Freitag, 8. November 2024

Lektürentagebuch 7.11.24

Lektürentagebuch 7.11.24

Novembertage in grau sind die
Schönsten Lesetage denn selten
Lohnt es weniger rauszugehen
Bin lieber in drei Bänden versunken


Angefangen mit Franz Hessel der
Von seiner unvergleichlichen Telephonistin
Aus Ermunterung zum Genuss erzählt
Mit der er alles teilte außer das Bett

Was sie daran hinderte obwohl
Wie er heute meint beide es doch
Gerne gewollt hätten erzählt Hessel
Dabei wieder feinsinnig wie liebevoll

Die Erinnerung an schlechte Zeiten
Den Konkurs und wie blind er war
Sie zum Abschied nicht zu küssen
Sondern sich zu lieber zu erklären

Als müsse er sich entschuldigen
Warum er besser nun ginge statt
Ihre warmen Worte aufzugreifen
Wie es ganz sein Gefühl war

Eine fein beobachtete Geschichte
Die viel über das Verhältnis von
Frauen und Männern erzählt wie
Gesagtes und gemeintes offenbart

Ein immer liebevoller Erzähler der
Ganz bei seinen Figuren ist ohne
Sie bloßzustellen oder zu beurteilen
Der feine Flaneur bleibt Beobachter


Nach der kleinen auch romantischen
Geschichte tauchte ich wieder in die
Geschichte der Romantiker in Jena mit
Andrea Wulfs Fabelhaften Rebellen 

Endlich kehrt auch Caroline Schlegel
Nach Jena zurück lang erschüttert vom
Tod ihrer geliebten Tochter ist sie völlig
Frustriert wie ihre Wohnung aussah

Was Friedrich und Dorothea Schlegel
Alles ungefragt mitnahmen als sie 
Endlich auszogen und August Wilhelm
Will lieber erst keine Partei ergreifen

Dies weil Parteilichkeit nicht seine Sache
Wäre aber dann doch Caroline vereidigt
Weil sein Bruder und Dorothea sich wohl
Völlig unmöglich benahmen es wird nervig

Welche Bedeutung diese Kleinigkeiten
Die sicher genau so stattfanden für den
Geist der Romantik haben für den Jena
Eine gewisse Zeit stand bleibt unklar

Zwischen den Romantikern in Jena
Beginnt die destruktive Zwietracht
Die sich an Kleinigkeiten aufhängt
Statt großen Ideen noch zu folgen

Fichte und Schelling zerstreiten sich völlig
Friedrich Schlegel wird hineingezogen vor
Ludwig Tieck von Fichte angeschwärzt
Geistige Enge und Intoleranz wirken

Goethe amüsiert sich von Weimar aus 
Darüber zwischen dem Idealismus des Ich
Und dem der Natur quält sich in anstatt
Ein wenig durch Schellings Werk noch

Während Fichte und Schelling sich nun
Öffentlich bekriegen können auch Caroline
Und Schelling ihre Liebe nur halb ausleben
Weil sie offiziell ja noch verheiratet ist

Schelling lebt mit seinem Studienfreund
Hegel zusammen mit dem er auch noch
Eine Zeitschrift herausgibt doch 1807 kommt
Der nächste Konflikt überraschend auf 

Als Hegel die Phänomenologie des Geistes
Veröffentlicht zeigt sich vieles plötzlich als
Völlig unvereinbar und die Hochburg der
Romantik scheint sich zu zerstreiten

Ob dies am unklaren Geist der Romantik
Mit seinem Schwerpunkt im Gefühl lag
Das es jeder Vernunft schwer macht liegt
Für hier Philosophen nur scheinbar fern

Der Blick auf alltägliche Kleinigkeiten
Zeigt die Güte einer Denkweise die am
Normalen dann gerne scheitert weil sie
Etwas ganz Besonderes sein wollte

Nah kam mir keiner von diesen geistig je
Im Gegenteil halte ich vieles davon eher
Für geistige Brandstiftung der folgenden
Flächenbrände von Marx bis Hitler

Es ist ein Geist der Intoleranz in der
Nur scheinbar freien Welt der Romantiker
Die Liebe und Gefühl folgten ohne den
Kategorischen Imperativ zu verinnerlichen

Wo sie wie Hegel anmaßen meinten
Kant zu Ende und weiter gedacht zu
Haben wird es besonders peinlich
Wenn nur romantische Ideen bleiben


Mit Thomas Mann auf dem Zauberberg
Ein wenig in Hans Castorps Gedanken
Über den Wert der Regelmäßigkeit dort
Im Sanatorium weiter nachgedacht

Was ihn zu Hofrat Behrens noch führte
Wie dessen Weg vom Angehörigen der
Witwer wurde und unklar ob dabei selbst
Infiziert zumindest auch verfärbt scheint

Schaute er sich den Kopf des Arztes an
Könnte er an ähnlichen Zuständen wie
Er selbst leiden denkt sich Hans wieder
Noch als Tourist in der Liegekur dort

Wie es Thomas Mann hier gelingt die
Stehende Zeit im Nichts über viele
Seiten auszudehnen mit Gedanken
Zeigt wirklich den großen Erzähler

Dabei wird die thematische Nähe
Zu Prousts la recherche spürbar
Auch wenn beide nichts voneinander
Wie dem jeweiligen Projekt wussten

Während Einstein die Zeit relativierte
Philosophen das Sein infragestellten
Wurde diese Frage zu Literatur die
Das Gefühl für Zeit in uns aufhebt

So ist der Zauberberg weit mehr als
Ein Roman auch ein Lebensgefühl
Was Zeit relativiert wie mir ihr sehr
Gekonnt immer wieder dabei spielt

Dies in den Längen zu erspüren
Wie die Ironie jenseits der Rituale
In den Figuren zu erkennen gibt
Dem Werk Größe wie Tiefgang

Eine Krankenhausgeschichte über
Hustende Patienten die sich in den
Bergen durch die Aufhebung der Zeit
Erholen und damit heilen sollen

Wie dehnt sich die Zeit für Hans der
Seine ersten zwei Wochen vollendet
In die letzte kommt und sich dabei
Ganz in den Rhythmus dort einfügt

Dies aus Eigeninteresse um seine
Seltsame Liebesgeschichte mit der
Wiedergängerin seiner Knabenliebe
Pribislaw Claudia Chauchat zu leben

Die er andererseits vor sich leugnet
Nicht ernster nimmt als einen eben
Urlaubsflirt der bald wieder endet
Verlöre er sich nicht noch in der Zeit

jens tuengerthal 7.11.24

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