Montag, 30. Juni 2025

Lektürentagebuch 30.6.25

Lektürentagebuch 30.6.25

Noch in der Nacht oder der gerade
Bereits sehr frühen Morgendämmerung
Franz Hessel und über ihn gelesen im
Band über die zwei Flaneure in Berlin

In Alter Mann dem so wunderbaren
Romanfragment ging es wieder in 
Gedanken nach Bayern und wie
Er dort allein Großvater sein durfte

Lella war mit ihren beiden Männern
Was Hessel aus Erfahrung kannte 
Der dies Modell selbst zeitweise mit
Seiner Frau und seinen Freund lebte

Der Freund war Henri-Pierre Roché
Die Frau war Helen Grund die er bei
Seinem ersten Aufenthalt in Paris 
Kennenlernte und über die dann

Roché den Roman Jules et Jim
Schrieb der durch die Verfilmung
Von Truffauts 1962 bekannt wurde
Die wiederum Franz Hessel auch

Wieder in das literarische Bewusstsein
Als großen Autor rückte der schon 
Zuvor mit Franziska zu Reventlow wie
Deren Partner zu dritt zusammenlebte

Ob in dieser WG tatsächlich alles
Sexuelle außen vor blieb wie es Hessel
Im Kramladen des Glücks andeutet
Scheint bei Fanny eher zweifelhaft

Jedenfalls war Lella mit ihrem Mann
Wie dem französischen Freund nach
München gefahren und der Großvater
Machte großväterliches mit Kaspar 

Liebevoll schildert Franz Hessel der
Vater von Stephane Hessel hier die
Erlebnisse auf Wald und Wiesen wie
In der Gastwirtschaft schließlich noch

Ein nur kurzer Abschnitt der aber im
Licht des biographischen Hintergrundes
Eine ganz andere Bedeutung noch erhält
Auch den liebevollen Vater Hessel zeigt

Egal ob Kaspar nun der später bekannte
Sohn Stephane war oder der erste Ulrich
Der aufgrund Zangengeburt behindert war 
Sind beide Söhne Kriegskinder noch

Spannend ist wie das typisch auch 
Autobiografische seiner Romane im
Hier Spätwerk die Perspektive wechselt
Er zum Vater und Beobachter wird


In dem Kapitel Rankestraße 4 oder
Schwannecke wird die Weinstube
Stephanie die der Schauspieler
Viktor Schwannecke dort eröffnete

Als Zentrum der Kulturszene uns
Vorgestellt an der heute nur noch
Die Einfahrt zum Parkhaus von
Karstadt sich traurig befindet

Diese Ecke in der auch Rowohlt
Saß für den Hessel einst noch
Als Lektor und Organisator der
Autorenabende agierte war ihm 

Zu seiner Zeit dort bis 1938 also
Wohlbekannt und hier trafen sich
Künstler und Kritiker zusammen
Über das auch Zuckmayer schrieb

Auch Hessel berichtet noch vom
Seiteneingang den Schwannecke
Für die seinen dort morgens hätte 
Die Stammgäste dort sind berühmt

Von Egon Erwin Kisch Trude Hesterberg
Max Reinhardt bis Ödon von Horvath
Verkehrte und soff dort zu gerne die
Geistige Elite der jungen Republik

Es ist wunderbar Hessel zu lesen
Wie dabei auch noch literarisch in
Seine biografischen Details einzutauchen 
Die vieles erst deutlich machen

Welche Figuren zeichnete der Autor
In seinen Romanen getreu nach dem
Leben welche Rolle spielten sie wer
Verkehrte auch in der Weinstube dort

Überraschend schön liest sich so noch
Ergänzt um biografische Studien zu
Hessel und seinen Damen dies Buch
Im Schatten der wiedergekehrten Liebe

Wie auch Hessel nach der Trennung
Wieder mit Helen Grund später Hessel
Zusammenfand der Berliner Journalistin
Die er als Pariser Romanze kennenlernte 

Eine verlorene und eine wiedergefundene
Liebe die sie über Jahre gemeinsam lebten
Auch mit ihren beiden Kindern taucht viel
Von Helen in der Tochter Lelle wieder auf

So schreibt Hessel aus der Perspektive
Zumindest mit dessen Blick seine eigene
Liebesgeschichte zu dritt mit seinem
Besten Freunde Henri Pierre hier Claude

Das beinahe erotische Empfinden etwa
Was gegenüber der Tochter verfehlt war
Gilt seiner lange geliebten Ehefrau
Die er mit dem besten Freund teilte 

Die verschwimmende Grenze zur nur
Wirklichkeit aus der er literarische Räume 
Voller Schönheit erst schuf fasziniert
Weil er sie gelegentlich lächelnd verwirrt

So verwirrt der Dichter hier auch etwas
Zugegeben verwirrt die Perspektiven
Der Bücher mit biografischen Details
Aus unterschiedlichen Quellen noch

Lasse darum hier lieber auch noch
Die persönlichen Details einer ganz 
Seltsamen Liebesgeschichte mit auch
Einem früher besten Freund hier weg

Verstehe das selber noch nicht ganz
Wozu wir nichts sagen können aber
Sollten wir lehrt die Erfahrung lieber
Schweigen sich nicht zu blamieren

Weiß nicht ob manche Liebe am Ende
Unsterblich bleibt oder erst der Tod
Beendet aber staune wie nah die
Große Literatur dem Leben kommt

jens tuengerthal 30.6.25

Anscheinstrug

Anscheinstrug

Als ich in meine Wohnung zog
Es war im November 2010 war
Gegenüber eine herbstlich noch
Belaubte wunderschöne Wand

Sie machte den Blick in den hier
Engen Hof aus dem Seitenflügel
Wunderschön doch schon im nächsten
Frühling kam diese Pracht hier weg

Das Nachbarhaus fürchtete um den
Putz und ließ die gewachsene Schönheit
Mit Gewalt und Gift entfernen seitdem
Schaue ich auf eine kahle Wand

Im Sommer blendet diese so sehr
Dass es nur noch bei geschlossenen 
Vorhängen in der Wohnung auszuhalten ist
Der Anschein zauberhafter Wohnung trog

Was sie besonders schön auch machte
Wurde von Nachbarn die es nie sahen 
Nur eine Brandschutzwand hatten 
Einfach herunter gerissen und zerstört

So geht es uns mit manchem was
Wundervoll erst scheint und dann
Zu gruseliger Hässlichkeit sich der
Ordnung wegen bald verwandelt 

Ob dies für das ganze Leben gilt
Was ein Anscheinstrug dann wäre
Zu fragen könnte gefährlich sein
Für die Motivation es zu ertragen

Kein Traum wird je wirklich alles
Wird eher noch etwas hässlicher
Warum sich fragt welcher Gewinn
Aus der Wirklichkeit gezogen wird

Möchte lieber meine Träume zurück
Gebe gern das Leben dafür was sich
Real meist viel hässlicher nur zeigt
Als der erste Blick vermuten ließ

Hoffnung gibt es keine mehr aber
Wir könnten es uns zumindest noch
In unserer Phantasie schön machen
Die zumindest bleibt verlässlich

jens tuengerthal 30.6.25

Festivalhass

Festivalhass

Wo Menschenmassen selig wogen 
Kannst du jede Botschaft singen lassen
Die dumpfe Menge singt es mit auch
Darum besuche ich keine Festivals

Zumal ich nie verstand was am
Peinlichen Live Act toll sein soll
Aber auf Reichsparteitagen jubelten
Auch Massen zum Vernichtungskrieg

Ohne zu begreifen was sie tun wie
Gerade beim Glastonbury Festival
Wo ein Bob Vylan sich nennen der
Die Massen Parolen der Hamas wie

Hass auf Israel grölen ließ was diese
Auch wie meist dabei hirnlos taten
Doch sollte diese Propaganda für 
Terroristen nicht als Kavaliersdelikt

Noch weiter verharmlost werden 
Sondern als Unterstützung von
Antisemitischen Islamisten klar
Bestraft und geahndet werden

Egal was ich von Netanjahu als
Politiker persönlich dabei denke
Wer den grölenden Hass der
Masse toleriert gibt damit den 

Rechtsstaat und die Freiheit für
Den Hass mittelalterlicher Männer
Die Frauen vergewaltigten auf um
Den Aberglauben damit zu fördern

Wer sich in die Masse begibt
Dabei mitgrölt sollte mithaften
Freiheit braucht Verteidigung
Verharmlosung wäre falsch

jens tuengerthal 30.6.25

Liebeslohn

Liebeslohn

Bezahlte Liebe
Immer zu haben ohne
Hoffnung auf Gefühl

jens tuengerthal 30.6.25

Illusionstheater

Illusionstheater

Unser Theater
Der Illusionen führt die
Letzten Träume auf

jens tuengerthal 30.6.25

Lebenslohn

Lebenslohn

Leben lohnt selten
Wirklich meist unerträglich
Zum Glück nur endlich 

jens tuengerthal 30.6.25

Treulos

Treulos

Was ist heute mit der Treue los
Ist sie noch für jemand relevant 
In Fragen der Liebe oder geht es
Dabei nur um Macht viel eher

Viele verwechseln Treue im Gefühl
Mit der körperlichen Treue die dann
Als Bedingung gern gesetzt wird mit
Fatalen Folgen für alle Beteiligten 

In der Liebe geht es um ein Gefühl
Darum ist die Treue dazu einzig 
Relevant wer mit wem Sex hat
Ist dafür logisch völlig irrelevant 

Die Verknüpfung der körperlichen 
Treue mit der emotionalen ist das
Produkt einer sozialen Herrschaft
Die Konvention als Natur ausgibt 

War keiner meiner Liebsten untreu
Sonst wäre sie nicht mehr meine
Liebste und dann wäre es egal
Völlig egal wer mit wem Sex hatte

Wer die körperliche Treue für wichtiger
Hält als die emotionale im Gefühl hat die
Liebe nicht verstanden und sie dafür mit
Herrschaft über andere verwechselt

Wer die physische Lust als Natur nicht
Vom abstrakten Gefühl trennen kann
Ist offensichtlich ziemlich unreif was
Alle weiteren Fragen hier erledigt

Liebe ist Vertrauen in ein Gefühl
Dies ist nirgendwo in der Natur
Messbar oder nachweisbar weil
Sie eine frei schwebende Idee ist

Wo das Vertrauen fehlt gibt es
Keine Liebe mehr der irgendwer
Nach der Natur untreu sein könnte
Es wäre Erledigung eingetreten

Bei den Yanomami Indianern teilt
Die Frau oder Tochter mit dem
Gast die Hängematte und es wäre
Unhöflich dies zurückzuweisen

Sie sind damit nicht untreu weil sich
An ihrem Gefühl nichts geändert hat
Sondern handeln als gute Gastgeber
Was ihre Liebe nicht beeinflusst

Die Treue in der Liebe die nach
Ihrer Natur ein Abstractum ist
Ist ein geistiger Akt allein egal
Was wer wo mit wem wann tat

Wo ich nicht mehr an die Liebe
Als Idee glaube existiert diese 
Bereits nicht mehr es bleiben nur 
Spuren der Erinnerung noch davon 

Treulose Liebe ist mithin ein der
Natur nach unmöglicher Tatbestand
Manche verstehen das nicht um ihre
Herrschaft dauerhaft zu sichern

Kann aus voller Überzeugung sagen
Dass ich keiner Liebe je untreu war
Nur verstehe ich es vermutlich anders
Als die meisten die danach fragen

Vielleicht wäre es auch klüger noch
Manches für sich zu behalten um
Daraus die Vorteile zu ziehen aber
Das scheint mir in der Liebe absurd

Liebe ist für mich kein Geschäft
Sie ist bedingungslos oder nicht
Es geht nicht darum etwas dabei
Gewinnen zu wollen als Gefühl

jens tuengerthal 30.6.25


Sonntag, 29. Juni 2025

Besitzverhältnisse

Besitzverhältnisse

Ein Besitzverhältnis beschreibt
Wem etwas gehört und wer infolge
Herrschaft darüber ausüben darf was
Nur für Sachen und Tiere gilt

An Menschen hat keiner Besitz
Jeder Mensch ist frei geboren 
Hat nach der Natur darum die
Gleichen Rechte theoretisch

Die Realität sieht leider häufig
Ganz anders aus weil Macht am
Markt zur Ausbeutung vieler führt
Die für den Gewinn weniger arbeiten

Aus Angst um den eigenen Besitz
Wie den bescheidenen Wohlstand
Den sie sich hart erarbeitet haben
Glauben viele dies müsste so sein

Doch gibt es kein Naturgesetz das
Festschriebe was aus dem Besitz folgt
Oder wie im deutschen Recht sogar
Besitz vom Eigentum noch trennt 

Trennungs und Abstraktionsprinzip
Aber führen schon namentlich zum
Eigentlichen Thema dieser Verse
Ob Liebe ein Besitzverhältnis ist

Um Trennungen geht es in vielen
Beziehungen irgendwann immer
Die Liebe ist etwas total abstraktes
Dazwischen überleben wir irgendwie

Erstaunlich ist nur jenseits dieser eher
Öden sachenrechtlichen Finessen wie
Selbstverständlich viele Menschen
Dies auf Gefühle gleich übertragen

In einer Beziehung halten darum sogar
Menschen die von sich meinen sie
Würden den anderen lieben es für 
Normal daraus Ansprüche abzuleiten

Eifersucht wird für normal gehalten
Weil aus dem Gefühl in einer Beziehung
Ein Ausschließlichkeitsanspruch resultiere
Der andere damit wie Besitz behandelt 

So führen die meisten Menschen ihre
Beziehungen wie Besitzverhältnisse was
Erklärt warum sie aus der Liebe auch
Ansprüche meinen ableiten zu können

Liebe aber die diesen Namen verdient
Ist bedingungslos oder nicht der Rede
Weiter wert auch wenn die meisten nur
Ein Besitzverhältnis miteinander haben

Die Regelung eines solchen beschreibt
Die bürgerliche Ehe beispielhaft die 
Liebe staatlich konservieren soll damit
Den Staat daran gut verdienen lässt

Dies wird dem gehorsamen Volk als
Romantisches Zeremoniell der Liebe
Verkauft regelt aber nur die Versorgung
Wie den Ausgleich des Zugewinns

Wenn ich liebe will ich der geliebten
Person bedingungslos gut und kein
Geschäft zu meinen Gunsten machen
Gönne ihr alles was ihr gut tut

Hatte Verhältnisse mit Damen die
Ihre Liebe eifersüchtig bewachten
Dies für legitim auch hielten was 
Den Flaneur fast daran ersticken ließ

Nichts kann in einer Liebe jemals
Erwartet werden denn Erwartung
Ist immer der Tod der Liebe die bei
Eifersucht damit bereits erledigt ist

Dies nicht konsequent behandelt
Zu haben bedaure ich heute sehr
Weil es Verrat an der Liebe ist den
Seltsam viele Frauen aber fordern

Eine Beziehung auf dieser Basis
Aber ist nur ein Besitzverhältnis
Das Menschen zur Sache macht
Was Verachtung zeigt nicht Liebe

Ob Menschen irgendwann lernen
Liebe nicht länger als Besitzverhältnis 
Zu behandeln ist eher ungewiss da
Der Aberglaube uns darauf trainierte 

Bis dahin könnte es besser sein
Einsam zu bleiben statt ein falsches
Besitzverhältnis das es nicht geben kann
Als Liebe noch zu bezeichnen

Ob ich noch erleben werde dass sich
Die Menschheit von diesem Unsinn
Befreien kann um wirklich zu lieben
Ist ungewiss noch bleibt Hoffnung

jens tuengerthal 29.6.26

Lektürentagebuch 29.6.25

Lektürentagebuch 29.6.25

In der 29. Erzählung des alten indischen
Papageienbuches macht die Frau ihrem
Heimlich zurückgekehrten Mann glaubhaft 
Dass sie den Liebhaber zu seinem Wohl

Alleine rief was schon die hohe Kunst
Der ehelichen Lüge wohl ist der Papagei
Erzählt von der Frau die ständig andere
Männer begehrte was die Leute darauf

Ihrem Mann erzählten der es aber nicht
Glauben wollte und lieber prüfte darum
Eine Reise vortäuschte sich entfernte
Aber am Abend das Haus durch die

Hinterpforte wieder betrat und unter
Das Bett kroch als seine Frau die
Mit ihrem Liebhaber gegessen hatte
Gerade mit ihm ins Bett wollte sah sie

Den Fuß ihres Gatten unter dem Bett
Was tat sie nun wohl fragte der Papagei
Die Prinzessin die trotz langer Grübelei
Keine Idee hatte was die Frau tat

Sie zwinkerte ihrem Liebhaber zu
Damit dieser ahnte was ist und begann
Dann die Geschichte zu erzählen wie
Der Hausgott sie beraten hätte 

Weil ein Geist ihr offenbart hätte dass
Heute ein Nashorn ihren guten Mann
Den sie über alles lieben würde
Töten solle hätte sie gefragt was tun

Darauf hätte der Hausgott ihr geraten
Einen anderen Mann zu verführen wie
Ihn zu küssen aber ihn dann vor dem
Bett wegzuschicken treu zu bleiben

Dann würde ihr Mann gerettet werden
Genau diesen Rat befolgte sie worauf
Ihr Mann glücklich unter dem Bett
Heraus kroch und um sie tanzte wie

Seine Frau seine gute Göttin nannte
Die er lobpreisen müsse als neue
Hausgöttin aufgrund ihrer Moral die
Alles nur tat ihren Mann zu Ehren

Wunderbar auch diese Lügengeschichte
Mit der die kluge Frau ihren naiven Mann 
Der nur sieht was sie will bloßstellt um sich
Wie ihr freies Liebesleben zu retten 

Erstaunlich frei sind die alten Geschichten
In denen meist Frauen überlegen sind
Die den Männern um ihrer Lust Willen
Die tollsten Geschichten erzählen

Die Frau als das lustvollere Wesen 
Ist klüger und geschickter als ihr Mann
Der nur eine alte Moral bewacht die
Der weiblicher Intelligenz nicht genügt


Wieder eingetaucht in Franz Hessels
Romanfragment Alter Mann bei dem
Er sich an die Zeit in Bayern noch
Erinnert mit Lella Kaspar Claude

Wie Ernst dem Ehemann von Lella 
Vermutlichen Vater von Kaspar wie 
Frei Lella auch körperlich damals war
Sie gehörten zu einer Bewegung

Die möglichst überall nackt war um
So miteinander die Natur zu genießen
Wie er Lellas Schönheit besser erinnert
Als die verklemmte der Mutter noch

Es ist die Zeit in der sich Lella schon
In Claude verliebte und ihr Mann Ernst
Einen Ruf an die Universität Marburg hat
Ihr Zögern schon Bände dabei spricht

So beobachtet der Vater wie ein Flaneur
Wie sich seine Tochter in den Erbfeind
Verliebte und fragte sich was daraus
Würde aber sah wie gut es passte

So schreibt er der Tochter seine
Zusage für die Balearen will nur
Die Verzögerung aufgrund der
Briefe der Schwester erklären

Als er zögert und überlegt wie
Schweifen seine Gedanken gleich
Wieder ab gen Bayern wo er mit
Lella ein Wirtshaus aufsuchte

Während die Männer also Claude
Mit Ernst etwas besprechen müssen
Ist Lella wieder der Mittelpunkt des
Geschehens unter den Freunden

Der Vater ist Flaneur im Leben der
Tochter wie zugleich Teilnehmer
Fühlt sich nicht unbeteiligt aber
Weiß doch nicht wie ihm geschieht

Genial verschachtelt Hessel hier
Verschiedene Ebenen miteinander
Lässt sie spielerisch sich berühren
Mit Gespür für die Sinnlichkeit


In nächsten Kapitel über die zwei
Flaneure Hessel und Benjamin geht es
Unter dem Titel Kaiserallee 1-12 um
Das Joachimsthalsche Gymnasium

In dem Gebäude das heute die UdK
Genannte Universität der Künste wie
Die Wilmersdorfer Stadtbibliothek noch
Beherbergt ging Hessel zur Schule

Im Kramladen des Glücks beschreibt
Hessel den friedlichen Torbogen der
Gymnasiumstreppe unter dem noch
Schmalzkuchen verkauft wurden

Das Gymnasium lag danach in der
Vorstadt und die Umgebung war noch
Wild und kahl seinen letzten Besuch
Dort beschreibt er im Alten Mann sehr

Detailliert und ausführlich als er zum
Tanzabend dort geht davon schrieb ich
Die letzten Tage im Lektürentagebuch 
Nun geht es wieder nach München

Dort gehörte Franz Hessel am Rande
Der Schwabinger Bohême an durch
Seine Beziehung zur Gräfin Fanny
Oder Franziska von Reventlow

Diese gibt sich als weiblicher
Dandy und macht was sie will von
Dame über Künstlerin zur Hure die 
Immer viele Männer auch hatte 

Für sie waren Männer als bloße
Begleitdoggen wie Hessel es nannte
Zu langweilig doch der damals noch
Vermögende Franz passte ihr gut

Erhört habe sie ihn nie meint der
Autor Erdmann auf welche Quellen
Er sich dabei auch immer stützt 
Zugehörig fühlte er sich nirgendwo

Dennoch verkehrte er im George Kreis
Fand die Persönlichkeiten dort noch
Bemerkenswertee hält die meisten für
Eher krank mit homophiler Neigung

Viele versuchten ihr Heil beim von
Ihnen vegöttlichten George zu finden
Auch Hessel und Benjamin wiesen 
Teilweise depressive Defizite auf 

Benjamin traf George auf einer
Parkbank in Heidelberg aber wahrte 
Distanz zum großen Vereinnahmer 
Dafür ging Hessel 1906 nach Paris

Dazu hatten ihm Schriftstellerfreunde
Noch geraten wo er Henri-Pierre Roché
Wie Pablo Picasso begegnet der dann
Als Maler Bilbao literarisch auftaucht

Wie schön ist es doch die vielen längst
Gelesenen und bekannten Figuren
Vielfältig wieder auftauchen zu sehen
Eine neue Lektüre nun zu teilen

jens tuengerthal 29.6.25

Mehrflaneur

Mehrflaneur

Eine Gesellschaft die gerne immer
Schneller sein möchte und dabei
Ihre Lebensgrundlagen zerstört
Ohne eine Perspektive zu haben
Für eine irgend bessere Zukunft
Braucht dringend mehr Flaneure 
Die sich dem Strom der überall
Nützlichkeit entgegenstellen um
Lieber zweckfrei in Ruhe zu sein
Was die höchste Form bleibt die
Mensch je erreichen kann sofern
Wer damit wirklich zufrieden ist
Nicht mehr zu wollen als zu sein
Wie möglichst spurlos am Ende
Wieder zu verschwinden denn
Mehr kann egal was nie sein
Als unauffällig gegangen ohne
Irgendwem dabei zu schaden
Bis dahin noch am liebsten mit
Schildkröten spazieren gehen
Um die Langsamkeit zu entdecken

jens tuengerthal 29.6.25

Wenigmehr

Wenigmehr

Es bräuchte dringend viel
Weniger von allem damit
Alle mehr davon haben
Dass wir weniger wurden
Statt noch länger auf mehr
Weiter zu hoffen was sie
Für keine Zukunft mehr
Dann perspektivlos anlegen
Weil mit mehr Vermögen
Weniger Arbeit nötig wäre
Arbeiten sie jetzt mehr um
Später genug zu haben
Wenn sie nicht mehr sind
Was ihnen wenig bringt
Aber mehr oder weniger
Alle so machen um sich
Das Alter schön zu träumen
In denen ihnen alles fehlt
Was Leben schön macht
Außer Geld blieb wenig
Was mehr lohnte so ist
Unser wohlständiges
Leben im Kapitalismus
Der alle bereichert nur
Leben bleibt weniger

jens tuengerthal 29.6.25

Liebeseinsam

Liebeseinsam

Liebe wäre gern
Gemeinsam aber bleibt doch
Am Ende einsam

jens tuengerthal 29.6.25

Endlichkeit

Endlichkeit

Endliches Leben
Lässt jedes Jahr weniger
Morgen noch übrig

jens tuengerthal 29.6.25

Lebenslauf

Lebenslauf

Leben geht weiter
Egal ob erfreut oder
Traurig darüber

jens tuengerthal 29.6.25

Lektürentagebuch 28.6.25

Lektürentagebuch 28.6.25

Mit Zwei Flaneure in Berlin dem Band
Auf den Spuren von Franz Hessel und
Walter Benjamin von Gerd Rüdiger 
Erdmann schon auf dem Bücherfest 

Voller Begeisterung zu lesen begonnen
Wenn dort auch der Blick auf Schöne
Die vorbei flanierten gelegentlich etwas
Ablenkte faszinierte schon der Einstieg

Es beginnt in der Einleitung mit einer
Strophe aus Schwarz zu Blau von dem
Berliner Musiker Peter Fox die so wird
Gemutmaßt auch Hessel gefallen hätte 

Jenes Guten Morgen Berlin du kannst
So hässlich sein passte zur Ambivalenz
Die auch Hessel gegenüber der Stadt
Empfand in die er mit acht Jahren zog

Doch war Hessel als Autor immer
Bemüht den Berlinern zu helfen ihre
Stadt zu lieben dagegen war das
Verhältnis seines Freundes Benjamin

Zu seiner Geburtsstadt Berlin eher
Ablehnender doch will das Buch die
Ähnlichkeiten und die Nähe der beiden
Guten Freunde näher untersuchen

Es führt dazu wie ein Spaziergang
An Orte die beide beschrieben oder
Die eine Rolle für beide spielten
Dies soll neue Einblicke gewähren

Das erste Kapitel ist schon wunderbar
Zur Flanerie Hessels und Benjamins
Überschrieben bezeichnet den Flaneur
Als ideal die Großstadt zu beschreiben 

Weil diese sich permanent umformt
Passt die kurze Form des Beobachters
Die dabei ambivalent schwankt zwischen
Vorfreude auf das Neue und Angst vor ihm

Wie zugleich der Trauer um das Verlorene
Dazu passend wird gleich aus Benjamins
Angelus novus Text zu seinem Klee Bild
Zitiert den ich gerade im Bode sah 

Der Engel blickt in die Vergangenheit
In das Paradies der Kindheit die für 
Benjamin als besonderes das Erstemal
Bereithält dessen magischen Ursprung

Die Erwachsenen suchen was nie gelingt
Hessel benutzt dafür den Begriff des ersten
Blickes der kindliche Unmittelbarkeit meint
Erkennt so die tragische Einmaligkeit

Sowohl Hessel wie Benjamin litten unter
Depressivem Erleben auch wenn sie es
Völlig unterschiedlich umsetzten entrinnt
Hessel dem durch die Flanerie zeitweise 

Die Großstadt die immer wieder anders
Fremd und neu ist gibt dem Menschen
Die Möglichkeit an jeder Ecke das Wunder
Der Entdeckung neu zu finden nach Hessel 

So verwandelt Hessel die Großstadt in
Seiner Poetik in ein Magazin erster Blicke 
Einen Kramladen aus dessen Allerlei 
Der Flaneur schauend schöpfen kann

Die Flanerie wird zur Therapie in der
Sich die Kindheit wiederfindet die Proust
In la recherche so erschöpfend beschrieb
Weshalb alle beide dies Werk liebten

Dabei ist der Großstädter ständig von 
Der Gefahr der Abstumpfungn bedroht
Warum der fröhliche erste Blick immer
Gelernt und geübt werden muss

Welch geniale Gedanken zur Lektüre
Die deren Tiefe gut ausloten so wird
Überraschungen begegnen wer bereit ist
Gewohnte Wege einmal zu verlassen

Für Benjamin ist Proust ein Mystiker
Der an seiner Weltfremdheit starb die 
Er nicht zu ändern vermochte die für
Ihn am Ende vernichtend wurde

So sei das Kind der Ahnherr des Flaneurs
Was den Flaneur von Spaziergänger hier
Unterscheidet beschrieb Hessel in der
Kunst spazieren zu gehen die hier zitiert

Spazieren sollte wieder zweckfrei 
Genossen werden es sei weder 
Nützlich noch hygienisch es seien
Ferien vom Alltag sie zu genießen 

So werde die Straße zum Wachtraum
Doch hier müsstest du müssen sonst
Darfst du nicht kritisiert Hessel die
Gesellschaft es sei nicht leicht hier

In Berlin geht man nicht spazieren
Empörte sich eine laut Hessel und
Sie hätte Recht hier gehst du wohin
Zum spazieren hätte hier keiner Zeit

Was Hessel in den Zwanzigern noch
Über Deutschland schrieb gilt heute
Noch genauso warum ich als Flaneur
Gerne in meiner Bibliothek bleibe 

Doch Hessel beschließt aus Reih
Und Glied der Hastenden zu treten
Dagegen sei promenieren nur ein
Gesellschaftliches Spiel nie allein

Für den Flaneur sei die Straße Lektüre
Dennoch empfiehlt Hessel ein Ziel um
Davon abzukommen warum er sich in
Der Vorschule des Journalismus auch

Weigert den Auftrag zur Berichterstattung 
Wie gefordert zu erfüllen er wahrt damit
Distanz zum rasenden Reporter Kisch 
Flanerie bleibt darum stets zweckfrei

Damit stellt sie sich auch konsequent
Gegen das bürgerliche Arbeitsethos
Dies dient nur den zweckfreien Genuss
So sei Berlin im Drill der Moral erstarrt

Benjamin erlebt Berlin nach seiner
Rückkehr aus Moskau als tote Stadt
Die Menschen seien vereinsamt alles
Dafür unmäßig geputzt und gescheuert

Er geht als Persönlichkeit müßig um so
Gegen Arbeitsteilung und Spezialisierung
Zu protestieren ginge er gerne wieder
Wie 1840 Mode mit Schildkröten spazieren

Nach Hessel ist der Müßiggang nicht
Arbeitsverweigerung sondern umgekehrt 
Beschränke das Geschäft die logisch
Vorrangige wie übergeordnete Muße 

Auch Benjamin widmet dem Müßiggang
In seinen Passagen ein ganzes Kapitel
Die bürgerliche Gesellschaft schadete ihr
Die Muße der Dichter war früher anerkannt

Wie gut täte es auch unseren Zeiten 
Gerade mit diesem Kanzler dahin mehr
Zurückzukehren als noch an Macher
Zu glauben die alles nur zerstören

Benjamin nennt sich einen schlechten
Fußgänger seine Flanerie sei eher
Theoretisch und philosophisch während
Hessel literarische Ambitionen hat

So wendet sich Benjamin Baudelaire
Dem Vorbild moderner Flaneure als
Übersetzer zu woraus ein Werk
Neben den Passagen noch wurde 

Edgar Allan Poe habe bereits die
Grenze vom Flaneur zum Asozialen
Verwischt auch Hessel beschreibt es
Als Vergnügen verdächtig zu wirken

Die Zeitlupe des bloßen Zuschauers
Mache die Menschen nervös wobei
Bei ihm nichts dahinterstecke er möchte
Nur beim ersten Blick verweilen

Der Flaneur aber sei kein Schaulustiger
Er bleibe distanziert und unbeteiligt
Benjamin distanziert den Flaneur auch
Von der Boheme dem Snob und Dandy

Ein spannender Blick auf die beiden
Flaneure wie den kritischen Geist 
Der hinter dieser Lebensform steht
Die der Gesellschaft den Spiegel vorhält

Bin gespannt auf die weitere Lektüre
Lasse es nun bei der Einleitung wie
Dem sehr kompakten ersten Kapitel
Voller Freude auf alles was noch folgt

jens tuengerthal 28.6.25