsichtig um einen Kompromiss zu bemühen.
Damals zeigte sich bereits, wie sehr Österreich-Ungarn in allen außenpolitischen Fragen auch auf die Hilfe des Deutschen Reiches angewiesen war, warum der beschworenen Nibelungentreue solche Bedeutung zukam und warum sie sechs Jahre später schnell in den Weltkrieg führte, so wenig reflektiert oder sinnvoll sie war, da keine deutschen Interessen dort verfolgt wurden oder gefährdet waren.
Nibelungentreue meinte eine bedingungslose, hoch emotionale und meist verhängnisvolle Treue, die auf den mittelhochdeutschen Begriff der triuwe zurückgeht und damit die persönliche Bindung der Beteiligten im mittelalterlichen Lehensystem beschreibt.
Bezugspunkt zum mittelalterlichen Epos des Nibenlungenliedes ist, dass die Treue stets als Quintessenz des Nibelungenliedes angesehen wurde. So hat sich dem Epos nach Hagen von Tronje des Mordes an Siegfried schuldig gemacht, den Gemahl Kriemhilds, die darauf Rache fordert. Kriemhilds Brüder die Burgunderkönige Gunter, Gernot und Giselher sind irgendwie auch beteiligt, wobei unklar ist wie schwer ihr Tatbeitrag wog, jedoch wäre Kriemhild bereit, ihnen zu verzeihen, sofern sie ihnen Hagen ausliefern, was diese unter Berufung auf Freundestreue verweigern.
Warum Bülow diese seltsame Treue jenseits aller Vernunft beschwor, ist bis heute nicht klar, vermutlich leiteten die deutsche Politik zu diesem Zeipunkt noch hehre Ideale, die an mittelalterliche Traditionen anknüpften. Dabei war seit 1904 bekannt, dass Frankreich und England eine Entente cordiale bildeten, die gemeinsam mit dem Bündnis mit Rußland die Mittelnächte in der Krise vollkommen isolierte. Vielleicht ist darum der Begriff der Nibelungentreue so passend, der nicht politisch pragmatisch oder irgend vernünftig ist, sondern an Sagenwelten anknüpft und mit mittelalterlichen politischen Bildern arbeitet.
Stärker noch kam der Begriff in der NS-Zeit in Aufschwung. So war der Wahlspruch der SS “Meine Ehre heißt Treue” und Hitler erwartete eine durch Eid zu bekräftigende persönliche Treue, die kultisch aufgeladen wurde und heute albern erschiene, wären seine Wirkungen nicht so grausam gewesen. Dadurch sollten Volk und Führer zu einem Volkskörper zusammenwachsen und die Treue wurde zur Leitidee des diktatorischen Systems in seiner ganzen sonst Lächerlichkeit mit kultischem Status über die heutige Politik sich nur noch wundern kann. Neben den innenpolitischen Eiden arbeitete Hitler als Diktator auch außenpolitisch mit höchstem Risiko, um gegebenenfalls sein ganzes Volk mit in den Untergang zu reißen, seiner gestörten Rasseidee aus wahnhaften Vorstellungen entsprechend, die heute nur noch als pathologisch bezeichnet werden können.
Ähnliche Verhaltensweisen sind teilweise auch beim türkischen Sultan zu beobachen, der seine diktatorischen Ideen und wahnhaften Anwandlungen gegen Journalisten und soziale Netzwerke vom Verfolgungswahn getrieben immer weiter treibt und es fragt sich nur, warum ihm noch so viele sonst vernünftige Menschen folgen, da auch sein scheinbarer ökonomischer Erfolg auf tönernen Füßen in einem System der Vetternwirtschaft steht, die in einer globalen Wirtschaft keine dauerhafte Sicherheit mehr bietet, ihn nur aufgrund der gerade politischen Krise in der Region noch im Amt stabilisiert. Schwierig ist nur, dass es auch sonst an zuverlässigen Partnern in der Region eher mangelt und deren demokratische Legitimation mindestens fragwürdig ist.
Merkel wird, ihrer bisherigen Linie folgend der Türkei nur die gerade notwendigen Zugeständnisse gewähren ansonsten aber den Sultan und sein Land auf Distanz halten. Von Nibelungentreue spricht hier niemand mehr und in freien Ländern wird diese Politik kritisch diskutiert.
Ob sie sich mit ihrer fast Nibelungentreue zu den USA gegenüber Rußland immer klug verhielt, scheint der Diskussion eher wert. Auch angesichts fraglicher Alternativen und totalitärer Neigungen des russischen Präsidenten Putin, der russisches Volk auch außerhalb seiner Landesgrenzen meint verteidigen zu dürfen und russische Interessen etwa auf der Krim zur Not wieder mit Gewalt durchsetzt, was aber so voraussehbar wie berechenbar war. Auch das Eingreifen nach dem vom Westen unterstützten Putsch in der Ukraine war absehbar und berechenbar, da Rußland nicht genug als Partner an die NATO gebunden worden war, seit Ende des Kalten Krieges, warum hier eine mehr Pendeldiplomatie womöglich für Europa sinnvollere Ergebnisse gezeitigt hätte als die gewohnt kurzsichtige Machtpolitik der imperial agierenden USA, die ihren Einflussradius erweitern und Rußland ärgern wollten.
Ansonsten ist der Pragmatismus einer Merkel, die behauptet nur zu tun, was sie als alternativlos ansieht, sinnvoller als der Dogmatismus, der in der sagenhaften Nibelungentreue steckt, die keinen Wert an sich verkörpert, sondern nur ein überhöhtes Zusammenhängen auf Gedeih und Verderb erklärt. Einen Krieg um jeden Preis zu vermeiden ist sicher klüger, als ihn durch sagenhafte Begriffe zu provozieren. So scheint auch gegenüber Erdogan eine Diplomatie, die ihn sich lächerlich machen lässt in seinem Sultanspalast vermutlich nachhaltiger als eine neue Boykottpolitik, welche die Situation weiter eskalieren ließe und damit möglicherweise den politischen Handlungsspielraum unnötig einschränkte. Der türkische Clown in Ankara, mag sich ruhig weiter zur Witzfigur machen, während er meint, den starken Mann zu spielen, es wird ihn sicher nicht weiter nach Europa führen, sondern die Tore fest verschließen und Europas interne Solidarität erhöhen. Dazu vorher gewisse Kompromisse einzugehen, um handlungsfähig zu bleiben und nicht von Putin und seinen hier agierenden Medien von rechts her getrieben zu werden, scheint politisch klug.
Ob es dennoch klüger wäre, die Konfrontation mit Russland zu beenden und diese gemeinsam mit der Ukraine stärker in die NATO einzubinden, scheint eher eine strategische Frage, in der sich europäische Freiheit auch gegenüber den USA besser bewähren könnte als in einer weiteren Konfrontation, in der Europa nur verlieren kann. Um für den Konflikt mit dem IS den Rücken frei zu haben, ist ein Bündnis mit Russland wohl weiser als die untaugliche Nibelungentreue, die zu nichts als hehren Versprechen führt, bei denen aber die Vernunft zu schnell aussetzt.
Nibelungentreue ist heute ein untauglicher Begriff. Politik soll lieber pragmatisch handeln und dabei auch lieber nicht behaupten, sie sei alternativlos. Dann finden sich in offenen Demokratien unter den Zwängen der globalen Wirtschaft die vernünftigsten Lösungen. Wohin sie uns im 20. Jahrhundert zweimal führte, sollte Lehre genug sein, künftig lieber auf undogmatischen Pragmatismus zu setzen.
jens tuengerthal 29.3.2016
Kulturgeschichten 0172
Politik gilt vielen als schmutziges Geschäft, weil um Vereinbarungen gepokert wird und jeder versucht, das für sich beste Ergebnis zu erreichen. Was wir bei Geschäftsleuten bewundern, halten wir bei denen, die unsere Staaten managen für kritikwürdig und peinlich, unehrenhaft zumeist. So wird in der Politik mehr Wert auf die Ehre gelegt, zumindest nach außen hin und einer, der sie verliert, gilt oft als gescheitert, warum Gegner gerne versuchen, den anderen dort zu treffen. Besonders diejenigen, die sich gern moralisch geben, werden an ihren Maßstäben gemessen und es fragt sich, ob dies für gute Politik taugt.
Erdogan hat in der Flüchtlingspolitik einen für sein Land auch vorteilhaften Abschluss erreicht, weil Europa ihn braucht. Diese Erpressung lässt sich die EU etwas kosten, auch wenn es gerade viel Grund gäbe, den Sultan zu isolieren, angesichts seiner Politik gegen Minderheiten und seiner unklaren Position gegenüber den Islamisten. Ist darum eine Einigung schlecht, wenn einer der Partner auch fragwürdig ist?
Ist Erpressung eine neue Methode der Politik oder alt und bewährt?
Am 28. März 1193 übergab der österreichische Herzog Leopold V. in Speyer den vorher entführten Richard Löwenherz an Kaiser Heinrich VI. , der sich verpflichtet hatte, Richard nur gegen Zahlung eines enormen Lösegeldes und unter Erfüllung anderer Bedingungen wieder freizulassen und Heinrich lässt Richard auf Burg Trifels in der Pfalz gefangensetzen. Dem Staufer Heinrich, dem zweiten Sohn Kaiser Barbarossas aus seiner Ehe mit Beatrix von Burgund, passte diese Entführung, das mit ihr erpresste Geld und der Lehnseid, den Richard ihm schwören musste, politische gerade sehr gut.
So konnte Heinrich eine Fürstenverschwörung um die Besetzung des Bistums Lüttich beilegen, sich mit finanzieller und militärischer Unterstützung aus England um das sizilianische Erbe seiner Frau Konstanze kümmern und zugleich sein Bestreben verstärken, einen Kreuzzug zu starten, der sicher auf das Königtum in Jerusalem zielte, womöglich auch Byzanz für das Reich zurückerobern wollte, um das römische Reich unter einer Krone wieder zu einen. Konstanze war die Tochter und Erbin des Normannenkönigs Roger II. und hatte damit die Position der Staufer ermöglicht, die seinem Sohn Friedrich II. später noch viel Ärger mit Rom bescheren sollte, das sich nicht von den Staufern und damit deutschen Kaisern eingeschlossen sehen wollte. Auch die deutschen Fürsten wehrten Heinrichs Versuch ab eine Erbmonarchie zu errichten, da sie um ihren Einfluß fürchten und so ist die Bundesrepublik so föderal wie eh und je und eine Merkel muss sich heute noch mit einem unqualifizierten Seehofer streiten, wie Heinrich und sein Vater sich mit Heinrich dem Löwen im Reich bis 1194, auch wenn Heinrich der Löwe und seine Erben immer wieder das Nachsehen hatten.
Richard Löwenherz hieß eigentlich Plantagenet, stammte also aus dem französichen Adelsgeschlecht derer von Anjou-Plantagenet, einem der bedeutendsten Geschlechter des Mittelalters neben den Ottonen, Saliern und Staufern, und war von 1189 bis zu seinem Tode 1199 König von England. Die drei Löwen im englischen Wappen sind das Wappen seiner Familie, wobei manches unklar ist, ob einer der drei Löwen für Aquitanien steht, sicher ist nur, es war zunächst Richards persönliches Wappen und ziert die Trikots der dortigen Nationalmannschaft bis heute, wenn sie etwa Deutschland in Berlin schlagen.
Richard hatte mit Unterstützung des Königs von Frankreich Ludwig VII. seinen Vater als König von England abgesetzt, war König an dessen Stelle geworden und seine Einsetzung als Herzog der Normandie und Graf von Anjou durchgesetzt. Damit war er der mächtigste Herrscher Europas neben Kaiser Barbarossa und mit entsprechendem Pomp war seine Krönung zelebriert worden.
Einem Gelübde folgend war er mit Philipp II, zum 3. Kreuzzug aufgebrochen, der Jerusalem von Saladin zurückerobern wollte aber in wichtigen Teilen erfolglos blieb. Auf dem Weg nach Jerusalem pausierten sie in Messina auf Sizilien, wo Richards Schwester Johanna, die Witwe des zuvor gestorbenen Königs Wilhelm II. von Sizilien gefangen gehalten wurde. Sofort verlangte Richard ihre Freilassung, was er auch tatsächlich in wenigen Tagen erreichte, doch stichelten die Sizilianer mit ständigen Gefechten weiter, da Richard dort wie ein Eroberer aufgetreten war. Nachdem einige Bewohner Messinas den Ausfall wagten, reichte es dem Kreuzfahrer und er ließ die Stadt unter stundenlangem Rauben, Morden und Plündern unter seiner Führung erobern, bis er schließlich persönlich seinen Truppen Einhalt gebot. Ab diesem Zeitpunkt wagten die Sizilianer und ihre gerade König Tankred nicht mehr Richard zu trotzen, sie gaben ihm sogar den Spitznamen der Löwe oder der mit dem Löwenherz.
Nachdem er als dann Sieger noch bessere Bedingungen für seine Schwester ausgehandelt hatte eroberte er auf dem weiteren Weg ins Heilige Land noch Zypern, setzte den dort Kaiser ab und dafür den gerade von Saladin vertriebenen König von Jerusalem Guido von Luisignan ein, dem er die Insel teuer verkaufte.
Noch unterwegs heiratete Richard Berengaria von Navarra, um seine französischen Reichsteile zu sichern. Diese war die Tochter des baskischen Köngis von Navara Sancho VI. dem er gemeinsam mit seiner Mutter, Eleonore von Aquitanien die Verwaltung seiner französischen Reichsteile übertrug. Verlobt hatte er sich mit Berengaria noch in Sizilien, was Philipp II. von Frankreich maßlos ärgerte, weil dafür die Verlobung mit seiner Schwester Alix aufgelöst wurde, der noch dazu in Frankreich sein Lehnsherr eigentlich war.
Richard zeigte sich während des ganzen Kreuzzuges voller Selbstbewusstsein und sehr mutig aber vollständig undiplomatisch und stieß dabei sowohl Leopold V. von Österreich wie Philipp II. mehrfach deutlich vor den Kopf, was ihn teuer zu stehen kommen sollte.
England wurde in dieser Zeit von Richards Bruder Johann Ohneland verwaltet, der mit Phillipp II. der brüskiert vom Kreuzzug zurückgekehrt war, einige geheime Verträge schloss, um Richard zu schwächen. Es ist die die Zeit in der die Sage um Robin Hood spielt, der den abwesenden mutigen König verteidigen will gegen den intriganten Bruder. Dem letzten der vier verschworenen Bruder gegen Vater Heinrich II. von England.
Richard Löwenherz hatte inzwischen im Heiligen Land mehrere glänzende Siege gegen Saladin errungen, ohne aber Jerusalem erobern zu können, hatte er die Küste von Akkon bis Askalon eingenommen. Als er aus der Heimat erfuhr, was sein Bruder gegen seinen Willen anstellte, ihn also die Neuigkeiten aus England und Frankreich, wo Johann und Philipp gegen ihn intrigierten, erreichten, schloss er einen Waffenstillstand mit Saladin und machte sich im Oktober 1192 auf den Rückweg in die Heimat, ohne viel erreicht zu haben.
Am 30. Oktober brach er im Heiligen Land auf, was angesichts der zu erwartenden Winterstürme auf dem Mittelmeer als extrem spät galt. Als er südlich von Sizilien erfuhr, dass Philipp die französischen Häfen für ihn hatte sperren lassen, machte er sich über die Adria auf den Weg nach Norden. Dort kam es der Legende nach zu einem Überfall durch ein Piratenschiff, jedoch seien der Kapitän des Piratenschiffs und der Schiffskoch Richards verbrüdert gewesen, warum es überraschend zu keinem Angriff sondern zu einem Pakt kam, demzufolge die Piraten Richard verkleidet an Land gelangen ließen.
Danach wird er erst wieder in Kärnten bemerkt, wo er als Fürst erkannt wurde, der sich nur als Pilgerer ausgab, aber durch höfisches Benehmen auffiel. Er wollte sich zu seinem welfischen Schwager Heinrich dem Löwen nach Bayern durchschlagen. Leopold von Österreich ließ ihn jagen. Dies nicht ahnend hatte sich Richard gegen eine Überquerung der Alpenpässe entschieden und zog lieber als Pilger getarnt an Wien vorbei Richtung Bayern. Dort fiel auf, dass ein vorgeblich einfacher Mann mit großen Mengen morgenländischen Geld bezahlte, daraufhin wurden die Pilger verfolgt und Richard in einem kleinen Gasthof am 21. Dezember 1192 gefangen genommen. Noch am 27. Dezember hatte Leopold darüber Kaiser Heinrich VI. informiert, der vermutlich vor Begeisterung jubiliert haben dürfte.
Die Festsetzung Richards hatte eine Summe von Gründen. Zun Anfang stand der Streit mit Philipp August von Frankreich über die Entlobung mit dessen Schwester Alix. Sein ständiger Ungehorsam als Lehnsmann des französischen Königs und Herzog mehrerer französischer Herzogtümer im sogenannten Angevinischen Reich. Die massive Unterstützung seines Schwagers Heinrich des Löwen im Rahmen der welfischen Fürstenverschwörung gegen Kaiser Heinrich VI. im deutschen Reichsgebiet. Die Unterstützung von Tankred von Lecce gegen Kaiser Heinrich VI. und damit der normannischen Verschwörung gegen Heinrichs sizilianisches Königtum. Die Brüskierung von Leopold von Österreich bei der Eroberung von Akkon 1191, als er dessen Standarte in den Burggraben werfen ließ und damit dessen Beuteanspruch zunichte machte und ihn blamierte. Die Affäre um die Ermordung des Königs von Jerusalem sowie in diesem Zusammenhang die Gefangennahme des Kaisers von Zypern und die Besetzung von dessen Thron. Er hatte sich also viele Feinde gemacht in seinem Wagemut, was seine Ehre mehrte, ihn aber nun in Gefangenschaft brachte und sehr viel kostete.
Leopold und Heinrich handelten vor der Übergabe deren Bedingungen aus. Danach waren 23 Tonnen Silber oder 100.000 Mark in Silber zu zahlen, was den doppelten Jahreseinkünften der englischen Krone entsprach und wovon die Hälfte an Leopold gehen sollte. Richard sollte Heinrich Waffenhilfe in Sizilien leisten. Isaak Kemonos auf Zypern und seine Tochter waren freizulassen. Richard sollte sich beim Papst dafür einsetzen, dass Leopold nicht exkommuniziert würde, da die Gefangennahme eines Mannes, der das Kreuz genommen hatte gegen den Kreuzzugsgedanken verstieß und eine schwere Sünde war.
Nach diesem Vertrag kam es zur Überstellung Richards an Heinrich am 28. März 1193 in Speyer und dessen Gefangensetzung in Speyer. Richard lehnte als Heinrich ihm den Vertrag vorlegte zunächst alles ab und spielte auf Zeit, da Papst Coelestin III. ihn unterstützte und allen Beteiligten mit der Exkommmunikation drohte. Leopold wurde dann tatsächlich exkommuniziert und Heinrich VI. konnte dies nur mit viel Aufwand noch vermeiden. Heinrich führte daraufhin einen Prozess mit den oben genannten Anklagepunkten gegen Richard als sich Philipp II. wieder einmischte und versprach alle Forderungen einzulösen, sofern ihm Richard ausgeliert würde. In Anbetracht dieser Drohung stimmte Richard allen Forderungen zu, da er fürchtete sonst das angevinische Reich vollständig an Philipp zu verlieren. Daraufhin in der Oberhand erpresste Heinrich noch zusätzliche 50.000 Mark oder 12 Tonnen Silber für den Fall eines nicht einlösbaren Versprechens der Welfen, das nicht erfüllt wurde und so die Summe noch erhöhte. Bis zur vollständigen Bezahlung stellte England noch 200 Adelige als Geiseln.
Johann ohne Land versuchte die Zahlung zunächst zu verhindern, um König zu bleiben, Richards Mutter brachte die Summe auf. Die Unruhen, die auf diesen ungeheuren Aderlaß in England folgten, spiegeln sich im Robin Hood Mythos wieder. Auf Drängen des Papstes war dann das Lösegeld wieder zurückzugeben, Heinrichs Hälfte jedoch war bereits für die Eroberung Siziliens verbraucht und Leopold und sein Sohn schworen auf Leopolds Sterbebett, es zurückzuzahen, wollten, was übrig war, den englischen Geiseln schon wieder mitgeben, was diese aus Angst unterwegs überfallen zu werden, verweigerten, warum sie ohne das Geld zurück nach England kehrten und über einen weiteren Versuch das Geld zurück zu erlangen ist nichts bekannt. So gesehen war die Erpressung ziemlich erfolgreich. Leopolds Exkommunizierung wurde sogar noch auf dem Sterbebett zurückgenommen.
Die Gefangenschaft Richards endete auf dem Mainzer Reichstag vom Februar 1194, auf dem er den Lehenseid auf Heinrich leistete. Danach reiste Richard noch durch Deutschland und baute neue Kontakte zu deutschen Fürsten auf. Richard gelang es zurück in England nach der Versöhnung mit seinem Bruder Johann einen großen Teil der französichen Besitzungen zurück zu erobern. Jedoch begann damit die Schrumpfung des angevinischen Reiches, das im hundertjährigen Krieg und den Siegen Frankreichs dort seinen Höhepunkt fand. In der englischen Geschichtsschreibung wird Richard glorifiziert, wozu der Robin Hood Mythos zusätzlich beitrug.
Richard setzte sich, obwohl selbst normannischer Herkunft dafür ein, dass in England nicht mehr zwischen normannischem und englischen Adel unterschieden wurde. Er befriedete England dadurch weiter, sorgte für eine gemeinsame Identität und machte sich selbst als Mann klarer Entscheidungen zur Integrationsfigur. Mit 1.86m war er für die damalige Zeit sehr groß und kämpfte wohl mit großem Mut, auch wenn viele der Geschichten eher in den Bereich der Sagen gehören. Als Saladin nach der Eroberung von Akkon nicht schnell genug mit dem Lösegeld zur Stelle war, ließ der grausame Richard, den es auch gab, mal eben 2700 muslimische Geiseln ermorden. Wie viele der frühen normannischen Könige galt Richard als sehr gebildet und belesen, war zumindest des lateinischen sehr gut mächtig, allerdings ist seine angebliche Liebe zu England eine bloße Legende. In den zehn Jahren seiner Herrschaft, war er nur zehn Monate insgesamt dort und vermutlich sah er sich eher als Aquitanier, was aber der Legendenbildung in Englands Klöstern nicht schadete. Auch die Legende um seinen Tod verstärkte das Bild seiner Ritterlichkeit. So soll er von einem Armbrustbolzen getroffen am Wundbrand gestorben sein aber zuvor noch den Schützen zum Ritter geschlagen haben mit den Worten, wer fähig ist, den König zu töten, ist es wert ein Ritter zu sein. Gegen die Wahrheit dieser Legende spricht aber, dass der französische Schütze nach Richads Tod von dessen Verwandten gefangen, gehäutet und zu Tode gefoltert worden sei. Das Herz von Löwenherz wurde in der Kathedrale von Rouen beigesetzt, sein Körper in der Abtei Fontevrault in Anjou.
Die Erpressung und Erpressbarkeit ändern also nichts am historischen Bild eines Herrschers. Der Erfolg dabei sagt nichts über das Bild, das die Nachwelt von ihm hat und in diesem wirken literarische Denkmäler oft stärker als die historischen Fakten. So verklärte der Robin Hood Mythos und der Spitzname Löwenherz einen auch brutal grausamen Herrscher zum Helden Englands, auch wenn er sein Vaterland hasste und ihm Frankreich viel näher lag. Seine Entführung galt lange Zeit als unmoralisches Verbrechen, während seine vorigen intriganten Bestrebungen wie sein undiplomatisches Verhalten schlicht übersehen wurde. Seinen Spitznamen verdankt er einem sizilianischen Gemetzel bei dem angebliche Kreuzritter aus Rache eine christliche Stadt brandschatzten.
Betrachte ich die heutige Politik, frage ich mich manchmal, wie weit wir uns wirklich seit dem Hochmittelalter entwickelt haben, ob wir uns nicht auf dem gleichen Niveau noch quälen, es nur geschickter tarnen, um vorgeblich der Herrschaft des Rechtes genug Raum zu geben. Es ist das alte Spiel um Macht, das in der Nachwelt noch gern um Sagen ergänzt und verklärt wird, das den einen zum Helden, den anderen zum Bösewicht schlicht macht.
Schlichte Bilder waren jedoch damals so unzutreffend wie sie es heute sind. Merkels Wandlung vom Asyl Saulus, der ein Flüchtlingsmädchen über den Kopf streichelt, hin zur Mutter Theresa der Syrer ist nur medial interessant, inhaltlich ist es relativ unwichtig, da es nichts am langfristigen Kurs Europas in dieser Frage ändert oder ihrer Auffassung, dass die Türkei in Euroopa nichts verloren hat, erst recht nicht unter Erdogan. Nur wird sie angesichts eines mit undemokratischem, grundgesetzwidrigem Populismus erstarkenden AfD, drohendem Unfrieden in ihrer Partei und der Sorge um sozialen Frieden und Wählerstimmmen lieber der Erpressung zustimmen, in der Hoffnung als moralische Siegerin an der politischen Macht vom Platz zu gehen. Wie im Falle Richards wird es beim historischen Urteil über ihr Wirken in Europa weniger um ihre tatsächlichen Taten gehen als die Stimmung, die sie hinterlässt und also nicht um das, was sie bewegte, sondern allein darum, wie sich die Beteiligten dabei fühlten. Im Gegensatz zu Richard bemüht sich die Kanzlerin um Verbündete und geht ruhig und unbeirrt ihren Weg. Richard wurde seine Arroganz der Macht zum Verhängnis, dagegen könnte Merkel durch ihre gelassene Bescheidenheit gewinnen, was dieser zu leicht verlor, europäische Einigkeit, auch wenn wieder ein Bayer sie ständig unsinnig stört - doch wie der Putschversuch der Welfen dürfte auch Seehofers dummdreiste Provokationen auf die Dauer nur ihn von der Macht fernhalten und so gesehen läßt sich die Demontage des kurzsichtigen Narren milde belächeln.
jens tuengerthal 28.3.2016
Montag, 28. März 2016
Ablenkungsmanöver
Möchte dich gern ablenken
Zumindest ein wenig verwirren
Wenn ich dir schreibe wie
Meine Zunge nun deinen Rücken
Hinab wandert während meine
Hände deine Brüste streicheln
Wie sie tief am Ende wo sich
Dein Rücken teilt eintaucht
In deine Rückseite um sie so
Nass zu lecken wie deine Mitte
Längst erwartungsfroh sich mir
Geöffnet hat um einzutauchen
Ineinander verschlungen lustvoll
Sich im gefundenen Rhythmus
Miteinander bewegend immer
Schneller bis wir am Gipfel dann
Stillstehen vor Glück uns einfach
Überschwemmen im versinken
Sind wir zwei ganz eins in den
Sphärenharmonien unserer Lust
Sterben werden wir irgendwann
Von ganz alleine aber vorher sich
Noch in kleine Tode miteinander
Zu träumen ist Glück genug mir
Vielleicht ist Sein nie mehr
jens tuengerthal 28.3.2016
Sonntag, 27. März 2016
Kulturgeschichten 0171
Nach der Weimarer Verfassung gilt das Grundgesetz als zweite demokratische Verfassung in Deutschland und als erste, die mit Erfolg bestand. Manche Verschwörungstheoretiker und wahnhafte Reichsbürger halten die beste Verfassung dennoch für eine nur relativ gültige Vorläufigkeit, da sie das bisher beste nicht zu würdigen wissen, sich verfolgt und gefangen fühlen im bisher freiesten Deutschland aller Zeiten.
Sie ähneln darin den Pegiden, die Lügenpresse skandieren und ihre wahren Informationen aus der russischen Propagandapresse zu beziehen meinen, sich als wahre Demokraten fühlen, weil sie gegen die Meinung der engagierten Mehrheit eine rassistische Politik der Ausgrenzung durchsetzen wollen, dabei sind die Islamhasser schon prozentual deutlich weniger als Muslime in Deutschland leben, warum ihre Reaktion so unlogisch und falsch ist wie der Verfolgungswahn der Reichsbürger, die eine demokratische Verfassung, die Grundreche garantiert als ein vorläufig ungültiges Provisorium bezeichnen, auch wenn dessen Werte wie Schutz der Menschenwürde und Demokratieprinzip längst eine Ewigkeitsgarantie haben. Dies gilt auch, wenn in Sachsen, wo im Durchschnitt deutlich weniger Muslime leben als im Rest Mitteleuropas, dafür umgekehrt der Anteil derer, die eine Überfremdung fürchten, überproportional hoch ist.
Dabei geht es nicht um die Frage, ob es an der Politik der Kanzlerin oder welcher Bundesregierung politisch etwas auszusetzen gäbe, Europa oder die Politik der Verbündeten auch kritisch gesehen werden können, wofür es viele gute Gründe gibt, auch nicht um die Frage, ob Hart IV asozial ist oder es ein Grundeinkommen dringend bräuchte und ähnliches mehr, was im politischen Diskurs mit guten Argumenten dringend zu diskutieren ist. Fraglich ist hier allein, ob wir eine Verfassung und eine Demokratie grundsätzlich in Frage stellen, weil uns ein gerade Kurs nicht passt oder uns um den politischen Diskurs und die nötige Mehrheit bemühen, wenn uns etwas nicht passt.
Gleich trotzigen Kindern aber, verhalten sich Pegiden und Reichsbürger, die wahnhaft das ganze System infrage stellen, das sie scheinbar nicht verstanden haben und sich dafür lautstark von Ängsten jenseits aller Vernunft leiten lassen. Mit diesem Trotz einer undemokratischen Minderheit macht derzeit der AfD Politik und fängt asozial Wählerstimmen, womit auch sie eine Gefahr für die Verfassung darstellen.
Leichter ist es, die Systemfrage zu stellen, über die Politik und die Demokratie als Ganzes zu schimpfen, als sich sachlich mit ihr auseinanderzusetzen, um zu zeigen, wo das System falsch ist, welche Lösung im einzelnen konkret vorgeschlagen wird, um anstehende Probleme zu lösen, die Zukunft gemeinsam zu gestalten. Es ist nicht nur leichter, es ist auch billig und naiv dumm, führt zu keiner Klärung von Konflikten sondern nur zu deren Verlagerung und Steigerung in einem Gebiet, in dem es eigentlich keine Probleme gab. Es dient dies nur dazu politische Macht auf dem Wege der Provokation zu erringen, auch wenn es keine echten Alternativen zum nötigen Verhalten gibt.
Bereits einmal lehnten Preußen und Österreich die freieste deutsche Verfassung ab, die es bis dahin überhaupt gegeben hatte. Eine Reichsverfassung, die alles an demokratischen Rechten und Prinzipien der Freiheit übertraf, als es sie, egal wo, bereits gegeben hatte. Es war damals ihre Reaktion auf die Revolution von 1848, die sieh ablehnten und durch die sie ihre Macht gefährdet sahen. Sie wollte den Weg der Karlsbader Beschlüsse und des Wiener Kongresses im traditionell monarchischen System ohne verfassungsmäßige Rechtfertigung fortsetzen.
Am 27.3.1849 beschloss die Frankfurter Nationalversammlung während der Deutschen Revolution die Paulskirchenverfassung und damit die erste demokratische Verfassung, die es in Deutschland je gab. Sie trat mit der Verkündung am nächsten Tag in den beteiligten 28 Ländern, die bis auf Preußen und Österreich nahezu alle kleineren waren, in Kraft.
Die größten deutschen Staaten allerdings erkannten die Verfassung nie an und bekämpften sie stattdessen lieber aktiv. Hierbei spielte auch der Machtkampf zwischen Preußen und Österreich eine Rolle, da gerade die neuen süddeutschen Königreiche einen losen Staatenbund unter Einschluß Österreichs bevorzugten.
Die Reichsverfassung sah eine konstitutionelle Monarchie mit erblichem Kaiser vor, der selbst als unverletzlich galt aber verantwortliche Reichsminister ernannte. Hauptsächliches Gesetzgebungsorgan sollte der Reichstag mit seinen zwei Kammern sein, von denen die eine, das Volkshaus, im freien Männerwahlrecht gewählt wurde, während die andere, das Staatenhaus, jeweils zur Hälfte aus Mitgliedern der Landesregierungen und der Landesparlamente nach dortigem Recht zu besetzen waren. Die Grundrechte des deutschen Volkes, die es so erstmals gab, konnten von jedem Büger vor dem Reichsgericht eingeklagt werden.
Damit war die Frankfurter Reichsverfassung oder FRV die erste gesamtdeutsche und demokratische Verfassung in Deutschland. Sie wurde jedoch nie wirksam, da die größten und stärksten Staaten sich dagegen stellten und auch ihr konservativerer Reformentwurf, die Erfurter Unionsverfassung wurde nie Realtität. In den Grundrechten garantierte sie neben der Pressefreiheit und der Abschaffung der Zensur auch die Freizügigkeit, die Vereins- und Versammlungsfreiheit, die Glaubensfreiheit bei Gleichberechtigung aller Konfessionen, was die wahnhaften Pegiden bis heute nicht verstanden haben, warum es nicht um Verständnis für diese Narren geht, sondern deren aktive Bekämpfung. Die Todesstrafe wurde weitgehend verboten, genau wie Folter und der Pranger, was mehr ist als ein politischer Clown wie Trump heute wieder fordert.
Inwieweit die FRV je rechtlich wirksam wurde ist strittig. Einige bestreiten ihre Wirksamkeit überhaupt, weil nicht alle sie annahmen und einige die Zuständigkeit und Zulässigkeit bezweifelten, andere stritten sich darüber, wann sie in Kraft trat, ob mit Verkündung am 28.3.1848, mit Veröffentlichung einen Monat später oder schon mit Beschluß am 27.3.1848. Das Bundesverfassungsgericht, das sich in mehreren Entscheidungen auf die Verfassung bezieht und sie anerkennt geht vom 28. März 1848 aus und erkennt damit jedenfalls deren Gültigkeit juristisch an.
Leider steht die heutige Sicht im Gegensatz zur damaligen Durchsetzbarkeit, die faktisch nicht geschah, da die sich widersetzenden Einzelstaaten schlicht die militärische Übermacht im Reich besaßen. In Preußen etwa stimmten Kabinett und Nationalversammlung der neuen Verfassung zu oder schlugen die Zustimmung vor, die König Friedrich Wilhem IV. aber verweigerte. Dadurch wurden die Vorschriften der Verfassung nie mit dem Leben gefüllt, das in ihr lag, es fanden nie die vorgesehenen Wahlen statt und der preußische König verweigerte die ihm nahe gelegte Kaiserwürde, da die Krone mit dem Sudelgeruch der Revolution beschmutzt sei, ihm keine Ehre wäre. Dabei war diese Verfassung ein geschlossener und praktikabler Entwurf, den wir heute noch gut nennen können und der Deutschland viele der folgenden Katastrophen vermutlich hätte ersparen können, die aus totalitärer herscherlicher Anmaßung resultierten, gegen die es damals kein wirksames Mittel gab. Sie war auch eine Verfassung hinter der große Teile der Bevölkerung standen und für die sie 1848 gekämpft hatten. Doch die mächtigen Staaten in Deutschland waren noch zu sehr absolutistischem Denken verhaftet, erkannten nicht die Notwendigkeit einer liberalen Reform auf dem Weg zu mehr Demokratie und Mitbestimmung, um die Zukunft gestalten zu können.
Leider erkennen manche der Pegiden und Reichsbürger den Wert des Grundgesetzes und seiner Werte, die sie teilweise bekämpfen auch nicht und führen eine gefährliche Diskussion zu einer Zeit in der es darum gehen muss, Lösungen zu erarbeiten für eine gemeinsame Zukunft in Europa und wir froh sein sollten über die Verfassung und das Grundgesetz mit seinen hohen Werten, die wir haben. Wenn mir etwas wertvoll ist, möchte ich es verteidigen und mich für seinen dauerhaften Erhalt einsetzen. In Deutschland ist derzeit weniger das Abendland als abstrakte religiöse Gemeinschaft im Geist des Mittelalters gefährdet. Dieses gibt es nicht mehr und es braucht auch keiner, um friedlich zusammenzuleben. Dagegen sind die Freiheit und die Werte des Grundgesetzes massiv gefährdet durch Menschen, die russischer Propaganda hörig diese öffentlich infrage stellen und damit zu geistigen Brandstiftern längst wurden, denen zu viele reale bereits folgten.
Europa und Deutschland verteidigen heißt seine Verfassungen zu verteidigen mit ihren Werten, zu denen Freiheit und Toleranz untrennbar gehören. Es ist Zeit dafür aufzustehen, statt Verständnis für die Feinde des offenen Europas zu zeigen. Für diese ist hier kein Raum, sie passen sich an oder können auswandern.
jens tuengerthal 27.3.16