Lektürentagebuch 15.11.2
Begonnen in der Anderen Bibliothek
Mit Johann Karl Wezels so rührender
Liebesgeschichte Hermann und Ulrike
Die im Jahre 1780 noch erschien
Dies ist noch neun Jahre vor der
Französischen Revolution also im
Absolutistisch regierten Europa
Was den Geist revolutionär macht
Dieser monumentale Roman der im
Geist der Aufklärung schwelgt wie die
Absolutistischen Fürsten lächerlich
Machte ist wirklich abenteuerlich
Nun ist der naive noch am Hofe des
Fürsten aufgewachsene Hermann von
Dort vertrieben mit der Postkutsche
Auf dem Weg nach Dresden
Erfahre wie der romantisch verträumte
Junge Mann während die anderen
Fahrgäste sich im Wirtshaus stärken
Selig durch die Felder spaziert
Dort träumt er davon mit seiner
Geliebten Ulrike von deren Erbe
Wenn es endlich ausgezahlt würde
Einen Bauernhof zu kaufen
Sah sich mit ihr als immer noch
Sechzehnjährigen Knaben mit einer
Kinderschar selig vor ihrem Haus
Im schönsten Traumreich sitzen
Dann als eine schnittige Isabelle
Mit einem Paar darin vorbeifuhr
Dem die Kinder alle winkten war
Der vorige Traum schon vergessen
Nun sah er sich voller Ehren mit
Seiner liebsten Ulrike in solcher
Kutsche grüßend vorbeifahren im
Traum von Wohlstand selig da
Doch tönt in diese schönen Träume
Des Verliebten das Posthorn laut
Er zwängt sich in die Kutsche um
Sich über die Fahrgäste zu ekeln
Besonders widerwärtig erscheint ihm
Eine ältere Jüdin neben sich dabei
Was erst antisemitisch klingt wird
Später zum genauen Gegenteil
Als an der Zollstation er sich nur
Ausweisen soll ist er völlig verwirrt
Worauf alle ungeduldig werden
Während die Jüdin ihn verteidigt
Bei Ankunft und Aussteigen dann
In Dresden angekommen hält er
Erst seinen Koffer für verloren der
Nur noch kontrolliert werden soll
Der Zoll der regionalen Hoheiten
Wollte alles prüfen aber fand in den
Wenigen Habseligkeiten nichts was
Weitere Forderungen begründete
Fein mit kleiner Spitze beschreibt
Wezel hier wie der Mann am Tor
Ihm freundlich die Hand reicht
Was Hermann lächelnd erwidert
Von der Enttäuschung des Mannes
Als er die Hand leer zurückzog bekam
Der naive Hermann nichts mit der in
Dresden stand mit seinem Koffer nun
Dies ohne zu wissen wohin noch
Wo er ein Quartier finden könnte
Bis ein Lohndiener sich seiner gern
Annahm und ihn mitnahm
Erfahre lesend wie viele Bettler
Nun kamen ihm ihr Leid zu klagen
Was ihn alles so sehr rührt der
Nichts davon in seinem Dorf kannte
Wie dann der Lohndiener ihn warnt
Das seien alles Scharlatane nur die
Für wenig Münzen stundenlang so
Jammern könnten warum er ja
Wenn er die Macht hätte was
Auch immer tun würde denn
Jedesmal auch auf Nachfrage
Hin unterbricht er sich wieder
Das ist ein feiner etwas zynischer
Humor im Geist der Aufklärung der
Seinen Helden und Protagonisten
Zum Narren sich machen lässt
Wie einer völlig weltfremd an der
Seltsamen Normalität wenn er nur
Dinge wörtlich nimmt schon fast
Verzweifelt und dumm scheint
Der kluge Knabe der noch am
Fürstenhof aufgewachsen kennt
Die Regeln der tumben lauten Welt
Nicht was deren Absurdität zeigt
Wer ist normal und wer verrückt
Ist der Träumer nur ein Narr dem
Diese Welt gefühlt fremd bleibt
Überlege ich Hermann ähnlich
Wie närrisch dagegen ist eine Welt
Die ihren Wahnsinn für normal hält
Wer erscheint moralisch mir gut
Wie fremd ist mir das laute Volk
So steckt in diesem ironischen
Roman aus dem Jahre 1780 der
Fürstenkritik im Geist der Aufklärung
Betrieb auch 2025 viel Weisheit
Dies liest sich lächelnd doch weit
Über die kleinen Scherze hinaus
Ist der geistige Spiegel den dieser
Roman uns vorhält bleibend klug
Wo schon in der Vergangenheit auf
Reisen geht es nun weiter mit dem
Bremer Ehepaar Gondela das auf
Der Reise ins Paradies noch ist
Deren Reise durch Deutschland
Die zuerst über Braunschweig
Nach Leipzig und Dresden führte
Sich in Sachsens Schönheit verliebte
Ist nun am 5. September 1802 nach Abenteuern in böhmischen Wäldern
In Carlsbad mit ihrer Kutsche auf
Dem Weg ins Elsass eingetroffen
Typische Bremer Kaufleute die gern
Auch gute Weinhändler immer waren
Haben die Gondelas noch ein eigenes
Weingut im Elsass das sie besuchen
Die Fahrt von Henrich und Christine
Gondela gen Carlsbad was ja auch
Der Geheimrat Goethe schätzte wie
In den Jahren gern besuchen beginnt
Mit einer zweistündigen Verzögerung
Weil sie Achse ihrer Kutsche doch
Erst gegen halb neun fertig war was
Ihre Planung etwas verschob
Eigentlich wollten sie ja heute schon
Carlsbad besichtigen was damit wohl
Eine Illusion vermutlich blieb doch
Zuerst erleben sie noch so einiges
Zuerst den Ort in dem eine große
Räuberbande von achtzig bis hundert
Mann lange ihr Unwesen trieb die
Beim örtlichen Gastwirt wohnten
Dieser wurde dafür an der Beute
Beteiligt die sie aus Kirchen wie
Von Kaufleuten auf den Straßen
In böhmischen Wäldern raubten
Beim Pferdewechsel wurde ihnen
Das alles vorgeführt und natürlich
Dachte der literarisch gebildete
Heinrich Gondela an Schillers Räuber
Diese waren bei der Reise ja
Schon 21 Jahre auf dem Markt
So erinnerte ihn die Geschichte
Böhmischer Räuber an Karl Moor
Was Grund genug war im Flur in
Der zuviel bändigen Schillerausgabe
Danach zu schauen was zum Glück
Schnell auch gefunden wurde
Frage mich manchmal wie gut nur
Die Augen der vielen Generationen
Vor mir alle noch waren dass sie
So winzig gut etwas lesen konnten
Sind wir nun alls bildschirmblind
Überlege ich und las weiter in dem
Wunderbaren Band aus der geliebten
Anderen Bibliothek die immer lohnt
Froh sind sie über das gute Wetter
Wollen sich nicht vorstellen wie sich
Auf dem lehmigen Untergrund der
Straße bei Regen wohl führe
Fragen der Reisenden um 1802 die
Uns im Zeitalter des Asphalt schon
Seltsam fremd vorkommen doch
Wie normal sind gute Straßen je
Sie benennen die böhmischen Dörfer
Oder Städte die sie durchqueren wie
Ihr böhmischer Postillon ein junger
Mann ist böhmisch mit ihnen übt
Weich und angenehm finden sie
Die Sprache wobei Christine laut
Dem jungen Kutscher erfolgreicher
Noch in der Aussprache war als er
Kurz vor Carlsbad das sie nach
Dem letzten Pferdewechsel in
Zweieinhalb Stunden zu erreichen
Hoffen kommt es in einem düsteren
Fichtenwald wieder zu einem der
Großen böhmischen Gewitter das
Sie trotz geschlossenem Dach noch
Völlig durchnässt wie die Fahrt auf
Aufgeweichten Straßen verzögert
Doch kurz vor der steilen Abfahrt
Nach Carlsbad klart es wieder auf
Sie fahren ganz langsam hinab
Dabei laufen die Gondelas sogar
Während der Kutscher sich extra
Einem hölzernen Bremsschuh für
Die hier extreme Abfahrt auslieh
Angekommen in ihrem Gasthof
In dem ihre Zimmer vorher schon
Der Herzog von Mecklenburg-Strelitz
Bewohnte freuen sie sich sehr
Das erste mal auf der Fahrt durch
Ganz Böhmen saubere Zimmer
Ließ sie vor Freude gleich noch
Einen Abendspaziergang machen
Die Gondelas sind wunderbar auch
In ihrem feinem Bremischen Humor
Wie ihrer Selbstironie dabei die sie
Alle Katastrophen gut ertragen lässt
Einzig unerträglich ist dabei wenn
Durchschimmert wie ganz genau
Zeitlich alles geplant ist um ja alles
An Sehenswürdigkeiten zu erledigen
Der Bericht über das erwartbar
Diese Dinge betreffend ist dann
Entsprechend langweilig wie alle
Von nur Touristen es immer sind
Genial werden sie wenn es auch
Um ihr Verhältnis geht und die
Kleinen und großen Katastrophen
Sie fast zur Verzweiflung treiben
Dann bestätigen sie mit Humor
Wie wenig lohnend Reisen ist
In Anbetracht der Prüfungen die
Jede Fortbewegung uns auferlegt
Auch die rührende Art des Umgangs
Dieses Liebenden Paares miteinander
Ist lohnende lehrreiche Lektüre für alle
Die schon einmal paarweise reisten
Nur die geplante Erledigung von den
Sehenswürdigkeiten am Weg finde ich
Eher so langweilig und überflüssig wie
In allen Reiseberichten schon immer
Was mich in der Überzeugung wieder
Bestätigt was du gesehen haben
Musst lohnt eher nie dafür ist was
Sonst passiert viel spannender
Weiter geht es auch im Jahr 1802
Mit dem Spaziergang nach Syrakus
Von Johann Gottfried Seume der
Gerade aus Budin berichtet
Damit ist auch der im gleichen Jahr
Durch Böhmen spaziert was ja auf
Dem Weg von Sachsen nach Italien
Naheliegend auch geografisch ist
Herrlich entschuldigt er anfangs
Seine mangelnde Schreibseligkeit
Die der andere verzeihen möge doch
Mit mehr wäre er im Polstersessel
Zuhause lieber geblieben statt auf
Reisen gen Italien zu gehen was
Eine feine Selbstironie schon zeigt
Über Dresden nörgelt er dagegen
Diese von ihren Eingeborenen fast
So sehr wie Hamburg von denen
In diesem verregneten Nest verklärte
Provinzstadt sei deutlich überschätzt
Bis heute hätten sie es nicht geschafft
Straßenschilder an den Ecken zu
Montieren was sogar in Polen wie
In schlesischer Provinz normal sei
Über die Gipssammlung die er in
Zu kurzer Öffnungszeit besichtigt
Auch mehr Genörgel er freue sich
Mehr auf die Originale in in Italien
So sei Dresden in ganz vielem nur
Ein überschätzter Abguss auch sei
Der Dialekt der Sachsen was gen
Pirna noch schlimmer auch würde
Schwerer zu verstehen als das so
Weiche wie wohlig klingende
Böhmisch im Erzgebirge auch die
Bedienungen dort wären viel süßer
Schwärmt von den obwohl doch
Katholischen Mädchen die dort in
Den großzügigen Gasthäusern noch
Aufwarten und gerne hoch begleiten
Weil beim örtlichen Juden in Budin
Lessings Nathan gerade noch
Ausgeliehen war nahm er Kant über
Den einzigen Beweisgrund Gottes
Dieser Humor auch über das Erlebnis
Mit dem Mädchen aus dem Gasthof
Auf seinem Zimmer wo sie alle Sünde
Zu vergeben schien ist wunderbar
Seume ist literarisch humorvoll wie
Zugleich selbstironisch kritisch ein
Kluger Intellektueller der etwas wagte
Damit als Autor Neuland betrat
Seine Lästerei über die Sachsen
Die ihre Provinzstadt Dresden so
Gerne überschätzen bis heute ist
Mit liebevollem Humor geschrieben
Dies war übrigens Band 3 aus der
Anderen Bibliothek der 1985 noch
Mit Tiefdruck in Nördlingen erschien
Eine kleine schöne Rarität inzwischen
jens tuengerthal
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