Lektürentagebuch 10.11.24
Die Sonntagslektüre in drei ganz
Wunderbaren literarischen Bänden
Machte das Diwanbett zum Paradies
Von Indien über Berlin nach Davos
Es begann im Papageienbuch mit der
VII. Erzählung wie die bewachte Gattin
Auf die ihr Gatte ihrer Schönheit wegen
Scharf aufpasst einen Liebhaber gewinnt
Wie sie als sie endlich über viele Tricks
Mit ihm im Bett landete weil er als ganz
Plötzlich erschienener Verwandter noch
Von Mutterseite ausgegeben wurde
Feststellen muss dass er sich nicht traut
Zu schüchtern ist sich der Lust die in ihr
Schon mit heller Flamme lodert hinzugeben
Trotz aller Schönheit zu schüchtern ist
Was sie dann anstellt um dessen
Schüchternheit zu überwinden ist
Wunderbare Schelmengeschichte
Mit unglaublichen Täuschungen
Sie dazu sogar noch ihren Ehemann
Zu Hilfe ruft der dies ahnungslos tut
Wie schnell wieder verschwindet um
Seinen Schlaf nicht stören zu lassen
Wie es der wunderschönen Frau
Gelingt den Brahmanen zu verführen
Damit am Ende beide einander lustvoll
Genießen ist sehr fein dazu erzählt
Eine kleine Gaunerkomödie bei der
Die Frau vor über tausend Jahren in
Indien ihren Liebhaber sich aussucht
Wie mit großem Schauspiel gewinnt
Wie wahr diese Geschichte auch ist
Die der Papagei der Prinzessin als
Ermahnung erzählt was ihr drohte
Wenn sie nicht genauso klug wäre
Zeigt sie doch eine Sexualmoral
Wie ein Geschlechterverhältnis mit
Selbstbewusster weiblicher Sexualität
Wie dem klugen Betrug noch dazu
Die im christlichen Europa noch
Lange zu verpönt war in einen
Literarischen Kanon aufgenommen
Als Vorbild weiblicher Freiheit dazu
Inwieweit ohnehin Frauen immer
Entscheiden was passiert und wie
Die eigentlichen Verführer sind die
Ahnungslose Männer sich wählen
Wäre eine andere Geschichte die
Sicher erzählenswert auch ist
In Zeiten von mee too aber wohl
Wenig öffentlichen Zuspruch fände
Vielleicht manche als Provokation
Gar empfänden was dem Flaneur
Hier völlig fernliegt der bloß als
Leser Beobachtungen berichtet
Ohne männliches Fehlverhalten hier
Je verharmlosen zu wollen oder die
Vergewaltigungen zu legitimieren ist
Dieser Gedanke nicht unwichtig um
Das wechselseitige Verhalten besser
Verstehen zu können nicht ständig
Deutliche Signale naiv zu übersehen
Weil es gut nur gemeinsam wird
So zeigt diese kurze Geschichte viel
Was das klassische Frauenbild in den
Von der unsäglichen Geschichte von
Adam und Eva geprägten Kulturen
Lange prägte und völlig verkehrte
Eine primitive Sexualität die dem
Missbrauch eher glich förderte was
Produkt kirchlicher Sexualmoral war
Dies zementierte einen patriarchalen
Blick auf weibliche Sexualität wie ein
Verhalten das ihr zugeschrieben wurde
Was fern der Realität immer war
Wie lange blieb weibliche Sexualität
Ihre Wege und Wirkungen dabei noch
Unerforscht während männliche in
Schliche Schemata gepresst wurde
Dies betreffend waren die Inder vor
Weit über tausend Jahren weiter
Auch wenn anderes rückständig
Religiös noch bis heute blieb
Davon zu lernen um zu einer
Gemeinsamen Sexualität zu finden
Statt nur Rollenmuster zu erfüllen
Allein könnte die Lektüre lohnen
Boccaccio nahm einige der so
Wunderbaren Geschichte aus
Dem Papageienbuch anonym
Also gestohlen im Decameron auf
Manche der erotischen Geschichten
Aus der italienischen Renaissance
Lassen diesen Geist noch anklingen
Wie ihn auch die Römer einst pflegten
Amerikanischer Puritanismus wie die
Reformation in Europa mit ihrem teils
Absurden Bild von der Sexualität und
Die katholische Gegenreformation
Haben viele dies verlieren lassen
Sich davon zu emanzipieren könnte
Dem Sex wie der Gleichberechtigung
Also Vergnügen und Recht gut tun
Von den Problemen dabei erzählt mit
Feiner einfühlsamer Sprache wieder
Franz Hessel in der Kurzgeschichte
Ein Liebhaber der Wirklichkeit die
Ein rührender Abschiedsbrief an den
Bruder in Heidelberg vom geflohenen
Jüngeren ist der sich ihm so erklärt
Auch in Fragen die Liebe dabei
Nach Klagenfurt trieb es ihn was
Schon fast sprichwörtlich klingt
So auch gelesen werden kann
Was auch liebevoll lächeln lässt
Warum er einfach anders ist
Aus der Situation fliehen musste
Weil des Bruders Bemühen dabei
Ihn weiter von sich entfernte
Es ist eine wunderbare Geschichte
Über die Liebe in Briefform mit einer
Überraschenden Wende am Ende
Die vieles anders scheinen lässt
Hessels feinfühliger Blick als Flaneur
Auf das Liebesleben der anderen
Also auch andere Sexualität für die
Normal nie passte ist aufmerksam
Wie sich die Ungewöhnlichen dann
Ihren eigenen Weg suchen findet
In der nötigen Flucht seinen Ausdruck
Der ohne Urteil einfach beschreibt
Gerade erst gegen langen Widerstand
Wurde auch hier die Gleichbehandlung
Aller sexuellen und geschlechtlichen
Neigungen endlich auch Gesetz
Ob der Staat erlauben darf was
Die Natur alleine will oder tut
Wäre eine weitere spannende Frage
Die totalitäre Staaten auszeichnet
Für Homosexualität etwa gab es
Hier lange den § 175 StGB der
Sexuelle Neigung bestrafen wollte
Was in einer Demokratie absurd ist
Andere totalitär oder religiös noch
Stärker geprägte Weltregionen sind
Bis heute noch fern von dieser so
Wichtigen Form der Gleichberechtigung
Damit keiner mehr fliehen muss um
Sein oder oder ihr Leben entsprechend
Der eigenen Natur leben zu können
Sind noch weite Wege zu gehen
Überwindung des stets schädlichen
Aberglaubens der sich Religion nennt
Wäre ein wichtiger Schritt dabei der
Von der erfundenen Seele befreite
Diese angeblich unsterbliche Idee
Eines Geistes jenseits der Natur
Ist wichtigste Sklavenhalterin bis
In unsere gläubige Gegenwart
Franz Hessel hat durch diese so
Fein wie aufmerksam erzählte
Geschichte darauf hingewiesen
Was die Lektüre schon lohnte
Wie Franz Hessel dies auch
Literarisch so gekonnt gelingt
Mach den großen Flaneur bis
Heute so liebens wie lesenswert
Am Ende ging es nach Davos wo
Thomas Mann im Zauberberg vom
Revolutionären poetischen Großvater
Settembrinis humorvoll erzählt
Was dieser alles miterlebte wie welch
Große Rolle er in der italienischen
Revolution zur Einigung unter dem
Legendären Garibaldi spielte
So fern dem feinen Hanseaten der
Aufruhr wie die Revolution auch ist
Versteht er die Sehnsucht sich zur
Nation zu bilden wiederum gut
Catorps Familie gehörte lange zur
Führungsschicht der Hansestadt
Waren sicher keine Revolutionäre
Nationales Denken jedoch versteht er
Wichtig dabei die Gedanken von
Hans Castorp der beide einerseits
Entgegengesetzt als konservativ
Wie aller revolutionären Ideen fern
Soweit es seinen Großvater betraf
Dafür beide ganz konsequent
Schwarz trugen als Ausdruck auch
Von Wesen ihrer Überzeugungen
War es bei Settembrinis Großvater
Noch ein revolutionärer Akt der um
Das uneinige Italien trauerte welches
Österreich noch teilweise regierte
Ist es bei Castorps Großvater der
Protest gegen Neuerungen wie
Das Beharren auf alte Traditionen
Also auch eine Art von Widerstand
Sie tun beide das gleiche als eine
Form von Widerstand verbunden
Mit der Hoffnung auf etwas das der
Wirklichkeit gerade relativ fern lag
Mann erzählt dies mit feinem Blick
Auf seine Protagonisten wie der
Humanist Freimaurer und stolze
Italiener Settembrini sich auf die
Tradition seiner Vorfahren noch
Voller Stolz beruft die auch
Castorp ebenso gerne pflegt
In der er sich dabei stehen sieht
So bleiben sie gelegentlich noch
Länger an der Tafel sitzen während
Die Saaltöchter um sie aufräumen
Raucht er seine Maria Mancini
Die ihm bei diesen Gelegenheiten
Sogar ein wenig schmecken kann
Wie er es zuhause gewohnt war
Als rauchender Traditionalist
So sind Settembrinis stolze Reden
Von der Revolution wie seinem
Großvater und den Humanisten
Eine Pflege der eigenen Tradition
Beide sind sich so zeitgleich nah
In dem was sie pflegen obwohl
Entgegengesetzt im Ziel wird die
Blickrichtung dabei entscheidend
Diese feinen Gedanken zu Nähe
Wie Ferne von Thomas Mann im
Zauberberg sind neben dem großen
Literarischen Vergnügen auch
Eine Philosophie der Toleranz die
Miteinander so erst ermöglicht mit
Blick auf Gemeinsamkeiten statt
Auf scheinbare Gegensätze nur
Das macht den Zauberberg so groß
Die Verbindung vom unterhaltsamen
Wie ironischen Roman mit feinem
Figurentheater dabei als Basis auf
Die Kulturgeschichte und Philosophie
Die sich noch in sich mit dem Geist
Ihrer Zeit kritisch auseinandersetzt
Gekonnt noch geschrieben wird
jens tuengerthal 10.11.24
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