Montag, 3. Juni 2013

Noch ganz dicht? Zur Poetologie der Moderne zwischen Ästhetik und Selbstfindung



Noch ganz dicht?

Zur Poetologie der Moderne zwischen Ästhetik und Selbstfindung



»The experience of a poem is the experience both of a moment and of a lifetime.« (Die Erfahrung eines Gedichts ist die Erfahrung eines Augenblicks und gleichzeitig die eines ganzen Lebens)
(T.S. Elliot)


„In der dichtung – wie in aller kunst-bethätigung ist jeder der noch von der sucht ergriffen ist etwas "sagen" etwas "wirken" zu wollen nicht einmal wert in den vorhof der kunst einzutreten.“
(Stefan George, Blätter für die Kunst, Folge 2, Bd. 4, 1894, Oktober, S. 122.)


"Ein Gedicht entsteht überhaupt sehr selten – ein Gedicht wird gemacht."

„Ich verspreche mir nichts davon, tiefsinnig und langwierig über die Form zu sprechen. Form, isoliert, ist ein schwieriger Begriff. Aber die Form ist ja das Gedicht. Die Inhalte eines Gedichtes, die hat ja jeder, aber Lyrik wird daraus nur, wenn es in eine Form gerät. Eine isolierte Form, eine Form an sich, gibt es ja gar nicht. Sie ist das Sein, der existentielle Auftrag des Künstlers, sein Ziel."

"Artistik ist der Versuch der Kunst, innerhalb des allgemeinen Verfalls der Inhalte sich selber als Inhalt zu erleben und aus diesem Erlebnis einen Stil zu bilden, es ist der Versuch gegen den allgemeinen Nihilismus der Werte eine neue Transzendenz zu setzen: die Transzendenz der schöpferischen Lust.“

„Im Grunde also meine ich, es gibt keinen anderen Gegenstand für die Lyrik als den Lyriker selbst.“
(Gottfried Benn in Probleme der Lyrik, am 21.4.1951 in Marburg gehaltener Vortrag)


„Die Metaphern sind völlig verschwunden, die Worte haben jede Verkleidung, Verhüllung abgelegt, kein Wort fliegt mehr einem anderen zu, berauscht ein anderes. Nach einer schmerzlichen Wendung, einer äußerst harten Überprüfung der Bezüge von Wort und Welt, kommt es zu neuen Definitionen.“
(Ingeborg Bachmann in ihrer 2. Frankfurter Poetikvorlesung)


„Je größer der Druck, dem das Gedicht sich ausgesetzt sieht, desto schärfer drückt es diese Differenz aus. Sein politischer Auftrag ist, sich jedem politischen Auftrag zu verweigern und für alle zu sprechen noch dort, wo es von keinem spricht, von einem Baum, von einem Stein, von dem was nicht ist.“

„Das Gedicht, das sich, gleichviel ob aus Irrtum oder Niedertracht, verkauft, ist zum Tode verurteilt.“
(Hans Magnus Enzensberger)


„Im Universum der Psychen, dem wir trotz aller technischen Fluchtversuche immer noch angehören, ist sie [die Poesie] das einzige Navigationsinstrument, das durch die laufenden Katastrophen leitet, auch wenn sie niemals aus ihnen herausführt“
(Durs Grünbein. Werkstatttagebuch, Das erste Jahr)

"Es gibt keine literarischen Manifeste mehr"
(Durs Grünbein, Vom Stellenwert der Worte, Frankfurter Poetikvorlesung 2009)


Da stehen wir nun, haben nichts und wissen kaum weiter – vielleicht sollten wir uns fragend dem Ziel nähern, statt Etwas nur die Suche als Ziel betrachten – eine Annäherung erstreben, mehr nicht. Dichter sein wollen, ohne zu wissen wie oder was es ist, scheint mehr als schwer – machen wir uns also unter der Hand der Zitierten Größen auf den Weg zu einer Spurensuche, wer nichts weiß, wie ich eben auch, hat zumindest nicht viel zu verlieren dabei, sich die Dinge der Dichtung mal zu betrachten.

Berühmte Dichter vorsprechen lassen, um sich auf dem Weg zu dem zu machen, was Dichtung uns heute sein könnte, hat zumindest den Vorteil beglaubigter Erfahrung, auch wenn wir uns unsere Antworten, auf das, was uns gefällt, und wie wir schreiben wollen, weiterhin selbst geben müssen. Ob diese Worte ein Leitstern sein können oder die Verwirrung nur vertiefen, wird sich vielleicht zeigen, sowenig am Ende im Konsens bleibt, könnten wir eigentlich nach den Worten Grünbeins den theoretischen Versuch beenden, das Feld den Wissenschaftlern überlassen und wie gehabt orientierungslos weiterdichten oder ehrfürchtig verstummen. Weder noch scheint erstrebenswert und so sei zumindest der Versuch gewagt, sich einen Weg zur verdichteten Sprache zu suchen.

Dieser Text, dies sei zur Abschreckung oder Erleichterung aller gesagt, soll den Spaß an der Poetik mit dem Nachdenken über sie erhöhen. Es geht nicht darum ein neues wissenschaftliches Werk zu schreiben, sich in Beweisen zu verlieren, dazu fehlte im übrigen dem hier sudelnden Autor jede Legitimation und Kompetenz, sondern, den Zwischenraum zu nutzen, der sich als denkender Dichter auf die Grenzen seines Könnens stoßend, plötzlich ergibt, wenn ich mich frage, was sind die Maßstäbe meines Dichtens und wie urteile ich über Dichtung heute.


Sind wir noch ganz dicht oder haben wir jedes Maß verloren?

Hat die Dichtung noch eine Form oder ein Handwerk und was sagt uns dieses heute, war der Anfang der Fragen, die sich ein Schreibender bei dem Versuch stellte, Maßstäbe für sein Tun zu finden. Weitere Fragen brandeten bei der Beschäftigung mit dem Thema auf und suchten als Schreibender und als Leser nach Antworten.

Gelten noch Regeln nach dem Aufbruch in die Moderne, ist der Inhalt wichtiger als die Form und wenn ja, warum dann noch Poesie und nicht Prosa, wenn die Regeln alle fielen?

Wie unterscheide ich gute von schlechter Dichtung, wo beginnt die Kunst und wie lange ist es nur Reimerei oder gefühliges Gerede?

Wie schließlich vermittele ich Schülern ein Lehrplan taugliches Wissen von einer Dichtkunst, die sich noch wandelt und im Wachstum begriffen ist?

Was lehren die Universitäten in der Poetologie, wie kann der Versuch der Größe erlernt werden in heutiger Dichtung, ist ein Workshop in Poetik noch handwerklich oder geht es eher, wie in einem spirituell angehauchten Yoga Kurs darum, die Worte in sich zu fühlen und zum Schwingen zu bringen, geht es gar um inhaltliche Schwerpunkte, was ist angesagt und warum?

Wovon gehen wir aus und wo führt der Weg hin?

“Die Poetik ist die Lehre von der Dichtkunst und die Poetologie ist die die dazugehörige Wissenschaft“, können wir in Lexika lesen und finden dieses herrschende Wissen weit verbreitet als abschließend, auch wenn es nur neue viel komplexere Fragen aufwirft.

Wie dicht ist die Dichtung und wenn ja worüber?

„Die Dichtungstheorie setzt sie sich theoretisch mit dem Wesen der Dichtung, mit ihrer Wirkung, ihrem Wert, ihren Aufgaben, ihren Funktionen, ihren spezifischen Ausdrucksmitteln und ihren poetischen Gattungen auseinander.“

Klingt wissenschaftlich, ist also vielleicht dem Thema gemäß, nur nicht der Art und Weise meines Schreibens und des verkündeten Anspruchs hier. Es fragt sich nur, ob ein so komplexer Satz mit so dichten Aussagen nicht von vornherein zerteilt werden sollte, um ihn lesbarer, verständlicher und der Größe des Inhaltes gemäß zu behandeln, wir also einfach Punkt für Punkt vorgehen, diesen Bereich zu durchleuchten und der Dichtung einen Rahmen zu geben, in dem sie so orientierungslos wie kreativ bleiben kann.

Stellen wir also obige Frage zum Thema der Dichte in der Lyrik, zur Fülle der Sprache im Wohllaut einen Moment zurück, um uns mit den Themen auseinanderzusetzen, die dort aufgeworfen wurden.


Wesen der Dichtung

Wesen ist die Essenz von etwas oder jemand, dass nach dem wir mit der Frage, was es ist, suchen. Dann könnte die Essenz der Dichtung zumindest die verdichtete Sprache sein, wobei wir uns bei rein lautmalerischen oder buchstabenbildnerischen Gedichten fragen könnten, was hier verdichtet wird an sprachlichen Inhalten, sofern die Inhalte überhaupt noch entscheidend sein können, es um sie geht. So sie keine Rolle mehr spielen, bliebe vom Wesen an sich nur die Verdichtung und das klingt zumindest so, als enthielte es rein sprachlich alles, was Dichtung ausmacht.

Wer heute die Dichtung googelt, kann sich freuen zumindest noch den künstlerischen Schaffensprozess an erster Stelle zu sehen und nicht die Abbildung von Gummiringen, die dann ab Platz 2, überhand über die Lyrik in Deutschland übernehmen, wobei ich mich natürlich fragen muss, ob das nicht sogar an der Personalisierung von Google liegt, die mich schon so gut kennen und also die kleine Freude dem fernen Grauen weichen müsste, was wohl der Rechner meines heimwerklich und handwerklich gerne tätigen Nachbars so zum Besten gäbe, aber lieber freue ich mich noch an der so geglaubten Bedeutung der Dichtung.

Als Dichtung bezeichnet man übrigens in der Technik Elemente oder Konstruktionen, die die Aufgabe haben, ungewollte Stoffübergänge von einem Raum in einen anderen zu verhindern bzw. zu begrenzen, wie wir beim weiterlesen erfahren können und was uns zu interessanten inhaltlichen Gedanken zur Dichtung im allgemeinen veranlasst – will die Lyrik nicht das genaue Gegenteil, indem sie den Geist für Worte öffnet und so Stoffübergänge inhaltlich ermöglich, Bedeutung vervielfacht?

Aber das ist vielleicht schon eine Frage der Wirkung und des Inhaltes, womit wir schon beim nächsten Punkt wären, was die Konzentration förderte und zu weite Abirrungen verhinderte, wären wir uns klar, was Lyrik nun eigentlich ist, da dies zumindest bei mir nur beschränkt der Fall war, konnte ich da noch mit Sicherheit sagen, ich wusste, was ich tat, wenn ich Sprache verdichtete, wusste etwas vom Wesen der Dichtung oder stotterte ich blind, bevor ich mich etwas mehr im Detail fragte, was ich tat?

Lyrik gehört neben der Epik und der Dramatik zu den drei Gattungen der Literatur. Der Begriff Lyrik stammt vom griechischen "Lyra" = Leier, bzw. lyrikós ab. Letzteres bedeutet "zum Spiel der Lyra gehörend, mit Lyrabegleitung". Ursprünglich waren damit Gesänge gemeint, die mit der Lyra begleitet wurden, denn bei den Griechen bestand Lyrik vorwiegend aus Festdichtung im eigentlichen Sinn, d. h aus Liedern, die zur Leier (Lyra) gesungen wurden, und aus Chorliedern", was in Zeiten des Rap oder der Poetry Slams eine spannende Wiederauferstehung findet und so hat jede Zeit ihre lyrischen Lieder und es wäre vermutlich falsch aus dem eigenen melodischen Empfinden einen Wert ableiten zu wollen und nur weil ich so unmusikalisch wie Thomas Buddenbrook bin, muss mir ja die Musik der Sprache nicht fernliegen, die Melodie der Buchstaben unhörbar bleiben, lassen wir das also als nicht mein dichtendes historisches Faktum stehen, und schließlich singe ich ja auch gern, insbesondere, wenn es niemand mit tonalen Ansprüchen hört, ob diese irrelevanten Neigungsfragen nun etwas zur Dichtung verraten sei dahingestellt, ihr auftreten könnte aber zumindest ein Indiz dafür sein, dass es auch irgendwie eine Frage des Gefühls ist. Allgemein ist Lyrik alles in Gedichtform Geschriebene und Überlieferte. Die lyrische Form ist meist kurz, eine Gliederung erfolgt in Versen und Strophen und manchmal gilt das bis heute und die Schnittstellen sind überraschend.

Die Zuordnung eines literarischen Werkes zur Gattung Lyrik lässt sich nicht auf rein formale Elemente reduzieren. So ist Lyrik nicht unbedingt an den Reim und eine bestimmte rhythmische Gestaltung gebunden. Das Vorhandensein eines strukturierenden Versmaßes und/oder eines Reims wurde zwar bis ins 20. Jahrhundert bei der Identifizierung eines lyrischen Textes angenommen, moderne Texte arbeiten jedoch auch mit freien Versen und mit freien Rhythmen. Es geht um die Form, aber die Form ist nur ein bedingt tauglicher Maßstab zur Abgrenzung wir schweben also weiter ohne etwas konkreteres als das Gefühl, das ist wohl Dichtung und die finde ich nun gut oder nicht.

Wichtig für die Zuordnung eines lyrischen Textes sind heute die Bildhaftigkeit, besondere sprachliche Ausdrucksmittel, Klangreichtum, Stimmungshaftigkeit und Rhythmusbetontheit, Assoziationsreichtum, sowie das Aus- bzw. Ansprechen von Empfindungen. Was einen weiten Rahmen gibt zur Wertung aber wenig an die Hand gibt.

Der Begriff „lyrisches Ich", der noch vielfach für den Sprecher benutzt wird, ist dagegen von der außergewöhnlich einigen Literaturwissenschaft inzwischen ganz nebenbei überholt worden, ohne dass es schon alle Lehrer mitbekamen. Heute wird allgemein den Thesen des Literaturwissenschaftlers Dieter Burdorf (geb. 1960), der in seinem Buch „Einführung in die Gedichtanalyse“ (1997 ff.) eindringlich vor der Verwendung dieses Begriffs warnt. Das ICH im Gedicht ist lediglich ein „artikuliertes“, denn hinter diesem ICH verbirgt sich nicht der Autor des Textes, sondern eine Instanz, die der Autor zwischen sich und den Text stellt. Er ist durchaus mit dem Erzähler in Prosatexten vergleichbar, also eine fiktive Figur. Das „lyrische Ich“ wird jedoch sehr häufig mit dem Autor des Gedichtes identifiziert. Meistens bin ich auch ich wenn ich mal ich benutze, aber was weiß ich schon, vielleicht sollte ich mehr ich schreiben und nicht mich meinen sondern es oder sie, die letzte Instanz, dann würde ich mein ich im Text bedeutender und zeitgemäßer machen auch wenn ich dann langsam hinter dem so transzendierten ich verschwände und dabei geht es mir doch selten um mehr als mich, geschweige denn, dass ich von sonst etwas wüsste als mir.

Es gibt eine Vielfalt lyrischer Ausdrucksmöglichkeiten. Lyrik ist sehr traditionsreich in bezug auf Inhalt und Form, etwa in der Formenstrenge des Sonetts. Der Inhalt-Form-Zusammenhang modernerer Lyrik wird oft weitgehend über die Form vermittelt. Die Form der Dichtung kann den Inhalt verdeutlichen. In der konkreten Dichtung (konkrete Poesie oder auch konkrete Literatur) wird das Gedicht sogar oft auf sein reines Sprachmaterial bezogen, auf seine optischen bzw. akustischen Aspekte, auf Wörter, Buchstaben, Satzstrukturen. Womit ich nun weiß, ich kann es auf viele Arten tun, solange ich es tue, kann es auch mehr auf die Form als auf den Inhalt ankommen, wobei sich mir dann die Frage aufdrängt, ob der Inhalt eher formell betrachtet wird oder die Form zum Inhalt wird aber vielleicht klärt sich das ja im Laufe der Suche nach der Poetologie, die mich berührt und mein Schreiben bewegt.


Wirkung

Lyrik hat eine Wirkung auf uns, auch wenn wir sagen, sie hat keine Wirkung und tangiert uns nicht, dann ist diese Haltung bestätigen auch eine Wirkung, zumindest eine widerständige Meinung. Unklar ist noch was für eine und warum. Beruht die manchmal eigentümliche Wirkung von Gedichten darauf, dass sie Gefühle ansprechen, die im Alltagsleben oft zu kurz kommen?

Wirken noch Gedichte, die genau diese Absicht haben, etwa die Verse der Werbung oder die Lieder in Diktaturen, wirkt die Gebrauchslyrik noch lyrisch oder wird sie zur Hure der Absicht dahinter?

Ist die Lyrik eine willige Hure oder nichts als Worte?

Sie ist es sicher und sie wird es in der käuflichen, postdemokratischen Gesellschaft immer mehr, wo es eher um den Marktwert als die Inhalte geht, weil nur, was sich gut verkauft, gut sein kann, der Buchmarkt und sein Marketing zur Größe des Gefallens wird, während sich Monopolisten in Schlachten um die Anteile balgen, Übernahmen tarnen und sich im staatlichen Schutzraum vermeintlicher Freiheit weiter bereichern als machten die globalen Spieler auch einfach nur Bücher wie der Verleger von nebenan. Aber wer wollte etwas dagegen sagen, zumindest manchmal wagen sie noch Lyrik, wer wollte nicht davon partizipieren und wer das Glück hat von einem der Großen verbreitet zu werden, wird sich freuen dürfen, wie weit auch Lyrik sich mit dem richtigen Marketing verbreitet, wie gut die Wirkung auf die eigenen chronisch klammen Kassen ist – aber ist das schon Dichtung oder noch Wahrheit über die Wirkung der Lyrik im Zeitalter der Messbarkeit der Qualität, sind wir da nicht schon beim falsch verstandenen Wert?

Wert

Hat die Lyrik noch einen Wert jenseits des messbaren Marktanteils und wenn ja, wie messen wir ihn, fragt sich bei der Wertanalyse neuer Dichtung im multimedialen Zeitalter der Dichter vor dem Berg der angehäuften Worte, aus der Beliebigkeit, denen er gerne ein etwas entgegensetzte.

Einen hohen Wiederkennungswert jedenfalls haben die Verse der Werbung, wenn sie als solche ins Gedächtnis dringen und dort bleiben, erhöhen sie den Marktwert des beworbenen Produktes, all dies ist irgendwie messbar, hat aber wohl weniger mit Lyrik als Literatur zu tun, denn als Gebrauchsgegenstand, fraglich nur, ob das ihren Wert mindert, überlege ich zwischen Markt und Elfenbeinturm ein wenig verwirrt und fragen darum einen zum Wert, der sich damit auskannte, mit dem Elfenbeinturm, dem sphärischen Sein des Dichters und der Selbstvermarktung, der sich dernehmlich so ernst nahm, wie er teilweise bis heute genommen wird, ein kultisches Bild der Wertschöpfung inszenierte. Stefan George meinte das Folgende zum Wert der Dichtung:


Den wert der dichtung entscheidet nicht der sinn (sonst wäre sie etwa weisheit gelahrtheit) sondern die form d.h. durchaus nichts äusserliches sondern jenes tief erregende in maass und klang wodurch zu allen zeiten die Ursprünglichen die Meister sich von den nachfahren den künstlern zweiter ordnung unterschieden haben.

Der wert einer dichtung ist auch nicht bestimmt durch einen einzelnen wenn auch noch so glücklichen fund in zeile strofe oder grösserem abschnitt. die zusammenstellung das verhältnis der einzelnen teile zu einander die notwendige folge des einen aus dem andern kennzeichnet erst die hohe dichtung.


Es geht also nicht um den Sinn, wenn wir vom Wert sprechen, sondern um die Form, die auch nicht formal sondern innerlich erregend eine Unterscheidung ermöglicht, sofern sich im Verhältnis der Teile die notwendige Folge auseinander ergibt. Wem das unklar verwirrend erscheint, irgendwie mehr gefühlig als sachlich, gehört wohl nicht zum hehren Kreis der George Jünger, was aber heute wenig macht, oder gerade, wenn es jenseits aller Logik hellauf begeistert. Mir eher ungläubig glücklichen Menschen fällt tieferes Verständnis da schwer, aber dennoch sollten wir nicht blind sein für die auch reale Wertschöpfung des Geistes dieser Gruppe von irgendwie Geistersehern, zumindest Jüngern.

Ein Wert dieser Werte im Inneren könnte sich bei dem George Jünger Graf Claus Stauffenberg gezeigt haben, als er seinem Gewissen folgte und zum Widerstand schritt, wenn auch erfolglos, äußerte sich der bleibende Wert der lyrischen Gemeinschaft noch in seinen letzten Worten bei der Erschießung im Bendlerblock, als er ausrief, „Es lebe das geheime Deutschland!“ – damit hätten wir einen Ausgangspunkt für lyrischen Wert, nach der wir vielleicht eine neue Skala finden könnten, das Maß der Identifikation – wie wenig dies tatsächlich messbar ist, macht es in meinen Augen nicht unsympathischer. Manchen soll sie sogar noch als Kunst ein Wert an sich sein, ohne alle Nebenzwecke und vor allem jenseits der Alternativlosigkeit, die menschliches Handeln maschinell macht, aber um hier nicht künstlich künstlerisch wirken zu wollen in eingebildeter Anmaßung, soll dies bei der nüchternen Betrachtung der Wertschöpfungskette außen vor bleiben, denn  sich mit der Kunst gemein zu machen ist dem Analytiker der Situation immer fernliegend, raubte er sich doch viel seiner Objektivität.

Aufgaben

Heutige Hauptaufgabe der Lyrik ist ihre Funktion in Werbung, Marketing und zur Unterhaltung etwa im Karneval, denn selten wird so viel gereimt wie in der närrischen Zeit zum Spott, nur ist die Reimerei noch Lyrik oder ist eine Aufgabe der Lyrik auch ihre Abgrenzung als Kulturgut von der bloßen Gebrauchsverseschmiede?

Fragen wir doch noch mal den Elfenbeinturmbewohner George, worauf es ankommen könnte, ob es eine Aufgabe gibt:

Jeder widergeist jedes vernünfteln und hadern mit dem leben zeigt auf einen noch ungeordneten denkzustand und muss von der kunst ausgeschlossen bleiben.

Aufgabe der Kunst könnte es nach Stefan George also sein, einen Teil derer, die darüber nachdenken, auszuschließen, da sofern nicht alles klar und im Denken geordnet ist, es keine Kunst sein könne. Damit wissen wir zwar auch nicht viel über die Aufgabe der Kunst, denn als Ordnungsmacht, die große von kleinen Geistern trennt, nach nicht greifbaren Maßstäben subjektiver Selbstfindung, aber zumindest werden die stringenten Maßstäbe georgischen Denkens deutlich, denn Ausschluss scheint heute weniger Thema zu sein, denn Suche und Frage in der postmodernen und postideologischen Gesellschaft voller Fragezeichen. Eine konkretere Aufgabe lässt sich nicht finden, sowenig wie ein begrenzter Rahmen der Wirkung. Aber eine Art Elitebewusstsein unter den dichtenden Geistern ist doch zumindest ein qualifizierbarer Mehrwert, auch wenn wir damit noch nicht wissen, welche Kriterien dafür erfüllt sein müssen und was wir dafür tun können,  Kunst zu schaffen und nicht nur keine weil wir noch widergeistern,vernünfteln und hadern.

Funktionen

Bei den Funktionen der Dichtung findet der im Netz Suchende sich schnell vollständig von der Technik überrannt, die hier nicht nur die ersten sechs Plätze aller Individualisierung zum Trotz einnimmt, sondern auch nach einem Horaz noch dominant bleibt. Aufgegeben haben wir den Weg hier vertiefende Erkenntnisse zu erlangen, als unter dem inspirierenden Titel „Dichtung mit ewigem Leben!“ nur noch zu erfahren ist, dass Dichtsysteme funktionswichtige Konstruktionselemente aller technischer Produkte sind, wie baumaschinen.de uns verriet.

Nur wer sich wieder auf die griechischstämmige Lyrik besinnt, wird bei den Funktionen fündiger und entdeckt, dass es doch noch Funktionen jenseits funktionaler Beschränkung des dicht seins einer Verbindung geben kann, es der Dichtung nicht nur um die Undurchlässigkeit geht, sondern um neue Gedankenschlupflöcher. Also scheint funktionale Dichtung in Deutschland eher ein technisches denn ein literarisches Problem, damit hier eben alles dicht ist und ob bloß Literatur solches gewährleisten kann, scheint zumindest fraglich.

Die folgenden Funktionen unterscheiden die Sprachzergliederer feinsäuberlich und lassen an die veterinärmedizinischen Termini der Zergliederung beim doch nur Schlachten denken:

Hinsichtlich der referentiellen Funktion gilt, dass Informationsübermittlung bei Lyrik selten eine wichtige Rolle spielt, lassen wir die alten Sagen, die jedoch eher Epen als Lyrik sind, mal außen vor und die Chronisten ihrer Zeit, auch wenn es davon gerüchteweise noch welche unter den Flaneuren geben soll, sind diese doch bis dato eher Einzelfälle denn eine Bewegung und auch dem Flaneur geht es eher um die Vermittlung einer Stimmung als um echte Neuigkeiten – wobei gedichtete Nachrichten vielleicht sogar den Dingen im rasenden Fluss der Zeit mehr Gewicht gäben, als das Faktenstakato, dem die Bürger gerne mindestens ihre tägliche Viertelstunde medial einräumen, als erführen sie noch neues im widergekäuten Medienbrei als Wochenschauersatz. Hier wäre die Frage, ob sich das Volk der Dichter und Denker nun zu dem der Dichtung und Fakten verwandelte, wichtiger ist, was hinten raus kommt oder eben nicht entweicht aufgrund guter Dichtung, denn was oben hinzukommt aber auch das sind noch bloße Vermutungen.
Die emotive Funktion der Dichtung, jedenfalls der in der Lyrik, hat ihre Orientierung auf den Sprecher gewählt, ein „schaut, was er zu sagen hat“ – ist in unserem Volk derer, die so oft besonders paarweise fürchten, nicht ausreden zu können von hoher innerer Bedeutung – ob es für das Schreiben und sein Gewicht bedeutsam ist, kann an dem wenigen kaum geklärt werden.
Bei der imperativen oder persuasiven Funktion wird die Orientierung auf den Empfänger betont, es geht um, immer höchst verdächtig, Beeinflussung und diese Befehle der Besserwisser spiegelten gewiss einen gewohnheitsmäßigen Charakter hier, ob sie geeignet sind eben mehr als Gewohnheit hervorzubringen, scheint zumindest fraglich, denn im Gewohnten zu bleiben, den Charakter zu bestätigen, ist nicht unbedingt innovativ.
Die phatische Funktion oder Kontaktfunktion scheint dagegen von einer gewissen Bedeutung zur Bindung des Lesers, dient sie doch der Aufrechterhaltung des Sprechkontakts mit diesem – wobei, welche Lyrik ist schon diskursiv? – schadet es marketingstrategisch sicher nicht, sich über den Leser schreibend Gedanken zu machen, ob dies nun nach Mehrheiten dazu führt, nur noch populär zu schreiben oder eher sich die eigene Elite zu wählen, bleibt unklar, doch führt es zumindest aus dem Elfenbeinturm hinaus, auch wenn dieser durchaus ein Wert sein kann, es bleibt also zwiegespalten.
Auch die metasprachliche Funktion sollte nicht vernachlässigt werden, geht es doch dabei um die Verständigung über Codes, also die  Klärung des Sinns einzelner verwendeter Begriffe, was die Verständigung enorm erleichtert und der Interpretation unendliche Scheunentore öffnet – wer nutzt sie nicht und wo nicht überall tauchen sie lyrisch gerne auf, schwieriger könnte höchstens werden diese verinnerlichten Sprachteile schreibend bewusst zu reflektieren, aber zu wissen, was wir sagen und wie andere es nennen werden, schadet zumindest nicht.
Am Ende steht schließlich die poetische oder ästhetische Funktion, die  eine „Einstellung auf die Botschaft selber“ bedeutet und die Form der Mitteilung betrifft, hier geht es um das Schöne am dichten jenseits aller Dichtungen, was es zum Besonderen macht und genau hierüber gibt es wieder wenig greifbares zu sagen, wir schwimmen also weiter im relativ luftleeren Raum mit dem Willen zum Guten scheint es aber nicht getan, denn „gewollte“ Dichtung ist noch lange nicht gekonnt. An der ästhetischen Funktion  jenseits aller formalen Wichtigkeiten werden sich also die Geister scheiden, die neuen Größen geboren, wenn wir mal den Aspekt des strategischen Marketing im Buchhandel vergessen, der literarisch vermutlich ähnlich erotisch ist wie der Bestandskatalog eines Dichtungslieferanten und damit sind wir am Ende schnell wieder am Anfang.

Alle diese 6 Sprachfunktionen sind in jeder Sprachäußerung beteiligt, aber in unterschiedlicher Gewichtung und in der Textlinguistik werden Textsorten nach der jeweils dominanten Sprachfunktion unterschieden. Worauf es wohl ankommt, haben wir nun festgestellt, nun werden wir weiter elementar suchen, um auf dieser Spur fündig zu werden.


Ausdrucksmittel

Die Ausdrucksmittel der Lyrik scheinen der Schlüssel zur Schönheit in manchem zu sein. Gern zitierter raunender George meinte dazu:

Reim ist bloss ein wortspiel wenn zwischen den durch den reim verbundenen worten keine innere verbindung besteht.
Freie rhythmen heisst so viel als weisse schwärze, wer sich nicht gut im rhythmus bewegen kann der schreite ungebunden.
Strengstes maass ist zugleich höchste freiheit

Was uns wieder erwartungsgemäß bei der formalen Analyse unseres Handelns nicht viel weiterbringt und da dies kein George Verriss werden soll – warum auch, als ob es dafür noch ein anderes Bedürfnis als das historische gäbe? – sollte doch noch ein wenig nach den Formen zwischen Ausdruck und Inhalt gesucht werden.

Die Versanalytiker wissen, was sie meinen, wenn sie zunächst von den melopoetischen, also klangorientierten Ausdrucksmitteln wie Klangfarben, Melodie, Rhythmus und Onomatopoesie sprechen, der Dichter spürt es, so er genial ist einfach, sonst lernt er es oder sie tut selbiges, um den Worten Musik zu geben, ohne notwendig Gesang zu werden.

Nach dem Hören kommt das Sehen und also die phanopoetischen, sprich bild und vorstellungsorientierte Ausdrucksmittel, die da sind Bild, Vergleich, Metapher, Metonymie, Katachrese, Oxymoron, Synästhesie, Allegorie, Symbol.

Logisch kommen wir nun vom Sehen und Hören endlich zu den Inhalten, zu den logopoetischen, also bedeutungsorientierten und argumentativen Ausdrucksmitteln, die das sind Antithese, Klimax, Antiklimax, Wortspiel, Paradoxon, Anspielung und sogar noch andere.

So bleiben uns, bevor es um die Haltung geht, die wir zu ihnen einnehmen noch die auffälligen Stilmittel, als die Parataxe, Hypotaxe, Asyndeton, Polysyndeton, Ellipse, Zeugma, Anakoluth, Inversion, Parallelismus, Chiasmus, Antithese, Litotes, Meiosis, Euphemismus und Hyperbel gelten – wer sie nicht kennt, kann sich nun bewegen, den Schlüssel zum Verständnis zu entdecken, für alle übrigen noch wacker weiter lesenden ist jede Weiterführung hier entbehrlich und das schöne an der Lyrik ist ja auch, dass sie klares Handwerkszeug hat mit dem Dichter wie Interpret geübt jonglieren, in einer Sprache neben der Sprache, darum war es wichtig diese zumindest zu benennen, suchen wird sich jeder selbst seinen gerade passenden Weg.

Stilhaltungen sind vielfältig und oft tabellarisch vorgeführt, um den Kontext und ihr Zusammenspiel zu verstehen, worauf im hier fließenden Text natürlich verzichtet wird, was aber nichts an ihrer Schlüsselfunktion zum Verständnis ändert, bei dem sie uns helfen, die kleinen Reimereien von großen Versen zu trennen, ein wenig Orientierung zu finden. So sind sie emphatisch, neutral, distanziert, heiter oder lyrisch sachlich, kritisch, spielerisch und manchmal emphatisch, trocken, spöttisch, witzig bis zu patheitsch, reflektierend, ironisch, komisch, aber auch nicht ohne gelegentlich enthusiasitisch, didaktisch, sarkastisch, absurd zu sein und zu bleiben.

Überschaubarer sind die intendierten Wirkungen, dahingestellt, ob das am bescheideneren Horizont der Dichter liegt, an der womöglich noch beschränkteren Vorstellungskraft ihrer Interpreten, oder einfach ist, wie es ist, und also emotiv, kognitiv, praktisch, unterhaltend oder voller Ergriffenheit, Einsicht, Betroffenheit, Entspannung auf der Suche schließlich nach Tiefe, Klarheit, Schärfe, Leichtigkeit.

Schon die Klangfülle der verwandten Begriffe macht deutlich, es geht um den Kern von dem, was eben ausgedrückt oder, schlicht gesagt, rüber gebracht werden soll, voller Gefühl aber mit gutem Handwerk klar ausgedrückt und verstehbar.


Poetischen Gattungen

Die poetischen Gattungen sind ein unermesslich weites Feld, darum ist es erfreulich, dazu erstmal eine wunderbar klare Äußerung eines mittelgroßen Dichters zu lesen:

Die drey Hauptgattungen der Poesie überhaupt sind die epische, die lyrische und die dramatische.
(August Wilhelm Schlegel)

Leider können wir es nicht ganz darauf beruhen lassen, wenn wir verstehen wollen, was wir tun und was wir damit sagen, ob wir uns nun etwas dabei denken oder nicht, denn zumindest können dann auch wir Dichter jedenfalls ex post erfahren, was wir meinten, indem wir es so sagten und einen tieferen Sinn erkennen lernen, auch wenn wir diesen schon an sich bezweifeln, was dem Absurden dieser Tätigkeit zumindest eine Richtung gibt.

Darum nun noch eine Unterscheidung lyrischer Gattungen nach der Form, wie sie früher schon üblich waren und wie wir sie nun zwanglos nutzen können, ins Krosett uns begebend oder an diesem variierend, einen Kontrapunkt bildend oder eine spielerische Fortsetzung.

Man kann bei lyrischen Gattungen eine Unterscheidung nach der Form vornehmen. Formen von Lyrik sind: Ballade, Elegie, Sonett, Hymne, Epigramm, Ode, Lied.

Ballade

Ballade heißt ursprünglich "Tanzlied" und kommt vom italienischen Ballata. Der Begriff ist auch im Germanischen gebräuchlich. Eine Ballade vereinigt Merkmale der drei literarischen Hauptgattungen miteinander. Die Handlung repräsentiert das Epische, die Dialoge stehen für das Dramatische und die Gebundenheit der Sprache (Reim, Versmaß) für das Lyrische.

Die Ballade kann als erzählerisches Lied definiert werden. Sie greift Erlebnisse, Erfahrungen und Beziehungen der Menschen auf und literalisiert sie. Vor allem das Geheimnis- oder Rätselvolle, ein Mythos oder deren Reste in Sage oder Märchen interessierten die unbekannten Verfasser. Die Kunstballade griff während Klassik und Romantik ähnliche Themen auf. Jedoch wurde sie auch zum Mittel gesellschaftskritischer Anklagen, als die sie etwa bei Brecht auch im 20. Jahrhundert wieder auftauchte.

Als literarische Gattung entwickelte sich die Ballade etwa seit dem 16. Jahrhundert als sogenannte Volksballade. Im 18. Jahrhundert erfuhr sie während des Sturm und Drangs und der Weimarer Klassik in Deutschland einen Höhepunkt.

Elegie

Die Elegie entstand im griechischen Ionien und war im alten Rom sehr beliebt. Eine Elegie bezeichnete ursprünglich jedes im elegischen Versmaß (Distichon: Hexameter und Pentameter) abgefasste Gedicht, Trauer- oder Klagegedicht. Die Elegie fand ihren Höhepunkt in der Dichtung Hölderlins, wurde aber auch noch von Werfel, Trakl, Brecht, Benn, Celan, der Bachmann oder der Sachs genutzt.

Sonett

Das Sonett ist eine aus dem Italienischen stammende Gedichtform mit strengem Aufbau. Im Deutschen besteht es aus meist fünffüßigen Jamben. Seine zwei Teile stehen als These, Antithese und Synthese miteinander im Dialog. Die zwei vierzeiligen Quartette sind im Idealfall thetisch-antithetisch formuliert, die zwei dreizeiligen Terzette sind synthetisch, d. h. sie führen die These und Antithese zusammen. In der neueren Lyrik wird diese strenge Form immer wieder durchbrochen durch drei vierzeilige Quartette und ein zweiteiliges Duett oder sogar einfach umgedreht bei Beibehaltung der Form also ein konkretes Spiel mit der Geltung eines Rahmens gespielt.

Die Reime in den Quartetten folgen dem Schema abba abba (umschlingender Reim) bzw. abab cdcd (Kreuzreim), während in den Terzetten unterschiedliche Reimstellungen möglich sind.

Nach der Reimstellung unterscheidet man folgende Sonetttypen:

PETRARCA-Typ:    abba/abba/cdc/cdc
SHAKESPEARE-Typ:        abab/cdcd/efef/gg
RONSARD-Typ:      abba/abba/ccd/ee

Hymne

Die Hymne bezeichnete ursprünglich einen Kultgesang ohne feste formale und inhaltliche Kennzeichen. Spannend ist die klangliche Nähe zu dem Wort Hymen und dem sich daraus ableitenden Kult chauvinistischer Abhängigkeiten.

Die Hymne steht zwischen Ode und Dithyrambus; sie lebt von der Gehobenheit der Sprache und ist unbeschränkt in der metrischen Form.

Epigramm

Ein Epigramm ist eine Gedichtgattung von prägnanter geistvoll-zugespitzter Kürze, es wird auch Sinngedicht genannt. Epigramme waren ursprünglich Auf- oder Inschriften auf Grab- oder Denkmälern. Im Barock wurden sie sehr beliebt, in Romantik und im Jungen Deutschland fanden sie ihren letzten Höhepunkt. Eine Sonderform ist der Limerick.

Ode

Die Ode ist Lyrik in weihevoller, feierlich-erhabener und schwungvoller Form. Sie ist traditionell ungereimt. Die Ode (griech.: Gesang) bezeichnete ursprünglich den antiken dramatischen Gesang auf Dionysosfesten. Man unterscheidet deshalb die Chorlyrik und die monodische Lyrik (Einzelvortrag).
Die chorische Ode ist dreiteilig:

1. Ode,
2. Antode (Gegenstrophe),
3. Epode (Abgesang).

Bei den sogenannten Anakreontikern ist der Begriff Ode oft gleichbedeutend mit Lied; Vorbild sind die Oden des griechischen Lyrikers Anakreon und seiner Nachahmer. Im Unterschied zu den sogenannten klassischen Oden sind diese jedoch gereimt.

Lied

Das Wort Lied stammt vom althochdeutschen liod; mhd. liet; auch zu lat. laus = Preislied. Das einende Kriterium des Liedes ist seine Sangbarkeit. Zudem ist der Aufbau klar gegliedert, ist das Lied an eine Melodie gebunden. Das Lied kann man in
Volkslied und Kunstlied unterteilen.

Das Volkslied zeichnet sich durch Schlichtheit des Textes und einfache sprachliche Formen aus. Es weist zumeist einen einfachen 2/4-Rhythmus auf (Jambus, Trochäus) und ist oft vierhebig und vierzeilig. Die Verfasser der Volkslieder sind zumeist nicht bekannt.

Das Kunstlied ist kaum formellen und inhaltlichen Beschränkungen unterlegen, allerdings orientiert es sich den Formen nach bisweilen an der Einfachheit des Volksliedes. Um als Lied zu gelten, muss es lediglich das Kriterium der Sangbarkeit erfüllen. Die Verfasser von Kunstliedern sind zumeist bekannt.

Inhaltliche Gattungen

Doch die Form genügt noch nicht zur Differenzierung, auch wenn sie das Gedicht zu einem solchen macht, erforderlich ist auch die Unterscheidung lyrischer Gattungen nach dem Inhalt: Liebeslyrik, Mundartlyrik, religiöse Lyrik, Konkrete Poesie, experimentelle Lyrik, politische Lyrik, Gebrauchslyrik, Gedankenlyrik, hermetische Lyrik, Kinderlyrik, Naturlyrik, Gesellschaftslyrik, Alltagslyrik, Bildgedichte usw.

Hier wird wichtig, an wen sich das Gedicht richtet. Viele dieser inhaltlichen Kriterien sind vom Entwicklungsstand einer Gesellschaft abhängig (Politik, Alltag). Andere sind abhängig von den objektiven Gegebenheiten (Mundart, Religion), wiederum andere vom subjektiven Empfinden (Liebe, Hass, Hermetismus).

Man kann bei lyrischen Gattungen eine Einteilung nach der Typisierung vornehmen.
Je nachdem, welche Haltung der lyrische Sprecher zur Gestaltung des lyrischen Gegenstandes einnimmt, wird unterschieden zwischen liedhafter, lehrhafter, hymnischer oder erzählerischer Dichtung.

Liedhaft ist Lyrik, wenn sie durch ihre Schlichtheit und ihren Bezug zur Natur oder zu menschlichen Erlebnissen (Liebe, Abschiede usw.) gekennzeichnet ist.

Lehrhaft wird Dichtung, wenn philosophische, religiös-weltanschauliche oder politische Fragen reflektiert werden.

Hymnische Dichtung sind Preislieder zu Ehren Gottes und der Schöpfung, auch in ihrer kritischen Sichtung. Die Sprache ist meist abgehoben von der Alltagssprache und nicht immer allen Menschen verständlich.

Erzählerisch ist Dichtung, wenn Begebenheiten, Handlungen, Ereignisse durch Vers, Reim, Strophe in eine dichterische Form gebracht werden (Ballade u. a.).
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Ende vom Lied


Die Form ist auch heute wichtig aber zugleich egal. Wir können sie nutzen oder verdrehen, wir können den Inhalt spielerisch dem einen oder anderen Bereich dieses Handwerks zuordnen, oder wir tun das genaue Gegenteil, um so Inhalt und Form zu einer solidarischen Opposition zu einen – es gibt nicht den einen oder anderen Weg, der einzig richtig scheint und viel an Anerkennung hängt eben auch am Marketing in einer Gesellschaft, die Kunst und Markt gern trennt aber zugleich innig verbunden nutzt und dies auch in der hehren Sphäre der Lyrik, die sich genau so auch inszeniert.

Lyrik ist immer auch Handwerk und manchmal ein wenig Genie, was immer das nun sein soll, streng logisch betrachtet, aber sie ist nie bloßer Zufall, und auch wenn aus hingeworfenen Worten scheinbar einfach große Lyrik wird, steckt dahinter doch viel Handwerk, auch wenn sich der Leser und vielleicht auch die ein wenig geneigtere Leserin nun fragen könnten, ob auch ich dies nicht nur aus Marketinggründen erzähle, den Wortwert meiner hingeworfenen Brocken zumindest theoretisch zu erhöhen, es weniger um Überzeugung geht als um dessen Verkauf, der eben auch ein eigener ist.

Dies zu verhindern sollte ich nun natürlich aus voller Überzeugung mit noch vollerem Herzen von der tieferen oder höheren Bedeutung der Lyrik sprechen, von der verdichteten Sprache, denn genau darauf läuft es eben am Ende hinaus, von der geschöpften Sphäre, die von lyrischer Sprache getragen gerade Liebenden ganz neue Räume öffnen kann – schwärmen von der verzaubernden Kraft der Worte, die Herzen öffnen, Seelen berühren, Schösse willig machen und der Liebe ihre Form erst geben. Kann so sein, kann aber auch ganz anders sein und ich kann mich nicht gegen das Gefühl wehren, dass ich dann erst voll in die Marketingschiene rutschen würde und jede Glaubwürdigkeit aus gefühligem Gesülze heraus verspielt hätte.

Mag jeder so seine Motive und Kalkulationen beim Schreiben haben und ist die beschworene oder mit magischen Worten erschriebene Liebe, denn weniger eine solche, als die einfach erklärte, und wird das Gefühl weniger wert, wenn sich der Dichter bewusst ist, was er tut?

Die Frage berührt den Kern des dichterischen Selbstverständnisses, denn darum geht es am Ende eben auch beim Schreiben, was lässt es uns tun und wie tun wir es dann?

Es wird hier keine Antworten als die bereits gegebenen zur Form und zum Rahmen geben, es bleiben viele Fragen. Fühlen wir uns, wenn wir uns als Dichter des Herzens sehen, wenn wir es dann auch für Geld tun, plötzlich als Prostituierte und wäre das schlecht oder gut, um zumindest glaubwürdig stöhnen zu können?

Sind wir mehr oder weniger dilettantischen Dichter nun Zuhälter der Worte oder stehen wir immer noch in der Tradition der Minnesänger, auch wenn wir ganz real mit den von uns besungenen schlafen und nicht nur davon singen?

Ich weiß es nicht, wie ich überhaupt schreibend über das nachdenkend, was ich tue, merkte, wie wenig ich überhaupt weiß, wie ich nur stotternd mich nähern konnte, mich an Formalien halte, wie ein Teenie, der vorm ersten Sex noch Stellungen auswendig lernt, um gut zu sein, wenn es auf nichts mehr ankommt, es einfach fließen muss, raus will – aber, beim dichten wohl, wie im Leben merkst du das erst, wenn du viel Erfahrung hast, gelassen weiter schreibst, es nicht mehr auf die eine oder andere Meinung ankommt, du dir sicher bist, aber doch eitel genug, dafür irgendwie geliebt zu werden als Handwerker und manchmal auch ein wenig mehr, was sich nun wieder der Erklärung entzieht und so sind wir mit den letzten Worten wieder am Anfang, wir haben keine Ahnung, wissen nichts genaues aber wir machen weiter, weil wir lieben, was wir tun und manchmal findet es einer gut oder sogar eine.

© jens tuengerthal 3.06.13


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