Samstag, 3. August 2024

Lektürentagebuch 3/8/24

Lektürentagebuch 3/8/24

Lesen macht mich immer glücklich
Sicher können auch Treffen mit
Anderen Menschen gelegentlich
Schön sein aber weniger zuverlässig

Auch Sex und Zärtlichkeiten sind kein
Schlechter Ersatz für Lektüre aber auf
Dauer allein doch etwas wenig um ein
Zufriedenes Leben zu führen denke ich

Warum andere Menschen alles daran
Setzen viel Zeit mit anderen die selten
Etwas gutes oder kluges sagen noch
Zu verbringen bleibt mir stets rätselhaft

Kenne kein besseres Mittel gegen
Geistige Unruhe oder Unzufriedenheit
Als entspannte Lektüre ganz für mich
Oder gerne auch mal zu zweit noch

Nach dem Abend vor der Bar wie den
Gesprächen dort mit kurzer Lesung
Eines meiner Gedichte tat es so gut
Heute in Ruhe für mich zu lesen

Begonnen mit der Biografie Zimmermanns
Von Theodor Fontane in der ich heute über
Quitt las den langen Roman der zweigeteilt
Sehr gewagt in Amerika und Schlesien spielt

Hat Fontane der nie in den Vereinigten Staaten
Gewesen ist hier wirklich gut recherchiert wie es
Von einem lange Journalisten der Vossischen
Zeitung wohl zu erwarten gewesen wäre

Es beginnt mit einem Förstermord in Schlesien
Dessen Vorgeschichte noch in Schlesien wie der
Flucht des Mörders nach dann Amerika wo er
Sich einer Mennonitengemeinde anschließt

Nach Auskunft des Biografen der sich dabei
Auf eine Forschungsarbeit stützte hat der
Autor Fontane gut und detailliert recherchiert
Das berichtete entsprach den Tatsachen

Doch weniger wichtig als diese eher
Journalistische Betrachtung des Romans
Ist wie der Autor zu der realen Tat stand
Die der Geschichte zugrunde lag

In einem Brief an seine Frau schrieb
Fontane diese Tat wäre kein Mord
Weil es unter Gleichgestellten erfolgte
Wobei der eine nur das Gesetz also

Die Jagdaufsicht und das Privileg des
Adels auf seiner Seite hatte während
Der Wilderer illegal handelte doch
Kämpften sie für Fontane als gleiche

Diese etwas anarchische Sicht auf
Das Recht wäre auch mit dem heute
Strafgesetzbuch unvereinbar zeigt
Jedoch eine kritische Haltung des

Preußischen Hungenotten Fontane
Gegenüber dem Obrigkeitsstaat wie
Er sie seit seiner Teilnahme an dem
Aufstand von 1848 nicht mehr zeigte

Auch die Gespräche in der Gemeinde
Der Mennoniten spiegeln einen eher
Kritischen Blick auf Preußen was den
Roman der 1871 geschrieben wurde

Also im nationalen Taumel nach dem
Sieg über Frankreich zu einem fast
Revolutionären Stück wieder macht
In dem es viel um das Gewissen geht

Die offizielle Beurteilung des Todes
Welcher in einem Brief aus Amerika
Gemeldet wurde war so preußisch
Korrekt dass sie fast ironisch wirkte

Wie aktuell die Stellungnahme des
Preußischen Beamten der Gast im
Heimatdorf ist dass es nicht sein
Dürfe dass der Staat wie hier das

Nachsehen habe ist durch den just
Austausch des Tiergartenmörders
Mit Putin wieder hochaktuell und
Lässt Fontane noch anders lesen

Von Schlesien und Fontane ging es
Auf den Zauberberg in Bochmeyers
So geniale Biografie Thomas Manns
Werk und Zeit die tiefer noch schaut

Weiter ging es über Licht und Schatten
Wobei Erleuchtung für Aufklärung steht
Die sich gegen die eher mythische
Schattenwelt im Dunkeln auflehnt

Für die Erleuchtung der Aufklärung
Wie sie im französischen italienischen
Englischen heißt steht Settembrini der
Humanist und selbsternannte Lehrer

Des Herrn Ingeniör Castorp der sich
Gerne auch mit den dunklen Seiten
Beschäftigt wie Erfahrungen sammelt
Die dem Italiener gefährlich scheinen

Schon im Namen trägt dieser Hans
Castor und Pollux aus der griechischen
Mythologie als Zwillingspaar wie im
Selbigen Wintersternbild zu sehen

So werden Röntgenbilder im Roman
Zu Schattenaufnahmen aus dem 
Totenreich zu deren Aufnahme sie in
Den Untergrund des Sanatoriums

Hinabsteigen und was sie dabei alles
Erleben wenn sie plötzlich unerwartet
Ihr Innerstes sehen was sonst für alle
Lebenden vom Fleisch verhüllt ist

Der Tausch dieser Bilder mit seinem
Schwarm Clawdia Chauchat nach der
Dunklen Faßnacht bei der auch das
Erotische französisch bleibt ist der

Apfel der Verführung durch den Hans
An den dunklen Untergrund gebunden
Werden soll wie Settembrini fürchtet
Dieser nennt die Chauchat auch die

Venus und Persephone was so auf
Deren zeitweise Abwesenheit bei ihrem
Russischen Gatten hindeutet doch wie
Der erotische Liebesakt hier ganz auf

Französisch stattfindet was vielfältige
Deutungen vom petit mort bis zur
Stellung bei der Lust noch zulässt
Im sinnlichsten Moment des Romans

Dagegen schaltet Hans selbst das Licht
Bei der Beschwörung seines toten
Vetters Joachim ein der Aufklärung damit
Ihre Position gegen die Magie zu geben

Diese wunderbaren klassischen Bezüge
Die teils durch Settembrini vorgebracht
Der mit humanistischer Bildung hier als
Quasi Enzyklopädist noch glänzt sind es

Die den Bericht aus dem Sanatorium
Der durch die Lungentuberkulose von
Thomas Frau Katia angeregt wurde wie
In vielem ein Spiegel dessen auch ist

Zu einer europäischen Kulturgeschichte
Werden lassen in der die Aufklärung für
Das Lebens und gegen den Aberglauben
Wie die dunklen Mächte aufsteht

Wie schön ist diese Lichtsymbolik auch
Als Settembrini beim Krankenbesuch
Im Zimmer des zeitweise bettlägerigen
Hans gleich das Deckenlicht einschaltet

Das Sanatorium Berghof in Davos im
Hochgebirge gelegen ist dabei zwar
Dem lichten Himmel näher doch als
Ort eher eine Quelle der Dunkelheit

Die ironisch zuerst von Mann gedachte
Figur des Settembrini wird zu einer
Europäisch kulturellen Lichtgestalt die
Für das Leben gegen Dunkelheit steht

Diese Dialektik von Hell und Dunkel im
Roman mit Borchmeyers sehr guten
Textnahen Erläuterungen zu lesen ist
Eine Freude und bestätigt mich sehr

Las den Zauberberg bei aller Komik
Die der mannschen Ironie innewohnt
Immer als ein Buch der Aufklärung
Das sich dem Licht noch zuwendet

Es ist die freimauerische Interpretation
Der Schule der Lichtsucher wie sie
Einem Settembrini gefallen könnte
Wo immer Mann dabei selbst steht

Die geplante italienische Witzfigur
Zum atheistischen Enzyklopädisten
In der Tradition von Diderot zu adeln
Offenbart das Licht europäischer Kultur

jens tuengerthal 3.7.24

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