Dienstag, 19. November 2024

Lektürentagebuch 18.11.24

Lektürentagebuch 18.11.24

Welch wunderbarer Herbsttag war das
Habe ihn bestmöglich wohl genutzt
In vier wunderbaren Büchern gelesen
Egon Friedell und dreimal Thomas Mann


Begonnen mit Egon Friedell in dessen so
Großartiger Kulturgeschichte der Neuzeit
Über Moden und ihre rasanten Wechsel der
An Beispielen beschrieben wird welche uns

Leser die manche Moden schon erlebten
Gerne lächeln lassen weil sich doch so
Manches was uns ganz einmalig schien
Nur wiederholt um ganz modisch zu sein

Spannend war für den Dichter auch der
Beginn einer Ordnung deutscher Dichtung
Wie der Vereine zur Pflege des Deutschen
Mit ihren teils seltsamen Anwandlungen

Auch dabei erinnert manche Diskussion
Über die Reinhaltung deutscher Sprache
An Wiederholungen der Gegenwart auch
Versuche und Sprüche ähneln sich dabei

So erzählt Friedell auch der Gründung
Der Fruchtbringenden Gesellschaft die 
Palmenorden genannt wurde mit dem Motto
Alles Zu Nutzen die deutsche Sprache pflegte

Sie wurde 1617 von fünf Fürsten in Weimar
Gegründet am 24. August der eigentlich der
Gedenktag der Batholomäusnacht war doch
Blieb es bis 1680 über den Krieg noch dabei

Eines ihrer Mitglieder wurde später auch der
Dichter Martin Opitz den wie Friedell meinte
Kein Dichter ernst nahm der aber das erste
Regelbuch deutscher Dichtung schrieb

Sie glich den Renaissance Akademien
Hatte Elemente von Ritterorden einer
Bruderschaft der Sprachwächter war
Gelehrtengesellschaft und literarischer Verein

Darüber spottet Friedell ein wenig aber
Erkennt auch die Bedeutung von deren
Arbeit für die deutsche Sprache an auch
Wenn kaum einer ihre Regeln befolgte


Von der kulturhistorischen Lektüre aus dem
Barock ging es zur Heinrich Breloers Buch
Ein tadelloses Glück über Thomas Mann als
Mensch und Liebender was sich bemüht

Über seine auch homosexuelle Neigung als
Erzählung einfühlsam aufzukären worüber
Thomas selbst genug schon andeutete in
Seinen Romanen und Erzählungen

Was aufmerksame Leser lange erkannten
Große weitere Überraschungen gibt es nicht
Außer die Versuche die Tiefe seiner Gefühle
Für einzelne Herren noch zu beschreiben

Im heutigen Kapitel ging es darum wie
Thomas Mann die Buddenbrooks verpackt
Von denen es nur ein Exemplar tatsächlich
Gab versiegelte und sich dabei verbrannte

Breloer beschreibt das sehr einfühlsam
Auch die Nutzung des Siegelrings mit
Dem riesigen Mann darauf der einen
Baum und einen Mensch hochhält

 Während er sich noch rasiert kommt
Sein Schwarm Paul vorbei der ihm die
Brandblase vom Siegellack aufsticht wie
Ihn notdürftig verbinder der aber kaum

Glauben kann wie dies einzige Exemplar
An Samuel Fischer gesendet wurde
Es aber mit zur Post bringt wie mit seinem
Freund die Apotheke noch aufsucht

Es ist nett solche kleinen Anekdoten aus
Dem Leben eines großen Autors zu lesen
Wie seine mir nicht unähnliche gewisse
Ungeschicklichkeit im handwerklichen

Als Verehrer liebevoll zu belächeln die
Thesen zu seiner Homosexualität sind
Bekannt und erschöpfend bereits durch
Den Autor selbst besser behandelt

Wer Thomas Manns inneren Kampf um
Seinen Weg verstehen will lese lieber
Den Tonio Kröger den Tod in Venedig
Oder auch den Zauberberg das genügt

Mehr als dort beschrieben ist auch real
Vermutlich nie passiert und die große
Emotionale Aufregung wurde Literatur
Dies auszuwalzen passt nicht zu Mann

Sex ist ein wunderbares Thema aber
Bei Thomas Mann gibt es dazu nicht
Mehr zu sagen als er selbst schrieb
Alle Versuche enden eher peinlich

Im Gegensatz zu seinen Söhnen hat
Der Vater seine Neigung nie ausgelebt
Doch sie auch nie geleugnet sondern
Selbst zu Literatur schon gemacht

Besser als Thomas Mann selbst wird
Kein Autor dies je beschreiben können
Neue Details sind dabei völlig egal
Weil der Autor selbst alles uns sagte

Welche Aufklärung es dazu noch
Bräuchte bleibt dem Leser Manns
Immer rätselhaft und insofern er
Vater seiner Kinder unbestritten war

Ist jede weitere Diskussion hier keine
Aufklärung sondern Verunklarung wer
Thomas Mann verstehen will soll ihn
Lesen und sich einfühlen da steht alles


Darum schätze ich auch Dieter Borchmeyer
Mit seiner tollen Biografie unter dem Titel
Thomas Mann Werk und Zeit so sehr die sich
Konsequent am Werk lieber nur orientiert

Dies mit weitem Blick über das gerade
Besprochene Werk als Kenner hinaus
Aber bei der Sache des Autors bleibend
Statt indezenter privater Spekulationen

Las über den Musikautomaten oder auch
Musiksarg wie Hans Castorp ihn nannte
Im Zauberberg und seine Beziehung zur
Musik die Hans so liebte und verehrte

Wie Hofrat Behrens dieses Gerät als
Schattenfürst für die deutsche Seele
Wie Mann ihn sagen lässt up to date
Anschaffte als gute deutsche Technik

Mann hat wie Borchmeyer erläutert
In seinen Exikreden auf die gefährliche
Verbindung im Deutschen von seelischer
Altertümlichkeit und moderner Technik

Hingewiesen welche Nationalsozialisten
Gerne und intensiv nutzten in denen der
Nationalsozialismus als Stimmung wurzelte
Was fast wie Laptop und Lederhosen klingt

Auch wenn wir nicht wissen was der bis
Zur Vertreibung Münchner Mann dazu
Wohl gesagt hätte ist es eine Art von
Technisierter Romantik im deutschen Gemüt

Erstaunlicherweise findet sich in der neuen
Maschine kein Wagner sondern viel eher
International bekannte Komponisten also
Französisch und italienisch noch mehr

Dies entspricht dem eher internationalen
Publikum des Berghofs gut und erspart
Die Auseinandersetzung mit diesem von
Mann verehrten Künstler der ihn inspirierte

Doch klingen dessen Urszenen auch etwa
Durch Aida oder in Debussys preludes an
Dieser übernimmt die Rolle von Wagners
Waldidyll aus dem Siegfried wobei hier

Die Antike Idylle der Sagenwelt entspricht
Hans Zauberberg Existenz als bereits
Völlig losgelöst im selben Zustand einer
Zeitloser Unschuld beschreiben

Dies überbietet noch Carmen von Bizet
Als Anspielung im Verhältnis zu zu
Peeperkorn über die Liäson mit Clawdia
Die sie auf ihre Art beide vererhten

Wie Pepperkorn in Andeutungen wohl
Eher nicht was möglicherweise eines
Der Motive seines Freitodes durch den
Dramatischen Ring aus Sumatra war
 
Gounods Faust dagegen fungiert als
Erinnerung an seinen beim Eintreffen
Des Automaten bereits verstorbenen
Vetter Joachim durch das Lied des

Valentin wird später noch der Geist
Joachims bei der okkulten Sitzung
Heraufbeschworen bis Hans das Licht
Einschaltet in Settembrinis Sinne hier

Dies obwohl der Humanist der Musik
Eher kritisch gegenüberstand als einer
Emotionalen Verführung der Vernunft
Die den Menschen willenlos mache

Musikalischer Höhepunkt für Hans ist
Der Lindenbaum also das alte Volkslied
Am Brunnen vor dem Tore dabei bilden
Die Gedanken dazu nach Borchmeyer

Die Essenz des Romans in der dort
Sympathie mit dem Tod und das Lied
Verbindet Wagner und Bismarck also
Romantik und imperiale Wirtschaft 

Beide spiegeln sich im Lindenbaum
Aus dem deutschen Musikautomaten
In der Fülle des Wohllauts was seinen
Höhepunkt im Weltfest des Todes findet

Also im 1. Weltkrieg mit dem der
Roman endet indem Hans Castorp
Vermutlich wie so viele andere stirbt
Was offen bleibt wie damit das Ende


Am Ende noch den Meister selbst
Gelesen also im Zauberberg über
Die Verbindung von Technik und
Sittlichkeit durch Settembrini

Wie Christus die Gleichheit als
Erster offenbarte was aber durch
Die französische Revolution zum
Allgemeines Gesetz wurde 

Dies scheint Hans als Verbindung
Eher konfus beim Vergleich der drei
Revolutionstage 1830 mit den sechs
Der Schöpfung haut Hans auf den Tisch

So sehr sich da Widerstand in ihm regt
So wichtig ist ihm doch der Lehrer
Settembrini als noch Urlauber in Davos
Der den Berghof nur kurz besucht

Bis dann aus den drei Wochen die
Der frisch examnierte oder diplomierte
Ingenieur so plante sieben Jahre werden
Ziehen noch einige Seiten ins Land

Den Zauberberg aufmerksam lesen
In Andeutungen Welten entdecken
Wie das große Theater was Mann
Hier inszeniert bewundern tut gut

Wenige Seiten offenbaren dabei
Mehr als ganze Kapitel anderer
Die nie diese Schönheit erreichen vom
Weiter gedachten Inhalt zu schweigen

Diese abgesonderte Welt in den
Schweizer Bergen in der sich die
Lungenkranken finden dem Tod
Zu entkommen spielt mit diesem

Es sind existenzielle Geschichten
Die direkt am Abgrund spielen wie
Ihn unsere Welt im Umbruch nun
Gerade wieder erleben muss

Im Ersten Weltkrieg implodiert die
Welt die Mann noch fein beschreibt
Millionen verlieren ihr Leben infolge
Die größere Katastrophe droht dann

Begonnen vor dem großen Krieg
Noch vom nationalen Geist getragen
Vollendet er ihn als geläuterter nun
Demokrat in der Weimarer Republik

Settembrini der Humanist als armer
Besserwisser wird vom Besserwisser
Zum weisen Lehrer der menschlicher
Bleibt als es ein Naphta je war

Es ist diese Wandlung spürbar im
Ende wie im Schneekapitel mehr
Noch als Hans die spirituelle Sitzung
Mit einem Lichtschalter platzen lässt

Damit ist der Zögling des Humanisten
Wie Freimaurers Settembrini der also
Ein Lichtsuchender war selbst zum
Vernünftigen Aufklärer geworden

So bringt er Licht in dunkle Momente
Geistererscheinungen damit auflöst
Zeigt was er gelernt hat damit zum
Westlichen Humanismus sich bekennt

Gegen dunkle östliche Mystik sich wendet
Einen Naphta sich erschießen lässt was
Den Geist der Aufklärung überleben lässt
Statt sich in Gefühlen nur zu verlieren

jens tuengerthal 18.11.24

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